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:
Von
Dr. Werner Strecker = Rostock
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Abkürzungen
Römische Ziffern in den Noten ohne weitere Angaben beziehen sich auf die Bände des Mecklenburgischen Urkundenbuches (z. B. XVI, 9560 = Mecklb. Urkb. Bd. XVI, Nr. 9560). Die Ziffern hinter der Zahl des Bandes von Urkundenwerken bezeichnen die Urkundennummern/ wenn nicht ausdrücklich S. (= Seite) hinzugesetzt ist.
M. Jbb. = Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde.
HR. = Hanserezesse.
HU. = Hansisches Urkundenbuch.
LU. = Urkundenbuch der Stadt Lübeck.
S. R. S. = Scriptores Rerum Svecicarum.
N. = Note.
Die Schrift ist an der Rostocker Universität gearbeitet und von der philosophischen Fakultät als Doktorarbeit angenommen worden.
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Barthold , Geschichte von Rügen und Pommern, Bd. III. 1842 (zitiert: Barthold).
Boll , Geschichte des Landes Stargard. 1846 (zit.: Boll, Stargard).
Böhmer-Huber , Regesten Karls IV. (Regg. Imperii VIII) (zit.: Böhmer-Huber).
Daenell , Die Kölner Konföderation vom Jahre 1376 und die schonischen Pfandschaften. Leipziger Studien I, 1. Heft 1894 (zit.: Daenell, Köln. Konf.).
Denicke, Die Hansestädte, Dänemark und Norwegen von 1369 bis 1376. 1880.
Erslev , Dronning Margrethe og Kalmarunionens Grundläggelse. 1882 (zit.: Erslev, Dronning Margrethe).
Erslev , Repertorium diplomaticum historiae Danicae mediaevalis (zit.: Erslev, Repertorium).
Grandinson , Studier i Hauseatisk-Svensk Historia II. 1885.
Hildebrand , Medeltiden (Teil des großen Werkes verschiedener Historiker: Sveriges Histria intill tjugonde Seklet) zit.: Hildebrand Medeltiden, oder Hildebrand).
Hildebrand , Konung Magnus Eriksson och Skäne, Historik Tidskrift, utg. af Svenska Hist. Föreningen, 1882.
Hoffmann , Der Lüneburger Erbfolgestreit, Diss. Halle 1896 (zit.: Hoffmann).
Langebek , Scriptores Rerum Danicarum (zit.: Langebek).
Munch , Det norske Folks Historie VII (1862) und VIII (1863) (Zit.: Munch).
Oelgarte , Die Herrschaft der Mecklenburger in Schweden, Mecklb. Jahrb. LXVIII (zit.: Oelgarte).
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Reinhardt , Valdemar Atterdag oq hans Kongegjerning. 1880 (Zit.: Reinhardt).
Riedel , Codex diplomaticus Brandenburgensis (zit.: Riedel, Codex).
Rische , Geschichte der Grafschaft Schwerin. Programm. Ludwigslust 1893.
Rische , Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen. Heft IV.
Rugenstein , Nikolaus III., Fürst von Werle-Güstrow. Diss. Rostock 1895. (zit.: Rugenstein).
F. A. Rudloff, Pragm. Handbuch der mecklenburgischen Geschichte. 1795-1822. (zit.: Rudloff, Mecklb. Gesch.).
Rudloff , Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen. Heft III (zit. Rudloff).
Rydberg , Sverges Traktater med Främmande Magter II. 1883. (zit: Rydberg).
Schäfer , Die Hansestädte und König Waldemar von Dänemark. Hansische Geschichte bis 1376. 1879 (zit.: Schäfer Waldemar, oder Schäfer).
Scholz , Die Erwerbung der Mark Brandenburg durch Karl IV. Diss. Breslau 1874 (zit.: Scholz).
Styffe , Bidrag till Skandinaviens Historia I. 1859 (zit.: Styffe).
Sudendorf , Urkundenbuch zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg (zit.: Sudendorf).
Werunsky , Geschichte Kaiser Karls IV. (zit.: Werunsky).
Wehrmann , Geschichte von Pommern I (Allgemeine Staatengeschichte III. Abt.). 1904 (zit: Wehrmann).
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Solange Mecklenburg ausschließlich von Wenden bewohnt war, blieb dem Lande der Segen höherer Kultur versagt. Die slavische Bevölkerung war unfähig zu jeder Entwicklung. Und von den Fürsten, die in jener Zeit hier herrschten, haben sich nur zwei zu staatsmännischem Wirken erhoben, deren Erfolge freilich ohne Dauer blieben; diese beiden aber, Gottschalk und Heinrich, waren deutschfreundliche Christen. Was die wendischen Stämme an Energie besaßen, äußerten sie im Raub zu Wasser und zu Lande und in zähem, immer wieder entfesselten Kampfe gegen die deutsche Herrschaft und die Ausbreitung des Christentums. Erst durch die deutsche Besiedelung Mecklenburgs, mit der zugleich die Christianisierung fortschritt, - durch die Vernichtung der heidnisch=wendischen Nationalität ward der Grund gelegt zur Entfaltung reicherer Kultur und ebenso zu dem Aufschwung, den die politische Geschichte des Landes oder, wenn man will, der mecklenburgischen Dynastie im vierzehnten Jahrhundert erfahren hat.
Die Besiedelung begann unter Heinrich dem Löwen. Das Machtgebiet Heinrichs im Wendenlande nahm den größten Teil der alten, mit dem Herzogtum Sachsen verknüpften billungischen Mark nordöstlich von der Elbe ein, deren ursprüngliche Grenzen es freilich im Süden überschritt, während es nach Vorpommern nicht mehr hinreichte 1 ). In diesen Landen hatten sich auf den Trümmern vom Reiche des Wendenkönigs Heinrich die obotritischen Fürsten Pribislav und Niklot ihre aneinander grenzenden Herrschaften gegründet, Pribislav wurde, nachdem Sachsen Heinrich dem Löwen zugesprochen war, sehr schnell seiner Gebiete beraubt, die sich darauf der deutschen Einwanderung erschlossen.
Niklot besaß den größten Teil des heutigen Mecklenburg=Schwerin 2 ). 1160 fiel er im Kampfe gegen den Sachsenherzog. Seine Söhne Pribislav und Wartislav behielten darauf nur den nordöstlichen Teil der Herrschaft ihres Vaters. Die übrigen
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Gebiete wurden der Einwanderung geöffnet. Wirklich durchgeführt freilich wurde die Kolonisation zunächst nur im Schweriner Gebiete. Und als dann endlich Pribislav das väterliche Erbe nach Abtrennung des zur Grafschaft erhobenen Landes Schwerin im Westen und des größeren Teiles von Circipanien im Osten, der an Pommern kam oder gekommen war, als sächsisches Lehn zurückerhielt (1167) 3 ), da verschloß er sein Land, wenn auch nicht dem Kreuze, so doch dem Deutschtum.
Ende Dezember 1178 starb Pribislav; Heinrich Burwy und Nikolaus, Sohn und Neffe des toten Fürsten, stritten um die Herrschaft. Nicht lange darauf erfolgte der Sturz Heinrichs des Löwen; und weil nach des Herzogs Falle niemand mehr die Gebiete nordöstlich von der Elbe schützte, in diesen selber aber keine bedeutende Kraft des Widerstandes vorhanden war, so bot sich dem gerade damals durch Waldemar den Großen und Axel Absalon mächtig gehobenen dänischen Königtume die Gelegenheit, seine Herrschaft über die deutsche Ostseeküste auszudehnen. Bereits 1168 hatte König Waldemar Rügen erobert, mit dem vielleicht schon zu jener Zeit der nördliche Teil Vorpommerns, das Land Tribsees, verbunden war. Jetzt machte sich sein Nachfolger Knut den Pommernherzog untertan und zwang die beiden miteinander hadernden Obotritenfürsten zur Landesteilung und zur Anerkennung der dänischen Lehnsherrschaft (1185) 4 ). - Im Dienste Knuts fiel Nikolaus bei Waschow, wo er und sein Vetter den Grafen von Ratzeburg schlugen (1201). Burwy war fortan alleiniger Fürst des Obotritenlandes.
Auf Knut († 1202) folgte sein Bruder Waldemar der Sieger. Er vollendete die dänische Herrschaft im deutschen Norden und setzte durch, daß ihm Friedrich II. alle Lande nördlich der Elbe und Elde nebst Pommern abtrat, Gebiete, die man gar nicht mitrechnen wollte zu dem Reich von der Elbe unz an den Rîn und her wider unz an Ungerlant. Lange Zeit ist Burwy dem Könige treu geblieben, hat in Holstein, Livland und Estland 5 ) für ihn gestritten, doch wandte er sich, als Heinrich von Schwerin zur Vernichtung der Fremdherrschaft aufrief, von Dänemark ab. Einer seiner Söhne focht auf Seiten der deutschen Partei bei Mölln (1225). Und nach Burwys Tode fochten seine
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Enkel - die Söhne waren noch vor ihm gestorben - in der Schlacht bei Bornhöved (1227), deren Verlust Waldemar den Sieger zwang, der Herrschaft über deutsche Gebiete zu entsagen. - Neben Holstein, Schwerin und Dannenberg standen auch die Lande der Obotritenfürsten außer den südlich der Elde gelegenen Gebieten, für die gemäß der alten Markengrenze die brandenburgische Oberhoheit galt, nunmehr wieder unter sächsischer Lehnsherrschaft 6 ).
Heinrich Burwys Besitz fiel an seine vier Enkel, und es entstanden die Herrschaften Mecklenburg, Rostock, Parchim und Werle, von denen nur Mecklenburg zu politischer Bedeutung emporwuchs. Es lag am Meer, umfaßte die Küste von Dassow bis Fulgen; die Südgrenze zog sich an der Grafschaft Schwerin entlang, die keilförmig in die Mitte Mecklenburgs hineinragte. Dazu kam, als sich die Herrschaft Parchim um die Mitte des Jahrhunderts wieder auflöste, noch ein Teil davon, Sternberg, an Mecklenburg 7 ). - An Enkel und Urenkel des ersten Regenten dieses kleinen Territoriums, an Heinrich II. (den Löwen) und seinen Sohn Albrecht knüpft sich der Höhepunkt mecklenburgischer Geschichte im Mittelalter. Freilich war inzwischen die Germanisierung der Obotritenlande, schon von Heinrich Burwy mächtig gefördert, vor sich gegangen. Deutsche Mönche, Bauern und Ritter waren ins Land gekommen, Städte waren entstanden, die Fürstenhöfe trugen deutsches Gepräge, das Lehnswesen hatte sich ausgebildet, und auf deutsche Kräfte konnten sich die beiden Nachkommen Niklots in ihrem Wirken stützen.
Heinrichs Vater wurde auf der Pilgerfahrt im heiligen Lande gefangen (1272) und kehrte erst, nachdem er sechsundzwanzig Jahre zu Kairo vertrauert hatte, in die Heimat zurück († 1302). Unterdessen hatte der Sohn, der in verwirrten Tagen der Vormundschaft herangewachsen war, die Regierung übernommen 8 ). Skrupellos, tatkräftig, kriegerisch, wurde er einer
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der hervorragendsten norddeutschen Fürsten seiner Zeit. Kurz vor 1300 erwarb er von seinem Schwiegervater Albrecht von Brandenburg das Land Stargard und nicht lange darauf von Albrechts Nachfolger auch Wesenberg mit der Lize, das früher zu Werle gehört hatte, jedoch 1276 von den Brandenburgern erobert war 9 ), nebst Lychen als märkische Lehen, die freilich von der Herrschaft Mecklenburg durch die werlischen Gebiete getrennt waren.
Entscheidend ward es für Heinrichs Geschichte, daß in jener Zeit Erich Menved von Dänemark die deutsche Politik Knuts und Waldemars des Siegers wieder aufnahm. Als der erste Schritt hierzu getan wurde, als Nikolaus von Rostock sein Land von Erich zu Lehn nahm (1300), da stellte sich mit Nikolaus II. von Werle und anderen Fürsten auch Heinrich dem Könige entgegen. Doch gelang es diesem, nicht nur die Lehnsherrschaft zu behaupten, sondern sich in den Besitz des Landes zu setzen, von dem der rechtmäßige Fürst nur einen kleinen Teil behalten durfte. Außerdem mußte Nikolaus II. dem Könige die Burg Schwaan mit der Hälfte des Landes abtreten, ebenso eine Hälfte des Ländchens Gnoien, während er die zweite zunächst als Pfand behalten durfte 10 ).
Mit der Zeit gewann Erich eine vorherrschende Stellung in Norddeutschland und ließ sich jene Abtretung Kaiser Friedrichs II. durch den Habsburger Albrecht bestätigen; nur die Reichsstadt Lübeck wurde ausgenommen (1304). Fürst Heinrich trat in ein freundschaftliches Verhältnis zum Könige; jedoch hat er nicht, wie späterhin Erich von Lauenburg, die Grafen von Schwerin und die Fürsten von Werle 11 ), sein Territorium von ihm zu Lehn genommen 12 ). Zum Anschlusse an den früheren Gegner bewog ihn wohl von vornherein der Wunsch, das Land Rostock,
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wenn auch unter dänischer Oberhoheit, von Erich zu erhalten. Als dieser 1309 nach Schweden zog, um die Herrschaft seines Schwagers, des Königs Birger, der vor seinen aufrührerischen Brüdern geflohen war, wieder herzustellen, begleitete ihn Heinrich als Bundesgenosse. Einige Zeit später wandten sich beide zusammen mit einer Anzahl norddeutscher Fürsten zum Kampfe gegen Rostock und Wismar, die zu den hervorragenden Mitgliedern des wendischen Städtevereins gehörten und sich im Vertrauen auf ihre wachsende Kraft und den Beistand ihrer städtischen Helferinnen den territorialen Verbänden zu entziehen suchten. Hier gingen Heinrichs und des Königs Interessen Hand in Hand; denn der Fürst war Landesherr über Wismar, und diese Stadt hatte ihm 1310 die Tore geschlossen, ebenso hatte Rostock im nächsten Jahre an Erich gehandelt. Heinrich war einer der eifrigsten Verfechter der landesherrlichen Rechte den Seestädten gegenüber. Schon früher hatte er Gerhard II. von Holstein=Plön gegen das reichsfreie Lübeck unterstützt, das nur dadurch, daß es den Dänenkönig zum Schutzherrn annahm (1307) 13 ), der Gefahr, holsteinisch zu werden, entgangen war. - In dem nun gegen Wismar und Rostock eröffneten Kampfe hat Heinrich das Beste getan. Er leitete die Belagerung nicht nur seiner eigenen Stadt, sondern, als dänischer Hauptmann (Hauptmann des Landes Rostock) auch die Rostocks und bezwang beide Städte (1311 und 1312). Stralsund und Greifswald, ihre Verbündeten, suchten den Frieden.
Unterdessen entzweite sich Stralsund mit seinem Landesherrn, dem dänischen Lehnsmanne Wizlav von Rügen. Dieser verband sich mit Heinrich und anderen Fürsten (9. Januar 1314). Stralsund stellte sich unter den Schutz des Markgrafen Waldemar von Brandenburg; doch scheint der Zwist beigelegt zu sein. Am 11. August schloß Heinrich zu Templin ein Bündnis mit Waldemar und erhielt von ihm das Versprechen eines Lehns von 200 Stücken Geldes; dann begleitete er ihn auf der Fahrt zur Königswahl. - Im nächsten Jahre aber entbrannte der Stralsunder Hader von neuem; vergebens war wiederholt versucht, eine Einigung zu erzielen. Wizlav hatte Erich Menveds Hilfe angerufen, und nun erhob sich im Anschluß an den sundischen Streit der große Kampf zwischen Dänemark und Brandenburg, in dem der Markgraf dem Vordringen des dänischen Einflusses ein Ziel zu setzen suchte. Heinrich war des
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koninghes helpere unde hovetman sines orloghes 14 ); er war ihm längst unentbehrlich geworden, war geradezu die Stütze seiner Stellung in Norddeutschland. In dem entscheidenden Treffen bei Gransee (1316) schlug er Waldemar und erhielt dann im Templiner Frieden (24./25. November 1317) nicht nur Stargard 15 ) bestätigt, sondern wurde vom Markgrafen zudem mit Schlössern und Landen Eldenburg (Lübz mit der Ture) und Wredenhagen, die früher zum werlischen Besitz gezählt hatten, belehnt; doch sollten sie nur dann überliefert werden, wenn Waldemar, ohne einen Sohn zu hinterlassen, sterben würde 16 ). Schon vorher (7. Januar) hatte Heinrich die Herrschaft Rostock von Erich Menved als Pfandlehn erhalten; er sollte sie besitzen, bis er für seine Kriegskosten entschädigt sei 17 ). Einen Teil dieser Herrschaft, das Land Kalen und das Ländchen Hart, die der König dem Rostocker Fürsten gelassen hatte, wovon sich Kalen aber bereits in den Jahren 1305 bis 1309 in gemeinschaftlichem Besitze Nikolaus' II. von Werle und Heinrich findet, hatten diese beiden vor dem 12. Oktober 1316 unter sich aufgeteilt 18 ). -
Im August 1319 starb Markgraf Waldemar. Sein Erbe war ein unmündiger Vetter, der ihm ein Jahr darauf im Tode folgen sollte. So gut wie herrenlos waren Waldemars weite
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Gebiete schon gleich, nachdem dieser selbst die
Augen geschlossen hatte, und es bot sich, da die
Reichsgewalt durch den Kampf, der sich aus der
Doppelwahl von 1314 ergeben hatte, gelähmt war
und nicht fest eingreifen konnte, den
umwohnenden Fürsten die Gelegenheit, Teile der
verwaisten Lande in Besitz zu nehmen. Heinrich
nützte diese Gelegenheit aus. Gemäß der
Bestimmung des Templiner Friedens überlieferten
die markgräflichen Drosten Kröcher und Redern
ihm Eldenburg und Wredenhagen. Außerdem traten
sie ihm den Pfandbesitz der Prignitz ab, die
ihnen für 20000
versetzt war. Weiter schloß sich
ihm die Ukermark an. Und endlich errang er in
der Altmark gemeinsam mit seinem Schwager Rudolf
von Sachsen=Wittenberg Erfolge; doch stießen
beide hier mit den Interessen Ottos von
Braunschweig-Lüneburg und des Erzbischofs von
Magdeburg zusammen. In der Ukermark hatte
Heinrich das Gewonnene gegen die Herzöge von
Pommern=Stettin und =Wolgast zu verteidigen
19
).
Drei Monate nach Markgraf Waldemar war auch Erich Menved gestorben, und gleich darauf hatte Heinrich sich angeschickt, die Herrschaft Rostock für die Dauer in Besitz zu nehmen und von der dänischen Oberhoheit loszureißen. So geriet er in Zwist mit dem neuen Könige, Christoph, dem Bruder Erichs. Christoph, fand in Deutschland Unterstützung, besonders bei den pommerschen Gegnern des Mecklenburgers; der Streit um Rostock verwob sich mit dem märkischen Kriege. Heinrich knüpfte mit Schweden an. Hier war König Birger endgültig vertrieben und sein Neffe Magnus Erichsson auf den Thron erhoben worden, ein unmündiger Knabe, der nach dem Tode seines Großvaters mütterlicherseits, des Königs Hakon von Norwegen, auch dessen Krone erhalten hatte. Seine Mutter Ingeborg suchte sich in beiden Reichen der Regierung zu bemächtigen. Gemeinsam mit ihrem Vertrauten und späteren zweiten Gatten Knut Porse, dem Hauptmann zu Warberg, plante sie einen Angriff auf Schonen, um dem Dänenkönige diese Provinz zu rauben. Mit ihnen setzte sich Heinrich in Verbindung. Am 24. Juli 1321 schloß in seinem Auftrage der Ritter Martin von der Hude mit Ingeborg und - dem Namen nach - mit Magnus zu Bohus ein Abkommen, wonach der junge König seine vierjährige Schwester Euphemia mit Albrecht, dem dreijährigen Sohne des Fürsten verlobte; dazu wurde ein Hülfsbündnis ge=
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schlossen 20 ). Aber aus der Eroberung Schonens wurde nichts; Ingeborg verlor in Schweden und bald darauf auch in Norwegen ihren Einfluß.
Unterdessen Suchte Heinrich in einem Gewirr
wechselreicher Fehden seinen Rostocker Besitz
und die märkischen Gebiete zu verteidigen. Drei
Jahre schon währten die Kämpfe, als die
Nachricht kam, daß Ludwig der Bayer, der Sieger
von Mühldorf, seinen ältesten gleichnamigen Sohn
mit der Mark belehnt habe (vor dem 4. Mai 1323).
Wegen dieser neuen Gefahr entschloß sich
Heinrich zum Frieden mit Christoph; am 21. Mai
1323 nahm er die Herrschaft Rostock mit Gnoien
und Schwaan von ihm und seinem Sohne Erich zu
Lehn
21
).
Mit den Vertretern des jungen Markgrafen einigte
er sich erst im übernächsten Jahre endgültig. Am
24. Mai 1325 schloß er mit den Grafen von
Lindow, den Vormündern des jungen Ludwig, an der
Daber einen Vertrag, wonach Heinrich gegen 8000
brand. Silbers auf die Prignitz
sowie auf Seehausen und Werben in der Altmark
verzichtete; für das Geld wurden ihm Meyenburg
und Grabow verpfändet
22
). Am 3. Juni folgte bei
Gaudenitz ein zweiter Vertrag; der Fürst
leistete auch auf die ukermärkischen Vogteien
Jagow, Stolp und Liebenwalde Verzicht, doch
wurde ihm eine Entschädigung von 20000
, brand. Silbers zuerkannt, wofür
die drei Vogteien selber zu Pfand gesetzt wurden
23
).
Somit entsagte Heinrich seinen märkischen
Erwerbungen für im ganzen 28000
.
Doch nicht lange ruhte er von diesen Kämpfen aus.
Die Ereignisse in Dänemark boten ihm neue
Gelegenheit, sich zu betätigen. Eben jetzt,
1325, war es zwischen König Christoph und
Gerhard dem Großen von Holstein=Rendsburg, der
von seinem Vetter Johann von Plön unterstützt
wurde, um die Vormundschaft über Schleswig zum
Bruche gekommen. Im nächsten Jahre erhob sich
der dänische Adel und machte mit Gerhard
gemeinsame Sache gegen den König. Dieser, dem
der Boden unter den Füßen wankte, erkaufte am 3.
Mai zu Nykjöbing (Falster) für 17000
Silb. Köln. auf ein halbes Jahr
den Beistand Heinrichs von Mecklenburg, Johanns
II. Von Werle=Güstrow und Johanns III.
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von Werle=Goldberg
24
). Für
14000
, die der König nicht sogleich
zahlte, wurden die Inseln Laaland, Falster und
Möen den drei Fürsten verpfändet
25
). In Rostock
fand Christoph zunächst eine sichere Stätte.
Dann versuchte er mit mecklenburgischer und
werlischer Hülfe, seine Herrschaft in Dänemark
wieder herzustellen. Am 22. Juni empfingen
Johann von Werle und Fürst Heinrich am Grönsund
die Pfandhuldigung Möens und der Stadt Stege auf
der Insel
26
). Aber schon am 7. Juni war der
junge Waldemar von Schleswig zum dänischen König
gewählt worden, und Christophs Zug blieb
erfolglos. Schon am 13. Juli schloß Heinrich auf
der Insel Bogö (zwischen Falster und Möen) mit
(Gerhard, dem Vormunde des neuen Königs, Frieden
27
).
Gegen reiche Versprechungen erklärte sich
Heinrich bereit, den König nicht mehr zu
unterstützen. Für den Fall, daß dieser ihn
"von sich weise"
28
), ließ er sich die
Belehnung mit Rostock durch Waldemar in Aussicht
stellen. Möen und Falster sollten für 14000
, wieder eingelöst werden, wenn
"der von Wenden"
29
) sich dem Frieden anschlösse,
sonst Heinrichs Anteil für 7000
. Die Verpfändung Laalands wurde
nicht bestätigt; doch blieb wenigstens die
Pfandsumme die gleiche wie für alle drei Inseln.
So war Heinrich bereit, König Waldemar anzuerkennen. Trotz der Klausel über Rostock bedeutete der Friede vom 13. Juli eine vollständige Änderung seiner Stellung. Da suchte König Christoph ihn noch einmal an sich zu fesseln. Am 3. Mai in Nykjöbing hatten Heinrich und die Werler dem Könige auch gegen Wartislav IV. von Pommern=Wolgast Hilfe versprochen 30 ). Dieser hatte das Erbe des Fürsten Wizlav von Rügen angetreten, ohne Christoph, der ihm einst die Anwartschaft erteilt hatte, den
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Lehnseid zu leisten
31
). Aber Wartislav hatte gleich
darauf eingelenkt. Hernach freilich hielt er es
mit König Waldemar; doch starb er am 1. August.
Und nun gab Christoph Insel und Festland Rügen
dem Fürsten Heinrich und den Werlern zu Lehen;
sie sagten ihm dafür wiederum Beistand gegen
seine Gegner in Dänemark zu (6. August)
32
). Die noch unmündigen
Söhne Wartislavs
33
)
ihrerseits empfingen durch König Waldemar die
Belehnung. So kam es zwischen Mecklenburg, Werle
und Wolgast um die Nachfolge in Rügen zu einem
heftigen Kriege, in dem Stralsund und einige
pommersche Städte, vor allem Greifswald, die
Sache der jungen Herzöge führten. Im September
langte Gerhard von Holstein, der Verweser
Dänemarks, mit Truppenmacht in Stralsund an und
übernahm die Vormundschaft über Wartislavs
Erben. Aber zum zweitenmal verständigte sich
Heinrich über König Christoph hinweg mit dem
Grafen. Es wurde ein Waffenstillstand
geschlossen, und Gerhard kümmerte sich hinfort
nicht mehr um Rügen
34
), während die
verbündeten Fürsten ihn in Dänemark ungestört
ließen. Doch gelang es ihnen nicht, sich in den
Besitz des strittigen rügischen Landes zu
setzen. Am 27. Juni 1328 schlossen sie mit
Barnim III. von Pommern Stettin, der nunmehr
Vormund der Wolgaster war, einen Frieden, wonach
sie gegen 31000
löth. Silb. köln. Gew. auf ihre
Ansprüche verzichteten. Für das Geld wurden
ihnen Schlösser und Lande Barth, Grimmen und
Tribsees verpfändet; bis zum 6. Dezember 1340
mußten diese wieder eingelöst werden, sonst
sollten sie verfallen
35
). Bei der Teilung mit den
Werlern erhielt Heinrich Barth und die halbe
Abtei Neuenkamp
36
).
Ein halbes Jahr darauf ist Fürst Heinrich gestorben (21. [22.?] Januar 1329) 37 ). Er hinterließ außer dem angestammten Besitz die Herrschaft Rostock als dänisches Lehn, die an Mecklen=
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burg grenzend mit diesem ein zusammenhängendes Gebiet an der Küste, vom Priwall bis zum Ribnitzer Binnenwasser, ausmachte. Dazu kamen das Land Stargard mit Wesenberg und Lychen, dann Eldenburg, die alle unter märkischer Oberhoheit standen 38 ). Auch das Schloß Strelitz hatte er - wir wissen nicht wie - in seine Hand gebracht 39 ). - Weiter hinterließ er bedeutende Pfandschaften in der Mark und auf dem Festlande Rügen; in den Pfandbesitz von Möen und Falster endlich, die ihm und den Fürsten von Werle geblieben waren, hatte er sich mit diesen dahin geteilt, daß ihm Möen und noch ein Stück von Falster zufiel 40 ).
Heinrich hatte deutsch=territoriale und nordische Politik, beide des öfteren in engem Zusammenhange, getrieben. Während der Zeit seiner Regierung hatte sich die politische Lage Mecklenburgs insofern geändert, als die lose Verbindung, die zwischen ihm und dem Reiche bestanden hatte, allmählich etwas fester wurde; nach der Erwerbung der Mark durch die Wittelsbacher traten die Lande nordöstlich von der Elbe aus ihrem Sonderdasein heraus. Mit Schweden hatte Heinrich eine Verbindung angeknüpft, die für sein Haus folgenreich werden sollte. Beziehungen zu Dänemark waren für seine Erben schon durch Rostock gegeben. Mit den
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starken dänischen Einfluß auf Norddeutschland freilich, wie ihn Erich Menved ausgeübt hatte, war es vorüber. Die Macht des Inselreiches wurde durch die Holsteiner, die dort nur sehr eigennützige Ziele verfolgten, tiefer und tiefer herabgedrückt. Außer in Rostock war in den heute mecklenburgischen Landen nirgends mehr von dänischer Lehnsherrschaft die Rede, sondern lediglich von brandenburgischer und der alten sächsischen, die jedoch nur für die Geschichte der Grafschaft Schwerin hernach noch einmal von Wichtigkeit wurde.
Es war Heinrich nicht gelungen, alle seine Pläne in vollem Maße durchzuführen. Ohne das aber, was er geschaffen hatte, ist die Geschichte seines Sohnes undenkbar. -
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1329-1336.
1336-1360.
1.
Die äußere Politik der Vormundschaft.
Fürst Heinrich hinterließ außer mehreren Töchtern zwei unmündige Söhne, Albrecht (geb. 1318) und Johann (geb. 1326?), die aus seiner zweiten, mit Anna von Sachsen=Wittenberg geschlossenen Ehe stammten. Mit der Führung der Vormundschaft hatte er kurz vor seinem Tode sechzehn seiner Ritter und die Ratmänner der Städte Rostock und Wismar beauftragt. Diese Vormünder wurden von dem Grafen Heinrich von Schwerin, einem Freund, und durch Herzog Rudolf von Sachsen, den Schwager des verstorbenen Fürsten, die jedoch beide nicht dem von Heinrich eingesetzten Kollegium angehörten, mit Rat und Tat unterstützt. Sie vorstunden de kindere unde de lant mit groten eren 1 ), haben sich, soweit wir übersehen können, mit Ausnahme des Ritters Bolte Hasenkop, ihres Amtes würdig gezeigt 2 ).
Es war natürlich, daß die Vormundschaft darauf verzichtete, die Eroberungspolitik Heinrichs fortzusetzen, und mit den umwohnenden Fürsten Frieden zu halten suchte. Die Belehnung
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mit Rostock ward in richtiger Würdigung des augenblicklichen Standes der dänischen Dinge von König Christoph erbeten. Dieser hatte sich im November 1328 mit seinem Stiefbruder Johann von Holstein verständigt 3 ) und gewann nun allmählich wieder Boden. Zusammen mit seinem Sohne Erich verlieh er am 25. Juni 1329 zu Schlutup den beiden mecklenburgischen Fürsten, ihren zukünftigen Erben und ihren ebenfalls unmündigen Schwestern Beatrix und Agnes die Lande Rostock, Gnoien und Schwaan zur gesamten Hand. Albrecht und Johann mußten sich, ebenso wie im Jahre 1323 ihr Vater, verpflichten, dem jeweiligen Dänenkönige jenseits der See, in Dänemark, Schweden und Norwegen mit 50 Reitern, in Deutschland dagegen mit ganzem Aufgebote und allen Schlössern zu dienen. Albrecht empfing die Belehnung persönlich, seine Geschwister sollten später ein Gleiches tun 4 ). - Bald darauf ward Graf Gerhard durch seinen Plöner Vetter bewogen, in die Entthronung des Schleswigers Waldemar und die Wiedereinsetzung Christophs zu willigen. Dieser erlebte noch ein kurzes Nachspiel seiner Herrschaft in Dänemark; freilich war er - und auch der Plöner Graf wollte das nicht anders - nur ein Schattenkönig, mußte das Reich zum großen Teile als Pfand oder Lehn den Holsteinern überlassen. Immerhin galt er wieder als rechtmäßiger Herrscher. Am 11. und 12. November 1329 findet sich der junge Albrecht mit vieren seiner Vormünder bei ihm in Ringsted auf Seeland; auch die Fürsten von Werle waren zugegen. Hier verglich sich Christoph mit seinem alten Gegner Knut Porse, der durch König Waldemar zum Herzog von Südhalland erhoben war (11. November) 5 ). Am nächsten Tage belehnte er den Grafen Johann mit Fehmarn und verpfändete ihm u. a. Schonen und Seeland, ausgenommen Kallundborg und das, "was die von Wenden, die von Mecklenburg und Herzog Knut in den Landen haben" 6 ).
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Für Mecklenburg handelte es sich hier augenscheinlich um die Ortschaften Kallehauge und Vibemose auf Seeland, die sich hernach im Pfandbesitze des Fürstenhauses finden 7 ) und vielleicht schon vom Fürsten Heinrich erworben waren.
Schon vorher traf die Vormundschaft wichtige
Übereinkünfte mit der Mark. Sie erstrebte für
Albrecht und Johann die Belehnung mit den unter
brandenburgischer Oberhoheit stehenden, von
Heinrich erworbenen Gebieten
8
). Überdies hatten sich
aus der Pfandschaftangelegenheit Weiterungen
ergeben, die geordnet werden mußten. Die für
Meyenburg und Grabow zu zahlenden 8000
hatten in sechs Raten abgetragen
werden sollen, von denen die erste am 11.
November 1325, die letzte am 1. Mai 1328 fällig
gewesen war, die 20000
für Stolp, Liebenwalde und Jagow
in fünf Raten, deren erste am 6. Dezember 1325
und deren letzte am 6. Dezember 1327 hatte
entrichtet werden sollen. Zahlungen waren jedoch
kaum geleistet worden, und es hatten sich
deshalb Streitigkeiten erhoben. ImApril 1326
rechnete Heinrich mit der Möglichkeit, daß er
wegen der Einlösung der Pfandschaften mit der
Mark in Krieg geriete
9
), und noch zu Anfang
August desselben Jahres war diese Gefahr nicht
beseitigt
10
). Ob es
wirklich zum offenen Kampfe kam, läßt sich nicht
sagen
11
).
Nach Heinrichs Tode mag man in der Mark die Belehnung Albrechts und Johanns von einer Auseinandersetzung über die
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Pfandschaften abhängig gemacht haben. Im
September 1329 war von den 8000
noch nichts bezahlt; ob von den
20000
etwas abgetragen war, muß
unentschieden bleiben. Nun aber einigte sich die
Vormundschaft mit den brandenburgischen
Bevollmächtigten zu Wittstock über einen
Vergleich, der, wohl unmittelbar darauf, bei der
görnischen Brücke beurkundet wurde (24.
September). Der junge Markgraf belehnte die
Mecklenburger mit Stargard, Lychen, Wesenberg
mit der Lize, Eldenburg mit der Ture und 200
Stücken Geldes
12
) aus der
Vogtei Jagow. Er erhielt die drei ukermärkischen
Pfandschaften und Meyenburg zurück, und es
wurden ihm die für Meyenburg zu zahlenden 4000
nebst den Zinsen für vier Jahre
erlassen. Dafür belehnte er Albrecht und Johann
des weiteren mit dem Lande Arnsberg samt dem
Städtchen und Neuendorf, sowie mit dem Schlosse
Strelitz, das ja Fürst Heinrich schon besessen
hatte, nebst dem Dorfe und der Pare. Endlich
sollte er ihnen 2800
brand. Silb. zahlen. Zugleich
wurde ein zehnjähriges Hilfsbündnis geschlossen,
wobei freilich von mecklenburgischer Seite fast
alle umwohnenden Fürsten behutsam ausgenommen
wurden
13
).
So waren die von Heinrich erworbenen märkischen Lehen seinen Söhnen bestätigt, außer Wredenhagen, das sich seit dem 23. Mai 1329 in werlischer Hand findet und das der verstorbene Fürst vermutlich noch selber an Werle abgetreten hatte 14 ); als neue Lehen waren Arnsberg und Strelitz hinzugekommen. - Es fällt auf, daß von Grabow in den Verträgen nicht die
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Rede ist. Fürst Heinrich hatte diese Herrschaft
(Haus, Stadt und Land) im Jahre 1321, obwohl er
selber nur ein Pfandrecht auf die Prignitz
besaß, mit allen Rechten, so wie sie einst den
Grafen von Dannenberg gehört habe, für 3000
Brand. an den Ritter Wipert
Lützow und dessen Brüder verkauft und sie damit
belehnt
15
).
Nach dem Vergleiche an der Daber aber hatte er
mit der Prignitz auch Grabow zur Huldigung an
den Markgrafen weisen müssen. Damit war der von
vornherein sehr anfechtbare Kaufvertrag in sich
zusammengefallen. Und wenn die Lützows auch
vorerst in Grabow, das ja als Pfand an
Mecklenburg gegeben wurde, bleiben durften, so
mußten sie doch, wenn das Ländchen eingelöst
wurde, mit irgend einer Entschädigung vorlieb
nehmen. Wipert Lützow nun gehörte zu den
eifrigsten Mitgliedern des
Vormundschaftkollegiums, er und seine Brüder
werden sich gegen eine vorzeitige Rückgabe
Grabows an die Mark gesträubt haben, in der
sicheren Hoffnung, daß die Pfandschaft verfallen
würde. Und sie setzten ihren Willen durch,
Grabow verfiel an Mecklenburg und blieb vorerst
noch einige zwanzig Jahre in Lützowscher Hand
16
).
Auch mit den Fürsten von Werle, Johann II. und Johann III., mußten sich die Vormünder abfinden. Die Werler waren noch mit Heinrich wegen gewisser Forderungen in Streit
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geraten und erhoben überdies Anspruch darauf, für
Albrecht und Johann die Regierung zu führen. Im
Schwisower Vertrage jedoch vom 20. Mai 1330
verzichteten sie gegen 3000 löth.
Köln. auf die Führung der
Vormundschaft und erklärten ihre Forderungen für
erloschen. Zugleich wurde ein Hilfs= und
Landfriedensbündnis, sowie ein Erbvertrag
zwischen ihnen und Heinrichs Söhnen vereinbart
17
).
Einige Jahre später kam es zwischen Mecklenburg und Brandenburg zu Mißhelligkeiten, deren Ursache unbekannt ist. Um dieselbe Zeit hatte sich auch Johann III. von Werle wegen seiner Pfandbesitzungen Meyenburg und Freienstein mit dem Markgrafen entzweit. In beiden Fällen war Graf Heinrich von Schwerin, dort als Vermittler, hier als Schiedsrichter, tätig. Der mecklenburgisch=brandenburgische Streit sollte durch Schiedsrichter geschlichtet werden 18 ); Urteilssprüche sind jedoch nicht erhalten. In der werlisch=brandenburgischen Sache fällte der Graf am 27. Mai 1334 eine Entscheidung 19 ). Dennoch bestand Mitte August zum mindesten die Gefahr eines Krieges zwischen Johann III., dem ihm verbündeten Güstrower Fürsten und dem Markgrafen 20 ). Am 23. November, zu Templin, kam es dann zur Aussöhnung 21 ). -
2.
Die ersten Regierungsjahre Albrechts.
Bis gegen Ostern 1336 währte die vormundschaftliche Regierung. Dann wurde Albrecht, der ältere der beiden Brüder, volljährig 1 ). Von einem stargardischen Ritter, Erich von Lübberstorf,
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erzogen 2 ), hatte er schon früh an den Geschäften des Landes, die in der Regel von Wismar, dem Sitze des Hofes, aus geführt wurden, Anteil genommen. In den letzten Jahren war der Wunsch nach selbständiger Tätigkeit augenscheinlich immer reger geworden; so betonte er einmal neben der Zustimmung der Vormundschaft den eigenen freien Willen 3 ). Er war, als er nun die Regierung übernahm, achtzehn Jahre alt und war, obschon er noch keine völlig ausgebildete Persönlichkeit sein konnte, früh gereist. Nach der großen Gedenktafel in der Doberaner Kirche 4 ) soll er freigebig, frohen Gemütes, sittenrein gewesen sein; auch seine Redegabe und diplomatische Rührigkeit (in placitis agilis) werden hervorgehoben. Kunst und Wissenschaft ließen ihn nicht gleichgültig; die Chronik Ernst von Kirchbergs ist auf sein Geheiß entstanden. Er war ein Freund ritterlicher Waffenübungen; wiederholt wird seine Anwesenheit bei Kampfspielen bezeugt, noch als Fünfzigjähriger forderte er seine Vasallen auf, mit ihm zum Turnier zu reiten 5 ). Er war entschlossen und unermüdlich tätig wie sein Vater, und sicherlich beherrschte ihn der Wunsch, es diesem gleichzutun. Ebenso wie Heinrich war er bereit, sich in der äußeren Politik über das formelle Recht hinwegzusetzen; im Privatleben vielleicht ohne schroffes Wesen, konnte er, wenn ihm jemand seine Kreise störte, bis zur Grausamkeit hart werden. Von scharfem Verstande, fand er sich bald in den politischen Verbindungen seiner Zeit zurecht; einen Fuchs nennt ihn die schwedische Heilige Birgitta. Er wollte wirken, jede Möglichkeit des Vorteils ausnutzen; alle Abenteuerlichkeit aber war ihm fremd, er besaß den nüchternen Sinn für das Erreichbare. Er scheute den Krieg nicht und er war fähig, außerordentliche Kräfte zu entfalten, doch be=
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wahrte ihn sein kühler Verstand davor, die Dinge nutzlos auf die Spitze zu treiben. Was ein kleiner Territorialfürst leisten konnte, daß hatte nicht nur sein Vater gezeigt, das bewies gerade jetzt auch Gerhard der Große, dem Albrecht, wenn nicht früher, im Januar 1338 zu Lübeck begegnete und dessen mächtige Persönlichkeit sicher nicht ohne Eindruck auf ihn blieb.
Kurz nachdem er die Regierung angetreten hatte, feierte Albrecht in Rostock seine Hochzeit mit der ihm seit 1321 verlobten schwedischen Prinzessin Euphemia. Zugleich empfing er von der Hand des Herzogs Erich von Lauenburg den Ritterschlag 6 ). Ende Junis fuhr er dann mit seiner Gattin, seinem Vetter, dem jungen Herzog Rudolf von Sachsen=Wittenberg, und großem Gefolge zur Krönung des Schwagers, des Schwedenkönigs Magnus und dessen Gemahlin, der Königin Blanka, nach Norden. Auch der noch unmündige Heinrich von Holstein 7 ), der Sohn Gerhards des Großen, nahm an der Reise teil. Die Herzogin Ingeborg, Euphemiens Mutter, fuhr dem Paare entgegen und geleitete es nach Kalmar. Hier rastete man einige Tage. Dann ging es weiter nach Stockholm, wo Albrecht den jungen König zum Ritter schlug. Am nächsten Tage begann das Krönungsfest 8 ). - Nach beschwerlicher Rückfahrt - er wurde mit seinen Begleitern schließlich nach Gotland verschlagen, wo
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die Inselbewohner mit Proviant und anderen Dingen aushalfen - traf Albrecht wieder in Warnemünde ein 9 ).
Von politischer Wichtigkeit war die Reise kaum. Zwar legte Magnus augenscheinlich Wert auf gute Beziehungen zu Mecklenburg. (Er hatte im Jahre 1332, kurz nachdem er mündig geworden war, die dänische, an Johann von Holstein verpfändete Provinz Schonen in seinen Schutz genommen und war als ihr Herr aufgetreten; er hatte das auf Wunsch der Bewohner des Landes selbst getan, die sich in großer Erbitterung gegen das holsteinische Regiment erhoben hatten. Nach kurzem Kampfe hatte er sich dann mit dem Grafen Johann geeinigt und ihm sein Recht auf die Provinz für eine Riesensumme abgekauft 10 ). Doch war er mit dem bloßen Pfandbesitz nicht zufrieden, sondern betrachtete seine Erwerbung als dauernd 11 ). Wie würde sich Gerhard von Holstein hierzu stellen, der in Dänemark - wo man seit Christophs Tode (2. August 1332) nicht einmal mehr dem Namen nach einen König hatte - allmächtig war? Und überdies: würde Magnus, der sich stets in finanziellen Nöten befand, die Johann versprochene Summe abtragen können? Dazu plante er eine Zeitlang, sich noch weitere dänische Gebiete anzueignen 12 ); schritt er aber hierin zum Werke, so geriet er mit Holstein aneinander. Solche Erwägungen hatten ihn Anschluß an Mecklenburg suchen lassen, schon zur Zeit, wo dort noch die Vormundschaft regierte. Einen der einflußreichsten Männer dieser Vormundschaft, Wipert Lützow, hatte er gewinnen wollen. Lützow war mecklenburgischer Marschall und als Hauptmann des Schlosses Stege auf Möen über diese Insel und die gleichfalls an Mecklenburg verpfändeten Ortschaften Kallehauge und Vibemose auf Seeland gesetzt. Zwischen ihm und Bevollmächtigten des Königs hatten vor dem 15. Mai 1335 zum mindesten Verhandlungen darüber geschwebt, daß die Bewohner Möens und der
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beiden seeländischen Plätze gewisse Vorrechte auf
den schonischen Märkten Skanör und Falsterbo
genießen sollten und Lützow hier eigene Vögte
für sie anstellen dürfe
13
). - Am 18.
Mai 1335 soll dann Magnus dem Drosten Niels
Abjörnson Vollmacht erteilt haben, ein Abkommen
über die Ehe zwischen Albrecht und Euphemia zu
schließen
14
), d. h. wohl, der König
beabsichtigte, zu der Heirat, die einst seine
Mutter in seinem Namen mit dem Fürsten Heinrich
verabredet hatte, nun, wo er mündig war, seine
Zustimmung zu geben und den Vertrag etwas zu
verändern. Sicher ist, daß die ursprünglich auf
5000
Silb. köln. Gew. festgesetzte
Mitgift verdoppelt wurde
15
).
Die mecklenburgische Vormundschaft ihrerseits mag ein freundschaftliches Verhältnis zu Schweden schon deswegen gewünscht haben, weil sie bei den zweifelhaften Zuständen in Dänemark, die nach den Schlachten auf der Loheide (1331) und auf der Tapheide (1334) gänzlich auf Graf Gerhards gutem oder bösem Willen beruhten, Grund hatte, sich um die dortigen Pfandschaften ihrer Fürsten zu sorgen. Indessen war es zu keinen Konflikten zwischen Holstein und Mecklenburg oder Schweden gekommen. Es ist bezeichnend, daß Graf Heinrich seinen Sohn an der Reise zum Krönungsfeste teilnehmen ließ. -
Albrecht und Magnus beide waren einander nunmehr im Norden zuerst persönlich näher getreten. Niemand konnte ahnen, daß ihre Freundschaft sich dereinst in bitteren Haß verwandeln würde. -
* *
*
Die erste Regierungszeit Albrechts ging nicht ohne widerwärtige Eindrücke vorüber. Schon vor seiner Reise hatte er den Streit, der seit Jahren den Frieden des Doberaner Klosters störte, zu beendigen gesucht 16 ). Die Mönche zerfielen in zwei
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Lager; die wendischen Brüder (aus den Ostseeländern) wurden von den sächsischen - auch der Abt, der Prior, der Subprior, sowie der Konversenmeister waren Sachsen - bedrückt und nicht als gleichberechtigt anerkannt. Ihre Stellung war um so schwieriger, als der Abt von Amelungsborn, dem Mutterkloster Doberans, als Visitator die sächsischen Brüder begünstigte. Anfang Mai hielt sich Albrecht in Satow, einem Klosterhofe, auf, um zwischen den Parteien zu vermitteln. Er trat für die wendische Gruppe ein, sodaß deren Gegner von heftiger Entrüstung gegen ihn ergriffen wurden. Einer seiner Begleiter, der Schildknappe Wedekin von Plate, starb hier in Satow unter eigentümlichen Umständen; er hatte drei Tage vorher von dem sächsischen Laienbruder Johann Unversehrt einen Trank erhalten und, nachdem er ihn zu sich genommen, sogleich über Schmerzen und Vergiftung geklagt. Alsbald regte sich der Verdacht, daß das Gift in Wahrheit bereitet sei, damit einige Widersacher der sächsischen Klosterbewohner, vor allem Albrecht selber, dadurch aus dem Wege geschafft würden 17 ). Der Visitator aber, der Abt und die übrigen Doberaner Würdenträger suchten den Vorfall totzuschweigen. Dann tauchte der Gedanke auf, den Fürsten und die Laienbrüder Cruse und Redewisch, zwei Führer der wendischen Opposition, durch Hexerei zu vernichten. Einige sächsische Laienbrüder, unter ihnen wiederum Unversehrt, ließen sich von einem Weibe zu Hohenfelde ein Wachsmännlein anfertigen, das auf den Namen des Teufels getauft und mit heiligem Öle gesalbt wurde. Verbrenne das Männchen, so, meinte man, sieche der bezauberte Mensch dahin, und zerschmelze die Herzstelle, so müsse er sterben. Der Plan blieb nicht verborgen, und als der Doberaner Abt in der St. Marienkirche zu Rostock eine Totenmesse las, ward ihm zu seiner Bestürzung ein Wachsmännlein von einem Kleriker 18 ) vor versammelter Gemeinde entgegengehalten. - Albrecht überlieferte hernach das Weib, das geständig war, dem Scheiterhaufen. Die Laienbrüder entkamen und wurden geächtet. Der Abt hatte ihnen fortgeholfen und zahlte dafür eine Buße.
Im nächsten Jahre machte Albrecht noch einmal den Versuch, die Ordnung in Doberan wieder herzustellen. Dort war unterdessen völlige Anarchie ausgebrochen. Der wendische Laienbruder Cruse, ein von Natur gewalttätiger Mann, sah sich durch die Be=
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handlung im Kloster zur Verzweiflung getrieben
19
).
Um sich zu rächen, hatte er im November 1336 mit
Hülfe einer Rotte Bewaffneter die im Chor
versammelten Mönche überfallen. Der Abt war mit
genauer Not entwichen, war dann nach Rostock und
schließlich nach Amelungsborn gereist. Mit Cruse
tat sich jener Redewisch, den ebenfalls nach
Rache verlangte
20
),
zusammen, und beide machten nunmehr die ganze
Gegend unsicher. Im März 1337 griffen sie den
Prior auf der Landstraße an und verstümmelten
ihn. In heller Angst flohen darauf eine Anzahl
sächsischer Klostermitglieder nach Rostock. -
Endlich griff der Visitator ein. Mit dem
Doberaner und vier anderen (sächsischen) Äbten
erschien er in Güstrow, wo - unter Umgehung
Albrechts, dessen Teilnahme für die wendischen
Brüder ja bekannt war - mit Johann II. von Werle
ein Bündnis zur Beschirmung der Sachsen im
Kloster geschlossen wurde. Dann schickte man
nach Doberan, um einige Mönche der Gegenpartei
vor sich zu laden. Da diese jedoch, besonders,
weil sie den Werler fürchteten, nicht kommen
wollten, so reisten die Äbte nach Rostock
weiter. Hier trafen sie Anfang Mais mit Albrecht
zusammen und ersuchten nun auch ihn um Schutz
für ihren Doberaner Freund, damit dieser sein
Regiment ungestört wieder antreten könne. Eine
Entschädigung von 100
lüb. solle dem Fürsten aus den
Klostergeldern geleistet werden. Albrecht ließ
sich bereden und brach in Begleitung der Äbte
mit einem großen Gefolge von Rittern und Bürgern
nach Doberan auf. In der Hoffnung, daß noch eine
Versöhnung möglich sei, erklärte er dort, es
sollten der Abt und die übrigen Sachsen ihre
Plätze im Kloster wieder einnehmen und von
niemand angetastet werden. Darob jedoch so
lebhafter Widerstand und so flehentliche Bitten
der nichtsächsischen Brüder, daß Albrecht mit
dem ganzen Zuge unverrichteter Dinge
zurückkehrte. Jetzt legten sich die Äbte von
Dargun und Neuenkamp,
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die den Niedergang des alten Klosters nicht länger mit ansehen konnten, ins Mittel, und endlich griff man nach der einzig möglichen Lösung, daß der Doberaner Abt auf sein Amt verzichtete. Das Kloster wurde reformiert 21 ), hatte jedoch noch nach Jahren unter mancherlei Unruhen zu leiden. -
* *
*
Albrechts Stellung zu dieser Wirrnis war etwas schwankend gewesen. Der junge Fürst hatte den Überredungskünsten der sächsischen Äbte nicht ganz widerstehen können und war sich vor allem über die Persönlichkeit des Doberaners nicht klar geworden. Um so umsichtiger und tatkräftiger hatte er sich in einem gefährlichen Kampfe gezeigt, den er inzwischen durchgefochten. Dieser Kampf wurde ihm durch die Unbotmaßigkeit des mecklenburgischen Adels aufgezwungen. Er mußte ihn führen zur Sicherung des Landfriedens und zur Wahrung der fürstlichen Autorität.
Seit das Reich den Landfrieden nicht mehr aufrecht erhalten konnte, hatten die Territorialherren und die deutschen Städte die Sorge dafür übernommen. Auch die Vormünder Albrechts waren auf den Schutz der öffentlichen Ordnung bedacht gewesen. Sie hatten im Juni 1329 zusammen mit Heinrich von Schwerin einen Landfrieden mit den Sachsen=Lauenburger Herzögen vereinbart 22 ), im Mai 1330 mit den werlischen Fürsten 23 ), im Juli 1331 wiederum mit Johann III. von Werle und Barnim von Pommern=Stettin 24 ). Im Sommer 1333 hatten dann der Schweriner Graf und die Lauenburger beschlossen, gegen die Ruhestörer in ihren Landen und auch in den zu Mecklenburg gehörenden Bezirken von Gadebusch, Grevesmühlen und Sternberg zu Felde zu ziehen. Die Vormünder waren hiermit offenbar einverstanden. Zwar sollte der Zug besonders gegen einen von ihnen, Bolte Hasenkop, der im Ländchen Gadebusch auf fürstlichem Gebiete eine Feste erbaut hatte, gerichtet sein, aber eben dieser Ritter wurde im Mai 1335 von anderen Mitgliedern des Kollegiums zu dem Versprechen veranlaßt, die Burg niederzureißen oder an Albrecht zu verkaufen 25 ). Als dann die Vormünder vom Ruder zurücktraten, brach die solange niedergehaltene Fehde= und Raub=
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lust, die sich nach dem Tode des Fürsten Heinrich nicht mehr in Kriegen des Landesherrn hatte austoben können, fessellos hervor. Es war, als ob ein Druck von dem Adel genommen werde. Die Vasallen in Mecklenburg begannen zu plündern, zu brennen und einander zu befehden; se vruchteden clene eren junghen heren. Albrecht aber wollte nicht nur für Sicherheit im Lande und für den Schutz des Eigentums sorgen, er wollte auch durchsetzen, daß keiner seiner Mannen die Waffen erhöbe außer in seinem Dienst 26 ). Und als er nun eingriff, zog er sich gleichsam als unwillkommener Spielverderber den Zorn des Adels zu. Am 22. Oktober 1336 schloß er bei Misdorf mit den Fürsten von Werle eine Landfriedensvereinigung, ließ sich Hülfe versprechen für den Fall, daß seine Mannen sich empören würden, und die Zusage geben, keinen anzunehmen, der mit seinem Schlosse in fremde Dienste treten wolle 27 ). Diese Bestimmungen hatten ihren guten Grund; Albrecht sprach hernach selber davon, daß seine Vasallen, zumal die Plessen, sich gegen ihn aufgelehnt hätten, um ihn zu verderben 28 ). Es wird ein großer Teil des mecklenburgischen Adels gewesen sein, der sich erhob. Albrecht zog Truppen aus dem Lande Stargard, wo die Ritterschaft offenbar treu blieb, heran. Auch die Städte Rostock und Wismar, deren kaufmännische Interessen durch die Straßenräuber bedroht waren, standen ihm zur Seite. Mit ihrer und der werlischen Hülfe schlug er den Aufruhr nieder, brach und verbrannte viele Burgen unde makede enen ghuden vrede over al dat land 29 ).
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- Konrad, Bernhard und Reimbern Plessen, die einzigen, die wir von seinen Gegnern kennen, verkauften im August 1337 ihre Güter Stove und Güstow an den Bischof von Lübeck 30 ). Sie hatten statt deren auf Albrechts Rat den Eikhof bei Sternberg erworben und versprachen, den mecklenburgischen Fürsten mit dem Schlosse zu dienen. Damit verzieh ihnen Albrecht 31 ). Er hatte sich "die stolzen Nacken gebeugt" 32 ), nun aber suchte er den Adel auch zu gewinnen. In ihm fand er später in zahllosen Kriegen seine stärkste Stütze.
Nach glücklichem Siege suchte er den Landfrieden durch Verträge mit anderen Fürsten zu sichern. Auch in benachbarten Territorien hatten sich aufsässige Vasallen geregt. Etwa gleichzeitig mit dem Mecklenburger wandte sich Herzog Barnim gegen die Friedensstörer in Pommern=Stettin, kurz vorher hatte einer der werlischen Herren sein Land beruhigt 33 ). ImSeptember 1337 vereinbarte Albrecht mit Johann III. von Werle=Goldberg und Barnim von Stettin ein Landfriedensbündnis 34 ). Zu Beginn des nächsten Jahres war er auf einem Fürstentage zu Lübeck und wirkte hier beim Abschluß eines sechsjährigen Landfriedens mit, an dem sich außer ihm der Bischof von Schwerin,
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die Herzöge von Sachsen=Lauenburg, von Pommern=Stettin und von Schleswig, die Grafen Heinrich und Nikolaus von Schwerin und Gerhard und Johann von Holstein, die Fürsten Johann III. und Nikolaus III. (der Sohn Johanns II.) von Werle und die Grafen von Schauenburg und Gützkow beteiligten; die Städte Lübeck, Hamburg, Rostock und Wismar wurden mit aufgenommen 35 ). Über so viele zusammenhängende Gebiete sollte sich der Friede erstrecken.
Albrecht hat die Sorge für den Landfrieden auch später nicht außer acht gelassen; das bezeugen viele Verträge, die er im Laufe seiner Regierung mit Fürsten und Städten deswegen schloß 36 ). Und wiederholt noch ist er mit seinem Heerbann gegen die Raubburgen ausgezogen. So im Jahre 1343, als er mit dem Grafen Heinrich von Schwerin die Länder Wittenburg und Ratzeburg säuberte und auf bischöflich ratzeburgischem Boden die Trutzfeste Bethow errichtete, die er, aus Furcht vor dem Banne, wie es heißt, hernach wieder niederreißen ließ 37 ). Von Ratzeburg aus waren vermutlich die mecklenburgischen Grenzgebiete beunruhigt worden; der Herr des Landes, Herzog Erich II. von Sachsen, trieb selber Straßenraub 38 ). Im Herbst 1344 (5?) rückte Albrecht mit Rudolf von Sachsen=Wittenberg aufs neue starkgerüstet ins Lauenburgische ein und eroberte in der Frühe des 11. Novembers Ratzeburg selbst. Auch vertrieb er damals die Scharpenberger aus dem Darzing 39 ). Fast zehn Jahre später unternahm er mit seinem Bruder, den Fürsten von Werle, dem Grafen von Schwerin, dem Markgrafen von Brandenburg, dem Herzog Johann von Sachsen=Lauenburg, den Städten Lübeck,
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Rostock, Wismar und einigen kleineren Städten eine große Razzia, zu der die Vorbereitungen im Februar 1353 getroffen wurden und die bis tief ins Jahr 1354 hinein währte. Mindestens sechzehn Raubschlösser wurden damals erobert 40 ).
* *
*
Vor allen anderen lag den Städten an der Erhaltung des Landfriedens. Es war ja ihr Vorteil, wenn die Frachtwagen der Kaufleute sicher ihres Weges ziehen konnten. Niemand war daher Albrecht dankbarer als sie. In Lübeck nannte man ihn einen "friedsamen und redlichen Herrn" 41 ) und in Erfurt wurde er, weil er seine Straßen von "Placken" rein hielt, ehrenvoll aufgenommen, als er 1341 durch Thüringen an den Hof Ludwig des Bayern reiste 42 ).
In seinen eigenen Landen und der Nachbarschaft war in dem wendischen Städteverein eine bedeutende Macht vorhanden, stärker als die der kleineren Territorien. Albrechts Vater hatte in diesem Bunde eine Gefahr für die landesherrlichen Rechte in den beteiligten Städten, die ja außer Lübeck alle Landesstädte waren, gesehen; und die trotzige Haltung, die Rostock und Wismar damals annahmen, ließ seine Sorge gerechtfertigt erscheinen. Durch den Kampf, den er mit Gerhard II. von Holstein gegen Lübeck geführt hatte, und besonders durch die Unterwerfung Wismars und Rostocks war die Entwicklung des Bundes für eine Reihe von Jahren gehemmt worden. In Rostock hatte Fürst Heinrich dann einige durch einen Aufruhr in der Stadt vertriebene Ratmänner wieder eingesetzt, die neue, von den Ämtern erzwungene demokratische Verfassung zerrissen und sich so die Patriziergeschlechter verpflichtet. Während der letzten fünfzehn Jahre seiner Regierung hatten seine beiden Seestädte ihm nicht mehr widerstrebt. Doch war es ein wohlberechneter Entschluß gewesen, daß er ihre Ratsherren ins Vormundschaftkollegium berief; er tat dies wohl nicht nur aus Sorge, daß die aus der
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Ritterschaft entnommenen Vormünder für die städtischen Interessen wenig oder gar kein Verständnis an den Tag legen würden, sondern auch, damit die beiden Gemeinwesen an der Verwaltung des Landes interessiert und nicht durch die herrnlose Zeit verleitet würden, ihren Zusammenhang mit dem Territorium zu lockern. - Inzwischen hatte sich der wendische Bund wieder gefestigt 43 ). Und Albrecht begriff, daß der Nutzen der Städte eine solche Vereinigung fordere, und versuchte nicht, Rostock und Wismar Hindernisse in den Weg zu legen. Am Ende ließ sich ja auch ihre Zugehörigkeit zum Bunde mit der Treue, die sie dem Landesherrn schuldeten, in Einklang bringen. Wenn sie zu ihm standen, konnten sie ihm mit ihren reichen Mitteln nur nützen. Wie wacker hatten Stralsund und Greifswald im rügischen Nachfolgekriege die Sache der jungen Wolgaster Herzöge verfochten! Und Albrecht selber hatte bei seinem Zuge gegen die Vasallen den Beistand seiner Seestädte genossen. Er erfuhr von ihnen keine Opposition, und deswegen konnte er ihre und ihres Bundes Bedeutung unbefangener würdigen als sein Vater.
Wismar blieb seine Residenzstadt, und auch in Rostock hielt er sich häufig auf. Weil zu befürchten war, daß der bezwungene Adel an den Bürgern der beiden Städte wegen der dem Fürsten geleisteten Hülfe Rache üben würde, so verpflichtete sich Albrecht, in derlei Unbilden für sie einzutreten (Juni 1337) 44 ). Den Wismarern gestand er hierin für den Fall, daß er außer Landes sei, das Recht der Selbsthülfe zu. Auch wurden ihre Privilegien anerkannt. Dankbar hob er die Treue der Städte in diesen Urkunden hervor 45 ). Wismar hat er dennoch längere Zeit gezürnt. Die Stadt hatte gleich nach dem Tode des Fürsten Heinrich den landesherrlichen Hof am Mecklenburger Tore mit Genehmigung der Vormundschaft gekauft und den Turm dann niederreißen lassen 46 ). Es war das dritte Mal gewesen, daß ein Fürstenhof in Wismar zerstört wurde. Das erste von Albrechts Urgroßvater, Johann I., erbaute Schloß hatte vor der Stadt auf dem Weberkamp gelegen. Heinrich der Pilger und sein Sohn verkauften es unter der Bedingung, es selber zu schlei=
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fen, an die Stadt und nahmen mit einem Bauplatz
innerhalb der Mauern vorlieb. Der hier
errichtete Hof wurde 1310 beim Kampfe Heinrichs
des Löwen gegen die Städte von den Rostockern
niedergerissen, doch ließ der Fürst hernach an
seiner Stelle ein neues Schloß mit einem starken
Turme erbauen
47
). Diese Burg nun, die einer
Zwingburg sehr ähnlich sah, hatten die
Wismaraner 1329 an sich gebracht. Sie hatten den
Erben Heinrichs außer der Kaufsumme von 1000
lüb. Pf. einen anderen Hof bei
der St. Georgenkirche zugewiesen, der schon
früher in fürstlichem Besitze gewesen war
48
).
Albrecht aber konnte den Verlust des Schlosses
am Mecklenburger Tore und die Zerstörung des
Turmes nicht verschmerzen
49
). Er bedachte auch wohl, daß aus
dem Kaufe, gegen den sich rechtlich allerdings
nichts einwenden ließ, doch noch einmal das alte
Mißtrauen der Stadt gegen die landesherrliche
Gewalt gesprochen hatte. Erst im Herbste des
Jahres 1339, als er sich aus anderen Gründen mit
Wismar entzweit hatte, wurde durch Vermittlung
Rudolfs von Sachsen und einiger Rostocker
Ratmänner mit dem neuen Groll auch der alte
wegen des Fürstenhofes abgetan
50
).
Zu Lübeck, der Führerin der wendischen Städte,
trat Albrecht früh in ein freundschaftliches
Verhältnis. Der Rat der Stadt hatte sich ihm
genähert, um seine Fürsprache beim
Schwedenkönige zu gewinnen, der die lübischen
Privilegien in Schonen bisher noch nicht
anerkannt hatte und den deutschen Kaufleuten
überhaupt ungünstig gesinnt war.Im Juni 1336
ward Albrecht die Schirmvogtei über die Stadt
auf zwei Jahre bei einem Schutzgelde von
jährlich 750
lüb. Pf. übertragen
51
), wovon die zu Weihnachten
fällige Rente (300 Pf. lüb. Pf.) seinem
Bevollmächtigten Wipert Lützow schon jetzt in
Lübeck ausgezahlt wurde
52
). Albrecht war
damals bereits auf der Fahrt zum
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Krönungsfeste seines Schwagers begriffen. Als er in See kam, traf er ein lübisches Schiff, das bis an den Kalmarsund voranfuhr. An Bord befanden sich der Ratsherr Thidemann von Güstrow und der Ratsnotar Johann Rode, die als Gesandte ihrer Stadt nach Schweden gingen 53 ). Vielleicht war doch der Einfluß des Fürsten mit im Spiele, als Magnus nun endlich (12. August) die Privilegien mit Ausnahme des höchsten Gerichts neu verlieh, den Handel in Schweden für die Lübecker freigab und das Strandrecht in seinen Reichen für sie aufhob 54 ). -
Jedenfalls konnte man an der Trave auf Albrechts Wohlwollen rechnen. Als seine Vögte eine Befestigung auf dem Priwall anzulegen begannen und von Lübeck deswegen Beschwerden kamen, erklärte er sich bereit, das Werk binnen vier Wochen nach geschehener Aufforderung niederzureißen, obwohl es vorher seine Billigung gefunden hatte 55 ). Eben hier auf dem Priwall hatte einst sein Vater, als er Gerhard II. gegen Lübeck unterstützte, eine Feste dem Turm von Travemünde gegenüber errichtet, um den lübischen Handel zu sperren 56 ).
Vielleicht infolge seiner engen Beziehungen zu dreien der großen wendischen Städte trat Albrecht auch mit Stralsund in Verbindung, der vierten Stadt, die einst vom Fürsten Heinrich bekämpft worden war.Im Dezember 1337 nahm er sie auf drei Jahre in seinen Frieden 57 ). Auch seiner eigenen Städte vergaß er in Zukunft nicht. Als König Magnus im Juli 1340 den Kaufleuten Rostocks und ein Jahrzehnt später den Wismarern Freiheiten in seinen Reichen erteilte, geschah es auf Albrechts Bitten 58 ). So suchte der Fürst den Handel seiner Städte zu fördern, im Bewußtsein, daß ihr Reichtum und ihre Blüte schließlich ihm selber und seinem Lande zugute kommen mußte.
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3.
Albrecht und Waldemar Atterdag in den ersten Jahren nach dessen Wahl.
Unterdessen vollzog sich in Dänemark eine Umwälzung, durch die Albrecht den wendischen Städten schließlich noch näher geführt wurde. - Seit dem Tode Christophs gab es keinen dänischen König; und worüber hätte er auch herrschen sollen, da das gange Land verpfändet, meist in holsteinischer und schwedischer Hand war! Graf Gerhard allein hatte Fünen und Nordjütland mit den Konigsfriesen in Besitz 1 ). Aber wie die Bevölkerung Schonens, bevor sie sich unter den Schutz des Schwedenkönigs gestellt hatte, ertrugen auch die übrigen Dänen unwillig die holsteinische Herrschaft 2 ). Überdies hatte Gerhard das Mißtrauen Waldemars von Schleswig erregt; denn der Einfluß des "kahlen" Grafen machte sich im Herzogtum, obwohl er hier die vormundschaftliche Regierung 1336 niedergelegt hatte, sehr fühlbar, ja es wurde immer deutlicher, daß er das Land bald gänzlich in seine Gewalt bringen wollte 3 ). Also bedroht, trat der Hergog mit den unzufriedenen Dänen in Verbindung, um dem dritten Sohne König Christophs, Waldemar (Atterdag), der sich am Hofe seines Schwagers, des Markgrafen von Brandenburg, aufhielt, in daß Reich einzuführen und die Übermacht Gerhards zu brechen 4 ).
Es geschah wohl im Zusammenhange mit diesem Plane, daß nun auch Markgraf Ludwig für den Prinzen zu wirken begann. Im Januar 1340 fand in Lübeck ein Kongreß statt, wo viele Fürsten und Herren aus den umliegenden Territorien - auch Albrecht könnte also recht wohl zugegen gewesen sein - über den Landfrieden und anderes verhandelten. Hier erschienen Gesandte des Markgrafen mit der Aufforderung, dem jungen Wal=
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demar zur dänischen Krone zu verhelfen 5 ). Auch Graf Gerhard war auf der Versammlung. Er hatte schon von dem Komplott des Schleswiger Herzogs gehört und deshalb Truppen werben lassen. Kein Zweifel, daß er sich gegen den brandenburgischen Vorschlag heftig zur Wehr setzte. Er wollte nichts von einem neuen Könige wissen. Der hätte nur Unruhe stiften können, hätte alles aufbieten müssen, die Pfandinhaber zu verjagen. Gerade der Mangel eines legitimen Herrschers begünstigte ja den Zerfall des Reiches. Es kam auch zu nichts in Lübeck; der Graf konnte seinen Willen am besten zur Geltung bringen, indem er sich auf seine eben zusammenströmenden Söldner stützte. Er veranlaßte Waldemar von Schleswig zu dem Versprechen, seinen Plan aufzugeben; zugleich wurde der Herzog genötigt, den nordjütischen Besitz Gerhards zu erwerben und diesem für den größeren Teil der Kaufsumme Schleswig zu verpfänden (11. Februar, Lübeck). Als dann aber unter den Jüten ein heftiger Aufstand gegen den Grafen losbrach, wagte auch Waldemar, die Waffen zu ergreifen. Da geschah es, daß Gerhard in der Nacht vom 1. auf den 2. April zu Randers ermordet wurde 6 ).
Seine jungen Söhne Heinrich und Klaus waren energische Naturen, und besonders der ältere liebte den Krieg; aber sie ließen doch zu, wogegen ihr Vater sich eben noch gesträubt hatte: der Ulfinger Waldemar durfte jetzt in Dänemark einziehen. Im Spandauer Vertrage vom 22. April verlobten sie Waldemar ihre Schwester, rechneten die Mitgift auf die Pfandsumme für Nordjütland ab und versprachen, ihm einen Teil des Landes sogleich auszuliefern 7 ).
Wie Detmar erzählt, hatte Graf Gerhard hören müssen, daß viele Fürsten und Städte die Wahl eines neuen Königs wünschten in der Erwartung, daß durch die Rückkehr geordneter Zustände dem in Dänemark und auf den dänischen Gewässern überhand nehmenden Raubwesen ein Riegel vorgeschoben werden würde 8 ). Unter den Fürsten, die so dachten, ist Albrecht kaum gewesen. Auch er hätte sicherlich die Herstellung des öffentlichen
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Friedens begrüßt, sie aber nicht mit dem Einzuge Waldemars erkaufen mögen; so weit ging nicht sein Wohlwollen für die städtischen Interessen, daß er die eigenen dabei übersehen hätte. Für ihn wäre es vorteilhafter gewesen, wenn in Dänemark alles beim alten geblieben wäre; denn solange es dort keinen König gab, konnte die Lehnsherrschaft über Rostock nicht geltend gemacht werden. Ein anderes kam hinzu. Noch immer hatte Albrecht die Pfandschaft Barth, die mit Grimmen und Tribsees im Brudersdorfer Frieden von 1328 den Fürsten von Mecklenburg und Werle überlassen war 9 ), in seiner Hand; im Dezember eben dieses Jahres 1340 mußte sie nach der Friedensurkunde verfallen, und es war sehr unwahrscheinlich, daß sie bis dahin eingelöst werden würde. Ebenso stand es um Grimmen und Tribsees, die noch in werlischem Besitze waren. Alle drei Pfandschaften gehörten zum Festlande Rügen und unterstanden mit diesem und der Insel dänischer Oberherrschaft, die jedoch - wie die über Rostock - seit Christophs Tode nicht hatte ausgeübt werden können. Wie sollte es nun werden, wenn der neue König kam? Würde er für Albrecht und die werlischen Fürsten gegen die Herzöge von Pommern=Wolgast Partei ergreifen, die den Verfall der Pfandschaften kaum ruhig geschehen lassen wollten? Konnte er in eine Zerstückelung des Festlandes Rügen willigen, die den Heimfall erschwert hätte und leicht dazu führen konnte, daß die dänische Oberhoheit allmählich in Vergessenheit geriet? Das waren Fragen, die schwerlich bejaht werden durften. In den letzten Tagen des Aprils schien eine Zeitlang Hoffnung zu sein, daß die holsteinische Politik sich doch noch ändern würde, da kurz nach dem in der Mark geschlossenen Vertrage eine Spannung zwischen Waldemar und den Grafen eingetreten war 10 ). Jedoch wurde bald darauf eine Zusammenkunft der Parteien in Lübeck verabredet, auf der eine endgültige Verständigung herbeigeführt werden sollte. Albrecht konnte an der Lage der Dinge nichts ändern; er beschloß, sich Waldemar zu nähern, wohl in der Absicht, wenigstens den Versuch zu machen, ihn in der Barther Sache für sich günstig zu stimmen. Die Belehnung mit Rostock konnte der Ulfinger, wenn er erst gewählt war, den Mecklenburgern nicht verweigern 11 ).
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So reiste Albrecht im Mai nach Lübeck, wo sich außer Waldemar und den Holsteinern wiederum eine stattliche Schar von Fürsten und Herren zusammenfand. Auch Ludwig von Brandenburg und der Herzog von Schleswig waren gekommen. Die Verhandlungen endeten mit einem Ausgleich, der nun doch auf der Grundlage des Februarvertrages zwischen Gerhard und Herzog Waldemar zustande gebracht wurde. Die Söhne des kahlen Gafen erhielten Schleswig, der Herzog Nordjütland. Und dieser übernahm jetzt die Verpflichtungen, die Heinrich und Klaus im Spandauer Vertrage eingegangen waren; er verlobte Waldemar seine Schwester und gab ihm jenen Teil Nordjütlands (Aalborg mit den umliegenden Bezirken) als Mitgift 12 ). Nur sein Mißtrauen gegen die Grafen, die ihm vorerst noch verdächtig blieben, und der Wunsch, sich möglichst eng an den neuen König anzuschließen, konnte ihn zu diesem Opfer veranlassen 13 ). Am 19. Mai stellte er Waldemar hierüber eine Urkunde aus. Zwei Tage später urkundeten Heinrich und Klaus über ihre Versöhnung mit dem Ulfinger und über ihre Pfandschaft Fünen, deren Besitz er ihnen bestätigt hatte. Beide Male findet sich Albrecht unter denen, die mit dem Prinzen - der hier schon als König bezeichnet wurde - das Gelöbnis, daß der Vertrag nicht gebrochen werden sollte, entgegennahmen; es waren außer ihm der Markgraf von Brandenburg, Barnim von Pommern=Stettin, Graf Ulrich von Lindow und zwei Grafen Günther von Schwarzburg 14 ). Albrecht erscheint hier im Kreise der Freunde Waldemars.
Er gehörte auch zu den Zeugen eines Freibriefes, worin der Prinz den Lübeckern u. a. die ihnen einst von seinem Vater verliehenen, vom schwedischen Könige nicht in vollem Maße anerkannten Privilegien auf den schonischen Märkten bestätigte (21. Mai, Lübeck) 15 ). Diese Urkunde aber verstieß gegen die
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Interessen von Albrechts Schwager Magnus; denn dadurch - und ebenso durch eine gleiche, den Stralsundern erteilte Bestätigung - sprach Waldemar aus, daß er nicht bereit sei, in die Trennung Schonens von Dänemark zu willigen 16 ). Nur den Bertrag, in dem Johann von Holstein sein Pfandrecht auf die Provinz dem Schwedenkönig überlassen hatte, wollte er anerkennen; das versprach er dem Grafen hier in Lübeck 17 ). Er stellte sich also auf streng rechtlichen Boden. Albrecht aber wußte so gut wie jedermann, daß Magnus damit nicht zufrieden sein würde.
In der Tat sah dieser dem Ulfinger mit Argwohn entgegen. Am 24. Juni 1340 wurde Waldemar zu Nyborg gewählt 18 ). Und am 28. bestätigte Magnus den Schoningern ihre alten Freiheiten und ließ sich von ihnen die Huldigung, die sie ihm 1332 geleistet hatten, erneuern 19 ). Damit gab er seine Stellung vor aller Welt zu erkennen. Ein Konflikt zwischen ihm und Waldemar schien unvermeidlich.
Albrechts Verhältnis zu Magnus war bisher nicht
gestört worden. Im Herbste des vorigen Jahres
hatte sich seine Gattin in Begleitung einer
Gesandtschaft des Fürsten nach Schonen begeben,
um mit dem Könige über ihre Mitgift, von der
noch nichts bezahlt worden, zu verhandeln. Dort
war es dann am 18. November bei Helsingborg
unter Zustimmung der anwesenden schwedischen
Reichsräte zu einem Vertrage
20
) gekommen, wonach Magnus sich
verpflichtete, am 25. Juli 1340 2000
reinen Silb. köln. Gew. an
Albrecht zu zahlen. Außerdem verpfändete er ihm
die Märkte von Falsterbo und Skanör; und zwar
sollte er die Einkünfte mit Ausnahme des
Abfalles vom Heringe
21
) und
dessen, was zur Erhaltung der beiden Burgen auf
den Plätzen nötig sei, solange genießen, bis er
unter Hinzurechnung der 2000
im ganzen 5000
reinen Silbers köln. Gew., also
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die Hälfte der Mitgift, erhalten habe. - Einige Jahre mußten vergehen, bis Albrecht in seinen Ansprüchen befriedigt war 22 ).
Wegen dieser Interessen, die er in Schonen hatte,
konnte ihm ein Kampf um die Provinz nur sehr
unwillkommen sein. Wollte er sich die
Freundschaft Waldemars erhalten, so durfte er
Magnus nicht unterstützen. Trat er aber auf die
Seite des Dänenkönigs, so wurden ihm die
Einkünfte aus den Märkten gesperrt, ja,
vielleicht schon die am 25. Juli fälligen 2000
, wenn er gezwungen wurde, vorher
Partei zu ergreifen; denn Magnus hätte sich
gehütet, die Kasse seines Gegners zu füllen.
Wollte er einen Mittelweg gehen, nur das
Lehnsaufgebot für Rostock stellen, sonst jedoch
neutral bleiben, so konnte er vielleicht einem
Konflikte mit Magnus ausweichen; aber Waldemar
hätte die Sendung der fünfzig Mann als eine
selbstverständliche Leistung angesehen und nicht
eben hoch angerechnet.
So peinlich war Albrechts Lage. Er schwankte, zu welcher Partei er sich halten solle. Dann entschied er sich für Magnus. Zu Anfang des Julis trat er für eine jährliche Hebung von
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200
reinen Silb. köln. Gew. in den
Dienst des Königs
23
). -Im
November aber schloß er sich an Waldemar an. Er
verpflichtete sich ihm zu bewaffneter Hilfe und
versprach, die mecklenburgischen Häfen dem
Könige offen zu halten, dessen Gegnern aber zu
verschließen
24
). Würden ihm hieraus
irgendwelche Verluste oder Gefahren erwachsen,
so wollte Waldemar nach Kräften für ihn
eintreten (17. November)
24
). Dieser Vertrag kam
bei Wordingborg zustande, und wenn Albrecht
selber anwesend war, so müßte er spätestens
damals mit Rostock belehnt sein
25
). - Das Bündnis galt
gegen alle Feinde des Königs ohne Ausnahme,
jedoch läßt sich schlechterdings nicht
beurteilen, ob es besonders gegen Magnus
gerichtet sein sollte. Es ist nicht
unwahrscheinlich, daß Waldemar zu dieser Zeit
schon entschlossen war, sich gütlich mit dem
Folkunger zu einigen oder vielmehr ihn
hinzuhalten. Denn sieben Wochen später stand er
Schonen mit Blekingen, Lister und der Insel Hven
für immer an Schweden ab und verkaufte dem
Könige die Lehnshoheit über Südhalland und die
beiden dazu gehörigen schonischen Harden Berge
und Nörre=Åsbo, doch zögerte er, hierüber
besiegelte Urkunden auszuliefern
26
). Wie er nun Magnus
auf solche Weise vorerst beschwichtigte, so
könnte er Albrecht schon vor dem Abschlusse des
Bündnisses erklärt haben, er sei bereit, in der
schonischen Frage nachzugeben. Dann hätte der
Fürst annehmen müssen, daß der einzige Streit,
der die beiden Könige trennte, ausgeglichen
werden, daß es zwischen ihnen nicht zum Kriege
kommen würde
27
).
* *
*
Wenn irgend einer, so war Waldemar fähig, Dänemark aus dem Zerfalle zu retten. Kühn und ehrgeizig, zäh und berechnend, grausam und herrisch, eine ebenso heimtückische wie tatkräftige Natur, wollte er das Reich von den Fremden be=
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freien, die seit dem 13. Jahrhundert mächtig emporgekommenen Stände zurückdrängen und eine starke monarchische Gewalt aufrichten. Er gab die Hoffnung nicht auf, Schonen einst, wenn er mächtiger geworden war, wiederzugewinnen; vorerst aber schien es ihm leichter, sich zum Herrn Jütlands und der Inseln zu machen. Und alsbald suchte er auf Seeland festen Fuß zu fassen 28 ). Zugleich ging er gegen die Seeräuber und Straßenräuber vor, die Handel und Wandel störten. Er verbündete sich mit Johann von Holstein, den wendischen Städten (15. Juli 1341) und dem Herzoge von Schleswig. Die Piraten aber waren zum großen Teile Vasallen der Rendsburger Grafen, und diese fühlten sich durch den Angriff auf ihre Mannen selber bedroht. In der Tat scheint es, daß die Bündnisse Waldemars nur in erster Linie gegen die Räuber gerichtet waren; es offenbarte sich in ihnen zugleich eine politische Verbindung, die Heinrich und Klaus gefährlich dünkte. Graf Johann und der Herzog von Schleswig fürchteten noch immer die starke Stellung der Söhne Gerhards. Und die Städte wünschten wohl lebhaft die Vernichtung der Piraten, aber sie wünschten auch, daß Waldemars Macht wüchse, daß er ihnen eine Stütze sei, nicht nur gegen Holstein, sondern auch gegen König Magnus, der wenig für sie übrig hatte 29 ). Nicht mit Unrecht wandten sich die beiden Grafen zum Angriff. Jedoch wurde am 1. September ein Waffenstillstand geschlossen und ein Schiedsgericht eingesetzt 30 )
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Trotz seinem Bündnisse mit Waldemar nahm Albrecht an diesen Kämpfen nicht teil 31 ). Er hatte erwartet, daß der König ihm in der Barther Sache willfahren würde. Zwar stand Waldemar - wie sich im späteren Verlaufe der Angelegenheit zeigte - auf Seiten der Wolgaster Herzöge und hegte vermutlich die oben hervorgehobenen Bedenken gegen eine Teilung Rügens, aber er wird dies nicht offen ausgesprochen haben. Wahrscheinlich hatte er Albrecht vertröstet, ihm Hoffnung gelassen, wenn nicht etwa gar - ebenso wie dem Schwedenkönige in Beziehung auf Schonen - ein bestimmtes Versprechen gegeben, durch das er ihn hinhalten wollte. Sonst wäre es wenigstens schwer zu begreifen, daß der Fürst im November des vorigen Jahres so entschieden für ihn Partei genommen hatte. Inzwischen aber war Barth verfallen und demnach keine Belehnung der Mecklenburger mit dem Ländchen durch Waldemar erfolgt. Es ist wohl möglich, daß die Freundschaft zwischen Albrecht und dem Könige hierunter gelitten hatte.
Zu Anfang des nächsten Jahres (1342) unternahm der Fürst im Auftrage des Schwedenkönigs eine Reise an den Hof Ludwigs des Bayern, und zwar wegen einer geplanten Ehe. Augenscheinlich handelte es sich um die Verlobung Erichs, des ältesten Sohnes des Schwedenkönigs, mit einer wittelsbachischen Prinzessin 32 ). Magnus wünschte eine solche Verbindung aus einem ganz bestimmten Grunde. Er zürnte nämlich Waldemar Atterdag, weil dieser die Abtretung Schonens immer noch nicht beglaubigen wollte, und begriff, daß er getäuscht sei, daß es früher oder später doch zum Kampfe um die Provinz kommen müsse. Er wollte deshalb in ein ähnliches Verhältnis zu den Wittelsbachern treten, wie es zwischen diesen und Waldemar bestand, und sie dadurch zum mindesten zur Neutralität veranlassen 33 ). Daß Albrecht eine derartige Mission übernahm, beleuchtet deutlich seine Stellung zu Magnus.
Der Kaiser und der Markgraf von Brandenburg hatten ihm freies Geleit erteilt. Er reiste über Erfurt, wo er zwei Tage verweilte und ehrenvoll vom Rate bewirtet wurde. Sein Geleitsmann, Graf Günther von Schwarzburg, blieb hier in der Stadt
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zurück. Als Albrecht dann weiter durch Thüringen zog, wurde er samt seinem Gefolge von einem Vetter des Schwarzburgers, dem Grafen Günther von Schwarzburg zu Arnstadt - dem späteren Gegenkönige - aufgehoben und nach dessen Feste Blankenburg, später nach Ranis 34 ) gebracht. Durch diese Gewalttat glaubte der Graf die Zahlung einer gewissen Geldsumme, die er noch vom Vater des Fürsten zu fordern hatte, am besten erreichen zu können. Wahrscheinlich hatte er schon im Mai 1340 mit Albrecht, als er ihm zu Lübeck begegnete, über diese Schuld verhandelt. Der Kanzler des Fürsten (Barthold Rode) war unter den Gefangenen, doch wurde er in Freiheit gesetzt, und begab sich eilends zum Kaiser, um Beschwerde zu erheben. Auch schrieb der Herzog Rudolf von Sachsen an Ludwig und verwandte sich für seinen Neffen. Endlich forderte Graf Günther, der Geleitsmann Albrechts, seinen Vetter wegen Bruch des kaiserlichen Geleites vor das Reich. Darauf wählten der Kaiser, der Markgraf und der Arnstädter den Erzbischof Heinrich von Mainz zum Schiedsrichter 35 ). Und dieser erklärte am 25. Mai zu Nürnberg, der Graf solle seine Aussage, es sei ihm unbekannt gewesen, daß Albrecht im Geleite des Kaisers und des Markgrafen reiste, beschwören. Auch solle er allen Forderungen entsagen, ebenso Albrecht und die Wittelsbacher jedem Anspruche auf Schadensersatz, den sie wegen der Gefangenschaft stellen könnten. - Wie es scheint, war der Fürst mit einigen seiner Leute schon vorher auf Ehrenwort aus der Haft entlassen worden. Er reiste weiter, wurde in Nürnberg neu ausgerüstet und soll in Kärnten eine günstige Antwort vom Kaiser empfangen haben 36 ).
Natürlich kam die Rede auch auf die Zwistigkeiten im Norden. Dort hatte die Einsetzung des Schiedsgerichtes nicht zum Frieden geführt, doch war wenigstens der Waffenstillstand bis zum 19. Mai 1342 verlängert worden 37 ). Noch vor diesem Tage hatte sich der Lübecker Rat beim Kaiser und dessen Sohne
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über die Gewalttaten der Holsteiner beklagt 38 ). Die Wittelsbacher standen zu der Stadt im besten Einvernehmen und waren ihr dankbar dafür, daß sie so tapfer für den Dänenkönig Partei ergriff 39 ). Sie sandten bewaffnete Hilfe 40 ) und suchten nun auch Albrecht für Lübeck zu gewinnen. Er ließ sich von ihnen bereit finden 41 ). - Als er schon fort war, trafen neue Briefe aus Lübeck ein. Inzwischen war der Stillstand abgelaufen und der Krieg in vollem Gange. Lübeck hatte sich mit Hamburg zusammengetan und am 17. Februar mit dem Grafen Johann ein Bündnis geschlossen 42 ). Die übrigen wendischen Städte hielten sich jedoch augenscheinlich zurück. Lübeck war deswegen höchst beunruhigt Abermals bat der Rat die Wittelsbacher um Hilfe und ersuchte sie, sich bei den Seestädten zu Lübecks und König Waldemars Gunsten ins Mittel zu legen. Zugleich erkundigte er sich über ihre Stellung zu Albrecht, den der Rat aufs neue zum Schutzherrn erwählen wollte. Kaiser Ludwig und der Markgraf erwiderten am 1. August von München aus, sie hätten volles Vertrauen zu dem Mecklenburger, der in bester Freundschaft von ihnen geschieden sei. Gemäß dem Wunsche des Rates habe man ihn jetzt noch einmal durch Briefe gemahnt. Ebenso seien an die Städte Schreiben ergangen. Endlich wurde die Sendung von Truppen in Aussicht gestellt 43 ).
Noch bevor diese Antwortschreiben Lübeck erreichen konnten, begann der Rat mit Albrecht zu verhandeln. Am 11. August
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übernahmen die beiden mecklenburgischen Fürsten
aufs neue für drei Jahre die Schirmvogtei über
die Stadt gegen eine jährliche Entschädigung von
200
reinen Silbers
44
).
Albrecht versprach, fünfzig Berittene zu stellen
45
). Einige Wochen früher
aber war König Magnus auf die Seite der
Holsteiner getreten
46
); er hatte sich mit den
Lübeckern überworfen
47
) und
wollte Waldemar zum endgültigen Verzicht auf
Schonen zwingen
48
). Etwas später wechselte Johann
von Holstein die Partei
49
). Auf der
anderen Seite nahmen nun doch alle großen
wendischen Städte am Kriege teil
50
). Albrecht
verfolgte keine politischen Ziele in dieser
Fehde. Es war ihm im Grunde sehr lästig, daß er
als Schutzherr Lübecks zugleich Gegner seines
Schwagers geworden war; allerdings
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fochten die mecklenburgischen Truppen wahrscheinlich nur gegen die Holsteiner, die den Lübeckern bei Segeberg Schaden taten und hernach - schon zum zweiten Male - vor Lübeck erschienen 51 ). Der Fürst wünschte, daß es möglichst bald zum Frieden käme und wirkte selber hierauf hin. Auch Lübeck wurde des Krieges müde, zumal da die Truppen, die im Auftrage des Kaisers und des Markgrafen Ende August an der Trave anlangten, der Stadt viele Kosten machten, aber nur wenig ausrichteten 52 ). Am 30. September schrieb Albrecht den Lübecker Ratsherren, daß er getreulich und nach Möglichkeit für sie wirken wolle, wenn sie seiner bei ihren Verhandlungen bedürften 53 ). Offenbar fanden schon solche statt, und vierzehn Tage darauf, am 13. Oktober, kam es in Lübeck zu einem Vertrage, wonach Albrecht und Graf Günther von Schwarzburg, einer der Führer des markgräflichen Hilfsheeres, den Zwist zwischen dem Schwedenkönige und den Städten Lübeck, Hamburg, Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald entscheiden sollten (13. Oktober) 54 ). Zugleich wurden die Streitigkeiten König Waldemars und der Städte mit den drei Grafen von Holstein der Entscheidung der in Lübeck anwesenden kaiserlichen und markgräflichen Räte anheimgegeben (13. Oktober Lübeck) 55 ). Beide Schiedsgerichte sollten am 6. Dezember in Rostock tagen und ebendort sollten am 6. Januar die Sprüche gefällt werden. - Auch zwischen Waldemar Atterdag und Magnus kam es zu einem Waffenstillstande 56 ).
Ob am 6. Dezember in Rostock verhandelt wurde, wissen wir nicht 57 ). Ebenso ist unbekannt, ob Albrecht und Graf Günther
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eine Entscheidung trafen
58
). Jedenfalls wurde durch
sie (kein Friede der Städte mit Magnus
herbeigeführt. Zwar brach der Krieg zwischen
diesen nicht wieder aus
59
), doch blieb ihr Verhältnis
zueinander gespannt. Es ist hierfür bezeichnend,
daß Graf Heinrich von Schwerin und seine Neffen
Otto und Nikolaus sich am 28. Juni 1343 in den
Dienst des Schwedenkönigs begaben
60
). Sie erhielten dafür zwar -
ebenso wie früher Albrecht - eine jährliche
Hebung von 200
reinen Silbers köln. Gew.
zugesichert
61
), aber sie hatten noch einen
anderen Grund für ihren Entschluß. Sie zürnten
nämlich dem Mecklenburger, weil dieser mit ihrem
Vetter und Oheim Nikolaus II. am 7. März einen
Erbvertrag abgeschlossen hatte, durch den die
Grafen geschädigt wurden
62
). So hofften sie an
Magnus, der sie
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wie seine Vasallen in ihren Rechten zu verteidigen versprach 63 ), eine Stütze zu finden. Und wenn der Kampf zwischen den Städten und dem Könige erneuert wurde, dann wollten sie offenbar im Bunde mit Schweden gegen Albrecht vorgehen, der ja als Schutzherr Lübecks wieder an der Fehde hätte teilnehmen müssen. Für den Fürsten wäre dies um so gefährlicher gewesen, als er inzwischen zu einem Kriege gekommen war, den er gemeinsam mit den Herren von Werle um die rügischen Pfandschaften gegen die Herzöge von Pommern=Wolgast führte 64 ). So unternahm er es von neuem, Frieden zwischen den Städten und seinem Schwager zu stiften. Er reiste selber nach Helsingborg, wo Magnus sich am 17. Juli 1343 endlich mit den Städten aussöhnte 65 ).
Auch daß Schiedsgericht, durch das der Streit zwischen Waldemar Atterdag, den Städten und den Holsteinern hatte beigelegt werden sollen, war gescheitert. Obwohl eigentlich die Waffen ruhen sollten, hatte Lübeck, mit Hamburg verbündet, sich wieder gegen allerlei Raubanfälle der Holsteiner und deren Vasallen zu wehren 66 ). Albrecht sah sich deshalb genötigt, für die Stadt einzutreten. Vor Gadebusch machte der holsteinische Ritter Klaus von Wedel mecklenburgische Gefangene 67 ). Erst am 26. September 1343 schlossen einige Vasallen Albrechts in seinem Namen mit den Grafen Johann und Nikolaus auf dem Priwalk einen Vergleich, wonach die Fürsten Johann und Nikolaus von Werle=Goldberg zwischen Albrecht und allen Holsteiner Grafen entscheiden sollten 68 ). Diesem Vertrage mag dann der Friede gefolgt sein.
