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Jahrbücher

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

 

gegründet von                  fortgesetzt von
Geh. Archivrat Dr. Lisch. Geh. Archivrath Dr. Wigger.

 


 

Fünfundsechszigster Jahrgang

herausgegeben
von

Geh. Archivrath Dr. H. Grotefend,

als 1. Sekretär des Vereins.

 


Angehängt ist der Jahresbericht des Vereins.

 

 

Auf Kosten des Vereins.

 

 

Vignette

Schwerin, 1900.

Druck und Vertrieb der Bärensprungschen Hofbuchdruckerei.
Kommissionär: K. F. Koehler, Leipzig.

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Inhalt.

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                    Seite
I. Die ordentlichen direkten Staatssteuern Meklenburgs im Mittelalter. Von Dr. Adolf Brennecke 1-122
II. Tagebuch des Erbprinzen Friedrich Ludwig von Meklenburg=Schwerin aus den Jahren 1811-1813. Herausgegeben von Dr. Carl Schröder 123-304
III. Zur Urgeschichte des Geschlechts von Pritzbuer. Von cand. hist. Erich Gritzner in Steglitz 305-316
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I.

Die ordentlichen direkten Staatssteuern
Meklenburgs im Mittelalter.

Von

Dr. Adolf Brennecke .

~~~~~~~~~~~~~~~

I m deutschen Mittelalter hat das Reich eine ordentliche Steuer nicht ausgebildet; einige auf Einführung einer Reichssteuer gerichtete Versuche mißglückten. 1 ) Es waren die Territorien, welche zuerst die Steuerkraft der Unterthanen in Anspruch genommen, zuerst eine ordentliche direkte Steuer geschaffen haben. Darin zeigte sich, wo künftighin in Deutschland der Fortschritt und die schöpferische Kraft auf staats= und verfassungsrechtlichem Gebiete liegen würde. 2 ) Daß die Territorialherren eine Vermehrung ihrer Einkünfte nicht auf privatrechtlichem, sondern auf öffentlich=rechtlichem Wege suchten, und daß es ihnen gelang durch die Entwickelung einer Steuer ihre öffentlich=rechtliche Gewalt in hohem Maße zu vermehren, bildet ein Moment von großer Wichtigkeit in der Geschichte des Emporkommens des deutschen Landesfürstenthums. Wirthschaftsgeschichtlich bedeutet die erste Einführung einer solchen Steuer einen merkbaren Fortschritt vom naturalwirthschaftlichen zum geldwirthschaftlichen Systeme.

Diese älteste deutsche Steuer, die Bede, hat in ihrer Gestaltung in Altdeutschland besondere Würdigung durch Zeumer und v. Below gefunden. 3 ) Außerdem hat Baasch ihre Ge=


1) Unter Heinrich IV., Heinrich V. und Otto IV.
2) v. Below, Artikel Bede im Handwörterbuch der Staatswissenschaften: "In dieser Thatsache . . . . haben wir gewissermaßen die ganze deutsche Verfassungsgeschichte in nuce."
3) Zeumer, Die deutschen Städtesteuern im 12. und 13. Jahrhundert (in G. Schmollers staats= und socialwissenschaftlichen Forschungen I, 2). Leipzig 1878. - Derselbe, Zur Geschichte der Reichssteuern im früheren Mittelalter, Hist. Zeitschrift 81. München 1898. - G. von Below, (  ...  )
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schichte im Herzogthum Baiern, Müller in Geldern, Niepmann in Cleve und Mark, Weis in Kurtrier und Metzen im Fürstbisthum Münster verfolgt. 1 ) Eine von Altdeutschland abweichende Entwickelung nimmt die Bede in den neuen kolonisirten Territorien östlich der Elbe; diesen ist es im ganzen gemeinsam, daß die Steuer in großem Umfang aus den Händen der Landesherren verloren geht und sich schließlich ihren eigentlichen Steuercharakter nicht zu erhalten vermag. Auch von einem ostdeutschen Territorium, der Mark Brandenburg, ist die Bede schon behandelt worden. 2 ) Doch weist die Mark wieder eine eigenartige, für sich stehende Entwicklung auf. Die volle Ausbildung zu einer wirklichen ordentlichen Steuer blieb dort am längsten aus, vollzog sich aber dann in ganz kurzer Zeit. Unmittelbar daran anschließend ging auch die Veräußerung aus dem landesherrlichen Besitze in kürzerem Zeitraum als anderswo vor sich. Wo wir sonst eine gewohnheitsrechtliche oder doch allmähliche Entwicklung finden, sind hier mehr ganz bestimmte Rechtsverträge von Ausschlag gebender Wirkung gewesen.

Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden, an einer zweiten östlichen Landschaft den Entwicklungsgang der Bede jenseits der Elbe darzustellen.

Wie in Altdeutschland bei dem Aufkommen der Landeshoheit allgemein, so bildete die Bede in ihrer eigenartigen Gestaltung auch im Osten auf den besonderen Bahnen, die hier die ganzen Verfassungs= und Wirthschaftsverhältnisse einschlugen, einen Faktor von großer Wirkung. Da sie nebst anderen fürstlichen Hoheitsrechten an die lokalen Gewalten veräußert wurde, so stehen die größere Machtentfaltung der Landstände und die


(  ...  ) Geschichte der direkten Staatssteuern in Jülich und Berg (Die landständische Verfassung von Jülich und Berg, Theil III). Düsseldorf 1890. - Derselbe, Artikel Bede im Handwörterbuch der Staatswissenschaften. 2. Aufl. Jena 1899. - Derselbe, Territorium und Stadt. München und Leipzig 1900.
1) Baasch, Die Steuern im Herzogthum Baiern bis 1311. (Marburg. Diss. 1888.) Müller. Die Entwickelung der Landeshoheit in Geldern. (Marburg. Diss. 1889.) Niepmann, Die ordentlichen direkten Staatssteuern in Cleve und Mark bis zum Ausgang des Mittelalters. (Münster. Diss. 1891.) Weis, Die ordentlichen direkten Staatssteuern von Kurtrier im Mittelalter. (Münster. Diss. 1893.) Metzen, Die ordentlichen direkten Staatssteuern des Mittelalters im Fürstbisthum Münster. (Münster. Diss. 1895.)
2) Merklinghaus, Die Bedeverfassung der Mark Brandenburg bis zum 14. Jahrhundert. (Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte. Band VIII, 1.)
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Ausdehnung der Gutsherrschaften in den östlichen Territorien mit ihr im Zusammenhange.

Die nachfolgenden Untersuchungen erstrecken sich auf alle Territorien Meklenburgs im Mittelalter. Als Zeitgrenze mußte das Jahr 1375 in Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand des in dem Meklenburgischen Urkunden=Buch veröffentlichten Quellenmaterials festgehalten werden 1 ) Diese Grenze rechtfertigt sich aber auch innerlich dadurch, daß in den Quellen bis gegen Ende des 14. Jahrhunderts die Wege, auf denen sich die Veräußerung der Bede vollzieht, deutlich genug für die Erkenntniß hervortreten und wirklich neue Entwicklungsmomente in der Folgezeit nicht hinzukommen.


I. Die Bede eine ordentliche Staatssteuer in Meklenburg.

1. Die Enstehung der Bede in Meklenburg.

Die Bede ist in Meklenburg nicht etwas ursprünglich Gewachsenes, sondern dahin verpflanzt worden. Durch die Kolonisation kam mit der neuen Bevölkerung, mit den neuen Kultur= und Verfassungsverhältnissen auch sie aus Altdeutschland dorthin.

In Altdeutschland war sie ihrem Ursprunge nach eine von den Vögten in den kirchlichen Immunitäten, wo sie zu allererst erwähnt wird, und von den Grafen in ihrem Gerichtsbezirke von allen, über die sich ihr Gerichtsbann erstreckte, von Freien wie Unfreien eingeforderte Abgabe. Anfangs war sie bittweise erhoben worden, wie das auch in den lateinischen Namen petitio, precaria und in dem niederdeutschen bede zum Ausdruck kommt. Eine von dem Inhaber der hohen Gerichtsbarkeit gestellte Bitte hatte aber wohl gleich von den ersten Zeiten an den Charakter des Zwangs, war eine precaria violenta, eine exactio. Zuerst wurde die Bede wohl nur bei besonderem Bedürfniß des Grafen eingezogen, kehrte mit der Zeit aber immer regelmäßiger wieder, bis sie schließlich gewohnheitsrechtlich


1) Band XIX des Meklenburgischen Urkunden=Buches erschien, als diese Arbeit schon abgeschlossen vorlag, und konnte daher hier nicht mehr berücksichtigt werden.
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eine ordentliche Abgabe wurde. Diese auf Grund der Gerichtshoheit erhobene petitio war im 12. Jahrhundert in Altdeutschland allgemein verbreitet. Bei der sich nun vollziehenden Entwicklung der Landeshoheit aus der gräflichen Gerichtsgewalt wurde aus der alten gräflichen Bede eine landesherrliche Steuer.

