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I.

Geschichte

der

Besitzungen der Ritterorden
Livlands und Preußens

in Meklenburg,

von

G. C. F. Lisch.


Vorbereitende Uebersicht.

1.
Der Orden der Schwertbrüder in Livland.

V on der Insel Gothland und deren reichen und mächtigen Stadt Wisby, welche in alten Zeiten die Hauptstätte und der Mittelpunct des Ostseehandels war, wurden in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts deutsche Kaufleute an die Küsten Livlands verschlagen; so berichten einstimmig alle alten Chroniken über die Entdeckung dieses Landes. Gute Tauschgeschäfte, welche die Kaufleute an der Mündung der Düna gemacht hatten, lockten bald mehr deutsche Kaufleute an die Küsten des Heidenvolkes, und es entwickelte sich hier mit der Zeit ein vortheilhafter Seeverkehr. Schon in frühen Zeiten ging mit lübischen und bremischen Kaufleuten in jenes Land ein Augustinermönch Meinhard aus dem holsteinischen Kloster Segeberg und baute zu Ixkull die erste christliche Kirche in jenen Ländern. Meinhard ward erster Bischof von Livland (1192 - 1196). Ihm folgte der Bischof Barthold (1196 - 1198), welcher seine kurze Amtsführung in beständigen Kämpfen mit den widerspenstigen Liven verlebte und ein blutiges Opfer seines Glaubenseifers ward.

Der bedeutende Erzbischof Hartwig von Bremen sandte nun den bremer Domherrn Albert von Apelderen als dritten Bischof

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in jenes Land, welches bei der wachsenden Kampflust der Eingebornen gegen die deutschen Bekehrer mit dem Abfall drohete. Der Bischof Albert war ganz der kluge, umsichtige und thätige Mann, welcher ein so wichtiges Land der römischen Kirche gewinnen konnte, und ist als der wahre Gründer jenes merkwürdigen christlichen Staates zu betrachten. Livland ward eine rein deutsche Colonie 1 ) und ein Theil des deutschen Reiches. Bremische Kaufleute sollen es gewesen sein, welche zuerst in die Mündung der Düna einliefen, und die Bekehrung zum Christenthume ward zuerst vom Erzbisthume Bremen geleitet. Bald aber ward das unglaublich rasch aufblühende Lübeck die wahre Pflegerin des jungen Staates, um so mehr, da Lübeck der geeignetste Hafen und Sammelort für die Deutschen nach Livland war; aus allen benachbarten Ländern strömten kampf= und handelslustige nach Lübeck, welches schon im J. 1231 einen Hof in Riga erhielt, und Lübeck blieb Jahrhunderte lang der Hafen der deutschen Kreuzfahrer und Wallfahrer.

Der livländische Bischof Albert traf sogleich beim Beginne seines Amtes erfolgreiche Anstalten zur Befestigung und Verbreitung christlichen Glaubens und deutscher Sitte. Die Kreuzzüge in das Heilige Land hatten keine Haltung mehr und im deutschen Reiche herrschte Zwietracht und Verwirrung; die Kreuzfahrer fingen an, sich mehr gegen die Livländer und die Albogenser zu rüsten, als an die gefahrvollen Küsten des Heiligen Landes zu ziehen. Bischof Albert sammelte schon 1199 und 1200 Kreuzfahrer nach Livland und stiftete im J. 1200 die Stadt Riga 2 ), wohin er sogleich von Uexküll das Bisthum verlegte, welches unter Alberts Nachfolger im J. 1244 zum Sitze eines selbstständigen Erzbisthums erhoben ward. Die Kreuzfahrer pflegten gewöhnlich nicht länger als ein Jahr auf ihrem Zuge auszuharren. Um nun dem jedesmaligen Landesbischofe eine feststehende, stets kampfgerüstete Kriegsmacht zur Leitung der Unternehmungen zu schaffen, stiftete der Bischof Albert im J. 1202 für Livland einen Ritterorden 3 ), nach dem Muster und der Regel des Tempelherrenordens, und nannte die Glieder dieses neuen Ordens "Brüder des Ritterdienstes Christi" ("fratres militiae Christi" oder


1) Vgl. die Abhandlung: "Eine deutsche Colonie und deren Abfall", vom Prof. Wurm zu Hamburg, in Ad. Schmidt's Allgem. Zeitschrift für Geschichte, Bd. V, 1846, S. 201 flgd.
2) Vgl. Verhandlungen der Gelehrten Esthnischen Gesellschaft zu Dorpat, II, 1, 1847, S. 59 und 62 - 63.
3) Vgl. über die Stiftungen Voigt's Geschichte von Preußen, Bd. I, S. 409 flgd.
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"fratres militiae Christi in Livonia" 1 ). Zum Zeichen ihrer Bestimmung gab er den Rittern einen weißen Mantel, auf welchen ein Kreuz und ein Schwert geheftet war; daher wurden die Ritter dieses Ordens bald auch Schwertbrüder oder Schwertträger genannt. Zu ihrem Unterhalte bestimmte der Bischof den dritten Theil des Landes Livland.

Im J. 1201, als der Bischof Albert den Bischofssitz von Uexküll nach Riga verlegte, errichtete er das Cistercienser=Mönchs=Kloster Dünamünde 2 ), welches in vielfachen Verkehr mit den deutschen Ostseeländern trat. Zu derselben Zeit nahmen auch die Schwertbrüder ihren Sitz in der Stadt Riga, von welcher ihnen der Bischof einen Theil überließ.

Der Bischof Albert ging nun mit unglaublicher Ausdauer fast alljährlich nach Deutschland, um immer neue Schaaren von Kreuzfahrern nach Livland zu holen; die edelsten und kühnsten Männer Norddeutschlands folgten unverdrossen seinem Rufe, für die Sache des Glaubens zu kämpfen. Im J. 1210 sammelte Albert in Deutschland ein neues Kreuzheer; ihn begleiteten dies Mal die Bischöfe Philipp von Ratzeburg, Yso von Verden und Bernhard von Paderborn und außerdem Bernhard von der Lippe, einst Anführer der Heere Heinrichs des Löwen, jetzt Cistercienser=Mönch, ferner Helmold von Plesse und viele andere ritterliche Männer 3 ). Der ausgezeichnete Bischof Philipp von Ratzeburg blieb bis in das vierte Jahr in Livland und ward von dem Bischofe Albert während dessen jährlicher Reisen nach Deutschland wiederholt zum Stellvertreter des Bischofs von Riga ernannt; die deutschen Bischöfe, namentlich aber Philipp von Ratzeburg, wirkten sehr wohlthätig auf die Kräftigung und Ordnung Livlands.

Mit Mühe waren die Liven und Letten nach wiederholten Aufständen unterworfen, als die räuberischen Litthauer in Livland einfielen und mehrere Jahre lang den Orden und die Kreuzfahrer zum Kampfe herausforderten. Auch die Esthen erhoben sich wieder: als im J. 1213 in des Bischofs Albert Abwesenheit sein Stellvertreter Philipp von Ratzeburg in allzugroßem Glaubenseifer mit einem starken Heere einen großen Theil von Esthland mit Feuer und Schwert verwüstet hatte, erhob sich das ganze esthnische Volk zum Kampfe. Der Bischof Philipp ging darauf


1) Der Ausdruck "milites Christi" (Ritter Christi) wird von allen geistlichen Ritterorden gebraucht; der Zusatz einer bestimmten Oertlichkeit unterscheidet die einzelnen Orden.
2) Vgl. Verhandlungen der Gelehrten Esthnischen Gesellschaft a. a. O.
3) Vgl. Voigt's Gesch. v. Preußen I, S. 423.
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zum Contilium nach Rom und starb auf der Reise zu Verona im J. 1215.

Der Bischof Albert führte immer neue Kreuzheere aus Norddeutschland nach Livland. Im J. 1216 war auch der berühmte Kriegsheld Albrecht von Orlamünde, Graf von Ratzeburg und Holstein, nach Livland gekommen und hatte im Vereine mit dem Schwertbrüder=Ordens=Meister Volquin durch kluge Kriegsführung und unablässige Kämpfe im J. 1217 das Volk der Esthen geschwächt und gedemüthigt.

Aber die Behauptung des Landes kostete fast noch mehr Opfer, als die Eroberung desselben. Die Fürsten Rußlands wurden immer argwöhnischer auf die Macht der Deutschen und näherten sich den Esthen. Da ging mit dem heimkehrenden Grafen Albrecht von Orlamünde im J. 1217 der Bischof Albert von Livland mit dem Bischofe Dietrich von Esthland und dem Abte Bernhard von Dünamünde, welcher noch im J. 1217 Bischof von Semgallen ward, zu dem damals noch mächtigen Könige Waldemar von Dänemark, um ihn zur Vollendung der Eroberung Esthlands, welches die Dänen noch lange ihr Besitzthum nannten, herbeizurufen 1 ). Waldemar ergriff die dargebotene Gelegenheit mit Freuden, um die ganze Südküste der Ostsee möglicher Weise in seine Gewalt zu bringen und sich zum unbeschränkten Herrn dieses Meeres zu machen.

Nachdem der König das Versprechen gegeben hatte, im folgenden Jahre ein Heer nach Livland zu führen, predigte der Bischof Albert das Kreuz gewaltig in Norddeutschland. Er selbst blieb in Deutschland, um im folgenden Jahre mit desto stärkerer Macht heimzukehren, und sandte den Dom=Dechanten von Halberstadt als seinen Stellvertreter nach Riga. Mit diesem und andern Kreuzfahrern zog 1218 - 19 auch der alte Fürst Borwin von Meklenburg nach Livland 2 ).

Der livländische Ordensmeifler Volquin mit seinen Schwertbrüdern, der Fürst Borwin 3 ) mit den deutschen Kreuzfahrern und die Liven und Letten vermochten nur unter den größten Anstrengungen, in der Zeit 1218 - 19 den Esthen und Russen zu widerstehen, welche unter der Anführung des Großfürsten Mstislav von Nowgorod und des Fürsten Wladimir von Pleskow mit starker Macht und schrecklichen Verheerungen gegen sie anstürmten.


1) Dies geschah im J. 1217, nicht im J. 1218, vgl. Voigt's Gesch. v. Preußen, II, S. 305, Not. 3.
2) Vgl. unten Geschichte der Besitzungen des Erzbisthums Riga in Meklenburg.
3) Der Zug Borwin's fällt in die Zeit von 1218 - 1219; vgl. Gruber Origines Livoniae p. 123 flgd., Verhandlungen der Esthnischen Gesellschaft zu Dorpat, II, 1, 1847, S. 73, und weiter unten.
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Da landete zu rechter Zeit im Sommer des J. 1219 1 ) der König Waldemar von Dänemark in Begleitung des Fürsten Wizlav von Rügen und vieler anderer Helden mit einer mächtigen Flotte von 1500 Segeln im Gebiete von Reval, wo er an der Stelle der alten Burg die Stadt Reval gründete. Nach harten Kämpfen wurden die Esthen besiegt und der König kehrte nach Dänemark zurück.

In demselben Jahre 1219 geschah auch ein Kreuzzug nach Preußen, an welchem der Bischof Brunward von Schwerin Theil nahm.

Die dänischen Krieger, welche der König zurückgelassen hatte, verbunden mit den Ordensrittern und deutschen Kreuzfahrern, führten das ganze Jahr unausgesetzt harte, jedoch erfolgreiche Kämpfe, so daß sich endlich die Bewohner jener Gegenden der Taufe und dem Gehorsam unter gaben.

Waldemar maßte sich nun Esthland an, worüber er mit dem Orden der Schwertbrüder und dem Bischofe in Streit gerieth. Da brachen die Russen und Litthauer wieder ein und Waldemar erschien im J. 1221 von neuem mit einer großen Flotte. Nach seiner Heimkehr empörten sich die Esthen wieder. Jedoch bald darauf ward die dänische Macht auf dem Festlande durch die Gefangennehmung des Königs Waldemar (am 6. Mai 1223) durch den Grafen Heinrich von Schwerin gänzlich gebrochen.

Im J. 1229 starb der hochverdiente Bischof Albert, nachdem er 31 Jahre lang für die Gründung und Befestigung des Christenthums und des Deutschthums in jenen fernen Gegenden mit beispielloser Anstrengung und Ausdauer gearbeitet hatte.

Der livländische Orden der Schwertbrüder aber vereinigte sich im J. 1237 mit dem Deutschen Orden 2 ).

Das Bisthum Riga ward im J. 1244 zum selbstständigen Erzbisthum über Preußen, Livland und Esthland erhoben.


2.
Der Orden der Ritter von Dobrin in Preußen.

Preußen ward durch einen pommerschen Bernhardinermönch Christian aus dem Kloster Oliva zum Christenthume bekehrt.


1) Der Zug Waldemar's fällt in das J. 1219; vgl. Voigt's Gesch. v. Preußen II, S. 306.
2) Vgl. Monum. Livon. antiq. III, p. 3.
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Im J. 1210 zog der König Waldemar von Dänemark nach Preußen und unterwarf es sich scheinbar; die Last der Bekehrung blieb dem Mönch Christian, welcher im J. 1214 erster Bischof von Preußen ward. Da alle friedlichen Bemühungen an der Hartnäckigkeit der Preußen scheiterten, so forderte der Papst im J. 1218 zum Kreuzzuge nach Preußen auf; im Frühling des J. 1219 zog das Kreuzheer dahin. Der Kreuzzug, an welchem im Anfange auch der Bischof Brunward von Schwerin Theil nahm, dauerte bis in das J. 1222.

Zur Befestigung des Gewonnenen ging der Bischof lange mit dem Gedanken um, nach dem Muster des livländischen Ordens der Schwertbrüder einen eigenen Ritterorden zum Schutze des Christenthums in Preußen zu stiften. Es war wahrscheinlich im Ablaufe des J. 1225, als der Bischof diesen seinen Plan zur Ausführung brachte, indem er dem Herzog Conrad von Masovien vermochte, einen geistlichen Ritterorden für Preußen zu stieften, zu gleichem Zwecke und mit gleicher Verfassung mit dem Schwertbrüderorden, dessen Glieder ebenfalls Ritter Christi genannt wurden. Auf ihrem Ordenskleide, einem weißen Mantel, trugen sie ein rothes Schwert und einen Stern, und durch diesen Stern unterschieden sie sich vorzüglich von den Rittern des livländischen Schwertordens, welche ein Schwert und ein Kreuz auf dem Mantel trugen. Im Julius des J. 1228 versicherte der Herzog Conrad von Masovien den Rittern den Besitz der Burg Dobrin mit den dazu gehörenden Gütern an der Weichsel an der Grenze Masoviens und des Kulmer Landes, ein Gebiet von 24 Meilen lang und 12 - 15 Meilen breit, zwischen den Flüssen Weichsel und Mnien, und auch das Versprechen auf die Hälfte alles durch sie zu gewinnenden Landes. Der Papst Gregor IX. bestätigte den Rittern ("fratribus militiae Christi in Prussia") ihre Besitzungen. Daher wurden die Ritter in preußischen Urkunden Ritter Christi, sonst aber zur genauern Bezeichnung und Unterscheidung Brüder des Ritterdienstes Christi in Preußen oder Ritter=Brüder von Dobrin genannt ("milites Christi, milites Christi de Prussia, fratres militiae Christi in Prussia, milites Christi fratres de Dobrin, fratres de Dobrin"). - Auch der Herzog Suantopolk von Pommern hatte diesen Brüdern Freiheiten verliehen und in Meklenburg erwarben sie den Hof Sellin bei Neukloster.