Zwischen König Magnus und Waldemar Atterdag kam es am 18. November zu einer Einigung, wonach Waldemar Schonen nunmehr mit ganz Halland, Lister, Blekingen und Hven an die schwedische Krone verkaufte 69 ).
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Das gute Verhältnis Albrechts zu Magnus war wieder hergestellt. Eine eigentlich feindselige Haltung hatte der König ihm gegenüber nicht angenommen; dies zeigt sich darin, daß seine Bevollmächtigten den Fürsten im Oktober - 1342 zum Schiedsrichter ausersahen 70 ). Die Freundschaft Albrechts mit Waldemar dagegen hatte durch die Enttäuschung in der Barther Sache einen Riß erhalten, der fürs erste nicht geheilt werden sollte.
4.
Das Nachspiel des rügischen Erbfolgekrieges ( - 1346).
Am 6. Dezember 1340 war die Pfandschaft Barth verfallen. Ebenso Tribsees, das Johann III. von Werle=Goldberg in seiner Hand hatte, und Grimmen, das sich int Besitze Nikolaus' III. und seines minderjährigen Bruders Bernhard II. befand, die 1337 auf Johann II. von Werle=Güstrow gefolgt waren. Albrecht und die Werler hatten nunmehr das gute Recht, die Pfandschaften als dauerndes Eigentum in Anspruch zu nehmen, doch war nicht zu erwarten, daß dies ohne Widerstand von Pommern=Wolgaster Seite geschehen könne. Solche Erwägungen vielleicht hatten Albrecht schon vor Jahren veranlaßt, die Freundschaft Nikolaus' III. von Güstrow zu suchen; im Januar 1338, auf jenem Kongresse zu Lübeck, hatte er seine Schwester Agnes mit dem Fürsten verlobt 1 ). Doch wünschte Albrecht nicht etwa, einen Krieg mit Pommern vom Zaune zu brechen; er beabsichtigte nur, den alten Zustand zu erhalten, er und die Werler waren ja tatsächlich im Besitze der Lande. Eben dieser Zustand aber war für die drei jungen Herzöge Bogislav V., Barnim IV. und Wartislav V. von Wolgast unerträglich. Sie wollten nicht ruhig mit ansehen, daß ihnen ein beträchtlicher und nicht der schlechteste Teil ihrer Lande auf immer verloren ging 2 ). Da geschah es im Herbst 1342, noch im vollen Frieden, daß Grimmen dem pommerschen Marschall Wedego Bugenhagen
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in die Hände gespielt wurde 3 ). Alsbald schloß sich Albrecht mit den Werlern zusammen. Am 9. Dezember vereinbarte er in Rostock mit den Fürsten von Güstrow, am 22. Januar 1343, wieder in Rostock, mit Johann von Goldberg und dessen Sohne Nikolaus IV. ein Bündnis 4 ).
Bald darauf wird es zum Kampf gekommen sein, doch blieb Grimmen noch bis zum Ende des Sommers in der Hand der Wolgaster. Im Juli 1343 unterbrach Albrecht den Krieg durch eine Reise nach Schonen, war er doch zugegen, als König Magnus am 17. des Monats in Helsingborg mit den Städten Frieden schloß 5 ). Anfang August findet er sich wieder in Mecklenburg 6 ). Im Monat darauf, am 20. September, gelang es ihm, das hartnäckig und von starker Mannschaft verteidigte Grimmen zu erstürmen. Die Besatzungstruppen wurden teils niedergehauen, teils gefangen; nur wenige entkamen. Den Ratsherrn Johann Rike, der die Stadt den Pommern überliefert hatte, ließ Albrecht öffentlich verbrennen; durch diese grausame Strafe gedachte er die Bewohner von Grimmen und auch wohl von Barth und Tribsees auf immer vom Verrate abzuschrecken. Grimmen gab er dem Fürsten Nikolaus III. zurück. Wedego Bugenhagen selber war in Gefangenschaft geraten; er wurde nach Ribnitz geführt, doch glückte es ihm, "über die Mauer" zu entspringen 7 ).
Dann vermittelten die Städte Stralsund und Greifswald einen allgemeinen Waffenstillstand, der bereits vor dem 26. Oktober geschlossen wurde und wahrscheinlich bis zum 11. April
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1344 gelten sollte. Und es scheint, daß die streitenden Parteien, wenigstens die Güstrower Fürsten und die Wolgaster, einer Aussöhnung nahe waren; denn noch im Jahre 1343 verlobte sich Barnim IV. mit Sophie von Werle, wohl einer Schwester Nikolaus' III. und Bernhards 8 ). Am 19. März 1344 wurde in Gnoien der Waffenstillstand bis zum 24. Juni 1345 verlängert 9 ). Aber zwei Monate später schwand wieder die Aussicht auf Frieden, da Albrecht und die Werler durch den Bischof Heinrich von Schwerin einen neuen, wenn auch zweifelhaften Rechtstitel auf die drei Lande erhielten. -
Das Bistum Schwerin nämlich erhob Anspruch auf das Land Tribsees (Festland Rügen), und zwar gründete sich diese Forderung auf eine angebliche Schenkung Herzog Heinrichs des Löwen, des Stifters der Schweriner Kirche, eine Schenkung, die von Kaiser Friedrich II. bestätigt sein sollte 10 ). Daß sie in Wahrheit nicht stattgefunden hatte, sondern eine Urkundenfälschung vorlag, steht um so eher außer Zweifel, als Heinrich tatsächlich niemals über einen Teil Rügens oder Pommerns geherrscht hatte, wie denn alle späteren sächsischen Ansprüche auf
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rügische oder pommersche Lande haltlos waren 11 ). Es hatte der Herzogin Helene und ihren Söhnen Johann und Albrecht nichts gekostet, daß sie 1261 zugunsten des Bistums Schwerin auf die Oberhoheit über das Land Tribsees verzichteten 12 ). Immerhin hatte Fürst Wizlav II. von Rügen 1293 seinen festländischen Besitz als Schweriner Stiftslehn anerkannt 13 ). Dann aber hatte sein Sohn am 14. Oktober 1304 dem Könige Erich Menved für Insel und Festland den Vasalleneid geleistet und sich so der dänischen Lehnsherrschaft wieder unterworfen 14 ). Nachdem zwei Jahrzehnte später das Geschlecht der Fürsten von Rügen erloschen war (1325), hatte der Bischof Johannes dem Könige Christoph von Dänemark, Wartislav IV. von Wolgast, dem Nachfolger des letzten Fürsten, und den Stralsunder Ratstherren vor Zeugen erklärt, daß er das Land Tribsees als heimgefallenes Lehn in Anspruch nehme 15 ). Und als König Christoph ganz Rügen den Fürsten von Mecklenburg und Werle verliehen hatte (6. August 1326), war Johann diesen gegenüber erbötig gewesen, das Recht des Bistums aus seinem Archive zu beweisen 16 ). So
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war es kein Wunder, daß er ihnen das Präsentationsrecht der Pfarren von Barth und Stralsund, wo sie kraft landesherrlichen Patronats zwei Geistliche aufgestellt hatten, prompt bestritt 17 ). Auf dem Wege des kanonischen Prozesses suchte man sich auseinanderzusetzen, und noch nach dem Brudersdorfer Frieden, als Barth an Mecklenburg verpfändet war, dauerte der Streit wegen der Pfarre dort.
Unterdessen hatte der Bischof einen weiteren Prozeß angestrengt, der den Besitz des Landes Tribsees betraf. Dieser Rechtskampf wurde von den Nachfolgern Johanns, den Bischöfen Ludolf von Bülow und dessen Bruder Heinrich, weitergeführt 18 ). Nachdem er sich durch mehr als anderthalb Jahrzehnte hingezogen, hatte Heinrich Ende 1343 oder Anfang 1344 die Absicht gehabt, den Streit dreißig Jahre zu vertagen, und war auch schon mit der Stadt Stralsund, die "gleichsam das Haupt des Landes Tribsees" bildete und sich dem Krummstab durchaus nicht unterwerfen wollte, deswegen in Verbindung getreten. Hierbei war er aber auf den Widerstand seines Domkapitels gestoßen, das von dem Plane des Bischofs gar nicht vorher in Kenntnis gesetzt war und nun seinen Einspruch nachdrücklich zu Protokoll nehmen ließ (30. Januar 1344) 19 ). Wenige Monate später entschloß sich Heinrich, seine Interessen mit denen der Fürsten von Mecklenburg und Werle zu verknüpfen, derselben Fürsten, über die sich sein Vorgänger Ludolf noch bitter beim Papste Benedikt XII. beklagt hatte, weil sie in ihren Pfandschaften, "gestützt auf ihre Laienmacht", alle Rechte ausübten, die eigentlich dem Bistume zuständen 20 ). Am 21. Mai, neun Wochen, nachdem sie ihren Waffenstillstand mit den Wolgastern verlängert hatten, trafen Albrecht, Johann III. und Nikolaus III. von Werle mit Bischof Heinrich und zwei Vertretern des Domkapitels bei Eikhof zusammen. Hier erhielten Albrecht und mit ihm sein Bruder Land und Stadt Barth, der Güstrower Fürst und dessen Bruder Grimmen, endlich Johann von Goldberg und sein Sohn Stadt und Land Tribsees vom Bischofe unter Zustimmung des Kapitels zu Lehn. Sie verpflichteten sich dafür, die Schweriner Kirche in
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ihren Rechten und Besitzungen zu schützen und gegen jedermann zu verteidigen, vor allem gegen die Herzöge von Wolgast und die Stadt Stralsund, deren Zorn durch den neuesten Schachzug der Schweriner Politik erregt werden mußte; mit ihnen sollten sich die Fürsten nicht unter Ausschließung des Bistums verständigen. Stralsund selbst behielt Heinrich seiner Kirche vor, und wohlweislich wurde jetzt hervorgehoben, daß die Lehen zurückfallen sollten, wenn die Fürstenhäuser in männlicher Linie ausstürben 21 ).
Ob Albrecht die Ansprüche des Bistums für gut oder schlecht begründet hielt, mag dahingestellt bleiben. Allzu schwer wog ihm die Lehnsherrschaft, der er sich unterworfen hatte, nicht, und bald genug sollte er sie verleugnen, als habe er sie niemals anerkannt. Für jetzt schien die Belehnung wenigstens über eine rechtliche Schwierigkeit hinwegzuhelfen, die ihm und seinen Verbündeten bei der Behauptung der drei Gebiete als Eigentum hinderlich war. Sie mußten sich entweder der Schweriner Oberhoheit unterwerfen oder die dänische nachsuchen. Von Waldemar Atterdag war jedoch nichts zu erwarten. Auch seine Interessen wurden durch das Abkommen von Eikhof bedroht. Sie zu verteidigen überließ er freilich zunächst den Wolgastern, weil er mit der Aufrichtung seiner Königsmacht im Norden beschäftigt war.
Bis zum 24. Juni 1345 währte noch der Waffenstillstand. Inzwischen galt es, sich für den Krieg zu rüsten. Am 21. März 1345 schlossen Nikolaus und Bernhard von Güstrow in Spandau ein Bündnis mit Markgraf Ludwig von Brandenburg 22 ). Albrecht gelang es, Barnim von Pommern=Stettin auf seine Seite zuu bringen; am 10. Mai verband er sich mit ihm zu Ückermünde. Wenn Barnim im rügischen Streite einen Ausweg finden könnte, so sollten die Mecklenburger ihn gewähren lassen 23 ). So hatten Albrecht und die Werler sich wohl vorbereitet.
Ein halbes Jahr lang etwa währte der Kampf. Am 20. Januar 1346 kamen Albrecht, sein Bruder und die Fürsten von Güstrow mit den Herzögen von Wolgast zu Treptow a. d. T. überein, den Streit der Entscheidung des Herzogs Rudolf von Sachsen=Wittenberg und des Bischofs von Kammin anheimzu=
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geben, die spätestens Michaelis gefällt werden sollte; bis dahin sollten die Waffen ruhen. Johann von Goldberg und seinem Sohne wurde es freigestellt, dem Vertrage beizutreten; vom Bischofe von Schwerin, ohne den die Fürsten doch eigentlich nicht abschließen durften, war schon gar nicht mehr die Rede 24 ). Ein Schiedsspruch freilich erfolgte nicht. Der Termin wurde zunächst ein Jahr, dann ein weiteres Jahr hinausgeschoben 25 ).
Mecklenburger und Werler blieben vorläufig im
Besitze der drei Gebiete. Aber als Albrecht im
Februar 1346 das Kloster Neuenkamp im Lande
Barth für 900
Sund. in seinen Schutz nahm und
auf drei Jahre von allen Lasten befreite, da zog
er die Möglichkeit in Berechnung, daß Barth
inzwischen zurückgekauft werden könnte
26
). Nur durch die
Ereignisse, die im Reiche vor sich gingen und
die ihren Schatten auch auf Mecklenburg und
Pommern warfen, durch den beginnenden Kampf
zwischen Wittelsbach und Luxemburg, ist es zu
erklären, daß der rügische Streit vorläufig
beiseite gelassen wurde, daß Albrecht sogar eine
Zeitlang daran dachte, Barth wieder herauszugeben.
5.
Albrecht und der
wittelsbachisch=luxemburgische
Krieg.
Die Schweriner Erbverträge.
Für alle am rügischen Kriege beteiligten Fürsten war der Bruch zwischen dem bayrischen und dem luxemburgischen Hause, mittelbar oder unmittelbar, von Bedeutung. Albrecht war entschlosen, sich der böhmischen Partei zuzuwenden, sobald deren Sache günstig genug stand; denn dann bot sich ihm Gelegenheit, die Spuren seines Vaters in der Mark zu verfolgen. Er wußte, was durch die Verträge an der Daber und bei Gaudenitz 27 ), zu denen Fürst Heinrich sich hatte bequemen müssen, seinem Hause verloren gegangen war. Als Erbe Heinrichs war er ein natürlicher Feind bayrischen Königtums und bayrischer Herrschaft in der Mark, die der Losreißung Stargards von der brandenburgischen Oberhoheit unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg
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legten. 1345 entbrannte der offene Krieg im Reiche 1 ). Noch hatte sich Albrecht nicht für die Böhmen erklärt. Auch wenn ihn der rügische Streit damals nicht beschäftigt hätte, würde ihm die ungeschwächte Stellung des bayrischen Hauses verboten haben, gegen die höchste deutsche Gewalt die Waffen zu ergreifen. Ein Krieg gegen die Mark aber im Bunde mit Böhmen war unmöglich, wenn er sich nicht zugleich gegen den Kaiser richtete.
* *
*
In dieser Zeit, kurz vor dem Ablaufe des Waffenstillstandes mit den Wolgastern, verhandelte Albrecht über einen Vertrag mit dem Grafen Nikolaus II. von Schwerin. Nikolaus hatte 1326 in drückender Geldnot seine Besitzungen Boizenburg und Crivitz mit dem Lande Sillesen dem Grafen Heinrich III. von Schwerin, demselben, der bei der mecklenburgischen Vormundschaft eine Rolle gespielt hatte, auf zehn Jahre zur Verwaltung gegeben. Außerdem hatte er ihm die Erbhuldigung zugestanden 2 ). Nach Ablauf der zehn Jahre blieben jedoch die Gebiete in Heinrichs Hand, und Nikolaus mochte fürchten, daß er sie niemals zurückerhalten würde. Die Lage hatte Albrecht sich zunutze gemacht. Er hatte schon am 7. März 1343 einen Vertrag mit Nikolaus abgeschlossen, worin dieser den beiden mecklenburgischen Fürsten das Erbfolgerecht auf Crivitz und Boizenburg und alles, was ihm sonst innerhalb und außerhalb der Grafschaft Schwerin zufallen könnte, erteilte 3 ). In diesem Vertrage kam der Wunsch des aus Niklots Stamme entsprossenen Fürsten, altes wendisches Land zurückzuerwerben, zum Ausdrucke 4 ). Albrecht hatte die Interessen des Grafen zu seinen eigenen gemacht; er war bereit, Nikolaus in seinen Rechten zu schützen. Allerdings hatte der Erbvertrag nur zum Teil Gültigkeit, da ja der Anfall von Boizenburg und Crivitz schon früher dem Grafen Heinrich zugestanden war.
Im Herbste des folgenden Jahres aber starb Heinrich III. Damit erlosch seine Erbverbrüderung mit Nikolaus II., und die zwischen diesem und den Mecklenburgern vereinbarte erlangte
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in vollem Umfange Rechtskraft. Heinrichs Lande Schwerin, Marnitz und Neustadt fielen Graf Otto von Wittenburg zu, einem Neffen des Verstorbenen, der dafür Wittenburg an seinen Oheim Nikolaus II. abtrat 5 ); dieser erhielt nun auch Boizenburg und Crivitz zurück. Und jetzt erfüllte Nikolaus sein Albrecht und Johann gegebenes Versprechen. Am 2. Juni 1345 erneuerte er den mecklenburgischen Fürsten das Erbrecht auf Crivitz und Boizenburg und dehnte es auf Wittenburg aus; als Gegenleistung sicherten sie ihm für den Fall, daß sie ohne Erben stürben, Grevesmühlen zu 6 ). Ende Juni ging die Eventualhuldigung von Land und Stadt Crivitz sowie die Bestätigung der Privilegien vor sich. Am 1. Juli erkannten Albrecht und Johann die Freiheiten der Stadt Wittenburg an und erteilten den Mannen des Landes eine Handfeste über ihre Rechte 7 ). - Es war die Zeit, wo gerade ein Vorstoß der Böhmen in die Niederlausitz einsetzte; doch wurde am 11. August ein dreimonatiger Waffenstillstand abgeschlossen 8 ).
Natürlich unterrichtete Albrecht sich genau über die politischen Strömungen und Gegenströmungen im Reiche. Sein Onkel, der Herzog Rudolf von Sachsen, der den beiden mecklenburgischen Fürsten in den Jahren ihrer Unmündigkeit seine Fürsorge bewiesen hatte, war eines der eifrigsten Mitglieder der luxemburgischen Partei. Rudolf übernahm die Vermittlung zwischen seinen Neffen und den Böhmen, und es war kein Zufall, daß Albrecht im April 1346 bei einem Turnier in Lübeck mit dem Sohne des Sachsenherzogs zusammentraf 9 ). Alles drängte damals schon auf die Königswahl Karls von Mähren, des Sohnes Johanns von Böhmen, hin. Am 11. Juli fand sie statt. Albrechts Bruder wohnte ihr bei 10 ), und er findet sich auch hernach in der Begleitung des neuen Königs. Er focht bei Crecy (25. August) an seiner Seite und verdiente sich hier den Ritterschlag 11 ). Ein Jahr darauf weilte er in Prag, als Karl sich zum
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böhmischen König krönen ließ 12 ). Johann war also der Träger von Unterhandlungen. Doch scheint es, daß man sich auf mecklenburgischer Seite den Rückzug noch offen halten wollte. Es war ja nicht abzusehen, wie der Kampf zwischen der wittelsbachischen und der luxemburgischen Partei ausfallen würde. Da kam, als die böhmischen Truppen zu Taus standen, um den Krieg gegen Bayern zu eröffnen, die sehr willkommene Kunde, Kaiser Ludwig sei gestorben. Johann, der sich noch immer im böhmischen Lager aufhielt, wußte sich mit dem Bruder einig, wenn er jetzt die letzten Bedenken fallen ließ. Am 16. Oktober, fünf Tage nach dem Tode Ludwigs, erfolgte zu Taus die Verleihung Stargards und der übrigen märkischen Lehen durch Karl IV. von Reichswegen 13 ). Das war die Wendung gegen Markgraf Ludwig, der endgültige Bruch mit Wittelsbach, und kettete die mecklenburgischen Interessen an Luxemburg.
Doch war es nicht der einzige Lohn oder die einzige Bedingung für den Beistand. Schloß Albrecht sich Karl IV. an, so lag nahe, daß er etwas verlangte, was eben nur der deutsche König gewähren konnte. Er wünschte die Herzogswürde und die Reichsstandschaft für sein Haus. Am 8. Juli 1348 empfing er beides zu Prag und leistete mit seinem Bruder dem Könige in feierlicher Versammlung den Lehnseid 14 ). - Herzog Rudolf, dessen Vermittlung zu Taus und Prag in klarem Lichte erscheint 15 ), verzichtete auf die sächsische Oberhoheit. Jetzt erst wurde die Reichsstandschaft des mecklenburgischen Fürstenhauses begründet.
Das vom Reiche zu Lehn gehende Herzogtum Mecklenburg sollte umfassen: die Lande, Städte und Häuser Mecklenburg, Wismar, Gadebusch, Grevesmühlen, Bukow mit dem Buge, Eikhof (soweit er zu Mecklenburg gehörte), Sternberg, Eldenburg mit der Ture, Wesenberg mit der Lize, Barth und Damgarten
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und endlich Gnoien. Gnoien aber gehörte wie Schwaan zur Herrschaft Rostock und unterstand dänischer Oberhoheit. Rostock und Schwaan wurden offenbar nur deswegen übergangen, weil Albrecht und Karl IV. sich scheuten, Waldemar Atterdag allzu schwer zu reizen 16 ). Sie halfen sich mit einer Klausel, die deutlich genug zeigte, daß auch Rostock und Schwaan der fremden Oberherrlichkeit entzogen werden sollten und daß König Karl von der Preisgabe der Ostseeküste, wie sie einst durch Friedrich II. und Albrecht von Habsburg vollzogen war, nichts wissen wollte 17 ).
Rechnete der König aber überhaupt mit der Möglichkeit, daß Waldemar Atterdag seinem brandenburgischen Schwager zu Hilfe kommen könnte, so war es sehr klug gedacht, Mecklenburg als Bollwerk gegen den dänischen Einfall zu benutzen; denn gerade die mecklenburgischen Fürsten mußten in diesem Falle alle Macht aufbieten, um Waldemar zurückzuwerfen. Unklug war es dagegen, daß auch Barth jetzt als Reichslehn bezeichnet wurde, wobei Albrecht sich über die bischöflich Schweriner Lehnsherrschaft hinwegsetzte. Der Zwist um Barth mit den Pommern war einem Schiedsgerichte unterworfen worden, und es ist nicht ausgeschlossen, daß Rudolf von Sachsen, der ja einer der beiden Schiedsrichter war, als eifriger Freund der Mecklenburger die Entscheidung absichtlich bis zu der Prager Belehnung verzögerte. Da aber Karl die pommerschen Herzöge beider Linien bereits zu seiner Partei herübergezogen hatte, indem er sie zu gesamter Hand belehnte und dadurch die brandenburgische Anwartschaft auf das Herzogtum Stettin aufhob 18 ), durfte er den Wolgastern jetzt diesen Schlag nicht versetzen. Und es ist wahrscheinlich, daß die Belehnung der Mecklenburger mit Barth den Übergang der Herzöge von Wolgast zur gegnerischen Partei veranlaßte.
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Der eigene Vorteil hatte Albrecht zum Anschluß an Karl IV. bewogen, persönlicher Vorteil trieb die Gegner der territorialen Politik des Herzogs ins wittelsbachische Lager. Es war Graf Otto von Schwerin, der von diesen Widersachern zuerst gegen Mecklenburg auftrat. Die Erbverträge Albrechts mit Nikolaus II. hatten lebhaften Unwillen bei den übrigen Mitgliedern des Grafenhauses hervorgerufen, da deren Interessen dadurch geschädigt wurden. Von diesen Verwandten Nikolaus' II. lebten noch seine beiden Neffen, die Brüder Otto von Schwerin und Nikolaus III., der sein mütterliches Erbe, die Grafschaft Tecklenburg, angetreten hatte. Im Juni 1343, bald nach dem ersten Erbvertrage, waren beide mit dem damals noch lebenden alten Grafen Heinrich III. in den Dienst des Schwedenkönigs getreten, um von diesem gegen die Mecklenburger Schutz zu erlangen 19 ). Es war vergebens gewesen. Jetzt beschloß Otto, den Kampf gegen Albrecht aufzunehmen, während sich sein Bruder vorerst noch fernhielt.
Graf Otto tat sich mit Nikolaus von Werle=Güstrow, einem alten Anhänger der Wittelsbacher, zusammen. Im Spandauer Bündnis mit Markgraf Ludwig vom 21. März 1345 hatte Nikolaus sich vorbehalten, nicht gegen Mecklenburg zu Felde zu ziehen. Damals fesselte ihn noch der rügische Streit; jetzt wollte der Fürst solche Bestimmungen nicht mehr achten. Sein Bruder Bernhard, dem bei der Güstrower Landesteilung vom 14. Juli 1347 20 ) das Fürstentum Werle=Waren zugefallen war, beteiligte sich nicht am Kriege 21 ).
Gleich nach der Rückkehr von Prag wurden Albrecht und sein Bruder in diesen Kampf verwickelt. Schon am 22. Mai 1348 hatten sie mit dem alten Johann von Werle=Goldberg und seinem Sohne Nikolaus ein Bündnis geschlossen 22 ).
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König Karl versuchte unterdessen, sich mit Kaiser Ludwigs Sohne friedlich auseinanderzusetzen. Ohne Erfolg, die Passauer Verhandlungen scheiterten gänzlich. Da trat ein Ereignis ein, das die wittelsbachische Herrschaft in Brandenburg plötzlich in Frage stellte. Es kam die Kunde, daß der askanische Markgraf Waldemar, der in Wirklichkeit seit fast drei Jahrzehnten in der Gruft des Klosters Chorin begraben lag, nach langer Abwesenheit in sein Land zurückgekehrt sei. Der Erzbischof von Magdeburg, Herzog Rudolf von Sachsen und die Grafen von Anhalt traten für ihn ein. Der bayrischen Partei war er bald höchlichst im Wege; sie verwahrte sich gegen einen solchen Betrug. Der Verdacht der Anstiftung fiel auf diejenigen, die den angeblichen Askanier unterstützten. Neben ihnen nennt Detmar auch Albrecht von Mecklenburg 23 ). Mit Unrecht, zu den ersten Helfern des falschen Waldemar hat er nicht gehört. Erst als dieser nach Gewinnung der Altmark und Prignitz schon in der Mittelmark stand, schloß er mit ihm ein Bündnis, das am 1. September 1348 zu Kremmen in Gegenwart der Hauptvertreter der askanischen Partei von Magdeburg, Sachsen und Anhalt, sowie Barnims von Stettin und des Grafen von Barby abgeschlossen wurde 24 ). Wenig später brachte Albrecht jene Rente von 200 Stücken Geldes zur Sprache, mit der die Mecklenburger 1329 vom Markgrafen belehnt worden waren. Wahrscheinlich äußerte er den Wunsch, daß sie durch Abtretung eines Landgebietes abgelöst werden solle. Die Entscheidung hierüber wurde den askanischen Verwandten des alten Markgrafen, Rudolf von Sachsen und Albrecht von Anhalt, die Waldemar völlig unter ihrem Einfluß hatten, sowie Herzog Barnim übertragen 25 ). Sie ward in der Zeit vom 11. September 1348 bis zum 25. Januar 1349 dahin gefällt, daß das Land Fürstenberg südlich von Stargard an Mecklenburg abgetreten wurde 26 ).
So hatte sich Albrecht dem falschen Waldemar verbunden. Ob er wie die Anhalter, die ihrem Schützling hernach ein Grab in ihrer Dessauer Fürstengruft bereiteten, wirklich geglaubt hat, daß es sich um den echten Askanier handele, oder nicht, darüber wird man kein Urteil fällen dürfen. Nahe lag ja der Vergleich mit Albrechts Großvater, Heinrich dem Pilger, der nach jahr=
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zehntelanger Abwesenheit in die Heimat zurückgekehrt war. Die Aussichten, die sich dem Herzoge durch den Anschluß an Waldemar eröffneten, waren nicht zu unterschätzen. Wenn dieser anerkannt wurde und Markgraf Ludwig sein Land verlor, so konnte es geschehen, daß die einst vereitelte märkische Politik Heinrichs von Mecklenburg jetzt noch durchgeführt wurde; denn in den Bundesgenossen des angeblichen Askaniers lebte der Wunsch, mit Hilfe dieses alten und erbenlosen Mannes die Teilung der Mark zu vollziehen, die durch Ludwig den Bayern verhindert war.
Überall fiel Waldemar das brandenburgische Land zu 27 ). Spät erst zog Markgraf Ludwig von Bayern heran. Von Böhmen kam König Karl mit seinen Truppen. Das bayrische Hilfsheer, mit dem der Pfalzgraf Ruprecht und Günther von Schwarzburg in die Mark eilten, ward von Rudolf von Sachsen abgefangen und geschlagen, so daß Markgraf Ludwig sich in das feste Frankfurt werfen mußte 28 ). Vor diesem Zufluchtsorte versammelten sich die Gegner. Hier wollte Karl IV. den Gegenmarkgrafen anerkennen. Die Verantwortung für seine Echtheit überließ er einer Kommission von Fürsten und Herren, die über diese geheimnisvolle Persönlichkeit nähere Untersuchungen anstellen sollten. Der Ausfall mußte von vorneherein klar sein; denn die Mitglieder der Kommission waren in der Mehrzahl nachweislich Anhänger des falschen Waldemar. Zu ihnen gehörte Johann von Mecklenburg, der im Jahre 1319, dem Todesjahre des echten Askaniers, noch nicht geboren war, diesen also nie gekannt hatte. Die Kommission erklärte sich für den falschen Waldemar, stützte sich jedoch nur auf Nachforschungen bei "Fürsten, Herren, Rittern, Knappen und gemeinen Leuten", die den Markgrafen vormals noch gekannt hätten, und vermied es, ihre Aussage eidlich zu bekräftigen 29 ). Doch Karl IV. war befriedigt; am 2. Oktober belehnte er in seinem Lager zu Heinersdorf den angeblichen Askanier mit dem brandenburgischen Lande. Am gleichen Tage, zu Tempelberg, nicht weit von Heinersdorf, ließ er sich von ihm die Lausitz abtreten.
Bei allen diesen Vorgängen war Albrecht nicht anwesend. Herzog Johann lag ohne ihn vor Frankfurt. Er allein von den
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Mecklenburgern bezeugte die Überlassung der Lausitz an die Krone Böhmen und versprach dem Könige Beistand bei der Unterwerfung des Landes; Albrecht sollte später ein gleiches Gelübde leisten 30 ). Ihn hielt die Fehde mit Otto von Schwerin und Nikolaus von Güstrow in der Heimat zurück 31 ). Erst im folgenden Jahre (1349), als er die eigene Partei schwächer, die Gegner stärker sah, stand er im Mittelpunkte des großen Kampfes. Es war die Zeit, wo Waldemar Atterdag dem bayrischen Schwager zu Hilfe eilte.
Den König trieb nicht allein Dankbarkeit für Markgraf Ludwig, der ihm einst bei der Gewinnung der dänischen Krone gute Dienste geleistet hatte. Es war hauptsächlich sein Gegensatz zu Herzog Albrecht, der ihn veranlaßte, sich einzumischen. Schon im rügischen Kriege war die mecklenburgische Politik den Interessen des Dänen zuwidergelaufen. Jetzt sah der König seine Lehnsherrschaft über Rostock bedroht; durch einen Brief Albrechts an die Bürger von Roeskilde wollte er über die Absicht des Herzogs, sich von ihm loszusagen, unterrichtet sein 32 ). Er hatte nicht den Plan, die Tage Waldemars des Siegers und Erich Menveds wieder heraufzuführen; solche Absichten lagen ihm, der sich noch nicht einmal in den Besitz von ganz Dänemark gesetzt hatte, fern. Und wenn er sie später gehegt hat, so wurde ihm doch niemals die Möglichkeit geboten, sie durchzuführen. Für jetzt wollte er nur erhalten, was er besaß.
Für seine Oberhoheit über Rügen hatte der König kaum zu fürchten gehabt. Der Anschluß der Wolgaster an Karl IV. kann nur von kurzer Dauer gewesen sein. Schon im Juli 1348, vierzehn Tage, nachdem die Mecklenburger zu Prag mit Barth belehnt worden waren, rechnete Waldemar neben Nikolaus von Güstrow auch Barnim IV. von Wolgast zu seinen Freunden 33 ); das Wolgaster Haus hatte sich dem Könige und der wittelsbachischen Partei genähert. - In demselben Jahre brachte Waldemar die Burg Stege aus Möen und damit wohl zugleich die
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ganze Insel an sich 34 ), die sich mit der Feste in mecklenburgischem Pfandbesitz befand; wahrscheinlich durch Gewalt, es ist nicht anzunehmen, daß er die Lösungssumme bezahlte. Die Besetzung von Stege mag die erste kriegerische Handlung gewesen sein. Zum ersten Male sollten sich jetzt König Waldemar und Herzog Albrecht, deren Feindschaft und Freundschaft später für die nordische Geschichte bedeutungsvoll wurde, mit den Waffen gegenüberstehen.
Für den König kam es besonders darauf an, Rostock auf seine Seite zu bringen. Von der starken, durch einen guten Hafen ausgezeichneten Stadt aus konnte er den Feldzug gegen Mecklenburg am besten leiten. Am 23. November 1348 schrieb er an Rostock und ermahnte es zur Treue. Der Brief enthält die heftigsten Vorwürfe gegen Albrecht, der dem Könige den wiederholt geforderten Lehnsdienst verweigert habe, immer sein Feind gewesen sei und sich dem Rechtsspruche des Reichsrates und der Mannen Dänemarks vor dem Könige nicht habe unterwerfen wollen, der nun im Begriffe stehe, sich einem fremden Herrn zuzuwenden. Der König will ihm das Lehn nehmen, verbietet der Stadt jegliche Unterstützung des Herzogs und schließt mit einer leisen Drohung: man möge sich wegen der städtischen Kaufmannsgüter in acht nehmen 35 ).
Der Rat der Stadt setzte sich mit Albrecht in Verbindung. Am 31. Dezember war der Herzog in Rostock 36 ). Die Stadt war in großer Verlegenheit. Sie war sicher lieber deutsch als dänisch und vertraute Albrecht, aber sie hatte ihren Handel, ihre Kaufleute und Waren in Dänemark zu berücksichtigen. Dazu war Albrechts Lage augenblicklich keineswegs günstig. Barnim III. von Pommern=Stettin war zu den Wittelsbachern übergegangen, weil er befürchten mußte, bei der Teilung der Mark, die die Anhänger des falschen Waldemar bezweckten, zu kurz zu kommen 37 ). Bereits am 18. Oktober hatte er sich mit Waldemar Atterdag gegen die Mecklenburger und Johann von Goldberg verbündet 38 ). Neben ihm sah Albrecht die Wolgaster und den Bischof von Kammin im Lager seiner Gegner 39 ). Von allen Seiten war er jetzt bedroht. Auch im
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Schweriner Kriege standen die Dinge schlecht. Albrecht hatte bedeutende Verluste an Gefangenen erlitten 40 ), und vielleicht hatte schon damals Graf Nikolaus II. mit den Mecklenburgern gebrochen und sich seinen Neffen wieder zugewandt. Und durfte man denn wirklich von Karl IV. viel erwarten? Die Belagerung Frankfurts war aufgehoben worden, und Markgraf Ludwig hatte in seinem Lande wieder ein wenig Anhang gefunden 41 ). Selbst auf Johann von Goldberg konnte man sich in Mecklenburg nicht mehr verlassen; er neigte zum Frieden, wenn er sich nicht bereits mit den Gegnern ausgesöhnt hatte 42 ). Die Lage war kritisch geworden für Mecklenburg.
Indessen war die Antwort des Rostocker Rates an Waldemar eine höfliche Absage: man wisse nichts davon, daß Albrecht sich vom Dänenkönige abwenden wolle; er habe den Vorwurf, seine Lehnspflicht nicht erfüllt zu haben, zurückgewiesen und sei bereit, sich dagegen zu verteidigen. Im übrigen sei die Stadt einst von König Christoph angehalten worden, Albrecht den Treueid zu leisten; und da Waldemar dem Herzoge früher das Lehn bestätigt habe, könne sie ihn nicht verlassen, ohne Schaden an ihrer Ehre zu nehmen, auch den Besitz des Hafens dürfe sie ihm nicht verweigern. Die Drohungen Waldemars beantwortete der Rat mit einer nachdrücklichen Hinweisung auf die Hilfe, die er Waldemar bei der Aufrichtung seiner Herrschaft geleistet habe. Er bat endlich, den Frieden mit Albrecht zu bewahren, und ersuchte um Schutz für die städtische Kaufmannschaft 43 ). Der Sinn war der: wir wollen gerne dein Freund sein, kommst du aber jetzt in Waffen herüber, so sind unsere Schwerter auch für dich geschliffen.
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König Waldemar verstand. Daß er eingreifen müsse in die deutschen Händel, stand ihm fest. Alle Interessen hatte der wittelsbachisch=luxemburgische Kampf gegeneinander aufgeregt, es handelte sich hier wenig um Kaiser und Reich. Am 15. März 1349 schloß Albrecht auf dem Priwall mit dem Grafen Johann von Holstein ein Bündnis gegen Waldemar, doch bevollmächtigte man einander, bis zum 9. Mai eine Aussöhnung mit dem Könige herbeizuführen 44 ). Am 26. März war der Herzog wieder in Rostock; durch eine neue Huldigung und Bestätigung der Privilegien wurde das Band zwischen ihm und der Stadt noch fester geknüpft 45 ). Zum Unglück zeigte sich, daß man aus eine wirksame Unterstützung Karls IV. nicht mehr rechnen durfte. Ende Mai machte der König vor Eltville Frieden mit der wittelsbachischen Partei und versprach, Markgraf Waldemar keine Hilfe mehr zu leisten 46 ). Schon vorher hatten sich die Herzöge von Sachsen=Wittenburg und die Anhalter enger an Albrecht angeschlossen. Karl hatte ihnen, da sie ja askanischen Stammes waren, vor Frankfurt die Eventualbelehnung mit der Mark erteilt. Sie glaubten die brandenburgischen Gebiete schon in der Hand zu haben und sahen sich jetzt durch die Schwenkung der luxemburgischen Politik in ihren Aussichten bedroht, wenngleich König Karl es vorderhand noch zweifelhaft ließ, ob er Ludwig oder den falschen Waldemar als Markgrafen anerkennen wollte. In dieser Lage hatten sich die Askanier zu großen Zugeständnissen an die Mecklenburger bereit erklärt. Sie hatten am 5. Mai in Berlin mit Albrecht und Johann eine Teilung der Mark, oder doch derjenigen Gebiete des Landes, die man in Besitz haben würde, verabredet; jeder sollte erhalten, was ihm günstig gelegen sei; nach dem Tode des falschen Waldemar sollte diese Teilung vorgenommen werden. Auf die Kurwürde verzichteten die Mecklenburger 47 ).
Bald darauf segelte Waldemar Atterdag mit einer Flotte nach Poel. Von hier aus beabsichtigte der König seine Truppen aufs Land zu werfen, um mit den Grafen von Schwerin und Nikolaus von Güstrow gemeinsam zu handeln. Poel wurde verwüstet, aber von Wismar aus wandte sich Herzog Albrecht gegen
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die dänischen Truppen und trieb sie auf die Schiffe zurück 48 ). Dann unternahm der König eine zweite Landung, wahrscheinlich an der pommerschen Küste, wo ihm die Freundschaft mit den Greifenherzögen den Rückzug deckte. Gegen Ende des Juli betrat er das Festland 49 ).
Nicht weit von der Stargarder Grenze, in dem ukermärkischen Städtchen Strasburg, setzte Waldemar sich fest, um die Ankunft pommerscher Truppen zu erwarten. Herzog Albrecht beschloß, zu verhindern, daß die feindlichen Streitkräfte vereinigt würden. Er wandte sich eilends gegen den Dänen und schloß ihn in Strasburg ein; doch veranlaßte ihn die Nachricht, daß Ludwig der Römer, der Bruder Markgraf Ludwigs, heranrücke, bald zum Abzug.
Ludwig der Römer wollte den König entsetzen. Vom Lande Lebus aus zog er die alte Kaufmannsstraße an der Oder entlang nach Norden. So gelangte er nach Oderberg, das, hart am Flusse gelegen, im Rücken von einem leichten Höhenzuge überragt wird 50 ). Auf dieser Hochfläche muß das mecklenburgische Kriegsvolk versteckt gelegen haben. Der Bayer geriet in die gestellte Falle und sah sich zwischen Fluß und Höhen einem heftigen Angriffe preisgegeben. Ein Teil seiner Truppen suchte sich auf die Schiffe der Oder zu retten. Ein Fahrzeug versank und mit ihm, wie man schätzte, hundert Verzweifelte. Etwa 350 Ritter und Knechte sollen gefangen sein, und Ludwig entrann aus dem Treffen "nicht selbviert" 51 ).
Dieser glänzende Sieg, der nach Detmar zwischen den 15. August und 8. September 1349 fällt, ließ den geschlagenen Bayern für eine Zeit aus dem Kampfe ausscheiden. Herzog Albrecht wandte sich wieder gegen den Dänenkönig, der, endlich mit der pommerschen Streitkraft vereint, vor Berlin gerückt war, wo
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man es mit den Askaniern hielt. Vor den Mauern der Stadt wurde die Entscheidungsschlacht erwartet; indessen kam es zu einem Waffenstillstande. Die Ratgeber der beiden Gegner sollen für ihn geworben haben 52 ). Der Dänenkönig hatte erkannt, daß es schwer sei, seinen mecklenburgischen Lehnsmann mit den Waffen zu zwingen, und beschloß, sich lieber seine Freundschaft zu erwerben. Albrecht mußte erwägen, daß sein Kampf gegen Schwerin und Pommern=Wolgast bedeutende Streitkräfte erforderte. Überdies war durch den Frieden von Eltville die ganze Macht der Wittelsbacher frei geworden, und am 24. August hatten diese ein Bündnis mit Otto und Wilhelm von Braunschweig=Lüneburg abgeschlossen, die ihnen fünfzig Mann zu stellen versprachen 53 ). So beschloß der Herzog den Feldzug gegen Waldemar in der günstigen Stellung, die ihm der Oderberger Sieg geschaffen hatte, zu beendigen. Es wurde verabredet, die Entscheidung des Schwedenkönigs anzurufen, die bis Pfingsten des folgenden Jahres gefällt werden sollte 54 ). Die Verhandlungen von Berlin fallen in die Zeit von etwa Mitte September bis Ende Oktober. Anfang November befand sich Albrecht schon wieder in der Heimat 55 ). Hier wurde, wahrscheinlich durch Vermittlung von Werle=Goldberger Seite, eine Auseinandersetzung mit Nikolaus von Güstrow herbeigeführt. Am 11. November finden sich die früheren Gegner zusammen als Zeugen einer von den Goldberger Fürsten ausgestellten Urkunde, ein Zeichen nahender oder schon geschehener Verständigung 56 ).
So hatte sich die Schar der Feinde Albrechts etwas gelichtet. Die Anstrengungen dieser Kämpfe waren groß gewesen. Das Aufgebot der eigenen Lande genügte nicht; der Herzog mußte fremde Söldner anwerben, und er, der einst die Scharpenberger aus dem Darzing vertrieben hatte, nahm diese Ritter, die inzwischen die Lübecker Landfriedensvereinigung von 1349 auch auf Linau gejagt, in seine Schlösser auf. Hier setzten sie ihr Räuberhandwerk fort; Albrecht aber sagte nicht zuviel, als er aus die Klagen der geplagten Städte erwiderte, die Not seines Streites zwinge ihn aufzunehmen, wer sich ihm böte 57 ).
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Unterdessen gelang es Markgraf Ludwig, unter dem Adel, der Geistlichkeit und den Städten des brandenburgischen Landes nach und nach wieder mehr Anhang zu gewinnen 58 ); man spürte, daß sich die Rolle des falschen Waldemar allmählich ihrem Ende näherte. Zwar hatte Karl IV. am 15. August auf die Anfrage einer Reihe von märkischen Städten erwidert, daß er Waldemar und nach dessen Tode die Herzöge von Sachsen und die Anhalter als Herren Brandenburgs anerkenne 59 ), aber niemand wußte, was von Karl eigentlich zu halten war; so zweideutig, wie seine Politik heute erscheint, erschien sie auch damals. Es kam hinzu, daß Markgraf Ludwig im Dezember den Herzog Barnim von Pommern=Stettin durch die Abtretung der Vogteien Jagow und Stolpe in der Ukermark an sich fesselte 60 ). Kurz darauf versprach Kasimir von Polen dem Wittelsbacher Hilfe 61 ). Unter diesen Umständen konnte den Askaniern und den ihnen seit dem Teilungsvertrage so eng verbundenen Mecklenburgern eine gütliche Einigung mit Markgraf Ludwig und seinen Brüdern nur erwünscht sein. Am 2. Februar 1350 schlossen die Hauptvertreter beider Parteien, darunter einer der Herzöge von Mecklenburg, zu Spremberg in der Lausitz einen Vergleich, dessen Hauptbestimmung dem Berliner Vertrage zwischen Albrecht und König Waldemar nachgebildet wurde; vielleicht hatten diese damals ihren Verbündeten den Beitritt offen gehalten. Man kam überein, daß König Magnus von Schweden ersucht werden sollte, durch Vermittlung oder durch einen Rechtsspruch bis Pfingsten eine Auseinandersetzung zwischen den Gegnern herbeizuführen. Bis dahin sollten die Waffen in der Mark ruhen 62 ).
Durch dieses Akommen blieb die Entscheidung über ein deutsches Reichslehn einem fremden Könige überlassen, ohne daß die Rechte Karls IV. auch nur berücksichtigt worden wären. Wenn Albrecht und die Askanier erwartet hatten, daß Karl froh sein würde, einer weiteren Einmischung in den märkischen Streit enthoben zu sein, so hatten sie sich verrechnet. Der König war entschlossen, diesen Vertrag nicht anzuerkennen, und da er es mit den Bayern nicht wieder verderben wollte, zögerte er nicht länger, den falschen Waldemar fallen zu lassen. Es ist wohl möglich, daß
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Markgraf Ludwig über diese Absicht des Luxemburgers schon unterrichtet war und sich nur zum Scheine mit dem Spremberger Vergleiche einverstanden erklärt hatte 63 ). Bereits fünf Tage später verhandelte er mit Karl in Bautzen, wo er sich sehr schnell mit ihm verständigte. Nachdem ein Schiedsgericht, dessen Spruch Ruprecht von der Pfalz am 14. Februar verkündete, sich für die Bayern erklärt hatte, erteilte König Karl dem Markgrafen Ludwig sowie seinen Brüdern Ludwig und Otto die Belehnung mit Brandenburg und auch mit der Lausitz. Am 6. April entschied das königliche Hofgericht zu Nürnberg, daß Waldemar nicht der alte Markgraf sei. Die askanisch gesinnten Städte Brandenburgs wurden angewiesen, sich ihren rechten Herren zuzuwenden, und den Markgrafen von Meißen, sowie den Herzögen von Braunschweig=Lüneburg der Auftrag erteilt, die Wittelsbacher in ihren Ansprüchen zu unterstützen 64 ).
Welche Stellung sollte Albrecht dieser Wendung der Dinge gegenüber einnehmen? Er mußte sich sagen, daß die Lage der Bayern, in deren Dienst sich am 4. März noch Erich von Lauenburg begeben hatte 65 ), jetzt günstiger sei als die der Askanier. Zwar hatten diese nicht die Absicht, sich ohne weiteres zu fügen, doch war keine Aussicht, den falschen Waldemar zu halten und nach seinem Tode die Teilung der Mark durchzuführen. So faßte Albrecht seinen Entschluß. Er war bereit, die Hoffnungen auf neue Erwerbungen fahren zu lassen, war aber ebenso entschlossen, das, was er schon erreicht hatte, Fürstenberg und die Aushebung der märkischen Lehnsherrschaft zu verteidigen. Hätte er anders gedacht, wollte er Frieden um jeden Preis, so hätte er die Verbindung mit den Anhängern Waldemars abbrechen, hätte sein Bruder sich nicht noch Mitte Mai im askanischen Lager aufhalten können 66 ). Wollte er aber die Gewinnung eines Teiles der Mark auch jetzt noch nicht aus den Augen lassen, so würde er nicht schon vier Wochen nach dem Nürnberger Spruche, bevor der Kampf überhaupt wieder ausgebrochen war 67 ), auf entgegengesetzter Grundlage verhandelt haben.
Zunächst erhob sich die Frage, ob Ludwig und sein gleichnamiger Bruder - Otto, der dritte der Markgrafen, war noch
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unmündig - auf der Grundlage dieser Bedingungen mit dem Herzoge Frieden schließen würden. Wir wissen nicht, ob Karl IV., der ja die brandenburgische Oberhoheit über Stargard aufgehoben hatte, jetzt für die Mecklenburger eintrat. Mit großem Eifer wird es kaum geschehen sein; auch um seine verheißungsvollen Worte über Rostock und um die Belehnung mit Barth hat sich Karl nicht mehr gekümmert. Überdies war Fürstenberg durch den falschen Waldemar abgetreten worden, es war also zu erwarten, daß die Wittelsbacher dessen Urkunde für ungültig erklärten. Albrecht beschloß, sich der Fürsprache des Dänenkönigs zu bedienen. Er trat zu Waldemar Atterdag in ein durchaus freundschaftliches Verhältnis, das schon durch den Berliner Waffenstillstand angebahnt worden war. Es wurde jetzt davon abgesehen, die Entscheidung des Schwedenkönigs über den mecklenburgisch=dänischen Streit zu erbitten, wie ursprünglich verabredet war. Am 8. Mai söhnte sich Albrecht, zugleich im Namen seines noch bei den Askaniern weilenden Bruders mit Waldemar aus; der König ließ sich bei diesen Verhandlungen durch seinen Freund Erich von Sachsen=Lauenburg und drei dänische Ritter vertreten. Als Unterpfand des Friedens wurde eine Ehe zwischen Albrechts Sohne Heinrich und Waldemars Tochter Margareta verabredet. Der junge Herzog sollte am Hofe des Königs, die Prinzessin am mecklenburgischen Hofe erzogen werden. Die Herrschaft Rostock wurde als dänisches Lehn anerkannt, die Mecklenburger mußten sich zum Dienst mit fünfzig Mannen verpflichten; sobald Waldemar es verlange, wollten sie die Huldigung leisten. In der Barther Sache sollte der König vermitteln, oder, wenn ihm dies nicht gelingen würde, einen Rechtsspruch fällen. Für den mecklenburgisch=wittelsbachischen Streit hatte er schon einen Sühnevertrag aufgestellt, der Albrechts Erwartungen entsprach. Waldemar muß vorausgesehen haben, daß die Markgrafen auf seine Vorschläge eingingen, denn das vorsichtig ausgedrückte Hilfsversprechen für den Fall der Ablehnung war kaum ernst gemeint 68 ).
ln der Tat wurde ein Friede geschlossen, in dem die Bayern sich zu den verlangten Zugeständnissen bereit erklärten. Wie es scheint, wurde bei dieser Gelegenheit Albrechts Tochter Ingeborg mit Otto, dem jüngsten der Markgrafen, verlobt. Vermutlich kam der Vertrag in Friedland zustande, wo am 23. Juni
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Markgraf Ludwig und seine Brüder in einer besonderen Urkunde in Gegenwart Waldemar Atterdags, Barnims III. von Pommern=Stettin und anderer die Unabhängigkeit Stargards und der übrigen früher märkischen Lehen, sowie die Abtretung Fürstenbergs anerkannten, während die Mecklenburger auf jenes Lehn von 200 Stücken Geldes verzichteten 69 ).
Wie sich die Dinge einmal entwickelt hatten, war dieser Friede für Mecklenburg günstig genug. Die Mühen des Krieges hatten sich gelohnt. In der Erwerbung des Herzogswürde und der Reichsstandschaft sowie in den übrigen Errungenschaften des Feldzuges gegen die Wittelsbacher lagen Albrechts erste große Erfolge. Noch war die Gestalt Heinrichs von Mecklenburg dem Gedächtnis der Lebenden nicht entschwunden, als zum zweiten Male in diesem vom Reiche so lange mißhandelten Lande an der Ostsee eine Persönlichkeit erwuchs, die aller Augen auf sich richtete. Albrecht hatte von sämtlichen Fürsten des böhmischen Bundes im heftigsten Feuer gestanden und durch den Sieg bei Oderberg eines der bedeutendsten Treffen des ganzen Krieges entschieden.Im richtigen Augenblick hatte er die Pläne, die nicht mehr durchzuführen waren, aufgegeben und sich mit den Bayern verständigt, hatte, um der freundschaftlichen Vermittlung Waldemar Atterdags sicher zu sein, sich der dänischen Oberherrschaft über Rostock wieder unterworfen. Er zeigte schon damals, in seinen jungen Jahren, nichts von der ihm angedichteten Leidenschaft, die ihm das "nicht selten völlig Nutzlose, immer sehr Kostspielige,
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oft Ohnmächtige seines Strebens unkenntlich machte" 70 ). - Er hatte den Teilungsvertrag, den er mit den Askaniern geschlossen hatte, fallen lassen, aber beharrlich hielt er an dem vom Vater übernommenen Gedanken fest, daß der Besitz seines Hauses durch märkisches Land vergrößert werden müsse. Vielleicht hat er jene brandenburgischen Pfandschaften, die sich 1352 zuerst in mecklenburgischem Besitze nachweisen lassen 71 ), noch vom falschen Waldemar für seine Hilfe erhalten 72 ). Die Wittelsbacher würden sie dann nur neu übergeben haben. Möglich auch, daß die Gebiete überhaupt erst von ihnen versetzt wurden 73 ). Albrecht entschloß sich, nun auf ihre Seite zu treten 74 ), und die Bedingung hierfür dürfte die Bestätigung oder die Überlassung der Pfänder gewesen sein. Wenn die Zeit es fügte, konnte aus diesen märkischen Pfandschaften leicht dauerndes Eigentum werden. -
6.
Die Schweriner Fehde bis zum Vertrage von
Wismar
am 12. Oktober 1352
Mit dem Kriege Albrechts gegen die wittelsbachische Partei hatten sich die Schweriner und die rügische Fehde verflochten. Beide harrten noch des Friedens. Der Streit mit Otto von Schwerin hatte spätestens zu Anfang des Jahres 1349 eine neue Wendung genommen. Graf Nikolaus II., der bisher Anhänger der Mecklenburger gewesen war, vermählte sich mit Elisabeth, der Tochter des Edelherrn Wedekin vom Berge, des Vogtes am Stifte zu Minden. Und da er auf männliche Nachkommenschaft hoffte, mußte es ihm darauf ankommen, dieser den ganzen Besitz
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der Grafen von Schwerin zu sichern für den Fall, daß die zweite Linie des Hauses ausstürbe; es mußte ihm also darauf ankommen, Erbverträge mit seinen Neffen, den Brüdern Otto und Nikolaus, abzuschließen. Weil nun klar war, daß diese beiden Grafen sich niemals auf solche Abmachungen einlassen würden, wenn nicht ihr Oheim ihnen Gleiches mit Gleichem vergalt, d. h. über seine Verträge mit den Mecklenburgern hinwegging, so änderte Nikolaus II. seine Stellung. Die ganze Familie tat sich gegen Albrecht und Johann zusammen. Bereits vor dem 11. März 1349 kam es zu einer Erbverbrüderung zwischen Nikolaus II. und Otto von Schwerin, in die dessen Bruder mit aufgenommen wurde 1 ). Daraufhin eilte der jüngere Nikolaus aus seiner Grafschaft herbei, gab am 11. März seine Zustimmung zu dem Vertrage, schloß am 12. mit seinem Oheim ein Bündnis 2 ) und nahm am Ende des Monats die Eventualhuldigung der Stadt Wittenburg entgegen 3 ). Aber dieser neue Erbvertrag Nikolaus' II. war rechtlich bedeutungslos, Weil die früheren, mit Mecklenburg geschlossenen dadurch nicht beseitigt wurden. Dem allgemeinen Empfinden nach waren allerdings Graf Otto und sein Bruder die gegebenen Erben ihres Oheims. Otto war auch nicht ohne Anhang in dessen Gebieten. Stadt und Land Boizenburg hatten den Mecklenburgern erst im April 1347 die Erbhuldigung geleistet, und nur unter der Bedingung, daß auch Otto ohne Erben aus der Welt gehen würde; dieser Huldigung, die seine Forderungen berücksichtigte, hatte der Graf zugestimmt 4 ). Rechtsgültigen Anspruch konnte jedoch weder er noch sein Bruder erheben; denn durch die Todteilung der Grafschaft war die Nachfolge der Agnaten gebrochen worden, die nur durch Aufrechterhaltung der gesamten Hand, also durch eine Mutschierung hätte geschützt werden können. Selbst wenn die Verträge mit Mecklenburg nicht bestanden hätten, wäre eine agnatische Nachfolge an die Zustimmung des sächsischen Lehnsherrn gebunden gewesen,
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ohne die natürlich auch die Mecklenburger die Erbschaft Nikolaus' II. nicht antreten durften, wenn sie sich keiner Rechtsverletzung schuldig machen wollten. Immerhin war es für Albrecht sehr unerwünscht und gefährlich, daß sich alle Mitglieder des Grafenhauses gegen ihn vereinigten. Gerade damals wurde der Herzog durch die Fehde gegen die wittelsbachische Partei schwer bedrängt; es war die Zeit, wo Waldemar Atterdag in den Kampf eingriff und der Stern der Bayern heller zu leuchten begann. Die Landung des Dänenkönigs auf Poel, so nahe bei den Schweriner Burgen, war auf den Beistand der Grafen berechnet.
Um diese Zeit starb Nikolaus II. (nach dem 17. Mai 1349) 5 ). Albrecht wollte nun die Bestimmungen des Erbvertrages verwirklichen. Durch den Waffenstillstand mit Waldemar Atterdag und durch das Spremberger Abkommen erhielt er freie Hand für den Schweriner Krieg. Er suchte sich in den Besitz der Lande zu setzen, die er beanspruchte. Noch 1349 eroberte er Wittenburg 6 ). Auch Boizenburg gewann er. Wittenburg ging jedoch wieder verloren, ebenso, wahrscheinlich, auch Boizenburg 7 ). Sogar die Leibgedinge der verwitweten Gräfin Elisabeth brachte Albrecht an sich. Am 20. Februar 1350 ernannte sie mit Zustimmung von Vater und Bruder die Herzöge von Mecklenburg zu Vormündern ihrer Leibgedinge in den Kirchspielen Hagenow, Stralendorf und Warsow 8 ). Gleich am folgenden Tage aber überließ sie ihnen für eine Summe Geldes fast alle ihre Leibgedinge, außer den drei Kirchspielen auch noch Haus, Stadt und Land Crivitz mit Sillesen, samt der Mannschaft; nur die Kirchlehen zu Crivitz, Pinnow und Retgendorf behielt sie sich vor. Das Geld sollte an die Herren vom Berge bezahlt und Gadebusch dafür verpfändet werden; doch mußte das für den Krieg sehr wichtige, nicht weit von Schwerin gelegene Schloß den Mecklenburgern offen stehen 9 ). So erhielt Herzog Albrecht durch die Witwe
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Nikolaus' II. selber Gelegenheit, im Lande ihres verstorbenen Gatten Stützpunkte zu erwerben. Graf Otto und sein Bruder sahen sich völlig vereinsamt. Gerade der Mann, auf den sie so große Hoffnungen gesetzt hatten, Waldemar Atterdag, begünstigte jetzt ihren Gegner; denn er wollte Albrecht möglichst schnell von allen deutschen Händeln befreien, um sich seiner bei der Ausbreitung der dänischen Königsmacht zu bedienen. Noch zur Zeit, wo zwischen ihm und den Mecklenburgern nur Waffenruhe bestand, verbündete sich sein Freund Erich von Sachsen=Lauenburg, wohl auf Veranlassung des Königs, mit Albrecht gegen die Grafen; es geschah das spätestens im Frühjahre 1350 10 ). Zugleich mit dem Frieden vom 8. Mai wurde darauf ein Bündnis zwischen Mecklenburg und Dänemark geschlossen 11 ). Dann aber kamen Albrecht und Otto überein, ihren Streit durch Johann von Werle=Goldberg schlichten zu lassen. Am 13. Mai übernahm dieser das ihm angetragene Amt und stellte für den 8. Juli die Fällung eines Spruches in Aussicht, wenn er nicht vorher eine gütliche Einigung erreichen könnte. Dem Grafen Nikolaus von Tecklenburg wurde es freigestellt, sich ebenfalls dem Spruche zu unterwerfen 12 ).
Am 8. Juli entschied Johann über Brandschatzungen und Lösegelder für Gefangene 13 ). Von einem Urteile darüber, wem das Erbe Nikolaus' II. in Zukunft gehören solle, findet sich nichts. Jedenfalls blieben die Bemühungen Johanns erfolglos.
Der Krieg brach wieder aus, und Graf Otto hatte - vor dem 25. Mai 1351 - das Mißgeschick, in die Hände seines lauenburgischen Gegners zu fallen. Er wurde an Albrecht ausgeliefert und nach Wismar gebracht 14 ). Aber die Fehde war durch seine Gefangennahme nicht entschieden. Der energische und
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tapfere Otto blieb unbeugsam. Er erwartete, daß sein Bruder und seine treuen Mannen den Mut nicht verlieren würden, und er täuschte sich nicht; hartnäckig setzten sich die Ritter und Knappen in der Grafschaft als vrome trůwe lude zur Wehr 15 ). Freilich, Überläufer gab es auf Seiten 16 ).
Unterdessen war der Dänenkönig mit den Holsteinern in Krieg geraten 17 ). Am 27. April 1351 aber ernannten die Parteien Erich von Sachsen und den Grafen von Hoya zu Schiedsrichtern 18 ). Am 18. Mai war Albrecht zu Rostock 19 ). Dann fuhr er nach Dänemark hinüber, um sich Erichs Beistand von neuem zu sichern. Am 25. Mai, in Nykjöbing auf Falster, schloß er sich noch einmal mit ihm zum Schweriner Kriege zusammen 20 ). Es scheint, daß König Waldemar auf die Abmachungen nicht ohne Einfluß war; seinem Gutachten wurde die Teilung des Lösegeldes für Gefangene und die Entschädigung, die Erich für die Auslieferung Ottos zu leisten sei, anheimgestellt. - Vor allem in einer Frage kam es zur Verständigung. Die Grafschaft Schwerin und damit auch das Erbe Nikolaus' II. war sächsisches Lehn, und zwar übte die lauenburgische Linie die Oberhoheit aus. Es wurde jetzt der Entscheidung Waldemar Atterdags überlassen, wie Erich und seine Vettern von Mölln und Bergedorf, deren Einwilligung man voraussetzte, die Mecklenburger vorwaren scholen in der aflathinge der lenware; und nach der Entscheidung sollten die Lehen aufgelassen werden, sobald Albrecht, allein oder mit seinem Bruder, es verlange. Der Herzog erkannte also die lauenburgische Oberherrschaft an. Doch hielt man es nicht für ausgeschlossen, daß Rudolf von Sachsen=Wittenberg oder seine Söhne Ansprüche erheben (de leen anspreken) würden. Für den Fall, daß es geschehen sollte, verpflichtete sich Erich, mit seinen Vettern alles aufzubieten, um die Mecklenburger von den Ansprüchen zu befreien. -
Nachdem dieser Vertrag unter den Auspizien König Waldemars zustande gekommen war, machten sich die Verbündeten an die Fortführung der Schweriner Fehde. Albrecht lag vor allem daran, den wertvollsten Punkt des Landes, das Schloß Schwerin mitsamt der Stadt, in seine Gewalt zu bringen. Hier
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konzentrierte sich der Kampf. Rings im Umkreise hatte der Herzog Festen und Bergfriede errichten lassen und starke Mannschaft hineingelegt; aber es gelang nicht, die Zufuhr abzuschneiden, wente de Swerineschen quemen uter stad unde inter stad, wen se wolden, beide to lande unde to watere 21 ). Gegen Ende des Jahres nahm Erich von Lauenburg den Ritter von der Hude mit seinen Schlössern Dömitz und Redefin in seinen Dienst und gewann so Stützpunkte südlich von der Grafschaft 22 ). - Bis in den Frühling 1352 währte die Fehde; doch scheinen die Verbündeten, soweit sich übersehen läßt, nicht glücklich gefochten zu haben. Am 26. April schlossen die Schweriner Ratsherren und einige gräfliche Vasallen mit Albrechts Bevollmächtigten in Wismar einen Waffenstillstand bis zum 12. November. Otto wurde solange in Freiheit gesetzt 23 ). Dreißig seiner Mannen und sechs Schweriner Ratsherren verbürgten sich für ihn; außerdem mußte er das Schloß Boizenburg, das ja bereits in mecklenburgischer Hand gewesen, aber wieder verloren gegangen war, als Pfand für seine Rückkehr an Albrecht geben 24 ).
Stellte Otto sich nicht wieder ein, so verzichtete er damit auf Boizenburg. Freilich hätte Albrecht auch sonst keinen Augenblick daran gedacht, es wieder herauszugeben. Vor mehr als zwei Jahren hatte er dieses frühere Besitztum Nikolaus' II. erobert und Haus, Stadt und Land dann den Gebrüdern von Barnekow verpfändet 25 ). Dann hatten vermutlich gräfliche Truppen das Schloß zurückgewonnen; jedenfalls gerieten die Barnekows in Gefangenschaft 26 ). Als sie jetzt aus der Haft entlassen wurden, eilten sie sogleich zu ihrem Herrn nach Wismar. Und hier ließ sich Albrecht am 27. April von ihnen die Zusage geben, daß sie sich mit ihrer Pfandschaft Boizenburg auch dann zu ihm halten und ihm die Einlösung gestatten wollten, wenn Otto in die Gefangenschaft zurückkehre. Eine bedeutungslose Klausel ward hinzugefügt: würden die Barnekows von dem Grafen und den
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Seinen um das Schloß gemahnt, so sollten sie an
den Vertrag nicht gebunden sein, aber nur dann,
wenn Herzog Albrecht und seine Ratgeber der
Ansicht wären, daß sich eine Verweigerung der
Herausgabe mit der Ehre der Ritter nicht
vertrüge
27
).Doch entstanden hieraus keine
Weiterungen. Noch vor Ablauf des
Waffenstillstandes kam es zum Frieden. Bereits
am 12. Oktober 1352 war Otto wieder in Wismar.
Hier wurde der Streit durch die Verlobung seiner
Tochter Richardis mit Albrechts zweitem,
gleichnamigem Sohne beigelegt. Als Pfand für die
Mitgift (4500
löth. Silbers Köln. Gew.) erhielt
der Herzog Boizenburg, das er von den Barnekows
einlösen mußte
28
). Mit Sicherheit darf angenommen
werden, daß zugleich eine Auseinandersetzung
über das Erbe Nikolaus' II. zustande kam; und
zwar scheint das Land Crivitz an die
Mecklenburger abgetreten zu sein
29
), das ja
schon die verwitwete Gräfin Elisabeth ihnen
überlassen hatte.
Somit war ein Friede geschlossen, der nur die Zufriedenheit der Grafen erregen konnte. Otto trug den Löwenanteil von den Gebieten des Oheims davon. Neben dem Rechte auf Einlösung Boizenburgs besaß er Wittenburg 30 ), obwohl die Stadt, vielleicht auch das Land, im März 1349 seinem Bruder die Eventualhuldigung geleistet hatte. Nikolaus von Tecklenburg scheint sich nach der Beendigung des Krieges in seine westfälische Grafschaft zurückgezogen zu haben; erst vier Jahre später läßt er sich wieder in Schwerin ermitteln. - Herzog Albrecht hatte sein Ziel nicht erreicht. Es war die Hartnäckigkeit dieser Fehde und der gerade jetzt heftig tobende Kampf mit den Wolgastern, der ihn zum Abschlusse eines solchen Kompromisses bewog. -
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7.
Weiterer Verlauf und Ende des Streites um Barth.
Der Streit um Barth hatte eine Zeitlang geruht, nachdem Waldemar Atterdag im Lübecker Frieden die Vermittlung oder Entscheidung zwischen Mecklenburg und Pommern=Wolgast übernommen hatte. Michaelis 1350 sollten sich die Parteien beim Könige einfinden 1 ). Die Wolgaster setzten eine Klageschrift auf, die sieben Artikel enthielt; diese betrafen den Besitz von Barth selber, einen Plünderungszug in die Umgegend Stralsunds, der bis vor die Mauern der Stadt ausgedehnt worden sei, die Belagerung der Hertesburg, die Eroberung von Loitz und Plünderungszüge in die Gegend von Wolgast, Wusterhusen (nordwestlich von Wolgast) und Anklam; die Pommernherzöge behaupteten, schon vor ihrer Mündigkeit von den Mecklenburgern und Werlern bedrängt zu sein, und beschwerten sich über den Schaden, den die verbündeten Fürsten ihnen zugefügt hätten 2 ). - Albrecht rechtfertigte sich in einer Gegenschrift und wies in sämtlichen Punkten eine Schuld zurück. Vor allem betonte er sein gutes Recht auf Barth. Zwanzig Jahre seit seines Vaters Tode habe er es besessen, ohne daß die Vormünder der Wolgaster und dann diese selbst einen rechtmäßigen Einspruch erhoben hätten, ohne daß deswegen ein Gerichtstag angesetzt sei. Mit Nachdruck erklärte er, daß er seine "habende Gewere", seine "Lehnsgewere und seines rechten Vaters Erbe" behalten wolle 3 ). Er durfte so sprechen, denn die Pommern hatten sich nicht lange mit Einreden aufgehalten, sondern im Jahre 1343 lieber gleich den Krieg begonnen, indem sie zunächst Grimmen in ihre Gewalt brachten; auch ein Gerichtstag war nicht abgehalten worden, da ja die Entscheidung Rudolfs von Sachsen und des Bischofs von Kammin, die im Januar 1346 in Aussicht genommen war, niemals stattgefunden hatte; endlich blieb kein Zweifel, daß die Pfandschaft Barth an Mecklenburg verfallen sei.
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Waldemar Atterdag war betroffen. Lehnsgewere, was sollte das heißen? Damit konnte nur die Verleihung Karls IV. gemeint sein 4 ). Über alles rügische Land aber gebührte dem Könige von Dänemark die Oberhoheit. Auch sonst liefen Waldemars Wünsche denen des Herzogs schnurstracks zuwider, da der König nichts von einer Zerstückelung Rügens wissen, sondern das ganze Land als einheitliches Lehn im Besitze der Wolgaster lassen wollte.
Der für die Zusammenkunft festgesetzte Termin wurde augenscheinlich nicht innegehalten. In den ersten Tagen des Oktobers war Albrecht in Rostock 5 ). Von dort mag er nach Dänemark übergesetzt sein. Von pommerscher Seite kamen die Herzöge Barnim und Bogislav. Der König befand sich in peinlicher Lage; es war ein recht lästiger Streit für ihn. Der große Schaden freilich, über den die Wolgaster so bitter geklagt hatten, setzte ihn kaum in Verlegenheit; viel wichtiger war die Frage, wem Barth fortan gehören solle. Waldemar wollte es den Mecklenburgern nicht zusprechen, wollte es ihnen aber auch nicht aberkennen. Denn dadurch hätte er es mit Albrecht verdorben; das durfte nicht sein, weil er ihn im Norden brauchte. So verschob er die Entscheidung bis zum 25. Juli des nächsten Jahres. Am 15. Oktober in Wordingborg gelobten die Wolgaster, sich ihr dann zu fügen 6 ).
Acht Tage später, am 23. Oktober, schlossen Albrecht und Waldemar zu Taarnborg auf Seeland ein enges Bündnis. Durch diesen Vertrag und einen weiteren vom 3. November gewann Waldemar den Herzog ganz für seine, gegen Holstein und Schweden gerichtete Politik 7 ). Er dachte fürs erste nicht daran, mit dem mecklenburgischen Freunde wieder zu brechen; als der neue Termin zur Fällung eines Spruches in der Barther Sache heranrückte, legte er das ihm so unbequeme Schiedsrichteramt kurzab nieder. Am 27. Juni 1351 sprachen ihn die Wolgaster davon frei 8 ).
Bald darauf brach der Kampf um die rügischen Pfandschaften auf der ganzen Linie von neuem aus. Die alten Verbündeten von Werle und Mecklenburg fanden sich wieder zusammen 9 ).
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Ein Wolgaster Vasall, der ältere Graf von Gützkow, trat zu ihnen über; schon vor Jahrzehnten, im rügischen Nachfolgekriege, hatte der wankelmütige Mann eine Zeitlang gegen seine Herzöge gefochten 10 ). Gemeinsam mit ihm belagerte der werlische Hauptmann Klaus Hahn Loitz, wurde aber auf dem Schoppendamm vor der Stadt am 25. Oktober 1351 von Barnim von Stettin, der seinen Vettern zu Hilfe geeilt war, völlig geschlagen. Der jüngere Graf von Gützkow, der den Pommern die Treue gehalten hatte, fiel im Gefecht, wie es heißt, an seinem Hochzeitstage 11 ).
Wenige Tage später versuchte Waldemar Atterdag einzugreifen. Er hatte sich inzwischen trotz dem Nyborger Vertrage mit den Holsteinern wieder verfeindet 12 ). Auch zu König Magnus von Schweden stand er in einem bedenklichen Verhältnisse 13 ); ebenso zu einer Reihe vornehmer Jüten, die sich bald darauf
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gegen ihn erhoben 14 ). Wahrscheinlich wünschte er von mecklenburgischer und Wolgaster Seite Unterstützung zu erhalten. Da hiervon keine Rede sein konnte, solange Albrecht und die Pommern sich gegenseitig bekriegten, wollte er nun doch eine Schlichtung des Streites um Barth in Angriff nehmen. Gelang es ihm, dann wurden die Herzöge etwas entlastet und konnten wenigstens einen Teil ihrer Truppen nach Dänemark schicken, wenngleich Albrecht noch in die Schweriner Fehde verwickelt war und die Wolgaster gegen die Fürsten von Werle zu kämpfen hatten. So segelte der König am 28. Oktober nach Rostock, um mit Albrecht zu verhandeln. Von hier begab er sich nach Stralsund zu den Pommern; am 20. November kehrte er wieder zurück 15 ). Eine Aussöhnung bewirkte er nicht; doch ist es möglich, daß er wenigstens einen Waffenstillstand zustande brachte. Hierfür würde sprechen, daß Albrecht in der ersten Hälfte des nächsten Jahres (1352) Deutschland verlassen und nach Dänemark fahren konnte. Er findet sich bei Waldemar Atterdag auf Fünen, wo es unter seiner Mitwirkung zu einer vorläufigen Übereinkunft zwischen dem Könige und dessen Gegnern kam. Dann reisten der Herzog und andere Fürsten als Gäste Waldemars über Seeland nach Helsingborg zu einer Zusammenkunft mit Magnus von Schweden 16 ).
Der rügische Krieg wurde fortgesetzt. Am 22. Juli
übertrugen Bogislav und Barnim von Wolgast dem
Demminer Rate für eine Anleihe von 1000
Sund. Pf. bis zum gleichen Werte
die Schatzungen, die ihnen aus dem
mecklenburgischen, werle=goldbergischen und,
wenn sie mit Nikolaus III. von Güstrow Krieg
führen würden, auch aus dessen Lande zufallen
möchten
17
). - Nikolaus III. scheint also
an Frieden gedacht zu haben, verhandelte
vielleicht mit den Wolgastern. Albrecht sah das
sicherlich sehr ungern. Noch mißlicher war es
für ihn, daß Johann von Goldberg bald darauf
starb (zwischen dem 22. Juli und 28. August
1352)
18
). Der alternde Fürst
hatte sich zwar schon
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seit 1350 von der Regierung zurückgezogen, diese seinem einzigen lebenden Sohne Nikolaus IV. überlassen 19 ); doch scheint er aus Goldberger Seite die treibende Kraft im Kriege um Tribsees gewesen zu sein. Nikolaus IV. beteiligte sich nach dem Tode seines Vaters nicht mehr am rügischen Feldzuge, verständigte sich vermutlich mit den Wolgastern dahin, daß er ihnen das Recht, Tribsees einzulösen, gewährte. Der Güstrower Fürst aber hielt schließlich doch noch an Albrechts Seite aus. Am 18. August kam es in Sternberg zu einem neuen Bündnisse, das bis zum 16. Oktober 1356 laufen sollte und besonders gegen die Pommern gerichtet war 20 ).
Etwa zehn Wochen später (zwischen dem 23. und 31. Oktober 1352) erschien Waldemar Atterdag mit einem Heere in Deutschland. Sein Verhältnis zu Albrecht war damals noch so gut, daß man in Dänemark glaubte, er wolle dem Herzoge gegen die Pommern zu Hilfe ziehen. Davon war jedoch keine Rede. Waldemar hatte gehofft, daß die Gegner im rügischen Streite sich endlich einmal verständigen würden, und nun schien der Friede wieder in weite Ferne gerückt. ImNorden herrschte zwar zurzeit einigermaßen Ruhe; aber die Funken glühten unter der Asche, Waldemars Werk war noch längst nicht beendet. Was nützte dem Könige schließlich sein Bündnis mit dem Mecklenburger, wenn dieser immer nur seinen eigenen Interessen nachging, auch wenn sie, wie in Rügen, den dänischen zuwiderliefen. Der Herzog war am Ende doch kein Bundesgenosse, wie Waldemar Atterdag ihn brauchte, war viel zu selbständig, nicht so zuverlässig wie Erich von Lauenburg, der dem dänischen Freunde in allem und jedem folgte.So hatte der König sich entschlossen, die bisher beobachtete Rücksicht fallen zu lassen. Er trat als
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Schiedsrichter zwischen Mecklenburg und Pommern=Wolgast auf, erzwang sich - so scheint es - das Amt, das er im Vorjahre niedergelegt hatte. Und sein Spruch, den er - vor dem 25. November - fällte, lautete dahin, daß Barth für eine Geldsumme herausgegeben werden sollte 21 ). Das war eine Lösung, die sich durchaus nicht mit den Wünschen Herzog Albrechts vertrug, der ja sein Recht auf dieses vom Vater ererbte Besitztum stark genug betont hatte. Wenn er sich jetzt fügte, so geschah es im Hinblick auf Waldemars Truppen. Es ist kein Zweifel, daß der König einen Druck auf ihn ausübte; und der vereinigten dänisch=pommerschen Macht konnte der Herzog, dessen Kraft durch die ewigen Fehden der letzten Jahre geschwächt, der nur mit Nikolaus von Güstrow verbündet war, nicht widerstehen. Er gab gezwungen nach, und es datiert von diesem Augenblicke an eine Entfremdung zwischen ihm und Waldemar, die im Laufe der Zeit immer schärfere Formen annahm.
Indem Albrecht sich, wenn auch widerwillig, dem Schiedsspruche des Königs unterwarf, verstieß er gegen das Bündnis mit dem Fürsten von Güstrow, ohne dessen Zustimmung er weder Waffenstillstand noch Frieden schließen durfte 22 ). Der König schickte sich nun an, Nikolaus III. zum Verzichte auf Grimmen zu nötigen, damit auch dieses wieder mit dem Festlande Rügen vereinigt würde. Er unternahm einen Streifzug in das Gebiet des Fürsten, seines früheren Bundesgenossen aus den Jahren 1348-1349, und hauste dort mit äußerster Grausamkeit 23 ). - Nikolaus, dem keiner von seinen alten Verbündeten mehr zur Seite stand, wird sich bald darauf mit den Wolgastern ausein=
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andergesetzt haben; jedenfalls geschah das vor dem 12. Januar 1354 24 ). Der Fürst war empört darüber, daß Albrecht ihn im Stiche gelassen hatte. Kein Wunder, daß es deswegen zu einem Zwist kam, der am 13. Februar 1353 in einem Friedensvertrage der Mecklenburger mit Nikolaus und dessen Bruder Bernhard von Werle=Waren der Entscheidung des Grafen Heinrich von Holstein anheimgestellt wurde 25 ).
Es ist nur zu verständlich, daß nach dem von Waldemar Atterdag erzwungenen Frieden eine Spannung zwischen Albrecht und den Wolgastern zurückgeblieben war. Eine eigentliche Versöhnung, etwa gar ein freundschaftliches Verhältnis, hatte nicht erwirkt werden können. Das wurde erst, nachdem mehr als ein Jahr verflossen war und die Spannung sich gelöst hatte, nachgeholt. Am 12. Februar 1354 traf Albrecht in Stralsund mit Bogislav, Barnim und Wartislav von Pommern=Wolgast zusammen; es war gerade der Termin, wo ein Teil der Summe für die Einlösung Barths gezahlt wurde. Hier in Stralsund kam es zu einem Friedens= und Freundschaftsvertrage, dessen Bestimmungen im Abschlusse eines Bündnisses gipfelten. Doch war Albrecht vorsichtig genug, sich gegen Angriffe von Vorpommern aus auf alle Fälle möglichst zu decken; er entriß den Wolgastern die Zusage, daß sie die Hertesburg (auf dem Darß) brechen und auf dem Darß sowie in den Gebieten von Prerow und Gudow weder Festen erbauen, noch Wege anlegen würden, die für Mecklenburg gefährlich werden könnten 26 ). Als dieser
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Vertrag zustande kam, hatten die Pommernherzöge Barth und Grimmen wieder in ihrer Hand; möglich auch, daß Barth erst jetzt überliefert wurde. Am 16. Juni 1356 findet sich auch Tribsees im Besitze der Wolgaster. Damit hatten sie die drei Pfandschaften zurückgewonnen 27 ).
8.
Die Landesteilung. Das Goldberger Intrigenspiel.
Nachdem Waldemar Atterdag dem Kampfe um Barth ein Ende bereitet hatte, wandte Albrecht sich einer Angelegenheit zu, die nachgerade dringend der Ordnung bedürfen mochte. Herzog Johann war seit 1344 (?) mündig 1 ); er konnte einen Teil des Landes für sich beanspruchen. Die Regierung war zwar bisher dem Namen nach von beiden Herzögen gemeinsam geführt worden, aber Albrecht hatte doch Urkunden, die sich auf die Verwaltung des Landes bezogen, oft genug allein ausgestellt. Nun gar in der äußeren Politik erscheint er ganz als die leitende Persönlichkeit; selbst bei den ersten Verhandlungen mit den Luxemburgern, wo Johann hervortritt, war dieser doch nicht mehr als der Beauftragte des Bruders gewesen. Und doch war Johann nicht unbedeutend; er hatte sich beim Anschluß an Karl IV. als geschickter Diplomat bewährt, noch im Alter hat er eine nicht gewöhnliche Tatkraft gezeigt. Er mag im wesentlichen mit den Handlungen des Älteren einverstanden gewesen sein, aber was hatte er schließlich dazu sagen sollen, daß Albrecht zum Beispiel im Taarnborger Vertrage (23. Oktober 1350) die mecklenburgische Macht in den Dienst Waldemar Atterdags stellte, ohne des Bruders auch nur Erwähnung zu tun. Bisher war von einer Erbscheidung abgesehen worden, um in dieser fehdereichen Zeit die Einheit des Landes zu erhalten. Vernünftiger Weise hatte Johann sich damit zufrieden gegeben. Kein Wunder aber, daß er jetzt die mehr unter= als nebengeordnete Stellung nicht länger ertragen wollte, daß er einen Wirkungskreis verlangte, in dem er allein schalten und walten konnte, ein Land, das ihm und seinen Erben vorbehalten blieb.
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So kam es am 25. November 1352, sehr bald also
nach dem Frieden mit den Wolgastern, in
Gegenwart Heinrichs von Holstein und des Grafen
Otto von Schwerin in Wismar zur Landesteilung
2
).
Johann sollte das Land Stargard, Eldenburg
(Lübz) mit der Ture, Sternberg und die für 18000
Silb. an die Mecklenburger
versetzten märkischen Pfandschaften
3
) erhalten, außerdem - bis zum 2.
Februar 1353 - 578
löth. Silbers
4
). - Aber die Gebiete waren
zum Teil verpfändet oder weiterverpfändet. Das
meiste sollte Albrecht seinem Bruder einlösen;
Sternberg bis zum 2. Februar 1353, Stargard und
die märkischen Pfandschaften außer Wittenberge
bis Ostern 1354. In Stargard handelte es sich um
Schulden, die an den Grafen von
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Fürstenberg
5
) zu bezahlen waren und die
Albrecht mit Ausnahme der vom Vater der Herzöge
und von Johann selber gemachten decken sollte;
solange bis dies geschehen sei, sollte er seinem
Bruder Gnoien überlassen. Die Entschuldung
Stargards und der märkischen Pfandschaften mußte
am bestimmten Termine bis auf höchstens 3000
durchgeführt sein; für diesen
Rest sollte Grevesmühlen zum Pfande gegeben
werden. Wittenberge und Eldenburg mit der Ture
sollte Johann sich selber einlösen. Den Dienst
für die brandenburgischen Pfänder verpflichteten
sich beide Brüder gemeinsam zu leisten, ebenso
die dem Markgrafen noch für später, wenn er die
Gebiete eingelöst habe, zugesagte Kriegshilfe.
Das Schloß Eldenburg sollte Albrecht und dem
Markgrafen offen stehen, wenn sie sich
gegenseitig unterstützen wollten. Die
brandenburgischen Pfandschaften wurden Johann
garantiert; Albrecht versprach, sie mit ihm
gemeinsam zu verteidigen und ihn schadlos zu
halten, wenn sie ihm mit Gewalt entrissen
würden. Endlich sollte Johann die Frieden, die
sein Bruder mit Brandenburg und Pommern=Wolgast
geschlossen hatte, urkundlich bestätigen
6
). -
Spätestens bis Ostern 1354 mußte Albrecht alle
Bestimmungen, die er zu erfüllen hatte,
durchführen. Sonst verlor der Vertrag seine
Gültigkeit, und man sollte dann eine neue
Erbscheidung vornehmen.
Der Vertrag war eine Todteilung, doch wurde er später in eine Mutschierung verwandelt. Die Bestimmungen scheinen nicht so ganz genau vollzogen zu sein. Es kam zu Streitigkeiten, die am 13. März 1355 zu Sternberg beigelegt wurden. Außer den ihm vorher zugesprochenen Gebieten sollte der jüngere Bruder nun auch noch Lychen, Wesenberg mit der Lize, Arnsberg und das Schloß zu Ramelow erhalten, und zwar sollte er diese ihm jetzt neuerdings überlassenen Besitzungen mit den Schulden, die Albrecht dort gemacht hatte, übernehmen. Dazu
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sollte er die Lehnsherrschaft über die Grafschaft Fürstenberg ausüben. Zugleich beschlossen die Herzöge, alle ihre Lande zur gesamten Hand vom Römischen Reiche und der Krone Dänemark zu Lehn zu tragen. Sobald Albrecht es verlange, sollte Johann mit ihm nach Dänemark reisen und hier alles bestätigen, wozu Albrecht sich König Waldemar gegenüber zugleich im Namen des Bruders verpflichtet hatte 7 ). Beide nannten sich Herzog von Mecklenburg, der Lande Rostock und Stargard Herr. Und Karl IV. hat später, am 10. August 1373, vor Fürstenwalde anerkannt, daß ihre Lande, soweit sie der Oberhoheit des Reiches unterständen, ein Gesamtlehn sein und bleiben sollten 8 ).
* *
*
Das Gebiet, das Albrecht behielt, umfaßte das Herzogtum Mecklenburg außer Sternberg und den früher märkischen Lehen Eldenburg mit der Ture und Wesenberg mit der Lize, die zu Mecklenburg gerechnet wurden, sowie die Herrschaft Rostock; dazu besaß er die Ländchen Crivitz und Grabow, die von den übrigen Gebieten getrennt lagen. Im ganzen mochten Albrechts Lande etwas mehr als ein Viertel der heutigen Großherzogtümer ausmachen. Sie wurden, soweit sie eine zusammenhängende Masse bildeten, im Westen begrenzt von den bischöflich=ratzeburgischen und herzoglich lauenburgischen Gebieten, im Süden von dem gräflich Schweriner Besitze, dem Lande Sternberg, den bischöflich Schweriner, Werle=Goldberger und Güstrower Landen, in Osten von Rügen und Pommern=Wolgast. Die Küste mit den beiden großen Seestädten hatte Albrecht behalten. Sein Territorium war das umfangreichste aller, die von Fürsten aus obotritischem Stamme beherrscht wurden, weit größer als das seines Bruders, der ja noch die brandenburgischen Pfandschaften erhalten hatte; aber es war doch nur klein. Die Macht, die Stoßkraft Albrechts hatte unter der Landesteilung gelitten. Er war entschlossen, jede Gelegenheit zur Vergrößerung seiner Lande auszunutzen, und eine solche Gelegenheit schien sich ihm in Werle=Goldberg zu bieten.
Mit den Fürsten dieses Territoriums, Johann III. und seinem Sohne Nikolaus IV., hatten die Mecklenburger am 22. Mai 1348 einen Vertrag geschlossen, worin ihnen gegen ent=
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sprechende Gegenleistung die Erbhuldigung der Goldberger Lande zugestanden wurde 9 ). Diese Huldigung sollte später vor sich gehen und ward in der Tat von Stavenhagen 10 ), also auch wohl von den übrigen fürstlichen Landen geleistet. Schon vorher, am 20. Juli 1344, war eine Erbverbrüderung der Mecklenburger mit Nikolaus III. und Bernhard II. von Werle=Güstrow, die damals ihre Lande noch nicht geteilt hatten, vor sich gegangen 11 ). Beide Verträge galten aber nicht für alle Zukunft, sondern nur für den Fall, daß die abschließenden Fürsten selbst keine nachfolgeberechtigten Erben hinterlassen würden. Nach dem Tode Johanns von Goldberg hatte daraus dessen Sohn am 8. Mai 1353 eine neue Erbvereinigung mit den Herren von Güstrow und Waren geschlossen, wonach alle werlischen Lande in der gesamten Hand verbleiben sollten 12 ). Die mecklenburgischen Ansprüche waren hier nicht beachtet worden, doch durfte man erwarten, daß die Verträge mit den Herzögen niemals erfüllt zu werden brauchten, da alle Fürsten von Werle damals schon männliche Erben besaßen 13 ). Immerhin ist es wahrscheinlich, daß sich der Zwist der Mecklenburger mit den Fürsten von Werle=Güstrow und Waren, der am 12. Januar 1354 in Rostock durch einen Friedensvertrag beigelegt wurde 14 ), aus der werlischen Erbvereinigung von 1353 ergeben hatte.
Im nächsten Jahre starb Nikolaus IV. (in der Zeit vom 14. März bis vor dem 1. Oktober) 15 ). Und jetzt faßte Albrecht
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den Plan, sich das Recht der Nachfolge in Werle=Goldberg auch für den Fall zu sichern, daß Nikolaus' einziger Sohn Johann IV. keine Erben zurücklassen würde. Zunächst suchte er die Vormundschaft über alle drei Kinder des Verstorbenen, Mechthild, Agnes und Johann, zu gewinnen und setzte sich deshalb mit Agnes, der Witwe Nikolaus' IV., einer Tochter des Grafen Ulrich von Lindow, in Verbindung. Schon vor dem 1. Oktober verhandelte er mit ihr zu Malchin 15 ), erreichte aber seinen Zweck nicht; denn Nikolaus III. von Güstrow übernahm, wahrscheinlich auf Anordnung des Verstorbenen, die Vormundschaft. Trotzdem gab Albrecht die Hoffnung nicht auf, und im folgenden Jahre kam er seinem Ziele schon näher. Es gelang ihm, die Witwe Agnes auf seine Seite zu bringen. Ende August 1355 erschien er aufs neue in Malchin; auch Barnim III. von Pommern=Stettin traf ein, den der Herzog sich wegen der vorauszusehenden Verwickelungen mit den Fürsten von Werle=Güstrow und Waren als Bundesgenossen sichern wollte. Am 29. kam es hier zu einem Vertrage zwischen Albrecht und Agnes, wonach die junge Mechthild oder, wenn diese stürbe, ihre Schwester mit Magnus, dem dritten Sohne des Herzogs, verheiratet werden sollte. Machte der Tod beide Ehen unmöglich, so sollte eine andere zwischen den Häusern Mecklenburg und Werle=Goldberg verabredet werden, nach dem Rate Barnims von Stettin. Außerdem aber wurde die kühne Bestimmung getroffen, es sollten, wenn der junge Johann ohne Erben stürbe, seine beiden Schwestern das Fürstentum Goldberg behalten 16 ). - Nach diesen für ihre Töchter so günstigen Bestimmungen war Agnes sicherlich damit einverstanden, daß Herzog Albrecht die Vormundschaft und damit Einfluß auf Werle=Goldberg gewann. Er war es ja hauptsächlich, der dieses rechtlich mehr als zweifelhafte Abkommen gegen die Fürsten von Güstrow und Waren verteidigen
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mußte, denen das am 8. Mai. 1353 gewährleistete Erbrecht entzogen werden sollte.
Nahm der junge Herzog Magnus eine der beiden Töchter Nikolaus' IV. zur Gattin, so war es nach dem Malchiner Vertrage möglich, daß ein Teil von Goldberg an Mecklenburg fiel. In Wahrheit aber gingen Albrechts Wünsche noch weiter. Wenn Johann IV. ohne Erben verstürbe, wollte er sich in den Besitz des ganzen Landes setzen. Er stellte sich, ohne dies allerdings Agnes zu erkennen zu geben, auf den Standpunkt, daß seine 1348 mit den Fürsten von Goldberg geschlossene Erbverbrüderung für alle Zukunft gelte, also auch für den Fall, daß Johann IV. keine Erben hinterlasse; damit verstieß er freilich gegen den Wortlaut des Vertrages. - Noch zu Malchin, ebenfalls am 29. August, schloß er unter Zuziehung einiger vertrauter Zeugen einen geheimen Vertrag mit Herzog Barnim. Dieser wünschte das Land Stavenhagen zurückzuerwerben, das früher zu Pommern gehört hatte und vor dem Juni des Jahres 1300 irgendwie an Werle gekommen war 17 ). Albrecht erklärte jetzt die ihm von den Mannen dieses Landes geleistete Erbhuldigung für ungültig und verpflichtete sich, möglichst bald dahin zu wirken, daß an seiner Stelle Barnim die Huldigung empfange 18 ). Auch wollte er dazu verhelfen, daß der junge Fürst Johann, wenn er mündig geworden sei, Stavenhagen von dem Pommernherzoge zu Lehn nehme. Barnim dagegen sagte seinen Beistand zur Erlangung der Vormundschaft über Witwe und Kinder Nikolaus' IV. zu. Stürbe Johann ohne Erben, so sollte Stavenhagen an Pommern, alles übrige Werle=Goldberger Land an seine Schwestern fallen. Und hiervon sollte Albrecht die Prin=
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zessinnen aussteuern, den Rest aber selber in Besitz nehmen 19 ). In dieser Bestimmung waren die Absichten des Herzogs ausgesprochen. Er und Barnim wollten sich gegenseitig in die Hände arbeiten, wenn nötig, mit den Waffen unterstützen.