Denselben allmählichen Entwicklungsprozeß können wir in seiner ganzen Ausdehnung in dem ursprünglich slavischen Meklenburg nicht beobachten; erst seit dem Vorkommen deutscher gräflicher Gerichtsgewalt dürfen wir dort eine Bede erwarten. Die in Altdeutschland im 12. Jahrhundert erreichte Entwicklungsstufe der letzteren wurde, wie sie war, durch die Kolonisation dorthin übertragen. Im Gegensatz zu Altdeutschland tritt also die Bede in Meklenburg sogleich anfangs mehr als etwas gewissermaßen schon Fertiges auf; ihre Entstehungsgeschichte ist hier als die Geschichte eines Verpflanzungsprozesses wie die aller deutschen Rechtsverhältnisse daselbst aus der Kolonisation heraus zu verstehen.

Es ist zunächst im Voraus zu bemerken, daß wir in den meklenburgischen Urkunden für Bede meist die Namen petitio, precaria, exactio antreffen, deren synonymer Gebrauch durch Wendungen wie exactio seu petitio, 1 ) exactio precaria vel violenta 2 ) bezeugt wird; weiterhin finden sich auch collecta und tallia, die aber vorwiegend für die Steuer in den Städten angewandt werden. In den deutschen Urkunden treten die Namen bede und scot (für diesen kommt auch wohl ein entsprechender lateinischer consagittatio vor) auf, letzterer aber auch mehr zur Bezeichnung der Abgabe in den Städten.

Zum ersten Male im Zusammenhange mit den Kolonisationsunternehmungen im Norden an der unteren Elbe wird die Bede in einer Urkunde König Konrads vom Jahre 1150 3 ) erwähnt, die 1179 von Friedrich Barbarossa bestätigt worden ist. 4 ) Es wird darin dem Bisthum Havelberg für alles von ihm zu kolonisirende Gebiet Bedefreiheit zugesichert, eine Privilegirung, die für geistlichen Besitz im Allgemeinen üblich war; allen Inhabern von Gerichtsgewalt wird die Erhebung der Abgabe untersagt: ut nullus dux, nullus marchio, nullus comes seu vicecomes, nullus advocatus seu subadvocatus aliquam


1) Meklenburgisches Urkunden=Buch III, 1784.
2) M. U.=B. V, 2777.
3) M. U.=B. I, 52.
4) M. U.=B. I, 130.
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exaccionem exinde extorquere audeat, nullus sibi aliquod dominium ibi usurpare presumat, nullus peticiones publicas ibi faciat. Das Bisthum Havelberg kommt für die Kolonisation Meklenburgs insofern in Betracht, als von ihm die ersten Siedelungsversuche in Stargard ausgingen, die dann später von der Mark Brandenburg mit größerem Erfolge fortgesetzt wurden. 1 )

Vorwiegend hatte jedoch die Kolonisation für die meklenburgischen Lande einen anderen Ausgangspunkt. Mit der Gründung der drei Bisthümer Oldenburg (später nach Lübeck verlegt), Ratzeburg und Meklenburg (später Schwerin) durch Heinrich den Löwen nahm eine stetig fortschreitende Germanisirung hier ihren Anfang. In der Dotationsurkunde für Ratzeburg vom Jahre 1158 2 ) finden wir die Bede zum zweiten Male innerhalb unserer Kolonisationsgebiete erwähnt, und zwar wird sie noch mit einer entsprechenden slavischen Abgabe gemeinsam genannt. Heinrich gewährt den Gütern des Bisthums Bedefreiheit, indem er bestimmt: ut nulli liceat in predictis mansis aliquas exactiones vel petitiones facere, sed liberi sint ab omni gravamine et a wogiwotniza, qui census ducis dicitur. Dieselbe Verfügung findet sich in den Bestätigungsurkunden von 1169 und 1174 und in einer gleichen Ausfertigung für Oldenburg von 1170. 3 ) Von Ausschlag gebender Bedeutung für einen schnellen Fortschritt der Kolonisation waren die Kriegszüge Heinrichs des Löwen in den Jahren 1160, 1162, 1164. Die slavische Herrschaft des Pribislav im westlichen Meklenburg wurde gänzlich beseitigt und die drei Grafschaften Ratzeburg, Schwerin, Dannenberg gegründet, in denen sogleich die Kolonisation in dem großen Systeme aufgenommen wurde, das zuerst der Vasall Heinrichs des Löwen, Graf Adolf von Holstein, zur Besiedelung des westelbischen Wagriens angewandt hatte. Mit Sicherheit können wir wohl für diese Gebiete mit deutscher Bevölkerung und deutscher Grafengewalt auch sogleich für die erste Zeit die deutsche Bede annehmen. Urkundlich als Inhaber von Bede bezeugt sind uns die Grafen von Ratzeburg erst in einer Urkunde des Bischofs Isfried von Ratzeburg, die für die Jahre 1196 - 1200 angesetzt wird 4 ) die Grafen von


1) H. Ernst, Die Kolonisation Mecklenburgs im 12. und 13. Jahrhundert (in Schirrmachers Beiträgen zur Geschichte Mecklenburgs vornehmlich im 13. und 14. Jahrhundert), S. 67.
2) M. U.=B. I, 65.
3) M. B.=B. I, 90, 113, 96,
4) M. U.=B. I, 160.
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Schwerin in einer Schenkungsurkunde für den Johanniterorden vom Jahre 1200 und einer Urkunde des Bischofs Philipp von Ratzeburg von 1208 1 ) und die Grafen von Dannenberg in der Stiftungsurkunde für die Stadt Grabow vom Jahre 1252. 2 ) Für das östliche Meklenburg wurde die Kolonisation dadurch verzögert, daß Heinrich der Löwe hier Pribislav, den Sohn des besiegten Fürsten Niklot, wieder einsetzte. Doch wurde sie auch dort bald von den Cisterzienserklöstern Doberan und Dargun kräftig aufgenommen, und die slavischen Fürsten selbst riefen deutsche Ritter, Bürger und Bauern ins Land. Unter den wirthschaftlichen Vortheilen, die sie dazu bewogen, war wohl auch die Bede, die sie von den deutschen Ansiedlern erhielten, einer von besonderer Bedeutung. Durch die eindringende deutsche Bevölkerung trat allmählich an Stelle des slavischen Staatsrechtes das deutsche. Die einzelnen Stufen des Fortschritts kennzeichnen sich in den Quellen deutlich durch das Verschwinden der slavischen Kastellane und das Auftreten deutscher Vögte 3 ) was jedesmal eine Ersetzung der alten slavischen Verwaltungseinheit, des Burgdistrikts, durch die neue deutsche, die Vogtei, also eine Substitution deutschen öffentlichen Rechts an Stelle des slavischen bedeutet. Wo wir Vögte erwähnt finden, können wir, wie überhaupt auf deutsches Staatsrecht, auch auf Beden schließen, welche jene für den slavischen Landesherrn von der deutschen Bevölkerung erhoben. Im Jahre 1192 tritt in den überlieferten Urkunden Heinrich Borwin I. von Meklenburg zuerst als Inhaber von Bede auf, von der er die Abtei Doberan für ihre Güter befreit: Adicimus etiam, quod peticionibus et exactionibus, serviciis et iudicio, iuri nostro sponte renunciamus, et quod nullus nostrorum iudicum aut advocatorum in Doberan abbacia vel in eius redditibus quicquam potestatis habebit. 4 ) Von den wegen der östlichsten Gebiete Meklenburgs in Betracht kommenden benachbarten slavischen Fürsten ist Wizlav von Rügen 1225, Wartislav von Pommern 1228 zuerst zweifellos als im Besitz von Bede bezeugt. 5 )


1) M. U.=B. I, 165 und 182.
2) M. U.=B. II, 683.
3) Ernst, a. a. O. S. 39 ff. - Vgl. sonst noch zur Geschichte der Kolonisation W. v. Sommerfeld, Geschichte der Germanisirung des Herzogthums Pommern oder Slavien bis zum Ablauf des 13. Jahrhunderts, worin auch das östliche Meklenburg berücksichtigt ist. - Bericht darüber von G. Wendt in der Hist. Zeitschrift. Bd. 78. S. 129 - 132.
4) M. U=B. I, 152.
5) M. U=B. I, 312 und 355.
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Mit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts war in Meklenburg im Wesentlichen die Kolonisation beendet und das slavische Staatsrecht vollkommen verdrängt im Gegensatz zu Schlesien und dem östlichen Pommern, wo ein Dualismus länger bestehen blieb. Damit war auch die Bede in ganz Meklenburg eine allgemeine öffentlich=rechtliche Abgabe. Durch eine Verminderung der Fülle ihrer alten Hoheitsrechte, zu der sich die slavischen Fürsten gegenüber den deutschen Ansiedlern herbeilassen mußten, durch die sie aber an wirklicher Macht nur gewannen, waren sie auf eine gleiche Stufe mit dem in ganz Deutschland eben aus der gräflichen Gerichtsgewalt emporsteigenden Landesfürstenthum gekommen; die Grafen im Westen Meklenburgs, zu Landesherren geworden, standen ihnen jetzt gleichberechtigt gegenüber. Wie überall in Altdeutschland nach dem Aufkommen der Landeshoheit, so können wir daher auch in allen meklenburgischen Territorien im 13. Jahrhundert bei der Bede den Charakter einer Landessteuer voraussetzen. Näher gehen wir im Folgenden darauf ein.