Die Entdeckung dieses Ritterordens ist erst durch Voigt gemacht. Früher herrschte die Ansicht, der Herzog Conrad von Masovien habe einen Theil der livländischen Schwertbrüder gegen die Preußen zu Hülfe gerufen und denselben das Land

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Dobrin gegeben. Voigt hat aber mit Bestimmtheit nachgewiesen 1 ), daß der Orden von Dobrin ein eigener Orden war. Die verschiedenen Orden werden in ihren Titeln in der Urkunde stets zu scharf und bestimmt bezeichnet, als daß eine Verwechselung möglich wäre.

Vierzehn Ritter waren es, die der Bischof zuerst weihete; aus einer Urkunde von 1230 geht hervor, daß es Deutsche waren, die als Brüder in diesem Orden standen; zwei Brüder werden als Zeugen mit den deutschen Namen Conrad und Gerhard 2 ) genannt. Aus einer unten näher beleuchteten Urkunde geht hervor, daß mehrere meklenburgische Ritter Mitglieder des Ordens waren. Einer aus ihrer Mitte, Namens Bruno, ward zum Oberhaupte des Ordens erwählt; es ist nicht unwahrscheinlich, wie unten nachgewiesen ist (in der Abhandlung über die Familie des Thetlev von Gadebusch), daß dieser Bruno aus der meklenburgischen Familie des Dynasten Thetlev von Gadebusch, eines nahen Verwandten des schweriner Bischofs Brunward, stammte.

Der Orden zählte nur wenig Mitglieder und sank sehr bald bis zur Ohnmacht hinab. Der Herzog Conrad von Masovien sah sich in der Wirksamkeit des Ordens getäuscht, konnte aber nirgends Hülfe gegen die anhaltende Verheerung seines Landes durch die Preußen finden. Nur eine immer gerüstete, im Lande feststehende, starke Kriegsmacht konnte Befreiung von dem Elend bringen und der Herzog hatte seine Hoffnung nur noch auf fremde Hülfe gesetzt. Da warf der Bischof Christian einen großen Gedanken in des Herzogs Seele: den tapfern Orden der Deutschen Ritter nach Preußen zu rufen. Dies geschah schon im J. 1226, und im J. 1228 kamen die ersten Ritter an, welche sich bald des in sie gesetzten Vertrauens würdig zeigten. Die Dobriner Ritter zeigten sich nun als ganz überflüssig und vereinigten sich, nachdem sie kaum 10 Jahre bestanden hatten, im J. 1234 mit dem Deutschen Orden. Schon im J. 1235 war die Burg Dobrin mit den übrigen preußischen Besitzungen der Dobriner Ritter in den Händen des Deutschen Ordens. Der Papst Gregor genehmigte schon im April des J. 1235 die Einverleibung und bestätigte sie feierlich am 11. Jan.


1) Vgl. Beiträge zur Kunde Preußens, Bd. V, Königsberg 1822, und daselbst Geschichte der Eidechsen=Gesellschaft in Preußen von J. Voigt, Beilage Nr. XII, S. 473 - 496: über die Stiftung und Auflösung der Brüder von Dobrin; - auch besonders in Voigt's Geschichte der Eidechsen=Gesellschaft, S. 250 flgd. Vgl. auch Voigt's Geschichte von Preußen, Band I, S. 460 - 463 und 470 flgd. und II, S. 190, 199 flgd., 260 flgd., S. 277 flgd.
2) 1230 Zeugen: "Gerhardus et Conradus milites Christi de Prussia". Vgl. Voigt's Gesch. v. Preußen II, S. 199 flgd.
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1236. Diese Einverleibung hatte vielleicht Einfluß auf die im J. 1237 folgende Einverleibung des Schwertbrüder=Ordens in den Deutschen Orden.

Die einzelnen Ritter von Dobrin erhielten sich jedoch noch einige Zeit zerstreut. Im J. 1235 erhielt ein Ueberrest des Ordens ein bedeutendes Landgebiet zwischen den Flüssen Bug und Nur bis an die Flüsse zur Vertheidigung der Grenze. Noch im J. 1240 erscheint ein Ueberrest des Ordens in Meklenburg, wie unten nachgewiesen ist, jedoch nur, um seine Besitzungen zu verkaufen. An den fernen Grenzen am Bug ist späterhin der Orden im Dunkel untergegangen 1 ).


3.
Der Deutsche Orden.

Während der Kreuzzüge in das Heilige Land in den glänzenden Zeiten des deutschen Reiches wurden im J. 1118 der Orden der Johanniterritter (fratres domus hospitalis sancti Johannis in Jerusalem) und der Ritterorden der Tempelherren gestiftet.

Im J. 1128 erbauete ein frommer Deutscher für seine erkrankten und hülflosen Landsleute, die das Grab des Herrn besuchten, aus seinen Mitteln in Jerusalem ein Pilgerhaus, welches sich der eifrigen Pflege und Unterstützung anderer frommer Deutschen erfreuete. Bald ward neben dem Hospitale auch ein Bethaus für Deutsche errichtet und der Jungfrau Maria geweihet. Daher nannten sich die Pfleger des Hospitals, welche der Regel des Heil. Augustinus folgten, Brüder des St. Marien=Hospitals zu Jerusalem.

Bald aber gestaltete sich die Lage der Dinge im Heiligen Lande sehr trübe. Am 3. October 1187 ward Jerusalem von Saladin erobert und nur wenigen, und unter diesen auch einigen Brüdern des deutschen Marien=Hospitals, ward vergönnt, beim Heiligen Grabe zu bleiben; Saladin dachte viel zu edel, als daß er eine so wohlthätige Stiftung hätte vernichten lassen.

Im J. 1188 führte der Kaiser Friederich I. wieder einen Kreuzzug nach Palästina. Unter den Schrecknissen der Belagerung von Akkon hatten einige Bürger aus Bremen und Lübeck, die mit dem edlen Grafen Adolph von Holstein nach dem Heiligen Lande gezogen waren und im Lager von Akkon lagen, aus Erbarmen über das traurige Schicksal vieler


1) Vgl. Voigt's Gesch. v. Preußen, II, S. 277.
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unglücklicher Deutschen aus Schiffssegeln Zelte aufgeschlagen, unter deren Schutz sie die kranken deutschen Pilger pflegten. Mit ihnen verbanden sich zum christlichen Werke die Brüder des Deutschen Marien=Hospitals zu Jerusalem, welche mit den Johannitern und Templern mit vor Akkon gezogen waren. Dieser edle Geist erweckte große Theilnahme und man faßte den Beschluß, zum Besten des deutschen Volkes im Heiligen Lande aus den Brüdern des Deutschen Hospitals einen Ritterorden zu bilden, welcher den Streit für die Kirche Christi nach der Regel der Templer mit der mildthätigen Pflege der Unglücklichen nach der Regel der Johanniter verbinden sollte. So ward im Herbste des J. 1190 der Deutsche Orden gestiftet, der am 6. Febr. 1191 päpstliche Bestätigung erhielt. Der Orden ward der Heil. Jungfrau Maria geweihet; daher hießen sie auch die Deutschen Ritterbrüder des St. Marien=Hospitals von Jerusalem (fratres theutonici ecclesiae sanctae Mariae Jerosolimitanae oder milites hospitalis sanctae Mariae theutonicorum Hierosolimitani). Die Ritter trugen ein weißes Ordenskleid mit einem schwarzen Kreuze. Akkon ward am 12. Julius 1191 erobert und der Deutsche Orden fand hier seine erste Heimath.

Die Brüder theilten sich nach dem Geiste ihrer Ordensregel schon früh in ritterliche Kämpfer und in Hospitalpfleger; auch Priester wurden schon früh in das Ordenshaus aufgenommen, jedoch ward es ihnen erst nach 30 Jahren gestattet, auch Priesterbrüder aufzunehmen.

Bei der darauf folgenden Verwirrung im deutschen Reiche hörten allmählig die Kreuzzüge und Wallfahrten nach dem Heiligen Lande auf; wer Ruhm oder Verdienste suchte, zog lieber gegen die Heiden in Livland oder gegen die Albogenser. Die Ritterorden siedelten sich mehr und mehr in Europa an. Auch der Deutsche Orden gewann bald Anpflanzungen in Deutschland. Schon in den ersten Jahren des 13. Jahrh. hatte der Orden eine Stiftung zur Krankenpflege in Halle a. d. S. (das "Deutsche Haus in Halle") gegründet, bei welcher bald eine Kapelle erbauet ward. Im J. 1210 erhielt der Orden eine Besitzung in Hengelshagen in Oesterreich, welcher die Grundlage der spätern Ballei ward. Einige Jahre später erhielt der Orden Besitzungen bei Salerno, im J. 1216 eine Stiftung in Coblenz. Der Erzbischof von Salzburg gab ihnen das Hospital zu Freisach.

Im J. 1219 wurden die Hospitäler in Jerusalem zerstört und die Orden auf eine Wirksamkeit in Europa angewiesen.

Seit dieser Zeit verbreitete sich der Deutsche Orden mehr und mehr im Abendlande und erhielt von allen Seiten her reiche

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Begünstigungen und Freiheiten. Deshalb aber verfolgte ihn auch der Neid und die fortdauernde Anfeindung der Geistlichkeit, wogegen der Orden nicht wenig zu kämpfen hatte, wenn auch siegreich; denn die Päpste verliehen ihm manche Berechtigung.

Um das J. 1220 erhielt der Orden auch die Begünstigung, nach der Weise der Templer und Johanniter eine Halbbrüderschaft (confraternitas) in sich bilden zu können. Die Halbbrüder wohnten zum Theil in den Ordenshäusern und sollten das Beste des Ordens fördern, ohne an sämmtliche strenge Regeln des Ordens gebunden zu sein; oft lebten sie in ihren weltlichen Geschäften fort. Sie trugen jedoch auf ihren Kleidern ein halbes Kreuz als Zeichen der Mitbrüderschaft. Diese Halbbrüder waren für die Blüthe des Ordens von außerordentlicher Wichtigkeit 1 ). - Zu den Anfeindungen der Weltgeistlichkeit gehört auch, daß sie dem Orden nicht gestatten wollten, die Halbbrüder oder andere Personen auf den Kirchhöfen der Ordensbrüder begraben zu lassen; der Papst gestattete dies dem Orden jedoch bald.

Der Bischof Christian von Preußen hatte länger als 16 Jahre an der Einführung des Evangeliums in Preußen gearbeitet. Er hatte durch den Herzog Conrad von Masovien den Orden von Dobrin gestiftet, der jedoch sehr bald ohne Haltung und Wirksamkeit dastand. Die Kreuzheere, welche er in's Land gerufen hatte, hatten keinen dauernden Erfolg bewirkt. Da faßte der Bischof den großen und folgenreichen Gedanken, den Deutschen Orden in's Land zu rufen. Dies geschah im J. 1226 unter der Zusicherung des Culmer Landes und alles dessen, was der Orden auf irgend eine Weise in Preußen erwerben konnte. Im J. 1228 kamen die Ritter an; Hermann Balk trat als Landmeister (per Slavoniam et Prussiam praeceptor), vom Hochmeister dazu ernannt, in Preußen an die Spitze der Brüder.

Bald machte der Deutsche Orden in Preußen zwei bedeutende Erwerbungen, indem im J. 1234 der preußische Ritterorden von Dobrin und im März oder April des J. 1237 der livländische Orden der Schwertbrüder sich mit dem Deutschen Orden vereinigten.

Seit dieser Zeit erreichte der Deutsche Orden in Preußen ein Ansehen und einen Glanz, welcher gerechte Bewunderung abnöthigt.



1) Vgl. Voigt's Gesch. v. Preußen Bd. II, S. 113, und Mittheilungen der Gesellschaft f. Gesch. der russischen Ostsee=Provinzen, III, Riga, 1843, S. 110 und 111.
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1.
Der livländische Orden der Schwertbrüder

in Meklenburg.


Es ist eine schwierige Untersuchung, ob auch der livländische Orden der Schwertbrüder in Meklenburg Besitzungen gehabt habe; wahrscheinlich ist es jedenfalls, und die Wahrscheinlichkeit läßt sich durch Erläuterung einiger Andeutungen zur Gewißheit erheben.

Das mächtig emporstrebende Lübeck war schon früh der Haupthafen für die zahlreichen Kreuzfahrer nach den heidnischen Ostseeländern und die Stadt verdankt gewiß einen nicht geringen Theil ihrer rasch sich entwickelnden Macht diesem Umstande. Der unermüdliche Bischof Albert von Livland kam fast alljährlich nach Norddeutschland, sicher nach Lübeck, um immer neue Kreuzheere nach Livland zu führen; der rüstige Bischof Philipp von Ratzeburg war 1210 - 14 in Livland ungewöhnlich thätig und mehrere Jahre Stellvertreter des Bischofs Albert; der heldenmüthige Albrecht von Orlamünde, Graf zu Ratzeburg und Holstein, kämpfte seit dem J. 1216 mit Erfolg in Livland. Es wird auch namentlich Helmold von Plessen, ein meklenburgischer Ritter, genannt, welcher im J. 1210 mit dem Bischofe Philipp nach Livland zog.

Ohne Zweifel hatten die Schwertbrüder auch Niederlassungen in und bei Lübeck. Schon am 28. Nov. 1226 empfahl der Papst Honorius III. der Stadt Lübeck die Kreuzfahrer, sowohl diejenigen, welche in das Heilige Land, als diejenigen, welche gegen die Heiden in Livland und Preußen ziehen wollten, und übertrug den Bischöfen von Schwerin, Ratzeburg und Lübeck die Ueberwachung der ungehinderten Beförderung der Kreuzfahrer aus dem lübecker Hafen 1 ). Am 10. März 1235 befahl der Papst Gregor IX. dem Erzbischofe von Bremen, dem Domdechanten von Schwerin und dem Abt von Reinfelden, auf Antrag der Schwertbrüder (fratres militiae Christi de Livonia) und der Bürger von Lübeck und Riga, die Einstellung der gegen den König Waldemar von Dänemark ergriffenen Maaßregeln, weil er den Hafen von Travemünde gesperrt und dadurch die livländischen Kreuzfahrer zurückgehalten hatte, zu veranlassen,


1) Vgl. Lübeckisches Urkundenbuch, I, Nr. 36, S. 48.
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da der König versichert habe, daß der Hafen wieder geöffnet sei 1 ). Endlich sind bei einer zu Lübeck (actum in Lubek) am 21. März 1236 gepflogenen Unterhandlung des päpstlichen Legaten Wilhelm zu Gunsten der Dominikaner zwei Schwertbrüder (milites Christi), beide Namens Johann, aber auch schon zwei Deutsch=Ordens=Brüder (de domo theutonico) Heinrich von Hassel und Hermann als Zeugen gegenwärtig 2 ).

Die einzige Nachricht von einer Besitzung der Schwertbrüder in Meklenburg steht in dem Zehntenregister des Bisthums Ratzeburg 3 ), wo es heißt:

Ista sunt beneficia praestita ab episcopo in terra Dartsowe.
In parrochia Dartsowe.

mansi.

 VIII     Dartsowe. I Hermannus aduocatus.
    V      In allodio militum Christi dim. dec. habet episcopus.
   VI     Sethorp decanus Lubicensis habet beneficium etc.

