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2. Die Gründung der Stadt Grevesmühlen 363 ).

Die Stadt Grevesmühlen ist vor dem Jahre 1262 gegründet worden, weil sie uns in diesem Jahre als solche schon genannt wird. Die erste Ansiedlung Grevesmühlens war, wie der Name sagt, wahrscheinlich eine Müllerei, die vermutlich schon in der Wendenzeit bestand, da das Wort Grevesmühlen oder, wie es in den ältesten Urkunden lautet, "Gnevesmülne" aus der wendischen Sprache herstammt 364 ) und Mühle des Gnêv bedeutet. Ein wichtiger Punkt war es jedoch nicht, da die Hauptburg des Landes Bresen, zu dessen Mittelpunkt Grevesmühlen erst in deutscher Zeit wurde, wahrscheinlich in der Nähe des heutigen Dorfes Proseken lag 365 ).

Zu Beginn der Kolonisation in der Herrschaft Mecklenburg entstand ein deutsches Dorf Grevesmühlen, das im Jahre 1230 bereits eine Kirche besaß und sicherlich mehr als 12 Hufen bebaute. Diese Größe der Hufenzahl erkennt man deutlich aus der Eintragung des Ratzeburger Zehntenregisters über Grevesmühlen, die folgenden Wortlaut hat: "Gnewesmulne ecclesia II, in agris Rademersuelt Conradus I, Theodericus I in agris antiquis Gnewesmulne" 366 ). Zur Erklärung dieser Notiz sei zunächst bemerkt, daß danach die Kirche in Grevesmühlen den Zehnt von zwei Hufen, Konrad und Theodor den Zehnt von je einer Hufe vom Bischof erhalten haben. Aus der Tatsache nun, daß der Bischof den Zehnt von zwei Hufen an Laien abgegeben hat, können wir den Schluß ziehen, daß Grevesmühlen damals schon eine Feldmark von über 12 Hufen gehabt hat. Es ist uns nämlich ein Vertrag zwischen dem Landesherrn der Herrschaft und dem Bischof von Ratzeburg erhalten, in dem die Zehntenabgabe der Dörfer, die infolge der deutschen Kolonisation neu angelegt wurden, geregelt ist 367 ). Dieser Vertrag legt dem Bischof gewisse Verpflichtungen auf. Er soll von einem Dorf, das mindestens 12 Hufen anbaut, den Zehnt von zwei Hufen abgeben, bei einem


363) Vgl. Schlie a. a. O. II, S. 340 ff.; Bachmann a. a. O. S. 413; Reifferscheid a. a. O. S. 142 ff. M.U.B. II, 963: "oppidum Gnewesmolne".
364) Kühnel a. a. O. S. 57.
365) M.U.B. I, 197.
366) M.U.B. I, 375 S. 374. Das Dorf wird auch M.U.B. II, 859 genannt.
367) M.U.B. I, 284.
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Dorf mit niedrigerem Anbau nur den Zehnt von einer Hufe. Da Grevesmühlen den Zehnt von zwei Hufen an Konrad und Theodor entrichtet, läßt sich nach dem Inhalt des angeführten Vertrages erkennen, daß Grevesmühlen im Jahre 1230 einen Landbesitz von mindestens 12 Hufen gehabt hat.

Aber noch eine andere Tatsache, die uns einen interessanten Einblick in die Entstehungsgeschichte des Dorfes Grevesmühlen gewinnen läßt, lernen wir aus der schon zitierten Stelle des Zehntenregisters. Wie uns zwei Männer genannt werden, die jeder den Zehnt von einer Hufe empfangen, so werden auch zwei Feldmarken genannt, auf denen diese beiden Hufen liegen. Die Hufe von Konrad liegt in Rademersfeld, während die von Theodor auf der alten Feldmark von Grevesmühlen sich befindet. Es liegt nahe, diese Trennung so zu erklären, daß Grevesmühlen aus zwei verschiedenen Dörfern zusammengewachsen ist, von denen das eine ursprünglich Rademersfeld hieß und das andere das eigentliche Grevesmühlen war. Als das Zehntenregister abgefaßt wurde (1230/34), waren jedoch beide Dörfer bereits unter dem Namen Grevesmühlen vereinigt 368 ). Die Erinnerung an den ursprünglichen Zustand ist uns nur durch die Beschreibung der Lage der beiden, dem Bischof nicht zehntpflichtigen Hufen aufbewahrt. Scheinbar blieb das Dorf auch bei der Stadtgründung erhalten, da der Stadtplan uns die Vermutung nahelegt, daß das Dorf durch Stadtrechtsverleihung an seine Einwohner zur Stadt erhoben wurde 369 ). In der langen Hauptstraße, die von der Mühle zum Markt führt, erblicke ich die ehemalige Dorfstraße. An dieser liegt die Kirche und, wie schon erwähnt, auch der Markt. Außerdem ist die unregelmäßige Anlage der übrigen Straßen besonders auffallend, so daß der Grevesmühlener Stadtplan mit einem ostdeutschen Kolonialstadtplan, wie er bei der Neuanlage einer Stadt im 13. Jahrhundert mit großer Regelmäßigkeit entworfen wurde und uns auch aus mecklenburgischen Städten, wie Ribnitz, Gnoien und Neukalen, bekannt ist, nicht verglichen werden kann. Es ist danach anzunehmen,


368) Das glaube ich schließen zu dürfen aus dem Wort "in agris", das bei beiden Namen steht, und aus der Tatsache, daß es nicht "antique Gnewesmolne" heißt, sondern "in agris antiquis Gnewesmolne"; dieser Ausdruck macht wahrscheinlich, daß der neue Acker Rademersfeld gewesen ist.
369) Plan der Stadt Grevesmühlen (1864). Schweriner Geh. und Haupt-Archiv.
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daß die heutige Stadt Grevesmühlen aus einem Dorf entstanden ist.