2. Die Bede eine öffentlich - rechtliche und landesherrliche Abgabe in Meklenburg.

Es ist die Behauptung ausgesprochen worden, daß die Bede eine Abgabe privatrechtlicher Natur gewesen sei; man hat sie in eine Reihe mit den grundherrlichen Abgaben stellen wollen. 1 ) Für die Beden in Altdeutschland ist diese Ansicht in den oben genannten Arbeiten zurückgewiesen worden. Auch aus dem für Meklenburg vorliegenden Material geht die Unhaltbarkeit jener Annahme klar hervor. Es finden sich nicht die geringsten Spuren, die auf einen grundherrlichen Charakter oder etwa nur grundherrlichen Ursprung der Bede oder vielleicht auf einen Doppelcharakter, so daß es etwa öffentlich=rechtliche und auch grundherrliche Beden gegeben haben könnte, 2 ) hinwiesen. Es zeigt sich vielmehr deutlich die Unzulässigkeit der Identifizirung der petitio mit einer Abgabe privatrechtlicher Art.

Der Grundzins, der für den nach der Kolonisation anfangs zu Zeitpacht, später auch zu Erbpacht ausgethanen Grundbesitz in Meklenburg geleistet wurde 3 ) und der gewöhnlich den Namen


1) Lamprecht, Mohr, Kähler. vgl. Metzen, a. a. O. S. 25.
2) Vgl. Metzen, a. a. O. S. 49. Anm. 66.
3) Ernst, a. a. O. S. 120 ff.
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census, pactus oder pachtus führt, ist in den Urkunden in einer Weise von der precaria geschieden, die jede Aehnlichkeit oder gar Identität beider Abgaben ausschließt. Es seien hier einige Beispiele herausgenommen, die das bezeugen. In einer Urkunde vom Jahre 1306, 1 ) in der Fürst Heinrich von Meklenburg dem Kloster Cismar das Dorf Warkstorf verkauft, heißt es: nullam nobis eciam precariam reservamus in ipsa <villa> hac de causa, quia census in ipsa ultra debitum noscitur aucmentatus. Precaria und census sind hier einander entschieden gegenübergestellt, die erste Abgabe wird erlassen, weil die zweite zu hoch ist; an eine etwaige verschiedene Bezeichnung für dieselbe Sache ist also nicht zu denken. Die precaria kann aber auch nicht die Recognition für Grundbesitz sein, der zu einer anderen Wirthschaftsform ausgethan wäre wie derjenige, für den census oder pachtus geleistet wird. Denn der Fürst Heinrich von Meklenburg, der bis zum Verkauf an das Kloster der Grundherr des genannten Dorfes war und als solcher eben so wohl den Zins bezog wie die Bede, von der er jetzt befreit, konnte doch nicht dieselben Güter an dieselben Bauern, die ja, wie aus dem für die Befreiung angegebenen Grunde hervorgeht, beide Lasten gleichmäßig getragen haben müssen, zweimal und jedesmal wieder zu einer anderen Wirthschaftsform verleihen. Bei einer anderen Art von Besitz zeigt sich in einer Urkunde, in der Fürst Waldemar von Rostock 1277 Besitzern von Sülzgütern Privilegien ertheilt, die Verschiedenheit von Bede und Zins: absque omni exactione, peticione et servicio <salinas> liberas perpetuo possidebunt, tali quidem condicione mediante, quod nobis aut heredibus nostris de dictis salinis census debitus tempore congruo persolvatur. 2 ) Ist die precaria nicht dasselbe wie der census und ist sie auch nicht etwas Entsprechendes in einer besonderen Wirthschaftsform, so bleibt nur noch die einzige Möglichkeit für eine grundherrliche Deutung dieser Abgabe: sie kann eine Erhöhung oder ein Aufschlag auf den census unter einem anderen Namen sein. Eine Erhöhung einer bestehenden Abgabe unter einem ganz neuen Namen erscheint schon an sich sehr unwahrscheinlich. Außerdem sahen wir ja an der Urkunde von 1306, daß ein census ultra debitum aucmentatus immer noch als census auftritt; die daneben vorkommende precaria muß also doch wohl noch etwas


1) M. U.=B. V, 3083.
2) M. U.=B. II, 1444.
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Anderes bedeuten. Gänzlich zu den Unmöglichkeiten gewiesen wird aber eine solche Annahme durch das Vorkommen verschiedener Personen als Inhaber des census und der precaria von denselben Gütern. In einer Urkunde vom Jahre 1326 1 ) erklärt Herzog Wartislav von Pommern: cum honorabilibus viris dominis conventualibus monasterii Darghun de villa Gardiz, a qua ipsi solent pachtum recipere, concordavimus isto modo, ut sicut ipsi pachtum a predicta villa recipiunt, sic et nos nostram precariam ibidem volumus extorquere, ita: dum ipsi plenum pachtum receperint, tunc nos plenam precariam ibidem eciam percipiemus; dum vero dimidium pachtum ipsi receperint, tunc nos dimidiam precariam similiter recipiemus; dum vero ipsi nullum pachtum in eadem villa exegerint, tunc nos similiter ibi nullam precariam exigemus. In einer Urkunde des Fürsten Heinrich von Meklenburg vom Jahre 1308 2 ) treffen wir wieder den Fall an, daß wegen eines Aufschlags auf den Grundzins die Bede, die also schon aus diesem Grunde nicht mit einem solchen identisch sein kann, erlassen wird. Der Besitzer des hier in Frage kommenden Dorfes Groß=Görnow, dessen Bauern Fürst Heinrich befreit, ist der Ritter Johann von Zernin: De quolibet manso . . . eidem militi . . . unam marcam denariorum slavicalium ultra censum solitum, scilicet duas marcas cum dimidia, que antea de quolibet manso consueverunt exsolvi, teneri debeant in censu annuo temporibus successivis. Nosque eos proinde libertare debemus . . . ob omni exactione violenta sive precaria, firmiter promittentes eos aliquibus exactionibus seu petitionibus quomodolibet de cetero non gravare. Im Jahre 1345 3 ) verpfändet Nikolaus, Graf von Schwerin, Marquard Klawe eine Rente von 2 Mark aus der Bede der Mühle zu Pinnow und 4 Mark aus der Bede von 2 Hufen zu Petersberg: Des hebbe wy en ghelaten und gheset in unser bede twe wendessche marc gheldes in der molen to Pynnowe unde vere wendessche marc gheldes in twen hoven to Petersberghe, dar he de pacht over heft. Die Bebauer der Hufen des Dorfes Garz, des Dorfes Groß=Görnow, der zwei Hufen zu Petersberg können nun unmöglich je zwei Grundherren gehabt haben, von denen der eine den census, der andere den erhöhten


1) M. U.=B. VII, 4748.
2) M. U.=B. V, 3244.
3) M. U.=B. IX, 6559.
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census, die precaria, bezog. Grundherren der genannten Hufen können vielmehr nur das Kloster Dargun, der Ritter Johann von Zernin und Marquard Klawe sein. Beziehen nun Herzog Wartislav von Pommern, Fürst Heinrich von Meklenburg und Graf Nikolaus von Schwerin die Bede von Gütern, an die sie gar keine grundherrlichen Ansprüche haben, so ist damit auch die völlige Unmöglichkeit eines grundherrlichen Charakters der Abgabe erwiesen.

Einen anderen privaten Rechtstitel als den grundherrlichen können die Bedeherren in Meklenburg aber gar nicht gehabt haben, da es ja Hörigkeitsleistungen hier in der deutschen Bevölkerung nicht gab. 1 ) Die deutschen Bauern kamen in der Kolonisationszeit persönlich frei nach Meklenburg, ihre Freiheit war überhaupt erst die Voraussetzung für die Möglichkeit ihres Kommens. Als freie Zins= und später auch Erbzinsbauern bekamen sie ihre Hufen verliehen und gingen erst viel später allmählich ihrer Freiheit verlustig 2 )

Eine Abgabe privatrechtlicher Natur kann die Bede mithin in Meklenburg keinenfalls gewesen sein. Der dann nur allein mögliche öffentlich=rechtliche Charakter derselben findet in den Urkunden eine mannigfache Bestätigung. Das schon erwähnte Privileg des Königs Konrad für Havelberg 3 ) nennt die Beden peticiones publicas. Andere Wendungen bringen die Allgemeinheit der Beden zum Ausdruck. Es giebt petitiones generales, 4 ) petitiones communes. 5 ) Sie werden in tota terra, 6 ) per totam terram, 7 ) per communem terram 8 ) gefordert.


1) Aus Leistungen der in sehr geringen Resten sitzen gebliebenen unfreien slavischen Bevölkerung konnte sich eine so allgemeine Abgabe wie die Bede nicht entwickeln.
2) Hegel, Geschichte der mecklenburgischen Landstände, S. 22. Ernst, a. a. O. S. 120 ff.