Dieses "allodium militum Christi", ein kleines Dorf von 5 Bauerhufen, von welchem dem Bischofe noch der halbe Zehnte zustand, ist ohne Zweifel eine Besitzung des Schwertbrüder=Ordens. Allodium ist im Mittelalter der eigenthümliche lateinische Ausdruck für das deutsche Vorwerk; so heißt z. B. das bei Lübeck liegende Gut Vorwerk, welches im Mittelalter "Drögen Vorwerk" genannt wird, lateinisch: Siccum Allodium 4 ). In der Urkunde der meklenburgischen Fürsten vom 7. Mai 1260 5 ) über die Patronate und Zehnten des Landes Bresen wird das Dorf Borwerk noch allodium prope Dartzowe genannt. Die Lage unmittelbar bei Dassow stimmt auch zu der Aufführung im Zehntenregister unmittelbar hinter Dassow.

Die milites Christi, welche dieses Gut besaßen, sind ohne Zweifel die Schwertbrüder. Zwar werden die Brüder aller geistlichen Ritterorden im Allgemeinen oft allein Ritter Christi (milites Christi) genannt; in unsern Gegenden sind aber immer die Schwertbrüder damit gemeint, während die übrigen Ritterorden stets durch einen Zusatz genauer bezeichnet werden. So heißen auch in der angeführten lübeker Urkunde vom


1) Vgl. Lüb. Urk. Buch I, Nr. 67, S.76.
2) Vgl. das. Nr. 75, S. 83.
3) Das Zehntenregister des Bisthums Ratzeburg, herausgegeben von Arndt, Schönberg, 1833, S. 21.
4) Vgl. Lüb. Urk. Buch 1, S. 46, 147 und 250.
5) Vgl. Schröder Pap. Mekl. I, S. 680, vgl. S. 541.
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21. März 1236 die beiden Schwertbrüder nur "milites Christi", während die Deutschen Ritter durch den Zusatz "de domo theutonica" bezeichnet werden, und in den Urkunden des Ordens werden die Schwertbrüder oft nur milites Christi oder fratres milites Christi ohne weitern Zusatz genannt. Es ist auch wahrscheinlich, daß die Schwertbrüder in der Gegend von Lübeck Besitzungen hatten, da sie von allen geistlichen Ritterorden am frühesten und meisten mit Lübeck in Berührung kamen; der Deutsche Orden hatte um 1230 wohl noch keine Besitzungen in den Ostseeländern, der Doberaner Orden war eben erst gestiftet und von geringer Wirksamkeit und der Johanniter=Orden, welcher seit dem Anfange des 13. Jahrh. Besitzungen im nördlichen Deutschland hatte, wird stets mit seinen gewöhnlichen Titeln belegt.

Das den Schwertbrüdern gehörende Gut war also das Dorf Vorwerk bei Dassow, am Dassower Binnensee, dem Hafen Travemünde gegenüber, also den Rittern sehr sicher und bequem gelegen.

Den besten Beweis giebt aber die Urkunde des Deutschen Ordens vom 23. August 1356 1 ), nach welcher derselbe seine Hebungen aus Dassow (redditus in Dartsow) von dem Verkaufe seiner übrigen Güter ausnimmt. Dies sind wahrscheinlich die Einkünfte aus Vorwerk, welches später ganz an Dassow oder an den zu Dassow gehörenden Rittersitz Lütgenhof (d. i. der kleine Hof) kam; wahrscheinlich war dieser Besitz von dem Schwertbrüder=Orden auf den Deutschen Orden übergegangen.

Es ist noch eine nicht unwichtige Frage, wann und von wem das Gut Vorwerk den Schwertbrüdern verliehen sei. Das ratzeburger Zehntenregister muß in den ersten Jahren des Bischofs Gottschalk von Ratzeburg (1229 - 1233), ungefähr im J. 1230 abgefaßt sein 2 ); damals waren also die Schwertbrüder schon im Besitze des Gutes Vorwerk. Wahrscheinlich erhielten sie das Gut von dem Grafen Albrecht von Orlamünde, welcher von dem dänischen Könige Waldemar während des ersten Viertheils des 13. Jahrh. zum Statthalter von Nordalbingien eingesetzt war und sich Graf von Ratzeburg, Holstein, Stormarn, Wagrien, in den Urkunden je nach den zur Verhandlung stehenden Gegenständen, bald so, bald so, nannte. In einer interessanten Urkunde vom J. 1212 3 ) nennt er sich Graf der Lande Ratzeburg, Holstein und Dassow. Es ist also wahr=


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XIII.
2) Vgl. Arndt Ratzeb. Zehnt. Reg. S. 4.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. I.
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scheinlich, daß er, der mit Livland in vielfachem Verkehr war und seit 1216 längere Zeit dort kämpfte, den Rittern ein Vorwerk, eine Vorburg seiner mit der Trave in Verbindung stehenden Burg Dassow anvertrauete, welche damals noch in landesherrlichem Besitze und nicht zu Lehn ausgegeben war.

In der angeführten Urkunde vom J. 1212 schenkte der Graf Albrecht von Orlamünde dem Dom=Capitel zu Lübeck die jenseit des Mühlbaches liegende Hälfte des Mühlackers zu Seedorf 1 ) bei Dassow, welches Dorf das Dom=Capitel seit alten Zeiten gehabt hatte. Dies ist also urkundlich das Dorf im Lande Dassow, (una villa in Darsowe), welches der Herzog Heinrich der Löwe im J. 1164 dem Dom=Capitel zu Lübeck geschenkt hatte 2 ). In dem Vergleiche, welchen der Fürst Borwin im J. 1222 mit dem Bischofe Heinrich von Ratzeburg schloß 3 ) werden Güter im Lande Dassow genannt, welche sowohl Geistliche, als Weltliche der Stadt Lübek in Besitz hatten (bona quae sub se tenuerunt tam laici, quam clerici civitatis Lubicensis).

In der im J. 1260 erfolgten Bestätigung dieses Vergleiches werden diese Dörfer: Benekendhorp, Sedhorp, Johannestorp, Bunstorp et allodium prope Dartzowe genannt 4 ). In den bisherigen Abdrücken beider Urkunden sind sowohl diese, als andere Namen aus der Urkunde von 1260 vielleicht durch eine Randbemerkung, in die von 1222 hinübergenommen, obgleich sie in der Original=Urkunde von 1222 nicht stehen, sondern nur in der Urkunde von 1260, wie dies Arnd bekannt gemacht hat 5 ). Hiedurch löset sich Arnd's Zweifel auf, welches Dorf dem lübecker Dom=Capitel gehört habe, um so mehr, da im Zehntenregister selbst gesagt wird, daß der lübeker Domdechant den Zehnten des Dorfes Seedorf vom Bischofe zu Lehn trage. Eben so irrt er, daß das "allodium" einem lübeker "laicus" gehört habe, da die Schwertbrüder es besaßen. Die übrigen Dörfer werden im Besitze von Laien gewesen sein.

Ohne Zweifel ging bei der Verschmelzung des Ordens der Schwertbrüder mit dem Deutschen Orden im J. 1237 die Besitzung in Vorwerk auf den letztern über, da noch im J. 1356 der Deutsche Orden Einkünfte aus Dassow (redditus in Dartzowe) hatte und diese von der Veräußerung seiner meklenburgischen Besitzungen ausnahm, dieselben also in der Folge wohl besonders veräußert hat.



1) Ueber das Dorf Seedorf vgl. Note zur Urk. vom J. 1212.
2) Vgl. Schröder's Pap. Mekl. I, S. 421.
3) Vgl. das. S. 540 - 541.
4) Vgl. Schröder's Pap. Mekl. I, S. 680.
5) Vgl. Arnd Ratzeb. Zehnt. Reg. S. 29, Not. und S. 36.
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2.
Der preußische Orden der Ritter von Dobrin

in Meklenburg.

Auch der im J. 1225 gestiftete Orden der Ritter von Dobrin hatte Besitzungen in Meklenburg, wenn wir dieselben auch erst durch ihre Veräußerung kennen lernen. Am 28. Junius 1240 verkauften nämlich die Ritter Christi von Preußen (milites Christi Prucie) dem Jungfrauenkloster Sonnenkamp oder Neukloster den Hof Sellin 1 ). Diese Ritter Christi von Preußen sind nun keine andere, als die Ritter von Dobrin; zwar war schon der Deutsche Orden nach Preußen berufen, aber dieser wird nie mit dem Titel belegt, den allein und eigenthümlich die Ritter von Dobrin führen. Es ist auch ziemlich wahrscheinlich, daß die Dobriner Ritter Besitzungen in Meklenburg gehabt haben. Schon der Bischof Brunward von Schwerin hatte im J. 1219 einen Kreuzzug nach Preußen mitgemacht. Darauf war im J. 1225 der Orden von Dobrin gestiftet. Es wurden zuerst 14 deutsche Ritter als Ordensbrüder geweiht und einer aus ihrer Mitte, Namens Bruno ward zum Meister des Ordens erwählt. Die Mehrzahl der Ritter, deren Zahl nur sehr geringe blieb, waren Meklenburger, wie sich aus der folgenden Darstellung ergeben wird. Daher ist es auch wahrscheinlich, daß der Ordensmeister Bruno ein naher Verwandter des meklenburgischen Dynasten Thetlev von Gadebusch und vielleicht ein Bruder des Bischofs Brunward war 2 ).

Der Dobriner Orden zeigte sich unfähig, seinen Beruf zu erfüllen, und ward im J. 1234 mit dem 1226 nach Preußen gerufenen Deutschen Orden vereinigt. Mehrere Ritter von Dobrin erhielten sich jedoch als solche noch einige Zeit zerstreut und ein Ueberrest derselben empfing im J. 1235 ein Landgebiet am Bug, wo er spurlos verschwand. Ein anderer Ueberrest waren diejenigen Ritter, welche am 28. Junius 1240 vor dem Fürsten Johann auf der Burg Meklenburg ihren Hof Sellin an das Kloster Neukloster verkauften. Hier traten folgende 10


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. II und Mekl. Urk. II, Nr. XI.
2) Vgl. unten die Abhandlung über die Familie des Thetlev von Gadebusch.
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Ritter von Dobrin (milites Christi Prucie) auf, welche ich in Mekl. Urk. II, S. 23-24 fälschlich als Schwertbrüder bezeichnet habe:

Raven, Wedege, Conrad von Stur, Friederich von Lübow, Reinhard von der Lühe, Ulrich von der Lühe, Johannes, Heidenrich, Hermann, Heinrich von der Lühe, - Ritter Christi von Preußen.

Alle diese Ritter oder doch die meisten sind, wie ihre Namen ergeben, sicher Meklenburger, etwa aus der zweiten Generation der germanisirten Bevölkerung, deren Väter die Kreuzzüge nach Meklenburg unter Heinrich dem Löwen mitgemacht hatten. Stur am plauer See, der in den ältesten Zeiten den Namen Stursche See führte, und Lübow, der Hauptort bei der Burg Meklenburg, sind zwei uralte Ortschaften Meklenburgs, und die von der Lühe waren ein sehr altes, wahrscheinlich eingewandertes Rittergeschlecht, welche ihren Ursprung von dem Burgwalle Ilow herleiteten 1 ). Der Ritter Johannes ist vielleicht Johannes von Ratzeburg, welcher am 27. Oct. 1268 Comthur der Deutschen Ordens=Comthurei Krankow war. Raven ist ein bekannter meklenburgischer Name und Heidenrich ist vielleicht ein v. Bibow, da dieser Name dieser Familie eigenthümlich war. In den preußischen Urkunden werden 1230 zwei Dobriner Ritter (milites Christi de Prussia) Gerhard und Conrad als Zeugen genannt; der preußische Geschichtschreiber Voigt 2 ) schließt aus diesen "deutschen Namen", daß die beiden Ritter Deutsche gewesen seien; ich gehe noch weiter, indem ich vermuthe, daß jener Conrad der meklenburger Conrad von Stur gewesen sei, welcher 1240 den Hof Sellin mit verkaufte.

Die Ritter, welche in den Deutschen Orden übergingen, verkauften ihren Hof in Meklenburg, weil es mit ihrem Orden zu Ende war; wahrscheinlich verwandten sie die Gelder mit zum Ankaufe der Deutsch=Ordens=Comthurei Krankow, welche bald darauf im Besitze dieses Ordens erscheint. Sie schließen den Verkauf aber noch als Ritter des dobriner Ordens ab, weil sie als solche den Hof erworben hatten und ihr Orden gerade nicht aufgehoben war.



1) Vgl. Jahrb. VII, S. 161.
2) Voigt's Gesch. von Preußen II, S. 199.
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3.
Besitzungen des Deutschen Ordens

in Meklenburg

und sonstige Verhältnisse des Ordens zu Meklenburg.


Der im J. 1226 nach Preußen gerufene und im J. 1228 dort eingewanderte Deutsche Orden nahm schon früh darauf Bedacht, sich bei dem damaligen Haupthafen der Kreuzfahrer, der kräftigen Stadt Lübek, eine Niederlassung zu erwerben, nachdem er schon mehrere Besitzungen in Deutschland gewonnen hatte und 1219 die Hospitäler im Heiligen Lande zerstört waren. Am 28. Nov. 1226 nahm der Papst Honorius III. für die nach dem Heiligen Lande oder nach Livland und Preußen ziehenden Kreuzfahrer (cruce signati) den lübeker Hafen empfehlend in seinen Schutz 1 ), jedoch ist damals noch nicht von den Deutschen Rittern in Lübek die Rede.

Bald darauf suchten die Ritter des Deutschen Ordens sich dadurch zu helfen, daß sie das Hospital zum Heil. Geist in Lübek, welches der Rath aus eigener Macht gegründet hatte, für ihre Zwecke zu benutzen strebten. In einer jüngst entdeckten Urkunde 2 ), welche zwar nicht datirt ist, aber sicher ungefähr in das Jahr 1235 zu setzen ist, erklärt sich das lübeker Dom=Capitel über die Rechte und Vergünstigungen des Heil. Geist=Hospitals, welches in der kurz vorher erbaueten Kirche des Hospitals einen Altar errichtet hatte und durch einen eigenen Priester feierlichen Gottesdienst an demselben halten wollte. Darüber gerieth das Hospital mit dem eifersüchtigen Dom=Capitel in Streit; jedoch nicht so sehr hierüber, sondern auch deshalb, weil darauf der Rath gegen die Verabredung, das Hospital dem Deutschen Orden untergeben hatte ("domum - - in contemptum et prejudicium episcopi et ecclesiae Lubicensis domui theotonicae subjecerunt"). Hier ist offenbar


1) Vgl. Deecke Geschichte der Stadt Lübek, I, S. 182. Deecke irrt hier wohl, wenn er annimmt, daß durch diese Urkunde schon den Deutschen Rittern der lübeker Hafen geöffnet sei. Vgl. Lüb. Urk. Buch, I, S. 48, Nr 36. - Noch am 10. März 1235 wird der Bemühungen der Schwertritter für den lübeker Hafen gedacht; vgl. Lüb. Urk. Buch I, S. 75, Nr. 67.
2) Vgl. Dittmer: Das Heil. Geist=Hospital und der St. Clemens=Kaland zu Lübek, Lübek 1838, S. 100-103, und Lüb. Urk. Buch, I, S. 74, Nr. 66.
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schon vom Deutschen Orden die Rede. Die Ordensbrüder (fratres domus theotonicae) hielten feierlich Gottesdienst in der Hospitalkirche und beriefen sich dabei auf die ihnen ertheilten Privilegien; sie ließen sich auch in ihrem Thun nicht stören, wurden jedoch dafür von dem (zur Zeit der Ausstellung der Urkunde verstorbenen) Bischofe Barthold († 1235) 1 ) in den Bann gethan. Sie klagten deshalb beim Papste, wurden zwar vom Banne befreiet, erreichten aber ihren Zweck nicht. Das Hospital behielt aber noch lange manches von den Regeln des Johanniterordens und des Deutschen Ordens 2 ). Nach diesen Vorgängen muß der Orden sicher schon im J. 1234 in Lübek gewesen sein. Am 21. März 1236 werden auch zwei Ritter des Deutschen Ordens, neben zwei Rittern des Schwertbrüder=Ordens, als Zeugen in Lübek genannt 3 ).