Wenn auch dieser Vertrag mit dem Pommernherzoge geheim gehalten wurde, schon die Abmachungen, die Albrecht mit der Witwe Nikolaus' IV. getroffen hatte, konnten die Fürsten von Güstrow und Waren nicht ruhig mitansehen; auch war es natürlich, daß Nikolaus III. sich die Vormundschaft nicht ohne weiteres nehmen ließ. Leider erfahren wir wenig von dem Verlaufe des Zwistes, doch ist sicher, daß Albrecht schließlich zurückwich. Noch vor dem Frühling des nächsten Jahres versöhnte er sich mit den Werlern. Er gab die geplante Ehe auf; am 8. März 1356 verlobte er zu Sternberg seinen Sohn Magnus, der eine der Goldberger Schwestern hatte heiraten sollen, mit Katharina, der Tochter Nikolaus' III. 20 ). Und am 7. Juni, wieder in Sternberg, schlossen er und sein Bruder ein ewiges Friedens=, Hilfs= und Landfriedensbündnis mit den Fürsten von Güstrow und Waren, die den jungen Johann von Goldberg und seine Schwestern in den Vertrag mit aufnahmen 21 ). Die Vormundschaft über die Kinder Nikolaus' IV. führte nach wie vor der Güstrower 22 ); also auch auf dieses Amt hatte Albrecht verzichtet. Nikolaus III. und sein Bruder hatten die Witwe Agnes für sich gewonnen. Sie ließen die Bestimmung, daß das Erbrecht auf Goldberg den Töchtern der Fürstin zustehen sollte, unangefochten; doch sorgten sie dafür, daß ihre Söhne Lorenz und Johann mit den Prinzessinnen verlobt wurden, und sicherten ihrem Hause auf diese Weise den Anfall 23 ).
Es ist schwer zu sagen, aus welchem Grunde der Herzog so völlig nachgab. Wurde sein Abkommen mit Barnim von Stettin
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bekannt, so daß die Witwe Nikolaus' IV. und ihr Anhang sich von Albrecht abwandten? Hatten die Werler mächtige Bundesgenossen gewonnen? Möglich auch, daß die nordischen Angelegenheiten den Herzog bewogen, seine Goldberger Pläne fallen zu lassen.
9.
Albrechts nordische Politik von 1350-1360.
Der Kampf um die Grafschaft Schwerin und deren Erwerbung 1 ).
Wie einst Erich Menved den Fürsten Heinrich, so hatte Waldemar Atterdag Albrecht als dänischen Feldhauptmann benutzen wollen. Kurz nach seiner Wahl hatte er sich mit dem Herzoge verbündet 2 ), ebenso später, nach dem Kriege zur Zeit des falschen Waldemar, nachdem beide zum ersten Male die Waffen gekreuzt hatten. Im Lübecker Frieden vom 8. Mai 1350 war es zu einem Bündnisse gekommen; doch hatte Albrecht sich damals vorbehalten, bei Streitigkeiten des Königs mit Magnus von Schweden oder mit den Holsteinern - und das waren die Hauptgegner des Dänen - zu vermitteln oder als von Waldemar ernannter Schiedsrichter aufzutreten 3 ). Offenbar schwankte der Herzog noch, ob es richtig sei, sich der dänischen Partei zuzuwenden. Dann starb die dem Sohne Albrechts, dem jungen Heinrich, verlobte dänische Prinzessin Margareta, und es wurde in Taarnborg auf Seeland am 23. Oktober 1350 nunmehr ihre Schwester Ingeborg mit Heinrich verlobt. Zugleich schloß Albrecht mit Waldemar Atterdag ein fast uneingeschränktes Bündnis; es sollte sich gegen jedermann, nur nicht gegen den Römischen König in Böhmen und jenseits des Thüringer Waldes 4 ) richten. Der Herzog erklärte sich bereit, seinem Freunde und dessen Erben zum Besitze aller Lande zu verhelfen, die einst in der Hand Erich Menveds und König Christophs gewesen seien 5 ). Es war also
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nicht die Absicht des Vertrages, daß die alte waldemarische, von Erich Menved wieder aufgenommene deutsche Politik von neuem verfolgt werden sollte. Denn Erich - von Christoph ganz abgesehen - hatte von deutschen Landen nur Rostock wirklich in Besitz gehabt, und dieses sollte - so wurde Albrecht im Vertrage zugesichert - in der Hand der Mecklenburger bleiben. Jene Politik würde, zumal da die Holsteiner dem Könige noch gewachsen waren, aussichtslos gewesen sein, und Albrecht durfte sie niemals unterstützen, wollte er nicht die eben erst gewonnene Reichsstandschaft wieder aufgeben.
Von den Gebieten, die Erich besessen hatte, war
neben anderen Schonen noch nicht in Waldemars
Hand. Das Bündnis wandte sich also auch gegen
König Magnus. Gerade gegen diesen war ein
Vertrag gerichtet, den Albrecht und Waldemar elf
Tage später, am 3. November, in Kopenhagen
miteinander schlossen. Danach versprach der
König, dem jungen Herzoge Heinrich 10000
löth. Silbers zu zahlen, wenn er
durch die Hilfe seines Vaters Helsingborg, die
wichtigste Feste Schonens, gewönne. Sei das Geld
nicht binnen eines halben Jahres, nachdem das
Schloß in Waldemars Hände gekommen sei,
entrichtet, so sollte Laaland dafür verpfändet
werden
6
).
In Schweden blieb der feindliche Plan des dänischen Königs augenscheinlich nicht verborgen. In den ersten Monaten des Jahres 1351 - Magnus war auf einem Feldzuge gegen die Russen begriffen - erwartete man dort den Krieg mit Dänemark 7 ). Aber Waldemar wurde durch den Kampf gegen die Holsteiner festgehalten, während Albrecht mit den Grafen von Schwerin und Tecklenburg und hernach mit den Herzögen von Pommern=Wolgast in Fehde lag 8 ).
Albrecht und Waldemar sahen sich ähnlich in ihren Charaktereigenschaften und Fähigkeiten 9 ), im Willen zur Macht, dem unerbittlichen Eigennutz, in der Elastizität des Geistes und der Tatkraft, die mit allen Mitteln ihre Ziele verfolgte. Sie paßten zusammen und fühlten sich einander verwandt. Gegenseitige Achtung hatte vielleicht ihr Bündnis gefördert, aufgebaut
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aber war es nicht auf solcher Empfindung, sondern auf dem Nutzen, den sie dabei fanden. Von Unterordnung Albrechts unter Waldemar war ja keine Rede. Durch den Gegensatz der Interessen in der Barther Sache erschien das Bündnis von vorneherein etwas brüchig, und die Entscheidung, die Waldemar hier schließlich fällte, ließ die Freundschaft sofort erkalten.
Alsbald besserten sich Albrechts Beziehungen zur dänenfeindlichen Partei. Bei der mecklenburgischen Landesteilung von 1352 findet sich Heinrich von Holstein, der um diese Zeit mit Magnus befreundet war und ihn auf dem Feldzuge gegen die Russen begleitet hatte 10 ), als Zeuge 11 ). Das Verhältnis zwischen Magnus und Albrecht hatte natürlich durch dessen Anschluß an Waldemar Atterdag gelitten, wenn auch der Schwedenkönig vielleicht über die Verträge von Taarnborg und Kopenhagen nicht genauer unterrichtet war. Augenscheinlich aber lag Magnus daran, den Herzog zu sich herüberzuziehen. Wohl auf jener Helsingborger Versammlung von 1352, wo er mit Albrecht und Waldemar zusammentraf 12 ), suchte er sich ihm zu nähern. In dem Streite, der ihn um diese Zeit mit den Seestädten entzweite, bestellte er den Herzog zum Vermittler. Zusammen mit schwedischen Räten und Lehnsmannen schloß Albrecht - vor dem 9. August 1352 - für den König einen Waffenstillstand mit Lübeck bis Pfingsten 1353 13 ), den er dann bis zum 2. Februar 1354 verlängerte (vor dem 18. Mai 1353) 14 ). Im Dezember 1353 wurde er von neuem beauftragt; gemeinsam mit Heinrich von Holstein wurde er bevollmächtigt, über den Frieden oder einen weiteren Stillstand mit Lübeck zu verhandeln 15 ). Er verlängerte darauf die Waffenruhe bis zum 11. November 1354 16 ). Auch mit Rostock, Wismar und Stralsund sollte der Herzog im Namen des Königs in Verbindung treten 17 ).
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Er hatte das Vermittleramt anfangs übernommen,
ohne daß er sich von Waldemar getrennt hätte, -
es bestand ja keine offene Feindschaft zwischen
den beiden Königen. Als aber Waldemar den Streit
um Barth in einer für Albrecht so unerwünschten
Weise entschieden hatte, wechselte der Herzog
seine Stellung. Das Verhältnis zwischen ihm und
Magnus wurde zusehends besser. Im März 1354 gab
ein Beamter Albrechts einem Wismarer Ratsherrn
Geld zur Einlösung der verpfändeten schwedischen
Krone
18
). Im
Frühling desselben Jahres schickte der Herzog
mehrmals, zuletzt im Juni, Gesandte zu seinem
Schwager nach Norden
19
). Und am 9. August
1354 trat er zu Bohus in den Dienst des Königs,
der ihm dafür jährlich 200
reinen Silbers zu zahlen
versprach. Albrecht leistete ihm den Treueid.
Auch für die Nachkommen der beiden Schwäger
sollte der Vertrag gelten
20
). - Im September verlängerten
Albrecht und der Lübecker Rat den
Waffenstillstand zwischen dem Könige und der
Stadt noch einmal bis zum 11. November 1355
21
).
Waldemar Atterdag täuschte sich nicht über die veränderte Gesinnung des Herzogs. Noch im Jahre 1354, gleich nachdem er - um Michaelis - eine Zusammenkunft mit Magnus in Helsingborg gehabt hatte, ließ er seine Tochter Ingeborg, die seit ihrer Verlobung mit Heinrich am mecklenburgischen Hofe in
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Wismar erzogen wurde, "feierlich" zurückholen 22 ). Es ist dies immerhin ein Zeichen dafür, daß sich das Verhältnis zwischen ihm und Albrecht zugespitzt hatte. ImFrühling 1356 traf der Herzog den König auf einem Turnier in Kiel und mahnte ihn an etwas; wir wissen nicht, um was es sich handelte. Auch die Holsteiner Grafen stellten Waldemar hier zur Rede 23 ). Albrecht schied in Feindschaft von dem Könige. ImAugust begegnete er ihm in Lübeck, wo ein von vielen norddeutschen Fürsten besuchter Kongreß stattfand. Es soll hier ein allgemeiner Landfriede vereinbart worden sein. -
Auch die Freundschaft zwischen Magnus und Albrecht war nicht von Bestand. Innere Wirren in Schweden zerstörten sie. Seit dem Jahre 1353 machte der König ernstliche Anstrengungen, die übermächtige Stellung der schwedischen Großen, die seit langem ihren Einfluß zum Schaden des Königtums zu erweitern suchten, zu brechen und zugleich, um sich aus drückender Geldnot zu befreien, die Freiheiten der Großen einzuschränken. Er wollte diese Vorsätze durchführen in Gemeinschaft mit Bengt Algotsson, den er zum Herzog von Finnland und Halland erhob und zum Statthalter von Schonen machte; es war ein Mann aus vornehmem Geschlechte, rücksichtslos, aber seinem Könige treu ergeben 24 ). Ein festes monarchisches Regiment sollte aufgerichtet werden, und Magnus ging daran, das oberste Reichsamt, das des Drosten, der dem Könige leicht gefährlich werden konnte, aufzuheben. Diese antiaristokratischen Bestrebungen mußten Magnus den Beifall der durch den Adel herabgedrückten niederen Stände gewinnen. In den Kreisen des Adels riefen sie natürlich Widerstand hervor. Es bildete sich eine aristokratische Partei, der Nikolaus Turesson, der bisher das Amt des Drosten ausgeübt hatte, Bengt Filipsson, Bo Jonsson, Karl Ulfsson, Erich Karlsson, Erengisle Sunesson, der Bischof Nikolaus von Linköping und andere angehörten. Ihnen stellte sich Erich, der ältere Sohn des Königs,
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an die Seite. Sein jüngerer Bruder Hakon war schon 1343 zum Nachfolger in Norwegen bestimmt worden, wo er 1355 die Regierung antrat 25 ). Erich fühlte sich hierdurch zurückgesetzt. Er sollte Nachfolger in dem Wahlreiche Schweden werden, hatte jedoch keinen Anteil an der Regierung und mußte sehen, daß Bengt Algotsson ihm vorgezogen wurde. So wurde er das Haupt der Unzufriedenen. Er entschloß sich zu einem Aufstande, der sich gegen Herzog Bengt, aber damit auch gegen Magnus richtete. ImHerbste 1356 rückte der Prinz in Schonen und Halland ein und belagerte Warberg in Nordhalland.
In seinem Lager befand sich Herzog Albrecht. Wie weit er an der Erregung des Aufstandes beteiligt war, seit wann er mit seinem Neffen verhandelte, wissen wir nicht. Er unterstützte Erich mit Truppen, auch veranlaßte er Adolf von Holstein, in den Dienst des Prinzen zu treten 26 ). Seinen Beistand ließ der Herzog teuer erkaufen. Am 27. Dezember, bei Warberg, verlieh ihm Erich die Schlösser Skanör und Falsterbo mit Fullsoken auf zwölf Jahre. Albrecht sollte dort alle Rechte ausüben und alle Einkünfte mit Ausnahme des Abfalls vom Heringe für sich einziehen. Am selben Tage verlieh Erich - er nannte sich in beiden Urkunden König der Schweden und Goten und Herr des Landes Schonen - den Söhnen des Herzogs, Heinrich und Albrecht, das Herzogtum Südhalland mit den beiden dazugehörigen schonischen Harden Berge und Nörre=?sbo als erbliches schwedisches Kronlehn, behielt sich jedoch den Rückkauf vor 27 ). Mit dreißig Mannen sollten die Mecklenburger den Lehnsdienst leisten. Es waren die Gebiete, die einst Knut Porse und dann dessen Söhne, die inzwischen gestorben waren, besessen hatten. - So faßte das mecklenburgische Haus in Schweden festen Fuß.
Aber Erich war ein Empörer. Es bedurfte erst einer Auseinandersetzung mit Magnus, bevor die den Mecklenburgern ausgestellten Urkunden rechtliche Gültigkeit erlangten. Es scheint nicht, daß der Aufruhr viel Widerstand fand. Bengt Algotsson war entflohen, und Magnus mußte sich im Januar 1357 bequemen, seinen Zwist mit Erich der Entscheidung Albrechts und Adolfs von Holstein anheimzugeben, der Bundesgenossen seines Sohnes;
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es ist das ein Zeichen dafür, daß er hilflos unterlegen war. Am 28. April wurde in Jönköping der Spruch der beiden Schiedsrichter verkündet, der natürlich für Erich vorteilhaft ausfiel. Magnus sollte seinem Sohne den südöstlichen Teil Schwedens mit Schonen und Südhalland und dazu Finnland überlassen. Drei Tage später wies er Herzog Albrecht eine dreijährige Rente von 4000 M schwedischer Pfennige an. - Am 24. Mai verpflichtete sich Erich, den Lehnbrief für Albrechts Söhne zum 6. Oktober zu überliefern; die Urkunde sollte dann mit den Siegeln aller Zeugen, die zum Teil noch fehlten, versehen, und es sollte Erichs Sekret durch das große Siegel ersetzt sein 28 ).
* *
*
Waldemar Atterdag hatte die Entwicklung der Wirren in dem Nachbarreiche mit Spannung beobachtet. Erich stand zu ihm in verwandtschaftlicher Beziehung, da er kürzlich eine Nichte des Königs, Beatrix, die Tochter des Markgrafen Ludwig, geheiratet hatte 29 ). Vor dem Aufstande war er in Dänemark gewesen, wohl, um Waldemars Beistand zu gewinnen. Der König aber wollte sich augenscheinlich vergewissern, ob nicht Magnus ihm mehr bieten würde. Er schickte einen Gesandten zu diesem, der jedoch von Erich aufgefangen ward 30 ). Waldemar sah in dem Zwist zwischen Vater und Sohn eine Gelegenheit, Schonen, die reiche Provinz mit dem frisch pulsierenden wirtschaftlichen Leben, deren Verlust er so schmerzlich empfand, zurückzuerwerben. Im Frühling 1357 aber geriet er in einen Krieg mit allen drei Holsteiner Grafen und aufsässigen Jüten 31 ).
Daß Magnus mit seiner Lage nicht zufrieden war, ist natürlich. Wenn Waldemar seine Fehde beendet hatte, dann konnte es leicht sein, daß Magnus in ihm einen freilich nicht uneigennützigen Helfer fand. Albrecht und Erich erkannten die Gefahr, die ihnen in einem Bunde zwischen den beiden Königen drohte. Sie wollten ihr zuvorkommen und beschlossen, den Gegnern Wal=
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demars beizutreten, in der Hoffnung, daß der König durch die Koalition, die ihm dann gegenüberstand, geschlagen würde, so daß er hernach nicht daran denken konnte, Magnus zu unterstützen. Am 6. September 1357 kam es in Doberan zu einem Bündnisse zwischen Erich und den Holsteiner Grafen gegen Waldemar, Bengt Algotsson, der in Dänemark eine Zuflucht gefunden hatte, und deren Helfer. Auch Albrecht nahm an dem Bunde teil. Seine und Erichs Kriegserklärung ging dem Könige allerdings erst am 9. Januar 1358 zu.
* *
*
Wie der Feldzug gegen Waldemar im Jahre 1349, so
verwob sich auch dieser für Albrecht mit einem
Kriege gegen Schwerin. Mit seinem
Schwiegersohne, dem Grafen Otto, hatte der
Herzog zuletzt in Frieden gelebt. Im Dezember
1354 waren er und Barnim von Pommern=Stettin zu
Schiedsrichtern über die Streitigkeiten ernannt
worden, die Otto mit dem Markgrafen Ludwig dem
Römer, der jetzt in Brandenburg regierte, um
Perleberg, Marnitz, Neustadt und Stavenow führte
32
).
Erst im übernächsten Jahre jedoch war es
Albrecht - ohne Barnims Hilfe - gelungen, den
Zwist aus der Welt zu schaffen; Otto verzichtete
auf Perleberg und nahm die übrigen Besitzungen
nebst einer jährlichen Rente von 125
Silber vom Markgrafen zu Lehn
33
). Bald darauf starb Otto. In
seiner letzten Lebenszeit war sein Bruder
Nikolaus von Tecklenburg in der Grafschaft
gewesen und hatte an den Regierungsgeschäften
teilgenommen
34
). Nikolaus und sein Sohn Otto
traten nun das Erbe an.
Albrecht aber wollte das Land, das sich in die Herrschaft Mecklenburg hineinschob, erwerben. Ein Anrecht auf irgend welche Teile der Grafschaft hatte er seit dem Wismarer Vertrage vom Oktober 1352, soweit sich beurteilen läßt, nicht mehr; doch suchte er sich jetzt einen Rechtstitel auf das ganze Land zu verschaffen. Er wandte sich an seinen Oheim Rudolf von Sachsen=Wittenberg; und dieser erklärte - es war am 28. Juli 1357 zu Sandow im Havelbergischen -, die Grafschaft sei wittenbergisches Lehn, eine Behauptung, bei der er sich besonders auf die Kurwürde berief, die Karl IV. kürzlich der wittenbergischen Linie des sächsischen Hauses zugewiesen hatte. Das Lehn sei nach dem
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Tode der Grafen Heinrich, Nikolaus und Otto, die ohne männliche Erben gestorben seien, anheimgefallen. Rudolf belehnte nun für sich und seine Erben die beiden jüngsten Söhne Albrechts, Albrecht und Magnus, und den alten Herzog selbst als deren Vormund mit der Grafschaft, dazu mit Crivitz und Boizenburg, die ja schon in mecklenburgischer Hand waren. Auch gebot er den Mannen, Burgmannen und Städten des Landes, den jungen Herzögen und zu ihrer Hand ihrem Vater zu huldigen 35 ).
Albrecht selber hatte früher die Lehnsherrschaft der lauenburgischen Linie als berechtigt anerkannt 36 ) und setzte sich also nun in Gegensatz zu den Herzögen dieses Zweiges des sächsischen Hauses. Es handelte sich für ihn in diesem Streite nicht eigentlich um eine Rechts=, sondern um eine Machtfrage.
Die Tecklenburger hatten augenscheinlich vorausgesehen, daß ihnen von Albrecht Gefahr drohe. Schon am 10. Juli 1356, noch vor Ottos Tode, hatten sie mit Erich von Lauenburg und dessen gleichnamigem Sohne ein Bündnis geschlossen 37 ). Am 15. August 1357 verbündete sich Albrecht mit dem Herzoge Wilhelm von Lüneburg gegen die Tecklenburger und die Lauenburger; die Eroberungen, die man in der Grafschaft machen würde, sollten an Albrecht, die in Lauenburg an Wilhelm fallen. Am 27. Juli traten die Herren von Preen und die von Pentz für den Feldzug in Albrechts Dienst. Zwischen Erich von Lauenburg und Albrecht sowie dem Herzoge Johann von Mecklenburg, der seinen Bruder unterstützte, wurde am 19. November ein kurzer Waffenstillstand (bis zum 24. November) vereinbart. Erich hatte nicht nur als Bundesgenosse der Tecklenburger und Verteidiger der lauenburgischen Oberhoheit über Schwerin, sondern auch als Freund des Dänenkönigs die Waffen gegen Herzog Albrecht erhoben.
Mitte Januar des nächsten Jahres (1358) war dieser in Prag bei Karl IV. Es hatte zwischen ihm und dem Luxemburger eine Zwistigkeit gegeben, über die nichts Näheres bekannt ist. Barnim von Pommern=Stettin und auf dessen Veranlassung Bogislav V. von Wolgast und der Bischof von Kammin hatten sich auf die Seite Karls gestellt und Albrecht gegenüber eine drohende Haltung eingenommen. Daß auch der Dänenkönig sich
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ihnen anschloß, war kein Wunder. Besorgt war Albrecht nach Prag geeilt, wo er sich mit dem Luxemburger ausgesöhnt haben mag 38 ).
Von Ende Januar bis Ende Juli leitete er den Kampf um die Grafschaft Schwerin. Mechthild, die Witwe Ottos, hatte er gefangen nehmen lassen 39 ). Als Stützpunkte für den Kampf wurden die Schlösser Rlate und Redefin errichtet 40 ). Wie 1351, so belagerte Albrecht auch jetzt wieder Schwerin. Der Stadt gegenüber entstand vor dem 6. April 41 ) eine Befestigung namens Neu=Schwerin. Achtunddreißig Mannen wurden hier einquartiert 42 ). Eine gange Stadt, sagt Detmar, sei es gewesen. Nirgends sollten die Belagerten einen Ausweg finden; aber sie waren "zu behende". Heimlich fielen sie in das Herzogtum ein, legten Feuer an und machten Gefangene, wobei freilich auch von ihnen mitunter einige ergriffen wurden. Zuweilen verkleideten sie sich, kamen als Landleute und Weiber mit Hühnern, Eiern und Butter ins feindliche Lager und verbrannten dann wohl die Befestigungswerke. Auch stellten sie sich, als ob sie Fischer seien, und fischten mitunter Leute für Fische 43 ). - Die Rostocker schickten dem Herzog eine Belagerungsmaschine 44 ). Wiederholt finden sich Gesandte der Stadt um diese Zeit bei ihm. Vor dem 3. Juni nahmen die Mecklenburger die Schelfburg ein und freuten sich der dort erbeuteten Fleischvorräte 45 ). Im Juni lag Albrecht vor Neustadt, auch Lassan wurde damals belagert 46 ).
Viel machte Erich von Lauenburg dem Herzoge zu schaffen. Am 24. August eroberte er Plau 47 ), das Bernhard und Nikolaus III. von Werle 1356 an Albrecht verpfändet hatten 48 ). Im September griff er Proviantwagen der Mecklenburger auf 49 ).
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An seiner Seite beteiligten sich seine Vettern Erich und Albrecht von Sachsen=Mölln und Bergedorf am Kriege. Augenscheinlich wollte der Lauenburger Albrecht davon abhalten, nach Norden gegen Waldemar Atterdag zu ziehen. Das gelang freilich nicht.
* *
*
Der Dänenkönig hatte im Frühjahr den Grafen von Delmenhorst zu Barnim von Pommern=Stettin gesandt und ihn bitten lassen, sich im Namen Waldemars beim Kaiser über Albrecht zu beschweren. Barnim richtete daraus am 10. April einen Brief an Karl IV.: Der König beklage sich über den Mecklenburger, der sich durchaus nicht an seinen ihm geleisteten Lehnseid kehren wolle. Auch darüber, daß die Gräfin von Schwerin gefangen sei, wurde Beschwerde geführt; Albrecht wolle sie ihrer Leibgedinge berauben 50 ).
Am 2. Juli erschien eine dänische Flotte vor Wismar. Die Besatzung begann im Hafen zu plündern. Da aber sprang, nach dem Berichte der dänischen Chronik, der Wind um, so daß die Schiffe den Hafen nicht verlassen konnten. Die Wismarer warfen sich in ihre Ruderfahrzeuge und machten, immer durch Nachschub vom Lande verstärkt, Angriff auf Angriff. Als sie endlich Schiffe mit Holzwerk füllten und als Brander gegen die feindliche Flotte sandten, ergaben sich die "von allen vier Elementen" bekämpften Dänen. Vom Morgen bis zum Abend währte der Kampf. Der feindliche Admiral selber wurde gefangen, mit ihm, wie es heißt, 160 Gewappnete. Viele ertranken oder fielen. Dem Admiral gelang es zu entfliehen. Die Wismarer verherrlichten seine Gefangennahme durch eine Inschrift im Chor ihrer Dominikanerkirche 51 ).
Es war ein Glück für Albrecht, daß er von dem Schwager Waldemars, dem Markgrafen Ludwig dem Römer - dessen Bruder Otto, ebenfalls Markgraf, war noch unmündig -, nichts zu fürchten hatte. Sein Verhältnis zu Ludwig war seit 1350 einige Jahre hindurch gut geblieben. 1354 jedoch hatte es einen Streit gegeben. Im Dezember dieses Jahres hatte nämlich der Bischof von Havelberg Albrecht für den Schutz gegen mancherlei
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Angriffe die Oberhoheit über die Herrschaft Putlitz zu Lehn gegeben 52 ), auf die auch der Markgraf Anspruch machte. Otto Gans von Putlitz erkannte damals die mecklenburgische Oberhoheit an 53 ). Sehr ernst scheint dieser Streit mit dem Wittelsbacher allerdings nicht gewesen zu sein; noch 1356 vermittelte Albrecht zwischen ihm und dem Grafen Otto von Schwerin 54 ), und erst im Juli des nächsten Jahres legte er seinen eigenen Zwist mit dem Markgrafen bei. Er kam mit Ludwig überein, daß dieser Ingeborg, die seinem Bruder Otto verlobte Tochter Albrechts 55 ), selber heiraten solle; zugleich wurde die Putlitzer Sache einem Schiedsgerichte übertragen. - Der Herzog behielt dann die Lehnsherrschaft 56 ).-
Am 26. Juli 1358 war er bei Tribsees und versöhnte den Markgrafen mit den Herzögen von Pommern=Wolgast, ein Zeichen, daß die beteiligten Fürsten in dem bestehenden Kriege nicht gegen ihn Partei ergriffen hatten. Barnim von Wolgast begleitete ihn sogar auf den nordischen Kriegsschauplatz.
Eben um die Zeit, wo er sich in der Gegend von Tribsees aufhielt, schickte Albrecht eine Truppenabteilung nach Dänemark. In der zweiten Woche des Augusts begab er sich über Neustadt in Holstein mit den Holsteiner Grafen nach Fehmarn. Diese Insel hatte Waldemar dem Grafen Johann entrissen 57 ), und die Verbündeten machten nun einen vergeblichen Versuch, sie zurückzuerobern 58 ). Dann ging es weiter nach Schonen. Albrecht wollte von hier aus Seeland angreifen, soll jedoch diesen Plan aufgegeben haben, nachdem er vernommen, daß Waldemar ihn stark gerüstet erwarte. Dann setzte der König nach Schonen über. Er stand bei Helsingborg, als - im September - der junge Herzog Heinrich seinem Vater nachsegelte. Um diese Zeit aber, zwischen dem 24. August und dem 21. September, verlor Albrecht ein Treffen gegen Erich von Lauenburg, das nach Detmar auf dem Yellande stattfand. Ungefähr 150 Ritter und
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Knappen sollen ihm abgefangen sein. Was unter dem Yellande zu verstehen ist, ist zweifelhaft, vielleicht die Ebene zwischen Krakow und Goldberg. Dann müßte die Schlacht in Albrechts Abwesenheit ausgefochten sein, da der Herzog im Norden war. Er fuhr mit seinem Sohne von Schonen nach Seeland, landete bei Kopenhagen und ritt nach Köge. Wahrscheinlich wollte er mit Waldemar unterhandeln. Jedenfalls schickte er, nachdem er es aufgegeben hatte, den Krieg nach Seeland hinüberzutragen, Barnim von Wolgast an den König ab. Wenn das Treffen gegen den Lauenburger vorher stattfand, so könnten wohl die in ihm erlittenen Verluste Albrecht veranlaßt haben, den Frieden zu suchen. Herzog Barnim trat als Friedensvermittler auf und brachte einen Waffenstillstand zustande, der wohl in Helsingborg abgeschlossen wurde; dort übernahm Barnim zugleich die Entscheidung zwischen dem Könige und den Holsteinern (zwischen Ende September und Mitte Oktober 1358). Der endgültige Friede sollte auf einer nach Stralsund anberaumten Versammlung geschlossen werden. Diese fand dort gegen Ende des Oktobers statt. Von den in Stralsund zwischen Albrecht und Waldemar getroffenen Abmachungen wissen wir nur das eine, daß eine neue Vereinbarung über die Gefangenen, die Barnim vorher freigesprochen hatte, zustande kam. -
Zwischen Albrecht und Erich von Sachsen vermittelte der Dänenkönig; Erich sollte das von ihm eroberte Plau herausgeben und dafür Gadebusch oder Boizenburg erhalten. Dies wurde jedoch nicht durchgeführt, vielleicht weil sich Erichs Verbündete, seine Vettern von Mölln und Bergedorf und die Tecklenburger Grafen, widersetzten, die alle Anteil an Plau hatten. Zunächst gab nur Erich seinen Anteil heraus; er wird dafür irgendwie entschädigt worden sein. Ende November verhandelte er in Gadebusch mit Heinrich von Mecklenburg, dem Sohne Albrechts. Gleich darauf, kurz nach dem 25. November, traf Albrecht dort ein. Auch zwei Rostocker Ratsherren waren zugegen. Hier in Gadebusch kam offenbar die endgültige Sühne zwischen Erich und Herzog Albrecht zustande.
Möglich, daß die Verbündeten beider Parteien mit aufgenommen wurden; jedenfalls bestand zwischen den Verhandlungen in Gadebusch und dem gleich darauf erfolgenden Frieden Albrechts mit den Tecklenburgern irgend ein Zusammenhang. Am 1. Dezember schlossen der Herzog und seine Söhne in Schwerin Frieden, Bündnis und Erbverbrüderung mit den Grafen Niko=
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laus und Otto. Land und Stadt Schwerin leisteten
den Herzögen am gleichen Tage die Erbhuldigung,
ebenso Land und Stadt Wittenburg am 4. Dezember.
Aber schon am 7. Dezember wurde in Plüschow eine
ganz neue Vereinbarung getroffen: die Grafschaft
wurde für 20000
löth. Silbers an Albrecht und
seinen ältesten Sohn verkauft
59
). Gräfin
Mechthild sollte ihre Leibgedinge behalten. Der
Anteil der Tecklenburger an Plau wurde herausgegeben.
Die Kaufsumme für die Grafschaft war in vier
Raten von je 5000
zu zahlen. Nachdem die erste Rate
entrichtet sei, sollten für die zweite Bürgen
gestellt, für die beiden letzten Boizenburg
verpfändet und ebenfalls Bürgen gestellt werden.
Dann mußten die Tecklenburger die Grafschaft
überliefern. - Die erste Rate wurde, freilich
zehn Tage zu spät, am 27. März 1359 gezahlt.
Nachdem auch die übrigen Bedingungen erfüllt
waren, wurde die Grafschaft am 31. März
übergeben
60
). Albrecht verlegte bald darauf
seine Residenz von Wismar nach Schwerin.
Nun aber begannen die Zahlungen zu stocken. Von
der zweiten Rate, die am 6. Dezember 1359
entrichtet werden sollte, wurden nur 2850
rechtzeitig erlegt, der Rest nach
und nach in kleineren Beträgen, wovon der letzte
am 25. Mai 1360 gezahlt wurde, bis auf 800
entrichtet. Dieser Rest ward
zweimal, zuletzt bis zum 5. November 1360,
gestundet. Bei solcher Verschleppung der
Zahlungen mußte es dem Grafen Nikolaus
willkommen sein, wenn er durch einen
wohlhabenden Dritten in seinen Ansprüchen
befriedigt wurde, dem er dann natürlich das
Pfandrecht auf Boizenburg abtreten mußte. Dieser
Dritte nun fand sich in Lübeck. Mit sicherem
Blicke erfaßte der Rat die günstige Gelegenheit.
Gelang es ihm, Boizenburg an sich zu bringen, so
hatte Lübeck damit bis zur Auszahlung des Restes
der Kaufsumme für Schwerin, also höchst
wahrscheinlich noch für längere Zeit, Einfluß
auf die Elbschiffahrt gewonnen und den
Boizenburger Elbzoll in seiner Hand.
So kalkulierte man an der Trave und verständigte sich dann mit dem Grafen. Der Pfarrer Werner Struve, der Bevollmächtigte des Tecklenburgers, der schon bei den Zahlungen des Kaufgeldes eine Rolle gespielt hatte, sollte Boizenburg übergeben. Er war zu diesem Zwecke in der Stadt zurückgeblieben, nachdem der
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gräfliche Burgmann mit den Seinen davongeritten war, und hatte den Rat bereits von der bevorstehenden Ankunft der Lübecker in Kenntnis gesetzt, als diese vor dem Tore erschienen. Sie mußten versichern, sich jeder Gewalttat gegen das Schloß zu enthalten, und wurden dann eingelassen. Während nun die Ratmänner ihren Richterpflichten nachgingen, überlieferte Struve Schloß und Turm den Fremden. Die Ratmänner von Boizenburg hatten nicht die Absicht, sich zu widersetzen. Nachdem ihnen die Urkunde vorgelegt und sie über die Sachlage unterrichtet worden waren, erklärten sie das Geschäft für rechtmäßig. Auf die Frage der Lübecker aber, ob ihnen irgendwelche heimliche und besondere Abmachungen bekannt seien, erwiderten sie, daß Boizenburg als offenes Schloß des Herzogs zu gelten habe. Diese Bestimmung, die sich übrigens in den Kaufverträgen nicht findet, war den Lübeckern unbekannt. Sie bemerkten, dann sei ihnen Boizenbnrg nicht zwei Pfennige wert, und zogen zurück, so daß sich Struve seine Urkunden wiedergeben ließ. Nachdem man dann noch vergeblich unterhandelt hatte, ritten die Lübecker davon 61 ).
Der Plan war gescheitert, doch brachte er Albrecht eine nicht unwillkommene Gelegenheit, die lästigen Verpflichtungen den Tecklenburgern gegenüber von sich abzuschütteln. Man scheint nämlich bei der Verabredung gar nicht berücksichtigt zu haben, daß der Herzog mit Lübeck in Fehde lag, weil die Bürger sich auf eigene Hand gegen räuberische mecklenburgische Vasallen - es handelte sich um einen Warenraub zwischen Hamburg und Oldesloe 62 ) - Recht verschafft und einige erschlagen hatten. Von Bedeutung wird die Fehde kaum gewesen sein. Es war zu Verhandlungen in Dassow gekommen 63 ) und auch wohl, durch Vermittlung Rostocks, zu einem Stillstand; jedenfalls wurde ein solcher am 19. April 1361, diesmal allerdings erst nach den Verhandlungen der Lübecker in Boizenburg, geschlossen 64 ). Und endlich, Mitte Juni, kam man überein, den Zwist durch den Erzbischof Fromhold von Riga schlichten zu lassen, der Lübeck eine
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Buße von 1000
Lüb. in Gold auferlegte
65
). - Wegen dieses Streites warf
Albrecht dem Tecklenburger Verrat vor. Er
erklärte, der Graf habe Boizenburg seinen
Feinden ausliefern wollen, nahm die Pfandschaft
an sich, verpfändete sie den Sukows und
verweigerte hinfort jegliche Zahlung. Ein
Prozeß, den Graf Nikolaus anstrengte, blieb
ergebnislos. Der lübische Chronist aber, der den
schönen Plan seiner Stadt hatte scheitern sehen,
fand Worte ehrlicher Entrüstung
66
).
* *
*
In dem Kriege, der im Norden getobt hatte, war Waldemar Atterdag trotz der großen Zahl seiner Gegner Sieger geblieben. Die Stellung des jungen Königs Erich war erschüttert. 1357 hatte er, nicht zufrieden mit seinem Anteil an Schweden, in das Gebiet des Vaters übergegriffen, und dieser hatte sich genötigt gesehen, ihm die Verwaltung fast ganz Svealands zu übertragen (November 1357) 67 ). Im März 1358 aber war Magnus im Besitze Helsingborgs. ImDezember erklärte er sich bereit, zwischen sich und Waldemar auf der einen, Erich auf der anderen Seite zu entscheiden. Würde Erich dem Spruche nachkommen, so sollte er Helsingborg zurückerhalten 68 ). Magnus also wollte in eigener Sache urteilen, ebenso wie Albrecht und Graf Adolf von Holstein im Jahre 1357; es muß bedenklich um Erich gestanden haben. Eine Aussöhnung wurde offenbar nicht herbeigeführt. Zu Beginn des Jahres 1359 waren Magnus und Blanka, seine Gattin, in Kopenhagen. Hier wurde Hakon von Norwegen, ihr jüngerer Sohn, mit Waldemars sechsjähriger Tochter Margareta verlobt. Zugleich wurde ein Bündnis gegen Erich geschlossen. Augenscheinlich wurde bestimmt, es sollten für den Fall, daß Magnus gegen die Kopenhagener Abmachungen verstoßen würde, Schonen samt Blekingen und Südhalland, die Lande östlich vom Sunde, die früher dänisch gewesen waren, an Waldemar fallen 69 ). Mit dessen Hilfe wollte Magnus Erich vernichten und seine alte Stellung in Schweden zurückgewinnen.
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Bald darauf fiel Waldemar in Schonen ein und unterwarf einen Teil des Landes für Magnus. Durch Mangel an Proviant wurde er jedoch zum Rückzuge genötigt. Erich hatte unterdessen ein Heer gesammelt, und es gelang ihm, sich noch einmal zum Herrn der Lage in Schweden zu machen. Im Mai oder Anfang Juni 1359 zwang er Magnus zu einem Vergleich 70 ), durch den wahrscheinlich die Kopenhagener Abmachungen aufgehoben wurden 71 ). So erlangte Waldemar Anspruch auf Schonen. Es galt, die Provinz gegen ihn zu verteidigen. Bald darauf starb Erich (21. Juni).
Albrecht hatte das Bündnis zwischen Magnus und Waldemar, die bedrängte Lage Erichs nur mit Sorgen betrachten können. Er hatte ja für Südhalland und seine schonischen Pfandschaften 72 ) zu fürchten. Sein Friede mit Dänemark, das mußte er sich sagen, war nur ein Waffenstillstand, solange Erichs und damit des mecklenburgischen Hauses Stellung im Norden durch Waldemar Atterdag bedroht blieb. Schon vor Erichs Tode hatte er von neuem gerüstet, um dem jungen Könige zu Hilfe zu kommen.
Wiederum fand er in den Holsteinern Verbündete. Ob zwischen Waldemar und den Grafen Heinrich und Klaus überhaupt ein Frieden geschlossen worden war, läßt sich nicht sagen. Johann von Plön jedenfalls hatte die von Barnim von Stettin gefällte Entscheidung angenommen, wonach alle Eroberungen und Gefangenen herausgegeben werden sollten. Vor dem 31. März 1359 aber trugen Johann und sein Sohn Adolf Herzog Albrecht ihre Beschwerde darüber vor, daß Waldemar Fehmarn nicht herausgeben wolle, und daß die den Grafen von den Herzögen von Sachsen abgefangenen Mannen noch nicht in Freiheit gesetzt seien. Albrecht III. von Mölln habe die Plöner sogar noch nach der Sühne geschädigt 73 ). Am Tage der Übergabe der Grafschaft Schwerin (31. März) traf dann Albrecht in Boizenburg mit den Herzögen von Mölln und Bergedorf zusammen, erreichte aber nur, daß Albrecht III. den gefangenen Holsteinern eine Frist
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zur Zahlung des Lösegeldes bewilligte. Zugleich
kaufte er den Sachsen ihren Anteil an dem im
verflossenen Jahre eroberten Plau für 200 löth.
ab
74
).
Ende Juni oder Anfang August griffen Albrecht und die Holsteiner Fehmarn an und brachten die Insel in ihre Gewalt. Am 8. Juli verabredete der Herzog hier auf Fehmarn mit den Knappen von Bosel die Anwerbung von Mannschaften to desser reyse, de wi nu denken to donde. Erichs Tod war ein schwerer Schlag für ihn. Aber er entschloß sich, den Kampf fortzusetzen; denn es schien, als ob Magnus sich nun, wo er von Erich erlöst und wieder Herr des ganzen Schwedens war, gegen Waldemar Atterdag und dessen Ansprüche auf Schonen zur Wehr setzen wollte. Der Herzog fuhr in Begleitung der Holsteiner nach Schonen hinüber und schloß am 17. August in Falsterbo ein Bündnis mit Magnus. Aber bald darauf soll es zu einem Waffenstillstande zwischen ihm, den Holsteinern und Waldemar gekommen sein, in den Magnus wohl mit aufgenommen wurde. Am 31. August fuhren Albrecht und die Holsteiner Grafen von Falsterbo ab in die Heimat 75 ).
Im nächsten Jahre (1360) kam es zu mannigfachen Verhandlungen. Am 8. Februar tagte in Ripen ein Gesandtenkongreß, der von Waldemar, Magnus, den Holsteinern 76 ) und Albrecht beschickt war. Für den schwedisch=dänischen Streit wurde ein Schiedsgericht in Aussicht genommen, doch blieb dies ohne Folgen. Zwischen Waldemar und den Holsteinern sollten in Kolding weitere Verhandlungen stattfinden, und es sollte, wenn man dort zu keiner Einigung gelange, ein Schiedsgericht eingesetzt werden. Von diesen Verhandlungen hören wir nichts weiter, doch ist es sicher, daß nicht viel später auf der Insel Faenökalv bei Fünen ein Friede der Holssteiner mit Waldemar zustande kam. Und zwar wirkte Albrecht bei dieser Aussöhnung irgendwie mit.
Er muß sich dem Dänenkönige um diese Zeit genähert haben. Er hatte sich entschlossen, nicht länger dem entgegenzutreten, daß Waldemar Schonen in Besitz nahm. Wahrscheinlich hatte er erkannt, daß es Magnus mit dem Widerstand gegen den
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Ulfinger doch nicht ernst war, daß nur die Furcht vor den Großen, der Partei Erichs, ihn dazu getrieben hatte. Die Großen nämlich sahen in einem Bunde zwischen Magnus und Waldemar eine schwere Gefahr für sich, da sie besorgten, daß ihr König, wenn er sich auf die Freundschaft des mächtigen Dänen stützen durfte, seine antiaristokratische Politik mit besserem Erfolge als früher wieder aufnehmen würde. Was die Großen verhindern wollten, das ersehnte Magnus. Er wünschte von Waldemar, der ja selber in seinem Lande für ein starkes monarchisches Regiment wirkte, Hilfe gegen die Adelspartei zu erhalten, eine Hilfe, für die ihm Schonen kein zu hoher Preis zu sein schien. Es war ein unseliger Gedanke, denn Waldemar hatte natürlich kein Interesse daran, für die Festigung des Königtums im Nachbarreiche zu sorgen; er wollte aus den schwedischen Wirren nur Vorteil ziehen.
Albrecht begriff, daß er seinen und seiner Söhne
schwedischen Besitz nur dann verteidigen konnte,
wenn er auf Magnus rechnen durfte. Wie die Dinge
lagen, schien es ihm richtiger zu sein, auf
Waldemars Seite zu treten, ihm zur Erwerbung
Schonens zu verhelf0en; denn dann trat jener
Vertrag in Kraft, wonach der Dänenkönig dem
jungen Heinrich von Mecklenburg 10000
zahlen mußte, wenn er mit
Albrechts Hilfe Helsingborg gewinnen würde
77
).
Vielleicht hoffte der Herzog auch, daß Waldemar
für Südhalland und die Pfandschaften
Entschädigung leisten oder Magnus veranlassen
würde, dies zu tun.
Am 8. April stellte der Schwedenkönig Albrecht einen Geleitsbrief aus 78 ). Augenscheinlich wollte dieser zu ihm reisen, um in Waldemars Interesse mit ihm zu unterhandeln. Im Juni oder Anfang Juli begann Waldemar - jetzt mit allen seinen Gegnern außer Magnus, seit dem Kallundborger Reichstage vom 24. Mai 1360 auch mit den aufrührerischen Juten versöhnt 79 ) -, Schonen zu erobern.
Am 4. Juli sandten der König, sein Sohn Christoph und Erich von Sachsen=Lauenburg von Malmö aus einen Geleitsbrief an Albrecht, der damals in Mecklenburg weilte; sicherlich wollte sich der König der Vermittlung des Herzogs, zu der dieser ja auch bereit war, bedienen. Am 9. Juli begann die Belagerung
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Helsingborgs. Hier hielten sich Magnus und Hakon auf; auch Albrecht war schon vor dem 14. Juli in der Feste. ImAuftrage des Schwedenkönigs begab er sich von dort zu Waldemar nach Helsingör (14. Juli), wo er Gesandte der wendischen Städte antraf, die längst wußten, woher der Wind blies, und sich ihre schonischen Privilegien vom Dänenkönige bestätigen lassen wollten. Am 15. war er wieder in Helsingborg; ohne Zweifel vermittelte er zwischen den Königen. Waldemar folgte ihm über den Sund. Er hoffte bereits zuversichtlich, seinen Willen durchzusetzen, und bat die städtischen Gesandten, die ihn begleiteten, beim Friedensschlüsse mitzuwirken 80 ). Und er täuschte sich nicht. In einem Kloster vor Helsingborg 81 ), wo er sich einquartiert hatte, kam es zwischen den beiden Königen zu Verhandlungen, deren Ergebnis Waldemar am 16. Juli den Sendboten der Städte mitteilte. Er erklärte nicht ohne Ironie, der Inhalt des Kopenhagener Vertrages sei Magnus wieder ins Gedächtnis zurückgerufen worden; es sei durch den Herzog von Mecklenburg und andere mehr geschehen, denen die Berechtigung der Ansprüche Waldemars feststehe. Magnus sei nun selber gekommen und habe sie anerkannt. Doch, fuhr er fort, weil das Brot der Schweden hier "dauerhafter" sei als seines, habe er sich bereitfinden lassen, den Streit einem Schiedsgerichte zu übergeben. Jede Partei habe vier Schiedsrichter ernannt; auf schwedischer Seite sei Herzog Albrecht, auf dänischer Erich von Sachsen beteiligt.
Bisher hatte Magnus aus Furcht vor der Adelspartei geschwankt, ob er Waldemar nachgeben sollte. Jetzt aber war er, wohl nicht ohne Albrechts Zutun, hierzu entschlossen. Eine offene Übergabe Schonens freilich scheute der König, und deswegen wurde das Schiedsgericht eingesetzt, das nur eine Form war. Magnus berief Albrecht, von dem er wußte, wie er jetzt zu dem Streite stand, in das Kollegium und schuf damit, selbst wenn seine drei anderen Schiedsrichter gegen Waldemar waren, wissentlich eine Majorität für die dänischen Ansprüche. Er wollte sich hinter dem Schiedsspruche gegen alle Vorwürfe verschanzen, die ihm von den schwedischen Großen drohten. Und auch für Waldemar hatte das Gericht Bedeutung. Die Abtretung Schonens war nämlich an die Zustimmung des schwedischen Reichs=
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rates gebunden; da diese aber nicht zu erreichen war, so sollte für sie durch einen richterlichen Spruch gewissermaßen Ersatz geschaffen werden. So erhielt der Dänenkönig für den Besitz Schonens eine bessere rechtliche Grundlage, als sie Magnus ohne Genehmigung des Reichsrates durch eine Beurkundung der Abtretung geben konnte.
Das Schiedsgericht entschied, wie es sollte. Am 17. Juli schrieb Waldemar frohlockend an die Städte, Gott habe ihm zu seinem Erblande Schonen verholfen. In der Zeit vom 17. bis zum 19. Juli ist der König vermutlich in den Besitz Helsingborgs gesetzt worden. - Die Verlobung Hakons mit Margareta mag wohl erneuert sein.
Am 19. setzte Waldemar nach Helsingör über. Magnus und Albrecht reisten ungefähr gleichzeitig mit ihm ab. Am 23. verhandelte der Herzog in Rostock mit holländischen Gesandten, die ihn durch reiche Versprechungen veranlaßten, seinen Einfluß auf den Markgrafen Ludwig den Römer dahin geltend zu machen, daß dieser einen Zug nach Holland unternehme.
Am 10. August war Albrecht schon wieder im Norden. In den Kreisen der schwedischen Adelspartei hatten die Helsingborger Übereinkünfte heftige Entrüstung hervorgerufen; man hatte die Abmachungen wohl bald durchschaut, zumal da Waldemar den städtischen Gesandten den wahren Wert des Schiedsgerichtes angedeutet hatte, was leicht allgemein bekannt werden konnte. Magnus war den Großen jetzt "ein Verräter, der seine Herde verläßt" 82 ). Wer milde dachte, glaubte, er sei von Waldemar durch Drohungen und Versprechungen mürbe gemacht oder übertölpelt worden 83 ). Wegen der Erregung der Großen wagte Magnus augenscheinlich nicht, den Befehl zu geben, daß die schonischen Schlösser Waldemar geöffnet würden und die Bevölkerung des Landes ihm die Huldigung leiste. Jedenfalls mußte der Dänenkönig sich Schonen selber unterwerfen. Am 10. August schloß Albrecht mit ihm vor Helsingborg einen Vertrag, worin unter anderem bestimmt wurde, daß Albrecht und Waldemar sich gegenseitig in ihren Ansprüchen, die sie an Magnus zu stellen hätten, unterstützen sollten. Albrecht suchte Entschädigung für das durch die Abtretung Schonens an den Ulfinger seinem Hause verlorene Südhalland und für seine Pfandschaften.
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Aus diesem Grunde wohl war er noch einmal über die See gekommen. Ebenfalls am 10. August vor Helsingborg kam es zu einem Bündnisse zwischen ihm und Erich von Sachsen. Dessen Tochter Jutta wurde mit dem jungen Magnus von Mecklenburg verlobt. Zugleich verzichtete Erich auf alle Anrechte an die Herrschaft Mecklenburg und die Grafschaft Schwerin, das heißt, er verzichtete auf die sächsische Oberhoheit.
Zwischen dem 13. und 15. August war der Herzog bei einigen schwedischen Herren, unter denen sich Erengisle Sunesson, ein Mitglied der Adelspartei, befand, in Rögnabrö an der schonischen Grenze. Was er dort wollte, wissen wir nicht. Noch am 20. September findet er sich im Norden, in Helsingborg.
Er ist weder von Magnus noch von Waldemar
entschädigt worden und hat auch die berufenen
10000
schließlich nicht erhalten. Seine
nordische Politik war gescheitert.
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(1361-1379).
1.
Der schwedische Thronstreit bis zur Schlacht bei Enköping.
Fast ein Vierteljahrhundert war verflossen, seit Albrecht die Regierung angetreten hatte. Zweiundvierzig Jahre alt, mag er jetzt etwa so ausgesehen haben, wie ihn sein Bild in der Doberaner Kirche zeigt: eine hohe Gestalt in unförmigem Panzer, die Füße mit roten Schnabelschuhen bekleidet; unter der runden Eisenkappe ein schmales, edelgeschnittenes Antlitz, dem geistige und körperliche Anstrengungen einen etwas müden Ausdruck gegeben hatten; den kurzen blonden Vollbart trug er nach der Rittermode der Zeit in zwei Zipfel auseinandergeteilt 1 ). - Er war eine weit und breit wohlbekannte und gefürchtete Persönlichkeit geworden. Und in fast allen seinen Unternehmungen war er erfolgreich gewesen, außer da, wo sich Waldemar Atterdag ihm entgegengestellt hatte. Dem Dänenkönige war es zu verdanken, daß Barth und alles, was der Herzog durch seinen Anschluß an Erich von Schweden im Norden gewonnen hatte, wieder verloren gegangen war. Albrecht hatte selber bei der Abtretung Schonens und Südhallands mitgewirkt, aber nur, weil er die Lande nicht verteidigen konnte. Wiederum hatte er vor Walde=
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mar Atterdag zurückweichen müssen, dem er sich an Begabung gewachsen fühlte, dem er jedoch an Macht zu weit nachstand. Unter trüben Gedanken war er im Spätsommer 1360 von der schonischen Küste heimgesegelt. Und doch waren die jüngsten Helsingborger Übereinkünfte zwischen Magnus und dem Dänenkönige, die Albrecht im Grunde bedauern mußte, ein Glied in der Kette der Ereignisse, durch die letzten Endes seinem Hause eine ungeahnte Aussicht eröffnet wurde. -
Die Abtretung Schonens war die tragische Schuld im Leben des Königs Magnus. Aufs äußerste gereizt, suchte die schwedische Adelspartei ihn mit allen Mitteln von Waldemar Atterdag fernzuhalten. Wie sie sich einst mit König Erich zusammengetan hatte, so suchte sie jetzt Hakon auf ihre Seite zu bringen. Und es gelang ihr für eine Zeit, wahrscheinlich nur deshalb, weil Hakon glaubte, daß die folkungische Herrschaft in Schweden gefährdet sei, wenn er nicht die Großen besänftigte; denn aus Norwegen haben er und sein Vater niemals genügend Kräfte ziehen können, um sich in Schweden durchzusetzen. Es war eine Zeit, wo die Adelspartei alles, Magnus nichts bedeutete. Um die gefürchtete dänische Heirat zu verhindern, veranlaßten die Großen Hakon, seine Verlobung mit Margareta zu brechen und eine neue mit Elisabeth von Holstein, der Schwester der Grafen Heinrich und Klaus, der unversöhnlichen Feinde Waldemars, einzugehen (im Februar 1361) 2 ). Magnus mußte sich fügen. In einem Vertrage vom 29. Juni 1361, den Gesandte der Könige in deren Namen mit den beiden Grafen schlossen, wurde bestimmt: wenn Hakon die Ehe nicht eingehen und Heinrich und Klaus dadurch Schaden erleiden würden, so sollten sich alle Mannen in Schweden und Norwegen zu ihnen halten und ihnen helfen, bis der Schaden ersetzt sei 3 ). Schon gegen Ende des folgenden Monats wurde dann die Ehe in Deutschland durch Stellvertretung vollzogen 4 ).
Indem die Adelspartei somit die Verbindung zwischen Waldemar und den Folkungern zerstörte, wollte sie vielleicht zugleich einen Krieg mit Dänemark heraufbeschwören und im Bunde mit
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Holstein die Wiedergewinnung Schonens in Angriff nehmen. In der Tat war es wegen der Verlobung Hakons mit der Holsteinerin zum Bruche zwischen Waldemar und den Folkungern gekommen 5 ). Im Juli 1361 wandte sich der Dänenkönig gegen Öland und Gotland und brachte die Inseln in seine Gewalt. Durch die Eroberung Wisbys auf Gotland aber verfeindete er sich auch mit den Städten von der deutschen Hanse 6 ). Es begaben sich daher schwedische Gesandte, Mitglieder der Adelspartei - zum Teil dieselben, die den Vertrag vom 29. Juni mit den Holsteinern abgeschlossen hatten 7 ) -, nach Deutschland, um im Namen der Folkunger ein Bündnis mit den Städten zu vereinbaren. ImSeptember kam das Bündnis - für das auch die Holsteiner wirkten - auf einem Hansetage in Greifswald 8 ) zustande, doch überschritten die Gesandten ihre Vollmacht; sie verpfändeten nämlich Bahus mit Marstrand für die Kosten des Krieges an die Städte, obwohl ihnen verboten war, diesen Schlösser und Lande zu überliefern 9 ). Magnus wollte infolgedessen den Vertrag nicht anerkennen 10 ). Er befand sich selber Zeit seiner Regierung in Geldnot 11 ) und wollte nicht den Städten, die doch ebenso gut wie er ein Interesse am Feldzuge hatten, die Ersetzung ihrer Kriegskosten - die ganz unberechenbar waren - garantieren. Überdies war Magnus der ganze Krieg höchst unerwünscht. Wahrscheinlich hätte er sich gern gütlich mit Waldemar verständigt. Er zürnte ja selber über den Bruch jener Verlobung, die er als einen Erfolg seiner Politik betrachtet hatte. Aber gegen die Kriegspartei konnte er nicht aufkommen. Und Hakon hielt es für richtig, zu ihr zu stehen, in der Bündnis=
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frage nachzugeben 12 ). Doch ließen sich die Städte fürs erste hinhalten. Vielleicht wegen dieser Meinungsverschiedenheit über den Greifswalder Vertrag, aber auch wohl, weil sie sich über die prinzipielle, den Großen gegenüber angebrachte Politik damals nicht einigen konnten, kam es dann zwischen Magnus und Hakon zu einem Zwist. Auf Seiten Hakons stand die Partei der Großen; am 15. Februar 1362 wurde er zum Könige von Schweden neben Magnus erhoben 13 ). Erst im Frühjahre söhnten sich Vater und Sohn vorläufig wieder aus 14 ).
Auch die Holsteiner und der Herzog von Schleswig waren dem Bunde gegen Waldemar Atterdag beigetreten 15 ). Jedoch war der Verlauf des Krieges für den König günstig. Zwar wurde Öland zurückerobert 16 ), aber bei Helsingborg schlug Waldemar die Hansen gänzlich (im Juli 1362), so daß sie sich genötigt sahen, eine Waffenruhe mit ihm abzuschließen 17 ).
Trotz der Niederlage wollten die Städte den Feldzug wieder aufnehmen und an der Seite der Folkunger ausharren; aber sie bestanden nun offenbar auf der vollen Durchführung des Bünd=
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nisvertrages und dessen Anerkennung durch Magnus. In Söderköping wurde hierüber verhandelt 18 ). Magnus und Hakon waren beide zur Stelle, auch Heinrich von Holstein und einige Mitglieder der Adelspartei; dieser hatte der Graf sich angeschlossen, und er gewann viel Einfluß auf sie. Magnus sträubte sich. Es kam dazu, daß Hakon ihn gefangen setzte, augenscheinlich auf Anstiften des Holsteiners. Nur so konnte Magnus bewogen werden, sich zu fügen. Am 28. September überließen die beiden Könige unter Zustimmung des Reichsrates den Städten an Stelle von Bahus nunmehr die Insel Öland mit Borgholm; in derselben Urkunde wurde das Greifswalder Bündnis bestätigt 19 ). - Im November aber schlossen die Städte mit den Gesandten Waldemars einen neuen Stillstand bis zum 6. Januar 1364. Den Verbündeten der Hansen wurde der Beitritt freigestellt 20 ).
Doch nun nahmen die Dinge eine unerwartete Wendung. Im Dezember wollte Elisabeth von Holstein, die bisher in der Heimat geblieben war, nach Schweden segeln. Ihr Schiff aber wurde vom Winde verschlagen, und sie geriet in dänische Hand. Waldemar ließ sie gefangen halten; er wollte den günstigen Zufall ausnutzen und versuchen, jetzt doch noch die Heirat Margaretas mit Hakon durchzusetzen, um die Folkunger wieder unter seinen Einfluß zu bringen und von der Dänemark feindlichen Partei zu trennen. Es ging ihm auch wohl gegen die Ehre, daß seine Tochter verschmäht war; um so besser, wenn sich hier Abhilfe schaffen ließ.
Er eröffnete Verhandlungen mit den beiden Nachbarkönigen 21 ). Bei Magnus mußte er Entgegenkommen finden. Und es gelang, auch Hakon von den Großen zu trennen und für eine dänenfreundliche Politik zu gewinnen. Manches mochte hierbei ins Gewicht fallen. Die militärische Lage der Folkunger war ungünstig 22 ). Sie litten an Geldmangel 23 ), während Walde=
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mar in Wisby Schätze gesammelt hatte. Dazu war das Bündnis mit den Städten in Norwegen unpopulär 24 ). Und vor allem, wie Magnus über die Knechtung durch Heinrich von Holstein und die Adelspartei empört war, so war es ja auch Hakon im Grunde seines Herzens. Ungern, nur durch politische Erwägungen bestimmt, hatte er sich den Großen angeschlossen 25 ); es war ihm sicher nicht leicht geworden, den Vater gefangen zu setzen. Das Schmachvolle ihrer Lage wurde den Folkungern unerträglich. So verständigten sie sich mit Waldemar. Man erklärte später auf dänischer Seite - und auch Magnus und Hakon werden sich diesen Standpunkt zu eigen gemacht haben -, die Ehe zwischen Hakon und Elisabeth sei ein Verstoß gegen die Gesetze der Kirche gewesen 26 ). Am 9. April 1363 wurde in Kopenhagen die Hochzeit Hakons mit der zehnjährigen Margareta gefeiert. Die Folkunger warfen der schwedischen Adelspartei den Handschuh hin, in der Hoffnung, beim Dänenkönige Schutz und Hilfe zu finden.
Was hätten die Grafen Heinrich und Klaus tun sollen, als sie von der Gefangennahme der Schwester hörten! Mit Gewalt konnten sie Elisabeth, die auf Bornholm saß, höchstens durch einen Handstreich befreien. Noch im Januar 1363 verhandelten sie mit Dänemark über ihre Aufnahme in den Waffenstillstand. Sie baten die Städte, ihnen zum Abschlusse zu verhelfen und wegen ihrer Schwester Mahnungen an den König zu richten. Daneben aber berieten sie mit ihnen über ein Bündnis. Und an diesen Verhandlungen nahm Seite an Seite mit den Holsteinern auch Herzog Albrecht teil 27 ).
Er hatte im Kriege Neutralität bewahrt, hatte höchstens Waldemar das Lehnsaufgebot für Rostock gestellt, wodurch die Neutralität nicht verletzt worden wäre. Im Juli 1361 hatte er ein Turnier besucht, das zur Feier der Vermählung Hakons mit Elisabeth in Hamburg veranstaltet wurde 28 ). Es war die Zeit,
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wo Waldemar den Krieg eröffnete. Möglich, daß Albrecht erwogen hat, es könne sich ihm, wenn er der Koalition gegen Dänemark beitrete, Gelegenheit bieten, Südhalland wiederzuerwerben. Jedoch hielt er sich zurück. Zu Anfang des Junis 1362 war er mit seinen drei Söhnen Heinrich, Albrecht und Magnus bei Waldemar in Wordingborg 29 ), wo möglicherweise die Hochzeit Heinrichs von Mecklenburg mit der ihm seit 1350 verlobten Tochter des Königs, Ingeborg, stattfand 30 ). Am 14. Juni findet sich Albrecht wieder in seinem Lande 31 ). Am 13. August aber war er aufs neue in Dänemark, in Nykjöbing auf Falster 32 ).
Um diese Zeit nun müssen sich Streitigkeiten
zwischen ihm und Waldemar erhoben haben. Auf
Grund seiner Mitwirkung bei der Übergabe
Helsingborgs hatte Albrecht Anspruch auf die
1350 von Waldemar in Aussicht gestellten 10000
gemacht, und mit ihm wohl sein
ältester Sohn, dem die Summe zufließen sollte.
Das Geld hatte binnen eines halben Jahres,
nachdem der König in den Besitz der Feste
gelangt war, gezahlt werden sollen.
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Diese Frist war jedoch abgelaufen und es war deswegen jene Bestimmung des Vertrages von 1350, daß dann Laaland für die Summe verpfändet werden solle, in Kraft getreten. In der Tat hatte Waldemar sich bereitfinden lassen, die Insel zu übergeben. Wann es geschehen war, läßt sich nicht sagen. Vielleicht hatte er es nur getan, weil er befürchtete, daß sich Albrecht sonst dem Bunde der Feinde Dänemarks anschließen würde.Im Juni 1362 war Laaland in mecklenburgischem Besitze 33 ). Nachdem aber der Krieg eine für Waldemar günstige Wendung genommen hatte, mag der König die Auslieferung der Insel bereut haben. Am 3. September ließ Albrecht die Urkunde von 1350, auf die sich ja die mecklenburgischen Ansprüche stützten, durch die Bischöfe von. Ratzeburg und Lübeck transsumieren 34 ). Er fühlte sich im Besitze Laalands bedroht 35 ), und wenn es auch noch nicht zum offenen Bruche zwischen ihm und dem Könige kam, hielt er es doch für geraten, sich nach Beistand umzusehen.
Deswegen hatte er sich den Hosteinern angeschlossen und ein Bündnis mit den Städten erstrebt. Als dann aber die Folkunger mit Waldemar einig wurden, als Hakon die Tochter des Königs heiratete, da gewann seine Verbindung mit den Grafen eine ganz neue Bedeutung. Heinrich und Klaus beschwerten sich bei den Folkungern und den Schweden, die sich für den Vertrag vom 29. Juni 1361 verpflichtet hatten 36 ). Magnus und Hakon wollten und konnten nicht mehr zurück. Eine Anzahl schwedischer Großen aber - darunter die Bischöfe von Linköping und Wexiö, Nikolaus Turesson, Karl von Tofta, Erich Karlsson, Bo Jonsson, also die bedeutendsten Männer der Adelspartei - fuhr über die See zu den Holsteinern, um sich diesen mit Schlössern und
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Landen zur Verfügung zu stellen; so war ja im Vertrage bestimmt für den Fall, daß Hakon Elisabeth nicht zur Gattin nehmen würde und deren Brüder dadurch in Schaden gerieten 37 ). Es sollte wohl darüber beraten werden, was zu tun sei. Hier in Deutschland erst, so scheint es, wurde dann der Plan gefaßt, Magnus und Hakon aus Schweden zu verjagen und an ihrer Stelle einen der Söhne Herzog Albrechts, deren Mutter ja dem Geschlechte der Folkunger entstammte, zum Könige zu erheben. Es war Graf Heinrich, der die Schweden hierauf hinwies und seinen Einfluß auf sie im mecklenburgischen Sinne geltend machte 38 ); so konnte ja das, was Elisabeth angetan war, am fühlbarsten gerächt werden. Ob er etwa diesen Plan schon vorher mit Albrecht erwogen hat, sei dahingestellt. Der Herzog ging darauf ein. Hier war eine Aufgabe, die ihn locken mußte. Und er hoffte, daß sie sich durchführen ließ; wie hätte er also die Gelegenheit, seinem Hause zum Herzogshut noch eine Krone zu verschaffen, vorübergehen lassen können! Die Männer der Adelspartei kannte er ja längst, er war ihnen zuerst nähergetreten, als er sich Erich von Schweden angeschlossen hatte. Gewiß hatten sie sein Verhalten bei der Abtretung Schonens übel aufgenommen; aber sie wußten, daß nur die schwankende Haltung ihres Königs ihn damals veranlaßt hatte, sich für Waldemar ins Mittel zu legen. Sie schätzten seine Tatkraft, seine kriegerische Tüchtigkeit und diplomatische Klugheit. Keinen besseren Verbündeten konnten sie finden als den Herzog, der sich für alles, was er unternahm, ganz einsetzte. - Man kam überein, dem zweiten, gleichnamigen Sohne Albrechts die Krone zu verschaffen. Gründe für die Absetzung des Magnus ließen sich finden, da er gegen die Bestimmungen des im Königsbalken von 1347 festgesetzten Herrschereides verstoßen hatte oder verstoßen haben sollte. 39 ). Zwar durfte nach schwedischem Rechte nur ein Inländer von Geburt gewählt werden, aber da der junge Herzog durch seine Mutter mit den Folkungern verwandt war, so glaubte man dieses Gesetz übersehen zu dürfen. Die schwedischen Gäste fuhren dann, wenigstens zum Teil, zurück 40 ) und gewannen
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vermutlich die Anhänger ihrer Partei in der Heimat für die mecklenburgische Kandidatur.
Ohne Kampf natürlich ließ sich die Krone nicht erringen. Zwar konnte Albrecht den Folkungern allein mit Hilfe der Adelspartei und der Holsteiner entgegentreten, aber er mußte erwarten, daß Waldemar Atterdag ihnen Beistand leisten würde. Der König war nicht davon unterrichtet gewesen, daß Albrecht sich schon gegen Ende des vorigen Jahres den Holsteinern angeschlossen hatte und mit den Städten verhandelte. Er war erstaunt, als er aus Briefen, die er einem - wohl gegen Ende des Aprils - aufgefangenen holsteinischen Gesandten abgenommen und die Graf Heinrich an Magnus und Hakon und den schwedischen Reichsrat gerichtet hatte, entnahm, daß außer anderen Fürsten auch Albrecht mit dem Grafen einig sei. Er beschloß, den Boten solange festzuhalten, bis er sich vergewissert habe, ob es mit dieser Nachricht wirklich stimme; denn die Mecklenburger hätten ihm doch - im Vertrage vom 10. August 1360 - festen Frieden und Freundschaft gelobt 41 ). Bald darauf wird Waldemar sich in den Besitz Laalands gesetzt haben; jedenfalls erteilte Albrecht am 15. Juli 1363 dem Schweriner Domherrn Johann Swalenberg Vollmacht, in seinem Namen bei Karl IV. gegen den König wegen Vertragsbruches Klage zu führen 42 ).
Indessen war dieser Streit jetzt eine Nebensache. Nicht mehr eigentlich wegen Laalands, sondern weil er glaubte, daß die Erhebung seines Sohnes bei Waldemar Widerstand finden würde, bemühte sich Albrecht weiter um ein Bündnis mit den Städten. Die Verhandlungen waren bisher erfolglos geblieben, obwohl man schon einmal, im März, dem Abschlusse nahe gewesen war 43 ). Nachdem dann die Städte im Mai zu Nykjöbing vergebens versucht hatten, sich mit Waldemar zu verständigen, wurde auf dem folgenden, reich besuchten Hansetage vom 24. Juni 1363 aufs neue über ein Bündnis mit den Fürsten verhandelt. Albrecht war selber in der Travestadt, ebenso Adolf von Holstein, der am Bunde teilnehmen wollte 44 ).
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Die Städte stellten einen Bündnisentwurf auf,
wonach die Fürsten 1200 Ritter und Knappen
stellen sollten, ebensoviel die Städte, die
außerdem noch 600 gewöhnliche Kriegsknechte zu
Fuß aufzubringen und ihren Verbündeten an
Hilfsgeldern 1200
reinen Silbers zu zahlen hatten.
Weiter sollten die Städte Schiffe, große und
kleine, liefern und die Bedienungsmannschaften
besolden. Auch für Kriegsmaschinen und =Geräte
mußten sie Sorge tragen. Das Bündnis sollte vom
Ablauf des Waffenstillstandes (6. Januar 1364)
an ein Jahr dauern, und während dieser Zeit
durfte keine Partei ohne Zustimmung der anderen
irgend eine Einigung, Waffenstillstand oder
Frieden schließen. Nach einem Jahre erlosch dann
der Vertrag, wenn nicht die Städte seine
Verlängerung wünschten. Bis zum kommenden 6.
Januar sollte es den Städten noch frei stehen,
sich auszusöhnen, den Fürsten dagegen nicht,
doch sollten diese, wenn die Städte bis zu dem
genannten Termine endgültig Frieden schlössen,
"zum Zeichen der Freundschaft" eine
Entschädigung von 600
reinen Silbers erhalten. - Diese
letzte Bestimmung aber wiesen Albrecht und die
Holsteiner zurück. Sie meinten, es müsse hier
gleiches Recht herrschen; die Aussöhnung bis zum
6. Januar müsse entweder auch ihnen erlaubt oder
allen Verbündeten untersagt sein. Man konnte
sich nicht einigen und beschloß, bis zum
nächsten Hansetage (25. Juli) weiter über den
Vertrag zu beraten
45
).
Aber auch dann wurden keine Fortschritte gemacht. Die Städte waren schwankend und unentschlossen. Trotzdem gab Albrecht die Hoffnung nicht auf. Er leitete Verhandlungen ein mit den städtischen Sendboten, die am 8. September in Stralsund tagten 46 ). Als die Versammlung dann einen Rostocker und einen Wismarer Ratsherrn 47 ) zu ihm schickte, verabredete er mit diesen, daß weitere Besprechungen in Damgarten stattfinden sollten. Dorthin ordneten die Hansen dieselben Ratmänner und noch zwei andere ab. Zu gleicher Zeit aber ward von pommerscher Seite eine Vermittlung zwischen Waldemar und den
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Städten eingeleitet 48 ). Der König selber wurde erwartet. Das Bündnis mit Albrecht kam nicht zustande.
Nun aber sollte es dem Herzoge klar werden, daß Waldemar nicht daran dachte, die Folkunger zu schützen. Der König kam in der Tat nach Deutschland, und zwar war diese Fahrt der Beginn einer großen Reise, die ihn über Pommern nach Krakau und Prag und dann nach Flandern und Avignon führte. Er erwartete, daß die Städte, obwohl er nicht auf ihre Wünsche einging, sich doch nicht zur Erneuerung des Krieges gegen ihn aufraffen würden. Und das Königtum des jungen Mecklenburgers - denn daß ihm die Vorbereitungen dazu ganz verborgen blieben, ist nicht glaublich - wollte er ruhig entstehen lassen, um dann für dessen Anerkennung seinen Preis fordern zu können. Er ließ Magnus und Hakon vorläufig fallen. Ob Folkunger oder Mecklenburger in Schweden regierten, war ihm gleichgültig, wenn er nur Gelegenheit fand, für sein Dänemark etwas zu gewinnen. Daß Albrecht ihn jetzt wegen Laalands mit den Waffen zur Rechenschaft ziehen würde, nahm er nicht an; der Herzog mußte froh sein, wenn er Waldemar nicht entgegenzutreten brauchte.
* *
*
Eine günstigere Zeit als nach der Abreise des Königs konnte für die schwedische Expedition nicht kommen. Einen Stützpunkt im Norden hatte sich Albrecht schon gesichert; er hatte sich von Graf Heinrich versprechen lassen, daß ihm das den Holsteinern schon seit mehr als zwei Jahren verpfändete Schloß zu Kalmar geöffnet werden solle. Albrecht wollte dafür die Hälfte alles Schadens tragen, der dort etwa erlitten werden würde, nachdem seine Mannen auf der Burg eingetroffen und Graf Heinrichs Kriegserklärung an Magnus ergangen sei (25. Juli 1363) 49 ). Schon zu Anfang des Septembers finden sich drei Mecklenburger,
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Johann und Vollrath Lützow und Hermann Storm, in Kalmar, wo sie mit Nikolaus Turesson und Bo Jonsson zusammentrafen 50 ).
Außer von den Grafen Heinrich und Klaus und den schwedischen Großen erhielt Albrecht wenig Beistand. Adolf von Holstein wurde von Waldemar Atterdag um diese Zeit - wohl noch vor der Abreise des Königs - mit Fehmarn belehnt und dadurch von der mecklenburgischen Partei getrennt 51 ). Mit Lorenz und Johann, den Söhnen Nikolaus' III. († 1360[1?]) von Güstrow, hatte Albrecht im Juli nur ein Friedensbündnis auf fünf Jahre geschlossen 52 ). Lorenz segelte jedoch hernach mit nach Schweden 53 ). Zu einer allerdings nur geringen Hilfsleistung bewog Albrecht im Oktober den Fürsten Bernhard von Werle=Waren, der sich verpflichtete, zwanzig Mann zur Kriegsfahrt über die See zu stellen 54 ).
In den ersten Tagen des Novembers verließ die mecklenburgische Flotte die Warnowmündung. Sie sollte den Herzog, seinen Sohn und Heinrich von Holstein sowie ein stattliches
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Heer nach Norden bringen. Außer Lorenz von Werle wird noch Graf Günther von Ruppin als Teilnehmer am Zuge genannt 55 ). Bei Kalmar betrat man zuerst die Küste. Von dort ging es weiter nach Stockholm, wo man am 29. November anlangte 56 ). Am 30. schwur der Rat der Stadt "dem jüngeren Herrn Albrecht von Mecklenburg" - er heißt noch nicht König - Treue 57 ). ImFebruar 1364 sollte die Wahl vor sich gehen 58 ). Durch das ganze Reich wurden Boten gesandt, um dazu einzuladen. Nach altem Brauche fand dann die feierliche Versammlung auf der Morawiese bei Upsala statt. Der Erzbischof von Upsala, Bischöfe und weltliche Große, dazu niedere Kleriker und eine unabsehbare Volksmenge stellten sich ein. Ob allerdings alle Lagmänner und Abgeordneten der Landschaften zugegen waren, ist unbekannt; jedenfalls ist dies für Westgotland zweifelhaft, weil Magnus dort viele Anhänger hatte. Der Reichsmarschall Karl von Tofta, der Lagmann von Upland, verlas "aus dem Rechtsbuche des Reiches" die Artikel, auf die die Entthronung des Magnus gegründet werden sollte, das heißt, er verlas den Königseid. Magnus wurde abgesetzt, weil er diesen Schwur gebrochen habe. Darauf ward der junge Albrecht unter Beobachtung der hergebrachten Formen gewählt und, nachdem er den verfassungsmäßigen Eid geleistet hatte, auf den Morastein gehoben und so in das Reich eingewiesen. Man begab sich dann in die erzbischöfliche Kirche, wo das Tedeum gesungen und die Messe zelebriert wurde. Auch der Schmaus hernach durfte nicht fehlen 59 ).
Vielleicht war es schon vor der Wahl, bald nach der Ankunft der Mecklenburger, zum Kampfe mit den Folkungern gekommen. Stark scheint deren Partei nur in Westgotland und vielleicht noch in Finnland gewesen zu sein. Besonders die=
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jenigen Adligen blieben ihnen treu, die in Schweden und Norwegen zugleich begütert waren und deswegen an der Erhaltung der Union der beiden Reiche ein Interesse hatten. Zu diesen gehörte Erengisle Sunesson, der früher ein eifriges Mitglied der Adelspartei gewesen war, nun aber beim alten Königshause ausharrte 60 ). Der Krieg war für Albrecht glücklich. Im März schlug der Herzog mit seinen Verbündeten das feindliche Heer in einer Schlacht, der die Folkunger wahrscheinlich nicht beiwohnten; über hundert Ritter gerieten in seine Gefangenschaft. Gleich darauf wurden Sundby und Örebro (Nerike) erstürmt und hierbei wiederum über sechzig Gefangene gemacht 61 ). Schon am 14. März 1364 schrieb Heinrich von Holstein von Örebro aus an die Städte, daß fast das ganze Reich unterworfen und alle Schlösser außer Swanholm (Ostgotland) und Warberg erobert seien; man schicke sich schon an, über den schwedischen Wald gegen Swanholm zu ziehen 62 ).
Am 20. März schrieb Herzog Albrecht aus dem Lager bei Swanholm an Rostock oder Wismar 63 ). Er berichtete, daß sein Sohn rechtmäßig 64 ) gewählt und auf den Morastein gehoben sei, daß Graf Heinrich ihn noch an der Stätte der Wahl zum Ritter geschlagen und der junge König selber dann den Schlag an dem Fürsten von Werle und mehr als hundert anderen vollzogen habe. Mit Gottes Hilfe werde alles Begonnene in Kurzem zu gutem Ende geführt werden. Denn Magnus und Hakon schweiften wie Flüchtlinge über die norwegische Grenze herüber und hin=
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über 65 ); nur noch in Warberg hätten sie eine Zuflucht. Er berichtete auch von den Erfolgen im Kriege. Dann ersuchte er um Nachricht über den Stand der Dinge in der Heimat, den benachbarten Territorien und Städten, um Zufuhr von Waren nach Kalmar und Stockholm, um Zusendung des städtischen Armbrustmeisters mit seinen Geschossen. Auch möge man die Kaufleute der übrigen Seestädte in seinem Namen veranlassen, ihm nach Kalmar, Stockholm, Söderköping, Nyköping oder wo er sich sonst mit den Seinen aufhalte, unter freiem Geleite und gegen hinreichende Bezahlung Proviant zuzuführen. - Auch die beiden Hafenplätze Söderköping und Nyköping waren also in mecklenburgischer Hand 66 ); in Söderköping hatte sich Hakon noch am 25. Februar aufgehalten 67 ).
Zugleich sandte Albrecht durch den Überbringer des Briefes noch ein Schreiben, das ohne Aufschub den anderen Städten vorgelegt werden sollte 68 ). Wahrscheinlich war hierin von dem Bündnis mit den Hansen die Rede. Der Herzog plante nämlich, jetzt, in Waldemars Abwesenheit, in Schonen einzufallen. "Wir sind drauf und dran, Schonen zu besuchen", hatte Graf Heinrich schon in seinem Briefe vom 14. März geschrieben. Man erwartete in den Kreisen des schwedischen Adels, daß die an Dänemark verlorenen Lande nun von den Mecklenburgern zurückgewonnen würden 69 ); schon beim Bündnisse der Folkunger mit den Städten vom Jahre 1361 war die Wiedereroberung nicht nur Gotlands und Ölands, sondern auch Schonens in Aussicht genommen worden 70 ). Albrecht hoffte, daß seine Erfolge in Schweden den Mut der Hansen stärken, daß sie nun mit ihm zusammen das verwaiste Dänemark angreifen würden. Es war ja im Kampfe gegen die Folkunger alles viel schneller gegangen, als Waldemar Atterdag sich hatte träumen lassen.
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Die Verhandlungen mit den Städten waren inzwischen überhaupt nicht abgebrochen worden 71 ). Der Waffenstillstand der Hansen mit Dänemark war abgelaufen, und die Städte mußten sich sagen, daß die Zeit zum Kriege jetzt außerordentlich günstig sei 72 ). Jedoch kamen sie aus dem Schwanken nicht heraus. Auch auf dem Hansetage vom 14. April 1364, als schon die Briefe Heinrichs von Holstein 73 ) und Albrechts eingetroffen waren, sprachen sich nur die Sendboten von Kiel, Wismar und Rostock für das Bündnis mit den Fürsten aus; die übrigen Gesandten hatten Bedenken und machten Vorbehalte 74 ). - Am 21. Juni wurde dann unter Vermittlung Barnims von Pommern=Wolgast ein neuer Waffenstillstand zwischen Dänemark und den Städten bis zum 2. Februar 1368 geschlossen. - Ob Albrecht schon vorher den geplanten Angriff auf Schonen ins Werk setzte, sei dahingestellt 75 ). Jedenfalls wurde die Eroberung des Landes aufgegeben, weil die Hansen sich versagten. Überdies hatte Klaus von Holstein sich mit Dänemark verglichen; nur so konnte er sich wie er sagte, aus der schweren Gefahr befreien, in die er durch den Anschluß Adolfs von Plön an Waldemar Atterdag geraten sei 76 ).
Der Herzog und Graf Heinrich hatten in ihren Briefen an die Städte übertrieben, die Lage allzu glänzend geschildert, um die Zögernden mit fortzureißen. Es war nicht richtig, daß nur noch Warberg Magnus und Hakon eine Zuflucht bot. Außer diesem waren mindestens Westgotland und angrenzende Teile Smålands und Ostgotlands, überdies Finnland damals noch nicht unterworfen 77 ). Gleichwohl war die Sache der Folkunger so
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gut wie verloren. Am 24. April 1364 wurde zwischen den beiden Parteien in Schweden durch Abgeordnete eine Waffenruhe bis zum 19. Mai abgeschlossen 78 ). Man rechnete schon mit weiteren Verhandlungen 79 ), und im Juli erklärte sich Magnus bei einer Unterredung mit den Mecklenburgern und den schwedischen Reichsräten zu Jönköping bereit, gegen den Besitz Westgotlands auf Lebenszeit bei Fortführung des Königstitels auf das übrige Reich zu verzichten. Da Hakon nicht zugegen war, wollte man im nächsten Sommer noch einmal zur endgültigen Verständigung zusammenkommen. Bis dahin sollten die Waffen ruhen, und Magnus versprach, König Albrecht inzwischen im Besitze Schwedens nicht zu stören. Er schwur es am Altar der Franziskanerkirche, "indem er die Büchse mit dem Leibe des Herrn berührte" 80 ).
So schien er sich in sein Schicksal fügen zu
wollen; der Krieg mit den Folkungern schien
beendet. Der alte Herzog kehrte mit den übrigen
Fürsten in die Heimat zurück
81
), nachdem sein Sohn dem Grafen
Heinrich zur Entschädigung für seine Dienste
Gotland mit Wisby um die Summe von 4000
löth. Silb. verpfändet hatte.
Allerdings war die Insel nicht in
mecklenburgischer Hand; mit Minne oder Macht
sollte Heinrich in ihren Besitz gesetzt werden
82
). - Im Herbste brach dann König
Albrecht auf,
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um Finnland zu unterwerfen. Bei der Belagerung (bos kam hier Nikolaus Turesson ums Leben 83 ).
Während der König noch vor Åbo lag, rüsteten sich die Folkunger - gegen die Abrede - zu einem unerwarteten Angriff. Sie wollten sich der Herrschaft über Schweden wieder bemächtigen und rückten zu Beginn des Jahres 1365 mit einem Heere in der Richtung auf Stockholm vor. Von Arboga in Westmanland aus forderten sie den Erzbischof, die Geistlichen und die Ritter des Erzstifts von Upsala zum Anschlusse auf 84 ). Bei Enköping am Mälarsee aber traten ihnen die Anhänger König Albrechts entgegen und erfochten einen vollständigen Sieg (3. März). Magnus selber geriet in Gefangenschaft. Sechs Jahre hindurch wurde er zu Stockholm in Haft gehalten. Anfangs blieben ihm die Fesseln nicht erspart 85 ). Seine politische Laufbahn war zu Ende. -
Da Magnus das Übereinkommen von Jönköping gebrochen hatte, so suchte König Albrecht nun auch in Westgotland festen Fuß zu fassen. ImFrühling (zwischen dem 13. April und dem 6. Juni) fanden bei Arboga mit Männern aus der Provinz Verhandlungen statt, ebenso später, Mitte Juni, zu Westerås, wo der König selber zugegen war 86 ). - Seine Herrschaft konnte durch die gewonnene Schlacht nur befestigt werden.
2.
Vom Angriff König Waldemars auf Schweden bis zum Bündnisse der Mecklenburger mit der Hanse.
Im Sommer 1364 war Waldemar Atterdag nach Dänemark zurückgekehrt 1 ). Schon vor der Schlacht bei Enköping hatte Herzog Albrecht Verhandlungen mit ihm eingeleitet, um die An=
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erkennung des Schwedenkönigs von ihm zu erlangen 2 ). Augenscheinlich aber stellte Waldemar die Bedingung, daß ihm schwedische Gebiete dafür überlassen werden sollten. Es ist wohl möglich, daß er, wie berichtet wird, das norwegisch=westgotische Heer der Folkunger, die gerade damals ihren Einfall in Schweden unternahmen, durch Hilfstruppen verstärkte 3 ); denn je gefährlicher dieser Einfall für König Albrecht wurde, um so eher durfte Waldemar bei den Mecklenburgern auf Entgegenkommen rechnen. Jedoch machte Albrecht ihm offenbar keine Zugeständnisse, zumal da er von der siegreichen Schlacht und der Gefangennahme des Königs Magnus erfuhr 4 ). Weder seinem Sohne noch dem schwedischen Reichsrate konnte er zumuten, ohne Kampf Gebiete an Dänemark abzutreten.
Der König beschloß nunmehr, mit den Waffen zu erzwingen, was er durch Verhandlungen nicht hatte erreichen können. Im Juni 1365 beriet er sich zu Aalborg in Jütland mit Hakon 5 ).Im folgenden Monat (7. Juli) schloß er in Kolding einen Friedensvertrag mit Heinrich und Klaus von Holstein. Es sollte den Grafen jedoch freistehen, außerhalb der dänischen und holsteinischen Lande dem Könige von Schweden oder dem von Norwegen Beistand zu leisten 6 ). Die Grafen rechneten also mit der Möglichkeit, daß sie sich entschließen würden, für Hakon einzutreten. Es ist dies ein Zeichen, daß es zwischen ihnen und den Mecklenburgern zu einer für diese recht gefährlichen Spannung gekommen war; vielleicht erklärt sie sich daraus, daß Heinrich die Insel Gotland nicht erhalten hatte 7 ).
Mit den Städten verhandelte Waldemar schon seit dem Frühling über eine Aussöhnung. Er fand sie bereit dazu. Rostock
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und Wismar war es allerdings peinlich, gerade jetzt dem Könige die Hand zu bieten, wo er plante, sich gegen ihr Herzogshaus zu wenden 8 ), doch nahmen auch sie an dem Frieden teil, der im September 1365 zu Wordingborg zwischen Waldemar und den Hansen geschlossen wurde. Bei der Vereinbarung der Waffenruhe vom vorigen Jahre hatten sie sich ausbedungen, daß sie ihren Herzog in einem Kriege gegen Dänemark unterstützen dürften; sie sollten die Fehde dann drei Wochen vorher ansagen 9 ). Solche Bestimmung findet sich in der Friedensurkunde zwar nicht, doch standen die beiden Städte Albrecht hernach im Kampfe gegen Hakon und Waldemar Atterdag zur Seite.
Es konnte Albrecht nicht verborgen sein, daß diese Friedensschlüsse dem Dänenkönige freie Hand für einen Einfall in Schweden schaffen sollten. Auch er traf seine Maßregeln. Indem er sich gewisse Streitigkeiten im Hause der Herzöge von Pommern=Wolgast zunutze machte, schloß er am 12. Oktober 1365 in Stralsund mit Wartislav V. und den beiden Söhnen Barnims IV., Wartislav VI. und Bogislav VI., ein Bündnis, wobei die Wolgaster sich allerdings vorbehielten, dem Dänenkönige das Lehnsaufgebot von fünfzig Gewappneten zu stellen 10 ). Am 15. März 1366 folgte ein Bündnis mit Albrecht von Sachsen=Mölln und Bergedorf 11 ), der dem Herzog dankbar war, weil dieser sich ihm für die Zahlung der Mitgift seiner Gattin Katharina, der Schwester des Fürsten Lorenz von Werle, verbürgt hatte 12 ). - So suchte Albrecht sich für die Zeit des nahenden schwedischen Krieges gegen Angriffe in Deutschland, etwa von seiten Erichs von Lauenburg, zu decken. Dann reiste er an den kaiserlichen Hof in Prag 13 ), vermutlich um durch Karl IV. auf Waldemar Atterdag einzuwirken, der seine 1350 mit dem Luxemburger geschlossene Freundschaft während jener großen Auslandsfahrt zu Krakau und Prag erneuert hatte 14 ).
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Zum Glück gelang es Albrecht, sich den Beistand der Grafen Heinrich und Klaus zu erhalten 15 ). Am 10. Mai gab ihm Heinrich das Recht, die Pfandschaft Kalmar, die noch immer in holsteinischem Besitze war, einzulösen 16 )
Wohl gegen Pfingsten des Jahres 1366 eröffnete Waldemar, außer mit Hakon auch mit Erich von Lauenburg verbündet, den Angriff auf Schweden 17 ). Schon im Vorjahre, wie es scheint, war ihm Warberg mit Nordhalland unter Zustimmung Hakons überliefert worden 18 ). Jetzt drang er siegreich vor. Die Lage der Mecklenburger wurde alsbald so schwierig, daß Herzog Albrecht durch Vermittlung seines Schwiegersohnes Adolf von Holstein Unterhandlungen mit Waldemar anknüpfte. Wenn Adolf auch seit seiner Belehnung mit Fehmarn zur dänischen Partei neigte 19 ), so war er doch dem Herzoge nicht feindlich gesinnt. Am 21. Juni 1366 schloß Albrecht mit ihm einen Vertrag über die Zahlung der Mitgift seiner Gattin 20 ), die eigentlich schon bis Weihnachten 1364 hatte erfolgen sollen 21 ). Zugleich wird er
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die Vermittlung des Grafen erbeten haben, durch die dann bewirkt wurde, daß der Herzog am 28. Juli in Alholm auf Laaland mit Waldemar zusammenkam 22 ). Albrecht wurde von seinen Söhnen Heinrich und Magnus begleitet. Der Schwedenkönig dagegen fehlte, sein Vater handelte für ihn.
Es schien, als ob Waldemar einen seiner größten Erfolge erringen sollte. Gotland mit Wisby, Wärend und Finweden in Småland, Kind und Mark in Westgotland, die Feste Elfsborg 23 ) mit ihrer Harde und der halben Insel Hisingen vor Gotenburg, aber ohne Lödöse, sollten für immer zu Dänemark gehören. Ebenso alle Schlösser und Lande, die Waldemar Pfingsten 1366 in Besitz gehabt habe; es sind hiermit sicherlich besonders Schonen und Blekingen gemeint 24 ). Waldemar betrachtete zwar diese Lande längst als seinen rechtmäßigen Besitz, doch wollte er augenscheinlich die Zustimmung des schwedischen Reichsrates, die für den ganzen Alholmer Vertrag eingeholt werden sollte, in der Form einer solchen Umschreibung nachträglich für die Eroberung Schonens und Blekingens gewinnen. Über Halland, das der König ja ebenfalls schon vor Pfingsten in seiner Hand gehabt hatte, findet sich noch eine besondere Bestimmung. Warberg mit Nordhalland war eine der jüngsten Errungenschaften Waldemars, und auf Südhalland hatten die Mecklenburger vielleicht niemals, oder doch jedenfalls nur unter Vorbehalt, verzichtet; jetzt aber verhießen Herzog Albrecht und seine Söhne, den König im Besitze Hallands (by Hallande, by Wartberghe) zu erhalten 25 ).
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- Auf der Grundlage dieser Bestimmungen
garantierten sich Waldemar und die Mecklenburger
gegenseitig ihre sämtlichen Lande. Allerdings
waren die Übereinkünfte noch nicht gesichert.
