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Kröpelin liegt zwischen Rostock und Wismar, ungefähr 10 km von der Ostsee entfernt. Die Stadt wird urkundlich zuerst im Jahre 1250 genannt 274 ). Der Name Kröpelin begegnet uns allerdings schon früher.
Bereits in der Wendenzeit gab es ein Dorf Kröpelin, das der späteren Stadt den Namen gab 275 ). Nach der Stadtgründung, vielleicht auch schon früher, hörte es auf zu bestehen. 1250 wird die Feldmark dieses Dorfes, das "Wendfeld" , von Borwin, dem Fürsten zu Rostock, an die Stadt Kröpelin verliehen. Daraus ersehen wir, daß die Wenden, die dies Feld bebauten, zum Verlassen Kröpelins gezwungen wurden oder aus einem andern Grunde ihr Dorf 1250 schon verlassen hatten, da in der Urkunde, die das "Wendfeld" bei Kröpelin nennt, von irgendwelchen Bewohnern, die das Feld bebauten, nicht mehr die Rede ist. Eine spätere Zeit hat die Erinne-
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rung an die wendischen Bewohner Kröpelins nicht mehr aufbewahrt. Das geht auch aus der Beschaffenheit des Kröpeliner Stadtsiegels hervor. Dieses bildet nämlich einen Krüppel ab, der auf Händen und Füßen kriecht. Das Siegelbild wurde später in der Weise gedeutet, daß einst bei der Gründung Kröpelins die Stadt so viel Land erhalten sollte, wie ein Krüppel in einem Tag umkriechen könnte. Aus Dankbarkeit, daß sie von einem Krüppel ihr Gebiet erhielt, habe sich die Stadt diese Figur zu ihrem Siegelbild erwählt. Zu damaliger Zeit 276 ) war also die Erinnerung daran, daß der Name Kröpelins slawisch war 277 ), bereits verloren gegangen, und man suchte nach einer Erklärung des Stadtnamens. Die deutsche Bevölkerung konnte sich den Namen ihrer Stadt nicht mehr erklären und glaubte in Kröpelin das deutsche Wort "Krüppel" zu finden. Das Kröpeliner Siegelbild ist demnach offenbar zu einer Zeit entstanden, in der die deutschen Ansiedler das wendische Element soweit verdrängt hatten, daß selbst eine Erinnerung an dasselbe verschwunden war.
Als die Deutschen sich in Kröpelin ansiedelten, gründeten sie nicht sogleich die Stadt, sondern legten vermutlich zuerst ein Dorf an. Dieser Siedlungsvorgang ist deswegen anzunehmen, weil anscheinend eine deutsche Bevölkerung und eine Kirche bereits vor der Stadtgründung bestanden. Die Einwanderung von Deutschen nach Kröpelin ist uns seit 1219 bezeugt. Zum Jahre 1219 wird uns ein Müller in Kröpelin genannt, der den deutschen Namen Hermann führt 278 ). Ferner wird uns 1230 ein Priester Stephan von Kröpelin erwähnt 279 ). Daraus sehen wir, daß ein Priester sich in Kröpelin aufhielt und wahrscheinlich auch eine Kirche daselbst bestand 280 ).
Vermutlich hat bei der Anlage der Stadt ein Unternehmer, ein sogenannter Lokator, mitgewirkt, der die Ansiedler herbeiführte und die Anlage der Stadt in allen Einzelheiten
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leitete. Vielleicht sind einige merkwürdige Eigentümlichkeiten, die sich in Kröpelin bis in die neuere Zeit erhalten hatten, aus der Arbeit eines solchen Unternehmers zu erklären 281 ). Es gab nämlich in der Stadt Kröpelin vier "Hofmeisterstellen", die sich durch ihre Größe von den übrigen Baustellen unterschieden. Auffallend ist, daß eine dieser Stellen, die sogenannte erste Hofmeisterstelle, die in der heutigen Dammstraße liegt, fast keine Abgaben zu zahlen hatte, während alle anderen Baustellen mit Abgaben belastet waren. Mit dieser ersten Hofmeisterstelle war ein Ackerstück, das den Flurnamen "Hundehagen" trug, verbunden. Bevor dieses Ackerstück im Jahre 1307 in den Besitz der ersten Hofmeisterstelle gelangte, hieß es "Rodehagen" 282 ). Man kann daher vielleicht die Vermutung wagen, daß der erste Besitzer, der die erste Hofmeisterstelle in dieser bevorzugten Weise besaß, bei der Anlage der Stadt Kröpelin als Lokator fungierte. So würden sich jedenfalls die besonderen Vorzüge, die mit der ersten Hofmeisterstelle für deren Besitzer verbunden waren, am besten erklären.
Der Grundriß der Stadt läßt eine derartige Annahme als möglich erscheinen. Die Gründung der Stadt geschah nämlich nicht in der Weise, daß das Dorf Kröpelin Stadtrecht bekam; es erfolgte eine Neuanlage, zu deren Ausführung sich der Landesherr wahrscheinlich eines Lokators bediente. Auf Grund der Forschungen Rönnbergs sind wir im Gegensatz zu vielen anderen Städten Mecklenburgs bei Kröpelin in der günstigen Lage, den ursprünglichen Kern der Stadtanlage zu erkennen 283 ).
Heute zeigt der Stadtplan Kröpelins gewissermaßen ein doppeltes Gesicht. Die Stadt hat, abgesehen von einigen engen Nebengassen, die in ihrer krummen Linienführung einen völlig planlosen Eindruck machen, nur eine große, breite, durchgehende Hauptstraße. Man könnte daher versucht sein, hierin den Plan eines ehemaligen Dorfes wiederzufinden. Aber die Hauptstraße selbst macht einen ganz andern Eindruck. Sie ist an allen Stellen gleich breit und läuft in gerader Richtung durch die Stadt hindurch. Der Marktplatz ist quadratisch.
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Die Hauptstraße führt mitten über ihn hinweg. Hauptstraße und Markt widerstreiten danach in der Form ihrer Anlage der Annahme, daß die Stadt aus einem Dorf entstanden ist.
Die Deutung des Stadtplanes ist uns wesentlich erleichtert durch Rönnbergs Feststellung, daß die Hauptstraße (Rostocker und Wismarsche Straße) und der Marktplatz die ältesten zusammenhängenden Teile der Stadt gewesen sind. In den andern Straßen standen, soweit sie überhaupt schon vorhanden waren, ursprünglich nur einige vereinzelte Häuser. Die ältesten Teile der Stadt sind also gerade die Hauptstraße und der Markt gewesen, die in ihrer planmäßigen Anlage, wie bereits hervorgehoben wurde, den Eindruck erwecken, daß es bei der Stadtgründung Kröpelins sich auch um eine bauliche Neuanlage handelte.
Das deutsche Dorf Kröpelin scheint bei der Stadtgründung mit unter Stadtrecht gestellt worden zu sein, da es anders gar nicht zu erklären wäre, daß von den vier Hofmeisterstellen, deren Sonderstellung bereits erwähnt wurde, drei außerhalb der Stadt gelegen sind. Die eine liegt sogar noch heute außerhalb der Stadt in der sogenannten Vorstadt 284 ). Es ist danach aus der Lage der Hofmeisterstellen anzunehmen, daß diese einst vier Höfe in dem Dorf Kröpelin gewesen sind und bei der Stadtgründung bestehen blieben, jedoch von da an mit zur Stadt gehörten. Ist unsere Annahme über einen Lokator in Kröpelin richtig, so ist auch der Besitzer der ersten Hofmeisterstelle bei der Anlage der Stadt mit beteiligt gewesen.