"Als nun die Deutschen Ritter in Folge dieser Streitigkeiten mit dem Capitel hiervon abstehen mußten, ward das Haus in der Altenfähre 4 ), einer Straße in Lübek, neben der Burg, erworben, welches der Orden fortan besaß. Uebrigens mußte er den bürgerlichen Pflichten, namentlich den Geldleistungen, unbedingt genügen 5 )."

Nach der Vereinigung mit den Schwertbrüdern 1237 gewann der Deutsche Orden das Gut Vorwerk bei Dassow, an dem Dassower Binnensee der Trave, welches bis dahin den Schwertbrüdern gehört hatte; und nach der Vereinigung mit dem Dobriner Orden gewann der Deutsche Orden durch den Verkauf des dobriner Ordenshofes Sellin 1240 wahrscheinlich theilweise die Mittel zum Erwerb der Comthurei Krankow in Meklenburg, welche der Orden über hundert Jahre besaß.

Die größte Besitzung, welche der Deutsche Orden in Meklenburg gehabt hat, ist

die Comthurei Krankow.

Wir lernen die Verhältnisse fast nur aus den Urkunden über die Veräußerung derselben im J. 1355 kennen. Jedoch erlaubt die Entdeckung einer Urkunde vom 27. Oct. 1268 6 ), deren Original noch zur Zeit der Reformation bei dem Dorfschulzen zu Quale


1) Die Urkunde ist daher wohl nicht in das J. 1234, sondern in das J. 1235 zu setzen, weil der Bischof Barthold von Lübek als bereits verstorben erwähnt wird.
2) Vgl. Dittmer a. a. O. S. 102, Not.
3) Vgl. Lüb. Urk. Buch. I, S. 83, Nr. 75.
4) Die Altenfähre (antiquum passagium, antiquum vehre) sind zwei Straßen, die große und kleine Altenfähre, in der Stadt Lübek, bei der Burg nach der Trave hinab.
5) Nach Deecke's Darstellung a. a. O.
6) Vgl. Urk. Samml. Nr. III.
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aufbewahrt ward, Schlüsse auf die Erwerbung der Comthurei und auf deren ganze Geschichte. Nach spätern Urkunden 1 ) vom 21. Oct. 1355, 2. Febr. 1356 und 25. Julius 1381 bestand die Comthurei aus folgenden Dörfern:

Kl. Krankow, Sitz des Comthurs.
Gr. Krankow.
Peterstorf.
Quale.
Harmshagen.
Cimersdorf.
Gebekendorf.
In Friedrichshagen 6 Hufen.

Alle diese Dörfer liegen in der Nähe der Stadt Wismar, südlich von der Landstraße zwischen Wismar und Grevismühlen, in der alten Provinz Bresen, in der Herrschaft Meklenburg. Zur Zeit des ratzeburger Zehntenregisters um 1230 standen von diesen Dörfern: Kl. Krankow, damals noch von Wenden bewohnt und daher Wendisch=Krankow genannt (Sclauicum Crankowe, sclaui sunt, nullum beneficium est), Gr. Krankow, damals schlechtweg Krankow genannt, Quale, Cimerstorp, Friederichshagen, früher Fredebernshagen, darauf Frebbershagen genannt, und Harmshagen, früher Hermannshagen (villa Hermanni) genannt, welches damals ebenfalls noch von Wenden bewohnt ward (in villa Hermanni sclaui sunt, nullum beneficium est). Alle diese Dörfer gehörten zur Pfarre Gressow; nachdem aber aus der alten Pfarre Gressow (sicher vor 1320) die beiden Pfarren Gressow und Fredebernshagen (Friedrichshagen) gemacht waren, gehörten Gr. Krankow, Cimerstorf und Quale nach Gressow, Kl. Krankow und Hermannshagen nach Friedrichshagen 2 ). Das Dorf Petersdorf stand schon im J. 1268, nach der erwähnten Urkunde; dieses gehört jetzt zur Pfarre Beidendorf, wogegen 1230 Hermannshagen zu dieser Pfarre gehörte. Cymerstorf wird einige Male mit Hermannshagen und Friedrichshagen zusammengestellt und lag nach einer urkundlichen Aeußerung vom J. 1418 im Kirchspiele Gressow; in den J. 1404, 1414 und 1418 wird Cymerstorf noch genannt; es wird aber noch im 15. Jahrhundert untergegangen sein. Gebekendorf ist am spätesten gebauet und am frühesten untergegangen; im ganzen 15. Jahrh. wird es nirgends erwähnt.

Die Comthurei Krankow in ihrem ganzen Umfange muß schon im J. 1268 bestanden haben. Denn am 27. Oct.


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. IX, Xl und XVIII.
2) Vgl. Jahrb. XI, S. 416 flgd.
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1268 1 ) giebt der Comthur des Ordenshauses zu Krankow, Johannes von Ratzeburg, auf Rath des vormaligen Comthurs Heinrich von Holstein und anderer Brüder in Krankow den Bauern zu Quale die Hälfte des Holzes oder Grases in dem Fischteiche zu Petersdorf, wenn dieser Teich abgelassen und in Ackerland verwandelt werden sollte. Dieser Teich gab in spätern Zeiten noch öfter zu Streitigkeiten Veranlassung.

Damals lebten außer dem regierenden Comthur Johannes von Ratzeburg 2 ) und dem vormaligen Comthur Heinrich Holstein noch 4 Priesterbrüder: Adolph, Johann, Albert und Hermann, auf dem Hofe zu Krankow.

Da nun im J. 1268 die Verhältnisse der Comthurei schon geordnet erscheinen, so ist es wahrscheinlich, daß die Comthurei bald nach dem J. 1240 erworben und gegründet ward, als die Ritter von Dobrin nach Meklenburg heimkehrten und ihr Dorf Sellin verkauften. Wahrscheinlich gingen bei der Stiftung der Comthurei die Brüder von Dobrin als Deutsche Ordens=Ritter in die Comthurei Krankow über; vielleicht waren die ersten Comthure Dobriner Ritter. Der erste Comthur war wahrscheinlich Heinrich Holstein, welcher im J. 1268 resignirt hatte; in der nahen Pfarre Kalkhorst hatte um das J. 1230 nach dem Zehntenregister ein Heinrich Holstein mehrere Besitzungen.


Die meklenburgischen Fürsten, der in vollem Glanze blühenden Stadt Lübek benachbart, blieben stets in regem Verkehr mit dem Deutschen Orden. Der Fürst Johann I. der Theologe, unbezweifelt derjenige, unter welchem der Deutsche Orden die Comthurei Krankow erworben hatte, starb am 1. Aug. 1264. Sein ältester Sohn, Heinrich I. der Pilger, machte in den ersten Jahren seiner Regierung eine Kreuzfahrt nach Livland. Hier rettete er, unter dem Banner der Jungfrau Maria (also des Deutschen Ordens) kämpfend, im Getümmel der Schlacht ein dreijähriges heidnisches Mädchen, welches er taufen ließ, mit sich nach Meklenburg führte, sie an Kindes Statt annahm und unter dem Namen Catharine in's Kloster Rehna gab; am 8. Julius 1270 setzte er zu ihrer bessern Unterhaltung 4 Hufen in Parber 3 ) aus. - Wann dieser Kreuzzug


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. III.
2) Ein Ernst von Ratzeburg war 1273-1278 Landmeister in Livland.
3) Vgl. Lisch Urk. des Geschl. Maltzan I, Nr. XII und XIV, und unten Urkundensammlung; vgl. Rudloff M. G. II, S. 60, wo irrthümlich noch von Schwertrittern die Rede ist.
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statt gefunden habe, läßt sich noch nicht genau bestimmen. Im J. 1267 machte Tramate, Heerführer der Samoiten, mit diesen und den Litthauern einen Einfall in das Land bis Wenden. Darauf fielen die Russen in Dorpat ein und erregten einen heftigen Krieg, in welchem die Rigaer den Tramate in einer heftigen Schlacht beim Kloster Dünamünde schlugen, worauf der Deutsche Orden in Curland einfiel. Im J. 1269 fielen die Russen, Samoiten und Litthauer wieder verwüstend in Livland und Esthland ein; gegen diese sandte auch der König von Dänemark im J. 1270 ein Heer, welches, wenn auch mit Verlust, siegreich blieb. In diesem Kriege wird Heinrich der Pilger gefochten haben 1 ). Nach den bis jetzt bekannt gewordenen Urkunden Heinrichs des Pilgers ist in diesen eine Lücke zwischen 1269 und 1270; seine letzte Urkunde vor diesem Zeitraume ist vom 1. Mai 1269 (Lisch Maltzan. Urk. I, Nr. XL, S. 26), seine erste nach dieser Lücke vom 5. März 1270 (Jahrb. VII, Nr. XXXIII, S. 302 flgd.).

Ein jüngerer Bruder dieses Fürsten, Poppo, ward Kreuzträger oder Kreuzritter. Wir wissen über diesen nichts weiter, als daß die doberaner Genealogie vom J. 1370, welche wohl noch sichere Nachrichten gehabt hat, sagt: "Poppo fuit crucifer" 2 ). Höchst wahrscheinlich begleitete er seinen Bruder auf dem livländischen Kreuzzuge und trat hier in den Deutschen Orden.

Der Fürst Heinrich I. der Pilger hatte aber keine Ruhe zu Hause. Schon im J. 1272 nahm er das Kreuz zu einer Wallfahrt nach dem Heiligen Lande. Aber schon unterweges ward er von den Muhamedanern gefangen und nach Aegypten gebracht, wo er mit seinem getreuen Diener Martin Bleyer 25 Jahre lang in der Gefangenschaft schmachten mußte. Die Gemahlin des Fürsten, die edle Anastasia, gab sich alle ersinnliche Mühe, den Gemahl zu befreien. Sie legte bei dem Rath der Stadt Lübek 2000 kölln. Mark Silbers nieder, welche für die Befreiung des Fürsten dem Deutschen Orden zu Gebote stehen sollten. Aber am 14. Aug. 1289 berichtete der Präceptor Wirich von Homberg zu Akkon, Statthalter des Ordensmeisters im Heiligen Lande, daß zu der Zeit keine Hoffnung zur Befreiung des Fürsten vorhanden sei 3 ).

Durch solche Begebenheiten ward ein enges Band zwischen dem Orden und dem meklenburgischen Fürstenhause geknüpft.


1) Vgl. Monum. autiq. Livon. I, S. 132-133.
2) Vgl. Jahrb. XI, S. 18.
3) Vgl. Lü. Urk. Buch, I, Nr. 638 und 539, S. 489-490.
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Daneben wurden im 13. Jahrh. viele andere lebhafte Verbindungen mit Livland unterhalten. Die Stadt Wismar stand mit Livland in regem Verkehr und das Cistercienser=Kloster Dünamünde hatte mehrere Besitzungen in den diesseitigen Landen. Am 21. Dec. 1267 ward der edle Graf Gunzelin III. von Schwerin zum Schirmherrn des Erzbisthums Riga ernannt und sein Sohn Johann war 1294-1300 Erzbischof von Riga.


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Der Deutsche Ordens=Hof zu Wismar.

Der Fürst Heinrich II. der Löwe, Sohn des Pilgers, hatte zwar unter harten Kämpfen die übermüthige Stadt Wismar gedemüthigt und eine feste Burg in der Stadt gebauet 1 ); aber mit dem Wachsthum der Stadt stieg der Muth der Bürger, namentlich als der Löwe sich seinem Ende näherte. Dieser mochte auch den Trotz der Stadt fürchten und wünschte in Wismar eine beständige, gerüstete Beschirmung seiner Feste und eine Umgebung, welche ganz frei dastand, obgleich der Fürst nur selten in Wismar war. Er hatte daher einen Theil seines Hofes dem Comthur von Krankow und dem Deutschen Orden geschenkt. Kaum hatte aber dies die tobende Menge erfahren, als sie den Rath zwang, diese Schenkung wieder rückgängig zu machen. Am 12. Junius 1327 nahm der Fürst zu Sternberg seine Schenkung wieder zurück und versprach, nie einen Theil des fürstlichen Hofes an geistliche oder weltliche Personen zu veräußern, sondern den Hof allein zu Nutz und Ehre des Fürstenhauses zu bewahren 2 ). Heinrich der Löwe starb schon am 22. Jan. 1329 und hinterließ das Land zwei unmündigen Söhnen, welche er unter eine zu Wismar residirende Vormundschaft aus der Ritterschaft und den Städten gestellt hatte. Diese Wendung der Dinge nahm die Stadt sogleich wahr und zwang die Vormundschaft schon am 18. März 1329, die fürstliche Burg an die Stadt zu verkaufen, wogegen diese den Fürsten gestattete, ferner einen Hof in der Stadt bei der St. Georgen=Kirche, den jetzigen Fürstenhof, zu bewohnen, jedoch nur nach lübischem Rechte 3 ). So waren die Fürsten in Wismar auf die Rechte der Privatpersonen beschränkt.

Nachdem die Landesfürsten also eingeengt waren, hielt man es wohl nicht mehr für gefährlich, dem Deutschen Orden einen


1) Vgl. Jahrb. V, S. 8-9.
2) Vgl. Urk. Samml. IV.
3) Vgl. Jahrb. VII, S. 235.
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Wohnsitz in der Stadt Wismar einzuräumen. Am 30. Mai 1330 gestattete der Rath der Stadt dem Comthur Wynand von Krankow und seinen Nachfolgern den Besitz eines Hofes in der Stadt, jedoch nur zu lübischem Rechte, gleich den andern Höfen der Klöster Doberan und Cismar, und in Gemäßheit der Baupolizei der Stadt 1 ). Es ward ihnen zwar erlaubt, eine Capelle in dem Hause zu errichten; jedoch ward ihnen die Anlegung eines Kirchhofes bei dem Hause bis dahin untersagt, daß der Rath der Stadt von seinen "Gnaden" ihnen die Anlegung erlauben würde. Man sieht aus dieser Bestimmung klar den Einfluß der neidischen Geistlichkeit, welche ihnen nicht gestatten wollte, was der Papst ihnen längst eingeräumt hatte. Ferner ward ihnen zur Bedingung gemacht, weder Fürsten (heren, d. i. regierende Herren) und Ritter 2 ), noch andere Personen auf ihrem Hofe zu beherbergen, es wären denn Mitglieder des Ordens, den Hof an keinen andern zu verkaufen, verpfänden, verschenken oder sonst veräußern, als etwa an Bürger der Stadt mit Bewilligung des Rathes; innerhalb und außerhalb der Stadt weder liegende Gründe, noch Renten zu kaufen, es sei denn mit Bewilligung des Rathes. Für diese beschränkte Bewilligung mußte der Orden dem Rathe der Stadt versprechen: für den Rath und die Stadt zum Besten derselben zu arbeiten, zu reiten (d. i. Sendungen zu übernehmen) und Geschäfte auszuführen, jedoch auf Kosten der Stadt, die Stadt bei Belagerungen vertheidigen zu helfen, an Stadtabgaben jährlich zu Martini 2 Mark lüb. Pf. zu bezahlen und auf ihre Kosten um ihren Hof Steinpflaster legen und bessern zu lassen. Endlich mußte der Orden versprechen, daß die Stadt und deren Einwohner ihre schiffbrüchigen Güter in allen Ländern des Ordens, wo sie an's Land treiben würden, ungehindert und frei genießen sollten. Es sollten auf dem Hofe zu Wismar nie mehr als ein Comthur und vier Ordensbrüder wohnen. - An demselben Tage mußte der Landmeister von Livland, Eberhard


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. V.
2) In der Urkunde steht: "Vortmer heren, ritter ofte andere personen scholen se nicht herberghen." Man muß hier zwischen heren und ritter ein Komma setzen; unter "heren" sind bekanntlich Landesherren zu verstehen, namentlich wenn neben ihnen Ritter aufgeführt werden. Dieselbe Bedingung müßte auch den Klöstern Doberan, Cismar und Neukloster beim Erwerb ihrer Höfe eingehen: "Dominis, militibus aut quibuslibet aliis "personis suspectis nulla hospitalitatis beneficia praebebimus." Schröder im Pap. Mekl. (I, S. 970, 973, 975) läßt zwischen den Worten "dominis militibus" und "heren ritter" das Komma weg und erklärt im Register unter dem Worte "milites Christi" die "domini milites" oder "heren ritter" fälschlich für milites Christi oder Deutsch=Ordens=Ritter, welche hiernach gar nicht in Wismar hätten geduldet werden sollen.
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von Monheim, neben dem krankower Comthur Wynand die Haltung aller dieser Bedingungen geloben 1 ).