Erst am 2. Februar des nächsten Jahres sollten
die beiden Könige mit ihren Reichsräten und den
für den Vertrag bestellten Bürgen zwischen
Kalmar und Bröms
26
) zusammenkommen,
wo der Vertrag ratifiziert und der Friede
geschlossen werden sollte. - Magnus sollte nicht
aus der Gefangenschaft entlassen werden, bevor
er die Abtretungen anerkannt habe. Und mit Hakon
verpflichteten sich Albrecht und seine Söhne
weder Frieden noch einen länger als drei Jahre
währenden Waffenstillstand zu schließen, wenn er
nicht vorher die Alholmer Abmachungen genehmigen
wolle. Weigere er sich, so solle der Dänenkönig
auf die Seite seiner Gegner treten. Wie dieses
Verlangen nach der Zustimmung der Folkunger
zeigt, hielt Waldemar die mecklenburgische
Herrschaft in Schweden noch nicht für unbedingt
gesichert; auch für den Fall, daß Magnus und
Hakon doch noch das verlorene Reich
zurückgewönnen, wollte er sich decken. Jedoch
verhieß er für sich und seine Erben, dazu zu
verhelfen, daß die schwedische Krone dem
mecklenburgischen Hause erhalten bliebe, wenn
König Albrecht keine Söhne hinterlassen würde. -
Die Herrschaft Rostock erkannte Albrecht von
neuem als dänisches Lehn an
27
). Und endlich
verzichteten die Mecklenburger auf jene 10000
, die Waldemar dem Herzoge
Heinrich schuldete; der Schaden, den die beiden
Städte Rostock und Wismar dem Könige im Kriege
von 1362 zugefügt haben sollten, wurde dagegen
aufgerechnet. Es war eine rein formale
Auseinandersetzung, damit der alte Streit
endlich aus der Welt geschafft würde, und sie
geschah auf Entscheidung Adolfs von Holstein
28
). - Die von mecklenburgischer
Seite über alle diese Vereinbarungen
ausgestellten Urkunden wurden von Albrecht,
Heinrich und Magnus besiegelt. Und die Herzöge
gelobten, daß auch König Albrecht bis zum 2.
Februar 1367 sein Siegel daran hängen und daß
der Vertrag in der vorgeschriebenen Weise
ratifiziert werden solle
29
).
Einen förmlichen Waffenstillstand hatte das Abkommen nicht sogleich zur Folge, vielleicht weil beabsichtigt wurde, ihn
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Hakon, der sonst hätte Verdacht schöpfen können, bis zur Ratifikation geheim zu halten 30 ). - Am 20. August beauftragte Herzog Albrecht von Rostock aus einen Ritter mit der Anwerbung von Kriegsmannschaft 31 ). Und erst am 26. September gab der Schwedenkönig Bo Jonsson und Raven von Barnekow, dem Vogte zu Nyköping, Vollmacht, mit Waldemar und Hakon eine Waffenruhe abzuschließen 32 ). - Herzog Albrecht war im September und Oktober in Mecklenburg 33 ). Am 31. Oktober wurde zu Rostock seine Enkelin Euphemia, eine Tochter Heinrichs, mit Johann von Werle=Goldberg verlobt. Zugleich vereinbarte Albrecht gemeinsam mit dem Bischofe von Schwerin unter Einschließung seines Bruders, des Herzogs Johann, ein Bündnis und einen Landfrieden mit dem Goldberger und den Fürsten Lorenz und Johann von Güstrow. Es ist bezeichnend, daß der Herzog den Dänenkönig beim Abschlusse dieses Bündnisses ausnahm 34 ).
Am Silvestertage findet er sich im Norden, im Reiche seines Sohnes 35 ). Notgedrungen war er den Alholmer Vertrag eingegangen. Wieder hatte er Waldemar Atterdag aus seinem Wege gefunden; alle Erfolge in Schweden waren durch den König in Frage gestellt worden. Doch hatte Albrecht zu Alholm wenigstens nicht nur die Anerkennung seines Sohnes und die vollständige Isolierung Hakons erreicht, sondern auch die Garantie der Herrschaft des mecklenburgischen Hauses in Schweden durch Waldemar. Es ist wohl behauptet worden, daß der Vertrag ein politischer Fehler gewesen sei; gerade die Abtretung von Gebieten an Dänemark habe man ja Magnus in Schweden so sehr verübelt 36 ). Aber für Magnus, so hatte dieser gerechnet, sollte Schonen der Preis sein für die Hilfe Waldemars gegen die Adelspartei, also für deren Sturz. Daher die Erbitterung der
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Großen über die Abtretung der Provinz. Jetzt lagen die Dinge umgekehrt. Herzog Albrecht wollte schwedische Gebiete preisgeben, um die Herrschaft seines Sohnes vor Waldemar zu retten. Das Interesse des jungen Königs war aber hierin von dem der Adelspartei gar nicht zu trennen; beide standen und fielen miteinander, beide hatten Waldemar und die Wiederkehr der folkungischen Herrschaft zu fürchten, die der Dänenkönig vielleicht herbeiführen wollte, wenn er von den Mecklenburgern nichts erreichte. Während einst die Abtretung Schonens die Stellung der Adelspartei zu gefährden schien, war der Vertrag von Alholm geeignet, die Großen, sie nicht minder als König Albrecht, aus gefährlicher Lage zu befreien. Überdies war ja der Vertrag nicht nur der Genehmigung König Albrechts, sondern auch der Zustimmung der schwedischen Bürgen unterworfen, die sich neben dem alten Herzoge und seinen Söhnen Heinrich und Magnus dafür verpflichten sollten. Zu Bürgen waren der Erzbischof von Upsala, alle Bischöfe, Kapitel und Äbte Schwedens, der ganze Reichsrat, alle Kirchenvorsteher, die Prälaten seien, fünfzig Ritter und Knappen, die besten, die in Schweden wohnten, und zehn der besten schwedischen Marktstädte in Aussicht genommen worden 37 ); diese alle repräsentierten das Reich, dat rike to Sweden 38 ). Und es ist doch fraglich, ob man dort jede Gebietsabtretung an Waldemar unbedingt, auch wenn sie Rettung aus gefährlicher Lage brachte, verweigern wollte. Wir wissen ja nicht einmal, ob nicht der Herzog sich, bevor er nach Alholm reiste, wenigstens mit König Albrecht und dem Reichsrate darüber verständigt hatte, wie weit er gehen sollte; unwahrscheinlich ist das durchaus nicht. Jedenfalls zweifelte er ursprünglich nicht daran, daß der Vertrag vollzogen werden würde, gelobte er doch Waldemar, es solle geschehen. Trotzdem geschah es nicht. Da der Herzog sich mit dem Schwedenkönige zur festgesetzten Zeit nach Kalmar begab, mag wohl die Zusammenkunft mit Waldemar Atterdag stattgefunden haben 39 ), doch müßte dann wohl über
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eine andere Grundlage für den Frieden verhandelt worden sein. Der Alholmer Vertrag scheiterte, aber kaum wegen eines grundsätzlichen Widerstandes der schwedischen Großen, sondern weil die Lage für die Mecklenburger günstiger geworden war. Vielleicht wünschte Herzog Albrecht selber nicht mehr die Ratifikation. Denn schon gegen Ende des vorigen Jahres (1366) hatten die preußischen Städte das Signal zu einem Kampfe der Hansen gegen Dänemark und Norwegen gegeben; sie hatten die wendischen Städte zu einem Bündnisse aufgefordert, und obwohl ihnen von diesen eine ablehnende Antwort zuteil geworden war 40 ), so ließen sie doch ihre kriegerischen Pläne nicht fallen 41 ). Ferner hatte sich König Albrecht den Besitz des überaus wichtigen Schlosses Axewall in Westgotland gesichert. Bereits im Oktober hatte er den Befehlshaber der Feste, Gerhard Snakenborg, der bisher den Folkungern treu geblieben war, durch Bestechung für sich gewonnen; doch wollte Snakenborg, offenbar um seinen Verrat zu verhüllen, Axewall nur dann übergeben, wenn Magnus gezwungen würde zuzustimmen. Am 16. Januar 1367 bekannte dieser im Schlosse zu Stockholm, daß Snakenborg ihm die Feste als Beitrag zu seiner Loskaufung zur Verfügung gestellt habe, eine Erklärung, die er "bereits von den Fesseln, wenn auch noch nicht von der Gefangenschaft erlöst" abgab. Vielleicht ist diese Erleichterung seiner Haft der Lohn für die Urkunde gewesen 42 ). - Kurz darauf schickte Herzog Albrecht eine Truppe seiner Leute nach Axewall, wohl um das Schloß in Besitz zu nehmen 43 ).
* *
*
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Ob Hakon von der Schwenkung seines Schwiegervaters genau unterrichtet war, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls fanden sich die beiden Verbündeten nach dem Scheitern des Alholmer Vertrages wieder zusammen. Der Krieg ging weiter. Herzog Albrecht unterstützte den König mit Rat und Tat 44 ), und es hat eine tiefe Bedeutung, daß auf dem Titelblatte in der Chronik des Ernst von Kirchberg Vater und Sohn gemeinsam den Schaft der schwedischen Fahne umfassen. Sogar bei Regierungshandlungen wird gelegentlich die Zustimmung des Herzogs erwähnt 45 ). Mitunter mag man seine Teilnahme an der Regierung als Anmaßung empfunden haben; als solche konnte es erscheinen, daß er (im März 1367) die Einwohner des Stiftes Linköping aufforderte, alles aufrührerische Wesen abzulegen und ihre Untertanspflichten zu erfüllen 46 ). Wahrscheinlich hat er bereits in diesen Jahren als Entschädigung für seine Kriegskosten alle die riesigen Pfandschaften erhalten, die sich früher oder später in seinem Besitze befanden; jedenfalls hatte er damals schon Nyköping=Län, d. h. den südwestlichen Teil Södermanlands und die Täler (Dalarne) mit den Einkünften aus ihren Kupfer= und Eisenbergwerken. Als Vogt über diese beiden Pfandschaften hatte er Raven von Barnekow eingesetzt, der sehr früh in seiner Umgebung erscheint 47 ). Um ein Gegen=
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gewicht gegen den Einfluß der schwedischen Großen zu schaffen, wurden deutsche Ritter ins Land gerufen, auf die Albrecht und sein Sohn offenbar sicherer zählen zu dürfen glaubten. Jedoch war dies eine zweischneidige Maßregel; denn die fremden Ritter lebten zwar mit einem Teile des schwedischen Adels in bestem Einvernehmen 48 ), riefen jedoch, da sie als Verwaltungsbeamte und Pfandinhaber eine Rolle spielten, auch Eifersucht unter den eingeborenen Adligen hervor 49 ). Und die niederen Stände klagten über Bedrückungen durch die Deutschen, gegen die sich ihre Erbitterung wider die Aristokratie nun einseitig wandte 50 ). Schwer litt das Volk unter den Kriegslasten; 1367 verbot König Albrecht bei Todesstrafe, Adel und Geistlichkeit mit übermäßiger Einquartierung zu beschweren, des Volkes geschah jedoch keine Erwähnung 51 ). Allerdings leisteten auch die sonst schatzungsfreien Großen außerordentliche Beiträge zu den Kosten des Feldzuges. Karl Ulfsson und Erich Karlsson opferten für ein Jahr ihr halbes Einkommen, wollten auch andere hierzu veranlassen oder, wenn es sein müsse, zwingen 52 ). Bald darauf erklärten sich Adel und Geistlichkeit bereit, die Hälfte ihrer Einkünfte für das Jahr 1367 der königlichen Kasse zuzuführen. Das Geld sollte zur Verteidigung und Befreiung des Landes verwendet werden 53 ).
Im Sommer und Herbst 1367 lag König Albrecht vor Borgholm auf Öland 54 ), das der dort befehligende hansische Hauptmann
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eigenmächtig an Hakon ausgeliefert hatte 55 ). Der König war also stark genug, die Eroberung der Insel in Angriff zu nehmen. Vor allem aber winkte jetzt die Aussicht auf ein Bündnis mit den Hansestädten.
Das mecklenburgische Königtum in Schweden entsprach durchaus den Wünschen der Politiker. Denn es war Gefahr gewesen, daß durch die Annäherung zwischen Waldemar Atterdag und den Folkungern, durch ein Bündnis der drei Könige, die alle den deutschen Kaufleuten nicht wohlwollten, die politische Bedeutung der Städte im Norden vernichtet wurde. Deshalb hatten es die Hansen gerne gesehen, daß die neue Dynastie sich in Schweden festsetzte. Hakon beklagte sich später (1370) darüber, daß die Städte die Mecklenburger begünstigt hätten. Seine Gegner und deren Güter seien in Borgholm verteidigt worden, als Öland noch in hansischem Besitze gewesen sei. Auch habe König Albrecht (filius Magnopolensis) damals den Anhängern der Folkunger ihre Landgüter auf Öland genommen und sie seinen Freunden zugewiesen 56 ). Die Hansen glitten in ihrer Erwiderung über den ersten Vorwurf hinweg 57 ), auf den zweiten entgegneten sie, sie glaubten nicht, daß dies während ihrer Herrschaft über die Insel geschehen sei 58 ). Hakon behauptete sogar, die Städter hätten an den Zügen seiner Feinde teilgenommen, als ihm durch diese von Öland aus Schaden zugefügt worden sei 59 ). Er beschwerte sich auch darüber, daß die Hansen den Mecklenburgern Proviant und Schiffe geliefert und alle Zufuhr von den schwedischen Gebieten, die noch in folkungischer Hand gewesen, ferngehalten hätten, bis diese Gebiete durch die Mecklenburger erobert seien. Ebenso hätten sie denen, die sich zu seinem Dienst begeben wollten, nichts verkauft und seinen Untertanen die Einfuhr aus den Städten abgeschnitten 60 ). Eben da=
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durch habe er das schwedische Reich verloren, daß Herzog Albrecht von den Hansen durch Geld und wessen er sonst bedurft habe, unterstützt worden sei 61 ). Diese Behauptung wiederholte Hakon 1372 zusammen mit seinem Vater; die Städte aber wiesen sie zurück 62 ).
Mit seinen Klagen über die ihm versagte, den Mecklenburgern aber erteilte Zufuhr traf Hakon allerdings nicht das Richtige. Denn auf dem Hansetage vom 6. Januar 1364, noch vor der Wahl König Albrechts, war der Seehandel bis Ostern gänzlich verboten worden 63 ). Das war geschehen, weil der Waffenstillstand der Städte mit Dänemark ablief. Als dann aber am 15. März 1364 das Verbot der Ausfuhr von Waren bis zum 21. April verlängert wurde, ließen sich Rostock und Wismar die Erlaubnis erteilen, ihrem Herzoge Proviant zuzuführen 64 ). Auf dem Hansetage vom 14. April wurde dann die Fahrt durch den Sund und der Handel nach Dänemark und Schonen untersagt, im übrigen aber den Kaufleuten freigestellt, die Ostseeländer, auch Schweden, zu besuchen 65 ). Am 25. Mai ordnete man jedoch wieder eine vollständige Sperrung bis Johannis an 66 ). Alle diese Maßregeln waren durch das unsichere Verhältnis der Hansen zu Dänemark hervorgerufen worden. Die Folkunger hatten darunter zu leiden, und dies sahen die Städte, da ja der Handel doch einmal stockte, wegen ihrer Sympathie für König Albrecht vielleicht nicht ungern. Die Mecklenburger dagegen wurden von Rostock und Wismar versorgt; kein Wunder, daß Hakon die Güter dieser beiden Städte als gute Prise erklärte, auch wenn sie auf fremden Fahrzeugen verfrachtet waren 67 ).
Mit Lübeck hatte Herzog Albrecht im April 1365, als Waldemar Atterdag den Angriff auf Schweden ins Auge faßte, ein vierjähriges Friedensbündnis geschlossen. Zugleich war ihm
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von der Stadt für die Dauer des Vertrages eine
jährliche Rente von 400
lüb. Pf. angewiesen worden
68
). Diese Rente war nichts anderes
gewesen als eine Unterstützung für den drohenden
Krieg, zumal da binnen zwei Monaten das Geld für
drei Jahre, im ganzen also 1200
, ausgezahlt wurde
69
).
Befriedigt hatte sich König Albrecht in einem im
Juni 1365 aus dem Lager bei (bo entsandten
Briefe, worin er einen Boten bei den Städten
beglaubigte, über das gute Verhältnis zwischen
ihnen und seinem Vater ausgesprochen
70
).
Es ist wohl möglich, daß die Hansen seine Sache auf Öland begünstigt hatten, erteilten sie doch auf Hakons Beschwerde hierüber eine gewundene Antwort. Abgesehen von Rostock und Wismar waren jedoch die Mecklenburger im übrigen nur von Lübeck schüchtern unterstützt worden. Formell hatten die Städte eine Stellung zwischen den Parteien eingenommen 71 ). Sie hatten bisher nicht einmal gewagt, König Albrecht offen anzuerkennen, umgingen es, ihm den Königstitel zu geben, sprachen nur von Herzog Albrecht und seinen Söhnen 72 ), wie auch Hakon von dem Sohne des Mecklenburgers redete. Die Folkunger dagegen wurden von den Hansen als Könige von Schweden und Norwegen bezeichnet 73 ).
Niemals wäre es Albrecht gelungen, ein Bündnis mit den Städten zu schließen, wenn nicht Waldemar Atterdag sie in gefährlichem Leichtsinn durch Verstöße gegen die Bestimmungen des Wordingborger Friedens gereizt hätte, und das jetzt, wo er gegen Schweden im Felde stand 74 ). Auch mit Hakon lagen die Hansen in Streit 75 ). Und nun gaben, wie erwähnt, im Dezember 1366 die preußischen Städte das Zeichen zum Kampfe gegen Dänemark und Norwegen. Da jedoch die wendischen vor=
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erst nichts vom Kriege wissen wollten, knüpften die Preußen mit den Städten von der Südersee Verhandlungen an 76 ).
Herzog Albrecht beschloß, sich diese Kampfesstimmung im Ordenslande zunutze zu machen. ImApril 1366 war er in wundersamer Gemeinschaft mit den Königen von Dänemark und Norwegen vom Kaiser zum Schirmherrn des Erzbischofs Fromhold von Riga ernannt worden 77 ), den der Orden in Livland an der Residenz hinderte. Da Riga dem Erzbischof zugesprochen wurde, hatte Albrecht verlangt, daß man ihm die Stadt einräume 78 ). Glücklicherweise war der Streit inzwischen beigelegt 79 ) worden, ohne daß er ein Zerwürfnis zwischen dem Herzog und dem Orden zur Folge gehabt hätte. Jetzt schickten Albrecht und sein Verbündeter Heinrich von Holstein Briefe an den Hochmeister, der hinter seinen Städten stand 80 ), und erklärten sich zu einem Bündnisse mit den preußischen Hansen bereit 81 ). Auch den wendischen Städten übermittelten sie ihre Vorschläge 82 ). Wenn jetzt ein Kriegsbund mit den Hansen zustande kam, dann konnte Albrecht den Spieß umdrehen und den Vernichtungskampf gegen Waldemar Atterdag beginnen.
Die wendischen Städte hofften noch auf eine friedliche Auseinandersetzung mit Waldemar 83 ). Die Preußen und Niederländer aber schlossen ein Bündnis und kamen überein, Martini in Köln eine Versammlung abzuhalten 84 ).
Mit Spannung verfolgte Herzog Albrecht die Entwicklung der Dinge. Am 29. Juli tagten die Boten von neun wendischen Städten in Stralsund. Noch freilich verhielten sie sich dem Gesandten Waldemars gegenüber nicht ganz ablehnend; aber zugleich wurde eine vorläufige Handelssperre über Dänemark und
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Norwegen, auch Öland verhängt 85 ). Man beschloß, zum Kölner Tage Vertreter zu senden 86 ); und im Auftrage der Versammlung richteten Lübeck, Rostock und Wismar an Herzog Albrecht und Heinrich von Holstein die Frage, wie sie sich verhalten würden, wenn Waldemar bis Weihnachten eine der Städte blockiere 87 ). Das war eine Vorbereitung der wendischen Hansen auf das Bündnis. Nachdem sie dann in Falsterbo ganz vergeblich mit dem Könige, der seine schroffste Seite herauskehrte, verhandelt hatten, gaben auch sie die Hoffnung auf gütliche Einigung auf. Und nun, einmal entschlossen, ergriffen sie die Leitung der städtischen Kriegsbewegung; vor allen Dingen waren sie darauf bedacht, sich mit Albrecht, dem Schwedenkönige und den Holsteinern zu verbünden 88 ).
Die wendischen Städte hatten im Juni drei ihrer
geschicktesten Politiker ins Ordensland
abgeordnet. Sie sollten sich dort unter anderem
über die Verhandlungen zwischen den
niederländischen und preußischen Städten genauer
unterrichten und den Hochmeister über die
Vorschläge Albrechts und Briefe Heinrichts von
Holstein
89
) ausforschen
90
).
Diese drei Ratsherren waren von den Preußen und
Niederländern ersucht worden, an ihrer Stelle
mit den Fürsten zu unterhandeln. Aber es regten
sich im wendischen Lager Bedenken, ob jene
Städte auch wirklich auf ein Bündnis mit den
Mecklenburgern und Holsteinern eingehen würden.
Es kam deswegen auf der Rostocker Versammlung
vom 6. Oktober der Beschluß zustande, daß in
Köln erklärt werden solle, man habe sich mit den
Fürsten schon zu tief eingelassen, um noch
wieder zurück zu können; auch sollte darauf
hingewiesen werden, daß man ohne sie nichts
vermöge
91
). - So war Albrecht das Bündnis,
wenigstens mit den wendischen Städten, so gut
wie sicher. Es kennzeichnete die Stellung
Lübecks, der Führerin der Hanse, daß die Stadt
zusammen mit Rostock, Wismar und Stralsund im
September dem Herzoge Heinrich 800
lüb. Pf. zur Ausrüstung von
Truppen überwies, die er seinem Vater
nachzusenden gedachte. Weder der alte noch der
junge Herzog sollten sich vor dem 6. Dezember
mit König Waldemar aussöhnen; würde
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aber Albrecht dazu gezwungen, so sollte das Geld zu Ostern wieder zurückgezahlt werden 92 ).
Der Herzog findet sich im Juli, im September und Oktober in Schweden 93 ). Die Verhandlungen mit den Städten hatte bisher vermutlich sein ältester Sohn geführt. Die nun entschiedene Haltung der Hansen aber bewog Albrecht, nach Deutschland zurückzukehren, um selber mit den städtischen Politikern in Verbindung zu treten; am 7. November findet er sich zuerst wieder in der Heimat 94 ). Wenige Wochen später erhielt er die Nachricht, daß am 19. November zu Köln in der Tat eine Konföderation der deutschen Hanse und anderer Städte gegen Waldemar Atterdag und Hakon von Norwegen geschlossen sei. Vom Schwedenkönige hatten er und Herzog Heinrich sich schon Vollmacht zur Vereinbarung eines Kriegsbundes mit den Städten erteilen lassen 95 ).
In Köln hatten die Gesandten der wendischen Städte für ein Bündnis mit den Fürsten geworben. Die Niederländer und Preußen hatten zwar den Wendischen freie Hand zum Abschlusse eines einjährigen Bündnisses mit Mecklenburgern und Holsteinern erteilt, aber die Bedingung gestellt, es dürften ihnen keine Kosten und kein Aufwand daraus erwachsen. Sie hatten infolgedessen allem Anspruche auf Teilnahme am Kampfesgewinne der Fürsten entsagt. Gelänge es diesen, Lande oder Burgen zu erobern, so sollten sie sich darüber mit den Wendischen allein auseinandersetzen, unbeschadet des Rechtes der Kaufleute 96 ).
Bald nach dem Kölner Tage erhielt Albrecht von den wendischen Städten den Vorschlag, man möge sich auf ein Jahr verbünden 97 ). Er erwiderte, die Frist sei zu kurz bemessen; ebenso sprachen sich die Holsteiner aus. Darauf wurde Albrecht von der Versammlung, die am 1. Januar 1368 in Rostock tagte, benachrichtigt, daß sich Lübeck und Stralsund, Wismar und Rostock
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zu einer Verlängerung des Bündnisses auf zwei
Jahre verstanden hätten; die Vertreter von
Greifswald, Hamburg, Stettin und Kolberg wollten
die Sache ihrem Rate unterbreiten. Fast
beschwichtigend klang die Meldung, daß nur noch
ein einziges Mal - die städtischen Sendboten
hatten sich in Köln dazu bereit erklärt
98
) - mit dem Könige verhandelt
werden solle. Zugleich wurde dem Herzog die
Summe genannt, die die Städte als Ersatz des
zugefügten Schadens von Waldemar fordern wollten
- 150000
reinen Silbers; aus dieser
unerschwinglichen Forderung ließ sich ersehen,
daß der letzte Schlichtungstermin nur der Form
wegen stattfinden würde
99
).
Fest stand es bei den Städten, daß Albrecht ihnen Pfänder für die Innehaltung des abzuschließenden Vertrages einräumen müsse. Und der Herzog war auch bereit dazu. Ribnitz und, je nach Wunsch Lübecks, eines der Städtchen Gadebusch, Wittenburg oder Boizenburg wurden von den Hansen hierfür in Aussicht genommen 100 ). Nur so glaubten sie sich gegen eine plötzliche Schwenkung von Albrechts Politik, eine einseitige Verständigung des Herzogs mit den Gegnern schützen zu können. Am 20. Januar sollten Ratsherren von Lübeck, Rostock, Wismar und Stralsund zu Wismar mit den Mecklenburgern und Holsteinern zusammentreffen und sich über fünfzehn bezeichnete Punkte mit ihnen ins Einvernehmen setzen. Es handelte sich um das Bündnis, um einen Streit Herzog Albrechts mit Kampen 101 ), über den nichts Näheres verlautet, dann um Wisby, das zwar der Hanse angehörte, aber wegen seiner Unterwerfung durch Waldemar in schwieriger Lage war, das die Mecklenburger jetzt natürlich mit ganz Gotland zurückzuerobern gedachten; weiter um die Stellung Bogislavs VI. und Wartislavs VI. von Pommern=Wolgast, um Briefe, die die Städte an den Papst, den Kaiser und andere Fürsten zur Rechtfertigung des Krieges schicken wollten, endlich um einige andere Fragen 102 ).
Albrecht kam mit seinen Söhnen Heinrich und Magnus nach Wismar. Auch zwölf jütische Adlige 103 ) hatten sich eingestellt, die
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die günstige Gelegenheit benutzen wollten, um sich gegen Waldemar Atterdag zu erheben; unter ihnen war der Drost Nikolaus Lembek. Albrecht einigte sich mit den städtischen Abgeordneten über die einzelnen Bestimmungen des Bündnisses, ebenso die Holsteiner und Jüten, doch wechselte man noch keine Urkunden aus, machte das Bündnis noch nicht rechtskräftig, da die Städte ja noch einmal mit Dänemark verhandeln wollten 104 ). Doch schloß der Herzog hier in Wismar am 25. Januar mit den Grafen Heinrich und Klaus sowie mit den Jüten einen Kriegsbund, dem der Schwedenkönig bis zum 24. Juni beitreten sollte 105 ). Am selben Tage traf Albrecht mit den Holsteinern ein Abkommen, das für den ganzen Krieg von entscheidender Bedeutung wurde. Es sollten nämlich alle Eroberungen an Schlössern und Landen in Schonen, den zwischen Schonen und Schweden gelegenen, von Waldemar gewonnenen Gebieten, auf Gotland und den zu diesen Landen gehörenden Inseln an Schweden fallen; die auf Seeland, Möen und Falster mit den Inseln an Mecklenburg; die in Jütland, aus Fünen und Langeland an Holstein 106 ). Laaland wird nicht genannt, doch ist klar, daß es an Mecklenburg kommen sollte, da man dort schon ein Pfandrecht auf Laaland besaß 107 ). Eine vollständige Aufteilung des dänischen Reiches wurde in Aussicht genommen.
Nachdem dann kurz darauf, am 2. Februar, in Lübeck die Verhandlungen der Städte mit den Gesandten Waldemars pro=
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grammäßig gescheitert waren 108 ), kam Albrecht am 27. d. M. zu Grevesmühlen aufs neue mit den Holsteinern, Nikolaus Lembek und den Ratssendeboten von Lübeck, Stralsund, Rostock und Wismar zusammen, denen sich diesmal noch Greifswalder Abgeordnete anschlossen. Es war dieser Termin wohl bereits in Wismar verabredet worden. Ebenso scheint man schon dort zum Teil festgesetzt zu haben, was in Grevesmühlen geschehen und worüber hier verhandelt werden sollte 109 ). Vor allem wurden die Bündnisurkunden ausgewechselt. Um Lieferung von Schiffen und Proviant hatten der Herzog und Heinrich von Holstein schon früher ersucht. Sie erklärten sich jetzt bereit, dafür durch Überlassung von Gefangenen, die wegen des Lösegeldes zur Beute gerechnet wurden, und anderem Kriegsgewinne Entschädigung zu leisten 110 ). Außerdem machten sie Vorschläge über Verteidigungsmaßregeln. Dies alles beschlossen die Sendboten ihren heimischen Räten zu unterbreiten 111 ). Für die Zeit des Bündnisses sagte Albrecht den Hansen am 1. März, noch in Grevesmühlen, freies Geleit in seinem Lande zu 112 ).
Die Bündnisurkunden, die Albrecht und die Städte jetzt einander überreichten, datieren vom 20. Februar 113 ). Der Vertrag war weit eingehender als der kurze, zwischen Holsteinern, Jüten und Hansen vereinbarte 114 ). Die wichtigsten Bestimmungen waren die folgenden:
1. Die Herzöge Albrecht, Heinrich und Magnus schließen für sich und im Namen des Schwedenkönigs 115 ) auch für diesen mit Lübeck, Rostock, Stralsund, Wismar und den anderen Seestädten, die deren Helfer sind, einen Kriegsbund gegen
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die Könige Hakon und Waldemar, deren Reiche und Bundesgenossen; und zwar soll das Bündnis mit den wendischen Städten vom 20. Februar des laufenden Jahres bis Ostern (14. April) 1370, mit den preußischen und niederländischen Städten aber nur bis Ostern (1. April) 1369 bestehen. Während der Dauer des Vertrages darf keine Partei ohne Zustimmung der Bundesgenossen einen Waffenstillstand oder Frieden mit den Gegnern schließen.
2. Die Herzoge und der König stellen zusammen 1000 Ritter und Knappen, und nur wenn König Albrecht stirbt oder seines Reiches nicht mächtig ist, darf die Zahl auf 400 herabgemindert werden. Stirbt er aber und behalten die Mecklenburger trotzdem sein Reich in ihrer Gewalt, so soll die Zahl von 1000 Kriegern bestehen bleiben. Ebenso viel stellen die wendischen Städte, desgleichen die Preußen und Niederländer zusammen. Stellen diese weniger, so dürfen auch der Schwedenkönig und die Herzöge die Stärke ihrer Truppen herabsetzen. Doch verpflichten sie sich, im zweiten Jahre unter allen Umständen bei ihrer Zahl zu bleiben.
3. Bringen die Verbündeten während der zwei Jahre, die der Vertrag läuft, in Schonen Landgebiete, Schlösser oder Einkünfte in ihre Gewalt, so sollen die Mecklenburger und ihre Erben die eine Hälfte haben. An der andern sollen sich die Städte für ihre Kosten und Verluste im Kriege schadlos halten. Eine Partei soll teilen und die andere sich dann ihre Hälfte erwählen. Haben die Städte sich entschädigt, so sollen sie noch zwei Jahre im Genusse ihrer Hälfte bleiben, dann aber soll auch diese an die Mecklenburger fallen. Alle Freiheiten des Kaufmannes in Schonen sollen bestätigt werden.
4. Als Pfänder für die Innehaltung der bisher genannten Bedingungen werden die Schlösser und Städte Wittenburg und Ribnitz an Lübeck, Rostock, Stralsund und Wismar für die Dauer des Vertrages übergeben 116 ).
5. Erobern die Mecklenburger oder die Städte irgend eine Feste in Schonen, so sollen sie sie ohne Arglist bewahren.
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6. Bemächtigen die Verbündeten sich Gotlands, so soll es bei Schweden bleiben.
7. Alle weiteren Eroberungen, die in Dänemark gemacht werden 117 ), fallen an die Mecklenburger allein; doch ist das Kopenhagener Schloß niederzureißen 118 ).
8. Alle Gefangenen und alle Beute sollen nach Beuterecht geteilt werden.
9. Entsteht einem der Kontrahenten "um dieses Krieges willen" ein neuer Feind, so sollen die Verbündeten deswegen zusammenreiten und versuchen, ob sie durch Verhandlungen und im Guten eine Schlichtung erreichen könnten. Ist dies nicht möglich, so soll einer dem andern tun, wie er von ihm nehmen wollte.
Von Grevesmühlen begab sich der Herzog mit den Gesandten der vier Städte sogleich nach Ribnitz. Dieses sollte ihnen, wie wohl schon im Januar zu Wismar beschlossen war, am 3. März ausgeliefert werden 119 ). Wittenburg war ihnen bereits am 27. Februar, am Tage der Grevesmühlener Versammlung, übergeben worden 120 ). Sie hatten unter sich ausgemacht, daß Ribnitz von Rostock und Stralsund, Wittenburg von Lübeck verwaltet werden sollte 121 ). - Hier in Ribnitz nahm Albrecht die Stadt Greifswald, die sich noch schwerer als die übrigen wendi=
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schen Städte zum Kriege entschlossen hatte, besonders in das Bündnis auf 122 ).
Auf dem nächsten, am 15. März zu Rostock
abgehaltenen Hansetage wurden dem Herzoge dann
10 Schiffe und für 1000
Lüb. Proviant zugestanden. Seinen
Antrag, daß ihm außerdem noch eine Anleihe von
2000
Lüb. gewährt werden möge, zogen
die Sendboten an ihren Rat. Mit seinem ältesten
Sohne und zehn seiner Vasallen wollte sich
Albrecht dafür verbürgen, daß er durch
Überlassung von Gefangenen oder durch
schwedische Waren (Kupfer, Eisen, Butter) bis
Michaelis den Proviant bezahlen und die Anleihe
zurückerstatten würde
123
).
Mit dem treuen Anhänger Waldemar Atterdags, dem Herzoge Erich von Lauenburg, und dessen jungem Sohne hatte Albrecht bereits am 20. Februar unter Vermittlung der Städte einen Neutralitätsvertrag auf zwei Jahre geschlossen; er sollte jedoch nur für Deutschland gelten. Dasselbe hatten der Schwedenkönig, die Grafen Heinrich und Klaus und die Städte getan. Mit Adolf von Holstein sollte ein gleiches Abkommen vereinbart werden, das vermutlich auch zustande gebracht wurde 124 ).
Am 27. April wollte Herzog Albrecht, so versprach er den Städten, mit 300 Rittern und Knappen in Warnemünde bereit liegen, um beim ersten günstigen Winde in den Oeresund abzusegeln "zur Heerfahrt gegen ihre und seine Feinde" 125 ).
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3.
Der Gegensatz zwischen Albrechts und der lübischen Politik seine Einwirkung auf den Krieg gegen Waldemar.
Albrecht konnte aufatmen. Jetzt endlich war eine Koalition geschaffen, die Waldemar Atterdag Halt gebieten mußte. Es eröffnete sich die Aussicht, Schonen und Gotland und was der Dänenkönig sonst an schwedischem Lande gewonnen hatte, zurückzuerobern. Dazu durfte der Herzog erwarten, daß er einen Teil des alten dänischen Reiches für sein Haus erwerben könne. Seine hansischen Freunde schienen nichts dagegen einzuwenden.
Das Bündnis mit den Fürsten hatten im Namen aller beteiligten Städte die wendischen Hansen abgeschlossen, die ja in Köln hierzu bevollmächtigt worden waren. Sie allein hatten also mit den Mecklenburgern die Bestimmungen des Vertrages vereinbart. Das Haupt der wendischen Städte und die eigentliche Leiterin ihrer Politik war Lübeck. Und Lübecks Absichten schienen denen der Fürsten nicht zu widersprechen. Denn die Fürsten wollten das dänische Reich, und die Städte hatten den Mecklenburgern alle Eroberungen mit Ausnahme des zeitweiligen Besitzes einer Hälfte von Schonen zugesprochen; es war demnach Herzog Albrecht und seinen Söhnen freigestellt, nach Belieben mit den Holsteinern zu teilen. Diese Übereinstimmung der fürstlichen und der lübischen Politik war aber nur scheinbar; in Wirklichkeit lagen die Dinge ganz anders.
Hinter den Städten stand kein Kaiser und kein Reich. Überall, wo es ihre Interessen galt, waren sie angewiesen auf sich allein, ihr Geld und ihr Schwert. Wollten sie aber die Möglichkeit behalten, in den wichtigen Handelsgebieten des Nordens ein Wort mitzureden, dann mußte die Machtverteilung dort so bleiben, daß die Feindschaft der Städte gefürchtet und ihre Freundschaft geschätzt wurde. Die Hansen mußten also wünschen, daß in den skandinavischen Reichen das Gleichgewicht der Mächte erhalten blieb. Und hierfür hatten die lübischen Politiker bisher auch immer gewirkt.
Ob sich nun der Plan der Fürsten in seinem ganzen Umfange verwirklichen ließ, war noch nicht abzusehen. Jedenfalls aber war es möglich, Dänemark ebenso weit oder weiter noch herabzuzwingen als einst in den Tagen Gerhards des Großen, so daß Waldemars Reich nur noch eine Macht vierten Ranges war. Dann hätte das mecklenburgische Haus, mit Holstein durch
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Freundschaft und den gemeinsamen Raub eng verbunden, im Norden eine vorherrschende Stellung eingenommen. Norwegen wäre weit zurückgeblieben, und auch die Waffengewalt der Hanse, wenigstens der wendischen Hansen allein, wäre kaum noch ins Gewicht gefallen. Und wer stand dafür, daß dann nicht die Rechte der Kaufleute geschmälert, maßlose Zölle gefordert würden? - Im Interesse der Städte lag eben nur das eine, Waldemar zu besiegen, um ihm die Bedingungen vorschreiben zu können, die sie für den Handel wünschten und nötig hatten. Aus demselben Grunde, aus dem man in Lübeck einst Waldemar Atterdag emporgeholfen und dann das mecklenburgische Königtum in Schweden freudig begrüßt hatte, war es für die Hanse erwünscht, daß das dänische Reich nicht als Staat verschwand, ja nicht einmal wesentlich geschwächt wurde. Nicht deswegen war die Koalition geschlossen worden, damit die Städte im Norden allen Einfluß verloren. - Hier lag eine Unwahrheit im Bündnisse der Fürsten und Hansen, die sich rächen sollte 1 ). Für die Politik aber, die sich für die Städte aus dieser Unwahrheit ergab, ist vor allen anderen Lübeck verantwortlich.
Zunächst freilich waren die Verbündeten auf einander angewiesen. Daß weder die Städte noch die Fürsten allein die immer weiter um sich greifende Macht Waldemars in Schranken halten konnten, hatte sich in den letzten Jahren gezeigt. Solange Dänemark nicht geworfen war, durfte der tiefe Gegensatz zwischen der fürstlichen und der lübischen Politik nicht hervortreten.
Die Koalition eröffnete den Kampf in überragender Stellung. Am 6. April 1368 verließ Waldemar sein Reich, um in Deutschland Hilfe zu suchen. Während die Niederländer die norwegischen Küsten beunruhigten, belagerten die Truppen der
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wendischen und preußischen Städte, verbunden mit einer mecklenburgisch=holsteinischen Abteilung, Kopenhagen. Am 16. Juni kapitulierte das Schloß 2 ). In Schonen brachten die Hansen und König Albrecht die wichtigen Festen des Landes außer Helsingborg, der "Zwingburg des Sundes" 3 ), in ihre Gewalt. Auf Moen, Falster und Laaland kämpften Mecklenburger, Holsteiner und städtische Truppen gemeinsam. Herzog Albrecht selber findet sich dort. Am 15. August erhielt er von Henning Algestorp, dem Hauptmanne zu Nykjöbing aus Falster, das Mitbesetzungsrecht der Burg; sie sollte ganz überlassen werden, wenn nicht Waldemar bis Michaelis die Verbündeten aus seinem Lande verdrängte 4 ). Es war eine ganz ähnliche Bedingung, wie sie der Besatzung von Kopenhagen gewährt war. Diese mußte zwar das Schloß sofort ganz übergeben, durfte aber bis Michaelis ungestört zu Hause leben, um sich dann auf dessen Seite zu stellen, dem der größte Teil des dänischen Reiches sich zuwenden würde. In Jütland rückte Graf Nikolaus vor. In wenigen Monaten war das dänische Reich von Feinden überschwemmt. Mit Hakon von Norwegen wurde im Sommer ein Waffenstillstand bis zum 1. April 1369 vereinbart 5 ).
Die Fürsten handelten ganz nach ihrem Plane. Keine Frage, daß sie sich in den eroberten Gebieten als Landesherren betrachteten. Ganz klar ist es ausgesprochen in den Verträgen, die die Holsteiner Grafen am 8. und 11. September mit den dänischen Hauptleuten Christian Kule und Hartwig Hummersbüttel wegen der Vogteien Alholm und Ravensborg auf Laaland abschlossen 6 ). Hier wurde ein Waffenstillstand bis zum 1. Mai 1369 ausgemacht. So lange hatten die beiden Beamten Waldemars und ihre Freunde - es sind zwölf Ritter genannt - Zeit, sich zu entscheiden. Wollten sie dann bei Heinrich und Klaus von Holstein bleiben, so sollten sie an ihnen handeln wie gute Lehnsleute an ihrem Herrn. Sonst sollten sie ihr Gut aus Laaland übergeben und fahren, wohin sie wollten. Herzog Albrecht war Zeuge dieser Verträge. - Ebenso unzweideutig nannten die Grafen sich Herren von Jütland 7 ).
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Daß auch das Verhalten der Mecklenburger in der Tat nicht anders aufzufassen ist, zeigen die Privilegien, die sie der Hanse ausstellten. Schon am 18. März, noch vor Ausbruch des Krieges, hatte Herzog Albrecht über die Freiheiten geurkundet, die den Städten nach Eroberung Schonens mit Zustimmung des schwedischen Reichsrates zu erteilen seien 8 ). Sie gingen im wesentlichen zurück auf einen Lübecker Entwurf vom Jahre 1352 und auf die Privilegien, die den Städten 1361 bei ihrem Bündnis mit Schweden für den Fall, daß Schonen zurückgewonnen würde, zugesichert waren 9 ). Aber es handelte sich bei Albrechts Versprechungen nicht nur um Rechte in Schonen. Ausdrücklich hieß es, daß Bürger, Kaufleute und Gesinde der Städte das Reich Dänemark und das Land zu Schonen besuchen dürften, soweit die Mecklenburger sich während der Zeit des Bündnisses des Reiches und des Landes bemächtigten. Auch sollten sie den Seestrand Dänemarks und Schonens frei haben von allem Strandrecht auf ewige Zeiten. Als dann König Albrecht Ende Juli zu Falsterbo das Bündnis, das sein Vater für ihn geschlossen hatte, ratifizierte, da besiegelte er den Städten mit Zustimmung des Reichsrates die versprochenen Freiheitsbriefe und bestätigte ihnen alte Rechte. Er nannte sich König der Schweden und Goten und Herr des Landes zu Schonen 10 ).
Diese Urkunden waren für die Städte von großem Werte. Sie waren dadurch auf alle Fälle gesichert, wenn die Fürsten imstande waren, ihren Teilungsvertrag durchzuführen und das dänische Reich zu zerschlagen. Nun lief zwar die lübische Politik darauf hinaus, einen Frieden abzuschließen, in dem der Teilungsvertrag unberücksichtigt blieb, aber die Städte konnten dann mit den mecklenburgischen Privilegien in der Hand einen unwiderstehlichen Druck auf Waldemar Atterdag oder seinen Reichsrat, den der König zu Verhandlungen bevollmächtigt hatte 11 ) , ausüben. Sie konnten ohne Sorge die Wahl stellen: entweder Bestätigung aller dieser Freiheiten für die Hanse oder Verlust des
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Reiches an Mecklenburg und Holstein. Wie die dänische Entscheidung ausfallen würde, lag auf der Hand.
Bevor man aber eine solche Wahl stellen konnte, mußte Dänemark ganz zu Boden geworfen werden, und hierzu war die Hilfe der Fürsten nötig. Deswegen ist auch die lübische Politik im ersten Jahre des Krieges und noch einige Monate darüber hinaus ganz undurchsichtig geblieben. Die Verhandlungen der Hansetage vom Juni 1368 bis zum Juli 1369 lassen dies erkennen. Als Waffenstillstand 12 ) oder Friede mit Norwegen abgeschlossen werden sollte, wurden die hansischen Hauptleute nach Beschluß der Versammlung vom 24. Juni beauftragt, sich mit dem Schwedenkönig deswegen in Verbindung zu setzen 13 ). Herzog Albrecht hatte sich schon vorher zustimmend ausgesprochen 14 ). Man handelte noch durchaus gemeinsam. Aus der gleichen Junitagfahrt und später, im Oktober, war von einer Verlängerung des Bündnisses der preußischen und niederländischen Städte mit den Fürsten die Rede 15 ). Auch hielt man darauf, daß Albrecht auf dem Kriegsschauplatze zugegen sei. Als er erkrankte oder verwundet wurde - es läßt sich nicht sicher sagen, wann und wo, - wollte man ihn nur ungern in die Heimat reisen lassen, um die Ärzte dort zu konsultieren. Seinem Gesandten, dem Propst von Rehna, wurde auf dem Wismarer Tage am 10. August gesagt, lieber sei es den Städten, wenn der Herzog sich die Ärzte über die See kommen ließe. Sonst solle er wenigstens seinen Sohn Heinrich an seine Stelle rufen 16 ). Albrecht scheint denn auch vorderhand nicht abgereist zu sein 17 ). Ängstlich suchten die Städte jeden Zwist um Wisby, das ja der Hanse angehörte, zu vermeiden. Sie sandten im Oktober die Aufforderung nach Gotland, man möge sich Schweden wieder unterwerfen, und baten zugleich die Mecklenburger, vorerst nichts gegen die Insel zu unternehmen 18 ).
Bis zum Falle Helsingborgs ungefähr blieb das
Verhältnis zwischen den Verbündeten im
wesentlichen ungestört. ImMärz 1369 entlieh
Albrecht 100
aus der gemeinsamen städtischen
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Kasse und versprach, sein Aufgebot zur Fortsetzung des Krieges bis zum 29. April zu stelllen; auch der Schwedenkönig solle sich möglichst beeilen 19 ). Als dann die Arbeit des Krieges getan war, da suchte man sich in Lübeck der Geister zu entledigen, die man gerufen. Und dabei kamen die Ereignisse in Deutschland recht zustatten.
Daß Waldemar Atterdag hier Beistand finden würde, hatten die Verbündeten gleich anfangs gefürchtet. Schon auf der Tagfahrt im Juni 1368 legten sich die Städte die Frage vor, was man tun solle, wenn der König den Herzog von Mecklenburg oder Bogislav V. von Wolgast in Deutschland angriffe 20 ). Besonders fürchtete man den Markgrafen von Brandenburg, den Schwager Waldemars, und hiermit hängt es auch wohl zusammen, daß die Städte im Juni Verhandlungen mit märkischen Städten und Vasallen anbahnten, wovon noch im November 1368 die Rede war 21 ). Am 10. August auf der Wismarer Versammlung wurde beschlossen, daß Lübeck, Stralsund und Wismar zahlreiche Städte ersuchen sollten, jegliche Fürsten und Herren davon abzumahnen, daß sie im Interesse des Dänenkönigs die Verbündeten angriffen. Und man atmete auf, als am 6. Oktober zu Stralsund Antwortschreiben von sächsischen, märkischen und polnischen Städten verlesen wurden, die alle dahin lauteten, daß nichts von solchen Absichten irgend welcher Fürsten bekannt sei 22 ).
In Wahrheit aber stand es anders. Denn um dieselbe Zeit bereiteten die Pommernherzöge im Interesse des Dänenkönigs einen Feldzug gegen Albrecht vor. Dieser Gegner aber entledigte sich der Herzog schnell durch einen Sonderfrieden mit den Stettinern und einen Sieg über die Wolgaster im November 1368. Zugleich begann sich eine Koalition gegen ihn zusammenzuziehen, die allerdings erst im folgenden Jahre zum offenen Angriff vorgegangen zu sein scheint 23 ). Die Führer dieser Koalition waren der Herzog Magnus von Braunschweig und der Markgraf Otto von Brandenburg. Mitte 1369 wurde die
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Lage für Mecklenburg bedenklich. Albrecht sah sich gezwungen, durch seine Gesandten, den Propst von Rehna und Dietrich von Viereck, die Hansen auf der Versammlung zu Lübeck am 13. Juli um Hilfe auf dieser Seite der See, wenn die Not es gebiete, ersuchen zu lassen. Die Sendboten beschlossen, jede Stadt solle für sich beraten, auf der nächsten Tagfahrt wolle man Bescheid geben 24 ).
Einen Angriff von deutscher Seite hatten die Hansen besonders deswegen gefürchtet, weil er sich sehr leicht gegen alle Gegner Waldemars, also auch gegen die Städte, richten konnte. Hier war nun Mecklenburg allein bedroht. Trotzdem hätte man sich im Vorjahre bei gleicher Sachlage vielleicht noch zur Hilfeleistung entschlossen, weil man Albrecht damals auf dem nordischen Kriegsschauplatze nicht entbehren konnte. Jetzt war das nicht mehr der Fall. Acht Tage nach der Juliversammlung schlossen die dänischen Hauptleute aus Helsingborg mit Heinrich von Mecklenburg, der seinen Vater im Norden vertrat, und den hansischen Belagerern einen Vertrag, wonach das Schloß am 8. September 1369 übergeben werden sollte, wenn nicht König Waldemar oder seine Freunde bis dahin das Reich zurückeroberten oder es inzwischen zum Frieden komme 25 ). Das hansische Gold hatte hier ein wenig nachgeholfen 26 ). War nun die feste Burg, die den Schlüssel bildete für den Verkehr durch den Sund, erst in der Hand der Städte, dann war der Krieg für diese entschieden. Die Städte hatten nichts mehr zu erreichen. Es war der günstigste Zeitpunkt zugleich, der sich für einen Friedensschluß im Sinne der lübischen Politik nur denken ließ. Denn nichts konnte dem Rat von Lübeck willkommener sein, als die Angriffe deutscher Fürsten auf Albrecht jetzt, wo der Feldzug im Norden für die Städte abgeschlossen war. Je weiter der Herzog und mit ihm seine holsteinischen Verbündeten in die deutschen Fehden verstrickt wurden, desto breiter wurde die Bahn für Lübecks Pläne. Wenn die Städte jetzt vom Kriege zurücktraten, dann konnte Albrecht seine dänischen Eroberungen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht lange mehr halten, dann war das Reich für Waldemar gerettet und die lübische Gleichgewichtspolitik hatte gesiegt. Helsingborgs Fall bildet den entscheidenden Wendepunkt des Krieges. Die Städte unter Lübecks Führung
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trennen sich von den ihnen verbündeten Fürsten und suchen deren Teilungsvertrag durch einen einseitigen Frieden mit Dänemark zu verhindern.
Wie hatten sich die Städte nun dem Hilfegesuch des Herzogs gegenüber zu verhalten? So vorsichtig es auch in der Bündnisurkunde ausgedrückt war, sie waren zum Beistand verpflichtet, wenn ihrem Verbündeten um des dänischen Krieges willen ein neuer Feind erstand und eine gütliche Schlichtung mißglückte. Der Angriff des Herzogs Magnus hing nun unmittelbar mit dem Kriege gegen Waldemar zusammen; der Welfe trieb selber eine weitaussehende dänische Politik 27 ). Der Markgraf dagegen hatte die Absicht, die brandenburgischen Pfandschaften, ja sogar diejenigen Gebiete, die von der Mark an Mecklenburg abgetreten waren, zurückzuerwerben. Da er sich aber gerade diese Zeit zum Losschlagen ausgesucht hatte, hing seine Fehde wenigstens mittelbar mit dem nordischen Feldzuge zusammen. Ein ehrlicher Freund würde auch hier seine Unterstützung nicht versagt haben. Die Städte aber wußten sich frei von jeder Großmut gegenüber Albrecht und waren froh, daß die Erklärungen des Welfen und des Markgrafen ihnen die Möglichkeit gaben, jegliche Hilfe zu verweigern. Denn auf eine Anfrage der Städte versicherte Herzog Magnus am 17. September, daß er nicht um des dänischen Krieges, sondern um ganz anderer Streitigkeiten willen Albrecht befehde 28 ), eine Behauptung, die geradezu hätte verblüffen müssen, wenn sie den Städten nicht so willkommen gewesen wäre. Auch an den Markgrafen hatten diese ein Schreiben gerichtet. Seine Antwort wurde auf der Versammlung vom 21. Oktober zu Stralsund verlesen. Wie Lübeck später erklärte, teilte Otto hierin mit, er führe gegen Mecklenburg Krieg, weil Herzog Johann sein Land verheert, dort geraubt und gesengt habe und ihm Schlösser vorenthalte, die zur Mark gehörten 29 ). Die
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Städte beschlossen, Albrecht das Schreiben zu übersenden, damit er davon Kenntnis nehme. Sie glaubten viel zu tun, wenn sie eine unfruchtbare Vermittlung einleiteten und den Stralsunder Ratsnotar Nikolaus Rode zu diesem Zwecke an Markgraf Otto abordneten. Die Haltung Lübecks mußte sogar nachgerade verdächtig werden. Denn auf der gleichen Versammlung lief eine Beschwerde des Herzogs Heinrich von Mecklenburg ein, worin mitgeteilt wurde, daß die lüneburgischen Truppen, die das holsteinische und mecklenburgische Land durch Raub und Brand heimsuchten, von Lübeck aus gespeist und gefördert würden 30 ).
Mag nun Albrecht die lübische Politik durchschaut haben oder nicht, er war ihr gegenüber von vorneherein im Nachteil, wenn er die Hoffnungen nicht aufgeben wollte, mit denen er den Krieg 1368 begonnen hatte; denn er forderte nur von Dänemark, während die Städte auch zu bieten hatten. Jedenfalls
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das eine mußte er sehen, daß die Hansen den Frieden wünschten. Und da er wegen der deutschen Fehden außerstande war, alle seine Kraft nach Norden zu verwenden, mag er einen Teil seiner dänischen Eroberungspläne haben fallen lassen, natürlich ohne daß er daran gedacht hätte, den Krieg im lübischen Sinne zu beendigen. Schon auf der Tagfahrt im Juli 1369 hatten seine Gesandten dem zugestimmt, daß am 19. August zu Lübeck Verhandlungen mit den Boten des dänischen Reichsrates stattfinden sollten 31 ). Albrecht war auch nicht abgeneigt, mit Waldemar selber, der sich damals in der Mark aufhielt, in Unterhandlungen zu treten. In der zweiten Hälfte des Augusts bat der König den mecklenburgischen Ritter Heinrich von Stralendorff, dessen sich Albrecht bei diplomatischen Geschäften bedient zu haben scheint, zu ihm nach Pasewalk zu kommen. Und da Waldemar den Wunsch nach Frieden mit Albrecht, den Städten und den Jüten äußerte, ließ der Herzog sofort dem Lübecker Rat mitteilen, daß er für den 23. September eine Zusammenkunft mit dem Könige in Aussicht nehme, zu der auch Heinrich von Holstein und die Sendboten der Städte sich einstellen sollten 32 ). Der Herzog dachte also nicht an einseitige Verhandlungen.
König Waldemar machte einen niedergeschlagenen
Eindruck. Nirgends hatte er Hülfe gefunden, wie
er sie sich wünschte. Er sah, daß Magnus von
Braunschweig und der Markgraf nur persönliche
Ziele verfolgten, und mußte dulden, daß ihm Otto
der Faule 1100
Silbers von seinem aus Dänemark
mitgebrachten Schatze raubte
33
). Er wäre
zufrieden gewesen, wenn er einen Teil des
Reiches zurückerhielt, und hätte den Neubau
seiner Macht der Zukunft, dem
"Atterdag", überlassen, geheilt
vielleicht von dem grenzenlosen Hochmut, durch
den er sich in diesen unheilvollen Krieg hatte
treiben lassen. Er sollte es nicht nötig haben,
denn die Städte - so seltsam verwirrten sich die
Dinge - retteten den Bestand seines Reiches.
In Lübeck fürchtete man augenscheinlich, daß Albrecht die hansische Politik durchschaute und eiligst einen billigen Frieden mit Waldemar suchte, der ihm wenigstens einige Vorteile ließ. Hierbei hätte es ihm nützen müssen, daß der König sich lieber mit seinesgleichen verständigte als mit den Kaufleuten, die er
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im Grunde ebenso verachtete, wie es später König Christian IV. tat. Dann hätten die Städte leicht das Nachsehen haben können. Leider erfahren wir zu wenig von Albrechts Verhandlungen mit Waldemar, um seine Ziele zu erkennen. Jedenfalls aber hegte man in Lübeck Argwohn gegen allen diplomatischen Verkehr zwischen den beiden Gegnern. Als Albrecht mit seinen Getreuen und drei Lübecker Ratsherren über Neubrandenburg zum Könige ritt - es handelte sich vielleicht um die Zusammenkunft vom 23. September 34 ) -, da konnten die drei Gesandten der mächtigen Stadt ihre Unruhe kaum verbergen. Sie drangen darauf, daß sie über alle Vorschläge und Unterredungen genau unterrichtet würden. Auf keinen Fall dürfe sich der Herzog aussöhnen ohne Zustimmung der Städte. Diese, so beteuerte man, würden nicht anders handeln 35 ).
In Wahrheit befanden sie sich auf dem besten Wege dazu, für sich allein mit dem Reichsrat abzuschließen. Am 19. August einigten sie sich bereits über ihre Bedingungen, und auch die Dänen zeigten sich bereitwillig. Am 21. Oktober sollte der Friede eigentlich schon zustande kommen, doch waren die dänischen Gesandten wegen ungünstigen Windes nicht vollzählig erschienen 36 ). So gelangte man erst am 30. November in Stralsund zum Abschluß 37 ). Und hier fiel Schlag auf Schlag gegen Herzog Albrecht und sein Haus.
Die Mecklenburger hatten in gewissenhafter Erfüllung ihres Bündnisvertrages 38 ) mit den Städten diesen eine Hälfte von Schonen überlassen 39 ), damit sie sich an den Einkünften schadlos hielten und sie dann noch zwei Jahre genössen. Jetzt dachten die Hansen nicht daran, diese Besitzungen jemals wieder
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an König Albrecht oder seinen Vater auszuliefern. Sie betrachteten Schonen als zu Dänemark gehörig und ließen sich vom Reichsrat das Recht erteilen, sechzehn Jahre hindurch zwei Drittel der Einnahmen aus den vier schonischen Schlössern Falsterbo, Skanör, Malmö und Helsingborg 40 ) mit sieben dazu gehörigen Bezirken für sich einzuziehen und die Festen solange zu besetzen. Die Lage ist vollkommen verändert. Wie zu Beginn des Krieges König Albrecht, so trifft jetzt der dänische Reichsrat, an der Spitze der Drost Henning Putbus, Bestimmungen über Freiheit vom Strandrecht und über andere Privilegien. Waldemar sollte den Frieden bis Michaelis 1371 besiegeln. Danke er jedoch ab oder sterbe er, so sollte nur mit Zustimmung der Städte ein neuer König gewählt werden, der überdies den Vertrag vorher bestätigen müsse. Es war das ein Artikel, der sich gegen Mecklenburg richtete, der überhaupt erst durch die lübische Gleichgewichtspolitik verständlich wird. Denn Waldemars einziger Sohn lebte nicht mehr, und die älteste Tochter des Königs war mit einem mecklenburgischen Herzog vermählt. Daß ein Sohn aus dieser Ehe den dänischen Thron besteige, sollte unter allen Umständen verhindert werden 41 ).
Was konnte es Albrecht nützen, daß die Städte sich die Zustimmung ihrer fürstlichen Bundesgenossen zu diesen Übereinkünften vorbehielten 42 )? Die Beschwerdeschrift, die der Herzog im Jahre 1373 an Lübeck richtete, zeigt, daß er sich aufs äußerste gegen einen solchen Vertrag gesträubt haben würde. Der Grund des Vorbehalts ist klar. Mindestens die wendischen Städte waren noch bis Ostern 1370 mit den Mecklenburgern und Holsteinern verbündet. Ohne deren Zustimmung durften sie sich vorher nicht daghen, sonen edder vreden edder bevorworden. Somit sollte der Vorbehalt den Städten die Möglichkeit geben, den
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Frieden für einen noch nicht endgültigen erklären zu können. Ein solcher wurde erst am 24. Mai 1370 zu Stralsund geschlossen, nachdem das Bündnis mit den Fürsten abgelaufen war 43 ). Wenn daher Albrecht später behauptete, Lübeck habe sich binnen der tyd der vorbindinghe ausgesöhnt und ihn buten aller sone gelassen, so konnte der Rat der Stadt diesen Vorwurf mit einem Scheine von Recht zurückweisen. Als Waffenstillstand aber waren die Präliminarien vom 30. November mindestens aufzufassen, und auch dieser war unerlaubt, wenn er ohne Zustimmung der Fürsten abgeschlossen wurde.
Die Friedsbedingungen blieben am 24. Mai 44 ) dieselben, nur die Zeit der Besetzung jener vier Schlösser durch die Städte wurde von sechzehn auf fünfzehn Jahre herabgemindert. Hier lag der Bruch des Bündnisvertrages ganz offen zu Tage 45 ), besonders da die Städte im nächsten Jahre die Festen dem dänischen Reichshauptmanne selber anvertrauten 46 ). Der Lübecker Rat hatte denn auch auf Albrechts Klage nur die Erwiderung, er sei, wenn er sich für seine Kosten entschädigt habe, gerne bereit zu überliefern, was er von Rechtswegen überliefern müsse. Es war eine ganz unverständliche Antwort, die wie Hohn klang. Auch die Beschwerde, es sei dem Herzog von der Beute auf Rügen und den Gefangenen vor Kopenhagen nicht sein Teil geworden, wurde zurückgewiesen. Von den Gefangenen habe er sogar mehr erhalten als die Städte, und auf Rügen habe man keinen Kriegsgewinn eingeheimst 47 ). So erklärte der Rat und behauptete mit eiserner Stirn, er habe Albrecht und seinen Kindern alles zum Besten gerichtet, als wy hoghest konden und mochten.
Auch die beiden mecklenburgischen Städte Rostock und Wismar erkannten den Stralsunder Frieden an; doch zogen sie wieder die Folgerung aus ihrer eigenartigen Doppelstellung. Den Beschlüssen der Hanse konnten sie sich nicht entziehen, durften aber auch ihren Landesherrn nicht im Stiche lassen. Deshalb vereinbarte Rostock einen besonderen Vertrag mit dem Reichsrat, wonach es Albrecht Schiffe vermieten und ihm im Hafen
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der Stadt und im Herzogtum Hülfe leisten durfte. Wollte es ihn aber jenseits der See unterstützen, so mußte dies den Dänen vier Wochen vorher zu Wordingborg angezeigt werden 48 ). Wir dürfen annehmen, daß Wismar sich eine gleiche Klausel vorbehalten hat.
Schon während des Krieges waren allerlei Reibungen zwischen Albrecht und den Städten vorgekommen. So war der Herzog überzeugt, daß die Hansen verpflichtet gewesen seien, ihm in seinen deutschen Fehden Beistand zu leisten 49 ). So beklagte er sich, daß ihm die Auslieferung des festen Schlosses Helsingör verweigert, daß auch dieses wie Kopenhagen niedergerissen sei 50 ). Lübeck erwiderte, es sei auf gemeinsamen Beschluß der Fürsten und der hansischen Hauptleute geschehen. Wer hier recht hat, wird sich kaum entscheiden lassen, sicher ist nur, daß Unstimmigkeiten vorlagen. Der Herzog beschwerte sich auch hernach, daß die Städte heimlich, ohne ihn zu verständigen, mit den Dänen Unterhandlungen gepflogen hätten. Der Rat von Lübeck wies, wie alle anderen, auch diesen Vorwurf zurück. Es sei abgemacht gewesen, daß jeder seinen Weg gehen (vortasten mochte synen wech) und den Verbündeten dann auf dem Laufenden halten solle. Hiernach habe sich der Rat gerichtet und es dem Herzog immer mitgeteilt, wenn er zu Verhandlungen habe reiten wollen 51 ).
Man wird daran zweifeln dürfen, daß Albrecht von dem Inhalt dieser Verhandlungen in Kenntnis gesetzt wurde. Von den Stralsunder Präliminarien allerdings muß er wohl unterrichtet gewesen sein. Aber er scheint gehofft zu haben, daß der Friede so nicht zustande kommen würde. Sonst wäre es wenigstens nicht zu erklären, daß er Wittenburg, das er den Städten ja mit Ribnitz verpfändet hatte, noch nach Ablauf des Bündnisses in ihrer Hand ließ. Erst um die Zeit, als die Städte endgültig mit dem Reichsrat abschlossen, hat der Herzog die Hoffnung auf Änderung der Friedensbedingungen fahren lassen. Das zeigte sich, als nach seiner Residenz Schwerin die Kunde gelangte, es sei am 19. Mai zu Wittenburg ein Totschlag geschehen, und der dortige Lübecker Vogt Heinrich Kirchhof habe die Totschläger ver=
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festet, ihre Habe für verwirkt erklärt, ihre Pferde beschlagnahmt. Sofort befahl Albrecht seinem eigenen Vogte und dem Rate des Städtchens, die Pferde gegen Bürgschaft freizugeben; das Gericht sei nun wieder des Herzogs. Ebenso äußerte sich Heinrich von Bülow, der Dienstherr eines der Mörder, am 26. Mai schriftlich zu dem Lübecker Beamten; er habe gestern selber mit dem Herzoge gesprochen 52 ). Albrechts Brief ist vom 24. Mai, am gleichen Tage stellten die Städte und der Reichsrat zu Stralsund die Friedensurkunden aus. Jetzt wußte der Herzog, woran er war. Die Politik aber, der er unterlag, stand - zum mindesten in Lübeck - von vorneherein fest, und nicht etwa die Bedrängnis ihrer fürstlichen Bundesgenossen durch Angriffe von deutscher Seite hat die Hansen zur Aussöhnung mit Dänemark gezwungen. Denn als die Städte im Mai endgültig mit dem Reichsrat Frieden machten, hatte sich Albrecht dieser Angriffe bis auf den brandenburgischen glücklich erwehrt, und hier erstand ihm in Kaiser Karl IV. ein mächtiger Helfer. -
4.
Die deutschen Wirren. Der Aufstand in Schweden. Albrechts Friede mit Waldemar Atterdag.
Es waren pommersche Fürsten, die zuerst für König Waldemar in Deutschland zum Schwert griffen. In Pommern=Stettin regierte, als der Krieg im Norden ausbrach, noch der alte Barnim III. In Pommern=Wolgast teilten sich vier Fürsten in die Herrschaft; es waren die Brüder Bogislav V. und Wartislav V. und deren Neffen Bogislav VI. nnd Wartislav VI., die jungen Söhne Barnims IV. Bogislav V., der jenseits der Swine regierte, nahm vorerst zu Albrecht und dessen Verbündeten eine freundschaftliche Stellung ein 1 ). Von Bogislav VI. und Wartislav VI. hoffte man wenigstens zu erreichen, daß sie dem Dänenkönige keinen Vorschub leisteten. Schon im Januar 1368 war man deshalb mit ihnen und ihrem alten Marschall Wedege Buggenhagen in Unterhandlung getreten. Und zwar wollte Albrecht für sich und seine Verbündeten mit den beiden jungen Herzögen einen Vertrag schließen, wonach
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sie sich neutral verhalten sollten 2 ). Es scheint, daß Albrecht sich hierbei die Freundschaft zunutze machen wollte, die ihn mit Wartislav VI. und Bogislav VI. verband. Beider Häuser waren durch Heirat miteinander verbunden. Wartislav VI. war mit Anna, der Tochter des in Stargard regierenden Herzogs Johann vermählt 3 ), Elsabe, die Schwester des Pommern, mit Magnus, dem Sohne Albrechts 4 ). Auch Barnim IV., der Vater der beiden jungen Herzöge, hatte sich in seiner letzten Lebenszeit mit den Mecklenburgern gut gestanden. Er und die andern Wolgaster hatten mit ihnen im Januar 1363 ein sechsjähriges Bündnis gegen Barnim von Stettin geschlossen, als zwischen diesem und den mecklenburgischen Herzögen wegen Räubereien der beiderseitigen Mannen ein Streit ausbrach, in dem auch die Herren von Werle für und wider Partei ergriffen. Drei Monate darauf hatte dann Barnim IV. eine Sühne vermittelt 5 ). Und als nach dem Tode dieses Fürsten der Zwist im Hause Wolgast sich erhob, den später der Vergleich von Anklam (25. Mai 1368) beendete, da hatte Albrecht wieder auf seiten der Söhne des Verstorbenen und ihres Oheims Wartislav V. gestanden 6 ). Es war die Zeit gewesen, wo Waldemar Atterdag sich rüstete, die Mecklenburger in Schweden anzugreifen.
Aber trotz diesem freundschaftlichen Verhältnisse und obwohl das Bündnis, das Barnim IV. 1363 für sich und seine Erben mit Mecklenburg geschlossen hatte, eigentlich noch ein
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Jahr lief, erreichte Albrecht seinen Zweck nicht. Denn in dem mit vollendeter diplomatischer Gewandtheit verfaßten Schreiben, worin der Lübecker Rat am 12. März 1368 Karl IV. die kriegerische Absicht der Städte mitteilte und ihn bat, den Herzog von Mecklenburg und die Grafen von Holstein zur Treue anzuhalten, wurde der Kaiser ersucht, Wilhelm von Lüneburg, Barnim von Stettin, Wartislav d. Ä. und Wartislav d. J. von Wolgast zu ermahnen, daß sie dem Dänenkönige keinen Beistand leisteten 7 ). Von Pommern und Lüneburg also besorgte man Feindschaft. Bogislav VI. wird in dem Schreiben nicht erwähnt, aber auch er neigte zu König Waldemar 8 ).
So mußte Albrecht erwarten, daß wenigstens ein Teil seiner pommerschen Nachbarfürsten zum Angriff gegen ihn vorgehen würde. Sonst hätte er auch kaum in den Streit eingegriffen, der im Sommer oder im Herbste des Jahres 1368 zwischen den Fürsten von Werle und den jüngeren Herzögen von Wolgast, die von Stettiner Seite unterstützt wurden, ausbrach, zu einer Zeit also, wo der Kampf im Norden längst in vollem Gange war und Waldemar in Deutschland Beistand suchte. Schon am 10. August beschloß die Wismarer Städteversammlung, den Herzog Heinrich von Mecklenburg, der damals seinen Vater in der Heimat vertrat, zu bitten, daß er den Ratmännern der pommerschen Städte freies Geleit durch das werlische Land erwirke, wenn zwischen den jüngeren Wolgastern und den Fürsten von Werle Streit entstehe 9 ). Für Albrecht verwob sich dieser Kampf wahrscheinlich mit einem von pommerscher Seite gegen ihn eingeleiteten Feldzuge. Es gelang, die Gegner zu zerteilen. Barnim III. von Stettin war am 24. August 1368 gestorben. Seine drei Söhne wurden dadurch beschwichtigt, daß Johann von Goldberg das Land Stavenhagen, das den alten Zankapfel zwischen Stettin und Werle bildete, am 6. November von ihnen zu Lehen nahm 10 ). Die Herzöge schlossen darauf Frieden und Bündnis mit Mecklenburg 11 ).
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Mit den Wolgastern fand um Martini 1368 bei Damgarten ein Treffen statt. Die werlischen Truppen waren bereits zurückgeworfen, als Albrecht den feindlichen Heerhaufen zersprengte und so den Sieg an sich riß. Auf der Flucht wurde Wartislav VI. mit Wedege Buggenhagen und zahlreichen Rittern und Knappen gefangen 12 ). Über ein halbes Jahr blieb der junge Herzog in Haft und diente gewissermaßen als Geisel dafür, daß sein Bruder Frieden hielt.
* *
*
Um dieselbe Zeit nun, wo Albrecht sich der
pommerschen Gegner glücklich erwehrte, wurde
bereits der Grund zu einer Koalition gelegt, die
im nächsten Jahre zum Angriff gegen den Herzog
vorging. Schon im August 1368 war Magnus von
Braunschweig für 15000 löth.
in den Dienst Waldemar Atterdags
und Erichs von Lauenburg getreten
13
). Damit hatte sich der Welfe in
den dänischen Krieg hineinziehen lassen, der ihm
bald genug Gelegenheit zu sehr weitläufigen
Plänen geben sollte. Nicht lange darauf starb zu
Kallundborg Waldemars treuester Freund, Erich
von Sachsen
14
); er hatte den
König bisher in Dänemark vertreten. Einige Zeit
später zeigten sich Bestrebungen, dem jungen,
gleichnamigen Sohne Erichs und dem Grafen Adolf
von Holstein, der ja ebenfalls mit Waldemar
befreundet war, die Vormundschaft über das Reich
zu verschaffen.
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Es ist wahrscheinlich, daß der Dänenkönig hiermit einverstanden war. Er muß sogar eine Zeitlang daran gedacht haben, abzudanken und seine Krone dem jungen Erich zuzuwenden, weil er nur so das Reich retten zu können glaubte 15 ). Herzog Magnus griff diese Gedanken mit Feuereifer auf. In ihm erwachte der Plan, einen Teil vom Lande seines großen Ahnen zurückzuerwerben, und dieser Teil hieß Sachsen=Lauenburg 16 ). Er nahm den jungen Erich ganz unter seinen Einfluß und gab ihm seine Tochter zur Frau; der junge Welfe "war in seinem fünfzehnten und sie in ihrem elften Jahre" 17 ). Im Februar 1369 mußte dann Erich seinem Schwiegervater und dessen Oheim Wilhelm von Lüneburg für den Fall, daß er ohne Erben stürbe, sein Land für 70 000 löth. M Silbers verpfänden 18 ). Damit war die Nachfolge der Herzöge von Sachsen=Mölln und Bergedorf so gut wie ausgeschlossen 19 ). Zugleich kam ein Hilfsbündnis Erichs mit Wilhelm und Magnus zustande 20 ). Zum Lohn wollte Magnus seinen Schützling bei der Gewinnung der Krone oder doch der Vormundschaft über Dänemark unterstützen. Schon im
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Januar 1369 waren Boten der dänischen Großen über die See gekommen und hatten dem jungen Erich im Namen des Reichsrates und der Mannen des Landes Vollmacht zur Vermittlung erteilt 21 ). Herzog Magnus hatte Lübeck hiervon in Kenntnis gesetzt und gebeten, diesen Versuch eines Ausgleiches nicht abzuweisen. Darauf beschlossen die Städte auf dem Hansetage vom 11. März, die Vermittlung anzunehmen. Auch Albrecht und Graf Heinrich von Holstein erklärten sich damit einverstanden, daß nach Ostern eine dänische Gesandtschaft durch lüneburgische und lauenburgische Räte herübergeholt würde 22 ). Weiter verlautet indessen von dieser Vermittlung nichts.
Am 3. März 1369 gelobten Erich von Sachsen und Adolf von Holstein, sich der Vormundschaft über Dänemark zu unterziehen und das Land mit allen Rechten und Besitzungen der Krone nach dem Rate des Reiches sowie herzoglicher und gräflicher Räte miteinander zu teilen 23 ). Aber diese Absicht wurde nicht verwirklicht, und sie war im Augenblick auch kaum durchführbar, da die gegen Dänemark verbündeten Fürsten und Städte die eigentlichen Herren im Lande waren. Wahrscheinlich hat auch König Waldemars bewährter Optimismus bald wieder die Oberhand über so verzweifelte Entschlüsse gewonnen. Jedenfalls handelte hernach der dänische Reichsrat, an dessen Spitze Henning von Putbus stand, an Stelle des Königs, und nicht etwa Erich oder Adolf.
Magnus erkannte, daß nicht die Städte, sondern die Mecklenburger und Holsteiner, die ja allein auf Landgewinn ausgingen, die gefährlichsten Feinde des dänischen Reiches seien. Eines nur hatte er zu bedenken, daß nämlich die Städte ihre Verbündeten unterstützen mußten, wenn es sicher war, daß sie um des dänischen Krieges willen angegriffen wurden 24 ). Der Welfe sah sich also genötigt, nach Ausflüchten zu suchen, für einen Krieg mit Holstein scheint es ihm an solchen gefehlt zu haben, Albrecht gegenüber aber standen sie ihm zu Gebote, und indem er gegen den Herzog von Mecklenburg auftrat, wandte er sich
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zugleich gegen die diesem verbündeten Holsteiner Grafen. Mit den Städten hoffte er sich friedlich auseinandersetzen zu können 25 ).
In seiner Kriegserklärung an Albrecht, die er wahrscheinlich nach dem 8. April 1369 abschickte, und auch später in seiner Antwort auf die Anfrage der Städte deutete der Welfe die Gründe an, die er vorzugeben sich entschlossen hatte 26 ). Es war ja richtig, zwischen seinem Onkel, dem Herzog Wilhelm von Lüneburg, und Albrecht hatte sich vor nunmehr sechseinhalb Jahren ein Rechtsstreit und dann eine Fehde entsponnen, weil den Lüneburger Bürgern die Freiheit vom Heringszoll, die sie seit langer Zeit in Boizenburg zu genießen behaupteten, von mecklenburgischer Seite bestritten war. Diese Fehde war inzwischen beigelegt 27 ), ohne daß man sich über den Zoll geeinigt hätte. Da nun Magnus von seinem Oheim als Nachfolger im Herzogtum Lüneburg eingesetzt war 28 ), schien es ganz in der Ordnung zu sein, daß er die Rechte der Lüneburger Kaufleute verteidigte, und die alte Fehde wieder aufnahm.
Der Welfe brachte eine lange Reihe von Bundesgenossen zusammen, die ihre Fehdebriefe nach Mecklenburg sandten. Magnus selbst richtete seine Absage, die jeder diplomatischen
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Form entbehrt, an "Albrecht von Boizenburg, das zu Pfand steht dem von Tecklenburg, der sich hat machen lassen zu einem Herzog zu Mecklenburg", eine lärmende Kriegserklärung, die in keinem Verhältnis stand zu dem Ausgange dieser Fehde.
Seinen Hauptverbündeten fand der Welfe in dem
Wittelsbacher Otto dem Faulen, der seit dem Tode
Ludwigs des Römers (1365) allein Markgraf von
Brandenburg war. Freilich war nicht Otto,
sondern der brandenburgische Adel, voran der
Hofmeister Klaus von Bismarck, die eigentlich
treibende Kraft in diesem Kriege. Durch den Adel
wurde der Markgraf veranlaßt, die günstige
Gelegenheit, wo Herzog Albrecht alle Hände voll
zu tun hatte, zu benutzen, um die reichen
Pfandschaften, die immer noch in
mecklenburgischer Hand waren, zurückzuerwerben,
ja sogar nach Stargard und Fürstenberg die Hand
auszustrecken
29
); von
einer selbstlosen Hilfe für König Waldemar war
auch hier keine Rede. Schon am 10. November des
vergangenen Jahres hatten Otto, Wilhelm und
Magnus das unweit der mecklenburgischen Grenze
gelegene Lenzen von den Bosel eingelöst; es war
für den Krieg ein wichtiger Punkt, beide wollten
es gemeinsam besetzen, gemeinsam verteidigen
30
). Am 8. April 1369
schlossen Magnus und der Markgraf ein
dreijähriges Bündnis; würden die märkischen
Schlösser und Pfandschaften, die der alte und
der junge (Johann) Herzog von Mecklenburg
innehätten, gewonnen, so sollte Magnus, wenn es
ihm recht sei, mit 3000
Brandenb. Silbers abgefunden
werden und dafür die Hälfte der Kosten tragen
31
). Noch
fürchteten die Verbündeten, daß sie auch gegen
die Städte fechten müßten
32
);
bald aber sollten sie die Grundlosigkeit dieser
Sorge erkennen.
Wegen der neuen, drohenden Gefahr blieb Albrecht jetzt in Deutschland 33 ); auf dem nordischen Kriegsschauplatze ließ er
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sich von seinem ältesten Sohne vertreten. Es war
ein Glück für den Herzog, daß man in der Mark
möglichst ganz reinen Tisch machen, zugleich den
Herzögen von Stettin die Gebiete, die früher zur
Uckermark gehört hatten
34
),
und den Wolgastern ihre uckermärkischen
Pfandschaften entreißen wollte. So hatten
Mecklenburger und Pommern ähnliche Interessen zu
wahren. Bereits am 11. März hatte sich Albrechts
Bruder Johann, der von märkischer Seite zunächst
bedroht war, bei der Zollbude in der Torgelower
Heide mit den Stettinern verbündet
35
).
Anfang Juli schloß Albrecht zu Ribnitz Frieden
mit Bogislav VI. und Wartislav VI. von Wolgast,
die für die Gefangenen von Damgarten, unter
denen ja Wartislav selber sich befand, ein
Lösegeld von 18000
löth. Silbers Köln. Gew. weniger
1422
, die schon abgeschatzt waren, zu
zahlen versprachen; die an Zahl sicher viel
geringeren mecklenburgischen und werlischen
Gefangenen sollten frei sein
36
).
Zugleich wurde ein Bündnis geschlossen, das nur
gegen den Kaiser nicht galt; sogar zum Kampfe
jenseits der See sollten Albrecht sechzig
gewappnete Ritter und Knappen gestellt werden.
Hauptsächlich wurde natürlich der Kampf gegen
Brandenburg ins Auge gefaßt: bei Angriffen auf
ihre Erblande und Pfandschaften verpflichteten
sich die Verbündeten, einander zu unterstützen
gegen jedermann, "und da soll niemand
ausgenommen sein". Die Pommern zogen u. a.
ihren Oheim Bogislav V., auf dessen Rat sie den
Vertrag abschlossen, in die Sühne, ebenso
Wartislav V.
37
), dessen Stellung jedoch nicht
sicher zu erkennen ist. - Nach Besiegelung der
Urkunden befragte Albrecht den jungen Wartislav
VI. bei Damgarten, also dicht bei Ribnitz, vor
Notar und Zeugen förmlich, ob er die
Bestimmungen des Abkommens halten werde, und der
Herzog antwortete "ungezwungen" und
"nicht durch Gewalt oder Furcht
bewogen", daß er alles und jedes erfüllen
wolle. Wahrscheinlich wurde er jetzt aus der
Haft entlassen
38
). -
Die märkische Pfandschaft Strasburg, die durch
Johann von Mecklenburg an die Wol=
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gaster weiterverpfändet war, hatte Albrecht schon einige Tage vorher wieder eingelöst, um sie gemeinsam mit seinem Bruder zu verteidigen 39 ).
Unterdessen war den Herzögen von Pommern=Stettin das Glück schon günstig gewesen. Es war ihnen gelungen, den Fürsten Bernhard von Werle=Waren und seinen Sohn Johann, die sich, alten Traditionen getreu, an Brandenburg angeschlossen hatten, in ihre Hand zu bringen. Am 29. Juni hatten beide versprechen müssen, den Stettinern ihre Schlösser zu öffnen und Hilfe zu leisten 40 ). Das hinderte sie freilich nicht, hernach aufs neue mit Markgraf Otto gegen Pommern und Mecklenburg zu fechten 41 ).
Selbst wenn Albrecht nicht einst mit seinem Bruder einen Mutschierungsvertrag geschlossen und ihm die märkischen Pfandschaften garantiert hätte, würde er die Gebiete Johanns wie seine eigenen beschützt haben. Er durfte die Gefahr, die von brandenburgischer Seite heraufgezogen war, nicht gering achten. Alles, was sein Haus an märkischer Erde gewonnen hatte, galt es zu verteidigen. Und in diesem Kampfe entfaltete der Herzog seine ganze Tatkraft. Er ging zum Angriff vor, fiel in die Uckermark ein, wo er an die zwölf Meilen weit ins Land hinein brannte und brandschatzte (vor dem 31. August). Am 30. August traf er vor Pasewalk mit dem Pommernherzog Kasimir, dem ältesten der Stettiner Brüder, zusammen und erhielt von ihm die Zusage, daß er am 1. Sept. mit ganzer Macht Folge leisten wolle. Dann zog er nach Strasburg und von dort gegen den Markgrafen. Er wollte ihn aus der Pfandschaft Liebenwalde, deren Otto sich bereits bemächtigt hatte, vertreiben. Die Zahl seiner Truppen, wohl die Pommern mit eingerechnet, hatte er vorher selber aus 1600 Ritter und Knappen veranschlagt 42 ). Dies energische Vor=
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gehen Albrechts und Herzog Kasimirs zwang den Markgrafen bald darauf zu einem Waffenstillstand, der am 21. Oktober zu Hindenburg bei Templin abgeschlossen wurde und bis Ostern 1370 gelten sollte. Der Vertrag war ganz kurz formuliert. Über die näheren Bestimmungen einigten sich die Herzöge mit Ottos Räten, die, wie erwähnt, damals die eigentlichen Leiter der brandenburgischen Politik waren; die Verbündeten beider Parteien wurden mit aufgenommen 43 ).
Unterdessen hatten die lüneburgischen Truppen von den lauenburgischen Gebieten aus Plünderungszüge ins mecklenburgische und holsteinische Land unternommen 44 ); auch lauenburgische Scharen müssen daran beteiligt gewesen sein 45 ). Nun hatte Albrecht ebenso wie seine Verbündeten vor dem Beginn des nordischen Krieges einen Neutralitätsvertrag mit den Lauenburgern geschlossen. Danach sollte keine Partei von den Gebieten und Schlössern der anderen aus irgendwie geschädigt werden; geschehe es dennoch, so sollte man binnen vierzehn Tagen an der Grenze zusammenkommen und die Sache schlichten 46 ). Weiter hatten die verbündeten Fürsten und Städte am 27. Februar 1368 zu Grevesmühlen verabredet, daß sie einander getreulich unterstützen wollten, wenn die Neutralität von lauenburgischer Seite nicht innegehalten werde und keine gütliche Beilegung zu erzielen sei 47 ). Albrechts ältester Sohn - der Herzog selber war noch in der Mark - hatte sich jetzt bei den Städten über die feindlichen Streifzüge beklagt. Darauf hatten die am 21. Oktober 1369 in Lübeck versammelten hansischen Sendboten ein Schreiben an Erich von Lauenburg gerichtet, der sich denn auch - wie Lübeck später erklärte 48 ) - zu Verhandlungen und zur Unterwerfung unter ein Schiedsgericht bereit fand. Trotzdem und obwohl inzwischen der Hindenburger Waffenstillstand abgeschlossen war, wurde Albrechts Kampf mit Magnus und Erich fortgeführt. Der Herzog wollte nichts von Verhandlungen wissen 49 ), sondern unternahm "aus Notwehr" einen Zug ins Lauenburgische. Aber ein großer Teil der Beute, die die Gegner
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in Albrechts Lande errafft hatten, war auf das
Gebiet des an Lübeck verpfändeten Mölln
50
) überführt und so geborgen
worden. Und nun wurden gar die feindlichen
Pferde und Kühe vor des Herzogs ältestem Sohne
und dessen Mannschaft ganz offen in die Möllner
Schranken und Befestigungen geflüchtet. Aber
Albrecht zögerte nicht, die Rennbäume und
Landwehren zu brechen. Um Martini übernachtete
er in Alt=Mölln; auf 300
berechnete der Möllner Rat später
den von ihm verursachten Schaden. Natürlich
griffen die Leute des Herzogs alles Vieh auf,
das sie finden konnten. Das lübische, das
darunter war, wurde, wie Albrecht späterhin
behauptete, wieder ausgeliefert; in Lübeck
freilich vermißte man noch eine Anzahl Kühe
51
). - Wenige Tage nach diesem
Zuge ließen die mecklenburgischen Hauptleute
Bülow und Detlef von Zülow sechzig Pferde von
den Wagen einiger Möllner Bürger spannen und ins
Mecklenburgische hinüberführen. Diese Beute
sollte ebenfalls zurückgegeben werden, was
freilich am 16. Dezember noch nicht geschehen
war
52
).
Auch der Krieg mit Brandenburg hatte trotz dem Waffenstillstande nicht aufgehört. Beim Markgrafen war inzwischen der Stralsunder Notar Rode erschienen, den die Städte am 21. Oktober abgeordnet hatten, um Otto den Faulen zu ersuchen, daß er sich mit Albrecht aussöhne 53 ); vom Hindenburger Vertrage, der mit der Oktoberversammlung auf einen Tag fiel, hatten die Hansen noch keine Kunde haben können. Darauf schrieb der Markgraf am 8. November von Salzwedel aus an Lübeck und
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die übrigen Seestädte, daß es bereits zu einem Stillstande gekommen sei, in den er seine Verbündeten mit eingeschlossen habe; als solche führte er außer Wilhelm von Lüneburg, Magnus von Braunschweig und Erich von Sachsen die Bischöfe Johann von Kammin und Dietrich von Brandenburg, die Grafen von Lindow und auch Bogislav V. von Wolgast 54 ) namentlich an, der sich also inzwischen auf die Seite des Markgrafen gestellt hatte. Nun aber seien die Mecklenburger über Erich von Lauenburg hergefallen und wollten auch mit den Herzögen von Lüneburg und ihm, dem Markgrafen selber, nicht Frieden halten. Er bitte, sie zu veranlassen, daß sie den Schaden ersetzten und Ruhe bewahrten. Sonst müsse er seine Verbündeten unterstützen und beim Kaiser oder anderswo Klage führen. Gebe es dann "einen großen Schaden", so sei es nicht seine Schuld 55 ). Durch einen Boten, vielleicht durch den Überbringer des Briefes oder den Notar Rode selber, ließ er den Städten noch Genaueres mitteilen: daß Herzog Albrecht nach Abschluß des Stillstandes in der Mark geraubt und gebrannt, auch die Gefangenen, denen für die Zeit der Waffenruhe Frist zugebilligt sei, beschatzt habe 56 ). Freilich ist es sehr unwahrscheinlich, daß es der Herzog war, der zuerst den Frieden brach. Denn ihm mußte daran liegen, in Deutschland Ruhe zu finden, damit er sich wieder den nordischen Dingen zuwenden konnte. In Lübeck aber glaubte man alles, was der Markgraf berichtete, eben weil man es glauben wollte.
Bald darauf erlitt Albrechts welfischer Gegner eine empfindliche Schlappe. Am 29. November raubte eine braunschweigische Schar unter Siwert von Saldern, an sechzig Ritter und Knappen, bei Roggendorf in der Nähe der Gadebuscher Warte. Ihr trat eine mecklenburgische, von Heinrich von Bülow befehligte Abteilung entgegen und erfocht einen vollständigen Sieg. Die ganze Truppe des Magnus mitsamt dem Hauptmann soll gefangen sein 57 ).
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"Also hatte der gute Herzog, indem er nach einem Wilde jagte, das Kleid darüber verloren".
Der Zusammenstoß war eines jener kleinen Gefechte, die uns heute so unbedeutend erscheinen. Und doch war Herzog Magnus vorläufig lahmgelegt. Er war wenig gerüstet, bat den Lüneburger Rat um Stellung von Gewaffneten und Schützen für den Krieg gegen Mecklenburg und Holstein 58 ). Auch Geld suchte er sich zu verschaffen. Hatte Albrecht einst während jener Zollfehde mit Herzog Wilhelm den Mönchen des lüneburgischen Klosters Scharnebeck ihre Güter und Einkünfte im Lande Boizenburg für einige Monate genommen 59 ), so sollten jetzt die Domherren von Schwerin und die Klöster zu Doberan und Rein=
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feld in Holstein ihre Gefälle von der Sülze in Lüneburg verlieren. Der Rat dieser Stadt hielt dem Herzoge die von ihm selber ausgestellten Garantiebriefe vor Augen und bat, als der Welfe erklärte, er wolle das Gut seiner Feinde haben, um Bedenkzeit. Dann fragte er bei den Lübecker und Hamburger Domherren, bei mecklenburgischen, lüneburgischen und anderen Prälaten an, wie diese sich an seiner Stelle verhalten würden, und erhielt von allen Seiten ernstliche Mahnungen, auf keinen Fall die Einkünfte auszuliefern. Schließlich mußte Magnus sein Vorhaben aufgeben 60 ).
Seine dänische Politik hatte längst Schiffbruch erlitten. Aber obwohl der Streit begann, den er mit den Herzögen von Sachsen=Wittenberg um das Erbe seines inzwischen, am 23. November 1369, gestorbenen Oheims Wilhelm von Lüneburg führen mußte, obwohl er die Schlappe von Roggendorf erlitten hatte, war er doch zu hartnäckig, um jetzt schon Frieden zu machen. Fürs erste erreichte Albrecht nur einen kurzen Waffenstillstand (5. Januar bis 2. Februar), den er durch seinen ältesten Sohn mit Herzog Erich und dessen welfischen Schwiegervater abschließen ließ (5. Januar 1370) 61 ).
Dann brach der Krieg, wenigstens mit Erich, von neuem aus. Wieder zogen HerzogAlbrechts Truppen ins lauenburgische Land, machten auch einen Einfall in das Gebiet von Ratzeburg, das Erich am 5. Februar 1370 auf sechs Jahre zu treuen Händen an Lübeck gegeben hatte 62 ). Zwischen Albrecht und dem Rate der Travestadt kam es nachgerade zu ernsten Mißhelligkeiten, doch wurde der Zwist wegen der auf Möllner Boden geraubten Kühe und der Räubereien im Ratzeburgischen am 22. Mai 1370 dem Schiedsspruche des Bischofs Bertram von Lübeck unterworfen 63 ), der den Horzog im Juni zu einer Buße von 1000 löth. M verurteilte 64 ).
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Am 19. Juni 1370 endlich schloß Albrecht auf dem
Kuhsande bei Boizenburg mit Magnus - der sich
drei Monate vorher (31. März 1370) mit seinem
Vetter, dem Herzog Otto von Braunschweig zu
Göttingen, verbündet hatte
65
) -, und Erich einen achtjährigen
Frieden
66
), den nur
kaiserlicher Dienst brechen sollte. Die
mecklenburgischen und holsteinischen Gefangenen
sollten ohne weiteres freigelassen, für die
lüneburgischen und lauenburgischen ein Lösegeld
von 3000 löth.
bis Martini gezahlt werden. Die
Verbündeten beider Parteien wurden mit
aufgenommen. Wolle auch der Markgraf dem Frieden
beitreten, so sollten seine Streitigkeiten mit
Albrecht durch ein Schiedsgericht beigelegt
werden. Solange jedoch die Fehde zwischen Herzog
Johann und Otto dem Faulen andauere, dürfe
Albrecht seinen Bruder und der Welfe den
Markgrafen unterstützen; "da soll diese
Sühne nicht mit gebrochen sein". Weiter
wurde bestimmt, daß jede Partei die Lande und
Leute der anderen bei ihrem Rechte und ihrem
Gute lassen sollte. Der Streit um den
Boizenburger Heringszoll, den Magnus einst als
Kriegsgrund angegeben hatte, wurde nicht
besonders erwähnt; er war ja auch nicht die
eigentliche Ursache gewesen. - Am 27. Juni
teilte Vicko Moltke, der Vogt zu Boizenburg, dem
Lüneburger Rate mit, daß die Bürger der Stadt
bis Michaelis keinen Zoll zu entrichten
brauchten. Der Rat möge seinen Herzog
veranlassen, inzwischen die Sache mit Albrecht
für die Zukunft zu regeln
67
).