3) M. U.=B. I, 52.
4) M. U.=B. II. 1472. V, 2873.
5) M. U.=B. II, 1213. Beide Bezeichnungen werden wohl nur für die außerordentlichen Beden angewandt, die aber aus derselben Wurzel stammen wie die ordentlichen. Vgl. unten I, 4. Die außerordentlichen Beden konnten insofern ganz besonders als die allgemeinen bezeichnet werden, als der Kreis der von der Bedepflicht ausdrücklich Befreiten bei ihnen im ganzen kein so großer ist wie bei der ordentlichen Bede. Die Thatsache aber, daß überhaupt irgend welche Beden generaliter erhoben werden konnten, genügt hier zum Beweis.
6) M. U.=B. VII, 4695.
7) M. U.=B. VI, 4030.
8) M. U.=B. VII, 4479.
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Wieder andere Wendungen lauten: precaria . . . . sicut alii mansi in territorio communiter dare precariam solent et consueverunt 1 ) oder: in precariis et exactionibus dandis vel quicquid communis terra fecerit. 2 ) Die Beden können sowohl universaliter als specialiter ausgeschrieben werden; universaliter in omnes, heißt es in einer Urkunde, vel particulariter in quosdam terre nostre colonos. 3 ) Graf Heinrich von Schwerin bestimmt einmal: ut predicte possessionis coloni sint exempti ab expedicione, petitione, borghwerc et brucwerc, lantwere et ceteris serviciis, ad que populus terre tenetur. 4 ) Wir konnten oben die Beobachtung machen, daß die Bedeherren auch dort die Bede fordern konnten, wo sie weder einen grundherrlichen noch sonst einen privaten Rechtstitel geltend zu machen hatten. Die eben angeführten Urkunden sagen in Ergänzung dazu ausdrücklich, daß man jenen allgemein zu der Abgabe verpflichtet war. Die Bedepflicht muß über die Grenze privatrechtlicher Verpflichtungen hinausgegangen sein; denn in dem eben angedeuteten Umfange können auf private Rechtstitel hin keine Forderungen geltend gemacht sein, das konnte nur geschehen kraft öffentlich=rechtlicher Gewalt. Die Bede war eine allgemeine Leistung des populus terre, eine allgemeine Unterthanenpflicht und daher öffentlich=rechtlicher Natur. Sie wird denn auch in Meklenburg, solange und soweit sie im landesherrlichen Besitze bleibt, nur von Beamten mit öffentlich=rechtlicher Gewalt, von den Vögten, erhoben. Fürst Johann von Meklenburg zählt sie 1244 in einer Urkunde mit unter dem ius auf: quod nobis et nostris advocatis ex eadem villa provenire consuevit. 5 ) Daß sie nach solchen Inhabern öffentlich=rechtlicher Gewalt sogar benannt wurde, daß sie als exactio advocatorum et iudicum 6 ) oder exactio comitum, advocatorum et iudicum 7 ) und sonst ähnlich bezeichnet wird, deutet schon zur Genüge an, daß die Vögte bei ihrer Erhebung keine privaten Rechte ausübten, sondern daß sie die Abgabe als Vögte, d. h. kraft öffentlich=rechtlicher Gewalt, forderten. Auch


1) M. U.= B. XIII, 8096. Aehnlich XIII, 8114.
2) M. U.=B. IV, 2429.
3) M. U=B. III, 1971. Die außerordentlichen Beden wurden anfangs nur in einzelnen Landestheilen gefordert. Vgl. die Bedeverträge in I, 4.
4) M. U.=B. I, 340.
5) M. U.=B. I, 554.
6) M. U.=B. I, 538.
7) M. U.=B. I, 239.
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die Bezeichnung gravamen spricht für die Zugehörigkeit der Bede zum Staatsrecht. Eine Zusammenfassung öffentlicher Rechte unter jenem Namen, der überhaupt nur für solche gebraucht wurde und dessen Anwendung auf private Rechtspflichten nicht recht verständlich wäre, findet sich in einer Urkunde vom Jahre 1251, in der Fürst Johann von Meklenburg befreit ab omni gravamine, scilicet peticione, expeditione, exactione advocati. 1 ) Noch andere ähnliche Ausdrücke kommen vor zur Bezeichnung der den Vögten geschuldeten Leistungen im Allgemeinen: onus et infestacio advocacie, inquietudo advocatorum. Bemerkenswerth ist schon an sich, daß wir die Bede so häufig mit den öffentlichen Rechten der Vögte zusammen aufgezählt finden. Es wird aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie mit zu jenen gehörte. In einer Urkunde des Fürsten Johann von Meklenburg 2 ) wird zu der exactio et gravamen advocati gehörend gerechnet: videlicet burgwerc, brugwerc, vexatio, petitio . . . Im Jahre 1248 3 ) befreit der Fürst Johann Bauern des Klosters Reinfeld ab omni iure secularis potestatis, utpote peticionibus, exactionibus . . . . Was wir unter ius secularis potestatis zu verstehen haben, erfahren wir aus einer anderen Urkunde desselben Fürsten vom Jahre 1245 4 ): omne ius secularis potestatis, id est advocatorum, comitum vel iudicum. Die Urkunden selbst bringen es so mit aller nur wünschenswerthen Deutlichkeit zum Ausdruck, daß die Bede zu dem ius secularis potestatis, zu dem ius advocatie gehörte. Soviel ist nach alledem wohl sicher: die Bede ist als eine öffentlich=rechtliche Abgabe nach Meklenburg gekommen, und von einem Zusammenhange derselben mit irgend welchen privaten Rechtstiteln kann dort nirgends die Rede sein.

Eine nochmalige Bestätigung findet dieser Satz zuletzt durch die erweisbare Thatsache, daß die Bede in den meklenburgischen Territorien dem Landesherrn als solchem zustand, eine landesherrliche Abgabe war. Die Vögte erhoben sie nicht sebstständig, sondern nur als fürstliche Beamte für ihren Herrn. Wenn es auch zuweilen vorgekommen ist, daß jene ihre Befugnisse überschritten und auf eigene Faust peticiones importunas einzogen,


1) M. U.=B. II, 674.
2) M. U.=B. I, 517.
3) M. U.=B. I, 617.
4) M. U.=B. I, 570.
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wie das z. B. aus einer Urkunde vom Jahre 1258 hervorgeht, 1 ) so ist doch bei ihnen an eine ähnliche Stellung, wie es die der Kirchenvögte und der Grafen früher in Altdeutschland war, aus deren Gewalt sich jetzt die landesherrliche herausgebildet hatte, nicht zu denken. Niemals üben sie in den Urkunden ein selbstständiges Verfügungsrecht über die Bede aus; als die eigentlichen Bedeherren treten immer nur die Landesfürsten auf. Es wird in den Urkunden unmittelbar ausgesprochen, daß diesen die Abgabe in ihrem ganzen Territorium zukam. Eine Urkunde vom Jahre 1328 spricht von der precaria, sicud dominus noster Magnopolensis eam in tota terra sua duxerit postulandam. 2 ) Fürst Albrecht von Meklenburg verkauft 1339 die Beden von dem halben Dorfe Beselin: precarias omnes tam maiores quam minores quas in nostro domimo petierimus. 3 ) Im Jahre 1343 behält er sich bei einem Verkaufe vor: precariam nostram, quantam super omnes terras nostras generaliter accipimus et accipiemus. 4 ) Eine Urkunde von 1293 befreit von der peticio dominorum, qualiscunque in terra fuerit. 5 ) Bei einem Verkaufe von 9 Hufen zu Evershagen im Jahre 1355 wird hinzugefügt: precaria dumtaxat dictorum mansorum dominis terrarum, prout mansi in territorio ipsorum eamdem communiter dare tenebuntur et sueverunt, reservata. 6 ) In einer anderen Urkunde vom Jahre 1355 verkauft Herzog Albrecht von Meklenburg Rente aus der Bede zu Degetow: prout nos dictas precarias primas predicte ville Deghetowe, que proprie precarie dominorum terre nuncupantur, liberius hactenus habuimus. 7 ) Bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts erscheint die Bede in den Urkunden mit geringen Ausnahmen nur als in der Hand von Landesherren befindlich; bis dahin stünde schon allein deswegen deren eigentliches Anrecht darauf außer Zweifel. Jedoch von jener Zeit an


1) M. U.=B. II, 822.
2) M. U.=B. VII, 4887.
3) M. U.=B. IX, 5971.
4) M. U.=B. IX, 6353. Vgl. auch die Wendungen: per totum nostrum dominium in V, 3040, per totam terram dominii Magnopolensis in VIII, 5033, peticiones generales in nostro territorio in V, 2937.
5) M. U.=B. III, 2239.
6) M. U.=B. XIII, 8114.
7) M. U.=B. XIII, 8075. Hier werden jedoch speziell nur die prime precarie dominorum genannt. Zur Erklärung dessen, wie es möglich ist, daß bei dem allgemeinen landesherrlichen Charakter der Abgabe doch ein Theil derselben als im eigentlichen Sinne landesherrlich bezeichnet werden kann, vgl. Anm. 1 folgender Seite.