Seit dieser Zeit wird der Comthur von Krankow auch Comthur von Wismar genannt, da er fortan seinen Hauptsitz wahrscheinlich zu Wismar nahm 2 ); der Hof zu Wismar gehörte aber zur Comthurei Krankow und beide standen unter dem Landmeister von Livland.

Wo der Hof des Deutschen Ordens in der Stadt gestanden hat, ist nicht mehr zu ermitteln. Nach Schröder's Angaben 3 ), die er ohne Zweifel den alten Stadtbüchern entnommen hat, gab es in der Stadt einen Kreuzherrenhof ("curia cruciferorum") und sogar eine Straße der Ritter Christi ("platea militum Christi"): Andeutungen, daß die Deutschen Ordensritter, die hier sicher gemeint sind, eine neue Straße anlegten und hier ihren Hof aufführten. Jedenfalls waren die Ritter nicht ohne Bedeutung für die Stadt, da man ihnen gestattete, eine Straße nach sich zu benennen.

Die Brüder des Deutschen Ordens waren nicht nur für Wismar, sondern auch für den Orden von Wichtigkeit, namentlich bei der Bedeutsamkeit der Stadt Lübek. Nachdem z. B. der König Waldemar von Dänemark im J. 1346 Esthland an den Orden verkauft hatte, war der Comthur Adam von Wismar wiederholt Bevollmächtigter des Ordens in Lübek bei der allmähligen Auszahlung der Kaufgelder. So war er am 19. Dec. 1346 in Lübek und besorgte mit zwei andern Brüdern die Zahlung von 6500 Goldgulden an den König; eben so war er bei ferneren Zahlungen am 28. Jun. 1347 und 22. Jul. 1349 in Lübeck gegenwärtig: er heißt hier immer "frater Adam cornmendator de Wismaria" 4 ).

Ueberhaupt sind Denkmäler des Deutschen Ordens weder in der Kirche zu Cressow, noch in Wismar aufzufinden gewesen. Da den Rittern in Wismar kein eigener Kirchhof erlaubt war, so ließ sich vermuthen, daß sich in andern Kirchen Spuren von den Rittern finden könnten. Die einzige Andeutung, welche aber


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. VI.
2) Vgl. Commendator in Wismaria: Urk. vom 21. Oct. 1355; - Commondator in Crancowe et in Wismar: Urk. vom 22. Mai 1556; - Commendator in Krankowe et curiae in Wismar: Urk. vom 29. Jan. 1356.
3) Vgl. Schröder's Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar, S. 268 und 273. - Nach Ansichten, die ich wohl in Wismar vernommen habe, dürfte die jetzige Baustraße die ehemalige Ritterstraße sein.
4) Die Urkunden sind gedruckt in Monumenta antiquae Livoniae, Bd. III, 1842, und daselbst in Moritz Brandis Collectaneen, herausgegeben von Paucker, S. 60-61, 71 und 79. - Vgl. auch Napiersky Index corporis historico=diplomatici Livoniae, Esthoniae, Curoniae, Bd. I, 1833, S. 95 flgd.
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trotz aller Forschungen bemerkt ist, ist ein Leichenstein in der Dominikanerkirche zu Wismar. In der Mitte dieser Kirche liegt nämlich ein sehr alter Leichenstein, welcher ganz eigentümlich ist: auf diesem Steine ist in der Mitte ein großer Schild von ganz alter, einfacher, strenger Form eingehauen; in dem abgegrenzten Rande des Schildes steht die Umschrift:

Umschrift

(= Inschriftskreuz Hic requiescit Johannes filius domini Adae = Hier ruhet Johannes, ein Sohn des Heern Adam).

Auf diesem Schilde steht nichts weiter als wieder ein kleiner Schild, auf welchem nur ein Kreuz in alter Form steht, dessen oberer Perpendiculairbalken über den kleinen Schild hinausragt Kreuz . Nach den Zügen und dem ganzen Charakter der Buchstaben stammt dieser Leichenstein aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, aus der Zeit, als Adam Comthur zu Wismar war. Dessen Sohn hat er nun nicht gut sein können, wenn Adam nicht etwa ein Halbbruder des Ordens war, was jedoch nicht wahrscheinlich ist. Es scheint aber, als wenn dieser Leichenstein das Grab eines Bruders oder Halbbruders des Deutschen Ordens deckt, der vielleicht zur Familie v. Holstein gehörte. Auch scheint es hiernach, als wenn die Brüder des Deutschen Ordens ihre Gruft in der Dominikanerkirche hatten, neben welcher die alte fürstliche Burg stand, wenn auch mehrere Anzeichen darauf hindeuten, daß die Ritter sich an die St. Georgen=Kirche schlossen, neben welcher der Fürstenhof liegt und welche die Landesherren besuchten.

Der Großherzog Friederich Franz I. ließ im Anfange dieses Jahrhunderts durch den Hauptmann Zink in Marnitz nach Denkmälern der "Kreuzritter" forschen, da die Sage von Besitzungen dieser Ritter in Marnitz berichtete. Es ward jedoch nichts gefunden; auch leitet keine urkundliche Spur auf Ordensbesitzungen in Marnitz.


Verkauf der Ordensgüter.

Im J. 1355 verkaufte der Orden seine Güter in Meklenburg. Die Verhältnisse hatten sich im Laufe der Zeiten geändert: der Orden war in den fernen Ostseeländern zu einem abgerundeten, gesicherten Länderbesitze gekommen, die Kreuzzüge hatten längst aufgehört und der Verkehr mit Lübek, um dessentwillen dem Orden der Güterbesitz in Meklenburg vorzüglich an=

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genehm gewesen war, hatte sich auf Verwaltungsbetrieb und Handelsverkehr beschränkt. Vorzüglich aber nahm der Kauf von Esthland die Kräfte des Ordens auf ungewöhnliche Weise in Anspruch, so daß er seine entfernt liegenden Besitzungen, die ihm keinen besondern Nutzen mehr brachten, zu veräußern kein Bedenken trug.

Den Verkauf besorgten Hermann von Wechelt, Comthur zu Krankow und Wismar, und der Priester Jakob von Stove, Pfarrer der St. Georgenkirche zu Wismar, beide Halbbrüder des Ordens, als zu diesem Zwecke besonders beauftragte Abgeordnete des Landmeisters von Livland; beide waren sicher nur Halbbrüder des Ordens, da beide in den Urkunden vom 21. Oct. 1355 und 22. Mai 1356 ausdrücklich "confratres" genannt werden, eine Bezeichnung, die für die Halbbrüder eigenthümlich war (vgl. oben S. 12).

Die Comthurei Krankow ward an den meklenburgischen Vasallen Marquard von Stove d. ä. verkauft. Dieser war ohne Zweifel mit dem Pfarrer Jakob von Stove aus derselben Familie. Durch die Vermittelung des letztern hatte der erstere wahrscheinlich zu den esthländischen Kaufgeldern Geld hergeschossen; denn obgleich der förmliche Verkauf der Comthurei erst im J. 1355 und 56 abgeschlossen und bestätigt ward, gewann Marquard von Stove schon seit dem J. 1349 Rechte an der Comthurei, welche vermuthen lassen, daß er schon in Beziehungen zu dem Orden stand, zumal zu einer Zeit, als gerade der Orden Geld gebrauchte; vielleicht wurden ihm schon im J. 1349 die Comthurei=Güter verpfändet.

Am 31. Dec. 1349 überließen nämlich die Herzoge Albrecht und Johann von Meklenburg dem Marquard von Stove alle landesherrlichen Rechte an allen zu der Comthurei Krankow gehörenden Gütern, namentlich das Eigenthumsrecht, die Bede, den Geldzehnten, die Dienste und die höchste Gerichtsbarkeit 1 ), wie des Herzogs Vater und Vorfahren diese Rechte bis dahin besessen hatten; der Orden hatte also die Güter nicht mit den gewöhnlichen Privilegien geistlicher Güter, sondern nur zu Vasallenrecht besessen. Zugleich versprachen die Herzoge dem Marquard von Stove, für den Fall, daß er die Güter von dem Deutschen Orden erwerben würde, alle Urkunden und Versicherungen, welche die Herzoge von Meklenburg dem Orden auf die Comthurei gegeben hätten, auch ihm zu halten, wie dem Orden. Am 22. Julius 1351 bestätigte der Herzog Johann, der jüngere Bruder des Herzogs Albrecht, welcher eine Landestheilung


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. VII.
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erstrebte, dem Marquard von Stove alle Urkunden, welche ihm sein Bruder, der Herzog Albrecht, ausgestellt haben möchte 1 ).

Am 21. Oct. 1355 bestätigte der Herzog Albrecht von Meklenburg dem Knappen Marquard von Stove das erbliche Eigenthumsrecht des Comthureihofes Krankow mit den dazu gehörenden Dörfern Krankow, Petersdorf, Quale, Simersdorf, Hermannshagen, Gebekendorf und 6 Hufen in Vredebernhagen 2 ), wie der Deutsche Orden durch seine Bevollmächtigten und Mitbrüder, Hermann v. Wechelt 3 ), Comthur zu Wismar und Krankow, und Jakob Stove, Pfarrer an der St. Georgen=Kirche zu Wismar, diese Güter an den Knappen Marquard von Stove d. ä. für 1000 Mark reinen Silbers verkauft hatte, und zwar zu denselben Gerechtigkeiten und Freiheiten, mit denen der Orden diese Güter bis dahin besessen hatte, mit dem Eigenthumsrechte, mit der höchsten und niedern Gerichtsbarkeit, mit den Beden und allen andern landesherrlichen Hebungen, so daß die Landesherren sich an den Gütern keine Gerechtigkeit vorbehielten; zugleich verlieh der Herzog dem Marquard v. Stove und seinen Erben das Recht, die Güter ganz oder theilweise an jedermann auf jede Weise zu veräußern.

Am 2. Febr. 1356 versicherte der Herzog Albrecht dem Marquard von Stove noch besonders in einer eigenen Urkunde, daß, wenn dieser die Comthurei=Güter ganz oder zum Theil veräußern würde, der künftige Besitzer dieselben Rechte an den Gütern haben solle, welche dem Marquard von Stove an denselben gehabt habe und der Orden besessen hatte 4 ). Am 23. Aug. 1356 zu Marienburg 5 ) bestätigte der Hochmeister des Ordens Winrich von Kniprode den im Auftrage des Landmeisters von Livland, Goswin von Herike, an Marquard v. Stove geschehenen Verkauf der Comthurei Krankow, mit Ausnahme des Ordenshofes in Wismar und der Hebungen in Dassow (redditibus in Dartzow exceptis), welche wahrscheinlich noch von den Schwertbrüdern erworben und von diesen auf den Deutschen Orden übergegangen waren.

Der Comthurei=Hof in Wismar ward bald darauf veräußert. Am 29. Jan. 1356 verkauften 6 ) der Comthur Hermann von Wechelt und der Pfarrer Jakob von Stove den in der


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. VIII.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. IX.
3) Der Name des Comthurs wird Wechelte, theils Wecholte geschrieben, in den Original=Urkunden Wechelte. Es scheint daher, als wenn er nicht zu der Familie von Wacholt gehörte, welche in frühern Zeiten in Meklenburg ansässig war.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XI.
5) Vgl. Urk. Samml. Nr. XIII.
6) Vgl. Urk.. Samml. Nr. X.
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Stadt Wismar gelegenen Hof des Ordens dem Rath der Stadt Wismar für 420 Mark lübischer Pfenninge, von denen 20 Mark gleich gezahlt waren, die übrigen 400 Mark aber bei der Auslieferung des Consenses des Landmeisters von Livland in Lübek gezahlt werden sollten. Die Einwilligung des Landmeisters Goswin von Herike 1 ) erfolgte am 22. Mai 1356.

Der Comthur Hermann von Wechelt war während der Verhandlungen gestorben.

Die Hebungen aus Dassow werden auf andere Weise veräußert sein; sie verschwinden fortan aus der Geschichte.

So hörten die engern Beziehungen Meklenburg's zu dem Deutschen Orden im J. 1356 auf längere Zeit ganz auf.


Die Comthure und Brüder des Ordens
in Meklenburg.

Heinrich von Holstein, Comthur, vor 1268.

Johann von Ratzeburg, Comthur, 1268.

Adolph,
Johann,
Albert,         Priester=Brüder 1268.
Johann,

Wynand, Comthur, 1330.

Adam, Comthur, 1346-1349.

Hermann von Wechelt, Comthur, 1355 † 1356.

Jakob von Stove, Pfarrer zu St. Georg in Wismar, Halbbruder des Ordens 1355-1356.

Siegel der Comthurei vgl. zur Urkunde vom 29. Jan. 1356.