* *
*
Markgraf Otto trat dem Frieden nicht bei, aber ein wenig freier konnte Albrecht im Hinblick auf seine deutschen Feinde immerhin aufatmen. Seine dänischen Hoffnungen jedoch hatten durch den Stralsunder Frieden einen schweren Stoß erlitten. Sollte es ihm denn niemals gegen den Ulfinger glücken! Im märkischen Kampfe vor zwanzig Jahren hatte Karl IV. allein seinen Frieden mit der bayrischen Partei gemacht; jetzt hatte die Hanse im dänischen Kriege ähnlich gehandelt. Dennoch wollte
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der Herzog halten, was zu halten war, obwohl die Dinge für ihn ungünstiger lagen als für die Holsteiner Grafen, die von ihren jütischen Eroberungen wenigstens durch kein Meer getrennt waren. Wir hören nichts davon, daß Albrecht um diese Zeit mit Waldemar Atterdag verhandelt hätte. Der König hielt sich seit spätestens Anfang 1370 im Osten auf, in Preußen, Polen und in Prag beim Kaiser, um dort für seine Sache zu wirken 68 ). Zu Gebietsabtretungen an die Mecklenburger hätte er sich nach der Schwenkung der Städte kaum bereit erklärt. So setzte Albrecht den Krieg fort, doch mag er im Oktober 1370 mit dem Reichsrate einen Waffenstillstand bis zum 24. Juni 1371 geschlossen haben 69 ).
Die Städte sahen seinem Bemühen mit Mißtrauen und Besorgnis zu. Es konnte sogar geschehen, daß man in der Mark ein Bündnis mit der Hanse, natürlich gegen Mecklenburg, erstrebte. Der Bischof von Brandenburg und andere Vertraute Ottos des Faulen gaben dem Lüneburger Rate diese Absicht heimlich zu verstehen; der Markgraf sei auch bereit, Lenzen a. d. E. zu verpfänden. Der Rat von Lüneburg sollte den Vermittler machen. Er setzte sich mit Lübeck in Verbindung und erbot sich bereitwillig zu weiterer Tätigkeit in dieser Sache 70 ). So weit allerdings wollte man in Lübeck, wohl schon aus Rücksicht auf den Kaiser, mit dem Otto in Zwist lag, nicht gehen.
* *
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Es war auch nicht mehr nötig, denn eine neue, schwere Gefahr zog gegen Albrecht und sein Haus herauf. Zwischen dem Schwedenkönige und Hakon von Norwegen waren im Frühling und Sommer 1370 Verhandlungen angebahnt worden, jedoch ohne daß es zu einer Aussöhnung gekommen wäre 71 ). Seinen Waffenstillstand mit den Städten hatte Hakon zweimal, zuletzt bis zum 24. Juni 1375, erneuert 72 ). Also von den Hansen unbehelligt, versuchte er 1371 noch einmal, das verlorene Reich zurückzugewinnen und Magnus aus der Gefangenschaft zu erlösen. Günstig gestaltete sich die Lage für ihn insofern, als er in Schweden selber Verbündete fand. Während König Albrecht außer Landes weilte, erhob sich im mittleren Teile des Reiches ein Aufstand des niederen Volkes, der durch eine Schar von Adligen geschürt und geleitet wurde. Die Bewegung richtete sich gegen Herzog Albrecht, seinen königlichen Sohn und alle Deutschen im Lande. Das Volk dachte rein folkungisch. Auch unter den Führern waren einige erklärte Anhänger Magnus' und Hakons, so Erich Kettilsson und Knut Algotsson 73 ); andere dagegen ließen sich weniger durch Liebe zu der alten Dynastie als durch Haß gegen die fremden Ritter leiten, die in der Verwaltung des Landes die Rolle spielten, die die schwedischen Herren sich selber wünschten. Auch der Bischof Nikolaus von Linköping beteiligte sich an der Empörung; er war vom Papste entsetzt worden 74 ) und hoffte sich durch den Anschluß an Hakon dessen Dank zu erwerben, so seine Stellung zu behaupten. Eine leidenschaftliche Proklamation, in der sich der ganze Groll der niederen Stände entlud, verkündete das Ende der fremden Herrschaft 75 ). Vor Gott und den Menschen klagte das Volk über Gewalt und Unrecht, Knechtschaft und Härte, die es von den Deutschen erduldet, seit Herzog Albrecht und sein Sohn die Macht in Schweden erlangt hätten; oft und immer vergebens habe es über diese Not bei Albrecht, der König sein sollte, aber ein rechter Meineidiger sei, und seinem Vater, dem rechten Reichsverräter, Beschwerde geführt. Man wolle den "guten Herrn König Magnus" befreien und mit ihm unter Recht und Gesetz leben.
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In Edsvik, nicht weit von Stockholm, gelang es König Albrechts Anhängern, einen Waffenstillstand mit den Aufständischen abzuschließen (15. April bis 21. Juni); Magnus sollte milde behandelt und nicht von Stockholm entführt werden 76 ). - Auch Hakon zog bis zu dieser Stadt heran 77 ).
Alles kam darauf an, den Adel zu gewinnen. Der alte Herzog in Deutschland machte sich den Streit zwischen Nikolaus von Linköping und seinem vom Papste eingesetzten Nachfolger, dem Bischofe Gottschalk, zunutze. Gottschalk war selber ein Anhänger der Folkunger; im Auftrage Hakons hatte er Ende Mai in Stralsund mit den Städten über den endgültigen Frieden verhandelt 78 ). Doch fürchtete er wohl die Dankbarkeit, die der Folkunger seinem Rivalen schuldete, und mochte deshalb Albrechts Vorschlägen ein williges Ohr leihen. Am 4. August versprach ihm der Herzog Einsetzung ins Bistum und Vertreibung des Gegners durch den Schwedenkönig; Gottschalk sollte dafür zwischen diesem und Hakon vermitteln 79 ). Doch fand er hierzu wohl keine Zeit mehr 80 ).
König Albrecht war inzwischen in sein Reich geeilt. Am 9. August 1371 erklärte er sich zu außerordentlichen Zugeständnissen bereit und brachte dadurch die aufständischen Großen wenigstens in der Mehrzahl wieder auf seine Seite. Auch die treu gebliebenen mögen sich der guten Gelegenheit gefreut haben, ihren Einfluß zu erweitern. Der König mußte versprechen, den Schaden, den seine Vögte angerichtet hatten, zu ersetzen, alle Schlösser und Lande, die er besäße, von seinem Vater einlösen oder in Schonen, Halland und Blekingen gewinnen könnte, dem Reichsrat zu überliefern. Dieser sollte überall einheimische Vögte einsetzen, eine Bestimmung, die den deutschfeindlichen Adel und das Volk befriedigen mochte. Auch denen, die in Norwegen oder Dänemark wohnten, sollten ihre schwedischen Besitzungen gesichert sein; in der Tat hatten Anhänger der Folkunger ihre Güter im Reiche verloren 81 ). In allem, so gelobte der König, wollte er den Beschlüssen des Reichsrates folgen. Dieser sollte sich von nun an selber ergänzen. In ihn wurden einige Anhänger der Folkunger aufgenommen, darunter Erik Kettilsson,
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der sein Leben lang dem alten Herrscherhause treu blieb 82 ). -Nur durch diesen Vertrag konnte die drohende Gefahr abgewandt werden. Niemals sollte es König Albrecht gelingen, die Gewalt, die er den Großen hatte überlassen müssen, zurückzugewinnen.
Hakon war ohne seine Verbündeten außerstande, den
Kampf fortzusetzen. Am 14. August vor Stockholm
entsagten die Folkunger allen Ansprüchen auf
Schweden und Schonen
83
). Magnus wurde gegen ein hoch
bemessenes Lösegeld (12000
Silber), das sein Sohn zu zahlen
sich verpflichtete, aus der Haft entlassen. Er
erhielt auf Lebenszeit die Einkünfte aus
Wermland, Dal und einem Teile Westgotlands
angewiesen, doch sollte er hier keine
Regierungsmacht ausüben dürfen
84
). Die
Auflösung der Union von Schweden und Norwegen
war damit von den Folkungern anerkannt. Man
hatte in gewissem Sinne auf den Vertrag von
Jönköping zurückgegriffen
85
). -
König Albrecht hatte der Boden unter den Füßen gewankt. Es mußte dem alten Herzog sehr fraglich erscheinen, ob das Reich seines Sohnes nach dieser heftigen Erschütterung, bei der vielleicht noch hier und dort bestehenden Gärung überhaupt fernerhin etwas für den Krieg gegen Dänemark zu leisten vermöge. Die schwedischen Wirren trugen sicherlich dazu bei, daß er sich Waldemar Atterdag näherte.
Spätestens im Oktober 1371 trat er mit ihm in Verbindung. Gegen Ende des Monats verhandelte der Dänenkönig zu Stralsund mit den Städten. Er wollte den Frieden so nicht anerkennen, konnte den Gedanken nicht ertragen, daß die Kaufleute über seinen Nachfolger entscheiden sollten. Im Frühjahr 1370 hatte er versucht, die preußischen Hansen durch Vergünstigungen und Versprechungen von den übrigen Städten zu trennen 86 ). Es war vergebens gewesen. Im Juli hatte er die Großen seines Reiches, die doch selber blutenden Herzens und der Not gehorchend den Stralsunder Frieden geschlossen hatten, durch den
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Kaiser mit der Reichsacht bedrohen lassen 87 ). Auch das war umsonst gewesen. Jetzt forderte er Milderung der Bedingungen. Und je weniger die Hanse nachgeben wollte, desto näher kamen sich Albrecht und Waldemar. Beide waren durch den Königswahlartikel getroffen worden, und es lag nahe, daß sie ihm gemeinsam begegneten. Man durfte, wie die Kur in Dänemark gehandhabt wurde, erwarten, daß nach Waldemars Tod einer seiner beiden, jetzt noch ganz jungen Enkel, entweder Albrecht, der Sohn Heinrichs von Mecklenburg und der Ingeborg, oder Olav, der Sohn Hakons und Margaretas, gewählt werden würde. Der Herzog war der Meinung, daß der junge Albrecht, der der ältere von beiden war und von der älteren Tochter stammte, ein besseres Anrecht habe; doch hatte er noch in letzter Zeit eine Eroberung Dänemarks der doch nur unsicheren Aussicht auf die Wahl des jungen Mecklenburgers vorgezogen. Nun lagen die Dinge anders. Wenn er jetzt von Waldemar das Versprechen erhielt, daß dieser ihrem gemeinsamen Enkel die Erbschaft des Reiches verschaffen wollte, dann war er mit ihm einig. Sehr leicht konnten sich beide über die Hanse hinweg verständigen.
Es sah nicht gerade friedlich aus in diesen Tagen. Die seltsamsten Möglichkeiten eröffneten sich. Heinrich von Holstein ließ Jakob Pleskow, dem Bürgermeister von Lübeck, am 26. Oktober schriftlich mitteilen, er seinerseits stehe nicht in Unterhandlung mit dem Könige. Es sei dem Grafen, so berichtete der Verfasser des Schreibens, lieb, wenn die Lübecker dies wüßten; hir ut moghe gy kesen, wat gy nutte sy 88 ). In der Tat wollte man in Holstein den Krieg fortsetzen. Es war nicht so ganz ausgeschlossen, daß Mecklenburg und Dänemark sich Holstein und den Städten mit den Waffen gegenüberstellten. Aber wie hätten Albrecht und der König mit erschöpften Mitteln den Kampf gegen die Hanse bestehen sollen! Wie vor allem würde sich der dänische Reichsrat gestellt haben, der sich mit Wort und Siegel für den Stralsunder Frieden verbürgt hatte, einen Frieden, der, wenn die Städte wollten, auch galt, ohne daß Waldemar ihn ratifizierte 89 )? Die Dinge standen für die Hansen denn doch zu günstig. Es war genug, daß sie dem Könige noch in einigen Punkten nachgaben. So fiel die Bestimmung fort, daß ihnen
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Warberg in Halland offen stehen solle, wenn sie im Besitze der schonischen Schlösser und Bezirke von dänischer Seite gestört würden; und diese Schlösser sollten nicht von städtischen Vögten, sondern von dem Drosten Henning von Putbus verwaltet werden. Am 27. Oktober 1371 ratifizierte Waldemar den Frieden mit dem Sekret und versprach, ihn mit dem großen Siegel zu versehen 90 ).
Es war kein Zufall, daß es gleich darauf, nur drei Tage später, zwischen Herzog Albrecht und dem Könige zum Abschluß kam. Vor Jahrzehnten hatten diese beiden Männer wiederholt versucht zusammenzugehen; immer aber hatte der unüberbrückbare Gegensatz der Interessen sie wieder getrennt. Jetzt fanden sie sich noch einmal zusammen im gemeinsamen Hasse wider die Städte. Gegen Verzicht des Herzogs und seines ältesten Sohnes auf ihre dänischen Eroberungen und "um besonderer Liebe und natürlichen Rechtes willen" erklärte der König, es solle, wenn er keine männlichen Leibeserben hinterlassen würde, niemand sein Reich haben, besitzen und behalten denn allein der junge Mecklenburger "ohne Behinderung, Bestreitung oder Widerspruch aller, die dies angeht oder von Rechtswegen angehen mag". Margareta und Olav sollten abgefunden werden 91 ).
Dieser Vertrag war die Antwort Herzog Albrechts und Waldemar Atterdags auf den Königswahlartikel des Stralsunder Friedens. Von jetzt an waren beider Interessen dieselben. Albrechts Verhältnis zum Könige gestaltete sich nun durchaus freundschaftlich. Mitte November scheint Waldemar in Boizenburg gewesen zu sein, um sich hier als Vermittler im Lüneburger
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Erbfolgestreite zu betätigen 92 ).ImDezember war er vermutlich in Schwerin 93 ).
Sein Krieg mit den Holsteinern wurde im Januar 1373 durch einen Schiedsspruch Albrechts und Heinrichs von Mecklenburg beigelegt 94 ). Danach sollte der Besitzstand der Parteien so bleiben, wie er vor dem Feldzuge gewesen war. Daß kein dänisches Land an Holstein verloren ging, lag jetzt auch im Interesse von Albrechts Enkel.
Von einem Frieden des Schwedenkönigs mit Waldemar Atterdag wird nichts berichtet. Die Eroberung Schonens war schon dadurch so gut wie unmöglich gemacht, daß die Städte ihre Hand auf die wichtigsten Schlösser des Landes gelegt hatten. 1372/3 legte König Albrecht den Titel "Herr von Schonen" nieder. Auch Gotland blieb bei Dänemark, ebenso Halland und der südwestliche Teil Westgotlands mit Elfsborg und Opensten in der Landschaft Kind, Schlösser, die Waldemar in der Zeit vor dem Alholmer Vertrage gewonnen hatte, und die noch nicht zurückerobert waren 95 ).
Greifbar Sicheres bot Albrecht der Vertrag mit dem Dänenkönige vom 30. Oktober 1371 nicht. Waldemar hatte über die Krone verfügt, obwohl Dänemark im Prinzip ein Wahlreich war. Eine Zusage über die Thronfolge war nach dänischem Staatsrecht sogar ausdrücklich verboten 96 ). Waldemars Versprechen war wertlos, wenn es ihm nicht gelang, eine starke mecklenburgische Partei im Lande ins Leben zu rufen, eine Partei, die entschlossen war, sich nicht an die Hanse zu
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kehren. Ob Albrecht den König überleben und das große Werk, seinem Enkel die Krone zu verschaffen, noch selber in Angriff nehmen würde, konnte damals niemand sagen. Unternommen mußte es werden; der Herzog wußte wohl: wenn dereinst ein Mecklenburger den dänischen Thron bestieg, so wurde nicht nur die Machtstellung seines Hauses im Norden erweitert, - die schwedische Herrschaft seiner Dynastie, die eben erst aus kritischer Lage mühsam errettet war, mußte dadurch gestützt werden. Gefährdet dagegen war sie, wenn etwa Hakons Sohn auf Waldemar folgte und Schweden begrenzt wurde von zwei feindlichen Reichen.
Der Ausbau und zugleich die Sicherung der mecklenburgischen Herrschaft im Norden war der Zukunft anheimgegeben.
5.
Märkische Wirren und Lüneburger Erbfolgestreit. Albrecht und Karl IV. in der Mark 1 ).
Von allen Fehden, die sich für Albrecht mit dem nordischen Kriege verwoben, war die mit Brandenburg am hartnäckigsten. Aber diese Fehde sollte dem Herzoge in ihrer ganzen Entwicklung noch reiche Hoffnungen und Erfolge bringen, die freilich schnell wieder vernichtet wurden. Noch einmal sollte er zusammen mit Karl IV. in der Mark gegen das Haus Wittelsbach kämpfen, um schließlich wiederum durch den Kaiser enttäuscht zu werden.
Im Jahre 1363 hatten Ludwig der Römer und Otto der Faule die Söhne Karls IV. zu ihren Erben eingesetzt. 1365, nach dem Tode Ludwigs, hatte Otto dem Kaiser die Verwaltung der Mark auf sechs Jahre übertragen. Etwa gleichzeitig aber mit dem Angriffe auf Mecklenburg und Pommern zeigte er unter dem Einflusse seiner Verwandten das Bestreben, sein Land
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dem wittelsbachischen Hause zu erhalten. Die Beamten des Kaisers verschwanden aus seiner Umgebung; märkische Männer traten an ihre Stelle 2 ). Karl IV. war damals auf seinem zweiten Römerzuge begriffen und konnte deshalb nicht eingreifen. Nach seiner Rückkehr aber begann er seine Fäden gegen Otto den Faulen zu spinnen und sich auf den Kampf vorzubereiten. Im Mai 1370 war er in Guben; hier versicherte er sich des Beistandes der Herzöge von Pommern=Stettin und Bogislavs V. von Wolgast 3 ). Auch Magnus von Braunschweig traf ein, um den Kaiser in der Lüneburger Erbfolgefrage für sich zu gewinnen. Karl IV. - darüber ist kein Zweifel - stand auf seiten der Herzöge von Sachsen, der Gegner des Welfen; er hatte ihnen bereits die Belehnung mit Lüneburg erteilt 4 ). Damit aber Magnus von seinem brandenburgischen Bundesgenossen getrennt würde, mußten die Söhne des Kaisers, nicht dieser selbst, dem Herzoge versprechen, ihn im Besitze des strittigen Landes zu erhalten. Magnus verhieß ihnen dafür seine Hülfe bei der Durchführung des märkischen Erbvertrages 5 ). Es war die bekannte doppelsinnige Politik Karls IV., die er verschiedentlich angewandt hat 6 ). Der Welfe lag damals noch mit Herzog Albrecht in Streit, und es ist wahrscheinlich, daß der Kaiser ihn zur Aussöhnung mit dem Mecklenburger drängte 7 ), die in der Tat bald danach, am 19. Juli, auf dem Kuhsande bei Boizenburg zustande kam 8 ). Die Bestimmungen dieses Friedens zeigen zwar, daß Magnus noch nicht ganz mit dem Brandenburger brechen wollte, daß er nicht blind in das gestellte Netz geraten war; er behielt sich vor, den Markgrafen gegen Albrechts Bruder unterstützen zu dürfen. Aber Karl IV. hatte doch insofern seinen Zweck erreicht, als er das Mißtrauen Ottos gegen den Welfen erregt hatte.
Albrecht selber, den Karl IV. Sicher gerne in seinem Lager gesehen hätte, war vorderhand noch wenig geneigt, für die
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Luxemburger einzutreten. Er verlangte nach Frieden mit Brandenburg, um seine ganze Macht für den nordischen Krieg einsetzen zu können, und zeigte sich bereit, seine Zwistigkeiten mit Otto einem Schiedsgerichte zu unterwerfen 9 ). Da dieser Gedanke jedoch nicht zur Durchführung gelangte, mußte der Herzog froh sein, daß sich die Wolken allmählich gegen den Markgrafen zusammenzogen.
So standen die Dinge Mitte 1370. Im nächsten Jahre aber verschlechterte sich die Lage für Albrecht bedenklich. Immer noch war kein Frieden mit Dänemark geschlossen. In Schweden erhob sich der Aufstand. In der Mark vertrat jetzt Herzog Friedrich von Bayern die Sache seines Hauses, ein ganz anderer Gegner als Otto der Faule. Überdies hielten die Fürsten von Werle=Waren, die schon im Herbst 1369 wieder zu Otto übergegangen waren 10 ), an dessen Seite aus. Um Ostern 1371 verlor Albrecht die Feste Marnitz in der Grafschaft Schwerin an seine Feinde 11 ); auch Neustadt wurde bedroht 12 ). Dann gelang es ihm, ein Bündnis mit seinem früheren Gegner Erich von Lauenburg abzuschließen (19. Juni) 13 ). Gleich darauf, am 22. Juni, unternahm er einen Zug gegen Perleberg, das jedoch nicht gewonnen werden konnte 14 ). Zwar kam es gerade zur Zeit dieses Zuges zum endgültigen Bruche zwischen Markgraf Otto und dem Kaiser 15 ), aber die Bayern hatten sich mächtige Verbündete gesichert, unter denen der Ungarnkönig die bedeutendste Stelle einnahm; die brandenburgische Frage war für Karl zu einer europäischen geworden. Dazu büßte Albrecht jetzt den Beistand der Pommern ein. Diese hegten im Grunde ein tiefes Mißtrauen gegen den Kaiser. Sie fürchteten, er möchte, einmal im Besitze des Nachbarlandes, die alte brandenburgische Lehnsherrschaft über Pommern erneuern wollen. Die jüngeren Wolgaster schlossen am 12. Juli sogar ein Verteidigungsbündnis mit dem Markgrafen 16 ). Und die Stettiner zogen sich vom Kampfe
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zurück, sobald sie von Otto die Bestätigung ihres ukermärkischen Anteiles erlangt hatten (20. Juli) 17 ).
Albrechts ganze Hoffnung war der Kaiser, der im
Juni in der Mark erschien. Aber Karl kehrte bald
wieder um. Mitte August führte der Herzog dann
noch einmal seine Truppen ins Brandenburgische,
gegen Neuhausen im westlichen Teile der
Prignitz. Auch Marnitz suchte er, freilich
vergebens, zurückzuerobern
18
). Bald darauf machte er samt
seinem Bruder unter Vermittlung Herzog
Friedrichs in Prenzlau mit Otto Frieden (4.
September 1371). Der Vertrag war für die
Mecklenburger keineswegs günstig. Die märkischen
Pfandschaften sollten statt für 18000
für 4600
Brand. Silb. eingelöst werden.
Marnitz und Fürstenberg, das ebenfalls von den
Brandenburgern erobert war, mußte Otto wieder
ausliefern, auch die Abtretung Stargards und
Fürstenbergs endgültig anerkennen. Für den Herrn
von Werle=Waren und dessen Leute, die in
mecklenburgische Gefangenschaft geraten waren,
sollte er ein Lösegeld von 1000
Brand. Silb. zahlen
19
).
Aber der Friede war nicht von Bestand. Am 16. Oktober 1371 schloß Karl IV. mit den Bayern einen Waffenstillstand bis Pfingsten 1373 20 ), und nun glaubte man in der Mark Zeit genug zu haben, um den Krieg gegen Mecklenburg wieder aufnehmen zu können. Spätestens zu Anfang des Jahres 1372 entbrannte die Fehde von neuem. Otto gewann den Beistand des Bischofs von Havelberg (17. Januar) 21 ). Albrecht und sein Bruder dagegen wurden von den Fürsten von Werle=Güstrow unterstützt. Bernhard und Johann von Waren scheinen zunächst dem Kampfe fern geblieben zu sein 22 ). Da Otto auch mit den Pommern nicht Ruhe hielt, so bewirkte die gemeinsame Gefahr, daß Albrecht sich ihnen näherte. Er machte Frieden mit Bogislav V. Dieser hatte zwar die Partei des Markgrafen, der er sich 1369 angeschlossen hatte, verlassen und sich im Mai 1370 mit dem Kaiser, seinem Schwiegersohne, gegen Otto zusammengetan; doch hatte er den Krieg gegen Albrecht fortgesetzt. Am 2. März kam es in Friedland zu einer Aussöhnung zwischen
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ihm und dem Herzoge sowie dessen Verbündeten Lorenz und Johann von Werle=Güstrow. Über die Streitigkeiten der Parteien sollte Karl IV. eine Einigung oder Entscheidung herbeiführen 23 ). Gleich am folgenden Tage, ebenfalls in Friedland, schlossen Albrecht, Herzog Johann und die Güstrower mit Bogislav V. und Kasimir von Stettin "aus Notwehr" ein Bündnis gegen Brandenburg; die übrigen Pommernherzöge wurden mit aufgenommen, und Albrecht zog auch die Herzöge von Sachsen=Wittenberg, Erich von Lauenburg, die Holsteiner und die Fürsten von Werle=Waren in den Vertrag (oft se hir inne wesen willen) 24 ).
Schon im Februar waren mecklenburgische Truppen gegen Perleberg gerückt; es waren die Leute der Gebrüder Johann und Helmold von Plessen, die seit dem 1. Febr. 1372 mit 25 Gewappneten in Neustadt lagen, und die des Ritters Lüder Lützow von Grabow 25 ). Hernach, in der Fastenzeit, zogen die Plessen mit ihren und Lützows Leuten vor Neuhausen und machten dort einen Reiterangriff, der jedoch mißglückte 26 ). Vor dem 9. Mai führte Herzog Albrecht selber eine Schar ins Brandenburgische 27 ). Unterdessen erschienen die Feinde vor Neustadt, vor dem Schweriner Tore, und plünderten. Johann von Plessen griff sie mit seinen Reitern und den Bürgern der Stadt an und jagte sie bis aus den Primer 28 ).ImApril und Mai fochten die
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mecklenburgischen Truppen in der Prignitz, Mittel= und Ukermark. Es scheint, daß der Herzog Perleberg und Neuhausen, von denen besonders das letzte dicht an der mecklenburgischen Grenze liegt, zu erobern hoffte, freilich vergebens. Auch streiften seine Mannen bis Pritzwalk, Gransee, Zehdenick, Hindenburg, Templin, Lychen. Mitte Mai ward ein Zug nach Schnakenburg unternommen. Es sollte wohl dieser Platz erobert und so die Einkünfte aus dem Elbzoll zurückerlangt werden, die an Mecklenburg verpfändet, nun aber natürlich verloren gegangen waren 29 ). Vielleicht hatte Herzog Johann sein Recht auf diese Einkünfte damals schon an den Bruder abgetreten 30 ). Viel Erfolg scheint Albrecht jedoch nicht gehabt zu haben. Glücklicher waren seine Gegner, die vor dem 30. Mai die Pfandschaft Fürstenwerder in ihre Gewalt brachten und wiederum Marnitz erstürmten 31 ). Am 28. April vereinigte der märkische Hauptmann Rohr seine Schar mit den in Perleberg stationierten Truppen und rückte dann vor Dambeck 32 ).
* *
*
Zugleich hatte Albrecht gegen Magnus von Braunschweig zu kämpfen. Durch jenen Gubener Winkelzug Kaiser Karls war zwar erreicht, daß der Markgraf sich mit Magnus, ohne daß dieser es gewünscht hätte, entzweite; Otto konnte es nicht ertragen, daß der Welfe den Kindern des Kaisers Beistand zur Durchführung des märkischen Erbvertrages zugesagt hatte. Aber eine weitere Folge war es gewesen, daß nun die Sachsen sich dem Markgrafen näherten und sich mit ihm gegen Braunschweig zusammenschlossen 33 ). Diesen Bund mußte der Kaiser sprengen. Er ließ keinen Zweifel mehr über seine Stellung zur Lüneburger Erbfolgefrage. Am 13. Oktober 1371 verfiel Magnus der Acht 34 ). Und um die Askanier von Brandenburg zu trennen, gebot
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Karl IV. ihnen ein Bündnis mit Herzog Albrecht, dem Gegner der Mark. Am 30. Mai 1372 kam es zu Lüneburg, das den Sachsen bereits gehuldigt hatte 35 ), zustande 36 ). Als Entgelt für den Beistand sollte Albrecht ein alter Wunsch erfüllt werden. Es sollten ihm nämlich Schloß, Land und Stadt Dömitz, das Haus Wehningen, Neuhaus mit dem Darzing und dem Elbgestade, alles, was den Askaniern in Gorlosen und Redefin gehörte, alle ihre östlich der Elbe unterhalb Lenzen nach Mecklenburg zu gelegenen Besitzungen mit allem Anfall und landesherrlichen Rechten abgetreten werden. Sächsisches Gut aber, das die Elbe hinauf oder niederfahre, sollte zu Dömitz und Wehningen zollfrei sein. Was rechts der Elbe an Forsten und Wiesen zu Bleckede gehörte, blieb zwar dessen Einwohnern zur Nutzung erhalten, wurde aber auch zu Mecklenburg gelegt. Wann auch immer eine Sühne zwischen den Sachsen und Herzog Magnus zustande käme, die Abtretungen sollten bestehen bleiben. Alle Gebiete sollten Albrecht vor dem Kaiser aufgelassen (vorlaten) und frei überantwortet werden. Es war der Landstrich, der sich zwischen die Grafschaft Schwerin und die Elbe schob, zum großen Teile sächsisches, nur wenig lüneburgisches Gebiet 37 ). Albrecht hatte sich schon bemüht, hier festen Fuß zu fassen. Er hatte im August 1363 die Hälfte des Redefin mit mehreren Dörfern gekauft 38 ) und auch Dömitz schon eine Zeitlang in Besitz gehabt 39 ). Die Insassen dieses Landes wurden sofort an Mecklenburg gewiesen, besonders die Pentz auf Redefin und die vom Kruge auf Gorlosen 40 ). Die Pentz hatten sich schon früher, im Schweriner Kriege, mit ihrem Teile des Schlosses in Albrechts Dienst begeben 41 ). Sie waren Pfandinhaber von Boizenburg und wurden im Juli 1372 vom Herzog mit der Anwerbung von Kriegsmannschaften beauftragt 42 ).
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Auf diese neuen Erwerbungen an der Elbe richtete sich für den Augenblick Albrechts Interesse. Der brandenburgische Krieg war ihm jetzt lästig. Er war bereit zuzugreifen, wenn er einen billigen Frieden erlangen konnte und Marnitz und Fürstenwerder wieder ausgeliefert wurden 43 ). So wurde es den Askaniern überlassen, zwischen Mecklenburg und der Mark zu entscheiden 44 ). Sie waren sogleich bereit; gelänge es ihnen nicht, wollten sie Albrecht gegen Otto den Faulen unterstützen. Die Verbündeten dachten nur an den eigenen Vorteil, nicht an den Karls IV. Wenn der Markgraf jetzt nachgab, so wurde eine für den Kaiser peinliche Lage geschaffen. Aber er tat es nicht. Vielleicht schenkte er den Askaniern überhaupt kein Vertrauen mehr, Wenn er nämlich wußte, daß Albrecht von Sachsen im April zu Prag dem Kaiser dasselbe versprochen hatte wie Magnus von Braunschweig in Guben. Der Gedanke des Friedens, der durchaus nicht im Sinne Karls IV. war, kam nicht zur Ausführung.
Es war ein Glück für Albrecht, daß schon am 6. Juli 1372 mit Magnus ein Waffenstillstand bis zum 1. August abgeschlossen wurde, der dann vielleicht eine Verlängerung bis zum 8. September erfuhr 45 ). So brauchte er den Krieg wenigstens in dieser Zeit nicht nach zwei Seiten, gegen Brandenburg und Braunschweig, zugleich zu führen. Freilich blieben auch die Früchte des Bündnisses mit den Askaniern weit hinter dem zurück, was dem Herzog versprochen war. Denn die Sachsen konnten die Abtretungen nicht sämtlich durchführen, weil ihr Vetter Erich von Lauenburg den Darzing mit Neuhaus, Wehningen und das Elbgestade in seiner Hand hatte. Die Besitzverhältnisse waren hier allerdings strittig, und die Askanier hatten sich verpflichtet, die Gebiete für Albrecht zu entfreien oder ihn bei der Besitznahme mit den Waffen zu unterstützen. Erich aber weigerte sich, sie herauszugeben. Zwei Schiedsgerichte, die über die Rechtsfrage befinden sollten, fällten keinen Spruch 46 ). Aufs höchste beunruhigt,
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suchte Erich bei seinem welfischen Schwiegervater Hilfe und schloß mit ihm am 8. April 1373 ein Bündnis 47 ). Vielleicht schon vorher war er in den lüneburgischen Besitz seiner Vettern eingefallen 48 ). Diese wollten schnell eine friedliche Einigung herbeiführen. Am 8. Mai erbat Albrecht von Sachsen die Entscheidung der Räte von Lübeck, Hamburg und der übrigen Seestädte. Darauf erklärte sich Erich wenigstens zu neuen Verhandlungen bereit 49 ). Weiter verlautet jedoch von diesem Zwiste nichts. Nachdem Herzog Magnus von Braunschweig am 25. Juli des Jahres bei Leveste gefallen war, scheinen die Wittenberger die Interessen ihres mecklenburgischen Verbündeten vernachlässigt zu haben. Sie glaubten des Beistandes entraten zu können, und bald darauf kam es zwischen ihnen und den Söhnen des Welfen zu einer Einigung, wonach beide Parteien das Herzogtum Lüneburg gemeinsam besitzen sollten (25. September) 50 ).
Albrecht selber konnte für seine Ansprüche nicht mit voller Kraft eintreten, weil er in der Mark beschäftigt war. Allerdings fanden im Laufe des Jahres 1373 mancherlei Unterhandlungen statt 51 ). Wir haben auch Kenntnis davon, daß ein Vasall
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Albrechts, Henneke von Pentz, der Sohn Ulrichs von Pentz zu Redefin, - vermutlich von Boizenburg aus 52 ) - mit den Wittenberger Herzögen und der Stadt Lüneburg unterhandelte und von ihnen (vor dem 4. Oktober) Briefe empfing. Am 4. Oktober bat er einen der Herzöge und die Ratmänner der Stadt schriftlich, ihre Räte zum jüdischen Kirchhofe bei Lauenburg zu entsenden. Dort wolle er ihnen mitteilen, wie sein Herzog denke. Sonst sollten sie wenigstens einen vertrauten Mann schicken. Auch teilte er mit, daß er am 3. Oktober zu Artlenburg (im Herzogtum Lauenburg über der Elbe) mit seinen Freunden und Albrechts Räten eine Tagfahrt abgehalten habe; aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich um eine Unterredung mit lauenburgischen Gesandten 53 ). Später, am 28. Oktober, war Albrecht bei den Wittenbergern in Hannover 54 ). Endlich aber scheint er auf die in der Hand Erichs von Lauenburg befindlichen Gebiete verzichtet zu haben. Ebenso auf Dannenberg und Bleckede jenseits der Elbe im Lüneburgischen, die ihm, wie am 30. Mai 1372 bestimmt war, für die Ersetzung der Kriegskosten verpfändet werden sollten, nachdem sie erobert seien 55 ). Jedenfalls hat er nur das Land Dömitz, früher Besitz der Grafen von Dannenberg, erhalten.
* *
*
Unterdessen hatte der brandenburgische Krieg seinen Fortgang genommen. Am 11. Juni 1372 sammelten einige mecklenburgische Hauptleute ihre Truppen, um gegen Perleberg zu ziehen. Unter ihnen waren die in Neustadt stationierten Plessen und Lüder Lützow von Grabow, der über 68 Mann führte. Als sie vor Perleberg plünderten, zogen die wehrhaften Bürger gegen sie aus und lieferten ihnen ein Gefecht. Am 12. rückte Lüder Lützow wieder in Grabow ein, am 13. die Plessen in
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Neustadt 56 ). In der Nacht auf den 17. (18.?) zog wieder eine mecklenburgische Schar von Grabow aus gegen Neuhausen; am 18. kehrte sie zurück 57 ). Am 20. Juni verbrannte der märkische Hauptmann Rohr, der in dieser Gegend die Operationen der Brandenburger geleitet zu haben scheint, mehrere Dörfer in der Nähe von Grabow 58 ). Am 21. Juli unternahmen Johann und Helmold Plessen mit ihren 25 Gewappneten von Neustadt aus sowie die Hauptleute Lüder Lützow und Heinrich von Bülow einen Anschlag gegen Pritzwalk; doch mußten sie, da die Bürger gewarnt waren, unverrichteter Dinge wieder abziehen 59 ). Die Plessen blieben darauf acht Tage in Neustadt, weil es hieß, daß ein Angriff der Feinde bevorstehe 60 ). Kurze Zeit später ließ Albrecht seine Mannen aufbieten, damit Herzog Heinrich mit ihnen zur Gewinnung des Freiensteins in die Prignitz rücke. Mitte August begann der Zug, und in der Tat gelang die Eroberung 61 ). Eine Woche darauf traf auch Albrecht dort ein 62 ). Am 8. September wurde dann ein kurzer Waffenstillstand geschlossen 63 ). Tags zuvor ritt der alte Herzog von Freienstein nach Schwerin 64 ).
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Unterdessen hatten die Neustädter märkische
Frachtwagen ausgekundschaftet, fanden aber nur
einen, der mit Leinewand und Tuch im Werte von
75
beladen war und den sie
erbeuteten
65
). Dann wurde, wohl nach
Ablauf des Waffenstillstandes, im
Havelbergischen gekämpft
66
). Am 4. November zeigten
sich die Feinde abermals vor Neustadt, vor dem
Parchimer Tore. Die Mecklenburger brachen aus
der Stadt hervor und setzten ihnen nach,
gerieten aber in einen Hinterhalt
67
). Zur Zeit dieses
Gefechtes war Albrecht in der Mark
68
). Nach
seiner Rückkehr ordnete er einen neuen Zug an;
doch wurde der Befehl widerrufen
69
), wahrscheinlich weil der Herzog
mit den Wittelsbachern verhandeln wollte.
Jedenfalls ritt er nachher nach Woldeck, um mit
Otto zusammenzutreffen
70
). Dann unternahm er noch
einen Ritt bis Zehdenick und begab sich von hier
wieder in sein Land
71
).
Ob es zu irgend einer Vereinbarung, etwa zu einem neuen Waffenstillstande gekommen war, ist unbekannt. Wir wissen nur, daß Albrecht am 7. Dezember vom Fürsten Bernhard von Werle=Waren, der offenbar wieder einmal für den Markgrafen Partei ergriffen hatte, das Versprechen erhielt, daß er bis zum 6. Januar des nächsten Jahres (1373) Frieden halten wolle 72 ).
Inzwischen hatten sich Swantibor und Bogislav von Pommern=Stettin - Kasimir war am 24. Aug. 1372 bei der Berennung von Königsberg in der Neumark erschossen worden -
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mit Otto dem Faulen ausgesöhnt (3. November 1372) 73 ). Die Pommern konnten sich des Mißtrauens gegen Karl IV. nicht erwehren. Schon am 29. Oktober hatten sich die Stettiner mit Bogislav VI. und Wartislav VI. von Wolgast zusammengeschlossen. Und am 17. Mai 1373 einigten sich sämtliche Pommernherzöge und der Bischof von Kammin über ein Bündnis zum Schutze ihrer Interessen; es war ein Vertrag, der gegen den Kaiser zielte 74 ). - Von den Pommern hatte Albrecht keine Hülfe mehr zu erwarten. Ganz im Gegensatze zu deren behutsamer Vorsicht setzte er alle Hoffnung auf den Kaiser, dessen Waffenstillstand mit den Wittelsbachern am 5. Juni 1373 ablief. In der Tat bedurften die Mecklenburger der Unterstützung, da trotz der Eroberung Freiensteins der Krieg für sie ungünstig verlaufen war. Außer Marnitz und Fürstenwerder, von denen das erste sicher nicht, das zweite vermutlich auch nicht zurückerobert war, verloren sie in der Zeit bis zum 6. Juni 1373 auch Liebenwalde und noch mindestens eine, vielleicht mehrere der übrigen Pfandschaften 75 ).
Der Kaiser beabsichtigte, den Angriff auf die Mark gleich nach dem Ende der Waffenruhe zu eröffnen. Die allgemeine politische Lage war für ihn jetzt günstiger. Die Schar seiner Gegner lichtete sich, da Ludwig von Ungarn und Pfalzgraf Ruprecht dem Kampfe fernblieben 76 ). Am 8. Mai ließ Albrecht von Schwerin aus Boten abgehen, um seine Vasallen zusammenzurufen 77 ). Er wollte mit ihnen zum Heere Karls stoßen. Am 4. Juni war er bereits zu Luckau in der Niederlausitz im luxemburgischen Lager. Dort fanden sich auch die Herzöge Wenzel und Albrecht von Sachsen=Wittenberg ein, die mit dem Kaiser ver=
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bündet waren
78
). Von Luckau ging es nach
Fürstenberg an der Oder. Hier erst schloß
Albrecht ein förmliches Bündnis mit den
Luxemburgern, wonach die Mark für die Söhne des
Kaisers erworben werden sollte. Es handelte sich
aber nicht mehr um die Sicherung des
Erbvertrages, sondern um die Eroberung des
Landes. Der Herzog sollte nicht leer dabei
ausgehen. Wenzel, Karls ältester Sohn, erteilte
als Markgraf von Brandenburg für sich und seine
Brüder ihm die erbliche Belehnung mit der
Prignitz
79
) außer der Stadt und dem
Bistum Havelberg mit Wittstock und den
Stiftsgütern. Die Stadt Havelberg verpfändete er
ihm für 6000
brandenb. Silbers. Und es wollten
ihn die Luxemburger bei der Eroberung der
Prignitz, wie er sie bei Gewinnung der Mark, mit
den Waffen unterstützen. Außerdem sicherten sie
ihren Beistand zur Erhaltung der schwedischen
Krone für König Albrecht und zur Erlangung der
dänischen für den Enkel des Herzogs zu. - Johann
von Stargard, den Albrecht in das Bündnis mit
aufgenommen hatte, und der hernach selber in
Fürstenberg erschien, wurde von Wenzel mit
seinen märkischen Pfandschaften außer
Liebenwalde belehnt
80
).
Freilich mußten diese Gebiete zum Teil erst
zurückerobert werden. Liebenwalde sollte weiter
verpfändet bleiben, und zwar für 12000
brandenb. Silbers, eine sehr hohe
Summe, da ja der Pfandschilling für alle
brandenburgischen Pfandschaften zusammen
ursprünglich nur 18000
Silbers ausmachte. Der
Schnakenburger Elbzoll dagegen, den Johann
seinem Bruder überlassen hatte, sollte für den
mit den Wittelsbachern früher vereinbarten
Betrag wieder eingelöst werden. - Kaiser Karl
erkannte alles an, belehnte die Herzöge -
nunmehr als Römischer Kaiser - von neuem mit
Stargard, bestätigte ihnen die Prager Urkunde
vom 8. Juli 1348 und vereinigte Stargard mit dem
Herzogtum Mecklenburg
81
).
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Wahrscheinlich haben die Herzöge Karl dann auf seinen Zügen gegen Frankfurt und Lebus 82 ) begleitet. Jedenfalls lagen sie im August mit ihm vor Fürstenwalde 83 ), hinter dessen Mauern sich Otto der Faule und Herzog Friedrich verteidigten 84 ).
So schien es, als ob durch die Fürstenberger Verträge erreicht sei, worauf einst die Bestrebungen Heinrichs von Mecklenburg und dann seiner Söhne gerichtet gewesen waren. Zwar sollten die neuen Gebiete unter märkischer Oberherrschaft bleiben, nicht ganz losgerissen werden von dem großen luxemburgischen Reiche des Nordostens, das Karl IV. vorschwebte, aber die Versprechungen blieben doch reich genug. Was konnte den Kaiser dazu bewegen? Sollte er doch noch zweifelhaft gewesen sein über den Ausgang des Kampfes? Es lebte damals noch Magnus von Braunschweig und machte den Sachsen, den Bundesgenossen des Kaisers, zu schaffen. Albrecht zog die Holsteiner Grafen beider Linien, die Fürsten von Werle und die Pommernherzöge in das Bündnis, sofern sie daran teilnehmen wollten 85 ). Möglich, daß der Kaiser hoffte, Albrecht würde sie gewinnen. Auf die Pommern allerdings hatte der Herzog wenig Einfluß, und zu einem Bunde mit dem Luxemburger hätte er sie sicher nicht gebracht. Bei den Holsteinern, den Güstrowern und dem Goldberger Fürsten wäre es ihm vielleicht gelungen. Jedoch die Schnelligkeit, mit der das Geschick der Mark sich vollzog, ließ es nicht mehr dazu kommen und machte es unnötig. Am 15. August trat Otto der Faule sein Land an die Söhne des Kaisers ab.
Man darf annehmen, daß Karl es ursprünglich in Fürstenberg mit den Mecklenburgern ehrlich gemeint hat. Denn es hätten ihm doch wohl noch andere Mittel zu Gebote gestanden, um die Herzöge an sich zu fesseln. Erst später hat er die Belehnungen, die er herbeigeführt hatte, bereut. Der Wunsch, daß die Prignitz der Gesamtheit der Mark erhalten bleibe, ist dem Kaiser sogleich aus dem Lande heraus entgegengetreten 86 ). Und er mußte einsehen, daß die luxemburgische Herrschaft dann am festesten begründet wurde, wenn sie den Zerstückelungen und Abtretungen brandenburgischer Gebiete ein Ziel setzte und so dem
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Verlangen der Bevölkerung entgegenkam, daß es aber das beste Mittel sei, sie verhaßt zu machen, wenn er mit der Zerteilung fortfuhr. In der Erbvereinigung der Mark mit der Krone Böhmen wurde die Einheit des Landes besonders betont 87 ), und wiederholt boten die brandenburgischen Städte dem Kaiser eine "treffliche Summe Geldes" zur Einlösung von Pfandschaften, damit das Land mit Gottes Hülfe wieder zusammengebracht würde 88 ). So lebendig war das Gefühl der Einheit in den Gliedern der Mark.
Aus diesem Grunde entschloß sich Karl, nur die Pfandschaften an Mecklenburg auszuliefern 89 ), die Prignitz dagegen für sich zu behalten. So schnell freilich konnte ein urkundliches Versprechen des Kaisers nicht umgestoßen werden. Karl wird die Übergabe des Landes nicht geradezu verweigert, sondern seine gewohnte zweideutige Haltung angenommen haben. Nur so konnte es geschehen, daß Herzog Albrecht nach dem Abzuge der Luxemburger wagte, sein Recht mit Gewalt durchzusetzen, wobei er von werlischer Seite Unterstützung erhielt 90 ). Infolgedessen brach Karl im Februar 1374 wieder nach der Mark auf, um Ordnung zu stiften 91 ).
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Mitte März waren die Herzöge von Mecklenburg und Johann von Werle=Goldberg in Rostock versammelt. Am 12. versprachen hier Albrechts Söhne Heinrich und Magnus, ihrem Oheim im Besitz der märkischen Pfandschaften zu erhalten, wie ihr Vater es schon bei der Landesteilung im Jahre 1352 gelobt habe. Würden die Gebiete "zu Erbe gelassen", wie es mit dem Kaiser abgemacht sei, oder mit Johanns Zustimmung eingelöst, so sollten die Herzöge wegen der Pfänder nicht weiter verpflichtet sein 92 ). Johann wies dafür am 13. Stadt und Land Rostock ganz an Albrecht, erklärte die ihm geleistete Huldigung für ungültig, behielt sich aber den Erbanfall für sich und seine Nachkommen vor 93 ).
Als diese Verträge geschlossen wurden, war Karl IV. schon in der Mark. Es klingt doch, als ob Verhandlungen zwischen ihm und den Mecklenburgern stattfanden, die noch nicht zum Abschlusse gekommen waren; man wußte noch nicht recht, was aus den Pfandschaften werden würde. Wegen der Prignitz aber muß schon eine Verständigung herbeigeführt worden sein. Albrecht muß sich zum Verzichte bereit erklärt haben, denn schon am 13. März schrieb der Kaiser an Nürnberg, daß er alle Fürsten, die um die Mark säßen, nach seinem Willen habe 94 ).
Am 4. April war Albrecht in Schwerin 95 ). Gegen Ende des Monats traf er dann in Tangermünde mit Karl IV. zusammen. Am 28. April 96 ) versprach hier der Kaiser für sich, seine Söhne, Erben und Nachkommen, Könige von Böhmen und Markgrafen von Brandenburg, den Herzog Albrecht und dessen Nachkommen am Besitze des Herzogtums Mecklenburg, der Grafschaft Schwerin, der Herrschaften Stargard und Rostock sowie aller ihrer anderen Lande nicht zu hindern, sondern sie darin zu schützen. Sodann tötete und vernichtete er alle Rechte, Lehnspflichten (manscheffte) und Urkunden (d. h. die Reverse), die Albrecht und seine Erben den Luxemburgern wegen der Prignitz, Havelbergs, Lenzens, Schnakenburgs und ihres Zubehörs getan
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und gegeben, und auch die Bündnisurkunden, die
sie ihnen überreicht hätten. Albrecht
seinerseits erklärte sich - jetzt oder schon
vorher - bereit, die ihm über die Belehnung mit
der Prignitz, die Verpfändung Havelbergs und des
Schnakenburger Elbzolls ausgestellten Urkunden
wieder herauszugeben, ebenso die Urkunden über
das im Vorjahre gegen die Wittelsbacher
geschlossene Bündnis
97
). Es wurden demnach Belehnung
und Verpfändungen aufgehoben; die
Bündnisurkunden wurden für ungültig erklärt oder
ausgeliefert, weil auch in ihnen die Belehnung
berührt war
98
). Weiter
tötete und vernichtete Karl (in derselben
Urkunde) alle solche Urkunden, die die
Besitzungen (furstentume, gravescheffte,
herscheffte, slosse, stete, erbe, eygene und
gutere) Albrechts und seiner Erben, der wir und
unse erben nicht in nucze und gewere seyn,
betrafen, von wem wir die doruber erworben
haben; dieser allgemein gehaltene Verzicht
zielte besonders auf die brandenburgische
Lehnsherrschaft über Neustadt, Marnitz und
Stavenow in der Grafschaft Schwerin, eine
Oberhoheit, der die Luxemburger also nunmehr
entsagten. Endlich ward bestimmt, daß die
Verpfändung Lenzens durch diese Urkunde nicht
berührt werden solle. Lenzen hatte Albrecht
vermutlich statt Havelbergs erhalten, jedenfalls
war die Pfandsumme die gleiche (6000
Brand. Silbers)
99
). - Die Söhne Karls stellten
den Mecklenburgern hernach (am 28. Mai) zu Guben
eine Urkunde aus, die dieselben Bestimmungen
enthielt wie die des Kaisers.
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Ob Albrecht seinen Verzicht auf die Prignitz und den Schnakenburger Elbzoll ausdrücklich beurkundete, ist unbekannt. Vielleicht hat sich Karl mit der Herausgabe der betreffenden Diplome vom Vorjahre zufrieden erklärt. Soweit wir wissen, gab der Herzog am 28. April zu Tangermünde nur für sich und seine Erben sowie für den Schwedenkönig und dessen Erben das Versprechen ab, "mit Worten und Werken, getreulich wie ein Freund dem anderen" dazu behülflich zu sein, daß die Mark den Luxemburgern erhalten bliebe; er übernahm es, dafür zu sorgen, daß der Schwedenkönig diese Zusage bis Michaelis selber beurkunde 100 ). Albrecht der Jüngere, der Enkel des Herzogs, mußte sich für den Fall, daß er die dänische Krone erlange, zu gleichem Beistande verpflichten 101 ). Und endlich versprachen auch die Herzöge Heinrich und Magnus, den Kaiser und seine Söhne im Besitze der Mark und ihrer anderen Lande zu schützen, die sie in "Nutz und Gewere" hätten 102 ).
Am 17. Mai waren Albrecht und Herzog Johann beim Kaiser in Prenzlau. Sie schlossen hier mit den Luxemburgern, den Pommernherzögen, dem Bischofe von Kammin und den Fürsten von Werle einen dreijährigen Landfrieden 103 ). - Wenn nicht schon vorher, so wird sich der Kaiser hier in Prenzlau mit dem Herzoge Johann dahin geeinigt haben, daß die Belehnung mit den märkischen Pfandschaften ungültig sein solle. Wenigstens bekannte Johanns ältester gleichnamiger Sohn am 20. Mai zu Neubrandenburg für sich und seine Brüder, daß die Gebiete gegen Zahlung der mit den Wittelsbachern vereinbarten Summen "ohne Widerrede unverzüglich" herauszugeben seien, sobald König Wenzel und seine Brüder oder ihre Erben sie einlösen wollten 104 ).
Von Prenzlau reiste Albrecht nach Schwerin 105 ). Am 29. Juni war er wiederum beim Kaiser in Tangermünde, wo sich eine glänzende Gesellschaft versammelte. Er findet sich unter den Zeugen der Urkunde, in der Karl die ewige Vereinigung der Mark mit dem Königreiche Böhmen bestätigte 106 ). Am
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7. Juli nahm der Herzog in Tangermünde die Burg Marnitz, sein freieigen Gut, von der Krone Böhmen zu Lehn 107 ), mit der Brandenburg ja nun verbunden war. Die märkische Oberhoheit über Marnitz wurde also doch erneuert, nicht dagegen, soweit wir wissen, die über Neustadt und Stavenow.
Kaiser Karl hatte erreicht, was er wollte. Nicht
einmal eine Entschädigung brauchte er an
Albrecht zu zahlen. Das Gold und Silber, das er
nach Detmar
108
) dem Herzoge statt der Prignitz
gegeben haben soll, läßt sich urkundlich nicht
ermitteln. Außer den 6000
für Lenzen, wovon am 18. Mai 1374
schon 1600
gezahlt waren
109
),
und dem Lösegelde für die übrigen Pfandschaften
hatten die Mecklenburger nichts zu fordern.
Albrecht gab nach, weil er gegen Karl IV. nicht
bestehen konnte, und weil er von den
Luxemburgern Förderung seiner nordischen Politik
erwartete. Doch nicht ohne Hintergedanken wich
er zurück. Zwar lieferte er die in Frage
kommenden Fürstenberger Originaldiplome vom Juni
1373 wieder aus, aber in starkem Gegensatze zu
dem Verzicht stand das, was am 28. Mai um die
sechste Stunde auf dem Zimmer des Herzogs in der
Schweriner Burg geschah. Hier wurden fast alle
Urkunden vor der Rückgabe durch die Bischöfe von
Schwerin und Ratzeburg und den Edelherrn
Wedekind vom Berge auf Albrechts Bitte
transsumiert. Es geschah dies mit denjenigen
Urkunden, die das Bündnis gegen die
Wittelsbacher, Karls Bestätigung der Belehnung
Albrechts mit der Prignitz durch Wenzel, die
Verpfändung Havelbergs samt der Genehmigung des
Kaisers und endlich Wenzels Anerkennung der
Verpfändung des Schnakenburger Elbzolls
betrafen. Nur die Urkunde, die Wenzel über die
Belehnung mit der Prignitz ausgestellt hatte,
wurde, soweit bekannt ist, nicht transsumiert
110
). Drei Notare besorgten die
Abschriften und Beglaubigungen. Auch Albrechts
Kanzler Johann Swalenberg, der Propst Markwart
Bärmann und ein Güstrower Dekan waren zugegen
111
). - Vielleicht kam doch noch einmal
eine günstige Zeit, wo die Transsumpte zur
Geltung zu bringen waren.
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6.
Der Streit um die dänische Krone und Albrechts Tod.
Es wäre ein unbesonnenes Wagnis gewesen, wenn Albrecht versucht hätte, sich in der Mark dem Willen des Kaisers zu widersetzen. Immerhin wäre es ihm vielleicht gelungen, eine Geldentschädigung zu erreichen, wenn er auf einer solchen bestanden haben würde. Er hatte auch hierauf verzichtet, hatte den Luxemburgern das äußerste Entgegenkommen bewiesen, weil er wünschte, daß sie zum Schutze und zum Ausbau der nordischen Machtstellung seines Hauses beitrügen. In der Tat hatte er es erreicht, daß ihm der Kaiser am 28. April in Tangermünde und hernach die Söhne Karls das Versprechen wiederholt hatten, das ihm schon im Vorjahre in Fürstenberg gegeben war: aufs neue hatten die Luxemburger sich verpflichtet, nach Kräften dafür zu sorgen, daß das schwedische Reich König Albrecht und seinen Erben erhalten bleibe, der Enkel des Herzogs aber die dänische Krone gewinne, wenn Waldemar Atterdag keine unmittelbaren männlichen Nachkommen hinterlassen würde 1 ).
Dem Kaiser war seine Zusage allerdings im Grunde peinlich. Er hoffte, daß er sie niemals würde erfüllen müssen. Zwei Wochen schon nach seiner Beteuerung von Tangermünde sandte er ein Schreiben nach Dänemark, worin er eine neue Vermählung Waldemars verlangte, damit sich Aussicht auf männliche Leibeserben eröffne und nach dem Tode des Königs kein Zwist entstehe 2 ). Dann wieder schien es, als ob es ihm mit dem Versprechen an Albrecht Ernst sei. Es lag ja auf der Hand, von welcher Bedeutung es war, Lübeck für die Kandidatur des jungen Mecklenburgers zu gewinnen. Karl stand zu der Stadt in einem sehr freundschaftlichen Verhältnisse, noch im März 1374 hatte er sie mit seiner kaiserlichen Gnade überschüttet 3 ).ImOktober 1375 erschien er in Lübeck 4 ). In seinem großen Gefolge befand sich Albrecht mit seinen Söhnen Heinrich und Magnus. Aller Wahrscheinlichkeit nach versuchte der Kaiser, auf den Rat im
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mecklenburgischen Sinne einzuwirken 5 ); doch überzeugte er sich schon damals, daß die lübischen Politiker in der Thronfrage nicht nachgeben wollten.
Er wünschte auch eine Begegnung mit Waldemar 6 ). Aber der König lag in Gurre schwerkrank darnieder und konnte "weder um Schlösser noch Lande noch irgend ein Erdengut verhandeln" 7 ). So kam die Zusammenkunft nicht zustande. Von der Travestadt begab sich der Kaiser, natürlich in Begleitung der Mecklenburger, nach Wismar, wo er einen Tag verweilte. Mit innerer Befriedigung betont Heinrich von Balsee, daß Karl den Ratsherren seiner Stadt, wie verlaute, für die Aufnahme noch größeren Dank ausgedrückt habe als denen von Lübeck 8 ).
* *
*
Am 24. Oktober 1375 starb Waldemar Atterdag in Gurre auf Seeland. Es war sein Wunsch gewesen, daß der junge Albrecht die Krone erhalte. Er hatte den Knaben an seinen Hof gezogen, damit er als künftiger König in dänischer Umgebung aufwuchs und Art und Sitte des Landes kennen lernte. Noch in seinem letzten Willen soll er ihn - so wurde von mecklenburgischer Seite behauptet - als seinen Nachfolger bezeichnet haben 9 ). Wenn Olav den Thron bestieg, vereinigte er zwar die Kronen von Dänemark und Norwegen auf seinem Haupte, aber es ist unwahrscheinlich, daß Waldemar sich jemals mit dem Gedanken getragen hat, eine Union zu begründen. Sonst hätte er König Albrecht in Schweden niemals aufkommen lassen oder doch mit allen Kräften dahin wirken müssen, die Folkunger wieder einzusetzen. Denn dann lag die Berechnung nahe, daß einst ein Sohn Hakons und Margaretas alle drei nordischen Reiche beherrschte. Statt dessen schloß der König den Vertrag von Alholm, er lebte und webte nur für Dänemark, war von durchaus anderen Ideen erfüllt als seine Tochter. Für ihn war die Hauptsache die straffe Konzentration der monarchischen Gewalt, die bei vereinigten Reichen, wo der Herrscher bald nach dieser, bald nach jener Seite blicken muß, notwendig erschwert ist.
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Als Waldemar seinem und Albrechts Enkel die Krone zugesprochen, da hatte er damit gerechnet, daß in Dänemark ein Abkömmling des regierenden Geschlechtes gewählt zu werden pflegte; und zwar war in den letzten zwei Jahrhunderten - ausgenommen Christoph II. und dessen Gegenkönig - das Reich dem nächsten Erben des verstorbenen Herrschers übertragen worden. Waldemar selber hatte vor seiner Wahl den Titel "Erbe Dänemarks" geführt. Zwar gewann jetzt die Kurfrage eine höhere Bedeutung als früher, weil der König keine Erben im Mannesstamme hinterließ, aber man zögerte kaum, jene Gewohnheit auf den Weiberstamm auszudehnen 10 ). Von einem rechtlichen Anspruche allerdings konnte weder bei Ingeborgs noch bei Margaretas Sohn die Rede sein, und deswegen brauchte es auch nicht unbedingt ins Gewicht zu fallen, daß der junge Mecklenburger von der älteren der beiden Schwestern stammte 11 ).
Herzog Albrecht freilich war anderer Ansicht. Die Kur in Dänemark schien ihm nach der Entwicklung, die sie genommen hatte, kaum mehr zu sein als eine Form der Inthronisierung, die dem rechten Erben gar nicht verweigert werden dürfe. Und als rechten Erben betrachtete er seinen Enkel, da dieser von der älteren Tochter Waldemars geboren sei und Olav an Jahren übertreffe 12 ). Weniger scheint er sich auf die Zusage des toten Königs berufen zu haben, wohl weil er wußte, daß sie nur persönliche Bedeutung hatte. Großen Wert aber legte er darauf, daß die Ansprüche seines Enkels vom Kaiser unterstützt wurden. In der Tat hielt Karl IV. sein Versprechen. Am 6. November von Pritzwalk aus forderte er die Dänen, die "Getreuen des heiligen Reiches", zur Wahl des jungen Albrecht auf 13 ). Einer von den beiden Tochtersöhnen Waldemars, führte er aus, müsse die Krone tragen. Doch um dem natürlichen Wege und der Billigkeit zu folgen, scheine es ihm gebührend und gerecht, daß
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Ingeborgs Sohn 14 ) gewählt und nicht der jüngere Olav ihm vorgezogen würde. Nach diesen mehr abwägenden Worten betonte er zum Schlusse schärfer, daß der Thron aus Grund der Erbfolge dem Enkel Albrechts gebühre, und versicherte, ihm zur Seite stehen zu wollen. Es war die Sprache des Römischen Kaisers, auf dessen Pflichten hingewiesen wurde, der auf das Wohl des dänischen Landes bedacht sei.
Als neunzehn Jahre später der Verfasser der mecklenburgischen Streitschrift zugunsten des unglücklichen Schwedenkönigs die dänische Thronfrage behandelte, da redete er, als ob Karl IV. mit Recht habe über die Nachfolge entscheiden dürfen. Zwar hatten einst Harald Blauzahn, Svend Estrithson, Svend und, zum Schmerze Saxos, auch Waldemar der Große dem Kaiser gehuldigt, dann aber hatte Knut Friedrich I. den Lehnseid verweigert, und jetzt, nachdem sich die Herrschaft dänischer Könige bis an die Elbe erstreckt hatte, zuckte man über das Geltendmachen imperialer Ansprüche im Norden die Achseln. Karl fühlte das selbst; noch im Vorjahre hatte er offen erklärt, daß der König und das Königreich zu Dänemark "dem heiligen römischen Reiche nichts bekennen noch von ihm halten wollen" 15 ). Immerhin war sicher, daß der Kaiser hinter dem jungen Albrecht stand, und wer konnte sagen, daß er nur auf dem Pergamente für ihn eintreten würde!
Karls Brief ist das einzige auf uns gekommene Zeugnis einer mecklenburgischen Agitation in Dänemark für die erste Zeit nach Waldemar Atterdags Tod. Doch ist kaum zu bezweifeln, daß Herzog Albrecht noch im Jahre 1375 versuchte, die Großen des Reiches - denn auf das Volk kam wenig an - für sich zu gewinnen. Es bildete sich auch eine mecklenburgische Partei 16 ), daneben aber eine norwegische, die schnell aufkam. Sie wurde von der jungen Königin Margareta, die selber nach Dänemark geeilt war, geleitet. Diese Frau vor allem hatte Albrecht zu fürchten. Mit unversöhnlichem Hasse verfolgte sie die Mecklenburger, denen das schwedische Reich der Folkunger zum Opfer gefallen war. Ebenso wie Albrecht erkannte sie, daß es sich nicht nur um Dänemark, sondern um die Vorherrschaft im
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ganzen Norden handelte. Tatkräftig und unbeugsam, im Besitze einer großartigen politischen Begabung, die echte Tochter Waldemar Atterdags, war sie jedem Gegner gefährlich. Eine eigentümliche Fügung: der letzte große Kampf des alternden Herzogs war gegen die jugendfrische Frau gerichtet, die dereinst alle Errungenschaften seiner nordischen Politik von Grund aus vernichten sollte.
Eine Reihe besonders einflußreicher Männer in Dänemark, der Drost Hennig Putbus, der Erzbischof von Lund, der Bischof von Roeskilde, Konrad Moltke, der Hauptmann von Wordingborg, der Präfekt von Schonen Tuvo Galen, Anders Jakobsson und andere gehörten der norwegischen Partei entweder von vorneherein an oder wurden doch sehr schnell für sie gewonnen. Eifrig warb Margareta durch Gunstbezeugungen 17 ). Es schien fast, als ob sie selber Anspruch auf die Herrschaft mache; sie nannte sich "Erbin Waldemars" und "Königin von Dänemark", wie sie sogar von Putbus und anderen Adligen bezeichnet wurde 18 ). Sie pochte genau so wie die Mecklenburger auf ein vermeintliches Erbrecht, wenn auch ihr Sohn vorerst der "Junker Olav" blieb 19 ). Dann legte sie den angemaßten Titel wieder ab, jedoch zu einer Zeit, wo sie den Ausfall der Wahl wohl schon berechnen konnte.
Nur mit steigender Besorgnis konnte Albrecht zusehen, wie der Anhang Margaretas immer mehr wuchs 20 ), die Aussichten seines Enkels stetig schwanden. Und da er keinesfalls nachgeben wollte, mußte er sich bereit machen, die Kur mit den Waffen zu erzwingen. Brach aber der Krieg aus, wie würde sich dann jene Macht stellen, der im Stralsunder Frieden ein entscheidender Einfluß auf die Wahl des neuen Königs zugesichert war? Noch kurz bevor Waldemar Atterdag starb, hatte eine Reihe von dänischen Großen, darunter die meisten der genannten Anhänger Margaretas, städtischen Sendboten in Gurre erklärt, sie würden auf jeden Fall die Bestimmungen des Friedens, den sie besiegelt hätten, als "biedere Leute" halten; daran solle man nicht zweifeln. Sie hatten auch die Befürchtung geäußert, daß es übel um das Reich stehen möchte, wenn es mit Waldemar zu Ende
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ging. Sie würden dann gerne dem Rate der Städte folgen 21 ). - Noch freilich hatten sich die Hansen nicht ausgesprochen; erst am 20. Januar 1376 wollten sie in Wismar tagen. Aber der Herzog wußte wohl: die Städte standen auf seiten Margaretas und ihres Sohnes. Er hatte ja genügend Gelegenheit gehabt zu erkennen, daß die leitenden hansischen Politiker an der Trave seiner Dynastie nicht neben Schweden noch das Reich der Ulfinger und damit die Beherrschung des größeren Teiles der Ostseeküsten von Mecklenburg und Dänemark um den bottnischen Busen herum bis zum finnischen Meerbusen gönnen wollten. Wäre die Erhebung seines Enkels ohne Schwierigkeiten vor sich gegangen, dann hätte der Herzog die Städte nicht zu fürchten brauchen, dann hätte er ihrer gesamten Macht getrost die Spitze bieten können. Wenn er aber jetzt den Kampf aufnahm und die Hanse sich seinen Gegnern anschloß, so stand er einer gewaltigen Koalition gegenüber, wenngleich er erwarten durfte, daß Rostock und Wismar sich von den übrigen Städten trennen würden. Durch solche Erwägungen geleitet, scheint er Ende 1375 oder in den ersten Tagen des nächsten Jahres an den Kaiser die Bitte gerichtet zu haben, noch einmal auf Lübeck einzuwirken 22 ).
Der Gefahr einer Niederlage konnte sich Albrecht in diesem Kampfe, in dem es sich um den größten Teil seines Lebenswerkes handelte, nicht aussetzen. Er bedurfte der Bundesgenossen, und was lag näher, als daß er seine alten Freunde, die Grafen Heinrich und Klaus, an sich fesselte, die allezeit gegen Dänemark auf dem Posten waren!
Für welchen Preis er ihre Hilfe haben konnte, lag auf der Hand. Sie machten Anspruch auf das Herzogtum Schleswig, das von Dänemark zu Lehn ging und durch den Tod des Herzogs Heinrich erledigt war, der, als letzter von Abels Stamm, wenige Wochen vor Waldemar Atterdag die Augen geschlossen hatte. Sie stützten sich hierbei auf die im Jahre 1330 von ihrem Vater begründete Exspektanz, aber es war damals nur der Fall in Betracht gezogen, daß Waldemar V. von Schleswig, der Vater Heinrichs, keine Erben hinterlassen würde 23 ). Das Recht der Holsteiner war also zweifelhaft; sie mußten suchen, sich die Anerkennung zu verschaffen.
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Bei dieser Lage der Dinge trat Albrecht mit ihnen in Verbindung. Er entschloß sich, seinen Enkel kurzab als dänischen König auftreten und die Grafen mit Schleswig belehnen zu lassen. Der junge Herzog freilich war noch in Dänemark, aber das tat nichts zur Sache, denn er war unmündig, und sein Großvater und Vater, die die Vormundschaft übernahmen 24 ), konnten für ihn handeln. - Neben den Rendsburgern suchte Albrecht den Grafen Adolf von Plön, der wie Heinrich der Eiserne sein Schwiegersohn war 25 ), für sich zu gewinnen. Adolf hatte die zehn Jahre hindurch gepflegte Freundschaft mit Dänemark aufgegeben und kurz nach Waldemar Atterdags Tod einen noch vom Könige selbst eingeleiteten Anschlag auf die Haseldorfer Marsch an der Elbe zunichte gemacht 26 ). Es lag in Albrechts Absicht, ihn an der Belehnung mit Schleswig teilnehmen zu lassen. Heinrich und Klaus, deren Verhältnis zu dem Plöner jetzt wieder ein gutes war, hatten nichts hiergegen einzuwenden. - Man beschloß, eine Zusammenkunft abzuhalten zu derselben Zeit, wo in Wismar der Hansetag stattfinden sollte. Als Ort wurde Grevesmühlen gewählt, offenbar auf Wunsch Herzog Albrechts, dem daran liegen mußte, in der Nähe der städtischen Sendboten zu sein, um, wenn die Umstände es gaben, mit ihnen in Unterhandlung treten zu können.
So tagten denn gleichzeitig 27 ), nur ein paar Wegstunden voneinander getrennt, die Versammlungen (der Fürsten und der Vertreter der großen wendischen Städte außer Greifswald. Herzog Albrecht hatte nicht unterlassen, die Hansen um Förderung seines Enkels zu ersuchen, weil dieser älter sei als Olav und von der älteren Tochter Waldemars stamme. Er hatte ihnen genügende Sicherstellung versprochen und sich erboten, ihre Privilegien zu bestätigen und zu erweitern, wie kein anderer Fürst es vermöge 28 ). Hoffnung auf Erfolg allerdings machte er sich kaum, und im selben Augenblick, wo seine Vor=
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schläge in Wismar auf der Tagesordnung standen, war er bereit, sich über den Königswahlartikel des Stralsunder Friedens hinwegzusetzen, mit den Holsteinern abzuschließen und Dänemark zu erobern.
In Begleitung seiner Söhne Heinrich und Magnus
hatte er sich in Grevesmühlen eingefunden. Neben
den Grafen war Henneke Lembek herbeigeeilt, ein
Mann aus jenem holsteinischen, in Jütland
ansässigen Geschlechte, das oft im Gegensatze zu
Waldemar Atterdag gestanden und sich auch jetzt
wieder den Holsteinern angeschlossen hatte
29
). Am
21. Januar 1376 wurden alle drei Grafen,
Heinrich, Klaus und Adolf, mit dem "ganzen
Herzogreich zu Jütland", also Schleswig,
mit Alsen, Langeland, den zugehörigen Inseln und
friesischen Harden belehnt; bei der Besitznahme
des Landes sollten sie von mecklenburgischer
Seite Unterstützung erhalten. Weiter wurden
ihnen Laaland mit Alholm und Ravensborg und dazu
Sir, Kolding und Ripen in Jütland nebst den
Königsfriesen als Pfand für 30000
löth. Silbers angewiesen, lauter
Gebiete, die natürlich erst erobert werden
mußten, und an deren Stelle später Fünen treten
sollte; nur Sir sollten sie auch dann behalten.
Eine Verfallsfrist wurde nicht festgesetzt. Alle
diese Urkunden stellten Albrecht, von Gottes
Gnaden der Dänen und der Wenden König, sein
Großvater und Vater sowie der Herzog Magnus für
sich und ihre Erben aus
30
). - Die Grafen
ihrerseits verpflichteten sich zur Hilfeleistung
im Kriege, ebenso am 22. Januar Henneke Lembek
31
).
Wie früher die Übereinkunft von Alholm mit Waldemar Atterdag, hat man bisher Albrecht auch die Grevesmühlener Verträge mit den Holsteinern als schweren politischen Fehler angerechnet; dadurch habe er es mit den Dänen gründlich verdorben und die Sache seines Enkels selber gestürzt. Wir werden den Herzog auch hier nur verteidigen können. Zwischen Waldemars Tod und den Verträgen liegen drei Monate, und in dieser Zeit hatte Albrecht erkannt, daß sich die Mehrzahl, wenn nicht die überwältigende Mehrheit der Stimmen auf Olav vereinigen würde. Daß dies vorauszusehen war, geht nicht nur daraus hervor, daß sich die mächtigsten Männer des Reiches um Margareta scharten, Putbus und Jakobsson, zwei besonders her=
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vorragende Persönlichkeiten, schon vor dem 20. Januar bei der Stadt Stralsund für die norwegische Sache geworben hatten 32 ), sondern auch daraus, daß Herzog Albrecht den Krieg gegen Dänemark ins Auge faßte. Man sollte doch annehmen, daß er die Vorteile und Nachteile des Bündnisses gegeneinander ausgewogen hat. Damit war zu rechnen, daß die Sympathien, die die Mecklenburger in dem strittigen Reiche besaßen, unter den Verträgen leiden würden, wenn sie auch nicht ganz verloren gingen. Denn von dem Nachfolger Waldemars mußte man erwarten, daß er den Kampf um Schleswig mit den Grafen aufnahm. Man konnte nicht ruhig zusehen, wie Albrecht das Herzogtum preisgab und dänische Gebiete an die holsteinischen Erbfeinde des Reiches verpfändete. Wohl möglich also, daß mancher Anhänger Albrechts nun zu Margareta abfiel. Und doch, es war nicht erst eine Folge der Grevesmühlener Beschlüsse, daß die Nordjüten sich für Olav erklärten, daß sich Anfang März der Erzbischof von Lund, Tuvo Galen, Anders Jakobsson und andere schonische Edle von Roeskilde aus in einem Briefe an die Jüten ebenso aussprachen, daß auch Johann Mus, der Hauptmann der Insel Langeland, die der tote König noch in seinen letzten Jahren an sich gebracht hatte, für den Norweger eintrat 33 ). Denn Galen ist wie Jakobsson bereits im Dezember 1375 im Lager Margaretas nachweisbar 34 ), und es darf nicht angenommen werden, daß alle die andern Männer, die hier ihre Stimme erhoben, vorher zu Mecklenburg neigten und jetzt ihre Stellung wechselten; am wenigsten ist das beim jütischen Adel wahrscheinlich, der sich dreimal gegen Waldemar Atterdag erhoben hatte, und bei dem sich zweifellos weit weniger national=dänische Gesinnung fand, als auf den Inseln. Es ist nicht anders: Olavs Wahl war schon vor den Grevesmühlener Tagen gesichert. Lediglich durch die Waffen konnte Albrecht noch etwas erreichen, und der Beistand der Grafen erschien ihm so wertvoll, daß er eine Schwächung seiner Partei in Dänemark mit in den Kauf nahm. Und dann, wenn er das Bündnis nicht schloß und trotzdem siegte, wer stand ihm dafür, daß nicht Margareta unter Zustimmung ihrer Anhänger denselben Weg gehen und das holsteinische Schwert sich gegen Mecklenburg kehren würde. Freilich, solange es irgend anging, mußte die Königin, da sie sich ja weniger auf auswärtige Macht als auf das dänische Reich selber stützte, alle Ansprüche der
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Grafen zurückweisen; in der Tat hat sie später lange genug gezögert, bis sie die Vereinigung von Schleswig und Holstein anerkannte. Endlich, wenn Albrecht, ohne nach dem Wahlrechte der Dänen lange zu fragen, seinem Enkel den Königstitel beilegte, für ihn die Rechte des Herrschers ausübte, was tat er hiermit im Prinzip so viel anderes als Margareta, die sich selber Königin genannt, dem Drosten Putbus das Schloß Holbäk verliehen, den Bischof von Roeskilde Näbbe geschenkt und ihm gewisse Gebiete verpfändet hatte 35 )! Und wollte der Herzog die Erhebung seines Schützlings doch einmal erzwingen, so lag es ganz auf seinem Wege, daß er ihm den königlichen Namen gab und ihm ein Siegel mit dem dänischen Schilde (des koninges zeghele) 36 ) schneiden ließ. Selbst wenn er sich darauf beschränkt hätte, die Belehnung und Verpfändung in Aussicht zu stellen für den Fall, daß die Krone an den Knaben komme, so wären doch die nachteiligen Folgen dieselben gewesen.
Noch eine andere Wirkung der Grevesmühlener Verträge mußte Albrecht voraussehen: Lübecks Mißtrauen gegen Mecklenburg konnte dadurch nur gesteigert werden; denn je weiter die Holsteiner ihre Gewalt ausbreiteten, desto gefährlicher wurden sie für die benachbarte Travestadt. Auch dies wird Albrecht erwogen haben; aber hier hatte er nichts zu verderben, keine Freundschaft zu verscherzen. Die Stellung Lübecks und der Hanse lag klar vor aller Augen.
Mit ähnlichen Versprechungen wie Herzog Albrecht hatte sich auch das norwegische Königspaar um die Gunst der Hansen beworben, und Hakon hatte ihnen außerdem noch etwas anderes zu gewähren, worauf es ihnen ankam, den endlichen Frieden und die Sicherung des Handels mit seinem Reiche. Die in Wismar versammelten Sendboten wendischer Städte setzten die Preußen und Niederländer von den Werbungen beider Parteien in Kenntnis und forderten sie auf, zum 23. März bevollmächtigte Gesandte nach Lübeck abzuordnen, wo eine Entscheidung herbeigeführt werden sollte 37 ).
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Albrecht konnte kaum anderes erwarten, als daß die Städte dann ihre Zustimmung zur Wahl Olavs geben würden. Doch es zeigte sich, daß er von der Hanse weniger zu befürchten hatte, als er anfangs glauben mochte. Wenn die Städte etwa gehofft hatten, daß allein ihr Wort, das Bewußtsein, daß ihre starke Gemeinschaft auf norwegischer Seite stand, die Furcht vor ihrer Flotte, die die Ostsee beherrschte, den Herzog zum Nachgeben bewegen würde, so hatten sie sich getäuscht; der Grevesmühlener Bund war auch für die Hanse eine Drohung. Zwar, wenn die im zweiten Kriege gegen Waldemar Atterdag so siegreich vertretene Gleichgewichtspolitik kraftvoll weitergeführt werden sollte, mußten die Städte alles dafür einsetzen, daß die Reiche von Dänemark und Norwegen vereinigt würden und der mecklenburgischen, auf Schweden und das deutsche Stammland gestützten Macht die Wage hielten, aber die Dinge lagen jetzt ganz anders als im Jahre 1369. Damals, als Herzog Albrecht von allen Seiten bedrängt war, hatten die leitenden hansischen Männer ihr Ziel nicht durch den Kampf, sondern durch das Aufgeben des Kampfes, durch den einseitigen Friedensschluß erreicht. Jetzt konnte eine energische Parteinahme für Olav gefährlich werden, die Hanse in den Krieg verstricken. Zu den Waffen aber griffen die friedliebenden Kaufleute an der Trave wie in den übrigen Städten allezeit sehr ungern; zumal in diesem Augenblicke wollten sie sich nicht darauf einlassen, weil neue schwere Kriegsjahre den Anstoß zu einem allgemeinen Klassenkampfe in den Städten geben konnten, zu Aufständen der Zünfte, deren Regewerden man spürte, die in Lübeck selbst Ende 1374 gegen den Rat gemurrt hatten und gerade noch beschwichtigt worden waren 38 ). Auch die peinliche Lage von Rostock und Wismar mußte lähmend auf die Hanse wirken. Dazu war es nicht umsonst gewesen, daß Albrecht Karl IV. ersucht hatte, noch einmal seinen Einfluß auf Lübeck geltend zu machen. Gegen Ende Januar 1376 empfing der Rat einen Brief vom Kaiser aus Böhmen. Darin erklärte Karl, daß er die ihm befreundeten Mecklenburger nicht verlassen, sondern ihnen helfen wolle, und gebot der Stadt "ernstlich bei seiner Huld", die Königin von Norwegen nicht zu unterstützen, Herzog Albrecht und seinem Enkel, der allein Anrecht aus die Krone habe, nichts in den Weg zu legen. Wann tetet ir wider sie . . ., daz were ouch wider uns getan 39 ). Eine so deutliche Sprache konnte auf den
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Rat der Reichsstadt, der stets Wert auf ein gutes Verhältnis zu Karl IV. gelegt hatte, nicht ohne Eindruck bleiben. - Das wichtige, aber gefährliche Recht, das sich die Hansen durch den Stralsunder Frieden geschaffen hatten, war ihnen jetzt unheimlich.
Unterdessen warb Herzog Albrecht rastlos für seine Sache. Eine Reihe von dänischen Adligen deutscher Abkunft erkannte Ingeborgs Sohn als König an, darunter Mathias Ketelholdt, dem am 14. Februar die Bezirke Vaalse und Egensee auf Falster im voraus verpfändet wurden; aus der Bestimmung, daß er bis zum 25. Juli in den Besitz der Güter gesetzt werden sollte, läßt sich erkennen, daß der Herzog den Krieg in der Zwischenzeit zu eröffnen gedachte 40 ).
Da er sich aber vorher die bewaffnete Hilfe des
Kaisers sichern wollte, eilte er nach Böhmen.
Hier wurde am 4. März 1376 in Eger die
Freundschaft zwischen den Häusern von Luxemburg
und Mecklenburg noch fester geknüpft durch die
Verlobung des Markgrafen Johann, des Kaisers
Sohn, mit Euphemia, der Tochter des Herzogs
Magnus
41
). Würde diese
Ehe verhindert
42
), so sollte
Johann die jüngste Tochter des Schwedenkönigs
oder eine andere Enkelin Albrechts heiraten.
Natürlich war Karl auch diesmal auf seinen
Vorteil bedacht; die märkischen Pfandschaften,
die er so ungern in mecklenburgischer Hand sah,
sollten Mitgift sein und bis Michaelis
ausgeliefert werden
43
). Albrecht
übernahm es, seinen Bruder abzufinden
44
). Wohl hierzu wurde ihm eine
Anleihe von 6000
Brand. Silbers gewährt
45
). - Es war
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also recht teuer erkauft, daß der Kaiser nochmals ausdrücklich Beistand im Thronstreite versprach.
Wahrscheinlich war der Herzog schon wieder zurückgekehrt, als am 23. März in Stralsund - nicht, wie anfangs verabredet war, in Lübeck - der Hansetag stattfand. Gesandte Albrechts und des für Olav werbenden dänischen Reichsrates waren erschienen. Da aber von den preußischen Städten nicht eine einzige vertreten war, von den süderseeischen nur Kampen einen, wohl nicht bevollmächtigten 46 ) Abgeordneten geschickt hatte, wurde die Entscheidung über die Thronfrage bis zum 18. Mai vertagt. Die Sendboten von Rostock und Wismar zogen diesen Beschluß an ihren Rat 47 ). Es war den wendischen Hansen recht willkommen, daß ihnen durch das Verhalten der Preußen und Niederländer Gelegenheit gegeben wurde, noch zwei Monate Zeit zu gewinnen. Sie sahen ja, daß die große norwegische Partei im strittigen Reiche hansische Politik machte, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß sie den dänischen Gesandten heimlich einen Wink gaben, die Wahl Olavs ohne vorhergehende formelle Zustimmung der Städte zu vollziehen 48 ). Jedenfalls hofften sie, daß dies geschehen würde, und auch wenn sie ihren Wunsch nicht leise andeuteten, konnte er sehr wohl erfüllt werden, da man in Dänemark zweifellos wußte, daß die Erhebung von Margaretas Sohn dem Verlangen der Hanse entsprach. Wenn die Städte sich erst nachträglich einverstanden erklärten, so war das für sie weit ungefährlicher, als wenn sie sich vorher offen äußerten; sie bestätigten dann einfach Geschehenes und konnten den Vorwurf zurückweisen, daß sie auf die Wahl des Norwegers hingewirkt hätten. An die Einräumung von Handelsvorteilen konnten sie ihre Zustimmung ja noch immer binden.
Man brauchte nicht viel Scharfsinn, um die Hanse zu durchschauen. Das war keine aktive Politik; die Preußen und Niederländer scheuten den Kampf offenbar so sehr, daß sie taten, als ob die Thronfrage sie gar nicht berühre, und auch die wendischen Städte suchten die Entscheidung zu umgehen. Albrecht wurde die Lage klar, immer höher stieg sein Vertrauen, daß er den Kampf eröffnen könne, ohne einen Angriff der Städte befürchten zu müssen.
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Nicht lange nach dem Hansetage vom März reiste er
mit seinem Sohne Magnus und einem großen Gefolge
aufs neue zum Kaiser. Schon in Eger hatte er mit
Karl IV. verabredet, einander für den dort
zustande gekommenen Ehevertrag bis zum zweiten
Sonntage nach Ostern "mit Eiden, Gelübden
und Briefen und fünfzig Bürgen, Herren, Rittern
und Knechten", Sicherheit zu stellen. Dies
geschah jetzt am 1. Mai zu Weiden in der
Oberpfalz. In den Ehevertrag wurden einige
nähere Bestimmungen aufgenommen; die 6000
, die Albrecht im März geliehen
hatte, wurden zur Mitgift geschlagen
49
). Zugleich
(1. Mai) verpflichtete sich Karl mitsamt seinen
Söhnen noch einmal urkundlich, die Mecklenburger
bei der Erwerbung Dänemarks getreulich zu
unterstützen und alle, die sie durch des
kunigreichs willen van Dennemarcken hindern,
schädigen oder angreifen würden, als ihre
eigenen Feinde zu betrachten, wiederum zu
schädigen und anzugreifen
50
). Am 4. Mai
endlich gab der Kaiser in einem Brief, der
mindestens in zwei Exemplaren ausgefertigt
wurde, die Erklärung ab: wer sich an des . . .
kunig Woldemars eldisten tochter und hertzogen
Heinriches von Mekelimburg son von wegen des . .
. kunigreichs von Dennemarken gehalden hat und
noch halden wirdet oder ym dortzu behulffen ist,
daz der doran recht getan hat und noch t
t, und das ym daz nicht zu
vorkeren ist
51
). Diese Urkunden wollte Albrecht
augenscheinlich mit über die See nehmen.
Während der Herzog noch in Weiden mit Karl IV. verhandelte, wurde auf dem Danehofe zu Slagelse Olav zum dänischen König gewählt (3. Mai). Die Nachricht hiervon kam Albrecht vielleicht nicht ganz unvermutet, doch mußte er sich sagen, daß die Lage für ihn jetzt wesentlich verändert sei; der Umstand, daß bereits ein König gewählt war, erschwerte die Erhebung seines Enkels notwendig. Freilich ließ er den Mut nicht sinken, zögerte aber mit dem Beginne der Feindseligkeiten länger, als er ursprünglich beabsichtigt hatte.
Am 18. Mai 1376 fand, wie beschlossen war, in Stralsund eine hansische Versammlung statt. Albrecht hatte es nicht mehr für nötig gehalten, Gesandte zu schicken. Als Abgeordnete Dänemarks und Norwegens kamen Anders Jakobsson und der Bischof von Roeskilde, um gegen Bestätigung aller hansischen Privilegien
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in beiden Reichen die Anerkennung Olavs nachzusuchen. Da jedoch die preußischen und außer Kampen auch die niederländischen Städte, zu denen die Kunde von der vollzogenen Kur nicht so schnell hatte dringen können, wieder nicht vertreten waren, wurde eine neue Versammlung auf den 24. Juni anberaumt 52 ). Auf dieser endlich erschienen Boten aus dem Ordensland und von der Südersee. Die Anerkennung der Wahl wurde beschlossen 53 ), und, nachdem Mitte August durch die Verträge von Kallundborg und Korsör 54 ) der Friede der Hanse mit Hakon zustande gekommen, die norwegischen Privilegien bestätigt und erweitert, der Stralsunder Friede, abgesehen von den Bestimmungen über die Königswahl und über Warberg 55 ), von Olav erneuert und mit dem großen Siegel versehen war, hieß Margaretas Sohn auch mit formeller Zustimmung der Städte König von Dänemark.
* *
*
Bald darauf eröffnete Albrecht den Krieg. Auch deutsche Fürsten sah er auf Seiten seiner Gegner. Es waren dies Erich von Lauenburg 56 ) und die vier pommerschen Herzöge beider Linien, Wartislav VI. und Bogislav VI. von Wolgast nebst Swantibor und Bogislav VII. von Stettin, mit denen der dänische Reichsrat schon am 8. April 1376 für den zukünftigen König - man wußte, wer damit gemeint war - ein Bündnis geschlossen hatte 57 ). Aber gegen Angriffe auf die mecklenburgischen Gebiete war Albrecht durch die Hilfe der Luxemburger gedeckt. Mißlich war es für ihn, daß die Holsteiner in Schleswig einen sehr heftigen Widerstand gefunden hatten; denn es blieben ihnen deswegen kaum bedeutende Streitkräfte zur Unterstützung Albrechts übrig. Zwar war es ihnen gelungen, eine Reihe der festen Schlösser des Herzogtums zu gewinnen 58 ), aber noch im Sep=
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tember des nächsten Jahres (1377) hatten sie Brodeburg im Sundewitt, Apenrade, Tondern, Zonekyni, Schottburg, Troyeburg nicht in ihrer Hand, ebenso Kegeburg, Sonderburg und Norburg auf Alsen, ganz abgesehen von Langeland 59 ).
Vom Schwedenkönige mußte Albrecht erwarten, daß
er die norwegischen Streitkräfte beschäftigte
und möglichst jeden Zuzug aus Hakons Reich von
Dänemark fernhielt. Der Herzog hatte immer noch
viel Einfluß im Reiche seines Sohnes. Vor allem
sorgte er dafür, daß Frieden zwischen der Krone
und dem Adel herrschte. Noch vor anderthalb
Jahren, im Herbst 1374, war er in Schweden
gewesen, um den Streit zu schlichten, der
entstanden war, weil König Albrecht die Großen
zur Steuerleistung heranziehen wollte. Dieser
Zwist hatte so bedrohliche Formen angenommen,
daß Bo Jonsson, der Führer des Adels, sich nicht
ohne freies Geleit zu Herzog Albrecht und dem
Könige begeben wollte
60
). Im Mai 1375
hatte der Herzog dem durch innere Fehden und
Wirren zerrissenen Reiche wieder Ruhe
verschafft, indem er einen dreijährigen
Landfrieden zustande brachte. Freilich mußten
die Privilegien der Großen anerkannt werden.
Bald darauf erhielt Bo Jonsson das Amt des
Drosten
61
); es war das ein neuer Erfolg
der Adelspartei, ohne Zugeständnisse an sie ging
es einmal nicht ab. Wieder unter Mitwirkung
Albrechts war im Juli 1375 ein Friedensbündnis
zwischen dem Könige und dem livländischen
Ordensmeister geschlossen und zugleich eine
Verständigung über gegenseitige wohlwollende
Neutralität bei Feldzügen gegen Russen und
Letten erreicht worden. - Zu dem mächtigen
Drosten, dem "lieben Bo", scheint der
Herzog in einem erträglichen Verhältnisse
gestanden zu haben. Im Jahre 1375 ließ er sich
von dem überreichen Manne die Summe von 4000
löth.
vorschießen
62
), Ende Juni 1376 hatte er
ihm seine Pfandschaft Nyköping weiter verpfändet
63
), die sich noch 1375 im Besitze
des mecklenburgischen Ritters Raven von Barnekow
findet
64
), und noch
später, vor dem 6. Dezember 1378, zahlte
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Bo eine Schuld Albrechts an den Lübecker Ratsherrn Attendorn, wofür ihm die Gülte in Helsingland vom Herzoge übertragen wurde 65 ).
König Albrecht selber war Feuer und Flamme für die neue Erwerbung seines Hauses und nahm die dänischen Löwen in sein Wappen auf 66 ). Ob freilich seine militärische Kraft dieser Begeisterung entsprach, konnte zweifelhaft sein. Wenigstens war er bisher nicht imstande gewesen, die Übergriffe der Folkunger zurückzuweisen, die die unbedingte Regierungsgewalt über die Gebiete erstrebt hatten, deren Einkünfte Magnus auf Lebenszeit genießen sollte. Noch nachdem sein Vater am 1. Dezember 1374 durch einen Unglücksfall das Leben eingebüßt hatte, hielt Hakon die Lande in Besitz. Hier, im Wetterwinkel am Wenersee, saßen manche seiner Anhänger, so Erich Kettilsson, Knut Algotsson, Ulf Jonsson, die zu den Führern des Aufstandes von 1371 gehört hatten und sich nicht als König Albrechts, sondern als Hakons Vasallen betrachteten 67 ). Da war keine Frage, das Beste im dänischen Thronkampfe mußte der alte Herzog allein verrichten. -
Im September des Jahres 1376 trat Albrecht mit einem "großen Volke" die Fahrt nach Dänemark an 68 ). Er hatte sein
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Aufgebot durch angeworbene Mannschaft verstärkt 69 ), auch kaiserliche Truppen mögen ihn begleitet haben. Schiffe waren ihm vermutlich von Rostock und Wismar, die sich im Frieden von Kallundborg ihre bekannte Ausnahmestellung vorbehalten hatten, geliefert worden. Nach der Landung legte sich der Herzog vor Kopenhagen. Doch bevor es zum Kampfe gekommen war, wurde hier am 21. desselben Monats, also sehr bald, ein Vergleich geschlossen, auf den Albrecht um so eher eingehen mochte, als er trotz seiner bedeutenden Truppenmacht den sicheren Sieg kaum in der Hand hatte 70 ); denn seine holsteinischen Verbündeten waren in Schleswig vollauf beschäftigt, und das Reich, das er gewinnen wollte, konnte eine große kriegerische Kraft entwickeln. Auch war es keineswegs sicher, daß diejenigen Dänen, die die Wahl von Ingeborgs Sohn gewünscht hatten, jetzt alle zu den Mecklenburgern übertreten würden; mancher von ihnen mochte sich mit der einmal geschehenen Erhebung Olavs abfinden.