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finden wir die Abgabe mehr und mehr in den Händen der verschiedensten Personen, bei denen wir keine öffentlich=rechtliche Gewalt voraussetzen. Aber auch diese Bede ist nichtsdestoweniger eine landesherrliche; sie stammt in allen Fällen von den Landesherren, ist von ihnen verliehen, verpfändet oder verkauft worden. Daß sie so von diesen privatrechtlich behandelt worden ist, spricht durchaus nicht gegen ihre öffentlich=rechtliche Natur. Eine privatrechtliche Behandlung öffentlicher Rechte ist dem Mittelalter überhaupt gemein, und die Bede theilt dies Schicksal unter anderem auch mit der hohen Gerichtsbarkeit, die man doch deshalb auch nicht als ein privatrechtliches Institut angesehen hat. Dieser Uebergang der Beden von den Landesherren auf einfache Grundherren, auf den später noch näher einzugehen sein wird, ist in den Urkunden genau zu verfolgen; die landesherrliche Herkunft der meisten in anderen Händen befindlichen Beden ist daher nachweisbar, während in Fällen, wo sie das nicht ist, ein Erweis des Gegentheils, von Beden, die auf privaten Rechtstitel hin erhoben sind, nicht durchführbar ist. Nur bei den Landesherren, den ursprünglich alleinigen Besitzern der Bede, finden wir denn auch anfangs das Recht, von ihr zu befreien. Der größte Theil der erhaltenen Urkunden aus dem 13. Jahrhundert, welche unsere Abgabe erwähnen, spricht eine Befreiung kirchlichen Besitzes von derselben aus, und überall wird diese Bestimmung von Landesherren getroffen, die daher nur allein Anrecht auf ihre Erhebung haben konnten. Ebenso finden wir auch ursprünglich nur Landesherren als solche, die über die Bede sonstwie verfügen, sie verleihen, veräußern oder verpfänden können. Diese Veräußerungen, die auch in Altdeutschland vorkamen, nahmen in Meklenburg eine außerordentliche Ausdehnung an. Ein Theil der Bede erhielt davon hier sogar einen besonderen Namen und wurde als manbede der im engeren Sinne landesfürftlichen Bede, der herenbede, gegenübergestellt. 1 )


1) Doch ist das nicht so zu verstehen, als ob alle im Besitz des Landesherren verbliebene Bede herenbede, precaria dominorum, alle im privaten Besitz befindliche manbede, precaria vasallorum, precaria vasallica genannt worden wäre (M. U.=B. XVI, 9641. XIII, 7930. IX, 5793). Vielmehr wird in den Urkunden schon solche Bede Mannbede genannt die bisher noch im Besitz des Landesherrn war und die eben erst an Vasallen übertragen wird; andererseits wird mit dieser Bede zugleich Herrenbede veräußert, die, obwohl sie das Schicksal der Veräußerung in gleicher Weise mit der Mannbede theilt , doch durch jenen Namen von ihr unterschieden wird. Es kommen Besitzverleihungen myt aller manbede unde herenbede (XVI, 9641), cum (  ...  )
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Von den Vasallen wurde die an sie veräußerte Abgabe vielfach weiter veräußert. So finden wir auch bei ihnen ein Verfügungsrecht über die Bede. Jedoch wurde gewöhnlich dazu die Erlaubniß des Landesherrn entweder gleich bei dessen eigener


(  ...  ) precaria dominorum ac precaria vasallorum (XIII, 7930) vor. Herren=und Mannbede waren bis dahin beide im Besitz des Landesherrn und werden jetzt beide zugleich veräußert. Zu einer Scheidung der den Landesherren verbliebenen und der an Vasallen veräußerten Bede dienen daher die beiden Namen gar nicht. Was für ein Gegensatz kommt aber dann in ihnen zum Ausdruck? Darüber können uns solche Zusammenstellungen wie: myd aller bede, myd manbede, myd wynterbede unde myd zomerbede (XIII, 7875), myd zomerbede, myd manbede unde grote bede (XVI, 10024) Aufklärung geben. Wie wir später sehen werden, wurde die Bede in Meklenburg jährlich an zwei oder drei Terminen in verschiedener Höhe erhoben. Wynterbede, zomerbede, grote bede, lutke bede sind Bezeichnungen für die den Terminen nach getrennten Theile der Bede. In obigen Zusammenstellungen kommt es daher offenbar darauf an, alle der Erhebungszeit nach verschiedenen Theile der Bede zusammenzufassen. Wird nun der Name manbede mit obigen Bezeichnungen in einem Athem gennannt, so kann man nur annehmen, daß auch er für einen an einem bestimmten Termine erhobenen Theil der Bede steht. Aber während in den Benennungen wynterbede, zomerbede, grote bede, lutke bede die Beziehung auf die Erhebungszeit oder auf die verschiedene Höhe der Abgabe unmittelbar zum Ausdruck kommt, was hätte dazu geführt, die Bezeichnung manbede im gleichen Sinne zu verwenden? Auch wäre ja dann ein Zusammenhang des Namens mit der Veräußerung der Abgabe an Vasallen, wie oben angenommen, nicht vorhanden. Die Erklärung schafft uns hier die analogische Anwendung eines ähnlichen Namens unter ähnlichen Verhältnissen. In einer Urkunde, in der die niedere Gerichtsbarkeit und ein Theil der höheren veräußert wird, geschieht das mit den Worten: cum servicio et iudicio vasallorum nostrorum, videlicet LX solidorum et infra, et terciam partem iudicii manus et colli (XIV, 8402). Warum gerade die niedere Gerichtsbarkeit den Namen iudicium vasallorum bekommt, kann keinem Zweifel unterliegen, denn sie wurde fast immer den Vasallen auf ihren Gütern überlassen, während die hohe Gerichtsbarkeit anfangs seltener und nicht immer vollständig und erst später häufiger verliehen wurde. Innerhalb der Bede würde dem iudicium vasallorum die precaria vasallorum entsprechen. Die manbede wäre danach derjenige Theil der Bede, der den geringsten Betrag hatte und der seinen Namen davon, daß man anfangs meist gerade ihn im gegebenen Fall zur Veräußerung an die Vasallen wählte, ganz allgemein trug, ohne Rücksicht darauf, ob er sich im einzelnen Falle wirklich in der Hand von Vasallen befand oder nicht. Unter dem Namen herenbede stände ihm dann der an dem zweiten Termin in höherem Betrage erhobene Theil gegenüber, den die Landesherren anfangs meist bei Veräußerungen für sich zurück behielten, sehr bald aber ebenso wie die manbede und häufig gleich mit dieser zusammen veräußern mußten. In den Fällen, in denen Bede an drei Terminen erhoben wurde, müßte dann der Name herenbede zusammenfassend für die beiden Theile gegolten haben, die eventuell unter sich in verschiedener, aber je in größerer Höhe eingefordert wurden, als der mit manbede bezeichnete dritte Theil. Daß thatsächlich ein= (  ...  )
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ersten Veräußerung ertheilt oder doch später gegebenen Falles seine Bestätigung eingeholt, so daß auch hierin der landesherrliche Charakter der Bede noch unverkennbar ist.

Waren nun die Landesherren ursprünglich im alleinigen Besitz der von ihrem ganzen Territorium aufgebrachten Bede, so geht daraus auch hervor, daß sie diese auf Grund der Landeshoheit erhoben; irgendwelche andere Rechte sind bei einer so allgemeinen Verpflichtung zur Bede ausgeschlossen; gegen die gesammten Unterthanen konnten nur Landeshoheitsrechte geltend gemacht werden. Die Bedeforderung muß daher ein Hoheitsrecht, ein Bestandtheil der Landeshoheit gewesen sein. Auch die Urkunden lassen darüber nicht im Zweifel. Ehe noch die eigentliche Landeshoheit sich einheitlich herausgebildet hatte und als bestimmter Begriff in das allgemeine Bewußtsein getreten war, findet sich in dem schon angeführten Privileg Konrads III. für Havelberg bereits die Verbindung: ut nullus . . . . aliquam exactionem exinde extorquere audeat, nullus sibi aliquod dominium ibi usurpare presumat, nullus peticiones publicas ibi faciat. 1 ) Allerdings beweist diese königliche Urkunde nur etwas für die Reichsauffassung, für die Auffassung in Altdeutschland. In Meklenburg wird die Bede als zu der Summe der Hoheitsrechte, zum dominium, gehörend bezeichnet in einer Urkunde Herzog Albrechts vom Jahre 1353: nichil penitus iuris, iusticie, proprietatis et dominii preterquam precarias in eadem villa nobis et successoribus nostris reservato. 2 ) In eine gleiche Beziehung zu der Landesherrlichkeit wird die Bede in