Die Familie von Stove, welche nun einige Zeit im Besitze der Güter der Comthurei Krankow blieb, ist schwierig zu erforschen. Es gab mehrere Orte dieses Namens, von denen die Familien benannt sein könnten: Stove im Fürstenthume Ratzeburg, Stove bei Neu=Bukow, im Mittelalter dem Dom=Capitel zu Lübek gehörend, Gr. und Kl. Stove bei Rostock, Stoven (jetzt Staven) bei Friedland im Lande Stargard, ehemals zur Johanniter=Comthurei Nemerow gehörig, und früher vielleicht noch mehr Güter dieses Namens, wie Schröder P. M. I., S. 998 noch ein "Stowe im plauschen Amte" angiebt. Von diesen Orten gab es verschiedene, gar nicht verwandte Familien gleiches Namens 2 ), welche jedoch alle


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XII.
2) Ueber die Familie von Stoven im Lande Stargard vgl. Jahrb. IX, S. 35 flgd. (  ...  )
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bisher sehr unbekannt geblieben sind. Die hier zur Frage stehende Familie, welche auf kurze Zeit die Comthurei Krankow besaß, stammte ohne Zweifel von Stove aus dem Bisthume Ratzeburg. Der Stammvater ist sicher jener Rebernus von Stove, welcher im Anfange des 13. Jahrh. im westlichen Meklenburg auftritt z. B. zu Gadebusch 1238: Rembernus et frater suus Corvus (=Raven) de Stove, 1237 Rembernus de Stoven (Lisch Hahnsche Urk. I, B, S. 18 und 25), und in einer andern Urkunde des Klosters Rehna 1246 Reimbernus et Reimbernus milites de Stove et Karlowe. Er stiftete die Stadt Stavenhagen, im Mittelalter Stovenhagen genannt, und im J. 1252 das Kloster Ivenack (vgl. Jahresber. VI, S. 103). Die Familie hielt sich jedoch bis zu ihrem Erlöschen in der Gegend ihres Stammsitzes Stove im Ratzeburgischen. Dieser kam freilich früh aus der Familie; denn am 8. April 1377 tauschte der Bischof Heinrich von Ratzeburg den Hof Stove mit den dazu gehörenden Gütern von Dethlof von Gronow ein (vgl. Masch Bisth. Ratzeburg, S. 279) und bauete hier ein Schloß zum Bischofssitze. Vielleicht hatte Marquard von Stove diese Güter an Dethlof von Gronow veräußert, als er 1355 die Comthurei Krankow kaufte. Noch im J. 1356 überließ "Raven dictus de Pentze" die bisher von ihm zu Pfandrecht besessenen Güter zu Gr. Rüntz ("Dützen Rosenitz in terra Godebuss"), nahe bei Stove, dem Marquard von Stove d. ä. Am 14. Aug. 1388 gab der Ritter Droste von Stove seine Zustimmung zur Veräußerung von 2 1/2 Hufen in Falkenhagen bei Rünz, welche ehemals Otto von Stove besessen hatte (vgl. Masch Bisth. Ratzeb., S. 285). Im 15. Jahrh. sehen wir die Familie von Stove auf Kitlitz im Lauenburgischen, in der Pfarre Mustin bei Ratzeburg, wo 1449 Henning von Stove und 1473 dessen Sohn Dethlof von Stove (to Kistlesse in deme kerspele to Mustin) wohnten (vgl. von Kobbe Gesch. von Lauenburg III, S. 256). Die


(  ...  ) Eine andere Familie, welche auch wohl von Stove genannt ist, wird in den Urkunden von Stuve genannt. Im J. 1326 verkauften der Priester Johannes und der Knappe Bruno genannt Stuven (" Stvuen"), Brüder, das Dorf Matersen ("Matheriz, Matrizze, Matrisse") an das Kloster Dobbertin und die Ritter Mathias und Nicolaus von Axeeow und die Knappen Dietrich und Heinrich Clawen leisteten mit ihnen Gewähr. Bruno Stuve führte drei aufsteigende Löwen im Siegel  . Im J. 1387 verkaufte Claus Stuve ("Sthůue")(liegendes o über u) drei freie Hufen zu Starkow an Gottschalk Bassewitz und im J. 1392 erhielt Busse von Kalant die Erlaubniß, das halbe Gut Stove ("Sthoue"), welches seine Frau, Gottschalk's von Stove ("van Sthoue") Tochter, von ihrem Vater geerbt hatte, zu veräußern. - Vielleicht führten von dieser Familie Burg und Dorf Stuvendorf bei Plau (vgl. Jahrb. XIII, S. 402) den Namen. Dies ist auch vielleicht das Gut Stowe, welches nach Schröder a. a. O. im Amte Plau liegen soll.
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Familie mag im 16. Jahrh. untergegangen sein. - Das Wappen dieser Familie soll nach der Beschreibung zu der Urk. vom 25. Junius 1381 ein Dreiblatt gewesen sein; nach Mittheilung meines Freundes Masch führte aber Dethlof von Stove einen rechten Schrägebalken im Schilde, wie das Wappen auch in von Meding I, S. 596 angegeben ist; nach Mittheilung meines Freundes Gentzen zu Neu=Strelitz hat auch das Siegel des Henning von Stove 1449 einen rechten Schrägebalken im schraffirten Schilde.

Die Familie von Stove blieb ein Vierteljahrhundert im Besitze der Güter der ehemaligen Comthurei Krankow.

Der Knappe Marquard von Stove, der Erwerber dieser Güter, hatte in seinem letzten Willen die Stiftung einer Vicarei aus diesen Gütern ausgesprochen. Sein Sohn, der Ritter Droste von Stove, erfüllte in vollem Maaße in kindlichem Gehorsam den Willen seines Vaters, bauete auf seine eigenen Kosten an der Südseite der St. Georgenkirche zu Wismar eine Capelle 1 ) und dotirte 2 ) am 16. Mai 1371 den Altar derselben mit den Einkünften von 10 Hufen des Dorfes Quale, mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten, allein mit Ausnahme der Landbede, welche er sich und seinen Erben vorbehielt. Die Verleihung dieser Pfründe behielt er sich, seinen Söhnen und dem Sohne seines Bruders Otto, Marquard, vor und bestimmte, daß nach ihrer aller Tode das Patronat der Vicarei auf die Herzoge von Meklenburg übergehen solle. Der erste Besitzer der Pfründe war Johann Swalenberg, Domherr zu Schwerin, Pfarrer zu Gadebusch und Kanzler des Herzogs Albrecht 3 ); nach seinem Tode sollte die Vicarei stets nur einem wirklichen Priester verliehen werden, der seine persönliche Residenz in Wismar zu halten verpflichtet sei. - An demselben Tage gab der Pfarrer der St. Georgenkirche seine Zustimmung zu dieser Stiftung, unter der Bedingung, daß der Vicar täglich Messe lese und an hohen Festtagen und bei feierlichen Leichenbegängnissen zur Disposition des Pfarrers stehe. - Der Herzog Albrecht hatte bereits am 5. Mai 1371 seine Einwilligung gegeben und dem Ritter Droste von Stove das Eigenthumsrecht an den 10 Hufen in Quale zu diesem Zwecke abgetreten 4 ) und


1) Vgl. Urk Samml. Nr. XVl.
2) Die Fürsten=Capelle war am Ostende der Südseite der St. Georgenkirche angelehnt und stand also nahe bei dem verdeckten Gange von dem Fürstenhofe, welcher hinter dem Altare einmündete. Die Capelle ist abgebrochen. An der Ostwand der Kirche (in parte australi ante capellam principum terrae) vor der Fürsten=Capelle stand die Gramkower Capelle (Schröder's Wism. Erstl. S. 29.
3) Vgl. Jahresbericht III, S. 127 und 130.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XV.
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der Bischof Heinrich von Ratzeburg bestätigte am 8. Julius 1371 die Stifung 1 ).

Diese fette Pfründe ward in spätern Zeiten Gegenstand vielfacher Streitigkeiten.

Der Ritter Droste von Stove verkaufte am 25. Julius 1381 die sämmtlichen Güter der ehemaligen Comthurei Krankow an die Brüder Henning und Hans von Stralendorf 2 ) mit allen Gerechtigkeiten, mit welchen er sie von seinem Vater ererbt hatte, also eben so wie sie der Deutsche Orden besessen hatte, und überließ ihnen und ihren Erben zu ewigen Zeiten zugleich das Patronat der in Quale fundirten Vicarei in der St. Georgenkirche. Diese Ueberlassung war gegen die ausführliche Bestimmung der Stiftungsbriefe, nach denen die Herzoge von Meklenburg nach dem Ableben der nächsten Generation der Familie von Stove zum Besitze des Patronats (leenware) kommen mußten.

Im J. 1414 theilten die Brüder Heinrich, Vicke, Henning, Heyne und Hans v. Stralendorf zu Crivitz ihre väterlichen Güter in 5 Theile: 1) Kl. Krankow und die Einlösung von Hoppenrade; 2) Zurow und Glosenhagen (Glashagen) und das Eigenthum zu Rakow, Friedrichsdorf und Moltenow (Oltena); 3) Critzow, Fahren und Moltow ("Moltekow"); 4) Gr. Krankow, Petersdorf und Quale; 5) Hermannshagen, Zimerstorf und Friedrichshagen ("Bredeberneshagen"). (Gebekendorf existirte nicht mehr.)

Die Güter blieben lange im Besitze der Familie von Stralendorf. Im J. 1635 wurden Gr. Krankow, Quale, Petersdorf und Bobest an den Oberst=Lieutenant Christoph v. Zülow verkauft und im J. 1785 verkaufte der Lieutenant v. Stralendorf die Lehngüter Kl. Krankow und Neuhof mit dem dazu gehörenden Bauerdorfe Harmshagen an den Grafen Moritz von Lynar zu Altona, Schwiegersohn der Geheimen Räthin v. Rantzau, geb. v. Levetzow.

Bis zur Reformation behaupteten sich die v. Stralendorf im Besitze des Patronats der Vicarei. Im ersten Viertheil des 16. Jahrh. besaß der bekannte schweriner Domherr und Cantor Peter Sadelkow diese Pfründe; dieser resignirte im J. 1519 oder 1520. Am 4. Febr. 1520 präsentirte 3 ) Joachim von Stralendorf auf Trams zu dieser Vicarei den Dr. Johann Knutze 4 ), Domherrn zu Schwerin, Lübeck und Schleswig, Propst zu Lüneburg, 1528-1534 Pfarrer an der Marien=


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XVI.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XVIII.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLI.
4) Vgl. Jahrb. X, S. 196.
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kirche zu Wismar, reich mit Pfründen versehen, einen hochgefeierten Mann, den "König der Papisten". Nach den spätern Acten war aber der Dr. Knutze auf die stralendorfsche Präsentation nicht "instituirt", sondern von den Herzogen mit der Pfründe beliehen; deshalb hatten die von Stralendorf ihre Präsentationsurkunde wieder an sich genommen. Nach den Visitations=Protocollen war die Vicarei "ein gestlich Fürstenlehn, dem Dr. Johannes Knutze von beiden Fürsten 1520 verliehen". Die Fürsten nahmen sich der Vicarei eifrig an, da auch das Patronat der St. Georgenkirche zu Wismar ihnen " mit dem "Dom=Capitel zu Ratzeburg" gehörte; die Herzoge hatten ihren Residenzhof unmittelbar neben dieser Kirche und besuchten, wenn sie in Wismar waren, diese Kirche als ihre Hofkirche; deshalb hatten sie auch im J. 1516 einen verdeckten Gang von dem Fürstenhofe nach der Kirche bauen lassen 1 ); die Herzoge wohnten in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. viel in Wismar und die Herzoge Heinrich der Friedfertige und Johann Albrecht I. hatten 1513 und 1554 den Fürstenhof neu aufführen lassen 2 ). Da die Fürsten das Patronat der Kirche und der Kapelle besaßen, so hieß die Kapelle im 16. Jahrh. die "Fürstenkapelle".

Der Dr. Johannes Knutze "zu Bützow" starb am 3. Junius 1546 3 ); er war der letzte Papist, der die Pfründe besaß. Nach seinem Tode bemächtigten sich die v. Stralendorf der Vicarei, d. h. mit den Gütern in ihrem Gute Quale, in einer Zeit, wo jeder, der nur Gelegenheit hatte, seine Hand nach geistlichem Gute ausstreckte. Der Herzog Heinrich entsetzte sie jedoch wieder und gab das Lehn dem Johann Riebling, seit 1537 erstem meklenburgischen Superintendenten und Prediger zu Parchim, welcher im J. 1554 starb. Bald darauf hatte der Herzog Ulrich das Lehn eingezogen, weil es "in seiner Gemahlin Amt" lag. Hierüber beschwerten sich die Vettern Heinrich und Achim v. Stralendorf zu Krankow und Trams und erhoben im J. 1563 Klage, welche in der Zeit von 1573-1583 lebhaft fortgeführt und selbst vor das Reichskammergericht gebracht ward. Die von Stralendorf brachten die Urkunden nur in beglaubigten Abschriften bei; der Herzog Ulrich forderte aber die Vorlegung der Original=Urkunden 4 ). Aber auch selbst nach den beglaubigten Abschriften, so behauptete der Herzog, gehöre das "Lehn"


1) Vgl. Jahrb. V, S. 13-14.
2) Vgl. Jahrb. V, S. 12 und 15.
3) Vgl. Jahrb. X, S. 196.
4) Vgl. auch die Note zur Urk. vom 25. Julius 1381, dessen beglaubigte Abschrift auch die Bemerkung enthält:
"Exemplis non credimus, nisi originalia videamue".
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zu Quale nicht zu den von den v. Stralendorf erkauften Gütern, sondern es sei ihnen nur die "Lehnwahr" (Präsentation) überlassen, und auch diese sei ihnen nur aus Freundschaft zugestanden; das zur Vicarei gehörende Gut in Quale gehöre der St. Georgenkirche zu Wismar zur Fürsten=Kapelle. Auch die schon im J. 1268 beurkundete Benutzung des Teiches an der Grenze von Quale und Petersdorf kam in diesem Streite wieder zur Sprache.

Am 26. April 1587 schloß der Herzog Ulrich mit den Vettern Joachim und Johann v. Stralendorf auf Trams und Krankow wegen des zur "fürstlich meklenburgischen Kapelle in St. Jorgens Kirche zu Wismar" gehörenden Lehns zu Quale und der dazu gehörenden 5 Bauleute zu Quale, auch wegen Stauung des krankower Teiches durch Vermittelung fürstlicher Commissarien einen Vertrag: daß die Lehnshebung ungeschmälert aus den Bauerhöfen und den dazu gehörenden 10 Hufen demjenigen, welchem die Fürsten die Lehnshebung verleihen würden, nämlich 30 Mk. lübisch und statt des Rauchhuhns, Topfflachses und Zehntlammes von den Inhabern der Höfe und Hufen 3 Mk. lübisch und 12 ßl., auf Martini alljährlich entrichtet werden sollten. Was die Dienste betraf, so sollte ein jeder Hüfener den v. Stralendorf wöchentlich einen Tag mit Pferden und in jeder zweiten Woche einen Tag zu Fuße, in der Roggen= und Gersten=Aernte aber wöchentlich 2 Tage mit Pferden und 1 Tag zu Fuße dienen, wobei die Stralendorf den Lehnsbauern wie gewöhnlich Essen und Trinken reichen sollten. Das höchste und "sideste" Gericht über die Lehnbauern sollten aber die v. Stralendorf hinfort allein haben. Wegen der Stauung des krankower Teiches sollte die Irrung, welche auf Erkenntniß der Grenzmale zwischen Quale, Krankow und Petersdorf beruhe und wie der Teich vor 40 Jahren gestauet gewesen sei, einer Commission zur Untersuchung und Entscheidung anheimgestellt werden. Hiemit sollten alle Rechtshändel aufgehoben sein.


Fernere Berührungen des Deutschen Ordens mit Meklenburg.

Während der Zeit des Besitzes der Comthurei Krankow stand Meklenburg sicher in vielen Berührungen mit dem Deutschen Orden.

Viele Meklenburger hatten sich entweder geradezu oder über Dänemark in den fernen Ostseeländern angesiedelt. Als der

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König von Dänemark im J. 1318 seine dänisch=esthländischen Vasallen wegen ihrer ritterlichen Thaten mit Erbgütern belehnte, waren unter diesen die meklenburgischen Edelleute Gottschalk Preen, Gödeke von Oertzen, Lambrecht Berkhahn und Johannes Hahn 1 ). Von diesen Familien sind in jenen Gegenden nur noch die Hahn in Kurland übriggeblieben. Im 15. Jahrh. waren die Hahn Vasallen der Diöcese Reval; im J. 1476 ward aber Heinrich Hahn von dem livländischen Heermeister mit dem Gute Postenden in Kurland belehnt, welches bis heute der Hauptsitz der kurländischen Barone Hahn geblieben ist.