Der Vertrag 71 ) wurde der Form nach zwischen dem jungen Albrecht auf der einen, Margareta, Olav und allen Einwohnern Dänemarks auf der anderen Seite abgeschlossen, in der Art, daß sich der alte Herzog nebst seinem Sohne Heinrich und einer Reihe mecklenburgischer Mannen sowie mindestens fünfzehn Mitglieder des Reichsrates, nämlich die Bischöfe von Roeskilde und Odensee, Konrad Moltke, Anders Jakobsson, Tuvo Galen und
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andere dafür verbürgten. Es war der Reichsrat, mit dem Albrecht unterhandelte, die mächtige Korporation, gegen die Margareta nur langsam aufkommen konnte.
Der Kopenhagener Vertrag gehört zu den nicht so ganz seltenen diplomatischen Abkommen, die an einem inneren Widerspruche, einer Unklarheit leiden; sie erklärt sich daraus, daß die Parteien im Grunde gar nicht zu einer rechten Einigung gelangten. Es wurde beschlossen, einen Schiedsrichter zu erwählen, ohne daß man sich hätte verständigen können, worüber er denn eigentlich ein Urteil abgeben sollte. Der Herzog wünschte, daß über den Besitz des ganzen Reiches, über die Krone entschieden werde; der Reichsrat dagegen hielt es für die beste Lösung der Streitfrage, wenn man den jungen Albrecht mit einigen dänischen Gebieten abfand, und diese Abfindung, aber sonst nichts, wollte er dem Schiedsgerichte anheimstellen. Da keine Partei der anderen nachgeben, beide aber den Vergleich nicht scheitern lassen wollten, so Suchten sie sich gegenseitig wenigstens möglichst viel Boden abzuringen und den Wortlaut des Vertrages so festzusetzen, daß jede ihn auf ihre Weise auslegen konnte. Es kam dann nur darauf an, wer den Schiedsrichter für seine Auffassung gewinnen würde, und hierin hoffte Albrecht zu siegen. Allerdings, wenn seinem Enkel die Krone zugesprochen wurde, so blieb es immer noch zweiselhaft, ob die Reichsräte sich dem fügen würden. Doch eines hatte der Herzog dann jedenfalls gewonnen, nämlich einen Rechtstitel, den er geltend machen konnte, und der ihm um so wertvoller schien, als er sich über die Anfechtbarkeit der Erbansprüche Rechenschaft ablegen mußte.
Es wurde festgesetzt, daß der junge Mecklenburger bei seinem Rechte und Erbe bleiben solle "an Landen, Schlössern und Leuten und was ihm angestorben sein mag und ist an dem Königreiche Dänemark", ebenso Margareta und Olav bei ihrem Rechte. Das war ein wohlerwogener Satz. Weder hüben noch drüben wollte man sich eine Blöße geben; während der Herzog das Erbrecht seines Enkels betonte, hatten die Dänen offenbar nur das durch die Wahl erworbene Recht im Auge. Über das Recht und Erbe des jungen Mecklenburgers sollte ein Schiedsrichter urteilen. Hierzu wurde der Markgraf von Meißen und, wenn dieser sich nicht bereitfinden lasse, der Burggraf von Nürnberg, der französische oder der ungarische König in Aussicht genommen, alles Persönlichkeiten, die Karl IV., wie der Herzog rechnen durfte, in mecklenburgischem Sinne beeinflussen konnte.
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Binnen eines Vierteljahres nach der Entscheidung sollte Albrechts Enkel erhalten, was ihm zugesprochen sei. Hierfür verpflichteten sich die dänischen Bürgen zu wirken; für den Fall, daß er nach Ablauf der Frist noch nicht im Besitze sei, wollten sie ihm mit Leib, Gut und aller Macht, also mit den Waffen zu seinem Rechte verhelfen. Eine mühsam geformte Bestimmung war es, daß den Dänen ihr freies Wahlrecht nicht geschmälert werden, daß aber ihre letzte Kur dem jungen Mecklenburger nicht zum Schaden oder zum Hindernis gereichen solle unter Vorbehalt dessen, daß Olav "bei seinem Namen bleibe, wozu er gekürt ist". Der mittlere Passus wurde offenbar von Herzog Albrecht, die beiden anderen von den Dänen gefordert. Immerhin blieb es eine recht zweideutige Bestimmung, daß Olav den königlichen "Namen" behalten sollte; es konnte hiernach geschehen, daß er das Reich verlor und nur einen leeren Titel davontrug. Die Reichsräte bezeichneten den Norweger als König, Albrecht dagegen, der ihn ja nicht anerkannte, sprach in seiner Ausfertigung der Urkunde nur von "Herrn Olav, König Hakons Sohn", gab freilich auch seinem Enkel nicht den Königstitel.
Am 10. November, spätestens innerhalb der nächsten acht Tage, sollte eine dänische Gesandtschaft in Mecklenburg eintreffen, um geraden Weges mit dem Herzoge zum Schiedsrichter zu reisen 72 ). Wahrscheinlich kam man überein, den Markgrafen Friedrich von Meißen, der ja in erster Linie in Aussicht genommen war, unterdessen zu verständigen und für das Amt zu gewinnen.
Nach Abschluß dieses Vertrages kehrte der Herzog zurück. Den jungen Fürsten, dessen Sache er vertrat, ließ er ruhig in Dänemark; würde er ihn mit sich genommen haben, so hätte das wie ein Verzicht auf die Krone erscheinen können. Unterwegs litt seine Flotte unter schweren Stürmen; ein nicht geringer Teil der Truppen wurde von der See verschlungen 73 ). -
In der Heimat wartete Albrecht lange vergeblich auf die Ankunft der dänischen Abgeordneten. Die Dinge nahmen eine
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Wendung, die er nicht berücksichtigt hatte, und die er auch fürs erste nicht erkannte. Hätte in dem Kopenhagener Vertrage klar gestanden, es solle über das Reich oder über eine Abfindung entschieden werden, dann wäre daran nicht zu deuteln gewesen. Die Unklarheit der Urkunde aber ließ noch eine andere Auffassung zu, die den ganzen Vertrag illusorisch machte. Eben weil verfügt war, daß der junge Albrecht bei seinem "Rechte und Erbe" bleiben sollte, konnte man erklären, es dürfe ihm gar nichts zu-gesprochen werden, da ein solches Recht nicht bestehe. Dies war offenbar die Auffassung Margaretas, und sie sollte damit in Dänemark langsam aber sicher durchdringen. Sie wollte durchaus eine Abtretung von Gebieten des Landes vermeiden und den Kampf um jeden Preis wagen. Um aber diejenigen Reichsräte, die den Vertrag besiegelt hatten, zu sich herüberzuziehen, brauchte sie Zeit. Manche mögen sich lange gesträubt haben, und zwei von ihnen, Tuvo Galen und Anders Jakobsson, blieben fest. In diesem Ringen der Königin mit dem Reichsrate liegt wohl hauptsächlich der Grund für die von dänischer Seite betriebene Verschleppung des Schiedsgerichts.
Trefflich nutzte Margareta die Zeit. Schon am 26. Oktober schloß sie ein neues Bündnis mit Bogislav VI. von Wolgast 74 ), ebenso am 1. November mit Erich von Lauenburg. Dessen Pfandschlösser Oppensten in Kinds Härad (Westgotland), Laholm und Falkenberg in Südhalland sollten eingelöst werden 75 ); sie waren im Kampfe gegen Schweden von Wert. Und kein Jahr verrann, bis die Lembeks sich von Mecklenburg und Holstein lossagten und in das Lager der Königin übertraten 76 ).
Erst am 9. Januar 1377 erschien eine dänische Gesandtschaft in der Burg zu Schwerin. Sie bestand aus dem Bischof von Ripen, Konrad Moltke und Eberhard Moltke, Johann Andree, einem Lundener und einem Ripener Dekan. Herzog Albrecht eröffnete die Verhandlung, die in seinem Kaminzimmer stattfand, mit der Erklärung, daß die Gesandten viel zu spät eingetroffen seien. Diesen blieb nichts übrig, als die Berechtigung des Vorwurfes zuzugeben, worüber sogleich ein Protokoll aufgesetzt wurde 77 ). Leider wird über den weiteren Verlauf der Unterredung nichts berichtet. Jedenfalls haben sich wegen des
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Schiedsgerichtes Schwierigkeiten erhoben. Es geschah wohl infolge der gespannten Lage, daß sich am 5. Februar Erich von Sachsen und Bogislav von Wolgast, die Verbündeten Margaretas, zu gegenseitigem Schutze verpflichteten, wobei sie den Kampf im Norden in Betracht zogen 78 ).
Doch kam Albrecht vor dem 10. April mit dem Reichsrat überein, in der Zeit um den 24. Juni zu Nyborg, wo dann der dänische Reichstag zusammentrat, neue Verhandlungen zu pflegen. Dem Wunsche seiner Gegner, die Vermittlung der Hanse anzurufen, gab der Herzog nach, da eine solche Vermittlung ohne jede schiedsrichterliche Befugnis ganz ungefährlich war und sich bei der passiven Haltung der Städte auch vermutlich in bescheidenen Grenzen halten würde. Nachdem vielleicht schon vorher eine Werbung an Lübeck oder die nahegelegenen Städte ergangen war, erschienen im Auftrage Albrechts die Ritter Vicko Moltke und Heinrich von Parow auf der hansischen Versammlung, die am 24. Juni in Lübeck stattfand, um die Vermittlung nachzusuchen; eine gleiche Bitte ließ Henning von Putbus aussprechen. Die städtischen Sendboten, wenig angenehm berührt durch die an sie gestellte Zumutung, schickten zwei Rostocker Ratsherren und einen Lübecker Notar nach Dänemark, von denen die ersten als Mecklenburger, der letzte als untergeordnete Persönlichkeit zur Vermittlung nicht gerade geeignet waren. Dazu wurde die Gesandtschaft durch ungünstigen Wind aufgehalten, so daß sie erst nach Beendigung der Verhandlungen eintraf 79 ).
Albrecht fuhr nicht, wie ursprünglich verabredet war, nach Nyborg auf Fünen, sondern ging bei der kleinen Insel Omö, nicht weit von der seeländischen Küste, im großen Belt vor Anker. Der Reichsrat steuerte nach der gegenüber Omö liegenden Insel Agersö, von wo er wahrscheinlich Vertreter zum Herzoge schickte 80 ). Es zeigte sich jetzt, daß auch einige Reichsräte, die Albrecht günstig gesinnt, also wohl ursprünglich für die Wahl
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seines Enkels gewesen waren, nicht mehr für möglich hielten, diesem die Krone zu verschaffen. Sie griffen den Gedanken an eine Abfindung auf und schlugen vor, daß der junge Herzog Langeland, Laaland, Falster und Möen von Olav zu Lehn nehmen sollte unter der Bedingung, daß diese Inseln bis zu seiner Volljährigkeit vom Reichsrat verwaltet 81 ) und, wenn der junge Fürst ohne Erben stürbe, an Dänemark zurückfallen sollten. Dieser Vorschlag wurde offenbar von der Mehrheit des Reichsrates gutgeheißen, so daß man ihn Albrecht unterbreitete. Er nahm nicht an und lehnte nicht ab, sondern wünschte, daß ihm für das Anerbieten durch eine besiegelte Urkunde Gewähr geleistet würde; er wolle sich mit seinem Sohne Heinrich, den Holsteiner Grafen und anderen Freunden beraten. Man darf hieraus nicht folgern, daß er wirklich nicht abgeneigt war, auf das Kompromiß einzugehen. Er wollte sich nur den Anschein geben, als ob er mit einer Abfindung zufrieden sein würde; denn er hoffte vermutlich die Durchführung des Kopenhagener Vergleiches leichter zu erlangen, wenn er die dänische Auffassung des Abkommens anzuerkennen schien. So forderte er zugleich von denjenigen Reichsräten, die sich dafür verbürgt hatten, die Erfüllung des Septembervertrages und schlug ihnen vor, die Vermittlung Karls IV. anzurufen 82 ). In der Tat waren viele bereit, sich mit ihm zum Kaiser zu begeben, der damals in der Mark
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weilte 83 ). Alles blieb noch in der Schwebe, doch ließ der Herzog sich jetzt seinen Enkel durch Konrad Moltke zuführen 84 ), ein Zeichen, daß er ohne viel Vertrauen auf eine friedliche Lösung in die Zukunft sah. Aus dem Zögern der Bürgen konnte er ja den Schluß ziehen, daß sie zu einem Spruche, der dem jungen Albrecht die Krone übertrug, keine gute Miene machen würden. Auf alle Fälle aber wollte er das Schiedsgericht in die Wege geleitet wissen, eben um sich dadurch einen Rechtstitel auf das dänische Reich sichern zu können.
So bestürmte er diejenigen Reichsräte, die ihm nach Mecklenburg folgten, um in seiner Begleitung zum Kaiser zu reisen, mit dem Verlangen, daß sie nach dem Kopenhagener Vertrage handelten. Zwei von ihnen, Tuvo Galen und Anders Jakobsson, waren auch dazu bereit. Am 4. August versprachen sie in Wismar dem jungen Albrecht und an seiner Stelle seinem Großvater und Vater, also seinen Vormündern, treulich ohne Arglist und Einrede mit ganzer Macht und mit allen ihren Freunden, die sie dazu veranlassen könnten, mit allen ihren Festen und Gütern behilflich zu sein, daß er "zu seinem Erbe und Rechte und was ihm angestorben sein mag und ist an dem Königreiche Dänemark komme und dabei bleibe" 85 ). Das waren Worte der Kopenhagener Urkunde; die beiden schonischen Adligen wollten also den Vertrag, wie sie ihn verstanden, innehalten und selbst mit dem Schwerte für die Durchführung eintreten.
Von den Verhandlungen mit Karl IV., die vermutlich zu Arneburg in der Altmark stattfanden, wissen wir nichts Näheres. Doch scheint der Kaiser die Dänen ermahnt zu haben, sich nach dem Septembervergleiche zu richten. Und es war vielleicht eine Folge hiervon, daß sich Konrad Moltke, der auch mit über die See gekommen war, am 14. August - eben zu Arneburg - verpflichtete, sofort nach Dänemark zu fahren, um mit den Reichsräten zu sprechen, "ob sie das Kind lassen wollten bei seinem
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Rechte, da es Recht zu hat". Könne er in Güte nichts durchsetzen, so Wollte er sich zu Michaelis nach Rostock und von dort sogleich mit den Mecklenburgern oder ihren Ratgebern zum Markgrafen von Meißen begeben, um seine Entscheidung zu erbitten, "nach dem Wortlaute der Urkunden, wie die besagen". Und dem Spruche, der dann gefällt werde, wollte sich Moltke mit seinem Sohne Eberhard unterwerfen 86 ). Auch Moltke griff also auf den Kopenhagener Vertrag zurück. Ob er freilich über diesen damals noch ebenso dachte wie Galen und Jakobsson, bleibt zweifelhaft. Wenn ja, so wurde er doch kurz darauf vollständig von Margareta umgestimmt.
Vier Wochen später, am 12. September, lud Karl IV. auf Bitten des Herzogs "als Römischer Kaiser, dem es zukommt, aller Welt Recht zu schaffen", die dänischen Schloßhauptleute vor sein Gericht, weil sie ihre Burgen dem ältesten Enkel Waldemars nicht einräumen wollten, dem das Reich, wie es der tote König besessen habe, zugefallen sei 87 ). Doch blieb diese Aufforderung ohne Folgen, und sie stand in einem gewissen Gegensatze dazu, daß ja nach Albrechts eigenem Willen zunächst das Schiedsgericht in Tätigkeit treten sollte.
Unterdessen war es Margareta gelungen, die Mehrheit der Bürgen, die den Kopenhagener Vergleich besiegelt hatten, wie die Mehrheit des Reichsrates überhaupt zu sich herüberzuziehen. Sie zögerte nicht länger, ihre Karten aufzudecken. Wahrscheinlich gegen Michaelis 1377 - wie Konrad Moltke für seine Person zugesagt hatte - fuhren dänische Gesandte nach Deutschland hinüber. Es waren unter anderen der Bischof von Roeskilde, Konrad Moltke und Konrad Musteke. Sie reisten mit Albrecht nach Leipzig zum Markgrafen Friedrich, der sich bereitfinden ließ, das Richteramt zu übernehmen. Gleich zu Beginn der Verhandlungen aber erklärte Konrad Moltke im Namen seiner Kollegen, die Entscheidung müsse nach dänischem Rechte gefällt werden; mit anderen Worten, er betonte, daß der junge Mecklenburger überhaupt nichts zu fordern habe. Der Einwurf des Herzogs, die Urkunde enthalte keine solche Bedingung, blieb unberücksichtigt; man habe kein anderes Recht gemeint. "So wurde Herzog Albrecht in gutem Glauben von ihnen verraten und betrogen", schreibt der Verfasser der mecklenburgischen Streitschrift in
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hellem Zorn. Es war die Lücke im Kopenhagener Vergleiche, die von Margareta benutzt wurde 88 ).
Die Dinge standen also wieder auf demselben Punkte, auf dem sie im Sommer des vorigen Jahres gestanden hatten. Albrechts Zug nach Dänemark war vergeblich gewesen, das Schiedsgericht vollständig gescheitert. Der Herzog wünschte zwar noch neue Verhandlungen mit dem Reichsrate, bereitete sich aber zugleich auf den Krieg vor. Besonders durch Ehepakten fesselte er eine Reihe neuer Helfer an sich. Schon zu Anfang des Jahres 1377 hatte er sich den Fürsten von Werle=Waren genähert, die so oft unter seinen Gegnern gewesen waren. Sein ältester Sohn, der Herzog Heinrich, hatte sich entschlossen, in zweiter Ehe Mechthild, die Tochter Bernhards von Waren, zu heiraten 89 ). ImAugust folgten Erbverbrüderung und Bündnis, wobei man eine Beteiligung der übrigen werlischen Fürsten in Aussicht nahm 90 ). Verhandlungen, die mit Erich von Sachsen angeknüpft waren, führten im Januar 1378 dazu, daß der Sohn des Lauenburgers mit
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jener Enkelin Albrechts, die ursprünglich den Sohn des Kaisers hatte ehelichen sollen, verlobt wurde. So war Erich der Partei Olavs entfremdet 91 ). - Herzog Albrecht selber, dessen Gattin Euphemia schon vor Jahren gestorben war 92 ), hatte sich mit der Gräfin Adelheid von Hohnstein wiedervermählt 93 ).Im März 1378 ließ er sich von seinem Schwager, dem Grafen Dietrich, und dem Herzoge Albrecht von Braunschweig Kriegshilfe anstatt der Mitgift versprechen. Mit 100 Gewappneten wollten sie ihm ein halbes Jahr lang dienen 94 ).
Diesen deutschen Helfern schlossen sich solche in Dänemark selber an, die neuerdings zu den Mecklenburgern übertraten. Drei Knappen, Jakob Axelsson, Peter und Jesse Duve fuhren nach Rostock hinüber und verpflichteten sich hier am 2. Mai 1378 "König" Albrecht und den Seinen mit ganzer Macht, mit ihren Schlössern, die sie hätten und noch bekommen würden "in dem Kriege, den sie jetzt haben mit dem Königreiche Dänemark" zu dienen. Axelsson wollte zwanzig, Jesse Duve fünfzig Gewappnete stellen. Zur Entschädigung wurden ihnen Gebiete im östlichen Schonen im voraus verpfändet 95 ). Die drei Dänen waren keine verächtlichen Bundesgenossen. Wenn auch Männer wie Tuvo Galen und Jakobsson, die ja von durchaus anderen Gesichtspunkten ausgingen als Albrecht, sich in einem Kampfe, in dem es um die Krone ging, nicht auf seine Seite gestellt hätten, so gab es doch immer noch dänische Adlige, die unbedingt für ihn eintreten wollten. Dazu kam die zweifelhafte Stellung Wartislavs VI. von Pommern=Wolgast, der seit 1377 das Fürstentum Rügen besaß und beabsichtigen mochte, die dänische Lehnshoheit abzuschütteln. Er hatte sich am letzten Bündnisse seines
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Bruders mit den Norwegern nicht mehr beteiligt, und später, im Mai 1381, trat er offen zu den Mecklenburgern über 96 ).
Nicht lange nach dem Leipziger Tage hatte Albrecht neue Verhandlungen mit dem Reichsrate verabredet, die diesmal in Deutschland stattfinden sollten. Doch zögerten die Dänen, wohl weil das Wetter ungünstig war, in See zu gehen. Nur Henning von Putbus und Konrad Moltke machten sich auf die Reise; Putbus fuhr schon am 29. November 1377 von Helsingborg ab, erreichte aber wegen heftiger Stürme sein Ziel erst am 3. Januar 97 ). Beide waren in Stralsund, als dort am 25. Jan. 1378 eine hansische Versammlung abgehalten wurde. Albrecht schickte ihnen Briefe, worin er verlangte, daß der Reichsrat sein Versprechen 98 ) erfülle; auch die städtischen Gesandten ersuchte er, ihn dazu anzuhalten. Putbus und Moltke erklärten, der Reichsrat liege schon zur Uberfahrt bereit. Sie schlossen daran die Bitte, die hansischen Sendboten möchten seine Ankunft abwarten. Diese aber in der Meinung, es würde zu lange dauern, beauftragten Stralsund und Greifswald, mit dem Reichsrate einen Termin zur Unterredung mit Albrecht anzuberaumen. Wenn es von beiden Seiten gewünscht werde, wolle man sich einfinden 99 ). Die gleiche Bedingung stellten die Städte auf dem nächsten Hansetage am 30. Mai; Gesandte von Lübeck, Rostock, Wismar, Stralsund und der Vogt von Kampen sollten dann zugegen sein. Doch wurde wegen der drohenden Kriegsgefahr beschlossen, die vier schonischen Schlösser am 25. Juli in eigene Verwaltung zu nehmen 100 ).
Erst im Juni 1378 und zwar zu Rostock fand die
Unterredung zwischen Albrecht und dem Reichsrate
statt
101
). Nachdem einige Zeit hin und
her verhandelt war, forderte der Herzog endlich
die Hälfte des Reiches für seinen Enkel. Man bot
ihm Laaland, Langeland, Falster und Möen und die
Hälfte von Fünen als Pfand für 30000
102
). Das war eine große
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Summe, aber trotzdem war dieses Anerbieten ungünstiger als der Vorschlag vom Juni des vergangenen Jahres, der doch die Aussicht ließ, daß die vier kleinen Inseln dem mecklenburgischen Hause erhalten blieben 103 ). Albrecht lehnte ab. Bis zum 25. Juli, so wurde beschlossen, sollten die Sachen noch "in Gutem stehen". Dann trennte man sich, wiederum ohne Einverständnis. - Von einer wirklichen Vermittlung der Städte war auch diesmal keine Rede gewesen. Die Sendboten waren zwar zugegen, traten aber nicht aus der Reserve heraus und begnügten sich damit, Wünsche vorzutragen, die den Handel und andere Angelegenheiten der Städte betrafen. Besorgt baten sie den Herzog, er möge beim Schwedenkönige dahin wirken, daß, wenn der Krieg ausbreche, die vier Schlösser und die Kaufleute in Schonen keinen Schaden erlitten. Albrecht versprach es, wollte aber über den Schutz der dänischen Fischer auf dem schonischen Markt, dem Meere und in den Häfen der Städte keine feste Zusage geben 104 ).
Ratlos und planlos stand die Hanse den kommenden Ereignissen gegenüber. Es war doch etwas anderes um die Politik eines Mannes als um die einer Gesellschaft von Städten. In diesem Jahre wollte der Herzog den Krieg noch nicht beginnen, er wünschte noch neue Bundesgenossen zu werben. Doch suchte er schon seit dem Vorjahre seinen Gegnern dadurch Abbruch zu tun, daß er die Seeräuber begünstigte, die in der Ostsee ihr Wesen trieben. Sie waren fast zu einer Macht angewachsen und nützten dem Herzoge durch ihre Angriffe auf die dänischen Küsten und dänische Fahrzeuge, gefährdeten freilich auch den deutschen Handel aufs schwerste. Es war bezeichnend für Albrechts Stellung zu den Piraten, daß sich Rostock und Wismar zu dieser Zeit nicht an der Seebefriedung der Hanse beteiligen wollten 105 ). - Einen großen Erfolg hatte der Herzog Anfang September zu verzeichnen, die Verlobung seines Enkels, des Kronprätendenten, mit der jungen Elisabeth von Sachsen und Lüneburg. Vater
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und Großoheim der Braut, die Herzöge Albrecht und Wenzel, verpflichteten sich zum Beistand mit ganzer Macht und verhießen, mit den Mecklenburgern zu siegen oder zu verderben 106 ).
Im Frühling des folgenden Jahres beabsichtigte Albrecht wahrscheinlich den Feldzug zu eröffnen. Da lief, noch vor Ausbruch des Krieges, eine Kunde durch Norddeutschland und die nordischen Reiche, die wohl nur die hansischen Politiker ebenso aufatmen ließ wie Margareta und ihren Anhang: Herzog Albrecht war am 18. (19.?) Februar 1379, wenig über sechzig Jahre alt, zu Schwerin gestorben 107 ). Damit war dem mecklenburgischen Unternehmen der beherrschende Führer genommen, es verlor sich im Sande, die Koalition, die Albrecht zusammengebracht hatte, löste sich auf, Margareta blieb Siegerin in Dänemark, und zehn Jahre noch, da gewann sie die Schlacht bei Falköping, die dem Schwedenkönige Thron und Freiheit kostete. Über dem Sarge des alten Herzogs erhob sich die Vereinigung der drei nordischen Reiche.
So starb Albrecht im vielleicht bedeutungsvollsten Augenblicke seines Lebens. Dreiundvierzig Jahre lang hatte er regiert. Es war eine Zeit, reich an Erfolgen, aber nicht ohne Fehlschläge; mehr als einmal hat er sich nach hochgespannten Erwartungen ohne Gewinn oder doch mit weit geringerem, als er gehofft hatte, zufrieden geben müssen. In der Niederwerfung des Adels und in deutsch=territorialer Politik bewährte er sich zuerst, und er hat die deutschen Dinge niemals aus den Augen verloren. Es war ein gesundes Machtstreben, den er sich hier hingab. Nur was er auf deutschem Boden errang, blieb schließlich seinem Hause erhalten, neben der Herzogswürde und der Reichsstandschaft das
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Ländchen Fürstenberg, die Grafschaft Schwerin und ein Teil der früheren Grafschaft Dannenberg. Erhalten blieben auch Grabow und Strelitz, die schon der Vater des Herzogs in seiner Hand gehabt hatte, und Arnsberg, alles Besitzungen, die die vom Fürsten Heinrich eingesetzte Vormundschaft für die Dauer sicherte. Die territoriale Entwicklung Mecklenburgs ist durch Albrecht, wenn man von den geistlichen Gebieten absieht, im wesentlichen beschlossen worden. Daß er den Bereich seiner Herrschaft noch weiter nach Süden ausdehnte, hat Karl IV. verhindert. Mit den Grenzen, die beim Tode des Herzogs die deutschen Gebiete der einzelnen Linien von Niklots Hause umfaßten, tritt das mecklenburgische Land in die neuere Geschichte hinüber.
Nicht aber wegen seiner deutschen Erfolge, sondern wegen seiner Taten im Norden hat man Albrecht den Beinamen "der Große" gegeben, den er "mit nicht geringerem Recht trägt als der holsteinische Gerhard" 108 ). In diesen Taten erkennt man die Möglichkeit weltgeschichtlicher Wirkung.
Neben Waldemar Atterdag war Albrecht in den sechziger und siebziger Jahren des vierzehnten Jahrhunderts der mächtigste Mann im Norden. Nur weil Waldemar es duldete, hatte die mecklenburgische Herrschaft in Schweden so schnell begründet werden können, die Überspannung der Politik des Dänenkönigs aber gab Albrecht für eine Zeit die Oberhand. Einst, nach Erich Menveds Tode, war der dänische Einfluß auf Norddeutschland durch des Grafen Gerhard Herrschaft im Inselreiche abgelöst worden. Dann hatte Waldemar Atterdag seinem Vaterlande Freiheit und Stärke zurückgegeben. In den Kriegsjahren 1368 und 1369 aber schienen die Tage Gerhards wiederzukehren Albrecht würde damals zusammen mit den Holsteinern vielleicht wirktich die dänische Monarchie vernichtet haben, wenn nicht der Widerspruch zwischen der fürstlichen Macht= und der lübischen Gleichgewichtspolitik bestanden hätte. Über die Hanse hinweg reichten sich der Herzog und Waldemar Atterdag dann die Hände. Lübecks Rat aber blieb jetzt der ausgemachte, im dänischen Thronstreite freilich kaum noch gefährliche Gegner Albrechts. Und wenn es auch möglich ist, daß dieser, wie Detmar erzählt, im Testament seine Söhne ermahnte, Frieden mit Lübeck zu halten, so entspricht doch der Zusatz: alse hadde he dan; dat hadde
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em sere vromet 109 ), zwar dem lübischen Stolze des Chronisten, aber nicht der Wahrheit. Hätte Albrecht den dänischen Thronstreit siegreich durchfechten dürfen, so würde er dadurch vielleicht zugleich die mecklenburgische Herrschaft in Schweden gesichert haben; so aber blieb sie eine Episode, die im wüsten Raubwesen der Vitalienbrüder wie ein Abenteuer ausklang.
Es war ein Verhängnis, daß sich nach dem Tode des Herzogs niemand fand, der ihn hätte ersetzen können. Von seinen Söhnen ist ihm keiner zu vergleichen, so sehr man die ritterliche Tapferkeit des Schwedenkönigs, die derbe Rechtlichkeit Heinrichs "des Hängers" achten mag. In seinen Mannen hatte er weniger Gehülfen als Werkzeuge gefunden; alle diese Beamten und Feldhauptleute, sie waren nur die getreuen Diener ihres gnädigen Herrn. So wußte niemand die von ihm geschaffene günstige politische Lage auszunutzen. Wären Albrecht nur noch wenige Jahre beschieden gewesen, so ist alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß er seinem Hause eine gefestigte europäische Stellung erkämpft hätte. Mit seinem Leben und Wirken aber ging die Zeit der großen skandinavischen Politik wie die der Ausdehnung auf deutschem Boden für Mecklenburg zu Ende.
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Anlage 1.
Wredenhagen in werlischem Besitz.
Wredenhagen war werlisch gewesen und dann an die Mark gekommen. Zur Zeit des Krieges um Stralsund aber versprachen Erich Menved, Wizlav von Rügen, Erich von Sachsen, Heinrich von Mecklenburg, der Bischof und die Grafen von Schwerin im Rendsburger Vertrage vom 23. März 1316 den Fürsten Nikolaus II., Johann (II.) und Henneke (III.) von Werle, nicht mit Brandenburg Frieden zu schließen, bevor sie den Werlern wieder zum Besitze des Neuen Hauses zu Wredenhagen verholfen hätten (Koppmann M. Jbb. LV S. 215, Stichert, Jahresber. d. Groß. Stadtschule z. Rostock 1896 S. 23, vgl. VI, 3818). Als darauf nach dem Tode Nikolaus' II. die Fürsten Johann II. und Johann III. am 2. Dezember 1316 die werlischen Lande teilten, verabredeten sie, daß sie Land und Haus Neuhaus (= Wredenhagen), wenn sie es zurückerhalten würden, gemeinsam besitzen wollten (Koppmann a. a. O. S. 216, vgl. VI, S. 240). Im Templiner Frieden von 1317 empfing jedoch Fürst Heinrich, ohne daß die den Werlern gegebene Zusage beachtet wurde, von Markgarf Waldemar die Eventualbelehnung mit Wredenhagen und dazu mit Eldenburg, die ihm nach dem Tode des Askaniers beide ausgeliefert wurden (Text S. 6 f.). Am 23. Mai 1329 aber urkundeten Johann II. und Johann III. in Wredenhagen (VIII, 5057), das also wohl in werlischem Besitze war, eine Annahme, die um so gerechtfertigter ist, als Wredenhagen von nun an (die nächste Urkunde, aus der sich ein Besitzverhältnis feststellen läßt, ist allerdings erst vom Jahre 1344) als zu Werle gehörig erscheint. Vermutlich hat noch Fürst Heinrich den Werlern das früher gegebene Versprechen erfüllt und ihnen Wredenhagen abgetreten. Vielleicht ist das 1326 geschehen, als ein neuer Krieg
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zwischen Mecklenburg und der Mark zu entbrennen drohte; damals erscheinen die Werler als Heinrichs Bundesgenossen (Text S. 15 Anm. 10), und es ist möglich, daß sie als Entgelt für ihre Hülfe Wredenhagen erhielten. Sie müssen es dann, wie ja auch 1316 bestimmt war, längere Zeit gemeinsam besessen haben. Bei der Erbverbrüderung zwischen den Fürsten von Mecklenburg und Nikolaus und Bernhard von Werle=Güstrow vom 20. Juli 1344 verfügten die Güstrower über Wredenhaghen half, hus land unde man (IX, 6434). Am 10. Mai 1347 verlieh Nikolaus IV. (Sohn Johanns III.) von Werle=Goldberg einen Teil des Dorfes Babke, der zum Burglehn von Wredenhagen (castrum nostrum) gehörte (X, 6761). Bei der Güstrower Landesteilung vom 14. Juli 1347 ward das Land Wredenhagen (es ist offenbar nur das Recht über eine Hälfte gemeint) mit Röbel, Waren und Penzlin der neuen Warener Linie zugewiesen (X, 6779). Am 1. Februar 1352 urkundete Bernhard von Waren in nostro castro Wredenhaghen (XIII, 7573). Nach XIII, 7771, S. 322 (8. Mai 1353) muß angenommen werden, daß Wredenhagen im gemeinschaftlichen Besitze des Fürsten Nikolaus IV. von Goldberg und Bernhards von Waren war. Am 17. November 1353 urkundete Nikolaus IV. von Goldberg in castro nostro Wredenhaghen (XIII, 7840). Nun aber trat eine Änderung ein. Am 10. März 1362 verpfändete Bernhard von Waren Schloß, Stadt und Land Röbel an Herzog Albrecht von Mecklenburg (XV, 9008), und am Tage vorher verabredeten beide, auf dem Schlosse Wredenhagen Burgfrieden zu halten; jeder sollte über eine Hälfte des Schlosses einen Vogt setzen (XV, 9007). Am 30. Juni 1362 wurde in einem zwischen Herzog Albrecht und Bernhard von Waren über die Bedingungen der Verpfändung Röbels vereinbarten Vertrage bestimmt, daß Bernhards Burgsassen bei ihrem Gute bleiben sollten, dat to borchdeneste lycht tů dem Wredenhagen in der voghedie tů Robbele (XV, S. 204). Nach XV, 9394 (21. September 1365) dagegen gehörte Wredenhagen zu Werle=Goldberg, und zwar wird es zusammen mit Malchow genannt (Umme Malchowen unde Wredenhaghen schal Drewes Vlotowe . . . hůldeghen etc. Andreas Flotow hatte 1354 Malchow als Pfand erhalten; zudem besaßen er und seine Verwandten breve . . uppe dat slot tu Robele unde Wredenhaghen (XIII, 7907 Anm., XV, 9010, vgl. Lisch, M. Jbb. XIII, S. 189); doch ist hier offenbar nur ein Teil des Landes Wredenhagen gemeint. Ich kann mir die Sache nur so vorstellen, daß zwischen dem 17. November 1353
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und dem 10. März 1362 eine Teilung Wredenhagens stattfand, und daß das Schloß mit einem Teile des Landes an Werle=Waren kam und zur Vogtei Röbel gelegt wurde. Der andere, an Werle=Goldberg fallende Teil ward vermutlich mit der Vogtei Malchow vereinigt. Auf weitere Auseinandersetzungen kann ich mich hier nicht einlassen. Auch vermag ich nicht zu entscheiden, wie man sich bei der Rückgabe Wredenhagens an das werlische Haus mit der Mark auseinandergesetzt hat. - Rudloff, Mecklb. Gesch. II, S. 350 gibt Unrichtiges.
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Anlage 2.
Zur Gefangennahme Albrechts durch
den Grafen von Schwarzburg (Arnstadt) im
Jahre 1342.
Die folgende Auseinandersetzung soll als Anmerkung zu dem im Text S. 41 f. Ausgeführten gelten.
Über die Reise, die Albrecht im Auftrage des Königs Magnus an den Hof Ludwigs des Bayern unternahm, über seine Gefangennahme durch den Grafen von Schwarzburg und seine Befreiung handelt Lisch (M. Jbb. XV, S. 43 ff.), indem er das gesamte vorhandene chronikalische und urkundliche Quellenmaterial heranzieht. Es kommen an Quellen in Betracht: Die Schiedsgerichtsurkunde IX, 6212, Detmar § 621, Korner II, § 704 (z. 1341. secundum eron. Obotritorum), Marschalk, Ann. Herulorum etc. (bei Westphalen, Mon. ined. I, Sp. 304 f.) und derselbe, Reimchronik (ebd.), Kap. 67. Die chronikalischen Quellen sind auch genannt IX, 6212 N. Den Grund der Gefangennahme (wegen einer Geldschuld des Fürsten Heinrich) gibt Detmar. Nach der Schiedsgerichtsurkunde sollte der Graf auf die Ersetzung des Schadens, der yme und sinen armen luten von dem von Mekelenburg und den sinen geschehen ist, der doch groz ist nach guter kuntschaft, verzichten (es muß, eben wegen der Detmarstelle, angenommen werden, daß hier mit dem Mecklenburger Heinrich gemeint ist, während sonst in der Urkunde Albrecht als der von Mecklenburg bezeichnet wird). David Franck (Altes und neues Mecklb. VI, S. 130) erzählt ohne Quellenangabe, Graf Günther sei bei Gransee (1316) gefangen worden und habe dem Sohne des Siegers das Lösegeld wieder abpressen wollen. Lisch (S. 46) hält es für möglich, daß der Vater des Grafen damals von Heinrich gefangen sei, und daß deswegen ein alter Groll zwischen ihren Häusern geherrscht habe. Jedoch läßt sich hier nichts Sicheres sagen, da Kirchberg (bei Westphalen IV, S. 812, nach ihm Marschalk, Reimchr., Kap. 58), von acht bei Gransee gefangenen Grafen nur drei mit Namen anführt, unter denen sich der Schwarzburger nicht findet, Francks Hypothese steht überdies zu dem Berichte Detmars im Wider=
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spruche. Wenn Lisch dann weiter meint, daß die Grafen von Schwarzburg, die in jener Zeit den brandenburgischen Markgrafen sehr nahe gestanden hätten, bei den "damals herrschenden unaufhörlichen Reibereien zwischen Mecklenburg und Brandenburg" von den mecklenburgischen Fürsten irgendwie verletzt worden wären, so hat er offenbar die Zeit des Fürsten Heinrich im Auge gehabt; wenigstens war Albrecht mit dem Markgrafen noch nicht in Streit geraten. Es muß unentschieden bleiben, woher die Forderung des Schwarzburgers an Heinrich stammte.
Die Haltung des zweiten Grafen, des Vetters des Arnstädters, ist von Lisch falsch beurteilt worden, weil er eine Stelle der Schiedsgerichtsurkunde mißverstanden hat. Es heißt dort:
. . . greve Gunther, sin (des Arnstädters) vettir, der in (den Arnstädter) vor daz Riche geheischen hat umb die selben sache (die Gefangennahme Albrechts) und in gezigen hat, er habe an daz Riche geraden . . . Lisch bezieht das in verkehrterweise auf Albrecht (denselben von Meckelenburg, wie in dem Nebensatze steht, der das voraufgehende Satzgefüge abschließt) und kommt zu der Ansicht, daß beide Grafen Feinde des Fürsten gewesen seien. Bei der Wiedergabe der Erzählung Marschalks verwechselt dann Lisch die beiden Grafen und weist dem einen die Rolle des anderen zu. Er erklärt es infolgedessen für Sage, daß, wie Marschalk berichtet, der in Erfurt zurückgebliebene Graf, in dem Lisch den Arnstädter erblicken will, der Geleitsmann Albrechts gewesen sein solle. Zu dieser Verwechselung der Grafen ist er offenbar durch eine von ihm angeführte Stelle der Urkunde gekommen, wo von dem Vetter des Arnstädters gesagt wird: want er des (gevenknusses, d. h. Albrechts) ein geleidisman sal sin gewest, eine Stelle, die Lisch, wie man annehmen muß, so aufgefaßt hat, daß dieser Graf es gewesen sei, der (natürlich im Einverständnisse mit dem anderen) Albrecht gefangen und nach Blankenburg geführt habe. Indessen kann schlechterdings keine Rede davon sein, daß man einen Angreifer, der jemand gefangen nimmt und fortführt, als Geleitsmann dieses Gefangenen bezeichnet haben sollte. Und außerdem war ja der Graf, wie wir sahen, mit der Tat seines Vetters durchaus nicht einverstanden. Die genannten Worte der Urkunde sind allerdings unklar, da es jedoch weiter unten heißt: so sullen alle gevangen ledig und loz sin von allen eyden und globedin, wie die geschehen sint von dem von Mecklenburg und sinen frunden, sy sin gevangen oder ungevangen, dem . . . . greven Gunther (dem Arnstädter)
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oder sinen mannen oder wer sy sint, heimlich oder uffinbar, so kann ich mir die Sache nur so denken, daß der Fürst und einige aus seinem Gefolge gegen das Gelübde, sich wieder zur Haft zu stellen, vorläufig entlassen wurde, und daß der Vetter des Arnstädters nun wieder als sein Geleitsmann auftrat. Eine solche vorläufige Entlassung wäre ja nichts Ungewöhnliches gewesen. In den Ann. Herul. berichtet Marschalk, daß das Gefolge Albrechts schon vor dem Fürsten entlassen sei. Aber es kann dies, wie Lisch (S. 48) bemerkt, nicht in vollem Umfange zutreffen. Allerdings halte ich Lischs Beweisführung für unrichtig, da die Worte der Schiedsgerichtsurkunde: dy derselbe Gunther mit yme (Albrecht) gevangen hat, sich offenbar auf die Gefangennahme und nicht auf eine bestehende Gefangenschaft beziehen. Ich möchte statt dessen auf die schon oben erwähnten Worte hinweisen: sy sin gevangen oder ungevangen.
Es ist möglich, daß Albrecht bei der Fällung des Schiedsspruches in Nürnberg anwesend war; doch könnte er auch erst später dort eingetroffen sein, da ihn sein Weg nach Kärnten zum Kaiser wohl unter allen Umständen über Nürnberg führte, wo er nach Marschalk neu ausgerüstet wurde.
Der Rachezug, den, wie Marschalk berichtet, der Markgraf von Meißen auf kaiserlichen Befehl gegen den Schwarzburger unternommen haben soll, ist wegen des Schiedsgerichtes und der Freundschaft zwischen dem Grafen Günther und den Wittelsbachern ganz unwahrscheinlich.
Die Dauer der Gefangenschaft Albrechts betrug nach Detmar wol en half jar; jedoch war der Fürst noch am 18. Januar in Rostock (IX, 6178 f.) und wurde - meiner Ansicht nach - vor dem 25. Mai (dies Datum trägt die Schiedsgerichtsurkunde) entlassen. Damit erledigt sich auch die Angabe Lischs, daß Albrecht schon im Jahre 1341 (nach dem 27. September) gefangen sei. Die Urkunden vom 18. Januar hat Lisch offenbar nicht gekannt.
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Anlage 3.
Die Chronologie von Albrechts
nordischer Reise im Jahre 1352.
1352 war Albrecht bei Verhandlungen auf Fünen und in Helsingborg zugegen (Text S. 82). Diese Verhandlungen fanden nach der Seeländischen Chronik (Langebek VI, S. 526, zu 1352) vor dem 23. Oktober statt, denn es folgt zum gleichen Jahre die Notiz: Eclipsis Lunae X. Kalend. Novembris. Eine etwas genauere zeitliche Bestimmung ergibt sich aus folgendem. Am 9. August 1352 bestätigte Magnus von Schweden einen Waffenstillstand, den in seinem Namen Albrecht und vier Räte und Mannen des Königs mit Lübeck vereinbart hatten (Text S. 96, Anm. 13); er muß den Herzog also vorher beauftragt haben. Beide Fürsten standen, seitdem Albrecht sich Waldemar angeschlossen hatte, sicherlich in keinem guten Verhältnisse zueinander; doch dürften sie sich in Helsingborg wieder genähert haben (Text S. 96). Demnach, wenn Magnus den Herzog beauftragte, für ihn mit Lübeck zu verhandeln, so hat er das schwerlich vor dem Helsingborger Tage, sondern entweder bei der Zusammenkunft selbst oder später getan. Es müßte also der Helsingborger Kongreß vor dem 9. August stattgefunden haben, die Versammlung auf Fünen natürlich noch früher. Nun urkundete der Herzog seit Anfang 1352 in Deutschland: am 4. März zu Wismar (XIII, 7586 f.), am 26. April ebendort (XIII, 7602, Haftentlassung des Grafen Otto von Schwerin, s. Text S. 77) und am 6. Mai aufs neue in Wismar (XIII, 7610). Dann war er am 18. August, also nach dem Helsingborger Kongresse, in Sternberg (XIII, 7647, Bündnis mit Nikolaus von Güstrow gegen Pommern, s. Text S. 83). Es müßten also Albrechts Reise und damit die Versammlungen entweder vor den 4. März oder zwischen den 4. März und den 26. April oder in die Zeit vom 6. Mai bis vor dem 9. August fallen. Alle diese drei Zeiten sind möglich, auch die erste. Zwar erzählt die Seeländische Chronik gleich zu Anfang der Berichte für das Jahr 1352 vor den Verhandlungen auf Fünen und zu Helsingborg noch folgendes: Waldemar sammelt ein Heer, wartet mehrere (plures) Tage auf günstigen
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Wind zur Überfahrt (nach Fünen), reist dann zu König Magnus nach Örebro und begibt sich über Seeland nach Fünen; aber das alles ließ sich in etwa einem Monat bewerkstelligen. Dann heißt es in der Rostocker Kämmereirechnung vom 22. Februar 1351 bis zum 22. Februar 1352 ziemlich am Schlusse im letzten Sechstel: . . quando servi civitatis equitarunt Wysmer cum Magnopolensi (Albrecht) . . . und . . . quando equitarunt Cropelyn (Kröpelin in Mecklb.) post dominum Magnopolensem, XIII, S. 151. Da jegliche Daten in der Rechnung fehlen, könnten sich diese Notizen auch auf den Januar 1352 oder auf den Dezember 1351 oder einen noch früheren Monat beziehen. Es läßt sich also nichts Sicheres gegen die Zeit vor dem 4. März einwenden.
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Anlage 4.
Wann endete das Nachspiel des
rügischen Krieges? (Zu Text S. 83 f.)
Der Streit, der 1342 zwischen den Häusern von Mecklenburg und Werle auf der einen und Pommern=Wolgast auf der anderen Seite um die Pfandschaften Barth, Grimmen und Tribsees entbrannte, erstreckte sich mit einigen Unterbrechungen durch Jahre. An seiner letzten Phase hatte jedoch Werle=Goldberg keinen Anteil mehr.
Als Beendigung des Krieges, soweit er zwischen Mecklenburg und Wolgast geführt wurde, hat man bisher den Stralsunder Vertrag vom 12. Februar 1354 (XIII, 7890, s. Text S. 85) angesehen. Der Friede ist bereits 1352, und zwar vor dem 25. November, geschlossen, wie aus folgendem hervorgeht.
Im Jahre 1350 hatte Herzog Albrecht noch betont, daß er im Besitze Barths zu bleiben wünsche (Text S. 79). In der Urkunde der mecklenburgischen Landesteilung vom 25. November 1352 (XIII, 7679) aber heißt es: . . . so scole wy hertoghe Albrecht unde hertoghe Johan wedder nach der vorbenomeden paschen (Ostern 1354) to liker redeliker delinghe gan, na rechter erfschedinge, beyde umme dat ghelt van der losinghe tu Bart . . ., dann weiter unten: Och schole wy hertoghe Johan loven de sone den hertoghen van Stetyn, also sich use broder hertoghe Albrecht ghesonet heft mit em, unde scholen se em bebreven. Es ist ohne weiteres einleuchtend, daß in der Zeit zwischen diesen beiden Erklärungen von 1350 und 1352 etwas in der Barther Sache geschehen sein muß. Und dies ist eben die von Waldemar Atterdag 1352 getroffene Entscheidung (Text S. 84). Daran, daß diese Entscheidung wirklich zustande gekommen ist, ist nicht zu zweifeln; denn in einer am Tage des Stralsunder Vertrages ausgestellten
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Urkunde (XIII, 7892) erklären die Wolgaster
ausdrücklich: . . dat wy alle dat sulver, golt
unde pagement, dat nu wy ghegeven und betalet
hebben . . . unde dat unse ratmanne unser stede
vamme Stralessunde unde Gripeswold, dar se ere
breve uppe ghegeven hebben, noch tho sunte
Nicolaus daghe, de negest kumpt in der advente,
. . . betalen scholen van der losinghe weghene
des landes tho Bart, scholen van deme
Stralessund wente in de stat tho Rybbenitze
velighen unde . . . helpen voren, also in des
konighes breve van Denemarken, unses omes,
steyt, den unser vorebenomet ome van
Mekelenborch noch hefth, dar he uns an beyden
syden in vorsonet unde unttwey sproken heft. Die
Summe, die die Wolgaster damals bezahlten,
muß über 3133
Silber betragen haben, vgl. eine
Notiz vom 21. Mai 1354 in der von Albrechts
Kanzler Bertram Behr und dem Propste zu Rehna
aufgestellten Geldrechnung (XIII, S. 531) . . .
de argento domini mei pro terra Bard sibi dato
retinuit dominus nobiscum de argento sepedicto
tria milia marcarum arg. et C et XXXIII marcas
arg. (21. Mai 1354), vgl. auch ebd. S. 527.
Der Stralsunder Vertrag von 1354 ist in der Hauptsache nur ein bei der Zahlung eines Teiles der Lösungssumme geschlossenes Friedens= und Freundschaftsbündnis. Da König Waldemar den Mecklenburgern den Frieden vom Jahre 1352 aufgezwungen hatte, ist der Vertrag nur zu verständlich. Von einer Auseinandersetzung über Barth ist gar nicht die Rede darin, nicht einmal die Höhe der Lösungssumme wird genannt. Von pommerscher Seite wurden Barth und Grimmen als Garanten für den Vertrag bestellt (vgl. dazu XIII, 7893 f., wo Vogt, Rat und Gemeinde von Barth sich zu Albrecht zu halten versprechen, wenn die Herzöge von Wolgast die Bestimmungen des Vertrages nicht erfüllten. - Von Grimmen ist eine gleiche Urkunde nicht erhalten.). Beide waren also schon wieder in pommerscher Hand; möglich auch, daß Barth erst jetzt, nach Zahlung eines Teiles der Lösungssumme, ausgeliefert wurde. Für Grimmen sollte Tribsees eintreten, sobald es wieder an Wolgast gekommen sei. Es war also wohl noch in der Hand der Goldberger, man muß ein besonderes Abkommen zwischen diesen und den Pommernherzögen annehmen. Am 16. Juni 1356 gingen dann der pommersche Hauptmann Swantes Hase und Rat und Gemeinde zu Tribsees eine gleiche Verpflichtung Mecklenburg gegenüber ein wie
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vorher Barth (XIV, 8238 f.) 1 ) - Der Friede zwischen Werle=Güstrow und Wolgast ist vor dem 12. Januar 1354 2 ) geschlossen. Genau läßt er sich ebenso wenig bestimmen wie der zwischen Werle=Goldberg und Wolgast.
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Anlage 5.
Albrechts Itinerar von 1356 - 60,
verbunden mit quellenkritischen Bemerkungen.
Das Itinerar des Herzogs von 1356-60 ist für die Geschichte dieser Jahre ebenso wichtig wie, zum Teil, schwer festzustellen. Es sei deswegen hier im Zusammenhange mit quellenkritischen Bemerkungen wiedergegeben. Nicht alle angeführten Urkunden freilich können als Beweis dafür gelten, daß der Herzog gerade am Tage von deren Ausstellung sich an dem betreffenden Orte aufhielt. Es ist hier von Fall zu Fall zu entscheiden; denn Handlung und Beurkundung brauchen nicht immer zeitlich zusammenzufallen. Jedoch dürfen wir dies im allgemeinen da annehmen, wo keine zwingenden Gründe widersprechen. Solche Urkunden, die zwar nicht von Albrecht ausgestellt sind, deren Inhalt aber zeigt, daß der Herzog zugegen war, sind im Regest wiedergegeben. Da, wo die Anwesenheit als zweifelhaft erscheinen mußte, ist das betreffende Datum eingeklammert worden. Alle Urkundennummern und Seitenzahlen ohne nähere Angaben beziehen sich auf das Mecklenburgische Urkundenbuch XIV.
1356 1356 .
12. Januar, Rostock. A. urkundet (8186).
1. Februar, Rostock. Desgl. (8195, geschehen zu Lenzen).
2. Februar, Wismar. Desgl. (8196).
8. März, Sternberg.
Nikolaus II. von Werle=Güstrow verlobt
seine Tochter Katharina mit Magnus, dem Sohne
Albrechts (8202).
13. März, Rostock. Albrecht urkundet (8205).
Vor 22. Mai, Kiel.
Albrecht bei einem Turnier zugegen. Vgl.
den Brief des Johann Buxtehude an den Rat zu
Stralsund: vobis nichil scio demandare de illo
hastiludio in Kylo facto, nisi quod dominus dux
Magnopolensis fuerat locutus domino regi et
ipsum monuit pro aliquibus. Et sic simili modo
domini comites terre Holtzacie fecerunt. Sed
dominus dux Magnopolensis non amice separavit a
domino rege Danorum. Insuper scitote, quod
dictus dominus rex fuit in Kolinghe die domi=
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nica preterita (22. Mai) . . . (8229, datiert vom 25. Mai ohne Jahr; von Koppmann HR. III, S. 9 zu 1356 angesetzt, was durch die Seeländ. Chronik (Langebek VI, S. 520) bestätigt wird: Parlamentum fuit Kylone, & Waldemarus rex erat ibi (zu 1356). Vgl. Reinhardt S. 235.
7. Juni, Sternberg.
Die Fürsten von Werle schließen mit
Albrecht Hülfs=, Friedens= und
Landfriedensbündnis (8234).
(16. Juni, Marlow.)
Hauptmann, Rat und Gemeinde von Tribsees
geloben, sich zu Albrecht zu halten, wenn die
Herzöge von Wolgast die mit Albrecht
geschlossene Sühne brechen (8238 f.; bezieht
sich auf den Stralsunder Vertrag vom 12. Februar
1354, vgl. Anlage 4).
19. Juni, Wismar. Albrecht urkundet (8240).
25. Juni, Plau. Desgl. (8243, vgl. 8242).
14. Juli, Wismar. Desgl. (8248).
Nach dem 15. August, Lübeck.
Albrecht trifft mit König Waldemar und
zahlreichen norddeutschen Fürsten zusammen
(Detmar § 691, Korner II, § 810 [sec. cron.
Danorum, was bei Korner allerdings nicht viel
sagen will, s. Schwalms Einl. S. XIX]. Korner
berichtet, daß ein allgemeiner Landfriede
vereinbart sei. S. endlich die Seeländ. Chronik
(a. a. O. S. 530): Parlamentum in Lubicke. Vgl.
Reinhardt S. 235.)
5. Oktober, Wismar. Albrecht urkundet (8264).
9. Oktober, Lübeck. Desgl. (8266).
8. Dezember, Rostock. Desgl. (8288).
27. Dezember,
apud Warberg.
Erich
von Schweden verpfändet Albrecht auf 12 Jahre
Skanör und Falsterbo. Zugleich belehnt er
Heinrich und Albrecht, die Söhne des Herzogs,
mit Südhalland nebst den Harden Berge und Nörre
= Åsbo in Schonen (XIII, 8163 f.). Im Meckl.
Urkb. sind beide Urk., die vom 27. Dezember 1356
datiert sind, zum Jahre 1355 angesetzt. Das wäre
ja, wenn man, wie üblich, Weihnachten als
Jahresanfang annimmt, an sich möglich, ist aber
unzulässig. Denn die Verleihungen wurden durch
den Kampf Erichs gegen Bengt Algotson
herbeigeführt, der ins Jahr 1356 fällt.
Entscheidend für diese Datierung ist Erichs
Proklamation gegen Bengt vom 17. Oktober 1356
(Rydberg II, S. 228); vgl. auch Seeländische
Chronik z. J. 1356 (a. a. O. S. 530); Sed orta
est discordia inter ipsum (Algotson) &
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1356
Ericum . . . . Übrigens herrscht in der nordischen Geschichtsschreibung, wie das nicht anders sein kann, kein Zweifel darüber, daß die beiden Urkunden 1356 ausgestellt sind, vgl. auch Rydberg II, 323 f.
1357 1357 .
(14. Januar, Lödöse.)
König Magnus von Schweden und sein Sohn
Erich kompromittieren wegen ihrer Streitigkeiten
auf Herzog Albrecht und Adolf von Holstein (8307).
15. April, Skeninge
(Ostgotland).
Albrecht urkundet (8330).
28. April, Jönköping.
Albrecht und Graf Adolf von Holstein
entscheiden zwischen den Königen Magnus und
Erich (nach Rydberg II, 327 im Auszuge 8334).
1. Mai, Jönköping.
König Magnus weist Herzog Albrecht und
dessen Erben auf 3 Jahre je 4000
schwed. Pfd. an (8336).
(24. Mai, Lund.)
König Erich verspricht Albrecht den
Lehnbrief für dessen Söhne bis zum 6. Oktober
besiegelt zu überliefern (8343).
2. Juli, Rostock. Albrecht urkundet (8355).
25. Juli, Pritzwalk.
Desgl. Ebendort und am gleichen Tage
gelobt Ludwig der Römer, Ingeburg, die seinem
Bruder Otto verlobte Tochter Herzog Albrechts,
selber zu heiraten (8367 f.):
Um diese Zeit begann der Krieg, den Albrecht mit den Grafen Nikolaus und Otto von Tecklenburg und Schwerin um das Erbe des Grafen Otto von Schwerin führte. Die Tecklenburger fanden Unterstützung bei den Herzogen von Lauenbnrg (Bündnis schon am 10. Juli 1356 geschlossen, 8247) und vielleicht damals schon bei deren Verwandten, den Herzögen von Mölln und Bergedorf.
(27. Juli, Lenzen.)
Die von Preen begeben sich zum Kampf um
die Grafschaft Schwerin in Albrechts Dienst
(8369). Ebenso die von Pentz (8370, im Mecklenb.
Urkundenbuch versehentlich von Schwerin
datiert). Lenzen war damals als märkische
Pfandschaft in Albrechts Hand, vgl. Anlage 7.
28. Juli, Sandow (Bistum Havelberg).
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Herzog Rudolf von Sachsen belehnt Albrecht und Magnus, die Söhne Albrechts von Mecklenburg, mit der Grafschaft Schwerin. Zugleich fordert er Mannen und Städte des Landes auf, den beiden Brüdern zu huldigen. Es sind zwei Belehungsurkunden erhalten, eine längere in lateinischer und eine kürzere in deutscher Sprache. In der ersten wird auch dem alten Herzog Albrecht, als dem Vormunde seiner Söhne, die Belehnung erteilt (8371 f.).
15. August, Boizenburg.
Wilhelm von Braunschweig=Lüneburg
verbündet sich mit Albrecht von Mecklenburg
gegen die Grafen von Tecklenburg und Schwerin
sowie gegen Erich I. (d. Ä.) und Erich II. (d.
J.) von Lauenburg und ihre Helfer. Auch
kompromittiert er wegen seines Streites mit
Johann von Mecklenburg und der zwischen
lüneburgischen und mecklenburgischen (Albrechts)
Mannen bestehenden Streitigkeiten auf den Grafen
Klaus von Holstein (8377 f.).
(20. August, Lenzen.)
Die von Pentz und Dietrich von Wenkstern
bekennen sich mit dem Schlosse Redefin. (wanne
wy en wedder buwen) Herzog Albrecht
lehnspflichtig (8382).
6. September, Doberan.
König Erich von Schweden verbündet sich
mit Heinrich, Nikolaus und Adolf von Holstein
gegen König Waldemar, Bengt Algotsson und deren
Helfer (8389). - Da dieses Bündnis auf
mecklenburgischem Boden geschlossen wurde und
Albrecht in Gemeinschaft mit Erich und den
Holsteinern an dem Kriege teilnahm (s. unten),
ist wohl kein Zweifel, daß der Herzog zugegen
war (vgl. auch Hildebrand, König Magnus und
Schonen S. 332).
11. November, Wismar. Albrecht urkundet (8406).
19. November, Lübeck.
Erich II. von Lauenburg schließt mit
Albrecht und Johann von Mecklenburg einen
Waffenstillstand bis zum 24. November 1357 (8410).
7. Dezember, Doberan. Albrecht urkundet (8420).
1358 .
Das Jahr 1358 ist fast ganz durch die schon 1357 begonnenen Kämpfe mit den Grafen von Tecklenburg und Schwerin ausgefüllt. Weiter führte der Herzog im Bunde mit den Holsteinern und Erich von Schweden gegen König Waldemar Krieg. Ebenso gegen die Herzöge von Sachsen=Lauenburg und
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1358
Sachsen=Mölln=Bergedorf. - Die Kriegserklärung König Erichs und Albrechts ging Waldemar Atterdag am 9. Januar 1358 zu (Seeländ. Chronik, Archiv f. Staats=Kirchengesch. der Herzogt. Schleswig, Holstein, Lauenb. II, S. 215; Schäfer, Waldemar S. 157).
7. Januar, Prag.
Albrecht Zeuge einer Urkunde Karls IV. (8447).
Von Ende Januar bis Ende Juli hielt sich Albrecht hauptsächlich in der Gegend von Schwerin und Wismar auf, wo er den Kampf um die Grafschaft Schwerin selber leitete. Als Quelle kommt für diese Zeit neben Urkunden besonders die Kostenrechnung des mecklenburgischen Ritters Otto von Dewitz (S. 261 bis 280) in Betracht, die wegen eingestreuter Zeit= und Ortsangaben sowie wegen Bemerkungen, bei welcher Gelegenheit das Geld ausgegeben wurde, für die Kenntnis der Ereignisse des Jahres 1358 überhaupt von Wichtigkeit ist. Die Rechnung reicht vom 28. Januar bis Ende 1358 und zerfällt in folgende Teile:
29. Januar.
dominus Otto de Dewetze eum suis dominum
Magnopolensem sequebatur super curiam monachorum
(S. 261). Welches Klostergut gemeint ist, läßt
sich nicht sagen, jedenfalls eines in Mecklenburg.
31. Januar.
versus Godebus (Gadebusch) ultra
processerunt (ebd.).
5. Februar.
Notandum, quod hec guerra dominorum (sc.
guerra, quam ipse [dom. Manopolensis] habuit cum
comite Suerinensi sub anno domini 1358) in
dilaciones et dies securi-
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tatis fuerat posita, quod ipsi domo recesserunt, et hoc feria 2a proxima (5. Febr.) condigebat (S. 262).
25. Februar, Mecklenburg
(bei
Wismar).
dominus Otto venit ad dominum
Magnopolensem in locum dictum Mekelenborch (S. 263).
27. März, Vor Schwerin.
Albrecht urkundet in unsem here vor Zwerin
(8473). Vgl. für diese Zeit drei Notizen über
verausgabte Schoßgelder in der Rostocker
Kämmereirechnung vom 9. Dezember 1357 - 27. März
1358 (S. 228 f.): item in secunda reysa, quando
domini Johannes Tolner et Hinricus Rode
equitaverunt Wismer ad dominum Magnopolensem, IX
mr. Lubic. . . . . item XXIII sol. Lub. Schelen
ante Zwerin bis post dominum Magnopolensem et
quando iacuit in Wismer per IX dies, . . . item
XVIX ma. Lub., quando domini Johannes Tolner et
Hinricus Rode fuerunt in Wysmer ad dominum
Magnopolensem. Diesen Notizen geht vorauf: item,
quando domini Hinricus Frisonis et Arnoldus
Cropelin (eben die Aussteller der Rechnung)
equitaverunt Lubeke. Nun nennt der Rezeß des
Hansetages in Lübeck vom 20. Januar 1358 (HR. I,
212) als Vertreter Rostocks Hermann Vrese (der
also wohl mit dem Heinrich Vrese der
Kämmereirechnung identisch ist) und Arnd
Cropelyn. Demnach fällt der in den drei Notizen
oben erwähnte Aufenthalt von Rostocker Gesandten
bei Herzog Albrecht in die Zeit von Ende Januar
bis Ende März, wo die Kämmereirechnung schließt.
Item notandum, quod feria 5a iam dicta dominus Magnopolensis suos familiares domino Ottoni presentavit, ut eis pabulum daret ( 5. April , wahrscheinlich von der Burg Neu=Schwerin aus, wohin Otto am nächsten Tage aufbrach: item . . . feria 6a dominus Otto cum suis ad castrum novum Swerin processit; S. 265).
13. Mai, Von Schwerin nach Neustadt
(i.
Mecklb.).
dominus Otto a castro Zwerin met
quintus cum domino Magnopolensi usque Nyenstat
equitavit. Ob Albrecht mit zurückritt, bleibt im
folgenden zweifelhaft (S. 267).
In derselben Kostenrechnung (S. 275) heißt es nach einem Absatz: Hec postscripta sunt dampna, que domimis Otto predictus cum suis amicis in ista gwerra accepit.
Primo sagittario Rodolphi Neghendanken I equum . . ., qui sibi ablatus fuerat in quadragesimo, cum dominus
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Magnopolensis personaliter iaghede; und bald darauf: Item I equum, quem personaliter (sc. Otto) anichillavit, cum dominus fugavit, iaghede. Beide Stellen beziehen sich offenbar auf den Schweriner Krieg, heißt es doch in ista gwerra, womit nur der zu Beginn der Kostenrechnung ausdrücklich genannte Feldzug gegen Schwerin gemeint sein kann. Kurz darauf folgt eine Notiz vom 14. September. Da hier aber die damna vom Beginn der Rechnung (28. Januar) an aufgezählt sind, so gewinnen wir zunächst nur das eine, daß diese Kämpfe nach dem 28. Januar und vor den 14. September fallen. Da nun aber Albrecht etwa in der 2. Woche des Augusts Mecklenburg verließ (s. unten), so gehören sie in die Zeit vom 28. Januar bis etwa Anfang August.
20. Juni, Wismar. Albrecht urkundet (8490).
23. Juni, Vor Neustadt.
Desgl. in exercitu nostro ante civitatem
Nyenstad (8494). Die Abrechnung der Rostocker
Kämmereiherren (8495) verzeichnet unter dem 30.
Juni: . . . item L mr. Lubic. dominis Ludolfo de
Godlandia et Johanni de Pomerio ante Zwerin et
XVII s. minus 4 or d. pro precambio. Es folgt
eine Notiz über eine Ausgabe circa Jacobi.
26. Juli, Fähre bei Tribsees
.
Albrecht versöhnt die Markgrafen Ludwig und Otto
von Brandenburg mit den Herzögen Bogislav,
Barnim und Wartislav von Pommern=Wolgast. (Im
Auszuge 8506, vgl. 8507.) Um 26. Juli, Neuenkamp.
In der Kostenrechnung heißt es, nachdem die Berechnung der damna abgeschlossen ist, weiter (S. 277): Item CCC mr. . . . ., quas dominus Otto persolvebat suis amicis, quos dominus Magnopolensis secum habuit, quando iacuit coram Nyencampe (Neuvorpommern), et postmodum misit versus Daciam post regem Dacie, pro perdicione et consumpcione proprie therynghe. Da Neuenkamp (heute Franzburg) nicht weit von Tribsees liegt, mag dieser Aufenthalt des Herzogs und die Absendung einer Truppe für den dänischen Krieg etwa in die Zeit um den 26. Juli fallen, wo Albrechts oben erwähnte Entscheidung zwischen Brandenburg und Pommern=Wolgast erfolgte.
7. August, Wismar. Albrecht urkundet (8508).
Ungefähr 2. Woche des Augusts.
Albrecht begibt sich über
Neustadt
in Holstein und über
Fehmarn
nach Schonen.
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Der Aufenthalt des Herzogs in dieser Zeit ist nicht ganz leicht zu bestimmen. Es sind zu berücksichtigen folgende Stellen der Kostenrechnung:
Nun finden sich in der Rechnung S. 275, kurz vor Aufzählung der Verluste im Schweriner Kriege, folgende Notizen:
Diese letzten beiden Bemerkungen sind in einem kurzen Absatze der Kostenrechnung enthalten, der zwischen Aufstellung der Ausgaben und Verluste im Schweriner Kriege eingeschoben ist. Derselbe Absatz verzeichnet vorher noch drei Ausgaben vom 29. Juli, 24. Juni und 30. September, die sich auf Verproviantierung der Belagerungstruppe vor Schwerin beziehen. Da nun Otto seine Zahlungen, soweit sie den Kampf um die Grafschaft berühren, vorher (S. 261-74) in chronologischer Folge vom 28. Januar bis zum 10. November notiert hat, hat er die erwähnten drei Ausgaben vom 29. Juli, 24. Juni und 30. September offenbar vergessen und dann nachgetragen, als seine Berechnung bis auf die Verluste eigentlich schon abgeschlossen war. Wir gewinnen demnach aus den drei Zeitangaben für die uns hier interessierenden Notizen (oben 2-3) keine Datierung. Daß diese Notizen aus dem Rahmen des Schweriner Krieges herausfallen, geht schon aus der Ortsbezeichnung super Vemern hervor.
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bi us in useme denste vortereden up Schone und upp Vemern und anderswaer upp deme watere.
Da sich der Herzog nun, wie oben festgestellt, Ende Juli in der Gegend von Tribsees und am 7. August vielleicht noch in Wismar aufhielt, er aber, wie gleich gezeigt werden wird, um den 15. August in Schonen war, so muß das oben in den Notizen 1-3 Gesagte ungefähr in die 2. Woche des Augusts gehören, ebenso der in Nr. 4 erwähnte Zug auf Fehmarn. Es ist demnach anzunehmen, daß sich Albrecht von Pommern durch Mecklenburg nach Wismar, von dort, vielleicht zur See durch die Lübecker Bucht, nach Neustadt in Holstein und von hier in Begleitung der Holsteiner Grafen über Fehmarn nach Schonen begeben hat (vgl. auch Lisch, M. Jbb. XVII, S. 115 ff. und danach Reinhardt, Waldemar Atterdag S. 550 Anm. 95).
Für den Aufenthalt Albrechts im Norden sind Quellen:
1. Kostenrechnung: Item, quando rex Dacie iacuit coram Helschenborgh, tunc dominus Otto misit cum domino Magnopolensi Vque viros cum galeis ad dominum Albertum Magnopolensem. Tunc dominus Otto conduxit proprie ene scuthen, cui semper dedit ad quamlibet septimanam III mr. Lub., quam navem, proprie scuthen, habuit a nativitate Marie usque ad IIII septimanas post festum Michahelis (8. September - 27. Oktober). Summa huius extendit se ad XXI mr. Lub. Folgt die Berechnung des Proviants. Dann heißt es weiter: Item consumpserunt XII mr. Lub. in carnibus recentibus et allecibus et piscibus coram Helschenborgh et coram Scone et ubicumque tunc temporis dominus Magnopolensis iacuit. § Tunc dominus Magnopolensis nullum habuit ventum ad navigandum, sed navigavit versus Cøpenhaven. Postmodum dominus Magnopolensis dedit eis cibaria, in quantum indiguerunt, donec venerunt ad terram. . . . . Ultra tunc dominus Magnopolensis dimisit suas naves iacere coram Cøpenhaven et equitavit versus opidum Køyk. § Do vorhuf zyk eyn styk und en storm, dat de scepe dryvende worden; dar dreef de scuthe vor wynde und vor waghe, dar her Otten vrunde er harnesch uppe hadde und er gherede, bed tzo Helsschenborgh.
Dieser Bericht bedarf der näheren Betrachtung. Zunächst ist zu bemerken, daß nur anfangs Herzog Heinrich, dann aber
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immer der Vater genannt wird. Unter dominus Magnopolensis ohne Angabe des Rufnamens ist Herzog Albrecht zu verstehen. Wir hören also folgendes: Heinrich segelt dem Vater nach, den er in Schonen antrifft und dort begleitet. Dann fährt Albrecht nach Kopenhagen, eine Reise, an der sein Sohn wahrscheinlich teilnahm; jedenfalls befand sich die Schute unter den Schiffen des Herzogs. Tunc dominus Magnopolensis dimisit suas naves (natürlich Herzog Albrecht, denn Heinrich hatte keine naves, sondern nur eine Schute) und ritt nach Kjöge.
Da nun die Schute am 8. September gemietet wurde und mit der Fahrt nach Schonen, dem Aufenthalt dort, endlich der Fahrt nach Seeland bei ungünstigem Winde einige Zeit verstreichen mußte, kann die Ankunft in Kopenhagen kaum früher als um den 20. September erfolgt sein.
Lisch (M. Jbb. XVII, S. 117) faßt die Stelle nicht richtig auf. Es ist nicht aus ihr zu schließen, daß Herzog Heinrich durch Unglück sieben Wochen unterwegs war, sondern nur, daß er die Schute solange hatte. Lisch und auch Reinhardt (S. 550 Anm. 95), dem allerdings nur der Auszug bei Lisch und nicht die ganze Kostenrechnung vorlag, haben nicht erkannt, daß in dem Bericht zwischen Herzog Heinrich und Herzog Albrecht unterschieden werden muß. Dagegen scheint Schäfer (S. 160 Anm. 1) dies bereits gesehen zu haben, vgl. auch 8524 n, wo ebenfalls der richtige Zusammenhang angedeutet ist.
2. Seeländische Chronik: Circa festum assumtionis beatae virginis Mariae rex (sc. Waldemarus) reversus Sialandiam (von Jütland) et siluit terra paucis diebus. Magnipolensis aggregato magno exercitu Scaniam intravit, cogitans Sialandiam visitare. Sed rex paratus, eum, si ausus esset procedere, condigne occurrere. Quod ille perpendens desistit a proposito, et unum de illis, qui secum venerant, dirigit ad regem, Barnum scilicet ducem Stetinensem, qui inter ipsos treugavit, et institutum est parlamentum Sundis celebrandum, in quo plures domini duces et comites homagium a rege Waldemaro receperunt. Der hier erwähnte Herzog Barnim ist Barnim IV. [gen.d.J.] von Pommern=Wolgast, Fürst zu Rügen, vgl. Schl.=Holst.=Lauenb. Urks. II, S. 237 und LU. III, S. 320. Albrecht hatte ihn am 26. Juli mit den Markgrafen von Brandenburg versöhnt (s. oben) und zog ihn später im Frieden mit den Grafen von Schwerin und Tecklenburg in die Sühne (S. 367, 1. Dezember 1358).
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Nach der Chronik befand sich Waldemar Mitte August auf Seeland et siluit terra paucis diebus, blieb also nicht lange dort. Nach der Kostenrechnung lag er am 8. September schon wieder coram Helschenborgh. Da nun Albrecht Seeland angreifen wollte zur Zeit, wo der König dort weilte, muß der Herzog etwa
Mitte August
in
Schonen
eingetroffen sein.
Ziehen wir weiter aus den Angaben der
Kostenrechnung die Summe, so erhalten wir für
Albrechts Itinerar folgendes Ergebnis: Der
Herzog kam
um den 20. September
in Kopenhagen an und war gleich darauf in Köge .
Um diese Zeit verlor Albrecht ein Treffen gegen Erich von Lauenburg. Detmar berichtet (§ 702): In deme sulven jare wan hertoge Erik van Sassen enen stryd up deme Jellande deme van Mekelenborch af, wol anderhalf hundert riddere unde knapen; und was binnen ver weken dar na, alse he Plawe wůnnen hadde. Plau wurde, wie Detmar im gleichen Paragraphen vorher erzählt, am 24. August erobert. Beide Berichte, die Gewinnung Plaus und die Schlacht auf dem Yellande, setzt Detmar ins Jahr 1360. Da aber Plau 1358 eingenommen wurde (vgl. Koppmanns Anm. ebd.), so fällt natürlich auch das Treffen in dasselbe Jahr, und zwar muß es etwa um den 20. September stattgefunden haben. Es handelt sich um ein bedeutendes Treffen, da dem mecklenburgischen Herzog an 150 Mann abgefangen wurden. (Lisch a. a. O. S. 118 meint allerdings, daß 150 Ritter und Knappen miteinander gekämpft hätten.)
Es fragt sich nun, was unter Yelland zu verstehen ist. Lisch (M. Jbb. XX, S. 240 f.) setzt es = Seeland. Von seinem Versuch, Yelland = Gelland = Seeland zu fassen, sehe ich hier ab, da er durch Koppmanns Ausführungen in Hans. Geschbl. 1876 S. 172 ff. hinfällig geworden ist; Koppmann weist hier nach, daß Gelland der südliche Teil der schmalen Insel Hiddensee an der Westküste Rügens ist. Yelland kurzab = Seeland zu setzen, ist nun sicher verkehrt, denn Detmar sagt niemals Yelland für Seeland und vor allem niemals uppe deme Selande, sondern uppe Selande und einmal up Zeelande (man schlage die einzelnen Stellen nach dem von Koppmann in Band XXVI der Städtechroniken gegebenen Ortsverzeichnis nach). Koppmann versteht, wie aus seiner Anmerkung zu der Detmarstelle und auch aus dem Ortsverzeichnis hervorgeht, unter Yelland das Gelland
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auf Hiddensee. Schäfer (S. 160 Anm. 1) aber scheint es gewagt, Detmars Yelland als Gelland aufzufassen. Reinhardt (S. 551 Anm. 95) hält es für unmöglich, daß die Schlacht auf dem Gellande geliefert wurde.
In der Tat läßt sich nicht einsehen, wie es in diesem Kriege zu einem Treffen auf Hiddensee hätte kommen sollen. Reinhardt meint auch, es sei nicht anzunehmen, daß die Schlacht auf Seeland stattfand, wofür sich Lisch in irriger Beweisführung entschied. Denn ein solches Treffen hätte, wie Reinhardt richtig betont, die Seeländische Chronik schwerlich unerwähnt gelassen, die gerade für das Jahr 1358 sonst so ausführliche Berichte bringe; überdies spreche die Chronik geradezu dagegen.
Eine einleuchtende Erklärung für das Yelland gibt Wiggers (Gesch. und Urk. der Stadt Gnoien, Gnoien 1855, S. 31, vgl. S. 138 § 8, Anm. 3). Danach soll die Ebene zwischen Krakow und Goldberg, nicht weit von Plau, gemeint sein; der Name des Gutes Jellen erinnere noch heute an die alte Bezeichnung. Es sei der Plan der Mecklenburger gewesen, das von Herzog Erich eroberte Plau zurückzugewinnen, und so sei es in der Nähe davon zur Schlacht gekommen. -
Als allgemeiner Friedensvermittler im Norden trat Barnim von Pommern=Wolgast auf. Zu Helsingborg übernahm er es, zwischen Dänemark und Holstein zu entscheiden, und ebendort wird auch wohl der durch ihn vermittelte, in der Seeländischen Chronik erwähnte Waffenstillstand zwischen Dänemark und Mecklenburg geschlossen sein (vgl. 8524 N., Reinhardt S. 246). Für den Friedensschluß wurde eine Versammlung nach Stralsund anberaumt, die in der Tat Ende Oktober dort abgehalten wurde. Auf ihr kam wahrscheinlich auch eine Sühne zwischen Albrecht und König Waldemar durch Barnims Vermittlung zustande.
Als Ergebnis des Stralsunder Tages findet sich eine Urkunde Herzog Barnims vom 30. Oktober (Schl.=Holst.=Lauenb. Urks. II, S. 237, s. Reinhardt S. 551 Anm. 96), die seinen zwischen Dänemark und Holstein zu Stralsund gefällten Schiedsspruch enthält. Es sollten Sühnebriefe ausgestellt und von jeder Partei besiegelt werden. Hiermit war aber der Friede noch nicht erreicht; denn es ist ein undatierter, jedoch später ausgestellter Brief Barnims an Lübeck erhalten, in dem der Wortlaut einer zweiten Sühne zwischen Dänemark und Holstein mitgeteilt wird (LU. III, S. 320, s. Reinhardt a. a. O.). Die Bestimmungen des ersten Schiedsspruches (gegenseitige Herausgabe
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von Eroberungen und Gefangenen, Vergütung schon vorgenommener Beschatzung Gefangener), finden sich hier wieder, außerdem einige neue Punkte. Zum Schlusse heißt es: Desse sonebreve hebbe wy den heren tů Holsten gheboden, na der tit, dat si de utscrift van den ersten sonebreven vorsproken, unde de wolden se nicht annemen.
In diesem Briefe nun wird berichtet, daß König Waldemar und Herzog Albrecht sich selber geeinigt hätten um die Gefangenen, de wy (Barnim) vor desser tit losgesproken hebben (Reinhardt a. a. O.). Demnach haben Albrecht und Waldemar die Entscheidung Barnims in gegenseitiger Übereinkunft verändert. Die Lossprechung ist offenbar zu Stralsund erfolgt. Daß der Herzog hier anwesend war, macht auch eine Bemerkung der Kostenrechnung S. v. Püschows und R. v. Barnekows wahrscheinlich, denen Albrecht seine Feste Gadebusch anvertraut hatte. Es heißt dort (S. 346, vgl. ebd. N. 1) nach einem Absatz mit einer Notiz vom 26. September: Cum principes in Sundis fuerunt, tunc emuli (die Mannen der Grafen von Tecklenburg und Schwerin, deren Fehde mit Mecklenburg also um diese Zeit noch nicht beigelegt war) spoliaverunt villam Uppal (Upahl bei Grevesmühlen). Welchen Grund hätten die beiden in Albrechts Dienst stehenden Ritter zu dieser Zeitangabe gehabt, wenn nicht der Herzog selber in Stralsund gewesen wäre!
Beiläufig sei zur Klärung der Lage bemerkt, daß wenigstens Graf Johann von Holstein=Plön sich mit Barnims Entscheidung zufrieden gab, vgl. den vor den 31. März 1359 fallenden Brief der Grafen Johann und Adolf an Herzog Albrecht (8589).
Zwischen Ende September und Mitte Oktober.
Die Verhandlungen zu
Helsingborg
müssen etwa in der Zeit von Ende September bis
Mitte Oktober stattgefunden haben. Sie wirkten
natürlich auf den Krieg in Deutschland zurück.
Nach Detmar übernahm es König Waldemar, zwischen
Albrecht und Herzog Erich zu vermitteln. Detmar
berichtet § 702: dar na deghedinghede de konink
van Denemarken Woldemer twisschen hertogen
Alberte van Mekelenborch unde hertoghen Eriken
van Sassen vorbenomet, dat hertoge Erik scholde
deme van Mekelenborch Plawe antworden, unde de
van Mekelenborch scholde em Godebuz weder
antwerden; dat scholde he beholden so langhe,
dat he eme Boytzeneborch
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antwerde. de hertoghe van Sassen antwerde Plawe van sik in des van Mekelenborghe hant; men eme en wart der slote nen, wedder Godebuz edder Boytzeneborch; men deme koninghe wart Helsingheborch dorch desser deghedinghe willen, aldus wart de gude hertoghe Erik van Sassen bedroghen.
Was hier von Helsingborg erzählt wird, gehört ins
Jahr 1360 (s. Anlage 8). An dieser Stelle können
wir es ganz beiseite lassen. - Wie 8524 n
auseinandergesetzt wird, waren neben Erich auch
seine Verbündeten von Mölln=Bergedorf und von
Tecklenburg am Besitze des eroberten Plaus
beteiligt. Am 1. Dezember hatte Albrecht bereits
den Anteil Erichs in seiner Hand und am 7.
erlangte er auch den der Tecklenburger (S. 379).
Am 1. Dezember, im Frieden mit den Grafen von
Tecklenburg, wurde nun bestimmt (S. 365):
Vortmer in hertoghen Albertes deel van Sassen to
Molne, dat he in Plawe heft, wes dar de
vorbenomeden greven umme seghhen tůschen
em und uns, dar schal dat bi bliven; wolde over
de hertoghe van Molne en des nicht hören, so
schole wi mid em und he mid uns in deme slote to
Plawe wissenen und holden enen borchvrede, alse
borchvredes recht is. Diesen Möllner Anteil
kaufte Albrecht dann am 31. März 1359 für 200
löth.
(8591). Da er also zunächst nur
den Anteil Erichs von Lauenburg erhalten hat,
ist Detmars Angabe: de hertoghe van Sassen
antwerde Plawe van sik in des van Mekelenborghe
hant ungenau.
8524 n wird mit Recht betont, daß Gadebusch oder Boizenburg ein zu großer Ersatz für ein Drittel von Plau gewesen sein würde. Vielleicht erklärt sich der hier bei Detmar offenbar vorliegende Irrtum auf folgende Weise. Die erwähnte Kostenrechnung Püschows und Barnekows berichtet S. 343:
19. Oktober, Saxones venerunt Ghodebutze . . . . . 9. November, Saxones equitaverunt de Ghodebutze. Folgen Herbergskosten.
Möglich ist es, daß nach Waldemars Schiedsspruch sofort ganz Plau überliefert werden und Herzog Erich die Zustimmung hierzu von seinen Verbündeten einholen sollte; daß weiter die lauenburgischen Mannen, die vom 19. Oktober bis zum 9. November sich in Gadebusch aufhielten, dorthin gesandt waren, um die Burg in Besitz zu nehmen, während gleichzeitig Plau im Namen Herzog Albrechts besetzt werden sollte; daß aber dieser Plan am Widerstande der lauenburgischen Verbündeten gescheitert ist und infolgedessen natürlich weder Gadebusch noch
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später Boizenburg überliefert wurde. Für Erichs Anteil an Plau mag dann eine andere Sicherheit oder eine sofortige Entschädigung geleistet sein. Jedenfalls findet sich kein urkundlicher Beleg dafür, daß wegen dieser Angelegenheit zwischen Albrecht und Erich ein Streit entstanden wäre. Auch im Helsingborger Vertrage, den beide Fürsten am 10. August 1360 miteinander schlossen, ist von Plau keine Rede. - Wäre diese Erklärung richtig, müßte natürlich Waldemars Vermittlung vor dem 19. Oktober, also wohl schon im Norden zu Helsingborg stattgefunden haben.
Fahren wir jetzt in der Feststellung des Itinerars fort.
Ende Oktober.
Albrecht auf der Stralsunder Versammlung
zugegen (s. oben).
20. November, Wismar.
Albrecht urkundet (8530).
Zwischen 25. und 29. November, Gadebusch.
Die Kostenrechnung Püschows und Barnekows
berichtet S. 344: In die dominica, die Katherine
(25. November) . . . . folgen Proviantkosten. Et
cum Hinricus dux, filius Alberti Magnopolensis,
placitavit cum duce Saxonie in Ghodebutze,
consumpserunt III mr. Item, cum Albertus
Magnopolensis fuit in Ghodebutze, consumpserunt
V mr. Item dominus Ravo de Barnekowe et
Putzekouwe (Püschow) equitaverunt versus
Criwitze et placitaverunt ibi pro captivitatibus
. . . . Gleich darauf zieht die Kostenrechnung
die Summe vom 25. November bis zum 1. Dezember
(Summa XVI. septimane), Albrecht muß also gleich
nach dem 25. November in Gadebusch eingetroffen
sein (nach Rische [Grafschaft Schwerin S. 56] am
26. November; so genau läßt sich aber der Tag
nicht angeben). Vom 29. November datiert eine
vom Herzog zu Wismar ausgestellte Urkunde (s. u.).
Auch zwei Rostocker Ratsherren, Heinrich Vrese und Arnold Kröpelin, waren um diese Zeit in Gadebusch anwesend (Rostocker Kämmereirechnung vom 24. November bis zum 22. März 1359 [S. 363]. Die betreffende Bemerkung muß sich auf diese Zeit beziehen, denn es folgt eine Zahlung pro collectione et reductione machine, que fuit ante Zwerin. Der Friede mit den Tecklenburgern, der der Zeit nach ungefähr mit der Wegführung der Maschine zusammenfallen wird, erfolgte am 1. Dezember.).
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Daß wir es hier mit Friedensverhandlungen zu tun haben, fällt sofort in die Augen. In Gadebusch wird die endgültige Sühne zwischen Albrecht und Erich von Sachsen geschlossen sein, und beide Parteien mögen ihre Verbündeten, wie das ja häufig geschah, mit in den Frieden aufgenommen haben. Jedenfalls besteht zwischen den Gadebuscher Verhandlungen und dem gleich darauf erfolgenden Frieden Albrechts mit den Grafen von Tecklenburg und Schwerin irgend ein Zusammenhang. Zu einer absolut sicheren Darstellung der Verhandlungen von Helsingborg, Stralsund und Gadebusch reichen allerdings unsere Quellen nicht aus.
29. November, Wismar. Albrecht urkundet (8533).
1. Dezember, Schwerin.
Herzog Albrecht und seine Söhne schließen
Frieden, Bündnis und Erbverbrüderung mit dem
Grafen Nikolaus von Tecklenburg und Schwerin und
dessen Sohne Otto. Stadt und Land Schwerin
leisten den Herzögen die Erbhuldigung (8534 f.).
Auch in Boizenburg hielt sich Albrecht in diesen Tagen auf (Kämmereirechnung a. a. O.: quando domini Hinricus Frisonis et Arnoldus Cropelin fuerunt cum domino Magnopolensi in Zwerin et Boyceneborgh; beide vorher in Gabebusch [s. oben]).
4. Dezember, Wittenburg.
Land und Stadt Wittenburg leisten Albrecht
und seinen Söhnen die Erbhuldigung und erhalten
Bestätigung der Privilegien (8537 f.).
7. Dezember, Plüschow
(bei
Grevesmühlen).
Kauf der Grafschaft Schwerin
durch Albrecht und Heinrich von Mecklenburg (8541).
9. Dezember, Wittenburg.
Graf Konrad von Retberg und drei andere
fällen einen Spruch, wonach Albrecht dem Grafen
Nikolaus von Tecklenburg und Schwerin Boizenburg
zu Pfand setzen und die Gräfin Mechthild im
Besitze ihrer Leibgedinge nicht hindern soll (8542).
Die früher erwähnte Kostenrechnung Ottos von Dewitz bringt in ihrem letzten Teile (S. 278/9) Nachrichten von Kriegszügen Albrechts in die Mark, die Ende 1358 vor sich gingen. Es handelt sich hier um eine durch Räubereien hervorgerufene Fehde mit den Grafen von Lindow (vgl. 8455, 8456 mit Note, Lisch, M. Jbb. XVI, S. 176). Ich gehe auf diese Fehde nicht näher ein, weil sie aus dem Rahmen des allgemeinen Krieges herausfällt und ohne politische Bedeutung ist.
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1359 1359.
6. Januar, Rostock. Albrecht urkundet (8557).
9. Januar, Wismar. Desgl. (8558).
11. Januar, Wismar. Desgl. (8560).
27. März, Boizenburg.
Albrecht verhandelt mit Nikolaus und Otto
von Tecklenburg sowie Heinrich und Adolf von
Holstein über die Grafschaft Schwerin (8581 ff.,
s. Anlage 7, S. 282).
31. März, Boizenburg.
Albrecht und die Grafen von Tecklenburg
beurkunden die Überweisung von Landen und
Städten Neustadt, Wittenburg und Schwerin an
Albrecht und seine Söhne (8592 ff.).
Die Herzöge Albrecht und Erich von Mölln und Bergedorf verkaufen Albrecht ihren Anteil an Plau. Albrecht erhält von Herzog Albrecht von Mölln das Versprechen, daß den gefangenen Holsteinern eine Zahlungsfrist bis zum 16. Juni gewährt werden solle (8590 f.).
(31. März, Wismar.) Albrecht urkundet (8596).
14. Mai, Rostock. Desgl. (8609).
17. Mai, Wismar. Desgl. (8610).
19. Mai, Wismar. Desgl. (8612).
(11. Juni, Pritzwalk.)
Ludwig der Römer und Otto, Markgrafen von
Brandenburg, urkunden über einen durch Albrechts
Vermittlung mit den Herzögen von Wolgast
geschlossenen Friedensvertrag, (im Auszuge 8626.)
Durch den erneuten Ausbruch des Krieges zwischen Waldemar Atterdag, den Holsteinern und Erich von Schweden wurde Albrecht wieder auf die Seite seiner alten Verbündeten geführt.
8. Juli, Auf Fehmarn.
Albrecht urkundet wegen Anwerbung von
Soldtruppen (8638). Über den Aufenthalt des
Herzogs auf Fehmarn vgl. die Seeländ. Chronik,
Archiv II, S. 223: Magnopolensis cum comitibus
Holsatiae iterum collecto magno exercitu navali,
naves etiam regis depraedavit, Ymbriam vicit et
castellanos cepit, pluraque oppida et insulas
devastavit, incendit; multos de potioribus
captivavit (1359).
Inzwischen war Erich am 21. Juni gestorben (Hildebrand, Medeltiden S. 236). Albrecht entschloß sich nunmehr, im Bunde mit König Magnus den Krieg gegen Waldemar Atterdag fortzusetzen.
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1359
Anfang August, Albrecht im Norden.
So geht aus einer Urkunde des Lübecker
Domkapitels vom 2. August (XIV, S. 447 Nr. 6)
hervor, worin die Vollmacht des Propstes und
Domherrn Anton von Plessen, der in einem Streit
des Domkapitels mit Herzog Albrecht entscheiden
soll, wegen der Abwesenheit des Herzogs (in
remotis agentis) dahin verlängert wird, daß
Anton binnen Monatsfrist seinen Spruch fällen
solle, wenn der Herzog vor dem 6. Januar 1360
zurückkomme. - Es wird also eine lange
Abwesenheit Albrechts angenommen. Jedoch am 9.
September urkundete der Herzog in dieser Sache
schon wieder zu Schwerin (s. unten).
17. August, Falsterbo.
Magnus von Schweden verbündet sich mit
Albrecht gegen Waldemar von Dänemark (8647).
31. August
Albrecht reist von Falsterbo in die Heimat
ab (Anlage 6).
9. September, Schwerin. Albrecht urkundet (S. 447).
20. September, Schwerin. Desgl. (8659).
21. September, Schwerin. Desgl. (8660).
4. Oktober, Rostock. Desgl. (8666).
23. November, Wismar. Desgl. (8683).
8. Dezember, Schwerin Desgl. S. 448).
27. Dezember, Schwerin. Desgl. (ebd.).
1360.
Nach Reinhardt (S. 262, vgl. S. 555 Anm. 111) hat sich Waldemar Ende 1359 Albrecht genähert. Reinhardt stützt sich hier auf eine Notiz bei Hvitfeld (z. J. 1360), wonach ein Anstand zwischen beiden erfolgt sei. Was es mit dieser Notiz auf sich hat, ist kaum zu entscheiden. Ein Waffenstillstand zwischen Albrecht und Waldemar war wohl schon im August 1359 geschlossen worden, s. Anlage 6.