(  ...  ) mal die Bezeichnung herenbede die beiden Begriffe grote und lutke bede umfaßt, die doch unzweifelhaft eine Unterscheidung der Abgabe nach Höhe und Terminen geben, und dann neben dem Ganzen als Drittes die Mannbede steht (myt aller manbede unde herenbede, beyde lutke unde grote. XVI. 9641), ist ein Beweis dafür, daß unsere Annahme richtig und der Rückschluß von der Gerichtsbarkeit auf die Bede zulässig ist. Daß in obigen Zusammenstellungen die manbede wirklich ein Theil der ordentlichen Bede ist und nicht etwa, wie man vielleicht annehmen könnte, außerordentliche (die ja auch neben der ordentlichen zuweilen veräußert wurde, vgl. V, 3022), und daß in dem Namen manbede gegenüber herenbede nicht schon eine Anticipation des späteren Begriffs der landständischen Steuer gegenüber der landesherrlichen liegt, das beweist die Stelle in einer Urkunde von 1337 (IX, 5793): cum omnibus iuribus, iudiciis, precaria vasallica, videlicet de manso quolibet annis singulis unam marcam. Ueber die Frage, ob der Ausdruck precaria vasallica darauf hindeuten kann, daß es in Meklenburg eine auf das Lehnsverhältniß gegründete Bede gegeben habe, vgl. unten I, 4, S. 27, Anm. 5.
1) M. U.=B. I, 52.
2) M. U.=B. XIII, 7730.
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einer anderen Urkunde des Herzogs vom Jahre 1356 gesetzt, wenn es dort heißt: nobis tamen et nostris heredibus iudiciis supremis, precariis, servitiis et aliis dominorum oneribus super dictis mansis et agris precipue reservantes. 1 ) Fürst Johann von Werle sagt in einer Urkunde vom Jahre 1370: unde hebben der zulven vrowen an deme zulven gude, alse an veerdehalver hove unde an dren kothen, allen borchdenest unde burdenest unde den teynden penning an den koten unde alle andere plicht unde unplicht vryg unde quid unde los ghelaten unde gheven, de us unde uzen erven edder ammetluden van deme gude van herschop weghene unde van rechte thoboren mach, mit alleme richte unde broke, hoghest unde sydest, an hant unde an hals, zunder an den hoven de bede twye des yares . . . unde dat hundekorne. 2 ) Auch hier wird die Bede nach dem Zusammenhange dem zugezählt, was dem Fürsten van herschop weghene zusteht. So können wir denn auch annehmen, daß in einer Urkunde des Fürsten Wizlav von Rügen vom Jahre 1278, in der er von fürstlichen Lasten befreit: renunciantes expresse in his scriptis omnibus ac singulis supra dictis exactionibus et serviciis ac omni honeri, quod ab incolis predicte ville ratione dominii vel districtus habuimus vel habere possimus de consuetudine vel de iure, unter den Rechten, die dem Fürsten kraft Landesherrschaft gebühren, auch die Bede mit verstanden ist 3 ) Die Bürger der Stadt Ribnitz leisten ihre jährliche städtische Bedezahlung nach einer Urkunde von 1311 4 ) dem Landesherrn in Anerkennung seiner Landeshoheit: Insuper dicti consules et opidani de Ribbenitze singulis annis domino terre Rostock . . . . viginti marcas . . . . in recognitionem dominii persolvere tenebuntur. In Urkunden über Veräußerung landesherrlicher Hoheitsrechte wird die precaria unzweifelhaft als zu jenen gehörend in derselben Aufzählung neben dem dominium genannt. Fürst Albrecht von Meklenburg verkauft 1341 den Gebrüdern


1) M. U.=B. XIV, 8240.
2) M. U.=B. XVI, 10018.
3) M. U.=B. II, 1469. Unter den supra dictis exactionibus ist die Bede nicht genannt, sie muß daher wohl unter dem folgenden omne honus mit gedacht sein, da sonst stets bei Befreiungen geistlicher Erwerbungen der Bedepflicht irgendwie Erwähnung geschieht.
4) M. U.=B. V, 3483.
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von Bülow omnem proprietatem, 1 ) supremum iudicium, omnem precariam ac omne dominium super villas subscriptas, videlicet Rodenberghe et curiam sibi adiacentem, Gryben etc. 2 ) In einer Urkunde vom Jahre 1345 3 ) wird eine andere angeführt, die super quibusdam dominiis, proprietatibus, precariis et iurisdictionibus quorundam bonorum in terra Pole handelt. Alle solche Zusammenstellungen, wie sie sich in dieser Weise öfters finden, beweisen die Zugehörigkeit der Bede zu den landesherrlichen Hoheitsrechten.

3. Der Rechtstitel der Bedeherren.

Für die Bede als eine völlig neue, an nichts Aelteres, Aehnliches anknüpfende Abgabe muß doch der Rechtstitel aus irgend einem schon bestehenden Theile des öffentlichen Rechts hergeleitet worden sein. Es kommen da die beiden alten Hauptbestandtheile der öffentlichen Gewalt in Frage, die Kriegshoheit und die Gerichtshoheit. Beide hat man für den Rechtstitel, auf Grund dessen die Bede zuerst erhoben worden ist, in Anspruch genommen. Nachdem wir nun den öffentlich=rechtlichen Charakter der Abgabe auch für Meklenburg als unzweifelhaft hinstellen mußten, wird die Frage für uns zunächst von Interesse sein: finden sich in unserem Material noch Hinweise darauf, ob man auf die eine oder die andere der genannten beiden Seiten des öffentlichen Rechts den Bedeanspruch zuerst gestützt hat?

Man hat die Bedeleistung insofern als im Zusammenhange mit der Kriegshoheit stehend aufgefaßt, als man in ihr ein Aequivalent für die Befreiung vom Kriegsdienste sah. Betrachten wir nun zur Probe auf die Haltbarkeit dieser Anschauung das Verhältniß, in dem Bede und Kriegsdienst in den Urkunden zu einander stehen, näher, so muß es uns gleich auffallend erscheinen, daß die Bauern geistlicher Grundherren sehr häufig sowohl von diesem wie von jener befreit werden. 4 )


1) Der Ausdruck: Verkauf der proprietas, Veräußerung zu Eigenthum, wird in den meklenburgischen Urkunden allgemein gerade für Ueberlassung herrschaftlicher Rechte gebraucht und bedeutet nicht etwa gänzliche Uebereignung, Aufgabe des Lehnsverhältnisses, sondern dies blieb dabei weiter bestehen. Vgl. Hegel, a. a. O. S. 39.
2) M. U.=B. IX, 6130.
3) M. U.=B. IX, 6481.
4) Z. B. M. U.=B. I, 160, 167, 255, 258, 260, 312, 340, 480, 490, 538, 554, 572, 621.
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Würde man es als eine ganz besondere Begünstigung des geistlichen Standes auffassen wollen, daß hier auch noch die Leistung des Aequivalents erlassen wäre, so müßte man doch erwarten, daß dies irgendwie als etwas Außergewöhnliches in den Urkunden zum Ausdruck käme. Besonders würde man letzteres erwarten in einer Urkunde des Fürsten Heinrich Borwin vom Jahre 1222, in der er in Bezug auf drei dem Bischofe von Ratzeburg gehörende Dörfer folgende Erklärung abgiebt: Consensimus etiam ego et filii mei in eo, quod villam, que vocatur Mandrowe, in liberam possessionem episcopo dedimus hoc excepto, quod homines tantum illius ville burgwerk et brukewerk operentur, circulum scilicet urbis Magnopolis, relique due ville, Mirisdorp et Gressowe, tali iure per omnia gaudebunt, quod burgwerk et brucwerk operabuntur et expediciones sequentur, et omnes tres ville peticiones non dabunt. 1 ) Danach scheint das erste Dorf von der Kriegspflicht befreit zu sein, die beiden anderen müssen sie leisten; nichtsdestoweniger werden alle drei unterschiedslos mit denselben Worten von der Bede befreit. Bede und Kriegsdienst erscheinen in dieser Urkunde durchaus als zwei selbständig neben einander stehende Lasten. Zuweilen kommt es vor, daß der Landesherr einen Theil der Kriegspflicht, die Landwehr, bestehen läßt, von den Beden aber ganz befreit. 2 ) Nach obiger Auffassung wäre hier sonderbarer Weise das Aequivalent erlassen, ein Theil jener Pflicht, für deren Aufhebung doch jenes gegolten hätte, würde aber weiter geleistet. Ganz merkwürdig wäre aber dann der Fall, den wir aus einer Urkunde des Bischofs Philipp von Ratzeburg erfahren. 3 ) Es wird dort an Stelle des Kriegsdienstes, der Bede und des Burgwerks eine einzige Abgabe geleistet: Dabunt idem coloni pro omni exactione comitis, expeditione scilicet, peticione et burgwerch, IIII or mensuras tritici medio tempore infra diem sancti Martini et omnium sanctorum; das wäre also noch einmal ein Aequivalent zugleich für das erste Aequivalent und die ursprüngliche Pflicht selbst. Die Annahme einer Zusammengehörigkeit von Bede und Kriegsdienst muß nach alledem als sehr unwahrscheinlich dastehen, wird aber ganz hinfällig durch eine Urkunde des Grafen Gunzelin von Schwerin vom Jahre 1257, 4 ) der in Bezug auf das vom Kloster Zarrentin