Aus dieser Hahnschen Linie stammte ohne Zweifel der livländische Ordensmeister Reimar 1323-1328 2 ). Im J. 1323 war Reimar Hahn Comthur zu Wenden und als solcher mit dem Vogt Nicolaus von Parsow zu Karkus und Georg Wust, wahrscheinlich auch Meklenburger (v. Passow und Wuste), am 18. Jul. d. J. auf einer Gesandtschaft an den Rath zu Lübek 3 ). Sicher ist der nicht mit seinem Zunamen bekannte livländische Ordensmeister Reimar eben dieser frühere Comthur Reimar Hahn.

In noch wichtigeren Berührungen kam Meklenburg mit den fernen Ostseeländern durch die Erhebung des meklenburgischen Prinzen Albrecht auf den schwedischen Königsthron im J. 1363.

In den ersten Kriegen mit Dänemark schloß der König Albrecht am 30. Jul. 1368 im Feldlager zu Agatorp in Schonen ein Hülfsbündniß mit dem Bischofe Conrad von Oesel 4 ).

Es sind uns aus der Zeit der Regierung des Königs Albrecht und des Lebens seines großen Vaters Albrecht († 1379) nur wenige Berührungen mit dem Orden bisher bekannt geworden. Wir wissen nur, daß um das J. 1378 der Hochmeister Winrich von Kniprode mit dem Könige Albrecht eine Uebereinkunft wegen Verkaufs oder Verpfändung der Landschaften Wiburg, Aland und Wiland abschloß 5 ).

Meklenburg war aber in Schweden nicht glücklich. Der König Albrecht ward in dem Kriege mit der mächtigen Margarethe von Dänemark in der unglücklichen Schlacht von Axewalde


1) Vgl. Huitfeld Danmarckis Rigis Kronicke, I, S. 408, Mon. Livon. ant. I, S. 149, und Lisch Gesch. des Geschlechts von Oertzen I, S. 102.
2) Vgl. Napiersky Index p. 350.
3) Vgl. Sartorius und Lappenberg Gesch. der Hanse II, Cod. dipl. p. 307.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XIV.
5) Vgl. Urk. Samml. XVII.
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am 24. Febr. 1389 gefangen genommen und darauf bis zum 26. Sept. 1395 in Banden gehalten. Das Land machte Jahre lang die großartigsten Unternehmungen zur Befreiung ihres gefangenen Fürsten, dem nur die Stadt Stockholm treu blieb; die Hansestädte, bis nach Esthland hinauf, nahmen den innigsten Antheil, da sie an der Erhebung des Königs Albrecht auf den schwedischen Thron, nicht minder an dessen Erhaltung auf demselben stark betheiligt waren, da sie das bedeutende Ansehen des großen Herzogs Albrecht, des Vaters des Königs, zu würdigen wußten und ihr Handel durch den ununterbrochenen Krieg in seinen Grundfesten erschüttert ward. Man hatte endlich zu dem verzweifelten Mittel gegriffen, kühnen Männern die Befreiung des Königs und die Wiedergewinnung des Reiches auf eigene Gefahr und Rechnung zu überlassen, den später so übel berufenen Vitalienbrüdern, welche nicht allein von unternehmenden Schiffsführern, sondern auch von heldenmüthigen Rittern befehligt wurden, bis mit der Zeit die politische Begeisterung in allgemeine Seeräuberei ausartete. Zur Lösung des gefangenen Königs im J. 1395 wirkten aber auch der Hochmeister des Deutschen Ordens, so wie die Städte Thoren, Elbing, Danzig und Reval auf das allerkräftigste 1 ).

Am 17. Junius 1395 vermittelten die Herzoge Johann von Schwerin und Stargard zu Lindholm einen Frieden zwischen der Königin Margarethe und dem Könige Albrecht 1 ). Grade zu derselben Zeit hatte der Herzog Albrecht von Meklenburg=Stargard, der jüngere Bruder des Herzogs Johann II., von Stargard, mit den Vitalienbrüdern einen Seezug gegen Livland unternommen und war kurz vor dem 18. Junius 1395 in Reval gelandet. Der Bischof von Dorpat, Dietrich Damerow 2 ), lebte in großer Feindschaft mit dem Deutschen Orden; er wollte gegen des Hochmeisters Willen den Sohn des Herzogs Swantibor von Pommern, den jungen Herzog Otto, auf den erzbischöflichen Stuhl von Riga erheben. Der Bischof verbündete sich nun mit dem Herzoge Albrecht und es ging die Rede, beide wollten mit Hülfe der Vitalienbrüder den Deutschen Orden aus Livland vertreiben. Am 18. Junius 1395 wandte sich der Hochmeister, welcher am Tage zuvor die Befreiung des Königs Albrecht mit bewirkt hatte, an den Herzog Johann und an die Städte Rostock und Wismar 3 ) mit der Bitte, es zu verhindern, daß der in


1) Vgl. die Urkunden in Lisch Gesch. des Geschlechts von Oertzen I, B, Nr. 116 und 117, S. 179-191. Vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 529.
1) Vgl. die Urkunden in Lisch Gesch. des Geschlechts von Oertzen I, B, Nr. 116 und 117, S. 179-191. Vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 529.
2) Vgl. Napiersky Index I, p. 359. Ueber die nachfolgende Darstellung vgl. auch die Urk. bei Napiersky, p. 365 flgd.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XIX, XX, XXI.
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Reval angekommene Herzog Albrecht mit den Vitalienbrüdern den Deutschen Orden in Livland überfalle. Der Bischof räumte dem Herzoge mehrere seiner Burgen ein, ja es hieß, "er wolle ihm das Bisthum Dorpat selbst in die Hände bringen". Am Palmsonntage 1396 schloß der Bischof mit dem Herzoge Witant von Litthauen, dem Bischofe Andreas von Wilna und dem christlichen Adel von Litthauen ein Hülfsbündniß und am Sonntage Oculi d. J. trat der zum Erzbischofe von Riga erwälte Herzog Otto von Stettin diesem Bündnisse bei 1 ). Allein es gelang dem Hochmeister, sich am 30. Julius 1396 mit dem Herzoge Witant zu vereinigen 2 ), während jener in das Stift Dorpat einfiel, wo er gegen die Vitalienbrüder allerdings einen schweren Stand hatte. Am 9. Jan. 1397 wandte sich der Hochmeister an die Herzoge von Meklenburg mit der Bitte um Beschützung des Ordens 3 ). Jedoch waren alle Vermittelungs=Versuche des Ordens vergeblich. Die Herzoge Johann und Ulrich von Stargard erklärten sich für ihren Bruder gegen den Orden. Der Hochmeister schrieb daher am 11. Febr. 1397 an den König Erich von Schweden, des Königs Albrecht Sohn, an die Herzoge Johann und Ulrich und an die Städte Rostock, Wismar und Stargard, mit der Bitte um Beendigung des Krieges wegen des Bischofs von Dorpat 4 ). Am 15. Julius 1397 schloß der Deutsche Orden Frieden mit dem Bischofe 5 ). Der Herzog Albrecht aber, dem der Bischof von Dorpat die Beschirmung des Bisthums und die Nachfolge auf den bischöflichen Stuhl abgetreten hatte, starb noch in demselben Jahre zu Dorpat und wart daselbst begraben 6 ).

Von der ganzen schwedischen Herrlichkeit blieb den Herzogen von Meklenburg in Folge des Friedens von Lindholm nur die Stadt Wisby, das Heerlager der Vitalienbrüder, und alles was der König Albrecht sonst noch auf der Insel Gothland besessen hatte. Nachdem den Vitalienbrüdern durch die Befreiung des Königs die rechtliche Veranlassung zum Kriege und durch den Tod des Herzogs Albrecht ihr volksthümliches Ansehen genommen war, wandten die Herzoge von Meklenburg ihre Thätigkeit gegen ihre bisherigen Freunde und am 5. April 1398 übergab der Herzog Johann dem Deutschen Orden und der Hanse die Stadt Wisby


1) Vgl. Napiersky Index I, Nr. 516.
2) Vgl. daselbst Nr. 517 und 1779 flgd.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXIII.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXIV bis XXVII.
5) Vgl. Napiersky Index I, Nr. 522.
6) Die in den Chroniken enthaltenen Nachrichten über des Herzogs Albrecht Stellung und Begräbniß zu Dorpat sind mitgetheilt in Boll Gesch. des Landes Stargard II, S. 84, wo auch von dem Sterbejahre des Herzogs gehandelt wird.
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und die Insel Gothland zur Führung des Krieges gegen die Seeräuber 1 ). Nicht lange darauf, am 25. Mai 1399, verpfändeten der ehemalige König Albrecht und der Herzog Johann die Insel Gothland mit der Stadt Wisby dem Orden für 30,000 Rosenobel 2 ). Der Orden gerieth zunächst in Streit mit der Königin Margarethe 3 ), welcher allerdings das, was sie auf Gothland besaß, versichert war. Da trat der ehemalige König Albrecht im J. 1405 die Insel Gothland dem Könige Erich von Schweden ab. Der Orden behauptete allerdings noch einige Zeit seine Pfandrechte an Gothland, überließ sie jedoch endlich gegen Zahlung des Pfandgeldes am 27. Sept. 1408 an Schweden 4 ).


Im J. 1402 war die Neumark an den Deutschen Orden verpfändet 5 ). Die brandenburgischen Fürsten strebten eifrig nach der Wiedergewinnung dieses wichtigen Theiles der Herrschaft Brandenburg und der Kurfürst Friedrich I. entwarf schon Pläne zur Wiedervereinigung mit dem Reiche, brachte sie jedoch nicht zur Ausführung. Während der Regierung des Kurfürsten Friedrich II., als dieser mit der Wiedereinlösung der Neumark beschäftigt war, entspann sich eine Fehde zwischen dem Deutschen Orden, als Besitzer der Neumark, und dem Herzoge Heinrich dem ältern von Meklenburg=Stargard. Wenn auch die neuere Forschung mehrere Urkunden über diesen Streit an's Licht gebracht hat, so ist doch nirgends von den Veranlassungen dieser Fehde die Rede, welche bis jetzt völlig dunkel geblieben sind 6 ). Um Neujahr des J. 1443 fiel der Herzog Heinrich ohne voraufgegangene Ansage plötzlich mit einem Heereshaufen nach damaliger Kriegsweise brennend und raubend in die Neumark ein. Des Ordens Vogt in der Neumark setzte sich zur Gegenwehr und am 1. Junius 1443 forderte der Hochmeister von dem Ordensmeister in Livland Hülfstruppen gegen den Herzog Heinrich 7 ). Während der Zeit machte der Kurfürst Friedrich II. ernsthafte Anstrengungen zur Einlösung der Neumark, stand jedoch einstweilen gegen eine bedeutende Summe davon ab. In dem darüber am 16. October 1443 zu Frankfurt a. d. O. abgeschlossenen


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXVIII.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXIX.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXX und Nr. XXXI.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXII bis XXXV.
5) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. II, 3, p. 150 flgd.
6) Vgl. Voigt's Gesch. von Preußen VIII, S. 57-92, und Boll Gesch. des Landes Stargard II, S. 142 flgd.
7) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXVI.
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Vertrage 1 ) machte sich außerdem der Kurfürst anheischig, die Vermittelung des Unfriedens zu erstreben und den Durchzug durch die Mark dem Deutschen Orden zu gestatten, dagegen dem Herzoge Heinrich zu wehren. Der Kurfürst hatte zwar einen Tag zur Verhandlung in Berlin vorgeschlagen, aber von dem Herzoge nichts erreichen können. Da ging der Anführer des Deutsch=Ordens=Heeres, Heinrich Reuß von Plauen, Comthur zu Elbing, (später Hochmeister des Ordens) am 4.=5. Nov. 1443 mit einem Heere von 4000 bis 4500 Mann zu Roß und zu Fuß und mit einer Wagenburg über die Oder bis Ketzer=Angermünde 2 ). Da trat der Kurfürst in's Mittel, weil er es nicht gerne sehe, daß das Heer durch sein Land ziehe und weil das Land Meklenburg sein "geholdetes" (ihm zur Anwartschaft verschriebenes) Land sei. Er schaffte einen Brief des Herzogs, in welchem sich dieser der Vermittelung des Kurfürsten zu fügen versprach; jedoch protestirte der Comthur gegen die Urkunde, weil sie nur auf Papier und nicht auf Pergament geschrieben und nicht mit dem anhangenden Siegel des Herzogs bestärkt sei. Dennoch zog sich der Comthur auf die Werbung des Kurfürsten einstweilen zurück. Die darauf im Januar 1444 gepflogenen Unterhandlungen führten aber ebenfalls nicht zum Ziele. Darauf übernahm des Herzogs Heinrich Schwiegervater, der Herzog Bugislav von Pommern, die Vermittelung; aber auch diese führte in dem nächsten Jahre nicht zum Ziele. Endlich gelang es dem Herzoge Bugislav, am 9. Aug. 1445 zu Stolpe, wo der Herzog Heinrich in Begleitung des Propstes von Friedland und des Johanniter=Ordens=Comthurs von Mirow persönlich gegenwärtig war, zwischen dem Hochmeister und dem Herzoge nicht allein einen Frieden, sondern auch ein Hülfsbündniß zu schließen 3 ); am 15. Aug. 1445 leistete der Deutsch=Ordens=Vogt in der Neumark, Jürgen von Eglofstein, mit acht andern Adeligen, unter denen auch mehrere vom pomnmerschen Adel, dem Herzoge Heinrich eine Bürgschaft für die Haltung des Friedensschlusses 4 ). Im J. 1455 lösete der Kurfürst Friedrich II. die Neumark von dem Orden wieder ein.

Der Deutsche Orden gerieth bald darauf, im J. 1449 in eine neue Fehde, an welcher Meklenburg wieder betheiligt. war. Caspar von Eglofstein und sein Sohn Heinrich hatten gegen den Orden eine Fehde unternommen; der Kern des ganzen star=


1) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. II, 4, S. 288 flgd.
2) Dieser ganze Verlauf ergiebt sich aus einem Briefe des Comthurs von Elbing vom 9. Nov. 1443 an den Hochmeister in der Urk. Samml. Nr. XXXVII.
Der Brief ist übrigens vom 9. Nov. datirt, nicht vom 13. Nov.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXVIII.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXIX.
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gardischen Adels und mehrere Familien des schwerinschen Adels hatten Eglofstein's Partei genommen und dem Hochmeister ebenfalls Fehdebriefe zugesandt. Am 18. März 1449 bat der Hochmeister den Herzog Heinrich den jüngern von Meklenburg=Schwerin, die Eglofstein nicht in seinem Lande zu hegen und seine Vasallen von der Theilnahme an der Fehde abzubringen 1 ). Weiter ist über diese Fehde nichts bekannt geworden.

Noch einmal kam Meklenburg mit dem Deutschen Orden in Beziehung, indem der Kaiser Maximilian und die deutschen Reichsstände im J. 1495 die Herzoge Magnus und Balthasar von Meklenburg aufforderten, dem Orden gegen den Großfürsten von Rußland Hülfe zu leisten; die Herzoge lehnten jedoch die Leistung der Hülfe ab 2 ).

Wie noch zuletzt Meklenburg in ein inniges Verhältniß zu den Ordensländern dadurch trat, daß der Herzog Johann Albrecht I. des letzten Hochmeisters in Preußen Tochter und daß der letzte Meister in Livland des Herzogs Schwester heirathete, ist unten bei der Darstellung der Verhältnisse des Erzbisthums Riga berichtet worden.


Neuere Besitzungen des Deutschen Ordens in Meklenburg.

Der Deutsche Orden erwarb in neuern Zeiten wieder die Güter Frauenmark im Amte Gadebusch und Rosenhagen im Amte Schwerin.