Reinhardt meint nun weiter, daß Albrecht darauf eine Annäherung zwischen Dänemark und Holstein bewirkt habe. Jedenfalls ist der Herzog bei den Verhandlungen, die Anfang Februar zwischen Dänemark und Holstein und auch zwischen Dänemark und Schweden geführt wurden, nicht unbeteiligt gewesen. Es tagte nämlich am 8. Februar 1360 zu Ripen ein Gesandtschaftskongreß, der von Waldemar, den Holsteinern, König Magnus und Albrecht beschickt war. Für die schwedisch=dänischen Streitigkeiten wurde ein Schiedsgericht eingesetzt. Als Zeuge der hier=
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1360
über aufgenommenen Urkunde 1 ) findet sich Vollrad Lützow, ein um diese Zeit öfter in Albrechts Umgebung erscheinender Mecklenburger, der also der Gesandte des Herzogs gewesen sein wird. Die Einsetzung des Schiedsgerichts blieb jedoch ohne Folgen. - Wegen des dänisch=holsteinischen Streites wurde bestimmt, daß Waldemar und die Grafen nicht lange danach in Kolding zu weiterer Verhandlung zusammenkommen sollten. Könne man sich dann nicht einigen, solle die Entscheidung einem Schiedsgericht überlassen bleiben (Reinhardt S. 262 f.). Von Verhandlungen zu Kolding haben wir keine weitere Kunde. Das eine aber ist sicher, daß es nicht lange darauf auf der Insel Faenö Kalv bei Fünen zu einer Aussöhnung zwischen Waldemar und den Holsteinern kam (Reinhardt S. 263), und zwar haben wir hiervon Kenntnis durch den schon mehrfach erwähnten Vertrag zwischen Albrecht und Waldemar vom 10. August 1360, wo es heißt (Reinhardt S. 555 Anm. 114): Und wat tho Fenecalf tůschen uns koningh Woldemer und den greven van Holzsten tho ener sone deghedinghet wart, wet in der sulven sone nicht vulthogen is, dat vulthee me noch, oft de greven van Holzsten willen, tuschen hir und wynachten, de neghest kůmpt (XIV, S. 621). Da dieser Artikel sich in einem zwischen Waldemar und Albrecht geschlossenen Vertrage findet, ist es wahrscheinlich, daß der Herzog bei der Aussöhnung irgendwie mitgewirkt hat.
19. Februar, Rostock. Albrecht urkundet (8720).
24. Februar, Rostock. Desgl. (S. 451).
9. April, Rostock. Desgl. (8740).
12. April, Rostock. Desgl. (8744).
Zwischen dem 12 April und dem 8. Mai,
Albrecht in Schweden.
Vgl. 8738: 8. April, Stockholm. König
Magnus erteilt Albrecht freies Geleit.
8. Mai, Schwerin. Albrecht urkundet (S. 453).
25. Mai, Schwerin. Desgl. (8752).
27. Juni, Schwerin. Desgl. (8760).
29. Juni, Wismar.
H. v. Bülow stiftet als
Testamentsvollstrecker des Bürgers Janeke mit
dem Dorfe Naschendorf eine Vikarei für die
Kirche zu Grevesmühlen [profitens et deducens
hec omnia et singula ex certa scientia ad
notitiam et presentiam . . . . . domini mei
Alberti ducis Megapolensis etc.] (8762).
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1360
Nach dem 4. Juli, Albrecht bei König Waldemar.
Vgl. den am 4. Juli zu Malmö von Waldemar,
dessen Sohne Christoph und Erich von Sachsen für
Albrecht ausgestellten Geleitsbrief [to us to
komende, bi us to blivende unde van uns wedder
to skepende unde strakes van us bet in ere lant
to Rozstock edder to de Wiszmar to komende ane
geverde] (8764).
6. Juli, Rostock. Albrecht urkundet (8765).
Vor dem 14. Juli, Helsingborg.
Albrecht bei König Magnus (vgl. HR. I, 233
§ 9, Bericht des Rostocker Stadtschreibers: sed
rex Swecie misit cum ipso (Alberto duce) milites
suos (von Helsingborg nach Helsingör).
14. Juli, Helsingör.
Albrecht trifft in Begleitung schwedischer
Ritter mit Waldemar und hansischen Sendboten
zusammen (HR. I, 233 § 9).
15. Juli, Helsingborg.
Daß Albrecht wieder dorthin zurückgekehrt
war, geht aus ebd. § 11 hervor.
23. Juli, Wismar.
Holländische Gesandte urkunden über einen
mit Albrecht geschlossenen Vertrag (8771), s.
Text S. 114.
10. August, Vor Helsingborg.
Albrecht schließt Verträge mit Waldemar
Atterdag und Erich von Lauenburg (8775 f.), s.
Text S. 114 f.
Zwischen 13. und 15. August, Albrecht in Rögnabrö.
Vgl. 8779: 13. August. Graf Erengisle
Sunesson u. a. erteilen im Namen der Könige
Magnus und Hakon dem Herzog Albrecht aus sein
Verlangen freies Geleit (ad nos ad Røgnabro
veniendi pariter et ad Helsingborgh redeundi bis
Sonnenuntergang des 15. August).
Nachdem Koppmann den Brief Bernhards von Bremen (HR. III, 17) zum Jahre 1360 datiert hat, findet sich vielfach die Angabe, daß Albrecht am 31. August von Schonen abgereist sei. Ich möchte den Brief zum Jahre 1359 ansetzen; vgl. Anlage 6.
20. September, Helsingborg.
Albrecht urkundet über eine Schuld von 55
(8788).
(22. September, Schwerin.)
Albrecht urkundet (8789). - Die Zeit von
zwei bis drei Tagen scheint für die Reise von
Helsingborg nach Schwerin reichlich kurz.
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Anlage 6.
Zur Datierung von HR. III, 17 (XIV, 8785).
HR. III, 17 und danach XIV, 8785 ist ein Brief vom 31. August ohne Jahresangabe abgedruckt, den ein gewisser Bernhard von Bremen von Falsterbo aus an Stralsund sandte. Es wird hierin u. a. berichtet, daß die Kaufleute unter mancherlei Räubereien der Holsteiner und Mecklenburger zu leiden hätten, und daß Herzog Albrecht mit den Seinen und den Holsteinern am Tage der Anfertigung des Briefes in die Heimat gefahren sei. Weiter heißt es: Ceterum michi a quibusdam amicis meis secrete revelatum est, quod firme treuge et dies securitatis facte sunt inter regem Dacie, dominum Magnopolensem et Holtzacienses. Quid veritatis extat in premissis, ignoro.
Nach Koppmanns Ansicht gehört der Brief ins Jahr 1360 und bezieht sich der Bericht von einem Waffenstillstand auf den Helsingborger Vertrag vom 10. August dieses Jahres (s. Text S. 114) 1 ). Dem gegenüber möchte ich folgendes bemerken. Nach dem Briefe hatte bis vor kurzem zwischen Mecklenburg und Holstein auf der einen, Dänemark auf der anderen Seite Krieg bestanden. Das war aber 1360 aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Fall. Weiter paßt der Ausdruck firme treuge et dies securitatis nicht auf den Helsingborger Vertrag. Der Brief muß also in einem andern Jahre geschrieben sein.
Die Frage stellt sich zunächst so: In welchen Jahren führte Albrecht im Sommer zusammen mit den Holsteinern gegen Waldemar Atterdag Krieg, und in welchen dieser Jahre könnte der Herzog am 31. August aus dem Norden nach Hause gefahren sein? Das erste war 1358, 1359, 1366-71 der Fall (1365 kommt kaum in Betracht, da Waldemars Angriff auf die Mecklenburger in Schweden wohl erst 1366, oder doch jedenfalls nach dem Wordingborger Frieden vom September 1365 stattfand). Das
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Jahr 1358 scheidet aus, weil Albrecht damals Mitte August im Norden ankam und wenigstens bis gegen Ende September dort blieb (Anlage 5). 1366 schloß der Herzog am 28. Juli mit Waldemar den Vertrag von Alholm; am 20. August urkundete er in Rostock über Anwerbung von Kriegsmannschaften (XVI, 9532) und am 28. September stellte er in Warin eine Urkunde aus (XVI, 9541). Demnach, wenn dieses Jahr in Frage käme und Bernhards Bericht von einem Waffenstillstand auf Wahrheit beruht und nicht etwa - die Möglichkeit gibt er ja selber zu - falsch ist, so müßte man annehmen, daß Albrecht zwischen dem 20. und 31. August nach Norden gereist sei und samt den Holsteinern oder zugleich für diese einen Stillstand mit dem Dänenkönige vereinbart habe. Der Alholmer Vertrag selber könnte jedenfalls in dem Briefe nicht gemeint sein, da er nicht sogleich eine Waffenruhe zur Folge hatte. Erst am 26. September bevollmächtigte König Albrecht Raven Barnekow und Bo Jonsson zum Abschluß einer solchen (Text S. 140). Wollte sich also der Herzog nicht der Möglichkeit, seinen Sohn zu unterstützen, berauben, so hätte er im August nur unter der Bedingung abschließen können, daß der Schwedenkönig dem Stillstandsvertrage beitrete. Wenn nun auch solch ein bedingter Vertrag denkbar ist, so ist trotzdem nicht anzunehmen, daß der Brief in das Jahr 1366 gehört. Die Bedrückungen nämlich, von denen Bernhard redet, und die wohl sicher bei Falsterbo geschahen, deuten darauf hin, daß mecklenburgische und holsteinische Truppen in Schonen standen. Es müßte also - 1366 - auf dänischem Boden gekämpft worden sein, und das ist für eben dieses Jahr wegen der Bedrängnis, in der sich die Mecklenburger damals befanden, sehr unwahrscheinlich. Derselbe Umstand spricht auch gegen 1367 2 ). Die Jahre 1368-71 fallen fort, weil Waldemar in jener Zeit nicht im Norden war.
Bliebe nur 1359 übrig. Für dieses Jahr trifft zunächst zu, daß der Herzog gemeinsam mit den Holsteinern gegen den Dänenkönig im Felde lag. Am 8. Juli 1359 war er auf Fehmarn, am 17. August schloß er zu Falsterbo mit Magnus von
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Schweden ein Bündnis gegen Waldemar, am 9. September urkundete er in Schwerin (Anlage 5). Er könnte also recht wohl am 31. August nach Mecklenburg gereist sein, vermutlich von Falsterbo aus, so daß Bernhards genaue Kenntnis vom Tage der Abfahrt sehr erklärlich wäre. Stimmt nun die Kunde von einem Waffenstillstande mit den Tatsachen überein, so müßte der Vertrag binnen vierzehn Tagen nach dem Bündnis mit Magnus zustande gekommen sein; das ist natürlich möglich, zumal da ja nicht zu wissen ist, ob der schwedische König mit aufgenommen wurde.
Für das Jahr 1359 spricht außerdem besonders folgendes. Wie Bernhard mitteilt, erlaubte Albrecht den Städtern, diejenigen von den mecklenburgischen oder holsteinischen Kriegern, die sie bei Räubereien oder anderen Missetaten ergreifen könnten, bis zu seiner Rückkunft 3 ) festzuhalten. Nun waren Falsterbo und Skanör im Dezember 1356 mit allen Einkünften, Regalien usw. (außer allein dem Abfall vom Heringe), also auch mit der Gerichtsbarkeit vom König Erich an Herzog Albrecht auf zwölf Jahre überlassen worden (Text S. 99); doch hatte er sie nur bis zur Eroberung Schonens durch Waldemar Atterdag im Jahre 1360 inne. Es müßte also, da Bernhards Bericht vermutlich dahin zu ergänzen ist, daß der Herzog die Verbrecher nach seiner Rückkehr selber aburteilen wollte, der Brief in eine Zeit fallen, wo Albrecht die Rechtsprechung in Falsterbo hatte. Und hier kommt eben nur 1359 in Betracht. Dies ist das Jahr, aus dem Bernhards Schreiben stammen muß. - Daß der Herzog nochch einmal nach Schonen zurückkehrte, wäre nach seinem Itinerar für die letzten Monate von 1359 (Anlage 5) nicht ausgeschlossen.
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Anlage 7.
Der Kauf der Grafschaft Schwerin.
(zu Text S. 107 ff.).
Vgl. XIV, 8541. 7. Dezember 1358, Plüschow. - Die
Kaufsumme betrug 20000
löth. Silbers für alle de
herschap und de ghanzen graveschop to Zwerin
1
) mit steden,
huseren, mannen und landen, alse bi namen
Schwerin, Wittenburg, Neustadt, Marnitz, die
Hälfte von Lenzen und alle Ansprüche der Grafen
auf Boizenburg und Crivitz, die beide schon in
mecklenburgischer Hand waren (Text S. 78).
Neustadt und Marnitz waren märkische Lehen,
ebenso Stavenow (s. Text S. 101), das hier nicht
genannt ist, über das aber später von Albrecht
verfügt wurde (XV, 9359). Die zweite Hälfte von
Lenzen war seit 1354 von Ludwig dem Römer an
Albrecht verpfändet (XIII, 8004 f.) und befand
sich noch am 25. Juli 1357 in seinem Besitz
2
). Damals wurde die Pfandsumme
von 3000
auf 2000
herabgesetzt und Ludwig
gestattet, nach seiner Hochzeit mit Ingeborg von
Mecklenburg das Land schon nach Zahlung von 1000
M in Besitz zu nehmen. Aber erst am 28. Januar
1363 wurde Lenzen an Ludwig den Römer und seinen
Bruder zurückgewiesen (XV, 9135, 9169).
Zahlungen für die Grafschaft waren zu leisten in Hamburg, Lüneburg, Lübeck oder Boizenburg und zwar nach Währung der betreffenden Stadt, die die Grafen vier Wochen vorher bestimmen sollten, in Boizenburg nach Lübecker Währung. Die Kaufsumme war in folgenden Raten zu erlegen:
1. 5000
und 150
Zinsen am 17. März 1359,
2. 5000am 6. Dezember 1359,
3. 5000am 6. Dezember 1360,
4. 5000am 6. Dezember 1361.
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Nach Zahlung der ersten und Sicherheitsstellung 3 ) für die zweite Rate sollte die Grafschaft ausgeliefert, für den Rest Boizenburg verpfändet und überdies von Albrecht und Heinrich sowie von den Grafen von Holstein und mecklenburgischen Mannen dafür Bürgschaft geleistet werden. Daß Boizenburg verpfändet, für die Pfandsumme von den Herzögen, den Holsteinern und anderen Bürgschaft geleistet, sowie daß Albrecht der Gräfin Mechthild ihre Leibgedinge garantieren sollte, wurde durch einen Schiedsspruch des Grafen von Retberg, eines Ritters und zweier Knappen festgesetzt (XIV, 8542 und ebd. S. 378).
Am 27. März 1359 wurde die erste Rate in Boizenburg gezahlt. Die Herzöge von Mecklenburg verbürgten sich für Zahlung der zweiten Rate mit sechzig Mannen 4 ), für Zahlung der zwei letzten Raten mit Heinrich und Adolf von Holstein sowie denselben sechzig Bürgen und erklärten, sich mit diesen in Schuldhaft nach dem Schlosse Tecklenburg begeben zu wollen, wenn die Termine nicht innegehalten würden. Die Grafen Nikolaus und Otto quittierten, erklärten die Sicherheit für genügend und waren bereit, vier Wochen nach geschehener Aufforderung die Grafschaft überliefern zu wollen. Auch nahmen sie Boizenburg in Besitz. Bereits am 31. März wurde die Grafschaft übergeben (XIV, 8581 ff. und 8592 ff.).
Von der zweiten Rate wurden am 7. Dezember 1359
2850
zu Lüneburg an die
Bevollmächtigten der Grafen gezahlt, der Rest
von 2150
bis zum 2. Februar 1360 gestundet
(XIV, 8684, 8687, 8693 f.).
Nach dem 6. Februar 1360 wurden wieder 800 M
gezahlt, der Rest von 1350
bis Pfingsten gestundet (XIV,
8711 Anm. und 8715). Am 25. Mai wurden weitere
550
gezahlt, der Rest von nunmehr 800
bis Michaelis gestundet (XIV,
8751), weiter gestundet bis zum 5. November
(XIV, 8794). Dann hörten die Zahlungen auf. Es
war also noch nicht die Hälfte (im ganzen 9200
) der Kaufsumme erlegt
5
). Zu diesem Ergebnisse der
Urkunde stimmt auch der Bericht Detmars, § 688:
. . . . unde betalede (Albrecht) nicht de vische
an deme watere. unde dat sulve ghelt, dat he
scholde utgheven, dat vorhelt he, unde ghaf deme van
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Tekeneborch kume de helfte; unde leghde em dat to, dat he ene wolde vorraden; dar ůmme were he em nichtes plichtich. aldus quam he bi dat land to Swerin.
In dieser Detmarstelle ist der Grund angedeutet, aus dem es endlich zwischen Albrecht und den Tecklenburgern zum Bruche kam. Graf Nikolaus hatte nämlich 1361 die Absicht, sein Pfandrecht über Boizenburg an Lübeck zu übertragen. Da aber Lübeck damals mit Albrecht in Fehde lag, erklärte der Herzog das Beginnen des Tecklenburgers für Verrat und nahm Boizenburg an sich (Text S. 108 f.). Graf Nikolaus erklärte darauf den Kaufvertrag für gebrochen und verlangte die ganze Grafschaft zurück. Ein erstes Schiedsgericht verurteilte den Herzog, Boizenburg wieder auszuliefern (XV, 8847). Ein zweites Schiedsgericht, dessen Spruch der Bischof Heinrich von Hildesheim vor dem 1. Febr. 1362 verkündete, urteilte dahin, daß, nachdem in Erfüllung des Kaufvertrages die erste Rate bezahlt, für die zweite Sicherheit geleistet und für die beiden letzten Boizenburg verpfändet sei, Graf Nikolaus als erster auf die Klageschrift der Gegenpartei zu antworten habe. Umme andere ore schelinge en hebbe we nicht to os ghenomen unde enschedet dar nicht an (XV, 8993). Über die Besetzung der Pfandschaft durch Albrecht glitt also das Gericht hinweg. Eine weitere Entscheidung derselben Richter ist nicht bekannt. Albrecht wandte sich endlich an Innozenz VI., der am 1. Mai 1362 die Sache der Entscheidung des Dompropstes von Minden anheimstellte (XV, 9031). Ein Spruch findet sich auch hier nicht. Der Herzog hatte geklagt, daß die Tecklenburger sich weigerten, ihm die Grafschaft einzuräumen. Da diese aber bereits am 31. März 1359 Lande und Städte an ihn gewiesen hatten, kann es sich wohl nur darum handeln, daß sie jetzt wieder Anspruch auf die ganze Grafschaft erhoben, zumal da inzwischen alle Zahlungen unterblieben waren. Der Streit um Boizenburg trat hinter diesem umfassenderen Anspruch zurück.
Albrecht dachte nicht daran, auch nur Boizenburg wieder auszuliefern. Schon am 20. März 1361 hatte er es an die Sukows verpfändet und ihnen versprochen, es von aller Ansprache und Anfechtung des Grafen von Tecklenburg zu entfreien (XV, 8853). Wenige Monate darauf, am 2. Juni, gab er es wieder drei Herren von Moltke zu Pfand unter der ausdrücklichen Zusage, es ihnen, wenn sie daraus vertrieben würden, binnen Jahresfrist wiederzuverschaffen (XV, 8906, Rische S. 58).
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Risches Ansicht, daß Boizenburg sich 1369 wieder in tecklenburgischem Pfandbesitz befunden haben soll (Gesch. der Grafschaft Schwerin S. 58 f.), kann ich nicht zustimmen. Wenn Otto von Tecklenburg 1369 den Lüneburgern ihre herkömmliche Zollfreiheit in Boizenburg bestätigte (XVI, 9861) 6 ), so erhielten die Bürger dadurch ein Stück Pergament, das ihnen nicht nützte und nicht schadete. Möglich, daß Graf Otto in diesem kriegerischen Jahre mit Hülfe der ihm wohl befreundeten Herzöge von Braunschweig und Lüneburg (vgl. die Kriegserklärung des Herzogs Magnus, Text S. 178) wieder in den Besitz von Boizenburg zu gelangen hoffte. Erreicht hat er dies kaum, denn noch am 19. Juni 1370 (Friede mit Magnus, XVI, 10 070) hatte Albrecht Boizenburg in seiner Hand.
Daß Graf Otto den Lüneburgern jene Urkunde ausstellte, hängt mit folgendem Streite zusammen. Die Freiheit vom Heringszoll, die Lüneburg seit langen Zeiten in Boizenburg zu genießen behauptete, war 1362 von Vicko Moltke, dem Pfandinhaber und mecklenburgischen Vogte zu Boizenburg, angezweifelt worden. Da dieser eine Heringssendung, das Eigentum Lüneburger Bürger, beschlagnahmt hatte, um zunächst Erkundigungen bei seinem Herzog einzuziehen, entspann sich ein Rechtsstreit (vgl. HU. IV, 68 ff.; die Urkunden gehören in die 1. Hälfte des Jahres 1362) und dann eine Fehde zwischen dem Herzog von Lüneburg und Albrecht, deren Führung dieser am 29. Juli 1362 den Moltkes, eben den Inhabern von Boizenburg, und Heinrich von Bülow übertrug (XV, 9078 f.). Eine Beilegung des Streites scheint lange Zeit nicht zustande gekommen zu sein. Erst am 27. Juni 1370 (nach dem Frieden auf dem Kuhsande) teilte der Rat von Boizenburg dem Lüneburger Rate mit, daß die Kaufleute aus Lüneburg bis Michaelis keinen Heringszoll zu entrichten brauchten. Bis dahin sollten die Herzöge die Sache für die Zukunft regeln. So habe der Vogt Vicko Moltke erklärt (XVI, 10 075). Text S. 186.
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Über die Ansprüche, die König Waldemar auf Schonen erhob, die Stellung, die Magnus von Schweden und Herzog Albrecht dazu einnahmen, endlich die Verhandlungen, die im Juli 1360 deswegen stattfanden, habe ich im Text (S. 109 ff.) gesprochen.
Alle Quellen, die für die Übergabe Helsingborgs und Schonens an Waldemar Atterdag in Betracht kommen, hat Rydberg (II, S. 282 ff.) in seiner Auseinandersetzung über dies dunkle Problem der nordischen Geschichte mit großer Sorgfalt herangezogen. Ich will betonen, daß ich den Brief Bernhards von Bremen vom 31. August nicht verwenden kann, da er, wie ich in Anlage 6 entwickelt habe, meiner Ansicht nach ins Jahr 1359 gehört. Damit erledigt sich für mich auch die von Fabrizius (vgl. HR. III, S 12 f.) aufgestellte Ansicht, wonach der in Bernhards Schreiben erwähnte und zugleich mit diesem übersandte Brief Waldemar Atterdags nichts anderes ist als die durch den König an die Städte gerichtete Aufforderung, Schonen vor Ausbruch des Krieges zu verlassen (die Aufforderung [abgedr. HR. I, 232] ist undatiert). Fabrizius, dem Rydberg und Reinhardt gefolgt sind, kommt so notwendig zu dem Schlusse, daß Waldemars Angriff auf Schonen erst in den September falle. Vom Juni bis zum August habe Waldemar "die diplomatischen und militärischen Vorbereitungen" getroffen. Gegen diese Ansicht hat schon Koppmann (HR. III, S. 13, vgl. ebd. Anm. 3) von seinem Standpunkte aus mit Recht formelle und sachliche Bedenken geltend gemacht. Für mich erledigt sie sich, wie gesagt, schon aus anderen Gründen. Schäfer (S. 168 Anm. 1) 1 ) und Koppmann nehmen an, daß Waldemar die Eroberung Schonens
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im Juni 1360 begonnen habe. Jedenfalls kann das spätestens zu Anfang des Julis geschehen sein. Am 4. Juli war der König in Malmö, also bereits in Schonen (Anlage 5), am 9. Juli begann die Belagerung von Helsingborg (Lundener Bistumschronik, Langebek VI, S. 630), und am 17. Juli vor Helsingborg sprach Waldemar in einem Schreiben an die Städte (HU. III, 504) ausdrücklich von seinen Hauptleuten und Mannen, de . . . . nů med us np deme velde ligghen. Wenn er hier weiter erklärt, daß Gott ihm zu seinem Erblande Schonen verholfen habe, so möchte ich allerdings im Gegensatz zu Koppmann und Schäfer annehmen, daß der König hier nicht den tatsächlichen Besitz der Provinz, sondern einen neuen rechtlichen Anspruch (s. unten) im Auge hatte. Ob überhaupt schon vor den Helsingborger Verhandlungen wesentliche Fortschritte in der Okkupation Schonens gemacht worden sind, läßt sich nicht sagen. Nach der Seeländischen Chronik (s. unten) scheint Waldemar den größeren Teil des Landes erst später gewonnen zu haben 2 ).
Am 15. Juli wurde von den beiden Königen Magnus und Waldemar ein Schiedsgericht eingesetzt, das die dänischen Ansprüche auf Schonen und damit auf Helsingborg prüfen sollte. Geschah nun die Übergabe der Feste freiwillig, etwa auf Entscheidung des Schiedsgerichtes, oder durch Verrat? Das ist die uns hier interessierende Frage.
* *
*
Detmar berichtet § 702 (z. J. 1360, s. Anl. 5 S. 270 f.): Am 24. August habe Erich von Sachsen den Mecklenburgern Plau abgewonnen. Darauf habe König Waldemar zwischen Erich und Herzog Albrecht dahin vermittelt, daß Plau an diesen wieder ausgeliefert werden und Erich dafür Gadebusch und statt dessen später Boizenburg erhalten solle. Plau sei dann auch übergeben worden, doch habe Erich weder Gadebusch noch Boizenburg bekommen. men deme koninghe wart Helsingheborch dorch desser deghedinghe willen. aldus wart de gude hertoghe Erik van Sassen bedroghen. - Aus dieser Stelle hat zuerst Korner II, § 824, wo er aus den drei letzten Absätzen des betreffenden Detmarparagraphen ganz willkürlich eine zusammenhängende Erzählung gestaltet, geschlossen, daß es sich hier um ein
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Geschäft zwischen Albrecht und Waldemar handele und der König (quia hanc rem tam subdole practicaverat) für seine Vermittlung Helsingborg von dem Herzog erhalten habe. Wie Albrecht überhaupt in den Besitz Helsingborgs gekommen sei, weiß Korner natürlich nicht zu melden. Wie er urteilte Krantz, Saxonia IX, Kap. 30; da sich aber in der Dania VIII, Kap. 37 eine andere, ebenfalls nur nach Detmar zurechtkonstruierte Auffassung findet, wußte der gelehrte Syndikus offenbar selber nicht, wie die Stelle eigentlich zu verstehen sei. Beide, Korner und Krantz, sind hier lediglich auf Detmar zurückzuführen; was sie mehr bringen als dieser, ist reine Phantasie und zur Beantwortung unserer Frage völlig unbrauchbar.
Ebenso wie Korner und Krantz in der Saxonia sind
moderne schwedische Historiker zu der Ansicht
gekommen, daß Albrecht die Feste an Waldemar
Atterdag überliefert habe. Es schien das ja nur
zu gut vereinbar mit der Tatsache, daß der König
dem Sohne des Herzogs im Jahre 1350 10000
versprochen hatte für den Fall,
daß er durch Albrechts Hülfe Helsingborg
gewinnen würde, weiter mit der Tatsache, daß
nach der Übergabe wirklich von mecklenburgischer
Seite Anspruch auf diese Summe erhoben wurde
(XV, 9085, 9177). Es war zuerst Munch (Bd. VII,
S. 698 ff.), der diese Hypothese vertrat.
Freilich befindet sich seine Darlegung nicht im
Einklang mit einer Stelle der Seeländischen
Chronik, die für die Lösung des Problems von
grundlegender Bedeutung ist. Diese Stelle
(Archiv f. Staats= u. Kirchengesch. d. Herzogt.
Schlesw., Holst., Lauenb., II, S. 225, z. J.
1360) lautet: . . Waldemarus rex congregato
magno exercitu et assumpto filio Christophoro
duce Schaniam manu armata introivit (am 4. Juli
stellten Waldemar, Christoph und Erich von
Sachsen zu Malmö einen Geleitsbrief für Albrecht
aus, waren also bereits in Schonen, s. Anlage
5), et castrum Helsingburg viriliter obsedit
(die Belagerung begann am 9. Juli, s. oben):
tandem veniente Magno, Sveciae rege, videns quod
resistere non valeret sibi, supradictum castrum
multis conditionibus interiectis libere
resignavit, quo obtento munitiones in eadem
terra nobilium violenter
3
) acquisivit (Waldemar).
Hiernach also hat der Schwedenkönig die Feste
freiwillig an Waldemar Atterdag ausgeliefert.
Munch aber stellte im Hinblick auf Detmar,
Körner, Krantz und den Umstand, daß Albrecht
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später jene 10000
von Waldemar forderte, die
Behauptung auf, daß Magnus das Schloß nicht dem
Dänenkönige, sondern dem Herzoge - entweder als
Sicherheit für dessen eigene Forderungen
(Ersetzung von Kriegskosten) oder als dem
unparteiischen Schiedsrichter - übergeben, und
daß erst dieser es an Waldemar - verräterischer
Weise - ausgeliefert habe. Und er hielt es für
möglich, daß mit den Worten multis conditionibus
interiectis der von Detmar berichtete Vertrag
über Plau angedeutet sei. Er nahm also an, daß
der Verfasser der Seeländischen Chronik völlig
verwirrend und falsch berichtet habe. Munch
meinte, daß Magnus kurz nach Einsetzung des
Schiedsgerichts die Feste dem Herzog anvertraut
habe und nach Norden gereist sei (er urkundet am
3. August in Skeninge, am 7. August in
Konnugsnäs, Munch S. 699 Anm. 1, vgl. Koppmann,
HR. I, S. 162 und Rydberg II, S. 286). Die
weiteren Verhandlungen bei Helsingborg hätten
sich nur noch darum gedreht, unter welchen
Bedingungen Albrecht die Burg ausliefern sollte.
Und nachdem man sich in der von Detmar
berichteten Weise geeinigt habe, soll Albrecht,
da er ja am 20. September in Helsingborg war
(Anlage 5), die Nachricht von der Besetzung
Plaus durch seine Mannen abgewartet und endlich
die Burg in aller Stille übergeben haben.
Diese Auffassung machte sich Hildebrand (Sveriges
Medeltid [1350-1521], Stockholm 1879, S. 45) in
allem Wesentlichen zu eigen. Dann aber wies
Rydberg (S. 289 Anm. 3) darauf hin, daß die
Eroberung Plaus und die Vermittlung Waldemars,
von der Detmar erzählt, nach Lischs
Untersuchungen (M. Jbb. XVII, S. 116 ff.) ins
Jahr 1358 gehöre, also mit Helsingborg nichts zu
tun habe. Übrigens müsse Detmars Bericht schon
deswegen Verdacht erregen, weil Erich nicht am
24. August Plau erobern konnte, nachdem er
bereits am 10. August vor Helsingborg einen
Friedensvertrag mit Albrecht geschlossen habe
(vgl. Anlage 5). Rydberg lehnt jeden Verrat des
Herzogs ab. Möglich sei es, daß Albrecht infolge
einer Übereinkunft mit beiden Königen das Schloß
an Waldemar übergeben habe; doch könne die Feste
auch ohne diesen Umweg in die Gewalt des
Dänenkönigs gekommen sein, und der Herzog später
auf Grund seiner sonstigen Beihülfe Anspruch auf
jene 10000
erhoben haben. Detmar berichte ja
auch nicht ausdrücklich, daß Waldemar
Helsingborg direkt von Herzog Albrecht erhielt.
Es hat darauf Hildebrand in seinem Aufsatz
"König Magnus und Schonen" (Hist.
Tidskr. utg. af Sv. Hist. Foren. II, S. 341) den
Bericht Detmars noch mit angeführt, in der
zweiten Bearbeitung der
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Medeltiden (S. 240 f.) dagegen fortgelassen. Er hält es aber weiter für wahrscheinlich, daß Magnus vor seiner Abreise den Befehl über das Schloß an Albrecht, den Hildebrand kurz vorher als Verräter bezeichnet, anvertraut habe. Am 10. August soll sich dann der Herzog zu Waldemar ins Lager vor Helsingborg begeben und mit ihm den bekannten Vertrag geschlossen haben. Hierauf soll er in die Burg zurückgekehrt und dann zum schwedischen Heere nach Rögnabrö gereist sein (vgl. den Geleitsbrief in Anlage 5). Kurze Zeit später soll er die Feste an den Dänenkönig übergeben haben. - Dem gegenüber ist festzustellen, daß die Seeländische Chronik der Ansicht, daß die Burg durch Albrecht ausgeliefert sei, widerspricht, und daß man aus der Detmarstelle nur das eine entnehmen kann, daß der Herzog bei der Übergabe irgendwie beteiligt war, was nicht in Abrede genommen werden soll. Vor allem aber läßt sich feststellen, daß Albrecht überhaupt nicht in Helsingborg blieb, sondern nach Mecklenburg reiste, wo er am 23. Juli, wenn nicht schon etwas früher, zu Wismar mit holländischen Gesandten verhandelte (Anlage 5). König Magnus urkundete zuerst am 3. August außerhalb Schonens, nämlich in Skeninge (Ostgotland), Waldemar fuhr am 19. Juli nach Helsingör hinüber (Gesandtschaftsbericht des Rostocker Stadtschreibers, HR. I, 233 § 13), die beiden Könige und der Herzog haben demnach Helsingborg ungefähr gleichzeitig verlassen. Es ist nicht einmal unmöglich, daß Albrecht der erste war, der abreiste. Jedenfalls ist ausgeschlossen, daß er den Befehl in der Burg übernahm. Als er am 10. August vor Helsingborg jenen Vertrag mit Waldemar Atterdag abschloß, kam er aus Deutschland und nicht aus der Feste. Damit scheint mir die Ansicht Hildebrands widerlegt zu sein.
Wann und auf welche Weise gelangte denn aber Waldemar in den Besitz des Schlosses?
Nach dem Zeugnisse des Rostocker Stadtschreibers erklärte der König am 16. Juli den hansischen Sendboten: Scitote, quod magnificum virum, dominum Magnum, regem Swecie, per placitationes meas accusavi pro aliquibus partibus et articulis, quas et quos ipse negavit. Dictus autem rex Swecie, inductus ad memoriam et veritatem parcium et articulorum dictarum et dictorum per dominum ducem Magnopolensem et per quosdam alios, quibus de veritate articulorum ipsi per nos objectorum constabat, venit predictus rex Swecie de castro hic in claustrum (Quartier Waldemars vor Helsingborg,
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s. Text S. 113) ad me, confitens partes et articulos sibi objectos et objectas esse veras. Ego vero, considerans panem suum hic esse durabiliorem meo pane, causas nostras arbitris commisimus discuciendas. Von jeder Partei seien vier Schiedsrichter ernannt worden; König Magnus habe den Herzog von Mecklenburg und drei andere (darunter einen Anhänger des Magnus und einen solchen des verstorbenen Königs Erich, vgl. Hildebrand S. 240) in das Kollegium berufen (HR. I, 233 § 11).
Es liegt kein Grund vor, an dieser Aussage Waldemar Atterdags zu zweifeln. Zumal über Albrechts Stellung wird der König den Ratmannen von Rostock und Wismar, die sich unter den Sendboten befanden und jeden Tag mit dem Herzog zusammenkommen konnten, nichts Falsches berichtet haben. Wir erfahren also dreierlei:
Diese Erklärung des Dänenkönigs ist neben der Seeländischen Chronik für die Beantwortung der Frage nach der Übergabe Helsingborgs von höchster Bedeutung. Es fällt auf, daß Magnus den Herzog Albrecht, der ihm soeben die Rechtmäßigkeit der dänischen Forderungen vorgehalten hatte, zu einem seiner Schiedsrichter ernannte 4 ). Da er dadurch wissentlich eine Majorität für Waldemar schuf, muß er zur Übergabe von Burg und Land bereit gewesen sein. Und er war es in der Tat. Das Schiedsgericht hatte nur formelle Bedeutung; wie es urteilen würde, mußte und sollte von vornherein klar sein. Nicht damit die Streitfrage erst wirktich gelöst würde, sondern aus anderen Gründen ward ein Spruch herbeigeführt. Magnus wollte sich dahinter gegen alle Vorwürfe
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verschanzen. Und Waldemar wünschte dadurch für den Besitz Schonens eine bessere rechtliche Basis zu gewinnen, als Magnus sie sonst - ohne Zustimmung des schwedischen Reichsrates, die nötig, aber natürlich nicht zu erreichen war - hätte geben können; es sollte also für die fehlende Genehmigung des Reichsrates gewissermaßen ein Ersatz geschaffen werden 5 ).
Wohl möglich, daß Waldemar den Schleier
absichtlich lüftete, um die Städte endgültig zu
sich herüberzuziehen. Für den städtischen Handel
war ja dieser Streit um Schonen von höchster
Bedeutung. Die Hansen wollten sich nicht in den
Krieg hineinziehen lassen; und sie wußten sehr
wohl, daß Waldemar Herr von Schonen werden
würde, die Sendboten hatten ihm schon am 9. Juli
eine Kaufsumme (1000-1200
Lüb.) für die Bestätigung der
Privilegien geboten. Diese Summe war Waldemar zu
klein (Schäfer, Waldemar S. 259 f.); doch hatte
er die Gesandten von Ende Juni an hingehalten,
um sie nicht dem Gegner in die Arme zu treiben.
Denn darauf mußte es ihm ankommen, solange er
mit Magnus nicht einig war. Noch am 15. Juli, am
Tage bevor er die Einsetzung des Schiedsgerichts
mitteilte, hatte er sich um die Freundschaft und
Neutralität der Städte beworben
(Gesandtschaftsbericht § 10, vgl. Höhlbaum HU.
III, 504, Anm. 1).
Dieselben Vorgänge, von denen der Stadtschreiber berichtete, hatte der Verfasser der Seeländischen Chronik (vgl. die oben ausgeschriebene Stelle) vor Augen. Unter den Worten tandem veniente Magno ist das Kommen des Königs von der Burg ins Kloster zu verstehen. Was verbirgt sich nun hinter den vielen Bedingungen (multis conditionibus interiectis), unter denen der Schwedenkönig freiwillig Helsingborg auslieferte? Der Chronist hat hier wie leider auch sonst öfter wichtige Übereinkünfte mit dürftigen oder vielmehr orakelhaften Worten wiedergegeben. Die conditiones mögen zum Teil den promissionibus der Wisbychronik 6 ) entsprechen, und es könnte damit etwa die
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Durchführung der im Kopenhagener Vertrage in Aussicht genommenen Ehe zwischen Hakon, dem Sohne des Magnus, und Margareta von Dänemark gemeint sein 7 ). Daneben aber ist nicht ausgeschlossen, daß unter den condiciones auch das sogenannte Schiedsgericht mit einbegriffen ist. Freilich müßte dann der Chronist über die Sachlage genau unterrichtet gewesen sein, was schon deswegen möglich ist, weil die Rede Waldemars, die einen Schluß auf die wahre Bedeutung des Schiedsgerichtes zuließ, leicht weiteren Kreisen bekannt werden konnte. Doch das mag sein, wie es will, jedenfalls erfahren wir aus der Chronik den wichtigen Umstand, daß Helsingborg freiwillig übergeben wurde. Ebenso erzählen die den Ereignissen gleichfalls zeitlich nahestehenden Annales Danici (Langebek VI, S. 533): Waldemarus optinuit Scaniam in manu forti et castrum Helsingburgh per resignationem Magni. Da nun aber vorher das Schiedsgericht berufen wurde, so ist die freiwillige Auslieferung der Feste höchst wahrscheinlich erfolgt auf Grund einer Entscheidung des Kollegiums der Acht, wonach dem Dänenkönig Schonen und damit Helsingborg zugesprochen wurde. Wenn wir die Chronik und den Gesandtschaftsbericht zusammenhalten, enthüllen sich uns die Dinge in ihrem Kern.
Tagte nun das Schiedsgericht sofort und folgte
die Auslieferung des Schlosses der Entscheidung
auf dem Fuße? Nach der Seeländischen Chronik ist
dies mindestens wahrscheinlich. Der
Gesandtschaftsbericht weiß nichts von einer
Übergabe. In ihm ist aber nur auf das Gewicht
gelegt, woran die Sendboten der Städte selber
beteiligt waren; überdies ist er vielleicht erst
geschrieben, als die Kunde von der Übergabe
schon in aller Mund war. Entscheidend ist der
Brief Waldemars von 17. Juli (gheven vor dem
slote to Helsingheborch) an die Städte, Worin es
heißt: . . sedder deme male, dat us Got to usem
erve, also to Skone, beholpen heft, dat wi na
unser vr
;nde unde maghe und ok unser h
vetlude und user manne, de use
ratgheven sint und n
; med us up deme velde ligghen und
med us sint, des to rade sint worden, dat wy de
meynen koplude unde sthede unde sonderliken de
van Lubeke, de use lande med vrede und med erer
copmanscap soeken unde de us und den usen nicht
schaden wellen und war see sik nicht vorbreken,
heghen unde schermen wellen . . . (HU. III, 504).
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In diesem Briefe ist die Erklärung des Königs, daß Gott ihm zu seinem Erblande Schonen verholfen habe, von großer Wichtigkeit. Rydberg meint, es sei diese Erklärung dadurch hervorgerufen, daß Magnus sein Unrecht - nach Waldemars Aussage - zugab. Reinhardt (S. 273) meint, es lasse sich aus dem Schreiben erkennen, daß Waldemar die Übereinkunft über das Schiedsgericht im ersten Augenblick so angesehen habe, als ob die Sache damit entschieden und der Besitz Schonens ihm sicher gewesen sei. Nach Hildebrand war die Behauptung Waldemars falsch, Schonen habe ihm noch nicht gehört, und wir wüßten nicht, was er dem Schwedenkönige vorgeworfen, und was dieser zugegeben habe 8 ). Dem gegenüber bemerke ich, daß Waldemar am 17. Juli notwendig einen anderen Rechtstitel auf Schonen haben mußte als am Tage vorher; am 16. teilt er den Sendboten mit, es sei ein Schiedsgericht eingesetzt worden, und am 17. schreibt er, er habe Schonen zurückgewonnen. Dazwischen liegt offenbar die Entscheidung des Schiedsgerichtes, die also, wie zu erwarten war, für den Dänenkönig günstig ausgefallen sein muß. Da nun Waldemar bereits am 15. zu den städtischen Sendboten von Friedensverhandlungen mit Magnus sprach (Gesandtschaftsbericht § 10) und ihnen in der Frühe des nächsten Tages (de mane) seine Unterredung mit dem Schwedenkönige und die Einsetzung des Schiedsgerichtes mitteilte, werden diese letzten Ereignisse schon am 15. vor sich gegangen sein. Es blieben also für die Fällung des Spruches etwa eineinhalb bis zwei Tage, eine Zeit, die auch wohl ausreichen konnte; beide Parteien waren ja zugegen, und Waldemar wird auch sein Beweismaterial bei sich gehabt haben, wenigstens hatte er ein Kopialbuch mitgebracht (Gesandtschaftsbericht § 10). Weiter, wenn der König die Kaufleute in Schonen 9 ) zu schirmen verspricht und ihnen freies Geleit erteilt, so muß die formelle Übergabe des Landes zum mindesten kurz bevorgestanden haben. Die Privilegien freilich bestätigte er nicht, aber nicht deswegen, weil er, wie Höhlbaum (a. a. O.) meint, noch nicht "endgültig Herr von Schonen" war - denn als solchen konnte er sich betrachten, selbst wenn er die Urkunde
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der Übergabe noch nicht in der Hand hatte -, sondern weil er sie nicht bestätigen wollte, weil ihm die gebotene Kaufsumme zu gering war. Sein Brief vom 17. Juli ist "vor Helsingborg" und vielleicht gleich nach der Fällung des Spruches geschrieben. Magnus war vermutlich noch in der Feste, diese also wohl Waldemar noch nicht übergeben. Aber auch wenn Helsingborg ihm damals schon überliefert worden wäre, so würde er sein Hoflager und seine Kanzlei kaum in die Feste verlegt haben, da er schon am 19. Juli nach Helsingör hinüberfuhr. Ich möchte annehmen, daß der König in der Zeit vom 17. bis zum 19. Juli in den Besitz des Schlosses gesetzt ist.
Waldemar, Magnus und Albrecht reisten etwa gleichzeitig ab. Am 10. August aber finden wir den Herzog wieder mit dem Dänenkönige, dessen Sohne und Erich von Sachsen vor Helsingborg versammelt,wo er Verträge mit ihnen abschloß (Anlage 5). Daraus, daß diese Verträge "vor Helsingborg" zustande kamen, hat man allgemein geschlossen, daß die Feste damals noch nicht in Waldemars Hand gewesen sei. Rydberg (S. 288), dem Reinhardt (S. 276) gefolgt ist, kommt zu der Ansicht, daß der Bericht der Seeländischen Chronik sich nicht auf dieselbe Zeit beziehe wie der des Rostocker Stadtschreibers, sondern daß die freiwillige Übergabe der Feste durch Magnus in spätere Zeit falle; es soll der König also, nachdem er Helsingborg verlassen habe, noch einmal wieder zurückgekehrt sein und die Burg ausgeliefert haben. Mir scheint es mißlich, die beiden Berichte der Zeit nach zu trennen. Ich kann nach allem, was ich oben entwickelt habe, aus der Ortsbezeichnung "vor Helsingborg" nicht den erwähnten Schluß ziehen. Man wird bei derartigen Schlüssen überhaupt vorsichtig sein müssen. Um ein Beispiel anzuführen: Am 7. Juli 1369 gelobte Wartislav VI. von Pommern=Wolgast dem Herzoge Albrecht vor Notar und Zeugen, gewisse Friedensbedingungen zu halten, geschehen inter villam et castrum dictos Damgar (XVI, 9940). Ebenso gut hätte das Notariatsinstrument in der Stadt oder der Burg Damgarten oder in dem dicht dabei gelegenen Ribnitz aufgenommen werden können, trotzdem geschah es auf freiem Felde. Ein zweites Beispiel: Johann II. und Johann III. von Werle schließen einen Vertrag zum Schutze ihrer märkischen Pfandschaften. Desse bref is gegeven vor uses vedderen Johannes stad tho Plawe (Plau) in deme holte etc. (VIII, 5358. 5. Oktober 1332. - Auch ist es nicht notwendig, daß Waldemar in
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Helsingborg selbst Quartier nahm; er kann sich in seinem Kriegslager 10 ), etwa wieder in jenem Kloster, aufgehalten haben.
Ich glaube, daß Helsingborg vor dem 10. August überliefert wurde, und zwar - darüber kann kein Zweifel sein - von Magnus selbst. Die Ansicht, daß die Burg durch Verrat Herzog Albrechts in Waldemars Hand gekommen sei, ist unhaltbar.
Zum Schlusse sei noch folgendes erwähnt. - Daß in der Tat 1360 ein Abkommen zwischen Magnus und Waldemar zustande kam, durch das Schonen dem Dänenkönig in die Hand gegeben wurde, macht Rydberg S. 292 ff. durch den Nachweis deutlich, daß der Krieg, der im nächsten Jahre zwischen den beiden Königen ausbrach, ein neuer gewesen sei und mit dem von 1360 nicht im Zusammenhange gestanden, daß Magnus die Herrschaft Waldemars über Schonen nicht als unrechtmäßig betrachtet habe. Aber Rydberg nimmt S. 297 mit Hvitfeld zwei Verträge an, von denen der frühere nur über die Auslieferung Helsingborgs, der spätere über die ganz Schonens gehandelt habe; und in diesem letzten oder in beiden sei vielleicht die Erneuerung der Verlobung Hakons mit Margareta festgesetzt (Hvitfeld schiebt sie dem ersten Vertrage zu). Indessen wurde Hvitfeld zu der Ansicht, daß zwei Verträge vorlagen, fraglos lediglich durch die Seeländische Chronik verleitet, nach der ja nur Helsingborg an Waldemar ausgeliefert ward, während er sich die übrigen Festen Schonens - soweit er sie nicht etwa schon in Besitz hatte - dann erst unterwerfen mußte 11 ). Wie Rydberg S. 297 selber betont, ist Hvitfeld zunächst dieser Chronik gefolgt. Er berichtet, daß Magnus Helsingborg überliefert habe, und was er dann an Abmachungen, die zwischen den beiden Königen bei dieser Gelegenheit getroffen seien, kurz aufzählt, ist nichts weiter als das, was er
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sich unter den multae condiciones interiectae vorgestellt hat 12 ). Dann berichtet er von der Eroberung der Burgen durch Waldemar, und erst später (S. 524) teilt er mit, daß die Festen in Schonen und Blekingen ausgeliefert seien, soweit der Dänenkönig sie noch nicht im Besitz gehabt habe. Er hat die Übergabe Helsingborgs und die Abtretung Schonens ganz willkürlich der Zeit nach getrennt; urkundliches Material hat ihm nicht vorgelegen. Wenn also Rydberg es für beachtenswert hält, daß Hvitfeld zwei Verträge bringt, so wird man dem nicht zustimmen können. Und wenn er hinzufügt, daß, wenn Schonen zugleich mit Helsingborg abgetreten wäre, die Seeländische Chronik dies kaum unerwähnt gelassen hätte, so sucht er eine irrtümliche Annahme Hvitfelds mit Hülfe eben derjenigen Quelle zu stützen, durch die dieser selbe Irrtnm verursacht worden ist. - Meiner Ansicht nach wurde nur ein Vertrag geschlossen, und zwar auf Grund des Schiedsspruches, der sich ja nicht nur mit Helsingborg beschäftigte.
Müßig scheint mir die Frage zu sein, ob die Übergabe Schonens eine endgültige war, oder ob eine solche erst später stattfand. Rydberg (S. 299ff., vgl. S. 331) meint, daß die schonischen Landschaften 1360 an Waldemar ausgeliefert seien, aber nicht definitiv, sondern unter gewissen Voraussetzungen, Bedingungen und Kombinationen, von denen wir nichts weiter mehr wüßten, als daß vielleicht die Ehe Hakons mit Margareta dazugehört habe; daß die Frage der Abtretung erst im nächsten Jahre, zur Zeit, wo gewisse, in dem Vertrage von 1360 festgesetzte Verpflichtungen zu erfüllen waren, vollständig habe geordnet werden sollen, daß dann jedoch der Krieg von 1361 dazwischen gekommen sei und die Abtretung erst 1363, um die Zeit der Kopenhagener Heirat, stattgefunden habe; auch hier nimmt Rydberg (S. 330) einen Präliminarvertrag an. Einleuchtende Gründe sind jedoch von ihm nicht vorgebracht worden. Zwar ist es wahrscheinlich, daß die 1359 geschlossene Verlobung 1360 erneuert wurde, doch könnte dies, wie überhaupt die Festsetzung gewisser Bedingungen, nicht zu der Annahme zwingen, daß es sich zunächst nur um eine vorläufige Übergabe handelte. Weiter kann der Bericht der Seeländischen Chronik, daß der Krieg von 1361 super multis arti-
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culis et promissionibus prius habitis et in posterum habendis ausgebrochen sei, Rydbergs Auffassung nicht wahrscheinlicher machen, denn mit diesen oberflächlichen Worten ist kaum etwas anderes gemeint als die Tatsache, daß Hakon seine Verlobung mit Margareta durch die neue mit Elisabeth von Holstein gebrochen hatte (Schäfer, Waldemar S. 268 Anm. 1). Und endlich, daß König Magnus Schonen noch eine Zeitlang in seinem Titel beibehielt 13 ), kann sehr wohl schon aus Furcht vor den schwedischen Großen geschehen sein. Übrigens weist ja Rydberg (S. 300) selber darauf hin, daß Hakon, nachdem er im Februar 1362 König von Schweden geworden war, Schonen nicht in seinen Titel aufnahm. Und er legt selber dem Umstande, daß Magnus sich noch nach der Kopenhagener Hochzeit von 1363 mitunter (zuletzt am 25. Januar 1364) als Herrn von Schonen bezeichnete, keine Bedeutung bei (S. 302 f.). Wie mir scheint, zwingt nichts dazu, den endgültigen Verzicht des Schwedenkönigs erst ins Jahr 1363 zu verlegen.
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Anlage 9.
Heinrich von Holstein und die
schwedische Krone.
Die Mecklenburgische Parteischrift (Chr. der deutschen Städte XXVI, S. 364 f.) und Korner (II, S. 278) berichten, daß die schwedischen Herren, die nach dem Bruche der Ehe Hakons mit Elisabeth in Holstein erschienen (Text S. 123), dem Grafen Heinrich auf Grund des Vertrages vom 29. Juni 1361 (Text S. 117) ihre Schlösser, Lande und Leute angetragen und ihn als ihren Herrn hätten ansehen wollen. Und zwar wollen beide Quellen, wie aus dem weiteren Verlaufe ihrer Erzählung (s. § 8 der Parteischrift und bei Korner den Satz: Quos idem comes . . .), bei Korner aber besonders aus dessen niederdeutscher Fassung des Berichtes (unde gheven sik to eme also to ereme rechten Koninge unde heren) hervorgeht, damit sagen, daß sie Heinrich - eben auf Grund des Vertrages vom 29. Juni - die schwedische Krone angeboten hätten. Der genannte Vertrag wird sowohl von der Parteischrift (S. 360) wie von Korner vorher mitgeteilt. Beide haben aber seine Bedeutung übertrieben; denn in der Urkunde steht nur, daß die Vasallen in Schweden und Norwegen den Holsteinern behülflich sein und sich mit Schlössern und Landen zu ihnen wenden sollten, also langhe, went se al eres schaden unde bewernisse hebben enen gantzen redeliken ende. Es handelte sich hier um eine allerdings sehr weitgehende Garantie. Indessen wurde noch öfter in Verträgen festgesetzt, daß, wenn einer der Kontrahenten gegen die Bestimmungen verstieße, diese oder jene seiner Vasallen sich zum Gegner halten sollten. Keinesfalls ist aus der Urkunde zu entnehmen, daß die Kronen Schwedens und Norwegens an Holstein fallen sollten, wenn Hakon die Verlobung brechen würde; das wäre eine ganz unmögliche Bestimmung gewesen. Der Irrtum des Verfassers der Streitschrift und Korners erklärt sich entweder dadurch, daß beide aus ihrer Vorlage - was allerdings bei einer so weitgehenden Garantie leicht möglich war - mehr herauslasen als darin stand, oder dadurch, daß dies Versehen schon in der Vorlage gemacht war. Die Berichte der Partei=
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schrift und Korners gehen hier beide auf die von Korner so genannte Chronik Eylard Schonevelts zurück. - Auf einem solchen Mißverständnisse beruht die Sage, daß die schwedische Krone dem Grafen Heinrich angeboten sei. Die Schweden wollten nicht mehr, als im Vertrage vom 29. Juni 1361 vorgesehen war; sie wollten sich nur solange zu den Holsteinern halten, bis der für diese aus dem Bruche der Ehe entstandene Schaden ersetzt sei. Man könnte wohl zweifeln, ob hier nur materieller Schaden gemeint ist. Solchen hatten die Holsteiner dadurch erlitten, daß sie wegen der neuen Familienverbindung mit den Folkungern den Krieg gegen Dänemark aufgenommen hatten, der ihnen natürlich Kosten verursachte. Auch soll Waldemar die gefangene Elisabeth ihrer mitgebrachten Aussteuer beraubt, ihre Begleitung und ihr Gesinde gefangen und zum Teil haben töten lassen (Parteischrift a. a. O. S. 363, Korner II, S. 277).
Einen staatsrechtlichen Grund für die Absetzung des Magnus konnte man nur darin finden, daß man ihm den Bruch des im Königsbalken von 1347 festgesetzten Königseides (bei v. Nordenflycht, Die schwedische Staatsverfassung in ihrer geschichtlichen Entwicklung S. 42 f.) zur Last legte. Die von Ericus Olai (S. R. S. II, I, S. 109 f.) und von Olaus Petri (XV, S. 389; S. R. S. I, II, S. 272, vgl. auch Schäfer, Waldemar S. 405 Anm. 2) mitgeteilten Gründe für die Absetzung des Königs entsprechen den Paragraphen des Eides, oder diese lassen sich doch auf sie anwenden.
Es sei hier gleich folgendes erwähnt. Nach der Wisbychronik (XV, S. 388) sollen einige der schwedischen Großen von Magnus verbannt sein, sich den Winter hindurch (per hyemem) auf Gotland aufgehalten haben und gleich nach Ostern (2. April) 1363 nach Wismar zum Herzog Albrecht gesegelt sein. Von einer Fahrt nach Holstein erzählt die Chronik nichts, doch nennt sie zum Teile dieselben Männer wie die Parteischrift und Korner; außerdem führt sie noch Bengt Filipsson und Karl von Upsala an, der Bischof von Wexiö dagegen fehlt. Dieser Unterschied hätte jedoch nichts zu sagen, da jede der drei Quellen berichtet, es seien außer den von ihr Aufgezählten noch mehr gewesen. Styffe (I. S. XXXIV) nimmt den Bericht von der Verbannung auf, doch erzählt er nur, daß "verschiedene von den aufrührerischen Herren" aus dem Lande verwiesen seien, und bemerkt in der Note, daß sich gegen die von der Wisbychronik genannten Namen der Vertriebenen Zweifel erhöben. Unter den von ihm hierfür vorgebrachten Gründen
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ist jedoch, wie ich glaube, nur der stichhaltig, daß Nik. Turesson, den die Chronik unter den Verbannten nennt, am 29. Juli 1363 in Wiborg (Finnland) urkundete. Hildebrand (Medeltiden S. 247 f.) folgt dem Berichte von der Verbannung, doch könnten die Vertriebenen nicht vor dem 1. Februar 1363 nach Gotland gekommen sein, da Bengt Filipson (so hebt Styffe in seiner Note hervor) an diesem Tage in Strengnäs geurkundet habe. Die Verbannten seien dann nach Ostern nach Deutschland gefahren und hätten einem fremden Fürsten, zunächst Heinrich von Holstein, die Krone Schwedens angeboten.
Nun führt Ericus Olai (a. a. O.) unter den Gründen für die Absetzung des Königs Magnus an, daß er die Reichsräte verjagt habe, Olaus Petri (a. a. O.) sagt nur, daß er den Reichsrat habe verderben wollen. Mir scheint der Bericht von der Verbannung zu ungeklärt, und zwar nicht nur wegen des einen Einwurfes von Styffe, den ich anerkennen möchte. Es ist leicht möglich, daß man aus den nach Deutschland fahrenden Schweden später Verbannte machte. Jedenfalls hätte sich Magnus erst nach seiner Verständigung mit Waldemar stark genug fühlen können, die mächtigsten Männer des Reiches zu vertreiben. Und es ist schwer glaublich, daß die Verbannten sich damals nach Gotland wandten. Ob die Insel in den ersten Monaten des Jahres 1363 in schwedischer oder in dänischer Hand war, läßt sich (trotz Rydberg II, S. 338 ff.) nicht entscheiden; wir wissen nur, daß sich Wisby im Dezember 1362 zu Schweden rechnete. Stand sie unter schwedischer Herrschaft, so hätten sich aus dem Reiche verwiesene Schweden dort nicht aufhalten dürfen. Stand sie aber unter Waldemar Atterdags Gewalt, so würden sich die Schweden kaum dorthin begeben haben (Rydberg II, S. 339), und der König hätte sie dort nicht geduldet.
Berichtigung.
S. 101: Der hier genannte Herzog Rudolf von Sachsen=Wittenberg ist nicht Albrechts Oheim Rudolf I. († 1356), sondern dessen Sohn Rudolf II. Er belehnte die Mecklenburger mit der Grafschaft Schwerin zugleich für seinen Bruder Wenzel und seinen Neffen Albrecht, den Sohn seines 1350 verstorbenen Bruders Otto.
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:
2. Herzog August d. Ä. zu Braunschweig = Lüneburg.
Von
Dr. Max von Bahrfeldt.
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N ach dem Ableben des Herzogs Christoph nahm Herzog Karl zu Mecklenburg den bischöflich Ratzeburger Sitz ein und hatte ihn inne von 1592 bis zu seinem Tode am 22. Juli 1610. Obwohl er als Landesherr in Mecklenburg auf den Münzstätten Marienehe bei Rostock, Gadebusch 1 ) und Boizenburg zahlreiche Münzen prägen ließ, so hat er doch weder für sein Bistum Ratzeburg besonders gemünzt, noch auch auf seinen mecklenburgischen Münzen seine Eigenschaft als Bischof irgendwie angedeutet. Ihm folgte
Bischof von 1610-1636.
Er war geboren am 18. November 1568 und am 5. Mai 1596 zum Coadjutor des Stifts Ratzeburg gewählt worden. Im Gegensatze zu seinem jüngeren Vetter August zu Hitzacker, dem späteren Stifter der neuen Linie Wolfenbüttel, heißt er der Ältere, ohne jedoch auf den Ratzeburger Münzen sich jemals selbst so zu nennen. Nur auf dem gemeinschaftlich mit seinen Brüdern Friedrich und Georg geprägten Taler von 1636, auf einem Groschen von diesem Jahre und auf einem Teile der zur Erinnerung an seinen Tod geschlagenen Münzen findet sich die Bezeichnung Augustus senior.
Seiner Übernahme der bischöflichen Regierung stellten sich mancherlei Schwierigkeiten entgegen, die von den Herzögen Johann Albrecht zu Mecklenburg und Franz zu Sachsen=Lauenburg gemacht und erst nach allerhand Weiterungen durch Vergleich vom 29. Mai 1611 beseitigt wurden. Mit dem Ableben des Herzogs Christian zu Celle am 7. November 1633 fiel ihm die Regierung in den lüneburgischen Erblanden zu, die er dann bis zu seinem am 1. Oktober 1636 erfolgten Tode führte.
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August's Münztätigkeit zerfällt in zwei scharf getrennte Abschnitte, als Bischof von Ratzeburg und als regierender Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Die erste umfaßt die Jahre von 1617-1623, da weder vorher von 1610-1617, noch nachher von 1623-1633 von ihm geprägt worden ist, der zweite die Jahre von 1633-1636. Dieser Abschnitt zeichnet sich durch eine sehr lebhafte Münzprägung aus, die im Jahre 1634 auf der Herzmünzstätte zu Clausthal durch den Münzmeister Henning Schreiber begann und im Jahre 1636 auch zu Zellerfeld durch Henning Schlüter erfolgte 2 ). Mit dem Bistum Ratzeburg hat sie nicht das geringste zu tun, obwohl August auf den Münzen stets postulatus episcopus Ratzeburgensis genannt wird. In den Münzverzeichnissen werden beide Perioden recht oft durcheinander geworfen, insofern, als die Münzen nach 1633 häufig als bischöflich Ratzeburger aufgeführt werden und die von 1617 bis 1623 geprägten als herzoglich Braunschweig=Lüneburgische. Ferner werden die Münzen der beiden Herzöge August d. Ä. und August d. J. zuweilen verwechselt, so bei v. Saurma, Münzsammlung, Berlin 1892, Nr. 3795, Tfl. 69, Nr. 2092 und bei Seeländer, Braunschw.=Lüneburg. Münzkabinett Tfl. 94,9, ja sogar beide Personen selbst, wie im Kataloge Knyphausen II, S. 90 und bei Fiala, Katalog Cumberland 4. Bd. 1906, Teil Wolfenbüttel S. 201 Anm. 6, und zu allem kommt noch hinzu, daß gleichzeitig noch ein dritter August, der Herzog zu Sachsen=Lauenburg, seit 1619 regierte.
Wie ich im ersten Teile dieser Arbeit bei der Münzprägung des Herzogs Christoph im Jahre 1581 bereits ausgeführt habe, waren für den Niedersächsischen Kreis neben den Harzmünzstätten nur sechs Münzorte erlaubt worden, auf denen alle münzberechtigten Stände und Städte ihre Münzen prägen lassen sollten. Diese Bestimmung ist indessen niemals beachtet worden. Da die Übertreter nie ernstlich zur Verantwortung gezogen wurden und dem Verbote der Nachdruck fehlte, so wurde das böse Beispiel nachgeahmt und es entstand seit dem Ende des 16. und dem Beginne des 17. Jahrhunderts eine neue Münzstätte nach der anderen. So finden wir bis zum Kreis= und Münzprobationstage im September 1617 zu Braunschweig, dem für eine Reihe von Jahren letzten, folgende Münzstätten im Niedersächsischen
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Kreise in Betrieb genommen, von denen einige inzwischen wieder eingegangen waren:
1) des Administrators von Magdeburg, Christian Wilhelm, in Halle,
2 u. 3) des Erzbischofs von Bremen, Johann Friedrich, in Vörde und Burg auf Fehmarn,
4) des Domkapitels zu Verden dortselbst,
5 u. 6) des Kurfürsten von Cöln, Ferdinand, als Bischof von Hildesheim, in Moritzburg und Peine,
7) des Domkapitels zu Halberstadt dortselbst,
8-14) der Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg, Friedrich Ulrich, Christian und Wilhelm, in Goslar, Zellerfeld, Clausthal, Osterode, Andreasberg, Winsen a. d. Luhe und Harburg a. d. Elbe,
15) des Bischofs August von Ratzeburg in Schönberg,
16) des Herzogs Franz zu Sachsen=Lauenburg in Lauenburg,
17-20) der Herzöge zu Mecklenburg, Adolf Friedrich und Johann Albrecht, in Gadebusch, Marienehe vor Rostock, Boizenburg und Gnoien,
21) des Herzogs Johann Adolf zu Holstein in Steinbeck bei Hamburg,
22) des Grafen Ernst zu Holstein=Schauenburg in Altona,
und endlich der Städte:
23-40) Rostock, Wismar, Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Stade, Bremen, Braunschweig, Hildesheim, Hannover, Hameln, Göttingen, Einbeck, Northeim, Goslar, Magdeburg, Nordhausen und Mühlhausen.
Auf die Beschlüsse der zu Braunschweig vom 22.-30. September 1617 tagenden Versammlung 3 ) hatte man allgemein große Hoffnungen für die Herbeiführung gesunder Zustände im Münzwesen gesetzt, doch sollten sie sich nicht erfüllen. Im Gegenteile, es mußte jede Aussicht auf Besserung schwinden gelassen werden, nachdem auch die ausschreibenden Fürsten in einem Briefe vom 5. März 1618 an alle Stände des Kreises sich außer Stande erklärt hatten, allein hier Wandel schaffen zu können,
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wenn nicht der Kaiser von Reichswegen die Sache in die Hand nehmen würde.
Das Ausschreiben ist so bemerkenswert, daß ich es hier folgen lasse:
"Wir haben uns des jüngst zu Braunschweig gemachten Kreisbeschlusses wegen des je allzusehr zerrütteten Münzwesens seithero gar wohl erinnert, auch zu steifer und vester Observanz desselben in unsern Landen notdürftige und nützliche Anordnung gemacht, je mehr und mehr aber befunden, daß alle solche eifrige, vom löbl. Kreis gepflogene Bemühung lauter umsunst und vergebens angewendet worden, dann nicht allein mit häufiger Verfertigung und Einschiebung der kleinen ungültigen, fast nichts würdigen Münzen hin und wieder stark fortgefahren, sondern auch der Reichsthaler von Tage zu Tage gesteigert, also daß derselbige albereit bis auf 33 Silbergroschen zu Leipzig und anderer Örter eingenommen und ausgegeben wird und wie sichs ansehen läßet, möchte es bei solcher Ersteigerung noch nicht bleiben, sondern nach dem Halt und Proben der itzo landtleufigen kleinen ungültigen Münzsorten in weniger Frist noch viel höher ersteigert werden.
"Dieweil dann bei solchem Zustand und da fast an keinem Orte nützliche Ordnungen in diesem Paß wollen advertirt werden, ein lauter vergeblich Ding, die zu Braunschweig sonst reiflich bedachte Münzordnung nur dem löbl. Kreis zum Verweis zu publiciren und zu fernern Consultation künftigen zu Lüneburg anberahmten Kreistag mit schwerer Mühe und Kosten zu besuchen, sinthemal einiger ersprieslicher Effect davon garnicht zu hoffen, zumahl da auch beim löbl. Obersächs. Kreis dafür gehalten wird, daß ohne der Röm. kais. Maj. Verordnung und sämtlicher des heil. Reichs Kreise einhelligem Zuthun im Münzwesen keine einzige Beständigkeit zu hoffen, als haben wir nicht umgehen können, E. Lbdn. solchs freundlich zu wissen zu thun, und daneben anzudeuten, da wir gar für unnützlich und unnöthig halten, sowohl die zu Braunschweig bedachte Münzordnung im Namen des löbl. Kreises zu publiciren, als auch anderweit zu Lüneburg auf den sonst angestellten Kreistage zusammen zu ordnen und wegen des Münzwesens fernere Consultation anzustellen, sondern halten
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es dafür, man werde neben andern Kreisen und Ständen noch etwas zusehen müssen, ob allerhöchstgedachte J. Kais. Maj. dero fürhabendes Münzedict auf erholtes aller des heil. Reichs Kreise Bedenken endlich publiciren und eine durchstreichende gleichmäßige Münzordnung durchs ganze heil. Reich in Gang und Schwang hinwieder bringen möchten. Wollten unsers Theils einen bessern Zustand sowohl in diesem, als andern zerfallenen Punkten im heil. Reiche von Herzen wünschen, müssen es aber, weils itzo die Läufte also mitbringen, bis zur Verbesserung, die der Allerhöchste förderlichst gnädig verleihen wollte, hingestellt sein lassen."
Original an Herzog Adolph Friedrich zu Mecklenburg, Geh. u. Hauptarchiv Schwerin, Prob. Tage R 139, 2, Vol. 78.
Mit diesem Verzichte auf jede Besserung und dem Aufhören der Münzprobationstage war nun dem Münzunwesen Tür und Tor geöffnet: eine sprunghafte Verschlechterung der kleinen Münzsorten und damit eine Wertsteigerung der harten Taler ins Ungemessene, ferner die Neugründung zahlloser Münzstätten waren die unmittelbaren Folgen, die weiteren aber eine völlige Zerrüttung des Münzwesens und des Volkswohlstandes bis in den Grund. Erst mit dem Jahre 1622 trat durch die Beschlüsse des wichtigen Lüneburger Kreistages, einberufen hauptsächlich zu "heilsamer Reformation und Verbesserung des Münzwesens", eine Wendung zum Besseren ein und der Beginn zur Rückkehr zu geordneten Verhältnissen. Der Abschied vom 13. Juni 1622 bildete alsdann für annähernd fünfzig Jahre die Grundlage für die Münzverhältnisse in Nord= und Nordwestdeutschland.
Auch Bischof August von Ratzeburg war dem Zuge der Zeit gefolgt, seine Einkünfte durch Anlage einer Münzstätte aufzubessern, denn hier wie überall diente die Ausübung des Münzrechtes ausgesprochen einzig und allein diesem Zwecke. Die Zeiten, als Herzog Christoph "zu seiner Lust" Münzen geprägt hatte, waren längst vorbei!
Die Münzstätte wurde am Bischofssitze zu Schönberg errichtet, doch sind die näheren Umstände der Gründung nicht bekannt. Die Prägung begann im Jahre 1617; darauf führen die vorhandenen Münzen und die Aktennachrichten. Der Herzog präsentierte in einem Schreiben vom 23. April 1617 den Kreisräten auf dem zum Tage Ascensionis domini nach Halberstadt anberaumten, aber nicht zustande gekommenen Probationstage seinen "für das Stift Ratzeburg" angenommenen, leider nicht mit
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Namen genannten Münzmeister zur Vereidigung. Der Brief kam erst auf dem Probationstage zu Braunschweig am 30. September 1617 zur Verlesung. Inzwischen aber hatte die Prägung längst ihren Anfang genommen. Der vom Wardein Tobias Reinhardt 4 ) eingereichte Probenzettel über die bis zu diesem Tage erfolgten Ausmünzungen führt als erste Prägungen des Jahres 1617 auf:
Die durch die beiden General=Kreiswardeine Jobst Brauns und Andreas Lafferds auf dem Probationstage am 26. September 1617 vorgenommene Feingehaltsprüfung ergab
für die | Goldgulden | 18 | Karat | 6 | Grän, |
" " | Reichstaler | 14 | Lot | 4 | " |
" " | Doppelschillinge | 7 | " | 9 | " |
alle drei Münzsorten wurden also probemäßig befunden.
Die Akten des erwähnten Braunschweiger Probationstages ergeben noch weitere Nachrichten. Ich lasse Punkt 7 und 15 des Abschiedes vom 30. September hier folgen, weil auf sie bei der Schönberger Münzprägung Bezug genommen wird:
"7. Weiln am Tage, daß jetzo der kleinen Münzsorten eine große Menge vorhanden, so haben sich Fürsten und Stände einmütig verglichen, daß von nun an in diesem löbl. Kreise das Münzen der kleinen Sorten, als Silbergroschen, einfache und dubbelde Schilling, vielweniger 4 Schillinge oder 3 Silber=
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groschenstücke, einfache und dobbelde Schreckenberger, die ohne das verboten, und alle andere kleine Müntzsorten auf eine Zeit genzlich und durchaus solle eingestellet werden, bis solange Fürsten und Stände für notig erachten werden, die Verfertigung kleiner Münzsorten hinwieder zu verstatten und nachzulassen.
"Dieweil aber etzliche Münzmeister hiebei angezeigt, daß sie albereit etzliche Werk in der Arbeit und auf der Schmiede, und gebeten, zu vergonstigen, daß sie solche ausfertigen mochten, als ist solches, jedoch der itzigen hierin gefaßten Ordnungen gemeß, imgleichen daß zu Verhütung des Auswippens die Reckebank gebraucht, wie auch endlich derogestalt nachgelassen, daß gleichwol kein Unterschleif gebrauchet, oder mehr dann albereit auf der Schmiede an kleinen Sorten solle gemünzet werden. Derentwegen diejenigen Münzmeister, so noch ungefertiget Werk in der Arbeit, bei ihren Pflichten gedoppelt Verzeichnuß, eins zu den Creis=Actis, das ander den General=Creiswardinen übergeben sollen, wieviel Mark schon in der Arbeit. Die mögen sie, ein mehrers aber nicht, ausfertigen, wie dann die Münzherren jedes Orts ein mehres nicht zulassen, auch die General=Gwardinen in den Münzbesuchungen darauf fleißige Acht geben und jeder Münzmeister und Gwardin bei künftigem Probationtag, daß sie ein mehrers nicht, dann sie bei Zeit dieses Abschiedes in der Arbeit gehabt und vermöge ihrer Verzeichnuß angeben, an kleinen Müntzen gefertigt, bei Eides Pflichten erhalten sollen."
"15. Ist bei Vermeidung ernster Straf wiederholet und verboten, daß hinfüro kein Münzmeister oder Gwardin des Münzwesens sich unterfangen solle, er habe dann seinen Eid dem löbl. Creis abgelegt. Darumb verabscheidet, da eine Veränderung eines Münzmeisters oder Gwardins vorgehet, daß die Münzmeister und Gwardinen entweder bei Creis= oder Probationtagen, oder beim Directorio der fürstl. Magdeburgischen Canzlei zu Ablegung ihres Eides zu praesentiren, daselbst im Namen dieses löbl. Creises der Eid von ihnen genommen und unter ihren Handschriften und Pitschaften zu den Creis=Acten gelegt werden solle."
Nach dem Original=Entwurfe im Staatsarchive Magdeburg, Niedersächs. Kreisarchiv Vol. 11, Fol. 68-101.
In einem gemäß Punkt 15 aufgestellten Verzeichnisse der noch nicht vereidigten Münzmeister und Wardeine, das der
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General=Kreiswardein Andreas Lafferds den Kreisräten vorlegte, wird nun Jacob Mirendorf als Münzmeister in Schönberg genannt. Aus einer anderen Nachweisung ergibt sich, daß er noch 4000 Mark bereits zu Doppelschillingen beschicktes Silber im Vorrate hatte, das gemäß der Bestimmung im Punkt 7 des Abschiedes noch vermünzt werden durfte. Alsdann sollte mit der Prägung kleiner Sorten bis auf weiteres eingehalten werden. Das ist aber nicht geschehen, vielmehr ist in Schönberg in großem Umfange gesetzwidrig weiter gemünzt worden.
In der gedruckten "Münzordnung beyder Städte Lübeck und Hamburg", erlassen am 12. Dezember 1618, werden die mecklenburgischen Doppelschillinge vom Jahre 1617 und zwar die des Herzogs Adolf Friedrich auf 20, die des Herzogs Johann Albrecht auf 19 Pfg. herabgesetzt. Der Münzmeister des ersteren, Simon Lüdemann zu Gadebusch, wurde daher zur Verantwortung gezogen und in Haft genommen. In dem peinlichen Prozesse stellte sich nun überraschender Weise heraus, daß Lüdemann nicht allein, dem auf Grund der Braunschweiger Beschlüsse erlassenen gedruckten Münzedikte beider fürstlichen Brüder vom 17. Oktober 1617 zuwider, im Laufe des Jahres 1618 doch noch Doppelschillinge gemünzt, sondern sie auch mit der Jahreszahl 1617 versehen hatte. Das war aus dem Grunde geschehen, um dadurch den Glauben zu erwecken, sie seien älter und daher von besserem Gehalte, als die neugeprägten, zur Zeit umlaufenden Doppelschillinge. Noch manche andere Sachen kamen dabei zur Sprache, so daß Lüdemann schließlich als einer der hauptsächlichen "Aufwechsler, Kipperer und Geldschinder" erscheint, und seine betrügerischen Handlungen mit dem Tode büßen mußte. Er wurde am 19. Juli 1619 zu Schwerin hingerichtet.
Bei Gelegenheit seiner Vernehmungen kam nun auch mancherlei Unrühmliches für den Münzmeister Jacob Mirendorf in Schönberg zur Sprache. So sagte Lüdemann aus, er habe nicht viel Doppelschillinge gemünzt, "uf den andern Münzstätten und in specie zum Schönberge aber hätten sie nie ufgehört mit dobbelten ß zu münzen, sondern es steif und noch steifer wie zuvor gebraucht und habe derselbe so viel Volk nicht bekommen können, als er gern haben wollte" 5 ).
Allerdings muß der Betrieb in Schönberg sehr umfangreich gewesen sein, denn das zeigt schon das ansehnliche Gewicht des
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für die Prägung von Doppelschillingen im Jahre 1617 noch vorhandenen Vorrates an Silber von 4000 Mark = 9351/2 kg = rund 365 000 Doppelschillinge, im Gegensatze zu dem Bestande bei anderen Münzmeistern, z. B. in Halle 840 Mark, Halberstadt 60 Mark, Nordhausen 50-60 Mark, Moritzberg 65 Mark, Harburg und Stade 10 Mark, usw. Ebenso liefern die aus allen Jahren, besonders aber von 1617 und auch 1618 vorhandenen zahlreichen Stempelverschiedenheiten der Doppelschillinge den Beweis für eine starke, niemals unterbrochen gewesene Doppelschillingprägung.
Auch Mirendorf war an der Aufwechselei der guten Sorten stark beteiligt; wie konnte es aber auch anders sein bei der übergroßen Zahl von Münzstätten und dem scharfen Wettbewerbe aller Münzmeister zur Beschaffung des knappen Edelmetalls? Vornehmlich scheint er in dem benachbarten Lübeck seine Haupttätigkeit entfaltet zu haben. Wann er den Dienst in Schönberg verlassen hat, ist aktenmäßig nicht nachzuweisen, ich werde späterhin bei der Besprechung der auf den Münzen erscheinenden Münzmeisterzeichen wieder darauf zurückkommen.
Der oben abgedruckte Probenzettel aus der ersten Hälfte des Jahres 1617 ist leider der einzige uns erhalten gebliebene. Von den darin aufgeführten Sorten sind die Reichstaler und Doppelschillinge uns bekannt, die Goldgulden dagegen nicht, was bei der geprägten geringen Anzahl von nur 396 Stück nicht wundernehmen darf. Im folgenden Jahre 1618 dagegen scheint die Goldguldenprägung umfangreicher gewesen zu sein, denn wir kennen von zwei verschiedenen Stempeln doch eine ganze Anzahl von Stücken, wenngleich auch sie an und für sich immerhin noch recht selten sind.
Weitere aktenmäßige Nachrichten über die Münzprägung in Schönberg, die wie erwähnt im Jahre 1617 sehr stark, namentlich an Doppelschillingen gewesen sein muß, im Jahre 1619 aber bedeutend abflaut, fehlen durchaus. Erst mit dem Jahre 1620 setzen die Akten wiederum ein, aber es ist nichts Rühmliches, was sie über den Münzbetrieb an der bischöflichen Münzstätte vermelden.
Am 29. Mai 1620 wurde Michael Hacke, der
Münzmeister des Bischofs August zu Schönberg, im
Orte Doberan festgenommen, weil er sich als
Aufwechseler guter Münzsorten verdächtig gemacht
hatte. Es wurden bei ihm 3031/2 Reichstaler,
2362 Gld. 20 ß 7
in allerlei Münzen und 37 Lot
Silber gefunden. Er
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wurde verhört und auf Befehl des Herzogs Adolf Friedrich nach Schwerin gebracht.
In dem mit ihm aufgenommenen Protokoll vom 3. Juni, worin sein Name zuweilen auch Hake geschrieben wird, gab er über seine Personalien und seine Tätigkeit folgendes an:
"Er wäre ein Münzer und hätte in Posen erstlich 2 Jahr lang vor Junge gedient, darnach zu Tesche in Schlesien, zum dritten zu Lovesentz, alda er etwa vor 6 Jahren zum Gesellen gemacht worden und hätte zu Braunschweig erstlich vor Geselle 1 Jahr, das ander Jahr zu Frantzburg bei dem itzigen Michel Martens zur Wismar wohnhaftig etwa 3/4 Jahr, darnacher zu Gnoyen bei Lorenz Loseiner 5/4 Jahr, auf Fehmern 1/2 Jahr erstlich unter dem Bischof von Bremen, darnacher unter dem Herzogen von Holstein gearbeitet, von dannen er sich nach der Harburg begeben und ferner nach Reinfeld, alda er über ein Jahr gewesen. Und zu Reinfeld hätte ihm der Müntzmeister, so vorhin da gewesen 6 ), das Münzwerk anpräsentirt und wäre seit Weihnachten (1619) da gewesen, hätte I. fürstl. Gnaden zugesagt alle halbe Jahr 500 Reichstaler mit I. f. G. Schlag dafür zu geben, wollte es aber angeben, dann er kein Silber kriegen konnte und wollte die 500 Reichstaler Pension erlegen und dann 1500 Rtlr., so I. f. Gn. eingesetzet. Und wann er solche Hauptgelder zusammen hätte, wollte er um gnädigen Urlaub suppliciren. Hätte 3 Gesellen gehalten und von 100 Mark hätte er bishero 13 schlechte Thaler ihnen zu Arbeitslohn gegeben, itzo aber wollten sie 15 Thaler haben und vermöchte seine (erste) Bestallung 116 Stück (Doppelschillinge) auf die Mark zu machen, darnacher in der andern Bestallung wären ihm 120 erlaubt, könnte aber nichts weniger damit beibleiben, weil die Reichsthaler so hoch gestiegen. Der vorige Müntzmeister Jacob Mirenberg hätte nur das ganze Jahr 400 Thaler geben und hätte itzo den Hof zum Felde im Kreutzer Orte vor jährliche Pension in. Seine Bestallung wäre zu Zelle gemacht, hätte keinen in Gesellschaft gehabt, auch noch keine Thaler geschlagen, könnte keine Regal 7 )
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bekommen und hätte das Silber, so er bis anher verarbeitet, aus Lübeck bekommen, auch unterweilen vom Stralsunde."
Über den Vertrieb der von ihm in Schönberg geprägten Doppelschillinge und über sein eigenes Vermögen, an dem der Herzog Adolf Friedrich sich nötigenfalls schadlos halten wollte, sagt er:
"Zu Rostock hätte er nichts gewechselt. Sonsten hätte er von seinen eigenen dobbelten Schillingen wohl eine 3000 Mark lüb. in Mecklenburg und Pommern geführet. Seit Weihnachten habe er einmal 1000 Mark und das andere Mal 1500 Mark seiner Dobbelschillinge nach Rostock gesandt, Realen einzuwechseln, nach Pommern 3500 Mark, Silber einzukaufen. Hätte von dem Silber wieder Dobbelschillinge gemünzt. Zum Silberkaufe habe er selbst nicht genug Geld gehabt, die 1500 Rtlr. vom Herzog August müsse er mit 12 % verzinsen, ebenso auch dem Hauptmann Clemer von Mandelsloh zu Schönberg die von ihm geliehenen 1300 Mark. Er habe 1500 Mark lüb. bei Jürgen Ambrosius zu Triebsee und 2000 Mark lüb. bei Adam Krüger in Damgarten stehen, beide seien Münzdiener bei Caspar Rotermund 8 ) gewesen."
Das Protokoll ist recht bezeichnend, einmal für das Umherziehen der Münzer von Münzstätte zu Münzstätte im ganzen Reiche, für die Art und Weise der Beschaffung des Silbers durch Aufspüren und Aufwechseln der schweren guten Sorten im Lande und für den Vertrieb der eigenen minderwertigen Münzen. Dann aber beweist es doch auch, wie sehr die Münzherren persönlich geschäftlich an der Ausnutzung des Münzrechtes interessiert waren und wie wenig sie Bedenken trugen, dem verderblichen Treiben der Aufwechseler zu ihrem eigenen Nutzen Vorschub zu leisten!
Aus der Verhaftung des Hacke entstand zwischen den Herzögen August und Adolf Friedrich ein heftiger Federkrieg, der sehr in das Persönliche hinüberspielte. Ich gebe den Inhalt der Hauptbriefe unverkürzt wieder, wegen des vielseitigen Interesses, das sie beanspruchen dürfen. Sämtliche Schriftstücke sind dem Großherzoglichen Geheimen und Hauptarchive zu Schwerin, Acta monetaria S. 88, 2, entnommen.
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1. 1620, Juni 10. Bischof August an Herzog Adolf Friedrich.
Wir haben ungerne vernommen, daß in E. Lbdn. Fürstenthumb zu Dobberan unser Münzmeister gefänglich angehalten worden, auch daselbst noch verwahret werde. Nun belieben wir garnicht, was ein Unsriger zur Ungebür verbrochen, weil wir aber zugleich vermerken, daß wegen Reichstaler und ander guten Müntz, so gedachter Münzmeister mit sich geführet, solch Anhalten geschehen sein soll und nicht ohne, daß er zu unser Behuf und teils zu Wiederzahlung, was ihme unser Raht und Stiftshaubtmann zu Anrichtung der Münzstette anfangs fürgestrecket, eine ansehnliche Summen einzuwechseln bevehliget gewesen, als versehen wir uns, bitten auch hiemit freundlich, E. Lbdn. wollen darauf die Verordnung thun, daß gemelter unser Diener und Münzmeister frei und sicher mit deme, was er bei sich hat, wieder zu unserm Dienste los gelassen werde und also zu unsrem Verweis in frembder Jurisdiction nicht länger verstrickt bleibe, wir des Unsrigen ohne Hindernus bemächtiget sein können, auch gedachter unser Haubtmann an seiner Wiederbezahlung nicht verkürzet werden möge. Wir sein dagegen erbietig, wofern ihn jemand für uns zu besprechen gemeinet und wir befinden, daß er über unser Bevelig gehandelt, ihn dergestalt anzusehen, daß sich deswegen keiner zu beschweren haben solle. Daran geschieht die Billigkeit und was die Verwandtnus mit sich bringet.
Datum Zell den 10. Juni A. 1620.
Original.
Daß Hacke unter Zustimmung und im Auftrage des Bischofs im Lande umhergezogen war, um Silber einzukaufen, ergibt sich aus dem vorstehenden Briefe, mehr aber noch aus dem Ausweis, den er bei sich führte und der ihm bei seiner Verhaftung abgenommen worden war. Er lautet:
"Von Gottes Gnaden wir Augustus, postulirter Bischof des Stiftes Ratzeburg, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, fügen allen und jeden, denen dieser unser Brief vorkommen müchte, hiermut zu wissen, daß wir unserm Ratzeburgischen Stiftsmünzmeistern und lieben getreuen Michael Haken Befehlich aufgetragen, zu An= und Vortstellung unser Müntzregalien zum Schönenberg nottürftig Silber an sich zu bringen.
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Bitten demnach freundlich nach Standesgebuhr, es wolle ein Jeder ihme nicht allein solchen Silberkauf gönnen, sondern auch unserntwegen darin guten Vorschub und Beförderung erzeigen.
Urkundlich usw. signatum Zell am 24. Aprilis Ao. 620."
2. 1620 , Juni 22. Adolf Friedrich an August.
Was an uns E. Lbdn. unterm Dato Zell den 10. dieses wegen des von uns angehaltenen Münzmeisters gelangen lassen, solchs ist uns wol eingeliefert und haben dessen Inhalt ablesend vernommen. Mügen E. Lbdn. darauf hinwieder freundlich unverhalten nit lassen, daß ein Zeithero sich etliche Gesellen gefunden, welche ihres Vorteils und Gewinstes halber in unserm Fürstenthumb und Landen sich des Aufwechselns, Auskippens und Auswippens aller guten groben und kleinen Münzsorten beflissen, solche Münz hinaus und daentgegen lose leichte Sorten herein geführet. Dadurch dann nit allein die Reichsthaler auf ein hohes und übermeßiges gesteigert, sondern auch uns und unsern armen Unterthanen ein großer unwiederbringlicher Schade, ja gleichsamb eine schwere Landschatzung zugezogen, alles wider Recht, die erbare Billigkeit, Reichs= und dieses Niedersächs. Kreises Münzverfassung und durch allgemeine Beliebung publicirte Edicte, ja ganz unerwogen, daß wir und der
. Fürst und Herr, Herr Hans Albrecht, Herzog zu Meckelnburg, unser
. Bruder und Gevatter, unsere Müntze ganz danieder gelegt, auch mit den Erb. Städten Lübeck, Bremen und Hamburg eine Interimsmünzvergleichung getroffen und dieselbe menniglichen intimiren und kund thun lassen und also unsers Teils zu solcher großen hochschädlichen und Land und Leuten verderblichen Aufwechselei nit Erfach und Anlaß geben, sondern vielmehr dieselbe höchstes Fleiß praecaviren wollen.
Und weil wir dann in glaubhafter Erfahrung gebracht, daß auch eben dieser angehaltener Münzmeister sieder verschienen Weihnachten und Antoni zu unterschiedlichen Malen sich solcher Wechselei in unserm Fürstenthumb und Landen gebraucht, heufig die leichte geringe Sorten herein und daentgegen durch einen hohen Wechsel die Reichsthaler und andere grobe und kleine gute Münze hinausgeführet, auch zu dem Ende an unterschiedlichen Orten seine Aufwechseler be=
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stellet, solchs auch, nachdem er angehalten, in der That also bei ihm befunden: Als stellen wir E. Lbdn. zu bedenken anheimb, ob wir nit zu dieser Anhaltung mehr dann genugsamb befugt und gar nit schuldig sein, einen solchen Gesellen aus unser Bestrickung und Jurisdiction, darein er das Factum begangen und betreten, vor E. Lbdn. zu stellen und daselbst ihn zu besprechen, ja ein solches uns angemuthet werden sollen, inmaßen wir es dann auch vor unsern Mitcorrespondirenden nit würden zu verantworten haben, tragen auch zu E. Lbdn. das feste Vertrauen, ob er gleich seinem Vorgeben nach von Derselben die Müntze aus eine hohe Pacht eingehabt, sie dennoch ein solch hochschedliches Werk nit billigen werden. Wir wollen die Verordnung thun, daß wider ihn ander gestalt nit dann rechtlicher Ordnung nach soll procediret und verfahren werden.
Datum Schwerin den 22. Junii Anno 1620.
Korrigierte Reinschrift.
3. 1620 , Juli 5. August an Adolf Friedrich.
Uns ist E. Lbdn. Antwortschreiben wegen unsers Münzmeisters geliefert, hetten uns nun wol einer andern Erclerung versehen, stellens aber noch zur Zeit dahin. Und weiln gedachter Müntzmeister seine Einwechselung für Zahlung mit unserm Vorwissen, ungezweifelt in dem Valor und mit denen gengigen Sorten, wie wir und andere dieselben, so ein jeglicher an gehörenden Örtern wird zu verantworten wissen, münzen lassen, angestellt und ohne das, wann schon in etwas ein Exces begangen, dermaßen der vorgehenden Münzordnung, so gleichsamb auch bei denen, so es gut zu machen vermeinen, unläugbar hierdurch gering zu remediiren, als tragen wir die gänzliche Zuversicht, bitten auch hiemit nochmaln freundlich, E. Lbdn. wollen diesfals von Jhrem Vornehmen, so Sie etwan einig gefaßt haben, mit den Unsrigen Ihre neue Specialordnung, so doch uf Johannis allererst gerichtet sein soll und davon gedachter Münzmeister wol wenig mag gewußt haben, stricte zu besterken, unbeschwert abstehen und unsern Diener mit deme, was er bei sich hat, an uns und unsern Haubtmann mehrentheils zuständig sein wird, zu freien Füßen kommen lassen, damit uns zu widrigen Gedanken und dieswegen mit unsern Anverwanten der Gebür nach zu communi=
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ciren nicht Ursach geben, auch das wohlhergebrachtes gutes Vertrauen dergestalt geschwächet werden möge.
Datum Zell am 5. Julii Ao. 1620.
Original.
4. 1620 , Juli 11. Adolf Friedrich an August.