1) M. U.=B. I, 284.
2) Z. B. M. U.=B. I, 167, 621.
3) M. U.=B. I, 182.
4) M. U.= B. II, 801.
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gekaufte Dorf Bantin bestimmt: Nos, quoniam profectum prefate ecclesie diligimus, memorate ville proprietatem de consensu nostrorum heredum donavimus eidem, quedam nobis in eadem villa, que vulgariter borchwerch et herscilth appellantur, obsequia reservantes similiter et peticionem, peticione in terra nostra habita generali. Wenn der Graf zugleich Anspruch machen kann auf herscilth und petitio, so kann die letztere keine Ablösung für den ersteren sein. 1 )

Ein Zusammenhang der Bede mit der Kriegshoheit muß also abgelehnt werden, wohl finden sich aber Beweise für einen solchen mit der Gerichtshoheit. Bei Annahme des letzteren erklärt sich der Ursprung der Beden so, daß die Inhaber der hohen Gerichtsbarkeit jene, allerdings ohne einen speziellen Rechtsgrund, kraft ihrer Gerichtsgewalt forderten; diese gab Macht und Rechtstitel dazu her. In unseren Urkunden finden sich denn auch einige Spuren, die darauf hinweisen, daß nach der allgemeinen Anschauung Bede und Gericht zusammengehörten. Wir erwähnten schon, daß die Bede selbst nach dem Namen der Vögte und der Vertreter der öffentlich=rechtlichen Gewalt, die sie einzogen, benannt wurde; auch im Gebiete der slavischen Landesherren, in dem es eine deutsche Grafengewalt eigentlich nie gegeben hat, in dem sich vielmehr die slavische Landeshoheit selbst jetzt in etwas derselben Entsprechendes umgewandelt hatte, wird die Abgabe wohl noch in Erinnerung an ihren Ursprung in Altdeutschland anfangs zuweilen als exactio comitum bezeichnet. In derartigen Wendungen deuten nun oft weitere Zusätze an, aus welcher Eigenschaft man bei solchen Inhabern öffentlich=rechtlicher Gewalt die Befugniß zur Bedeforderung herleitete. In einer Urkunde des Fürsten Nicolaus von Rostock 2 ) heißt die Bede die exactio comitum et iuris nostri executorum, advocatorum et iudicum. In einer Urkunde des Herzogs Wartislav von Pommern 3 ) findet sich die Bestimmung: nostra sive iudicum nostrorum exactione ammota penitus et exclusa. Offenbar


1) Aus der Wendung peticione in terra nostra habita generali ist allerdings vielleicht zu schließen, daß hier nur außerordentliche Beden ge meint sind. Ordentliche und außerordentliche Bede haben aber einen gemeinsamen Ursprung. Gingen die ersteren auf eine Ablösung des Kriegsdienstes zurück, so konnte auch die außerordentliche Bedeforderung an niemand gestellt werden, der den Kriegsdienst leistete.
2) M. U.=B. I, 415. Ebenso II, 828.
3) M. U.=B. II, 807,
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kommt in solchen Bezeichnungen eine Anschauung zum Ausdruck, die sich die Abgabe auf Grund der hohen Gerichtsbarkeit erhoben denkt. Man sieht in der Bede eine infestatio advocatorum et iudicii. 1 ) Die Wahrscheinlichkeit, daß das Bederecht im Anschluß an die Gerichtshoheit entstanden ist, wird um so größer, wenn man sieht, daß auch später noch, nachdem die Bede selbst längst eine rechtlich feststehende Abgabe geworden war, wirkliche Erpressungen der landesherrlichen Vögte auf ihre Gerichtsgewalt zurückgeführt wurden. So erkennt der Graf Gunzelin von Schwerin im Jahre 1245 in folgender Form an, daß von seinen Beamten in einigen dem Bischofe von Ratzeburg gehörenden Dörfern Gewaltthätigkeiten verübt worden sind: Nam cum officiati nostri racione iurisdictionis cuiusdam nobis in predictis villis debite vel solite iniunctum officium exercerent, ad ulteriora manus extendentes insolita et indebita exegerunt. 2 ) Aehnlich, wie solche späteren willkürlichen Schatzungen, wird wohl auch die Bede anfangs häufig den Charakter der Erpressung getragen haben, bis sie durch die Gewohnheit eine rechtmäßige Abgabe wurde. Damit solche aus der iurisdictio entspringenden Vergewaltigungen künftighin vermieden bleiben, überläßt der Graf Gunzelin in obiger Urkunde dem Bischofe diese iurisdictio und alle seine sonstigen Rechte. Auch Fürst Heinrich von Meklenburg führt als Grund für die Verleihung der niederen Gerichtsbarkeit und eines Drittels der hohen an das Kloster Sonnenkamp im Jahre 1271 die Uebergriffe der die Gerichtsbarkeit ausübenden Beamten an: Preterea ut iam dictum claustrum in suis hominibus tumultum advocatorum nostrorum non senciat aut pressuras, dimisimus eidem in bonis suprascriptis et nunc habitis iudicium ad LX solidos et infra . . . 3 ) Im Jahre 1356 schlichtet der Fürst Albrecht von Meklenburg einen Streit, der zwischen denen von Bülow als Pfandinhabern der Vogtei Grevesmühlen und dem Kloster Reinfeld entstanden ist, weil jene von des letzteren Besitzungen in gleicher Weise wie sonst in der Vogtei ohne Rücksicht auf die Befreiung derselben die Bede gefordert haben: omnis controversia . . . . finaliter est sopita, scilicet ut homines predicte ville Wychmerstorpe et de Boltenhaghen et aliis casis adiacentibus nunquam de cetero precariam dabunt,


1) M. U.=B. I, 463.
2) M. U.=B. I, 566.
3) M. U.=B. II, 1215.
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sed gaudebunt libertatibus suis, sicut in litteris nostris super hiis confectis liquide est expressum. Um nun das Kloster aber auch für künftige Zeiten gegen die auf Grund der Gerichtsgewalt erhobenen Beden zu sichern, wendet der Fürst gleichfalls als das beste Mittel das an, daß er ihm eben die Gerichtsbarkeit verleiht: Ne autem dicti abbas et conventus. . . de cetero perturbentur seu molestentur, nos . . . relinquimus eisdem . . . omne iudicium ibidem in perpetuum. 1 )

Ein weiteres Anzeichen dafür, daß eine allgemeine Anschauung die Bede in ein engeres Verhältniß zur Gerichtshoheit setzte, ist die Erscheinung, daß man sie bei der Veräußerung fürstlicher Hoheitsrechte meistens mit dem höchsten Gericht beisammen ließ oder in Fällen der Trennung häufig die Wiedervereinigung beider erstrebte. 2 )

4. Die Bede als ordentliche Abgabe und ihre Steuernatur.

In Altdeutschland hatten die Grafen und Kirchenvögte anfangs nur gelegentlich einer necessitas Beden eingefordert; mit der Zeit waren sie aber immer häufiger mit ihren Ansprüchen hervorgetreten, so daß die zuerst willkürlich erhobene Abgabe allmählich zu einer regelmäßigen Leistung wurde, die alljährlich zu bestimmten Terminen wiederkehrte. Dieser Zustand ist in den Territorien Altdeutschlands fast allgemein mit dem Beginn des 13. Jahrhunderts, erreicht worden. Jedoch auch diese ordentliche Abgabe reichte für die landesherrlichen Bedürfnisse nicht immer aus. Neben den ordentlichen Beden liefen noch außerordentliche her, die aber nun ihrerseits immer erst eine jedesmalige Uebereinkunft des Landesherrn mit den Einwohnern seines Territoriums zur Voraussetzung hatten. Als wesentlich für die Entwicklungsgeschichte der Landeshoheit ist es jedenfalls festzuhalten, daß den neuen Landesfürsten in der ordentlichen Bede eine von aller vorherigen Bewilligung ihrer Unterthanen unabhängige Einnahmequelle unbeschränkt zur Verfügung stand.


1) M. U.=B. VIII, 5646, 5663.
2) Vgl. die Zusammenstellung im Registerband XVII des M. U.=B. unter bede.