Das Allodialgut Frauenmark bei Gadebusch gehörte im Mittelalter zum größten Theile dem Nonnenkloster Rehna; jedoch hatten auch andere geistliche Stiftungen Besitzungen in dem Dorfe, ja selbst weltliche Vasallen besaßen einige Hufen in demselben, wie z. B. die Hasenkop, später die von Lützow. Durch die Säcularisirung des Klosters nach der Reformation ward das Dorf Domaine. Im J. 1639 verkaufte der Herzog Adolph Friedrich es an den bekannten lübeker Bürger Andreas Hund, damals Amtmann zu Gadebusch, und verwandte das Geld zur Einlösung anderer Güter in den traurigen Zeiten des dreißigjährigen Krieges. Im J. 1694 verkauften die Nachkommen des Andreas Hund das Gut an den Major Jürgen Heinrich Barsse, jedoch machte die Landesherrschaft bei der Bestätigung das Vorkaufsrecht zur Bedingung. Die von Barsse verpfändeten nun am 14. Junius 1720 das Gut Frauenmark (und


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XL.
2) Vgl. Mittheilungen, Riga, 1842, S. 103-104.
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bedingungsweise für den Fall der Einlösung das Dorf Vitlübbe) auf 16 Jahre dem Otto Dietrich von Bülow als Landcomthur der Deutsch=Ritter=Ordens=Ballei Sachsen und dessen Nachfolger im Amte. Es war schon ein Kaufcontract verabredet, der Orden zog jedoch den Pfandbesitz vor.

(Das Dorf Vietlübbe war ein Lehn der v. Halberstadt auf Brütz, welche es 1637 an die v. Hoben verkauften, von denen es 1650 an Otto v. Bülow überging; dieser verkaufte 1663 einen Theil an August Hund auf Frauenmark und behielt den andern Theil für sich selbst. Im J. 1671 brachte der Hauptmann Levin Barsse das ganze Gut an sich. Die Barsse verpfändeten im J. 1716 das Gut auf 12 Jahre an den Hauptmann v. Wendland, von dem es jedoch nicht eingelöset ward; am 17. Dec. 1730 ward es den v. Wendland adjudicirt; der Deutsche Orden hatte also die Verpfändung nicht erwerben können. In der Folge geriethen die v. Wendland in langwierigen Streit mit den Barsse, welche das Gut wieder einzulösen versuchten. Die v. Wendland cedirten es im J. 1751 dem Major v. Witzendorf auf Moltena, welcher in der Folge wieder einen Proceß mit den v. Wendland erhielt. Am 13. August 1776 ward jedoch der Rittmeister August Hieronymus v. Witzendorf mit Vietlübbe belehnt.)

Das Gut Frauenmark blieb, da es nach Ablauf der Pfandjahre nicht wieder eingelöset ward, zunächst im Pfandbesitze des Ordens. Die v. Barsse suchten es in der Folge zu reluiren und erhoben Streit mit dem Orden, verglichen sich jedoch im J. 1771 mit diesem, der das Gut nun zum Allodialbesitze empfing.

Das Gut Rosenhagen, zwischen Schwerin und Gadebusch war in alten Zeiten eine Zubehörung zu dem Rittersitze Kl. Brütz oder Brüsewitz und mit diesem ein altes Lehn der v. Halberstadt; es wird als solches schon im 15. Jahrh. und häufig im 17. Jahrh. genannt. Die v. Halberstadt verpfändeten im J. 1627 Brütz mit Zubehörungen an den Bürger und Kaufherrn Jakob Crivitz zu Lübek, dessen Nachkommen sich v. Crivitz nannten. Im J. 1678 erhielt Gottfried Crivitz einen Allodialbrief über das Gut Rosenhagen, welches dadurch ein selbstständiges Hauptgut ward. Der Oberforstmeister Cuno Henning v. Crivitz auf Kl. Brütz verkaufte am 20. Mai 1723 das Gut Rosenhagen an den Deutschen Orden zu Händen des genannten Landcomthurs v. Bülow.

So kam die Deutsch=Ordens=Ballei Sachsen im vorigen Jahrhundert zum Allodialbesitze der beiden Güter Frauenmark und Rosenhagen. Die Ballei besaß: in Braunschweig=Lüneburg:

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Luklum, Sitz des Landcomthurs, Langeln, Weddingen, eine Comthurei in Göttingen; in Anhalt=Bernburg: Burow; in Meklenburg=Schwerin: Frauenmark und Rosenhagen. Das Einkommen aller dieser Güter betrug im Anfange des 19. Jahrhunderts 15000 Thaler. Die überelbischen Güter waren als Comthureien den 4 Comthuren der Ballei angewiesen. Mit den beiden meklenburgischen Gütern und den Zinsen von den Capitalien der Ballei war aber die Ballei=Casse ausgestattet, welche die gemeinschaftlichen Ausgaben der Ballei, namentlich die Gehalte der "Officianten" zu bestreiten hatte.

Napoleons Uebermacht stürzte auch den Deutschen Orden. Schon im 12. Artikel des mit Oesterreich abgeschlossenen preßburger Friedens vom 26. Dec. 1805 ward festgesetzt:

"Die Würde eines Hochmeisters des Deutschen Ordens, die Rechte, Domainen und Einkünfte, welche vor dem gegenwärtigen Kriege von Mergentheim, dem Hauptorte des Ordens, abhingen, imgleichen die übrigen Rechte, Domainen und Einkünfte, welche zur Zeit der Auswechselung der Ratificationen des gegenwärtigen Friedens=Tractats mit dem Hochmeisterthume verbunden sind, so wie die Domainen und Einkünfte, in deren Besitze sich der besagte Orden zu der nämlichen Zeit befinden wird, sollen nach der Ordnung der Erstgeburt in der Person und directen männlichen Descendenz desjenigen Prinzen des kaiserlichen Hauses, welchen Se. Maj. der Kaiser von Deutschland und Oesterreich dazu ernennen wird, erblich werden".

Durch diese Bestimmung wurden die Güter der Ballei Sachsen dem kaiserlich=österreichischen Hause übertragen. Der Kaiser von Oesterreich fand sich aber bewogen, durch ein am 17. Febr. 1806 an den Hochmeister des Deutschen Ordens erlassenes kaiserliches Handschreiben,

"dem Deutschen Orden bekannt zu machen, daß dessen Güter und Einkünfte nunmehr Eigenthum des kaiserl. österreichischen Hauses geworden seien, jedoch die Ernennung desjenigen Prinzen des kaiserlichen Hauses, in dessen Person und Descendenz sie erblich werden sollten, zu suspendiren und sowohl das Haupt des Ordens, als alle Mitglieder desselben provisorisch in ihren Würden, Rechten und Einkünften, mit Vorbehalt der wegen des neuen Verhältnisses sich ergebenden Modificationen, zu bestätigen".

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Jedoch ließ der Kaiser am 22. März 1806 zu Mergentheim von den Besitzungen, Rechten und Unterthanen sowohl des Hochmeisterthums, als des ganzen Ordens Erbhuldigung nehmen.

War durch den preßburger Frieden auch die Natur der Besitzungen des Ordens verändert, so blieben doch die Mitglieder des Ordens im Genuß ihrer Einkünfte. Bald aber brach nach dem siegreichen Fortschreiten Napoleons der Krieg mit Oesterreich wieder aus, und Napoleon erließ, da der Deutsche Orden nach dem preßburger Frieden österreichisch geworden war, am 24. April 1809 aus seinem Lager zu Regensburg folgendes Decret:

"Der Deutsche Orden wird in allen Staaten des Rheinbundes aufgehoben. Alle Güter und Domainen des besagten Ordens sollen mit den Domainen der Fürsten, in deren Landen sie belegen sind, vereinigt werden. Die Fürsten, mit deren Domainen besagte Güter vereinigt werden, sollen denjenigen ihrer Unterthanen Pensionen verwilligen, welche dieselben als Ordensmitglieder genossen haben, jedoch mit Ausnahme derjenigen, die im gegenwärtigen Kriege die Waffen gegen Frankreich oder den Bund geführt haben, oder die seit der Kriegserklärung in Oesterreich geblieben sind. Das Fürstenthum Mergentheim wird mit Würtemberg vereinigt."

Dieses Decret erschien nur in dem Hamburgischen Correspondenten vom 16. Junius 1809, Nr. 95, zugleich mit dem Inhalte eines vom Könige Hieronymus Napoleon von Westphalen am 1. Junius 1809 in Cassel erlassenen und im Moniteur von Cassel veröffentlichten Decrets:

"Wir Hieronymus Napoleon etc. . haben nach Ansicht des Decrets Unsers durchlauchtigsten Bruders, des Kaisers der Franzosen, Königs von Italien, Beschützers des rheinischen Bundes, datirt aus Regensburg vom 24. April d. J., welches den Deutschen Orden in allen Bundesstaaten aufhebt und die Güter und Domainen dieses Ordens den Domainen derjenigen Fürsten, in deren Staaten sie belegen sind, einverleibt, verordnet und verordnen:
1) Die Besitzergreifung der in Unserm Königreiche belegenen Güter und Domainen des Deutschen Ordens soll unvorzüglich durch den GeneralDirector Unserer Kron=Domainen bewerkstelligt werden etc. ."

Das Decret des Kaisers Napoleon war bis dahin nicht officiell veröffentlicht und der meklenburgischen Regierung nicht mit=

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getheilt; diese enthielt sich daher aller Eingriffe in die Rechte des Ordens. Am 12. Junius 1809 berichtete aber der Landcomthur v. Münchhausen an den Herzog Friedrich Franz: am 7. d. M. habe der König von Westphalen seine Landcommende Luklum in Besitz nehmen lassen und diese Verfügung sei gleichermaßen auf die im Königreiche Westphalen belegenen Commenden der ihm anvertraueten Deutschen Ordens=Ballei Sachsen ausgedehnt; die Veranlassung zu dieser Besitznahme habe ohne Zweifel wohl ein aus Zeitungsblättern ihm bekannt gewordenes Decret gegeben, welches auch den Herzog in Hinsicht der Balleigüter Frauenmark und Rosenhagen interessire: er hoffe jedoch, der Herzog werde nichts für den Orden Nachthiliges beschließen und wenigstens in Ansehung der Revenuen den alten Zustand erhalten, indem durch das kaiserl. Deeret der preßburger Friede aufgehoben sei und der Orden ältere Rechte habe, als Oesterreich, Oesterreich aber den Ordensverwandten den Genuß der Güter gelassen habe.

Auf diese officielle Anzeige beschloß der Herzog Friedrich Franz am 10. Julius 1809 zu Doberan die Einziehung der in Meklenburg gelegenen Güter des Ordens, jedoch so, daß bei der Einziehung alle mögliche Schonung und Rücksicht beobachtet und die reinen Revenuen sowohl dem Landcomthur, als den sonstigen zur Ballei gehörenden Ordenspersonen als Pension auf Lebenszeit verbleiben sollten. Nach einem Befehle des Herzogs wurden die Auskünfte der Güter seit der Einziehung derselben berechnet und die Güter nicht förmlich incamerirt.

Durch den wiener Friedensschluß vom 14. October 1809 ward die Aufhebung des Deutschen Ordens vollendet und die Verfügung über die Güter desselben bestätigt:

"Art. 4. Da der Deutsche Orden in den Staaten des rheinischen Bundes aufgehoben worden ist, so entsagen Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich für Se. Kaiserl. Hoheit den Erzherzog Anton dem Großmeisterthum dieses Ordens in diesen Provinzen und erkennen die in Ansehung der außer dem österreichischen Gebiete gelegenen Ordensgüter gemachte Anordnung; die. Beamten des Ordens sollen Pensionen erhalten".

Hierauf schritten die Fürsten bald zur Veräußerung der Güter. Der König Hieronymus Napoleon von Westphalen verkaufte am 18. Nov. 1811 die Landcommende Luklum an den Oberamtmann Wahnschafft zu Warberg im Ocker=Departement. Der Herzog Friedrich Franz verkaufte noch im J. 1810 das Gut Rosenhagen an Carl Heinrich Philipp Griefenhagen und im J. 1811 das Gut Frauenmark an den Geheimen=Raths=Präsidenten

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von Brandenstein. Eben so wurden die im Lande belegten Capitalien des Ordens eingezogen; von diesen waren jedoch nur 18000 Rthlr. in Plüschow sicher; 8800 Rthlr. in Strietfeld und 17000 Rthlr. in Grambow standen in Concurs und unsicher. Die Gelder für die verkauften Güter wurden größtentheils zur Wiederherstellung des Gestüts zu Redevin angewandt.

Dabei bestimmte der Herzog Friedrich Franz im J. 1810 noch ein Mal, daß die Ordens=Personen und Beamten ihre bisherigen Hebungen aus den Gütern und Capitalien in Verhältniß" behalten sollten. Der Herzog ließ auch einstweilen dem Ballei=Syndicus, Hofrath Heimbach, eine jährliche Pension von 500 Rthlrn. zahlen.

Die nächstfolgenden Kriegsjahre hinderten die Ordnung der Pensionsangelegenheit. Nach den Siegen der Verbündeten bat am 28. Febr. 1814 der "Baron von Münchhausen, Landcomthur der Ballei Sachsen" (zu Moringen bei Göttingen), "nach erlangter deutscher Freiheit um Wiedereinsetzung in die Güter Rosenhagen und Frauenmark"; die Bitte ward jedoch zu den Acten gelegt.

Endlich bestimmte der 15. Artikel der deutschen Bundes=Acte vom 8. Jun. 1815:

"Die Mitglieder des Deutschen Ordens werden, nach den in dem Reichs=Deputations=Hauptschluß von 1803 für die Domstifter festgesetzten Grundsätzen Pensionen erhalten, insoferne sie ihnen noch nicht hinlänglich bewilligt worden, und diejenigen Fürsten, welche eingezogene Güter des Ordens erhalten haben, werden diese Pensionen nach Verhältniß ihres Antheils an den ehemaligen Besitzungen bezahlen".

Bei der Einziehung der Güter waren die Ordensritter der Ballei Sachsen, welche damals nahe an 15000 Rthlr. an jährlichen Einkünften trugen, folgende:

1) der Landcomthur Freiherr von Münchhausen zu Luklum;

2) der Comthur Freiherr von Seckendorf, österreichischer Feldmarschall=Lieutenant;

3) der Comthur Freiherr von Wöllwarth, würtembergischer Cavallerie=General;

4) der Comthur Freiherr von Spiegel, österreichischer Obrist=Lieutenant und General=Adjutant des Erzherzogs Carl. Außerdem war das Dienstpersonale der Ballei da. Im J. 1816 lebten von den Rittern noch v. Münchhausen, v. Wöllwarth und v. Spiegel; der letztere hatte sich aber mit einer Fürstin

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von Ligne vermählt und damit seine Rechte an den Orden aufgegeben. Im J. 1819 lebten nur noch v. Wöllwarth und die Diener der Ballei.

Erst im J. 1819 vereinigten sich durch Vermittelung der deutschen Bundesversammlung die drei betheiligten Regierungen von Anhalt=Bernburg, Braunschweig und Meklenburg=Schwerin zur Regelung und Vertheilung der Pensionen: Meklenburg=Schwerin übernahm hiernach die Pensionen des Ballei=Syndicus Hofraths Heimbach († 26. Junius 1837) mit 880 Rthlrn. und des Ballei=Secretairs Lang mit 329 1/2 Rthlrn. Und hiemit waren alle Verhältnisse zu dem Deutschen Orden aufgelöset.

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