Wir haben E. Lbdn. abermaliges Schreiben, den von uns angehaltenen Münzmeister betreffend, zu unsern Handen wol empfangen und verlesen. Vernehmen daraus mit Befrembden, daß E. Lbdn. von uns sich wol einer andern Erklerung versehen und solches noch zur Zeit dahin stellen, unser und unserer Mitcorrespondirenden Müntzordnung hiedurch für ein geringes Remedium anziehen, uns auch beimessen, ob solten wir mit den Ihrigen unsere neue Specialordnung, so doch allererst auf Johannis gerichtet und davon gedachter Münzmeister wol weinig möge gewußt haben, stricte zu besterken Vorhabens sein, mit der angehangten Bedreuung, dafern wir von unserm Vornehmen, so wir etwa einig gefaßt, nicht abstehen und E. Lbdn. Diener mit deme, was er bei sich hat und E. Lbdn. und deroselben Hauptmann mehrestheils zustendig, zu freien Füßen kommen lassen werden, daß alsdann E. Lbdn. zu widrigen Gedanken und deswegen mit Ihren Anverwandten der Gebür nach zu communiciren Ursache gegeben, auch das wohlhergebrachtes gutes Vertrauen dergestalt geschwecht werden möchte. Dann wir vielmehr von E. Lbdn. uns einer anderen Erklerung versehen, in Betracht, daß von uns in unserm Schreiben unsere und unserer Mitunirten jüngsthin publicirte Special=Müntzordnung soeben pro fundamento nicht, sondern dar uns und unsern armen Unterthanen durch solche hochschädliche Aufwechseler, Ausführer, Auskipper und Auswipper zugefügter großer unwiederbringlicher Schade und gleichsams schwere Landtschatzung, auch die kundbare rechte erbare Billigkeit, Reichs= und dieses hochlöbl. Niedersächs. Kreis durch algemeine Beliebung aufgerichtete und angenommene Müntzverfassunge und publicirte Edicte und andere bestendige Gründe mehr angezogen. Wir müssen zwar dahin stellen, ob und wieweit E. Lbdn. Ihre gemüntzte Sorten an gehörenden Ortern können oder wollen verantworten, daß wir aber dieselbe in unser Fürstenthumb und Landen einschieben, daentgegen alle gute Sorten und Silber herausführen und die leichtfertigen Müntzer in ihrem bösen Vornehmen und Handlungen sterken, ja denselben dazu gleichsamb Ursache und
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Anlaß geben, auch E. Lbdn. Müntze damit speisen, unsere und unserer Mitcorrespondirenden Ordnung, ja alle dawider gemachte heilsame Reichs= und Kreis= auch unsere vorige Verfassungen und in offenen Druck ausgegangene Edicta durch die Ihrige infringiren und schwechen und uns und unsere Unterthanen ferner in Schaden mehr und mehr stürzen lassen solten, solches wird E. Lbdn. uns nicht anmuten, seind es auch nicht schuldig zu thun. Und da gleich mit E. Lbdn. Bewilligung die Einwechslung etlicher Reichsthaler geschehen, so werden doch dieselbe darunter die hochverbotene schädliche Aufwechselung, Auswegung, Auskippung und Ausführung der guten und schweren Müntzsorten, wie dann derselben allerhandt Art bei dero Müntzmeister befunden, nicht verstanden, noch denselben in so hochstrafbaren Excess zu vertheidigen gemeinet sein, in Betrachtung, wann solche Gesellen von ihrer Obrigkeit darin Schutz finden solen, würde kein einziger zur Strafe gezogen werden können und desfals alle wohl verordnete Reichs= und Kreisverfassungen vergebens sein. Wollen itzo geschweigen, wie E. Lbdn. Diener in seiner Aussage und zu Behauptung seiner Verbrechung vielfaltig variiret, baldt dieses, baldt jenes praetendiret, dieses Handtwerk sieder Weihnachten nicht eins, sondern etliche Mahl in unsern Landen practisiret, E. Lbdn. selbst nicht verschonet, sondern austrücklich vorgiebt, wie er jerlich 1000 Reichsthaler und dann derselben und Ihrem Hauptmann 12 pro cent versprechen und zusagen müssen. Wir wollen nicht hoffen, daß unsere Müntzer und Diener sich solen in E. Lbdn. Gebiete dergleichen hochstrafbare Wechselei und Ausführens unterfangen haben und wann es geschehen und derselben einer von E. Lbdn., wie itzo von uns geschehen, auf offenbarer That betreten und angehalten worden, wolten wir uns dessen garnicht angenommen, weiniger E. Lbdn. ein solches, wie uns gescheen, angedeutet haben.
Da nun E. Lbdn. hierüber mit derselben Anverwandten wollen Communication halten, müssen wir zwar es dahingestellet sein lassen, versehen uns aber gentzlich, wir E. Lbdn. dazu, wie auch zu einiger Schwechung des wohlhergebrachten Vertrauens garkeine Ursache gegeben, hoffen auch, wann E. Lbdn. Verwandten des wahren Verlaufs und Beschaffenheit dieser Sachen umbstendtlich berichtet werden, sie uns deshalber mit Fuge nichts verdenken können, in Erwegunge wir ein Mehres wider dero Muntzmeistern, als was die Reichs= und Kreisverfassungen vermügen, nicht vorgenommen oder noch=
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maln vorzunehmen verstatten wollen, besondern es soll wider denselben dergestalt procedirt werden, daß wir künftig menniglichen auch auf offentlichem Kreistage die in der Sachen verübte Acte zu verlesen wol communiciren wollen.
Datum Schwerin den 11. Julii Ao. 1620.
Original.
5. 1620, Juli 22. August an Adolf Friedrich.
Wir vernehmen gar ungerne, daß zwischen uns und E. Lbdn., als da wir allezeit gute vertrauliche Correspondenz mitzuhalten uns bestes Fleißes angelegen sein lassen, wegen unsers Münzmeisters Mißverstände einschleichen wollen. Es können auch E. Lbdn. dessen wol vergewissert und versichert sein, daß wann er nicht unser Diener und es uns vieler Respecte halber bei andern hochverweißlich fallen mögte, daß wir denselben zu seinem Rechten nicht gebürlich schützeten, auch was er bei Aufwechselung der Gelder vorgenommen, so viel uns noch zur Zeit davon bemust, auf unsern Special=Bevelig und zu unsern nothwendigen Ausgaben, nicht aber solche Gelder in den Tiegel zu werfen und zu vermüntzen geschehen, consequenter solche seine Verrichtung den Reichs= und Kreisabschieden unsers Erachtens nicht widrig, verhoffend, E. Lbdn. werden uns deswegen ungütlich zu verdenken keine Ursach haben, sondern alles der Verwandnus und fürstlichem Gebrauche nach zum Besten andeuten, gestalt dann unser an E. Lbdn. jüngstes Schreiben nicht bös und wie es dieselben etwa aufgenommen haben mögen, gemeinet. Und damit wir beiderseits keine Ursache erlangen oder behalten, uns dieser Sachen halber zu zwisten, so seind wir entschlossen, zu E. Lbdn. zweien unserer Räthe alsbald abzuordnen, die sich des rechten Zustandes, warumb er eingezogen und was er etwa bekannt oder über ihn gebracht, erkundigen, deswegen gebührendes Anbringen bei E. Lbdn. thun und sich dahin bequemen sollen, daß diesem Werke ohne fernere Wechselschreiben dermaleins zur Billigkeit in wohlverantwortliche Wege abgeholfen werden möge. Bitten demnach freundlich, E. Lbdn. wollen solches Ihro nicht widrig sein lassen, auch bis dahin wider gedachten unsern Münzmeister unbeschwert alles ferner Procediren und Vornehmen einstellen. Solches gereichet zu Erhalt und Fortpflanzung guten Vertraues.
Datum Zell den 22. Julii Ao. 1620.
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Eigenhändige Nachschrift des Herzogs August:
Ich bitte nochmal gar freundlich, E. Lbdn. wollen doch die nahen Verwandtnus und daß je bei diesen ohne das geferlichen Zeiten nicht zu raten sein wollte, daß unsere beiderseits benachbarten fürstlichen Häuser sich wegen eins kahlen Münzmeisters aufnehmen, bedenken und meinem ziemlichen Suchen Statt thun. E. Lbdn. werden meiner zu viel mehrem zu jeden Begebenheiten wider mechtig sein und bleiben.
Original.
6. 1620 , Juli 22. August an die Herzogin Sophie von Mecklenburg.
Bittet, sich bei ihrem Sohne, dem Herzoge Adolf Friedrich zu verwenden, damit die Angelegenheit gütlich beigelegt werde.
Abschrift.
7. 1620, Juli 28. Herzogin Sophie an Adolf Friedrich.
"So bitt ich doch freundlich, Du wollest doch so viel müglich, ihm zu Gefallen was hingehen lassen, er wird es wohl für eine große Freundschaft achten."
Abschrift.
8. 1620, Juli 29. Adolf Friedrich an August.
Ist mit Absendung der Räte zur Erledigung der Angelegenheit einverstanden.
Abschrift.
9. 1620, August 15. Resolution des Herzogs Adolf Friedrich.
"Obwohl I. f. Gn. hohe und wichtige Ursachen hatten, worumb sie wider den bestrickten Münzmeister von Schöneberg, Michel Haken, dessen groben und selbstgestandenen auch in der That befundenen, gestalt solches wolgemelten Herrn Abgesandten aus den bis an itzo verübten Acten und sonsten sathsamb demonstrirt, Verbrechungen nach vermüge der Rechte und Reichs= und Kreis=Münzverfassungen und Edicten nach der Scherfe zu procediren ganz wol befugt: weil aber vorhochgedachter Herzog Augustus f. Gn. sich interponiret und sowol durch unterschiedliche Schreiben, als itzige ansehnliche Abschickunge zum allerfleißigsten vor gemelten ihren Münzmeister intercediret und umb dessen Erlassung freundt=, öhm= und schwägerlich gebeten, so wollen sie hiemit mehrhochgemeltem
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Herzogen Augusto f. Gn. als ihrem freundlichen lieben Oheimb und Schwager zu freundlichen und schwägerlichen Ehren und Gefallen darein so weit gratificiret und gewilliget haben, daß I. f. Gn. anstatt der wohlverdienten Strafe von denselben Geldern, welche bei oftgedachtem Müntzmeistern befunden und inventiret, 200 harte Reichsthaler zusambt dessen Wagen und Pferden und was dazu gehöret, an sich behalten, das Übrige aber alles nach Einhalt des Inventarii heraußergeben und danebenst den Müntzmeister nach Leistunge einer gewohnlichen Urpfede auf freien Fuß stellen und kommen lassen wollen, jedoch daß er hinfüro in I. f. Gn. Fürstenthumb und Landen sich der begangenen Excessen sowohl selbst, als durch andere genzlich eußere und enthalte.
Zu Urkundt usw. Actum Neustadt den 15. August Anno 1620.
Abschrift.
Bischof August fand die Strafe sehr hart und bat am 30. August, sie dem Münzmeister zu erlassen. Am 11. September antwortete Herzog Adolf Friedrich, daß er bei seiner Resolution bleiben müsse, die Strafe sei nur deswegen so gelinde ausgefallen, um dem Bischofe einen Gefallen zu erweisen. Endlich, am 28. September 1620, wurde Michael Hacke aus der Haft entlassen, schwur Urfehde, zahlte 200 Reichstaler Strafe, 100 Gld. Zehrkosten und mußte Wagen und beide Pferde zurücklassen. Der Amtsschreiber zu Schönberg holte ihn und die herausgegebenen Gelder ab.
Vielleicht ist Hacke noch den Rest des Jahres 1620 an der Münzstätte zu Schönberg weiter beschäftigt gewesen, spätestens mit Ablauf dieses Jahres aber muß er entlassen sein, denn die Münzen mit seinem Zeichen hören mit 1620 aus.
Im Jahre 1621 und 1622 ist überhaupt nicht gemünzt worden, dagegen wurde im folgenden Jahre die Prägung vorübergehend wieder aufgenommen. Wir kennen von 1623 ganze, halbe, viertel und achtel Taler, auch Düttchen. Die ganzen Taler sind verhältnismäßig häufig, die übrigen Stücke aber sehr selten und kommen nur in einzelnen Exemplaren vor. Aktenmäßige Nachrichten über diese Prägung fehlen vollständig. In dem nach jahrelanger Unterbrechung zum ersten Male zum Probationstage am 25. Oktober 1622 zu Halberstadt vorgelegten Visitationsberichte des Generalkreiswardeins Andreas Lafferts wird der Münzstätte Schönberg und des daselbst eingestellten Betriebes mit keiner
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Silbe erwähnt. Merkwürdigerweise geschieht aber auch in dem Berichte des anderen Generalkreiswardeins Jobst Brauns, erstattet am 17. Februar 1624 zum Kreistage zu Braunschweig, der Prägung von 1623 keinerlei Erwähnung, obschon in dem Berichte über die Tätigkeit anderer nahe gelegener Münzstätten wie Gadebusch, Lübeck und Hamburg gesprochen wird.
Mit dem Jahre 1623 schließt der Betrieb auf der Münzstätte zu Schönberg, er wurde niemals wieder aufgenommen. Spuren über ein Münzhaus haben sich im Orte nicht erhalten.
Ich lasse nunmehr die Beschreibung der in dem Zeitraume von 1617-1623 geprägten Münzen folgen, bespreche zuvor aber kurz die darauf vorkommenden Wappenschilde, damit ich mich darauf beziehen und Wiederholungen vermeiden kann.
Es erscheint auf den größeren Stücken durchweg der achtfeldige, mit drei Helmen bedeckte Schild, auf den Doppelschillingen dagegen überwiegend der quadrierte Schild. Auf allen Stücken befindet sich in der Mitte der Ratzeburger Schild, mit einer ganz vereinzelten Ausnahme (Nr. 10). Über das Ratzeburger Wappen auf einem Doppelschillinge und den Dreiern vom Jahre 1620 vergl. unten im Texte S. 335.
1. Achtfeldiger Wappenschild.
Felder: | Helme: | |
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1. Braunschweig | 1. Braunschweig=Lüneburg |
2. Lüneburg | ||
3. Eberstein | 2. Hoya=Bruchhausen | |
4. Homburg | ||
5. Bruchhausen | 3. Diepholz | |
6. Diepholz | ||
7. Hoya | ||
8. Diepholz | ||
Mitte: Ratzeburg | ||
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2. Quadrierter Wappenschild.
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Felder: |
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1. Braunschweig | ||
2. Lüneburg | ||
3. Hoya | ||
4. Diepholz | ||
Mitte: Ratzeburg |
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a) Münzzeichen M und
5. Ohne Jahr. Breiter Schautaler. Tafel I, Nr. 5.
Hs. V: G : G : AUGUSTUS . P : B : D : S : RATZBURG : H : Z : BRUNSWICH·V : LUNEBURCK + (Von Gottes Gnaden Augustus postulierter Bischof des Stifts Ratzburg, Herzog zu usw.). Der Herzog geharnischt und behelmt, mit Feldbinde, den Kommandostab in der Rechten, auf reich geschmücktem Pferde nach rechts reitend.
Rs.
+
KUM GELUGK ERLOS=HOFFNUNG
+
+
Fortuna nackt, mit flatternden Haaren,
ein geschwelltes Segel haltend, gleitet aus
einer Kugel stehend nach rechts. Im Hintergrunde
zwei gegeneinander anrückende Reiterhaufen;
hinter dem rechten ragt ein Bergschloß empor. Im
Vordergrunde links ein großer Baum.
Dm. 63 Mm.
Als dreifacher Taler:
Sammlung des Herzogs von Cumberland 91.50 Cr., Katalog Fiala Bd. 7, S. 150 Nr. 431, Tfl. V, 4. - Kaiserl. Ermitage St. Petersburg 87.50 Gr. - Frhr Knigge, Katalog Nr. 2055, irrig mit AUGUSTUS 1: und LÜNEBURGK, 86.26 Gr. = Zchiesche & Köder Katalog 38 Nr. 491 (360 M.) aus Sammlung Mertens. - Herzogl. Münzkab. Gotha 86.05 Gr. - Katal. Helbing November 1909 Nr. 2203. - H. S. Rosenberg, Sammlung Bode 1912 Nr. 251, 87 Gr.
Als Doppeltaler:
Katal. Reimmann 1891, Nr. 2754 (250 M.) = H. S. Rosenberg, Samml. Kaselowsky 1907, Nr. 1261 Tfl. VI. - H. S. Rosenberg, Samml. Hesemann 1909, Nr. 207. - H. S. Rosenberg, Samml. Bode 1912 Tfl II, 252, 60 Gr. - St. Petersburg. - Hannov. Prov. Museum 57.54 Gr. Schultheß=Rechberg Talerkabinett Nr. 4707. Madai Nr. 3605.
Abschläge in Gold sind mir noch nicht vorgekommen, in Silber auch keine anderen als in dreifacher und doppelter Talerschwere, ohne daß aber, wie es sonst wohl zu geschehen pflegte, der Wert mit (3) oder (2) eingestempelt worden ist. Das Normalgewicht des dreifachen Talers beträgt 87.70 Gr., das des doppelten 58.47 Gr., dem die verzeichneten Stücke ziemlich nahe kommen.
Eine gute Abbildung des Exemplars der ehemaligen Sammlung Münter gibt Köhler, Münzbelustigungen, 18. Band 1746, 27. Stück, S. 209. Die daran angeknüpften geschichtlichen
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Erörterungen: Die Münze sei im Jahre 1610
geschlagen worden und ziele in Darstellung und
Umschrift auf die Schwierigkeiten hin, die sich
dem Herzoge beim Antritte seiner Regierung des
Stiftes Ratzeburg entgegengestellt hatten, sind
jedoch gänzlich hinfällig. Fiala, 7. Bd., S. 150
Nr. 431 führt den Schautaler merkwürdigerweise
am Schlusse der Münzen aus den Jahren von
1634-1636 auf und hält ihn somit zu dieser Zeit
in Clausthal oder Zellerfeld geprägt. Sein Stück
weist nach der Abbildung Tfl. V, 4 etwas
Doppelschlag auf. Trotzdem ist das Zeichen
aber so deutlich, daß es bei
einem unbefangenen Vergleiche mit den anderen,
dasselbe Zeichen tragenden Münzen, gewiß nicht
von ihnen getrennt worden wäre. Das
Münzmeisterzeichen
zeigt unzweifelhaft an, daß das
Schaustück in den Jahren 1617-1619 geprägt
worden ist und zwar wahrscheinlich beim
Dienstantritte des Münzmeisters, als Geschenk
oder "Verehrung", wie man damals
sagte, für den regierenden Herrn und
hochgestellte Beamte. Es war das Prägen so
großer Schaustücke eine Sitte, die gerade im
ersten Viertel des 17. Jahrhunderts besonders
eifrig gepflegt wurde,
9
) wie zahlreiche Schautaler mit
ähnlicher Darstellung des auf geschmücktem
Pferde im Schritt reitenden oder dahin
sprengenden Landesherrn beweisen. Besonders
häufig finden wir sie unter dem Grafen Ernst zu
Holstein= Schauenburg, 1601-1622, geprägt, auch
unter den Herzögen Friedrich Ulrich und
Christian zu Braunschweig und Lüneburg u. v. a.
Deshalb habe ich diesen schönen Schautaler als zweifellos ältestes aus der Münzstätte zu Schönberg hervorgegangenes Gepräge an die Spitze der Münzbeschreibungen gestellt.
1617. Doppelschillinge.
6. Erster Stempel : achtfeldiger Wappenschild, behelmt.
Tafel I, Nr. 6 i.
Dreifach behelmter achtfeldiger Schild wie Nr. 1.
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In der Mitte großes verschlungenes
(=
D
oppel-
S
chilling), darüber
Dm. 24-25 Mm.
a) Berlin, mit Gegenstempel G 3 - b) Kopenhagen. - c) Sammlung v. Saurma Tfl. 69 Nr. 2092, irrig als August d. J. von Dannenberg. - d) Städt. Museum Braunschweig. - e) v. Saurma Tfl. 64 Nr. 1939. - f) St. Petersburg. - g) Früher Sammlung v. Graba, 2.46 Gr. - h) Herzog von Cumberland 1.75 Gr. - i) Fund von Malchin 10 ), zwei Stück zus. 3 96 Gr.
7. Zweiter Stempel: achtfeldiger Wappenschild, ohne Helme.
Tafel I, Nr. 7.
Hs. AVGVSTVS . P: E : RATZEB : Achtfeldiger Wappenschild wie Nr. 1, unbehelmt.
Rs. . DVX . BRVNOVIC . E . L : 617
Dm. 25 Mm.
Neustrelitz
8. Dritter Stempel: quadrierter Wappenschild. - Tafel I, Nr.8c.
Quadrierter Schild wie Nr. 2a.
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In der Mitte
, darüber
Dm. 24-25 Mm.
a) v. Saurma Tfl. 64, Nr. 1940, auch Städt. Mus. Braunschweig. - b) Berlin. - c) Fund von Malchin. - d) Dr. Gaettens in Halle a. S.
9. Vierter Stempel: quadrierter Wappenschild mit dreiliniger Teilung.
Hs. AVGVSTVS P : E : RATZEB
.
Quadrierter Schild wie Nr. 2 d.
Rs.
.
DVX
.
BRVNOVIC
.
E
.
L
: 17
.
In der Mitte
, darüber
Dm. 24 Mm., Gew. 2.00 Gr.
Herzog von Cumberland.
Das Zeichen am Schlusse der Hs.=Umschrift ist ganz ähnlich dem auf dem Goldgulden 1618, also hier kein Münzmeisterzeichen.
10. fünfter Stempel : quadrierter Wappenschild ohne Mittelschild. - Tafel I, Nr. 10 a.
Quadrierter Schild wie Nr. 2e.
In der Mitte
, darüber
Dm. 24-25 Mm.
a) Städt. Mus. Braunschweig, auch Universität Leipzig und Neustrelitz. - b) Dr. Gaettens, Gegenstempel Ro
b) Münzzeichen
Hs. AVGVSTVS
.
D : G :=P : EP :
RA : D : B : E : L :
(Augustus dei gratia postulatus episcopus Raceburgensis, dux Brunsvicensis et Luneburgensis). Der dreifach behelmte achtfeldige Schild wie Nr. 1.
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Rs. PATRI = IS = VIRTVTIBVS . ANNO 1617 Der Herzog=Bischof, geharnischt und behelmt, mit Feldbinde, den Kommandostab in der Rechten, rechtshin sprengend. Im Hintergrunde Stadtbild, im Gelände davor vier Reiter und drei Fußsoldaten.
Dm. 42 Mm., Gew. 43.20 Gr.
Gotha.
Das Gewicht dieser bisher nur in diesem einen Exemplare bekannten Münze entspricht der Schwere von 11/2 Reichstaler, normal 43.89 Gr. Da es sich hier um das Gepräge einer Verkehrsmünze handelt und nicht um ein Schaustück, so glaube ich, daß wir es vielleicht mit einem Probeabschlag zu tun haben, dessen Rs.=Stempel nicht die Billigung des Herzog=Bischofs fand und durch den des nachfolgenden Talers Nr. 12 ersetzt wurde. Damit würde sich auch das Gewicht, das für eine Verkehrsmünze gesetzlich unmöglich wäre, erklären.
Die Wappenseite ist stempelgleich mit der des Talers Nr. 12, Variante a mit dem reicheren Blätterwerk.
12. 1617. Reichstaler. - Tafel I, Nr. 12 a und 12 b.
Hs. Umschrift und Wappenschild wie auf dem Taler Nr. 11. Zwei Stempel, durch a) reicheres oder b) weniger reiches Blätterwerk an den Seiten des Schildes.
Rs. PATRIIS = UI = RTUTIBUS = 16 =17 Der Herzog=Bischof ähnlich wie vorher, jedoch im Schritt nach rechts reitend. Das Pferd ist reich geschmückt, der Kommandostab kürzer. Der Erdboden ist angedeutet, der Hintergrund fehlt.
Dm. 42-43 Mm.
a) Herzog von
Cumberland 29.00 Gr., Gotha 28.90 Gr., St.
Petersburg, Kopenhagen, Herzogl. Museum
Braunschweig, Neustrelitz, Gymnasium Danzig
u. v. a.
b) Schwerin i. M. 28.98 Gr.,
Berlin 28.76 Gr.
Schultheß Nr. 4708,
mit der irrigen Angabe, daß auf dem Taler in
Berlin AVGVSTVS : stehe. - Katalog
Knyphausen Nr. 2028. -Katal. Frhr. Knigge
Nr. 2056. - Katal. Reimmann Nr. 2755 (18
M.). - A. E. Cahn, Katal. der gräfl. S .
.'schen Sammlung 1905 Nr. 211,. (12 M.).
13. 1617. Halber Reichstaler. - Tafel I, Nr. 13.
Hs. AVGVSTVS
.
D : G : = P :
EP
.
RA : D : B : E : L :
Wappenschild Nr.1 genau wie auf dem ganzen
Taler Nr. 12 b, mit kurzem Blätterwerk.
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Rs. PATRIIS = VIRTVTIBVS . 16=17 Der Herzog im Schritt n. r. reitend, wie auf dem ganzen Taler Nr. 12.
Dm. 35 Mm., Gew 13.60 Gr.
Wien, erworben i. J. 1852.
14. 1617. Doppelschilling. - Tafel I, Nr. 14 c.
Dreifach behelmter achtfeldiger Schild wie Nr. 1. Das S in der Umschrift erscheint oft klein und gegen den Schildrand gequetscht.
In der Mitte
, darüber
Dm. 24-25 Mm.
a) Prov. Mus. Hannover = Katal. Knyphausen Nr. 2041 (ungenau) 2.10 Gr. - b) Berlin. - c) Früher Samml. v. Graba 2.38 Gr. - d) Städt. Mus. Braunschweig. - e) Neustrelitz, Gegenstempel Schlüssel. -f) Herzog von Cumberland 2.25 Gr., desgl. mit Schlüssel 1.75 Gr.- g) Herzogl. Mus. Braunschweig, mit Schlüssel.
c) Münzzeichen
1617. Doppelschillinge.
15. Erster Stempel: Münzzeichen in der Umschrift. - Tafel I, Nr. 15 a und c.
Behelmter achtfeldiger Schild wie Nr. 1.
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In der Mitte großes
, darunter 1617, oben
Dm. 24-25 Mm.
a) Frhr. Knigge, Katal. Nr. 2071, 2.00 Gr.; Herzog von Cumberland 1.90 Gr. - b) Herzog von Cumberland 2.25 Gr. - c) Dr. Gaettens in Halle a. S.
16. Zweiter Stempel: Münzzeichen im Felde. - Tafel I, Nr. 16.
Hs. AVGVS . P : E : RA :
Behelmter achtfeldiger Schild wie Nr. 1.
Rs. . DVX BRVNOVIC . ET LVN 617
In der Mitte
, links daneben
, oben
Dm. 25 Mm.
Dr. Gaettens in
Halle a. S.
17. dritter Stempel: Münzzeichen und Jahrzahl im Felde. Tafel I, Nr. 17.
Hs. AUGUS : = P : E : RA : Behelmter achtfeldiger Schild wie Nr. 1.
Rs. DUX . BRUNOCEN : ET . LU : In der Mitte großes
Dm. 25 Mm, Gew. 2.44 Gr.
F.
Sambach, Heidbrück Kr Hameln.
d) Münzzeichen
18. 1617. Doppelschilling.
Hs. AVGVS : = E . P . RAT Behelmter achtfeldiger Schild wie Nr. 1.
Rs.
DVX
.
BRVNOCE : E :
LVN
.
1617 In der Mitte großes
, darüber
Dm. 25.5 Mm., Gew. 2.20 Gr.
Herzog von Cumberland.
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Münzzeichen
19. 1618. Goldgulden. - Tfl. II, 19 a und b.
Hs. a b)
.
AVGVSTV
.
D
.
G
.
P
.
E
.
RATZEB
.
Der Herzog geharnischt mit fliegender Feldbinde, im Schritt nach rechts reitend.
Achtfeldiger Schild wie Nr. 1, unbehelmt.
Dm. 22-23 Mm.
a) Neustrelitz 3.25 Gr.; Wien 3.15 Gr. alter Besitz = Monn. en or S. 154 Nr. 3 (1759); Herzog von Cumberland 3.20 Gr.; Sammlung Vogel in Chemnitz 3.17 Gr. - Katal. Reimmann Nr. 440 (175 M) = Katal. L. & L. Hamburger, Raritätenkabinett Oktober 1898, Tfl. III, 160. - Katal. D. Helbing, Sammlung Rainer, 1902, Tfl. IV, Nr. 587 = Berlin. Münzbl. 1902, S. 139, Abbildung (hier oben wiederholt), b) Berlin 3.12 Gr.; Gotha 3.22 Gr.
Die Hs.-Darstellung zeigt sehr rohen Stempelschnitt.
20. 1618. Doppelschilling.
Erster Stempel: Jahrzahl im Felde. - Tfl. II, Nr. 20 a.
Quadrierter Schild wie 2 a.
In der Mitte großes
, zu den Seiten 1 = 8, darüber
Dm. 23 Mm.
a) Britisches Museum London. - b) Neustrelitz, Gegenstempel Ro
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21. 1618. Doppelschilling
Zweiter Stempel: Jahrzahl in der Umschrift. - Tfl. II, Nr. 21m.
Quadrierter Schild wie Nr. 2 a und b.
In der Mitte großes
, darüber
Dm. 22 Mm., 9 Stück im Funde von Malchin = 18.64. Gr., im Durchschnitt also 2.07 Gr.
a) Städt. Mus. Braunschweig (Gegenstempel Schlüssel). - b) Ebenda und Herzog von Cumberland 1.75 Gr. und 1.80 Gr. (Schlüssel). - c) Berlin (Adler). - d) Kopenhagen - e und f) Städt. Mus. Braunschweig. - g) Herzog von Cumberland. - h) Städt. Mus. Braunschweig. - i) Frhr. Knigge Nr. 2072. - k) Samml. Vogel in Chemnituz 2.27 Gr. - l) Städt. Mus. Braunschweig. - m) St. Petersburg, als Klippe. - n) Berlin, auch Universität Leipzig.
a) Münzzeichen
22. 1619. Doppelschilling. - Tafel II, Nr. 22.
Hs. AUGUSTUS . D . G . P . E . RATZE : Quadrierter Schild wie Nr. 2 a.
Rs. . DUX . BRUNOUIC . E . L: 19
Dm 23 Mm.
Berlin, Schwerin
i. M., Dr. Gaettens, Fund von Malchin Nr. 80.
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b) Münzzeichen
23. 1619. Doppelschilling . - Tafel II, Nr. 23.
Hs. AVGVSTVS . D . G . P . E . RATZEB . Quadrierter Schild wie Nr. 2 a.
Rs.
.
DVX
.
BRVNOVIC
.
E
.
L
.
19
.
In der Mitte großes
, darüber
Dm. 22, Gew. 3 Stück = 5.28
Gr.
Neustrelitz, Herzogl. Mus.
Braunschweig (doppelt abgestempelt mit
Strahl und Ro), Schwerin i. M., Fund von
Malchin Nr. 81.
Münzzeichen
24. 1620. Reichstaler.
Von diesem Taler soll sich ein Exremplar in der
Sammlung des Herzogs von Cumberland befinden mit
"Hs. und Rs. wie der Taler von 1617, von
abweichender Zeichnung und mit der Jahreszahl
, ohne Münzzeichen, D)m. 44 Mm.,
Gew. 29.00 Gr.".
Archivrat Masch dagegen gibt in seinem
Manuskripte bei der kurzen Erwähnung dieses
Talers das Münzzeichen
an. Trotz der erdenklichsten
Mühe, die ich aufwandte, habe ich von diesem
Taler keinen Abguß erlangen können, so daß ich
die Zweifel bezüglich des Münzmeisterzeichens
nicht aufzuklären vermag.
Wie der Münzmeister Michael Hacke am 3. Juni 1620
aussagte, hatte er bis zu diesem Tage noch seine
Taler geprägt. Trägt der Taler also tatsächlich
das Zeichen
, so müßte er nach der Ende
September 1620 erfolgten Entlassung aus der Haft
des Herzogs Adolf Friedrichs zu Mecklenburg
geschlagen sein und würde beweisen, daß Hacke
sein Amt wieder angetreten und bis zum Ablaufe
des Jahres 1620 fortgeführt hat. Fehlt aber das
Münzzeichen, dann muß ein unbekannter
Münzmeister diesen Taler geprägt haben.
25. 1620. Doppelschilling.
Erster Stempel: Jahrzahl in der Umschrift. Tafel II, Nr. 25 c, f, g.
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Quadrierter Schild wie Nr. 2 a, b, c, auch wie c, mit einem Punkte in der Spitze der oberen Schweifung.
In der Mitte großes
, darüber
Dm. 20-22 Mm., 21 Stuck = 40.03 Gr., im Durchschnitt 1.91 Gr.
a) Herzog von Cumberland 1.90 und
1.50 Gr. - b) Schwerin i M. - c) Herzog von
Cumberland 1.85 Gr., Städt. Mus.
Braunschweig, Hannov. Prov. Mus.,
Neustrelitz (mit Strahl und G 3). - d, e und
f) Fund von Malchin. - g) Neustrelitz. - h)
Frhr. Knigge Nr. 2073, 2.34 Gr.
Gegenstempel Adler (Lübeck) 1.86 Gr und Ro
im Funde von Malchin Nr. 380 und 458.
Es gibt einen Doppelschillingstempel, auf
dem in der 20 infolge mangelhaften Abdrucks
der Punze die 0 wie eine ) aussieht
(Herzogl. und städt. Mus. in Braunschweig)
und zur irrigen Lesung 1621 Anlaß gegeben hat.
26. 1620. Doppelschilling.
Zweiter Stempel: Jahrzahl im Felde. - Tafel II, Nr. 26.
Hs. AVGVSTVS . D . G . P . E . RATZEB .
Ouadrierter Schild wie Nr. 2 b.
Rs. DVX . BRVNOVIC . E . L .![]()
In der Mitte, zu den Seiten Z=O, darüber
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Dm. 21-22 Mm.
Neustrelitz, Herzogl. Museum Braunschweig, Fund von Malchin Nr. 84, 1.67 Gr.
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In ausgeschweiftem, von der Bischofsmütze bedecktem Schilde das alte bischöflich Ratzeburger Wappen, gespalten: links halber Zinnenturm, rechts senkrecht stehender Bischofsstab.
Rs . a b) . DVX . BRVNOVIC . E . L . 20
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In der Mitte großes, darüber
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Dm. 22-23 Mm, Gewicht 1.95, 1.93
und 1.92 Gr.
Schwerin i. M.
Zwei dieser interessanten Doppelschillinge waren im Münzfunde von Slate bei Parchim enthalten, der i. J. 1854 gehoben wurde. G. E. F. Lisch berichtet über diese bis dahin unbekannten Stücke in den Meckl. Jahrbüchern, 19. Band 1854, S. 418, und gibt von dem Stücke von 1.95 Gr. eine Abbildung. Die Herkunft des dritten Exemplars kenne ich nicht. Masch erwähnt in seiner Handschrift noch einen vierten solchen Doppelschilling aus dem Funde von Greifswald, mit dem Gegenstempel G 3, doch weiß ich nicht, wo er verblieben ist. Weitere Exemplare sind nicht nachzuweisen.
Ich zog diesen Doppelschilling in den Berliner Münzblättern N. F. Nr. 121 vom Januar 1912 heran zur Erläuterung des nachstehend besprochenen Dreilings und gab dort die hier oben wiederholte Abbildung.
28. 1620. Dreier.
Erster Stempel. - Tafel II, Nr. 28 a und b.
Hs. Von Blätterwerk umgebener Schild mit gezinntem Turm, bedeckt von der Bischofsmüttze, dahinter hervorragend der Krummstab.
Rs. Reichsapfel mit 3, zu den Seiten des Kreuzes 16=20
Dm. 15-16 Mm.
a) Schwerin
i. M., erworben i. J. 1912 von A. E. Cahn,
Frankfurt a. M., 0.52 Gr.
b)
Stadtbibliothek Lübeck.
Ich habe diesen interessanten Kipperdreier a in den Berl. Münzbl. 1912 Nr. 121 bekannt gemacht. Er ist aufschriftlos, der Name des Münzherrn und des Landes fehlt, ebenso ein
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Münzmeisterzeichen, doch unterliegt es keinem Zweifel, daß wir es hier mit einem Gepräge aus der Schönberger Münzstätte zu tun haben. Entscheidend für die Zuteilung des Dreiers ist der soeben besprochene Doppelschilling: beide zeigen den Zinnenturm und den Bischofstab des von August angenommenen Wappens des Bistums Ratzeburg.
29. 1620. Dreier.
Zweiter Stempel. - Tafel II, Nr. 23.Hs. Geschweifter hochgeteilter, von der Bischofsmütze bedeckter Schild, darin links halber Zinnenturm, rechts Bischofsstab.
Rs. Wie der Dreier vorher.
Dm. 15 Mm.
Bischöfliche
Sammlung zu Eichstädt, unter Eichstädt
eingeordnet.
Dieser Dreier, ebenso der Dreier Nr. 28, Stempel b, wurde von H. Buchenau in den Bl. f. Münzfrde 1912, Nr. 2, Sp. 5231, bekannt gemacht. Es zeigt das Stiftswappen genau so, wie es auf dem Doppelschilling Nr. 27 dargestellt ist.
a) Münzzeichen
und B
K
30. 1623. Reichstaler. - Tafel II, Nr. 30 b.
Der dreifach behelmte Schild wie Nr. 1.
Rs. PATRTIIS = UI = RTUTIBUS
Der Herzog nach rechts reitend in ganz ähnlicher
Darstellung wie auf dem Taler von 1617 oben Nr.
12, jedoch unter dem Pferde 16 =
23, auch ist der Rasenboden
stärker angedeutet.
Dm. 44 Mm.
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a) St. Petersburg, Städt. Mus.
Braunschweig, Gotha 29.00 Gr., Neuftrelitz.
- b) St. Petersburg, Neustrelitz, im Haag,
München. - c) St. Petersburg, Herzogl. Mus.
Braunschweig, Berlin 28.40 Gr., Neustrelitz,
Dresden 28.60 Gr. - d) Wien 28.90 Gr., alter
Besitz = Monn. en argent S. 239 Nr. 6
(1769). Schwerin 28.47 Gr. - Herzog von
Cumberland 4 Exemplare 28.30-28.80 Gr.
Katal. Reimmann Nr. 2756 (16 M), Nr. 2757
(17 M). - Knüphausen Nr. 2029. - Frhr.
Knigge Nr. 2057. - Schultheß = Rechberg Nr.
4709 u. 4710. - Rehtmeier III, Tfl. 39,1
fehlerhaft mit RACEB
.
in der
Hs.=Umschrift statt RA : D : B : E : L :
Dieser Taler kommt häufig vor und ist in vielen Sammlungen vertreten. Nach meinen eingehenden Vergleichungen hat eine Wiederverwendung entsprechend geänderter Stempel des ganzen Talers von 1617, oben Nr. 12, hier nicht stattgefunden. Die Stempel für den Taler von 1623 sind vielmehr neu geschnitten worden, sowohl für die Hs., wie für die Rs. Die Trennungspunkte sind vielfach sehr klein und beim Prägen öfters nicht gut herausgekommen, dadurch erscheinen mehr Stempelverschiedenheiten, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Ich habe deshalb die Beschreibungen in Katalogen absichtlich unberücksichtigt gelassen und nur die Taler verzeichnet, die mir im Originale oder in gutem Abguß vorlagen. Daraus habe ich mit Sicherheit die obigen vier Stempel festgestellt, die übrigens auch noch in der Anordnung der Schildverzierungen von einander abweichen.
Wie wenig sorgfältig bei der Stempelanfertigung verfahren worden ist, zeigt der Fehler R: A für RA: auf dem Taler a, ein Beweis dafür, daß die Punkte nach den Buchstaben ganz mechanisch eingeschlagen wurden.
31. 1623. Halber Reichstaler. - Tafel II, Nr. 31 a, b und d.
Der Wappenschild wie auf dem ganzen Taler von 1623 Nr. 30.
Rs. a c d) PATRIIS = VIRTVTIBVS 1623
b) 23
.
PATRIIS = UIRTUTIBUS
.
16
Der Herzog nach rechts reitend, wie auf dem
ganzen Taler, bei b) im Helm, bei a, c, d im
Federhute. Unter dem Pferde
Dm. 36-38 Mm.
a) Berlin 14.07 Gr. - b) Neuftrelitz; auch ehemals Samml. v. Löhr, L. Hamburger 1875, Nr. 3406, - c) ehemals Samml. Bohlmann, Katal.
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H. S. Rosenberg, Hannover 1900
Nr. 786 mit Textabbildung (130 M), daraus
wiederholt Num.=sphrag. Anzeiger 1900 Nr. 11
S. 84 - d) Samml. Vogel in Chemnitz, ehemals
Samml. v. Lehmann, Katal. H. S. Rosenberg
1909 Nr. 880, Tfl. V, 14.30 Gr.; Herzog von
Cumberland 14.50 Gr.
Schultheß=Rechberg
Nr. 4709, Anm. - Meise, Guldenkabinet Nr. 1080.
Für die Variante d ist der Hs.=Stempel des halben
Talers von 1617, oben Nr. 13 benutzt, dabei aber
das Münzzeichen
in ein peinlich unförmliches
verändert worden.
32. 1623. Viertel Reichstaler. - Tafel II, Nr. 32.
Hs. . AVGV : D : G := P : E : R : D : B : E : L :
Der Wappenschild wie auf dem ganzen Taler von 1623, Nr. 30.
Rs. PATRIIS = VIRTVTIBV = S
=
.
1623
.
Der behelmte
Herzog n. r. reitend, wie bisher, unter dem
Pferde
, ohne Andeutung des Erdbodens.
Dm. 29 Mm.
Universität Leipzig.
33. 1623. Halber Reichsort (1/8 Reichstaler). - Tafel II, Nr. 33.
Hs. AVGVSTVS· . D . G . P . E . P . R . D . BRV : EL(:?)
Der Braunschweigische Helm.
Rs. PATRIIS VIRTVTIBVS 1623
In der Mitte in vier Zeilen:
HALB │ REICHS │ ORTH │ B
K
Dm. 27 Mm., Gew. 3.40 Gr.
Dr. R. Gaettens in Halle a. S.
Mit ganz geringen Abweichungen in der Interpunktion abgebildet bei Seeländer Tfl. 94,2.
b) Münzzeichen
34. 1623. 1/16 Reichstaler (Düttchen, Doppelschilling). Tafel II, Nr. 34.
Hs. AVGVSTVS
.
D : G
.
P : E :
P
.
RA : D : B : E : LV : Quadrierter
Wappenschild wie Nr. 2 d, mit dreifachen
Trennungslinien der Felder. Zu den Seiten des
Schildes
.
=
.
, darüber
Rs. REICHS
.
SCHROTS
.
VN KORNs
:
In der Mitte in vier Zeilen:
16 . │ REICHS │ DALER │ 1623
Dm. 28 Mm., Gew. 3.40 Gr.
Neustrelitz (aus Sammlung Masch).
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Diese Münze hat große Ähnlichkeit mit den häßlichen breiten Doppelschillingen, die Herzog Christian zu Braunschweig und Lüneburg in den Jahren 1622 und 1623 zu Winsen a. d. Luhe, Herzog Julius Ernst 1624 zu Scharnebeck prägen ließen. Vergl. M. Bahrfeldt, Braunschwei=Lüneburg S. 134-137 und 188, auch Fiala 7. Bd. Tfl. 3, 11.
Auf den vorstehend beschriebenen Münzen erscheinen nun folgende Münzmeisterzeichen:
im Jahre |
1617
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1618
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|
1619
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|
1620
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|
1623
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Als erster Münzmeister in Schönberg wird uns für
1617 Jacob Mirendorf genannt, der anscheinend im
Frühjahre 1619 seinen Dienst dort verlassen hat,
denn Michael Hacke bezeichnet ihn im Protokoll
vom 3. Juni 1620 (s. oben S. 312) als seinen
Vorgänger. Damit stimmt überein, daß das
Münzzeichen
, seltener M allein, auf den
Münzen des Jahres 1617 erscheint und 1619
verschwindet. Hiernach kann es keinem Zweifel
unterliegen, daß das Monogramm
auf Mirendorf zu beziehen ist,
bestehend aus Mirendorf und Iacob, das
quer darüber gelegt.
Das
ist vielfach auch für das Zeichen
des Münzmeisters Hans Georg Meinhardt gehalten
worden. Dieser, aus Eisleben stammend, war
1619-21 Münzmeister des Herzogs Christian zu
Braunschweig und Lüneburg an der Münzstätte zu
Winsen an der Luhe. Am 1. Januar 1622 wurde er
an der Münzstätte des Herzogs Wilhelm zu
Braunschweig und Lüneburg in Moisburg
angestellt, entwich aber schon im April 1622
nach Polen, wo er Münzmeister in Lobsenz wurde.
11
) Da die Zeit stimmt, könnte er
sehr wohl von 1617-19 in Schönberg amtiert
haben, zumal gerade nur in diesen Jahren das
dort erscheint. Da er aber stets
das Zeichen
oder
=
H
ans
G
eorg
M
einhardt führte, niemals
, so kann er nicht in Betracht
kommen, zumal Mirendorf beglaubigt ist.
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Fiala, Bd. 7, S. 150, Nr. 431 liest das Monogramm
auf dem großen Schautaler Nr. 5
infolge Doppelschlages als
= H und W, setzt die Ausprägung
der Münze in die Zeit von 1634-36 und verlegt
sie nach den Münzstätten Claustal oder
Zellerfeld. Alles das ist irrig, s. oben S. 25.
Für die anderen drei Zeichen
,
und
, die auf den Münzen des Jahres
1617 erscheinen, habe ich keine Erklärung, ich
weiß auch nicht einmal, was die beiden ersten
eigentlich recht bedeuten sollen, ein Beil und
eine Slange oder Turmspitze mit Flagge? Da
Mirendorf der erfte Münzmeister in Schönberg
gewesen ist, können die Inbaber dieser drei
Zeichen nicht vor ihm amtiert haben. Es bleibt
kaum etwas anderes übrig, als die Annahme,
entweder, daß Mirendorf selbstvorübergehend mit
seinem Zeichen gewechselt hat, und die des
Jahres 1617 sämtlich ihm angehören, oder daß sie
die Zeichen von neben= oder untergeordneten
Münzmeistern, des Wardeins oder endlich des
Stempelschneiders gewesen sind. Aber das sind
alles lediglich Vermutungen, Gewißheit würden
nur glückliche archivalische Funde bringen können.
ist das Zeichen des Michael Hacke
oder Hake, zwei gekreuzte Hacken mit
durchgestecktem Zainhaken, 1619-1620. Über ihn
ist oben S. 11 fg. ausführlich gehandelt worden.
und B
K, 1623, unbekannter Münzmeister,
über den ich nicht das Geringste gefunden habe.
"Wahrscheinlich ist es das Zeichen des
Balthasar Kruse, des späteren Münzmeisters unter
Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg (Evers,
Mecklbg. Münzverfassung I, S. 436)", sagt
Masch in seinem erwähnten Manuskripte. Ed.
Grimm, Münzen und Medaillen der Stadt Wismar,
Berlin 1897, S. 7, nennt ihn Berthold Krause
auch als Münzmeister in Wismar von 1650-1660.
Ich glaube nicht, daß der Zeitunterschied
zwischen der Tätigfeit des B K von 1623 und des
Münzmeisters Kruse oder Krause die Annahme
beider als eine und dieselbe Person gestattet.
, ebenfalls 1623, kommt vor auf
dem 1/16 Taler oder Dütchen Nr. 34 und auf dem
umgeänderten Stempel des halben Talers Nr. 31 d.
Auch hier vermag ich über den Münzmeister, der
dies Zeichen führte, nicht einmal eine Vermutung auszusprechen
Leider fehlen Kirchenbücher, die etwa über die Personalien der Münzbediensteten Auskunft geben könnten, in Schönberg aus dieser Zeit gänzlich. Sie beginnen erst mit dem Jahre 1640.
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Seite 341 |
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Von den in Schönberg angestellten Wardeinen ist nur Tobias Reinhardt bekannt, der im Mai 1618 den Dienst dort verließ (s. oben S. 308).
Die Münzstempel, wenigstens die von Michael Hacke 1619 und 1620 gebrauchten, wurden nach einer kurzen Aktennotiz von Peter Molrad in Gadebusch geschnitten, der auch die Stempel für die Münzstätten zu Gadebusch und Wismar, wohl auch noch für andere, lieferte.
Fiala's Annahme (Bd. 7, S. 150 Nr. 431), die
Stempel zu dem großen Schautaler Nr. 5 seien von
Henningk geschnitten, ist willkürlich und
unbelegt. Der geschickte, I = H oder
zeichnende Stempelschneider Isaac
Henniges hat für Hildesheim (Bistum und Stadt),
Magdeburg, Nordhausen usw. gearbeitet. Auf dem
Schautaler aber fehlt seine Signatur, der Stil
des Stempelschnitts ist auch gänzlich abweichend
von dem seinigen.
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|
:
Von
Dr. Wilhelm Jesse -Schwerin.
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[ Seite 344 ] |
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[ Seite 345 ] |
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Z u Beginn dieses Jahres hat die mit dem Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde verbundene Kommission zur Herausgabe des Mecklenburgischen Urkundenbuches beschlossen, die kleinen, nichtstaatlichen und nicht unter fachmännischer Verwaltung stehenden Archive des Landes bereisen und ihre Bestände verzeichnen zu lassen. Man ist damit in Mecklenburg einem Beispiele gefolgt, das die Mehrzahl der deutschen Landschaften bereits gegeben hatte; denn es ist längst keine zu bestreitende Frage mehr, daß ein derartiges Unternehmen für jedes Land und jede Provinz zu den Notwendigkeiten der territorialgeschichtlichen Forschung gehört.
Im Gebiete des Deutschen Reiches ist Baden vorangegangen. Hier sind seit dem Jahre 1884 auf Betreiben der Historischen Kommission für die einzelnen Bezirke des Landes ernannte und in ihnen wohnhafte "Pfleger", meist Pastoren, am Werke, die kleinen nichtstaatlichen Archive zu verzeichnen und für deren dauernde Ordnung zu sorgen. Der Staat unterstützte ihre Tätigkeit durch eine Gesetzgebung für Stadt= und Gemeindearchive. Die badischen Inventare wurden in der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins veröffentlicht und sind seit 1910 abgeschlossen. Einen ähnlichen Weg hat Württemberg seit 1899 (Kommission für Landesgeschichte) eingeschlagen. - Im Gegensatz zu diesem "Pflegersystem" hat die Mehrzahl der deutschen Landschaften das "Reisesystem" zur Anwendung gebracht. Die Verzeichnung geschieht hier durch einen archivalisch ausgebildeten Fachmann, der die einzelnen Archive nach und nach bereist. Ein solcher Reisearchivar wird von einer historischen Kommission oder auch einem Staatsarchiv zu dem genannten Zwecke bestellt. So hat z. B. Bayern durch den Erlaß vom 8. August 1906 die Gemeindearchive unter die einzelnen staatlichen Kreisarchive gestellt und läßt sie von hier aus bereisen und erforschen. Mit der Verzeichnung von bayrischen Pfarrarchiven hat man in Franken auf evangelischer und katholischer Seite begonnen (Gesellschaft für fränkische Geschichte).
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Nahezu abgeschlossen ist die großzügig angelegte Bereisung und Verzeichnung der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen durch die Gesellschaft für rhein. Gesch. und die Historische Kommission f. d. Provinz Westfalen. Die Inventare der Rheinprovinz (von Tille und Krudewig) liegen bereits in 4 Bänden (1899-1911) gedruckt vor. In der Provinz Sachsen ist die zuständige Historische Kommission seit 1900 am Werke, in Hannover der Historische Verein f. Niedersachsen. Ebenso haben die einschlägigen Kommissionen, Gesellschaften und Vereine in Sachsen=Anhalt, überhaupt in den thüringischen Staaten, Hessen=Waldeck, Pommern, Nassau, Oberhessen und Schlesien die planmäßige Durchforschung der kleineren Archive in Angriff genommen und schon zum guten Teil gefördert. - Zahlreich sind ferner die Beispiele für eine Inventarisierung einzelner nicht fachmännisch verwalteter Stadtarchive (in Schleswig=Holstein, dann Elbing, Kottbus, Oldenburg i. G., die Gemeindearchive von Elsaß=Lothringen und die Städte im Königreich Sachsen). Köln verzeichnete die Bestände seiner Pfarrarchive. - Außerhalb Deutschlands ist man namentlich in Österreich (Steiermark, Kärnten, Tirol seit 1888, Vorarlberg, Böhmen, Mähren, Oberösterreich und Galizien) lebhaft tätig, die noch im Lande verborgenen Schätze an historischem Ouellenmaterial zu heben 1 ).
In Mecklenburg ist für die Pflege nichtstaatlicher Archive bisher wenig getan worden und noch weniger für die Nutzbarmachung der im Lande zerstreut liegenden Archivalien. Die Herausgeber des Mecklenburgischen Urkundenbuches mußten sich darauf beschränken, die noch an Ort und Stelle befindlichen größeren Kloster= und Kirchenarchive und die wichtigeren Stadtarchive nach Urkunden des 13. und 14. Jahrhunderts zu durchforschen. Einige Städte, wie noch kürzlich Malchin, haben auch wohl ihre älteren Akten fachmännisch oder durch einen eigenen interessierten Beamten oder einen Privatmann ordnen lassen, ebenso manche Besitzer von Guts=, Familien= und Pfarrarchiven. Manches Stück ist auch im Laufe der Jahre von diesen Stellen
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ans Archiv in Schwerin gekommen und damit der Forschung zugänglich gemacht. Eine systematische Erforschung aller kleineren Archive aber und eine Verzeichnung ihrer Bestände ist erst jetzt durch die Urkundenbuchskommission in die Wege geleitet.
Diese Kommission ist, wie ihr Name sagt, ursprünglich nur zur Herausgabe eines bis zum Jahre 1500 geplanten Urkundenbuches gegründet worden und hat neben dem nunmehr bis auf die Nachträge abgeschlossenen Abdruck der Urkunden bis 1400 auch die Sammlung von Auszügen (Regesten) der Urkunden des 16. Jahrhunderts in Angriff genommen. Der Vervollständigung beider Sammlungen soll auch ihr neues Unternehmen in erster Linie dienen. Daß bei dieser Gelegenheit auch die Urkunden und Akten späterer Zeit, die nach der Lage der Dinge sogar überwiegen, mit berücksichtigt werden mußten, ergibt sich von selbst. Der Kommission ist durch den § 5 ihres Statuts von 1891 die Möglichkeit gegeben, auch für spätere Jahrhunderte Material zu sammeln. So ist man denn in richtiger Erkenntnis, daß die Urkundenbuchskommission, solange sie noch nicht, wie zu wünschen wäre, zu einer allgemeinen mecklenburgischen historischen Kommission ausgebaut ist, wenigstens die Pflichten einer solchen zu erfüllen habe, an die neue Arbeit gegangen.
Um eine möglichst genaue Kenntnis von den Beständen der kleinen Archive zu gewinnen, hat man sich bei uns zur Anwendung des Reisesystems entschlossen, das ja ohne Frage den unleugbaren Vorzug hat, daß die Verzeichnung nach einem einheitlichen Plane durchgeführt wird. Die erforderlichen Mittel wurden von der Kommission vorläufig für ein Jahr bewilligt und der Verfasser mit dem Unternehmen beauftragt, das der Leitung der beiden Sekretäre des Geschichtsvereins unterstellt wurde. Ein von den Mitgliedern der Urkundenbuchskommission und dem Vereinsausschuß unterzeichnetes Rundschreiben erging, den besonderen staatsrechtlichen Verhältnissen in Mecklenburg Rechnung tragend, an die in Frage kommenden Stellen: Städte, Rittergüter, Superintendenturen, Pfarren und Großherzogliche Ämter, mit der Aufforderung, dem Beauftragten der Kommission zu ihren rein wissenschaftlichen Zwecken die Archive zu öffnen. Das Rundschreiben wurde im März und April zunächst an alle Pfarren, Superintendenturen und Ämter, die Städte des westlichen und mittleren Mecklenburg
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sowie an alle in den westlichen ritterschaftlichen Ämtern Schwerin, Mecklenburg, Grevesmühlen, Gadebusch, Boizenburg, Wittenburg sowie Sternberg, Crivitz und Grabow belegenen Güter versendet. Für die Pfarren des Landes erteilte der Oberkirchenrat unterm 15. April 1913 die prinzipielle Genehmigung. Die Zustimmung der einzelnen Gutsbesitzer, Pfarren, Ämter und Städte wurde auf einer beigegebenen Karte erbeten. Das Resultat des Rundschreibens, das bei vielen Orten wiederholt werden mußte, war folgendes: Es antworteten, d. h. erlaubten die Durchsicht ihrer Archive oder zeigten den Nichtbesitz von Archivalien an von 25 Städten 23, von den 24 Ämtern 12 (hier wurde die Erlaubnis teilweise von der Zustimmung des Finanzministeriums, Abteilung für Domänen und Forsten, abhängig gemacht), die 7 Superintendenturen und 239 von 325 Pfarren (Pfarren neueren Ursprungs kamen natürlich gar nicht, kombinierte Pfarren nur einmal in Frage). Aus dem ritterschaftlichen Amt Boizenburg antworteten von 13 Besitzern 4, aus r. Amt Crivitz von 29 11. Im r. Amt Gadebusch war das Verhältnis 16 : 19, r. Amt Grabow 12 : 4, Grevesmühlen 49 : 30, Mecklenburg 36 :14, Schwerin 30 : 20, Sternberg 18 : 10 und Wittenburg 36 : 21.
Das Ergebnis erscheint auf den ersten Blick ungünstiger, als es in Wahrheit ist. Zunächst sind unter den noch ausstehenden Pfarren 30 landesherrlichen Patronats, deren Archive nach der Genehmigung des Oberkirchenrats ohne weiteres durchgesehen werden dürfen. (Von dieser Möglichkeit ist auch bereits mehrfach Gebrauch geimacht.) Bei den übrigen 60 Pfarren ritterschaftlichen, städtischen oder klösterlichen Patronats wird es sich auch wohl in keinem Falle um Versagung der Erlaubnis seitens des Patronats handeln. Auch ihre Archivalien werden voraussichtlich zur Verfügung stehen, wenn erst die Frage unmittelbar an sie herantritt. Das Gleiche dürfte von der weitaus größten Mehrzahl der ritterschaftlichen Besitzer gelten. Einmal bilden unter den zahlreichen noch ausstehenden Gütern solche einen hohen Prozentsatz, die verpachtet sind oder verwaltet werden, auf denen sich überhaupt der Besitzer nicht dauernd aufhält. Hier ist das Rundschreiben jedenfalls häufig gar nicht in die Hände des Besitzers gelangt. Sodann aber hat die Erfahrung bereits gezeigt, daß in ritterschaftlichen Ämtern, die wie Schwerin, Gadebusch und Grevesmühlen schon bereist sind und wo durch die verschiedensten Beziehungen persönlicher Art
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mehr Fühlung mit den Besitzern gewonnen wurde, die Zustimmungserklärungen bis zu 2/3 aller Besitzer im Amte steigen. Wir dürfen wohl annehmen, daß durch Ausdauer auch für die übrigen Ämter mit der Zeit das gleiche Resultat zu erwarten ist.
Ungleich wichtiger noch aber ist die gemachte Erfahrung, daß gerade diejenigen Stellen auf das Unternehmen eingegangen sind, von denen man nach der Geschichte des Gutes bezw. der Familie des Besitzers oder aus sonstigen Gründen ältere und wichtige Archivalien vermuten konnte, und manche Besitzer haben wohl aus dem Grunde nicht auf das Rundschreiben geantwortet, weil sie sich nicht im Besitze von in Frage kommenden Akten und Urkunden glaubten. Auch ein negatives Ergebnis ist natürlich von Wert und daher dringend zu wünschen, daß von den bißher ausgebliebenen Gütern Antworten eingehen, auch wenn nur geringe oder gar keine Bestände vorhanden sind. Schon jetzt aber läßt sich vermuten, daß die große Mehrzahl der mit ihren Antworten noch ausstehenden Güter eben das Bild wesentlich nur im negativen Sinne ergänzen werden, wenn man auch vor Überraschungen nach dieser Richtung hin nie sicher sein kann. Diejenigen Gutsarchive, die wirklich umfangreiche und historisch wichtige oder überhaupt ältere Akten und Urkunden besitzen, sind der Kommission durchweg bereitwilligst zur Verfügung gestellt und in den genannten Ämtern auch zum Teil schon mit gutem Erfolg verzeichnet worden. Die Kommission hat demnach alle Veranlassung, mit dem Resultat ihres Unternehmens vorläufig voll zufrieden zu sein. Der Verfasser selbst aber darf bereits jetzt seinen wärmsten und aufrichtigsten Dank aussprechen für das Entgegenkommen, das man ihm überall auf Gütern und Pfarren bereitete und für die liebenswürdige, gern gespendete und gern angenommene Gastfreundschaft, die dem guten Rufe unseres Landes in dieser Hinsicht wieder alle Ehre machte! Wenn ich hier die Bitte anschließe, die Arbeit der Kommission und ihres Beauftragten im alleinigen Interesse der Sache auch ferner zu unterstützen, so seien damit vor allem die Stellen gemeint, die nicht gerade durch ablehnende Haltung, wohl aber durch Gleichgültigkeit dies volkskundliche und vaterländische Unternehmen und die Gewinnung eines vollständigen Bildes aufhalten oder gar verhindern könnten, wie das doch wohl gewiß nicht in ihrer Absicht liegt! -
Meine Reisen haben sich in der Zeit vom 15. Mai bis 30. September mit einer Ausnahme zunächst auf den Westen des
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Landes und die Umgegend von Schwerin erstreckt. Besucht und verzeichnet wurden an 75 Reisetagen 5 Stadtarchive, 56 Pfarren, 42 Güter, eine Superintendentur und je ein großherzogliches und ritterschaftliches Amt. Der Bodenfläche nach ist der bereiste Teil des Landes - und auch da blieben noch zahlreiche Orte aus den verschiedensten Gründen unbesucht - etwa 1/6 von ganz Mecklenburg=Schwerin! Noch fehlt der ganze Osten mit seinen zahlreichen alten Rittersitzen, den Städten Parchim, Malchin, Güstrow usw. Aber schon aus den bisher im Westen gewonnenen Ergebnissen läßt sich mit Bestimmtheit schließen, daß das neue Unternehmen der Urkundenbuchskomission ein in jeder Beziehung für die Landeskunde und deren weitere Erforschung lohnendes, ergiebiges und notwendiges war, dessen Fortsetzung nur mit allen Kräften zu betreiben ist und das nach seinem Abschluß einen wertvollen Beitrag zur Geschichte unseres Heimatlandes liefern wird! -
Was haben nun die Forschungen für praktische Erfolge gezeitigt und was lassen sie uns von den im Lande in den kleinen Archiven ruhenden hisstorischen Quellen an neuer Erkenntnis für die Territorial= oder Lokalgeschichte erwarten?
Nach den für die Verzeichnung maßgebend gemachten Grundsätzen wurden im allgemeinen alle Akten und Urkunden aufgenommen, soweit sie vor 1800 entstanden waren und für die Lokal= oder Landesgeschichte, politische, wirtschafts= oder rechtsgeschichtliche und statistische Fragen, überhaupt für allgemein kulturelle Verhältnisse von bleibendem Wert zu sein schienen. Über das 18. Jahrhundert hinaus fanden nur einzelne Dinge, wie etwa Akten über die Kriegsjahre 1806-1815, das Jahr 1848 oder über bäuerliche Verhältnisse Berücksichtigung.
Von vornherein war damit zu rechnen, daß nicht überall große Schätze zu heben sein würden. Manche umständliche Reise war nahezu ohne Erfolg, aber sie durfte nicht gescheut werden, da einmal auch das negative Ergebnis von Wert sein konnte und sodann die Erfahrung sehr bald lehrte, daß an Orten, die man geneigt gewesen wäre, zu übergehen, weil nach Ansicht des Besitzers "nichts wichtiges" oder "nichts älteres" an Archivalien vorhanden wäre, oft die interessantesten Funde gemacht wurden. Aber auch wo das Material lediglich von lokalem, persönlichem oder Familien=Interesse war, überall ergaben sich Einzelheiten, die wohl einmal, in einen anderen Zusammen=
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hang gerückt, von allgemeinerem Wert werden können. Fast auf jeder Pfarre und jedem Gut wurden Nachrichten gewonnen, die, alle zusammengetragen, wohl einmal geeignet sein werden, manche Zeiten und Verhältnisse in anderem Lichte erscheinen zu lassen. Nicht Mitteilungen über große "Haupt= und Staatsaktionen" finden sich in den kleinen Archiven, nicht Könige und Fürsten erscheinen in den Urkunden und Akten und schließen politisch wichtige Verträge: der Gutsherr und Patron der Kirche, der alte mecklenburgische Adel, Pächter, Bauern und Tagelöhner, der Pastor und sein Küster, in den Städten Bürgermeister, Rat, Zünfte und Innungen treten uns hier aus den Akten oft so unmittelbar und lebendig entgegen und geben uns Aufschlüsse und Erkenntnisse über Dinge, die man in den offiziellen staatlichen Archiven vergebens suchen würde. In hohem Maße sind alle diese kleinen Züge geeignet, ein anschauliches Bild von manchen ländlichen und städtischen Verhältnissen aus der Vergangenheit zu vermitteln, und die Erschließung dieser Quellen wird für die Förderung der Heimatkunde und die Stärkung oder Weckung des Heimatsinnes wertvolle Dienste leisten können.
In diesem Rahmen kann nur ein ganz kurzer Überblick über den Umfang, die Art und den Wert der bisher erforschten kleinen Archive gegeben werden. Eine Veröffentlichung der Inventare wird voraussichtlich erst nach dem Abschluß des ganzen Unternehmens erfolgen, und die Jahrbücher werden nur immer in Form eines Reiseberichtes über den Fortgang der Arbeit Mitteilung machen. Die zum Schlusse probeweise mitgeteilten Inventare sollen vorläufig nur ein Bild von der geplanten Form der Veröffentlichung und Beispiele von der Art und Beschaffenheit der vorgefundenen Archivalien geben. -
Für die Ergänzung des Urkundenbuches, also für das 13. und 14. Jahrhundert sind etwa 20 neue Urkunden in Original oder Abschrift gefunden. Reicher schon war die Ausbeute für die Regestensammlung des 15. Jahrhunderts. Hier sind mehr als 40 neue Stücke verzeichnet. Auch die Urkunden des 16. Jahrhunderts (annähernd 100 Stücke) wurden durchweg noch einzeln mit kurzer Inhaltsangabe aufgenommen, ebenso auch einzelne Stücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Im übrigen galt für diese spätere Zeit der Grundsatz, die vorhandenen Akten oder Teile daraus unter größere Rubriken möglichst kurz und treffend zusammenzufassen und dabei eine etwa schon vorhandene Ordnung und Bezeichnung zugrunde zu legen. Einem Wunsche des
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"Heimatbundes" entsprechend, wurden auch die Karten mit vermerkt und Aktenstücke, die den Zwecken der Flurnamenforschung dienen könnten, im Inventar mit einem F versehen.
Die ältesten Urkunden fanden sich naturgemäß in den Gutsarchiven und vorzugsweise aus solchen Besitzungen, die lange in der Hand derselben Familie geblieben, wo Guts=und Familiengeschichte miteinander verwachsen waren oder die Archivalien den Bestandteil eines Fideikommisses bildeten. Das gilt von Schimm (v. Bassewitz, hier die älteste, allerdings nichtmecklenburgische Urkunde von 1266, und der reichste bisher gefundene Bestand überhaupt), Gr. Salitz (v. Lützow), Kogel, Stuer und Walow (v. Flotow), Bülow bei Crivitz (v. Barner). Außer diesen Gütern waren besonders ergiebig Wieschendorf (v. Bülow, jetzt v. Mecklenburg), Johannstorf (Eckermann), Lützow (Graf Bassewitz=Behr), Wedendorf (Gras Bernstorf), auch Brüsewitz und Langenbrütz. Die Archive von Damshagen (v. Plessen) und Lütgenhof=Prieschendorf (Parkentin=Negendanck, jetzt von Paepke) wiesen wohl große Bestände auf, doch ging kaum ein Stück weiter als bis ins 17. Jahrhundert zurück. Namentlich Lütgenhof, wo man noch außer den beiden bekannten von 1351 und 1353 mittelalterliche Urkunden vermutete (vgl. Einleitung Zum M. U.=B. I. S. LI) enttäuschte nach dieser Richtung hin. Von den Beständen der Gutsarchive, wie sie sich durchschnittlich überall fanden, seien erwähnt die teilweise recht interessanten Patrimonialgerichtsakten (darunter häufig Hexenprozesse), Veränderungen im Bestande oder Besitz der Güter und Prozesse darum (Grenzen, Kauf=, Tausch=, Pachtverträge), Inventare, Feldregister, Untertanenverhältnisse, Kirchenpatronatssachen, Lehnsachen, Kriegslasten usw. Die bunte Mannigfaltigkeit läßt sich schwer so kurz wiedergeben. Verzeichnet wurden stets auch Urkundensammlungen oder =Verzeichnisse, Aktenauszüge oder handschriftliche Darstellungen oder Versuche zur Orts= oder Familiengeschichte (Volzrade, Kogel, Gr. Salitz, Schimm u. a.).
Von den bisher besuchten Städten haben Hagenow, Rehna und Crivitz durch frühere Brandschäden alles ältere Material eingebüßt. Crivitz bewahrt aber Abschriften von unbekannten Urkunden des 14. Jahrhunderts. Gadebusch und Grevesmühlen besitzen eine Anzahl von Originalen aus dem 13. bis 17. Jahrhundert, die zum Teil noch unbekannt waren, neben anderen interessanten Akten, Stadtbüchern usw.
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Über die Bestände der großherzoglichen Ämter möchte ich mich noch nicht äußern, da ich nur erst Crivitz durchgesehen habe. Ebenso bleibe die Frage vorläufig unerörtert, ob diese Behörden, die früher oder später ihre Akten an das Hauptarchiv abliefern, überhaupt mit zu berücksichtigen sind.
Nicht ohne Wert waren die Akten des ritterschaftlichen Amtes Grevesmühlen. Die Superintendentur Wismar hat unter den Akten des geistlichen Ministeriums wichtige Sachen.
In den Pfarrarchiven des Landes hat durchweg der dreißigjährige Krieg mehr noch als auf den Gütern alle älteren Archivalien vernichtet. Nur an wenigen Orten gehen die Akten, wie Kirchenbücher und = Rechnungen über die Mitte des 17. Jahrhunderts zurück, und nur vereinzelt haben sich Urkunden und Akten aus dem 15. und 16. Jahrhundert gerettet (Gr. Brütz, Retgendorf, Lübow, Grevesmühlen). Die umfangreichsten und wertvollsten Aktenstücke haben die Pfarren Grevesmühlen, Gadebusch, Alt=Meteln, Prestin. Zu nennen wären auch Stralendorf, Gr.=Brütz, Hohen=Viecheln. - Die Kirchenbücher des Landes sind ja von Stuhr in Jb. 60 nach einer schriftlichen Umfrage zusammengestellt. Soweit Originalkirchenbücher nicht inzwischen an das Archiv geliefert oder sonst gelegentlich einer fachmännischen Durchsicht unterzogen sind, wurden die Angaben geprüft und etwaige Ergänzungen und Verbesserungen im Inventar vermerkt (Stralendorf, Cramon, Stuer u. a.). - Die seit 1998 aus allen Pfarren vorhandenen Chroniken (auf Veranlassung des Herzogregenten Johann Albrecht) sind nur dann aufgeführt, wenn sie wirklich eine Geschichte des Kirchspiels und des Ortes enthalten. Leider ist das nicht sehr häufig der Fall. Meist beginnen die Chroniken 1898 und geben etwa nur noch eine Beschreibung des Kirchfpiels mit gelegentlichen historischen Notizen, die zumeist aus Schlies Denkmälerwerk entlehnt sind. Immerhin habe ich auch eine bedeutende Anzahl von Arbeiten gefunden, die mit großem Fleiße unter ausgiebiger Benutzung des eigenen Pfarrarchives, des Urkundenbuches und anderer literarischer Quellen, nicht selten auch des Archives zu Schwerin zusammengetragen waren (z. B. Gr. Brütz, Mecklenburg, Vellahn, Wismar St. Marien). - Die ältesten Kirchenrechnungen haben wohl Friedrichshagen (1600), Grevesmühlen (1618), Meteln (1624), Mecklenburg (1627) und Gadebusch (1633). -Im übrigen gilt von den Pfarrarchiven, daß sie alle mehr oder
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weniger Akten besitzen, die geeignet sind, die kulturellen Verhältnisse auf dem Lande zu beleuchten. Sei es, daß der Prediger im Streite liegt mit dem Patron oder den Bauern um alle die mannigfaltigen Hebungen und Leistungen, aus denen sich bis in die Gegenwart hinein vieler Orten das Einkommen eines Pastors zusammensetzt, mag es sich um den Küster und seine Einkünfte, die Pfarr= und Kirchenbauten, den Pfarracker, die Predigerwitwe, Pfarrwahlen usw. handeln, immer gewinnen wir interessante und bezeichnende Einzelheiten. Erfreulicherweise haben in neuerer Zeit auch schon viele Pastoren aus ihren eigenen Pfarrakten in den Gemeindeblättern, in der "Heimat" oder in Vorträgen Episoden aus dem Leben der Vergangenheit des Kirchspiels mitgeteilt. Es wäre zu wünschen, daß jeder neue Prediger sein Archiv so bald wie möglich genau kennen lernt und nicht vor den für einen Laien allerdings oft recht großen Schwierigkeiten der Ordnung und der Entzifferung älterer Stücke zurückschreckt. Manche wertvolle Anregung und Erkenntnis ließe sich daraus auch für den Beruf gewinnen. -
Wenn nun das im Lande an Ort und Stelle befindliche historische Quellenmaterial auch heute noch als ein verhältnismäßig reiches und nach seiner völligen Erschließung wertvolles angesehen werden darf, so empfand doch der Verfasser zu wiederholten Malen schmerzlich die Verluste, die Brand, Krieg, Zerstörung und Unverstand herbeigeführt haben. Aus manchen gelegentlichen Hinweisen und Notizen, vor allem aus älteren Inventaren und Aktenverzeichnissen ließ sich oft deutlich feststellen, was inzwischen, häufig erst seit Ende des 18. Jahrhunderts, an historisch wertvollem Material zugrunde gegangen ist. Dafür ist keineswegs allein der vielberufene dreißigjährige Krieg, auch nicht die Preußen= und die Franzosenzeit, auch nicht nur Feuersbrünste verantwortlich zu machen. Ebensoviel, möchte ich behaupten, ist durch schlechte Aufbewahrung, mangelndes Verständnis und unbedachte Verschleppung oder Vernichtung für immer verloren gegangen.
Damit berühre ich die auch heute noch sehr heikle, aber m. E. im Interesse der Sache nur mit Offenheit zu behandelnde Frage der gegenwärtigen Pflege und Aufbewahrung von Urkunden und Akten in den kleinen Archiven und Registraturen. Die bislang gewonnenn Erfahrung hat gezeigt, daß die Reise nicht nur den Zweck haben mußte, das vorhandene Material zu erschließen und zugänglich zu machen, sondern daß die Anwesen=
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heit eines Fachmannes vieler Orten überhaupt erst das Verständnis für den Wert der vorhandenen, aber unbeachteten, ja oft völlig unbekannten Archivalien wecken mußte. Soweit es angebracht und möglich war, konnte er auch auf eine angemessene Pflege, Ordnung und sichere Aufbewahrung hinwirken. Damit war es nämlich an zahlreichen Stellen traurig bestellt. Vorweg sei bemerkt, daß dies nicht allgemein gilt. Auf vielen Gütern, vornehmlich solchen, wo sich die Verfolgung der Familiengeschichte durch mehrere Jahrhunderte hindurch mit der Orts=und Gutsgeschichte verband, herrschte eine vollkommene Kenntnis des vorhandenen Materials, ja ein reges Interesse für dessen weitere Erschließung und ein beinahe liebevolles Eingehen auf die Vergangenheit. Hier war auch zumeist eine Ordnung der Bestände vorhanden bezw. einmal vorhanden gewesen, die, wenn auch nicht in allen Teilen praktisch und sachgemäß, die Arbeit doch wesentlich erleichterte. Vorhandene Verzeichnisse der Akten gehörten allerdings fast stets einer früheren Zeit an und waren veraltet, unzuverlässig, wenn nicht wertlos geworden. Um so dankbarer wurden an einigen Stellen ergänzte und fortgeführte Registraturen empfunden (Bülow, Damshagen, Cramon u. a.). Auf anderen Gütern war eine neue Ordnung beabsichtigt aber schon im Gange.
In den weitaus häufigeren Fällen aber ließ die Ordnung leider sehr zu wünschen übrig. Oft waren nicht einmal mehr die Faszikel äußerlich zusammengehalten, sondern das "Archiv" bestand aus Haufen loser Blätter! Oder aber persönliche Sachen lagen zwischen Gutsakten; unter Massen von Rechnungen, Wochenzetteln, Briefen und anderen neueren archivalisch wertlosen Papieren waren die älteren Akten wie vergraben. Eine Trennung zwischen laufender Registratur und Archiv bestand eigentlich nur auf einigen größeren Gütern bezw. Güterkomplexen und auch hier oft nicht konsequent durchgeführt.
Ich habe die Absicht, auf diese Frage der möglichen Trennung von Registratur und Archiv, überhaupt die Ordnung von Gutsarchiven auf Grund meiner gesammelten Erfahrungen später zurückzukommen. Dort werde ich auch die Frage näher erörtern über das Verhältnis von Guts= und Familienarchiv sowie die damit in engem Zusammenhang stehende Frage nach der Behandlung der Archivalien bei Gutsverkäufen und Verpachtungen. In letzterer Sache besonders muß dringend Wandel geschaffen werden, denn festzustellen, was gerade bei solchen An=
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lässen, die sich leider bei uns im Lande von Jahr zu Jahr mehren, verschleppt oder vernichtet ist, bot sich Gelegenheit genug.
Hier sei nur über die wünschenswerte Art der Aufbewahrung noch einiges gesagt. Ein Gutsarchiv gehört in sichere und vor Staub geschützte Schränke, die im Gutshause selbst oder aber im Verwaltungsgebäude, nach Möglichkeit in einem besonderen, jedenfalls aber trockenen Raume aufgestellt sein müssen. Ältere Archivalien, namentlich Urkunden, wurden auch durchweg in geeigneter Weise je nach ihrem Umfange in der Bibliothek, Geldschrank, Schreibtischen oder eigenen Schränken im Gutshause oder Verwaltungsgebäude bezw. =Raum (Sekretariat) verwahrt. Das mag hier lobend hervorgehoben werden. Als eine wenig geeignete und wenig sichere Aufbewahrung aber muß es gelten, wenn Akten, unbesehens in Kisten verpackt, auf dem Hausboden stehen oder in offenen Regalen auf dem Flur oder in einer Kammer dem Staube ausgesetzt oder endlich in feuchten Räumen nicht vor zerstörender Nässe geschützt sind. Von den Fällen, wo Akten und Urkunden so ungeschützt dalagen, daß man sie zu allerhand häuslichen Zwecken benutzte oder Kinder darüber herkamen, rede ich gar nicht, wenn auch die Erzählung von jener Mamsell, die ihr "Eingemachtes" mit Pergamenturkunden zugebunden habe, wohl in das Reich der Fabel gehört! Daß ich aber zuweilen, um an die Akten zu gelangen, Jahrzehnte alten Staub beseitigen, uralte Spinnen und ihre dichten Gewebe zerstören und Haufen von Mäusen zerfressener Akten beseitigen mußte, ist kein Märchen!
Über die Ordnung und Aufbewahrungsverhältnisse der Stadtarchive kann ich ein abschließendes Urteil noch nicht abgeben. Durchweg herrschte bei den bisher besuchten Städten der gute Wille vor, den Schätzen der Vergangenheit einigermaßen gerecht zu werden.
Die Pfarrarchive endlich haben als Archive einer Behörde nächst den Stadtarchiven den großen Vorzug, daß sie wenigstens vor Verschleppung von Archivalien sicher sind. (Nur Vakanzzeiten oder das Gnadenjahr haben wohl hier und da manches Unheil gestiftet.) Über die Ordnung und Aufbewahrung der Pfarrakten gilt vielfach das von den Gutsarchiven Gesagte, doch gab der "Kirchenschrank" wenigstens einen ständigen Rahmen für das Pfarrarchiv ab. Im Kirchenschrank selbst sah es freilich nicht immer sehr ordentlich aus. Häufig hatten auch die gänzlich wertlosen Massen von Rechnungsbelägen und
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Scheinen einen Raummangel herbeigeführt, der andere Akten deswegen an weniger geeignete Orte verbannte. Auch die Kirchenschränke selbst standen nicht immer in Räumen, wo ihr Inhalt vor Staub oder Feuchtigkeit unbedingt sicher gewesen wäre.
Auf allgemeine Grundsätze, die sich bei der Ordnung und etwaigen Vernichtung von Pfarrakten beobachten ließen, komme ich später zurück, zumal erfreulicherweise dieses Thema kürzlich auch von kirchlicher Seite angeschnitten ist (Tolzien im "Kirchen=und Zeitblatt" Jahrg. 41 Nr. 21).
Die heute geltenden Bestimmungen über Ordnung und Revision der Pfarrakten durch die vorgesetzte Behörde scheinen mir nicht zu genügen.
Im Zusammenhang damit müßte auch die Frage der Aufbewahrung der Kirchenökonomieakten behandelt werden für die Städte, in denen eine besondere Kirchenökonomie vorhanden ist. Hier dürfte doch die Pfarre für ältere und zum Gebrauch der Ökonomie nicht mehr erforderliche Akten ein besserer Aufbewahrungsort sein, als die Wohnung des Ökonomus selbst.
Im folgenden sind nun probeweise einige Inventare veröffentlicht, die ein Beispiel davon geben sollen, was sich ungefähr durchschnittlich in den kleineren Archiven befindet und in welcher Weise die Verzeichnung geplant ist. Gewählt wurde ein Stadtarchiv, je eine städtische und ländliche Pfarre, ein Gut und endlich das ritterschaftliche Amt Grevesmühlen. Ein ausführliches Register wird die Benutzung der Inventare erleichtern. Alle kursiv gedruckten Angaben sind wörtlich aus Urkunden und Akten übernommen. Die Zahlen zu den ausgeführten Siegeln entsprechen den Nummern der Abbildungen in den Siegelheften des Urkundenbuches.
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Grevesmühlen,
Stadt im Herzogtum Schwerin, Amtsgerichtsbezirk Grevesmühlen.
Stadtarchiv im Rathause.
1. 1359 Janr. 11. (vrydaghes na twelften). Wismar.
Albrecht, Herzog von Mecklenburg, bestätigt der Stadt Gr. das Lübische Recht und gibt derselben verschiedene andere Freiheiten und Rechte.
Orig. Pgmt. mit dem wohl erhaltenen
großen
Siegel Albrechts II. an
Seidenfäden.
Gedr. MUB XIV, 8560 nach einer
gleichz. Abschrift.
2. 1499 Jul. 13. (amme daghe sunte Margareten).
Herr Mathias von deme Haghen unde Herr Hinrich Bolss, borgermester, Johan Borenstorp, Hans Millies, Hans Severin unde Hinrik Euerdes, ratmanne von Grevesmühlen verkaufen den heren vicarien in der kerken tho sunte Nicolavesse unde collacien heren in der collacien bey der grouen, gheheten collacio apostolorum Petri et Pauli . . her Marquardt Tangen, Johan Munt, Kersten Wedighen, Laurens Hannemann für 50 Mark lüb. Pfennige eine jährliche Rente von 31/2 Mark lüb., wie zu Wismar gang und gebe ist, aus den Stadtgütern.
Orig. Pgmt., am Pgmtstreifen hängt
das Secret
der Stadt aus dunkelgrünem Wachs.
3.
Ordnung der armen Seken von Greuesmolen.
o. J. längliches Pgmt (Anfang 16. Jh.)
4. 1505 Jun. 26. (donredages nha Johannis Baptiste) Wittenburg.
Heinrich, Erich und Albrecht, Gebrüder, Herzöge zu Mecklenburg, bestätigen der Stadt Gr. Rechte und Freiheiten.
Orig. Pgmt. Secret H. Heinrichs an Pgmtstreifen.
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5. 1562 Apr. 20. Wismar.
Ulrich, Herzog zu Mecklenburg, vollzieht einen Vergleich zwischen der Stadt Gr. und dem Kloster Reinfeld wegen der Bezahlung von 40 Mark lüb. jährlicher Hebung, die Gr. dem Kloster schuldig ist, wie auch 8 Mark lüb. jährl. Pension aus 2 Hufen auf dem Ratmannsfelde vor der Stadt, die beide seit mehreren Jahren nicht bezahlt waren.
Orig. Pgmt. unterschr., an Pgmtstr.
das Secret
Herzog Ulrichs und das Siegel
des Abtes
Joachim von Reinfeld.
6. 1598 Mai 26. Güstrow.
Ulrich, Herzog zu Mecklenburg, bestätigt die Rechte und Freiheiten der Stadt.
Orig. Pgmt. unterschr., an Pgmtstr.
das Secret
Herzog Ulrichs.
7. 1606 Apr. 27. Güstrow.
Karl, Herzog zu Mecklenburg, erteilt der Stadt Gr die Erlaubnis, jährlich am St. Ulrichstage, 4. Juli, neben den bisherigen Märkten einen offenen Vieh- und Feilmarkt abzuhalten.
Orig. Pgmt. unterschr., an Pgmtstr.
Secret
Herzog Karls in Holzkapsel.
8. 1606 Apr. 27. Güstrow.
Karl, Herzog zu Mecklenburg, bestätigt in Vormundschaft der Herzöge Adolf Friedrich und Hans Albrecht die Rechte und Freiheiten der Stadt.
Orig. Pgmt. unterschr., an
Seidenschnur Siegel
Herzog Karls in Holzkapsel.
9. 1660 Jan. 25. Wismar.
Der schwedische Generalmajor Conrad Wardefeld stellt der Stadt Gr. aus erheblichen Ursachen, namentlich wegen des erlittenen großen Brandschadens einen Schutzbrief gegen Kriegsbeschwerden aus.
Orig. Pap. unterschr. und untersiegelt.
10. 1697 Jul. 23. Schwerin.
Friedrich Wilhelm, Herzog zu Mecklenburg, bestätigt die Privilegien der Stadt.
Orig. Pap. unterschr. und untersiegelt.
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11. Stadturkundenbuch (Chronik) 2° Bd. in Leder, 1050 S.
Anno 1640 den 9. Juni hat M. Christianus Cotenius,Pastor in Wismar, dies Buch zu stets wehrenden Gedechtnus alhie uff Rathaus verehret.
Aus dem Inhalt:
Ratsmitglieder 1640, 1686, Eide, Bursprake , Ämter und Ältermänner 1702-1809, Bürgeraufnahmen 1608-1714, Herzogliche Mandate 1633-98, Abschriften der Stadtprivilegien von 1359, 1505, 1562, 1598, 1606, Kontrakte (Vertrag wegen des St. Jürgen Hofes 1560), Von Kriegswesen und Einquartierung 1627-35, Beitragsverzeichnis zum Aufbau des Rathauses 1586, alle Contrakte, Handlungen und Vergleiche 1664-1716, da 1659 Sept. 10.-12. das vorigte Stadtbuch verbrannt ist.
12. Stadtbuch (Bruchstück) 2° Heft in Pgmt. 17. Jh.
Inhalt:
Bürgermeister-, Ratmannen-, Älterleute Eide, Bursprake , Armenvorsteher, Bürgeraufnahmen 1608-1720 u. a.
13. Stadtbuch. 2° Bd. in Leder.
Inhalt:
Nachr. über Bgmeister, Rat, 12 Männer seit 1769. Gerichtssachen, Obligationen, besitzrechtl. Eintragungen 1714-62, Bürgereid, Bürgeraufnahmen 1715-1803, Bürgerverzeichnis 1714. Einlagen: Neubau des Rathauses 1715, Statistische Beschreibung von Gr. o. J.
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1717 (Repartition der Steuern), 1749, 1761, 1763, 1765, 1811/12.
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- wegen einer Wasserleitung vom Pfarrhaus in den Fluß, 1779-82;
- wegen rückständiger Kirchenzinsen, 1730-68;
- wegen der Beiträge zum Bau einer Pfarrscheune, 1787-94.
- Schulbediente 1673-1800 ff;
- Schulreglements 1712-1828.
F 48. Große Karte des Stadtfeldes 1835.
Archiv der I. Pfarre , landesherrlichen Patronats.
Superintentur: Wismar; Präpositur: Grevesmühlen.
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Kirchenökonomiearchiv
im Hause des Kirchenökonomen, Bahnhofstr. 57.
F 1. 1582 Jan. 17. (uff Antonii) .
Sylvester von Hagen zu Hanshagen bekennt, daß er von Michael Sandmann und Albrecht Kucher als Vorstehern der Kirche zu Gr. 500 Mark lüb., die Mark zu 16
, geliehen und dafür mehrere Morgen Ackers auf dem Gr. Felde zum Pfande gesetzt hat.
Orig. Pgmt. 3 Einschnitte für Siegelstreifen.
Notiz über eine testamentarische Schenkung der Dorothea Plüschow. 1635. Verzeichnis, bei welchen Leuthen die Heuptsummen, davon die Juraten die Zinsen zu empfangen haben, vorhanden sein . . 1618. Einnahmen und Ausgaben 1618-46 und 1651-52.
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- 1698-1745, Einnahme u. Ausgabe, 2° Bd. in Leder,
- 1713-77, Ausgabe, 2° Bd. in Leder,
- 1746-94, Einnahme, 2° Bd. in Leder
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Archiv des Ritterschaftlichen Amtes Grevesmühlen
beim Sekretär Bürgermeister Dr. jur. von Leitner.
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Kogel
mit Grüssow, Satow und Zislow, R. A. Lübz, Amtsgerichtsbez. Malchow.
Gutsarchiv (Lehn), Besitzer: Kammerherr August von Flotow.
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- zwischen Christoph und Andreas v. Fl. 1542 Aug. 11. (am Frydage nah Lanrentii). Beglaub. Abschrift von 1681. Pap.;
- zwischen Johann Ulrich, Dietrich und Caspar v. F.l 1593 Apr. 27. (am Freitage nach Quasimodogeniti). Orig. Pap. mit beglaub. Abschrift. Vergl. Nr. 7 und 8.
- zwischen Paschen Friedrich und Wittib v. Fl. nomine August Friedrich v. FL 1714 Juli 7. und 1715 Juni 15. Orig. Pap.
- zwischen Paschen Friedrich und Caspar Dietrich v. Fl. 1721 Juli 10. Orig. Pap. mit Abschrift.
- zwischen Caspar Dietrich v. Fl.-Kogel und den Vormündern zu Stuer. 1726 Sept. 24. Orig. Pap. mit Abschrift.
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F 34. Grenze zwischen Kloster Malchow, der Stadt und Grüssow. 1712-1798 ff.
Darin: Vertrag 1712, Extrakt aus der Stadt Malchow summarische Beschreibung aller . . . Immobilien . . . 1726, Grenzprotokoll 1762.
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Dorf Mecklenburg ,
D.-A. Wismar, Amtsgerichtsbezirk Wismar.
Archiv der Pfarre, landesherrlichen Patronats.
Superintentur: Wismar, Präpositur: Mecklenburg.
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Von
Landesrabbiner Dr. S. Silberstein.
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S tieda hat für seine Abhandlung nur die Archivakten betreffend den Tabakshandel benutzt. Dagegen lagen ihm weder die Akten betreffend Hofjuden, die manche zu Zweifel und Vermutung führende Lücken ergänzen, vor, noch die Behandlung der Frage durch Donath in seiner Geschichte der Juden in Mecklenburg (Leipzig 1874, S. 87 ff.). Deshalb mögen einige Ergänzungen und Berichtigungen hier folgen:
Zu S. 174 . St. hat übersehen, daß in der ersten Zeit des Monopols Simon Fürst neben Nathan Bendix "zu gleichen Teilen Tabak gehandelt". Am 4. Mai 1675 dankt er dafür, da er nach Hamburg zieht (Nr. 24 Tabakshandel).
S. 175. Bei dem Versuch des Nachweises, wie der Herzog auf den Monopolgedanken gekommen, denkt St. zunächst an Beeinflussung von französischer Seite, geht aber von diesem Gedanken ab. Donath (S. 85 Anm. 5) weist ebenfalls auf Frankreich hin, wo unter Ludwig XIV., der des Herzogs Abgott war, und dem er alles nachahmen mochte, das Tabaksmonopol ebenfalls an den Juden Jona Salvador aus Pignerol verpachtet war (Grätz, Gesch. der Juden Bd. X S. 272/3). Das war schon vor 1673, also auch der Zeit nach annehmbar.
S. 180 . Anm. 111 ist irrtümlich 1683 statt 1688 angegeben. Das Privileg wurde Abraham Hagen nicht nur einmal für ein Jahr bis 1683 prolongiert, sondern alljährlich bis 1688. Dann erst empfiehlt er seine Verwandten Michael Hinrichsen und Moses Israel Fürst.
S. 190 bemerkt St., daß aus den Akten nicht erhelle, in welchem Verwandtschaftsverhältnis Moses Hinrichsen zu Michael Hinrichsen stand, und hält Friedrich Wilhelm Hinrichsen für den Sohn des Moses. Aus den Hofjudenakten ergibt sich, daß Moses nach seiner Taufe 1692 den Namen Friedrich Wilhelm annahm und der Sohn Michael Hinrichsens aus erster Ehe war.
S. 190 unten heißt es: "Die aufeinanderfolgenden Ausfertigungen des Monopols lassen sich nicht alle in den Akten belegen." Die Bestätigungen 1695, 26. Mai 1697 sind in den Hofjudenakten vorhanden. In dem gedruckt vorliegenden, zur Publizierung bestimmten Erlaß vom 1. Dezember 1698 werden die Edikte (16. Nov. 1692, 19. Jan. 1693 u. 9. Juni 1694) nicht nur wiederholt, sondern der Herzog fühlt sich bewogen, weil
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seinem ernstlichen Verbot nicht nachgelebt wird, selbige noch in einigen Punkten zu erläutern. Jeder soll allen Toback bei Rollen und Briefen aus gedachter Juden Fabrique nehmen bei Strafe von 12 Rtlr. für jedes Pfund fremden T. und 2 Rtlr. für jeden Brief und Confiskation des Tobacks. Monatlich sollen die Beamten visitiren und berichten. Fremde Kaufleute zahlen im Übertretungsfalle neben der Confiskation 100 Rtlr. Strafe. Jeder aus der Fremde durch das Land geführte Tabak soll auf einem Zettel von der ersten Zollbehörde verzeichnet und solcher Schein überall vorgezeigt werden. Wer ohne solchen Schein mit Tabak betroffen wird, zahlt 100 Rtlr. Strafe. Wer zur Zahlung zu arm, wird mit Gefängnis und nach Befinden härter am Leibe angesehen und belegt.
S. 191 ff. Man hat nicht nötig mit Stieda in den Resolutionen vom 19. März 1708 die offizielle Bestätigung, daß es mit dem Monopol zu Ende war, zu erblicken. In den Hofjudenakten findet sich der Erlaß an Michel Hinrichsen, daß er das Privilegium nicht mehr zu genießen hat, mit der Begründung: "Da nunmehro wegen eines mit den Städten getroffenen Vergleichs alle monopolia im Lande cessiren." seinen Handel kann er ferner nach Belieben fortsetzen. Also nicht in der Mißstimmung der Bevölkerung lag der Grund zur Aufhebung des Monopols. Als der Hofagent Ruben Hinrichsen 1749 um eine Erneuerung des Tabakmonopols bittet, referiert die Kammer, daß die Versuche des Monopols als der Natur des commercii und der Meckl. Staatsversassung zuwiderlaufend nicht lange bestanden. Donath weist darauf hin, daß der Herzog auf dem Landtage 1708 mit den Rittern wegen des Steuermodus in harte Fehde geraten war und deshalb, um die Stände zu gewinnen, den Städten mehrere Vorteile, darunter die Abschaffung aller Monopole, eingeräumt habe. Was "den Unfug der Pächter" (nach Stieda) betrifft, so dürfte trotz der Beschwerden der Krämer es nicht weit damit her sein, sonst hätte der Herzog schon längst anfgeräumt. Ein trefflicher Beweis dagegen liegt in der Begründung der Handelsfreiheit in den späteren Hinrichsschen Privilegien: "daß man das Nötige für billigen Entgelt zur Hand habe, nebenher, daß auch andere dadurch hienächst animiret werden mögen, Gewerb und Hanthierung zu treiben und also dem Publico damit zu statten kommen, in Consideration gezogen, da ich sonsten dem Supplicanten darunter eine Gnade aus gewissen Ursachen widerfahren lassen wollen".