VII.
Hacke aus Hirschgeweih
gefunden am
Conventer See
bei Rethwisch.
Von
Heinrich Reifferscheid.
U
nter den diesjährigen
Erwerbungen für die Vorgeschichtliche Abteilung
der Mecklenburgischen Staatsmuseen in Schwerin
erscheint-leider nur leihweise mangels jeglicher
Ankaufsmittel als das vielleicht früheste Stück
eine am Conventer See bei Rethwisch gefundene
Hirschgeweih-Hacke (L. 24.5 cm; s. Abbildung).
Der Fund wurde bereits im Juli 1928 gemacht, aber
erst vor kurzem durch einen Zufall bekannt. So
entfällt leider die nähere Kenntnis von
Fundplatz und Fundumständen. Nur soviel war nach
drei Jahren noch herauszubringen, daß das
bemerkenswert schöne, vom Finder nach Hamburg
mitgenommene, von dort jetzt wieder der Heimat
zugeführte Fundstück beim Torfstechen mittels
Schneidemaschine aus etwa 4.50 m Tiefe -
ungefähr 4 m unter dem Wasserspiegel - zutage
gefördert worden ist.
Das Werkzeug ist gefertigt aus dem unteren Ende
einer Hirschstange, lichtbraun, mit konisch
gebohrtem Schaftloch an der schmalsten Stelle
und geglätteter Schneide, an der sich deutliche
Spuren von Benutzung finden. Die mutmaßliche
Abwurfstange endet knapp oberhalb der das
Bahnende bildenden Geweihrose. Durch Abnutzung
beim Gebrauch ist die Rose selbst verschwunden,
dagegen hat sich die nur schwache Perlung der
Stange sehr gut erhalten.
Eine sichere zeitliche Ansetzung der
Hirschgeweih-Hacke ist nicht möglich, da hier
keine Leitform, vielmehr eine reine Nutzform
vorliegt, die sich zwar schon im frühen
Mesolithikum findet, aber nicht nur in dieser,
sondern auch in der neolithischen Periode, ja
bis zum Ende der Bronzezeit fortdauert (vgl.
Hans Lange, "Hirschgeweihäxte", in
praehistorische Zeitschrift, Band XVII, Berlin
1926, S. 33 ff.). Und besondere Fund-umstände
wie etwa bei den von Herbert-Lothar Heck
behandelten "Mesolithischen (?)
Hirschhorn-Hacken aus Schottern des
Leinetales" (Praehistorische Zeitschrift,
Band XVIII, Berlin 1927, S. 207 ff.) sind für
das am Conventer See bei Rethwisch gefundene
Exemplar nicht gegeben.
Auf keinen Fall aber durfte sich die zentrale
Landessammlung dieses Dokument altheimischer
Kultur entgehen lassen. Einmal zählt es zu den
charaktervoll-stattlichsten Stücken seiner
Gattung (vgl. auch Robert Beltz, Die
vorgeschichtlichen Altertümer des Großherzogtums
Mecklenburg=Schwerin, Schwerin i. M. 1910, S. 77
ff. und Tafel 15), zum anderen ist es um seiner
gesicherten Herkunft willen für die
Vorgeschichte Mecklenburgs von Bedeutung. Im
übrigen dankt der Conventer See seinen Namen der
ersten Zisterziensersiedlung im Lande, die sich
also in einer Gegend niederließ, die schon
Jahrtausende zuvor zum Bewohnen angelockt hatte.
(Über die geologischen Verhältnisse vgl. E.
Geinitz, "Der Conventer See bei
Doberan", in den Mitteilungen aus der
Großherzoglich. Mecklenburg. Geologischen
Landesanstalt IX, Rostock 1898.)