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Auch in Meklenburg haben die Dinge zweifellos einen ähnlichen Verlauf genommen; auch hier ist eine precaria annualis 1 ) gezeitigt worden, neben der dann wieder neue Beden, die außerordentlichen, entstanden sind. Die ordentliche Bede wird auch hier nicht nur einmal, sondern zweimal im Jahre eingezogen; wir finden precarias tam hyemales quam estivales, 2 ) winterbede unde somerbede 3 ) oder precarias maiores et minores, 4 ) lutteke bede unde grote bede; 5 ) ja es kommen noch mehr Bedeerhebungen im Jahre vor, es giebt precarie prime, medie et ultime. 6 ) Eine andere Frage ist nur die, von welcher Zeit an hier eine ordentliche Bede sicher nachweisbar ist. Direkt als jährliche Abgabe bezeichnet die Bede von den erhaltenen Quellen zuerst eine Urkunde des Fürsten Nikolaus von Werle vom Jahre 1292, 7 ) in der er ab exactione, que dicitur annua petitio, befreit. Doch ist es zweifellos, das schon früher als am Ende des 13. Jahrhunderts die Entwicklung soweit gediehen war. In der Stiftungsurkunde für die Stadt Grabow vom Jahre 1252 8 ) ertheilt der Graf Vollrath von Danneberg den Einwohnern der Stadt omnem libertatem, ita quod nobis aut nostris heredibus et successoribus, advocatis seu officialibus dare non debent redditus annuales, precarias vel exactiones, sed ab omni onere exactionum, precariarum, quocunque vocentur nomine, liberi debent esse in perpetuum et soluti. Redditus annuales und precarie vel exactiones bezeichnen hier wohl inhaltlich dasselbe. 9 ) Daß die Bede damals allgemein den Charakter einer regelmäßigen Abgabe hatte, ist allerdings damit noch nicht gesagt. Vielmehr geht der Ausdruck redditus annuales wohl ganz speziell auf eine Abgabe, welche andere Städte, die nicht wie Grabow ganz befreit waren, jährlich an Stelle der Bede zu leisten hatten. Für manche Städte bestand damals offenbar schon die Vergünstigung, daß ihnen statt einer einzeln von ihren Bürgern erhobenen Bede eine jährliche fixirte


1) M. U.=B. X, 7003.
2) M. U.= B IX, 6198.
3) M. U.=B X, 6975.
4) M. U.=B IX, 6539.
5) M. U.=B X, 7009.
6) M. U.=B XVIII, 10705. Vgl. auch den Ausdruck anteprecaria, vorebede für precaria prima in VII, 4402.
7) M. U.=B. III, 2165.
8) M. U.=B II, 683.
9) Vgl. darüber unten III, 3.
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Summe als Gemeindelast aufgelegt wurde. Aus einer nur wenige Jahre später entstandenen Aufzeichnung im Rostocker Stadtbuche von 1260 1 ) und aus einer Urkunde des Fürsten Borwin von Rostock vom Jahre 1262 2 ) ersieht man, daß diese Einrichtung für Rostock um jene Zeit schon bestand; im Jahre 1264 wird sie auch in Güstrow eingeführt 3 ) Eine solche Leistung der Städte hat aber zur Voraussetzung, daß die Bede schon seit längerer Zeit allgemein eine, wenn zeitlich noch nicht genau fixirte, so doch mindestens gewohnheitsmäßig ziemlich regelrecht wiederkehrende Abgabe war; sonst wäre der Sinn der obigen Einrichtung, die doch offenbar den Charakter einer Bevorzugung tragen sollte, ganz undeutbar. Ein ganz unzweifelhafter Beweis aber dafür, daß eine regelmäßige Bede in Meklenburg schon früher als seit dem letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts vorkam, ist das Auftreten von außerordentlichen Beden in schon aus früherer Zeit stammenden Urkunden, die dann natürlich ordentliche nothwendig voraussetzen lassen. Mit Spuren von dem Vorkommen außerordentlicher Bede haben wir es vielleicht schon in einer Urkunde vom Jahre 1257 zu thun. In dieser bereits erwähnten Urkunde für das Kloster Zarrentin behält sich Graf Gunzelin von Schwerin von dem durch das Kloster käuflich erworbenen Dorfe Bantin quedam obsequia vor, similiter et petitionem, peticione in terra nostra habita generali. 4 ) Daß die hier in Frage kommende Bede nicht regelmäßig erhoben wurde, diese Annahme macht die ganze Art des obigen Zusatzes, der doch offenbar seinem Inhalt nach eine zeitliche Einschränkung giebt, wenigstens wahrscheinlich. Wollte man nun deshalb obige Stelle gerade als ein Zeugniß dafür ansehen, daß die Bede überhaupt noch unregelmäßig erhoben wurde, daß es damals weder eine ordentliche noch eine außerordentliche Bede schon gegeben habe, so spricht doch die Thatsache dagegen, daß die Landesherren auf den Besitzungen geistlicher Stifter bis zur Wende des Jahrhunderts sich nur zuweilen die außerordentliche Bede vorbehielten, sonst ihnen aber durchweg Bedefreiheit ertheilten. Von einer noch gar nicht regelmäßig erhobenen Bede wäre also das Klosterdorf jedenfalls befreit gewesen. Eben dies Maß der den geistlichen Stiftern im 13. Jahrhundert ertheilten Freiheiten steht


1) M. U.=B. II, 878.
2) M. U.=B. II, 959.
3) M. U.=B. II, 1015.
4) M. U.=B. II, 801.
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auch dem entgegen, daß man dem Zusatz die obige Deutung, er bezeichne eine nicht regelmäßig erhobene Abgabe, nicht giebt, sondern in der petitio, die das Dorf zu zahlen hat, die ordentliche Bede sieht. Hierzu kommt schließlich noch, daß der Ausdruck generalis petitio, der hier zum ersten Male vorkommt, später für außerordentliche Beden geradezu technisch zu sein scheint. Ein anderes, schon etwas sicheres indirektes Zeugniß für die Existenz der ordentlichen Bede haben wir in einer Urkunde aus dem Jahre 1271. Die Grafen Gunzelin und Helmold von Schwerin verkaufen dem dortigen Domkapitel das Dorf Dalberg und versprechen: Insuper non petitiones, non exactiones aliquas indebite in eiusdem ville homines faciemus, non servicia aliqua ab ipsis requiremus, preterquam ad castri nostri edificationem et terre nostre defensionem et preter communes petitiones secundum consuetudinem actenus habitas et circa aliarum villarum nostri districtus homines observatas. 1 ) Soviel geht aus dem Inhalt klar hervor, daß es sich um zweierlei Arten von petitiones handelt; die Erhebung der einen geschähe indebite, die andern müssen jedoch secundum consuetudinem geleistet werden. Man könnte nun diese letzteren vielleicht eben wegen der Verbindung secundum consuetudinem als die ordentlichen auffassen, da diese später öfters durch ähnliche Wendungen bezeichnet werden und als petitiones solite oder consuete auftreten; auch der Zusatz circa aliarum villarum nostri districtus homines observatas entspräche dem wohl. Das Versprechen der Grafen wäre dann so auszulegen, daß sie über die gewöhnlichen Beden hinaus keine unrechtmäßigen Schatzungen vornehmen wollen. Der Begriff willkürlicher Schatzungen der Grafen ist aber natürlich nur denkbar, wenn Zahltermine und Höhe der Bede schon festgelegt sind. Gegen obige Auslegung spricht nun wieder die Ausdehnung, welche die den geistlichen Stiftern in jener Zeit ertheilten Privilegien sonst ausnahmslos annehmen; es ist nicht wahrscheinlich, daß das Domkapitel damals zur Zahlung ordentlicher Bede von einem seiner Güter angehalten worden ist, während der Vorbehalt außerordentlicher ein wenig später öfters vorkommt. Die Auffassung, daß in obiger Urkunde das Dorf Dalberg von aller Bede mit Ausnahme der außerordentlichen befreit werde, findet noch eine Stütze in dem Umstand wiederum, daß der Ausdruck communes petitiones


1) M. U.=B. II, 1213.
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ebenso wie generales petitiones sonst gewöhnlich eine spezielle Bezeichnung für außerordentliche Beden ist. Wie dem nun auch sei, ob wir es hier mit außerordentlichen Beden zu thun haben oder nicht, in jedem Falle ist die Urkunde ein unzweifelhaftes Anzeichen dafür, daß es eine ordentliche Bede schon gab. Die alte Bede mußte von den Verpflichteten stets unbedingt geleistet werden. Als sie jedoch zu einer regelmäßigen, festen Abgabe geworden war, konnten die Landesherren die Erfüllung neuer, außerordentlicher Forderungen nicht ohne weiteres erlangen. Sie mußten sich mit den Einwohnern ihres Landes erst verständigen, zu jeder einzelnen neuen Auflage war deren vorherige Bewilligung nöthig. Aus der unmittelbar auf das Ausstellungsjahr der vorigen Urkunde folgenden Zeit sind uns mehrere von Landesherren mit ihren Vasallen abgeschlossene Verträge erhalten, die über das Zustandekommen solcher außerordentlichen Auflagen näheres Zeugniß ablegen. 1 ) Wenn uns eine Urkunde der Fürsten Heinrich und Johann von Werle aus dem Jahre 1276 2 ) mittheilt, daß die Vasallen des Landes Gnoien ihre Landesherren ad expurgationem debitorum mit einer Leistung von 8 Schillingen von der Hufe, sowohl der Bauernhufe als der in ihrer Eigenwirthschaft befindlichen Hufe, unterstützt haben und die Fürsten ihnen dafür Befreiung für immer ab hac petitione versprechen außer für den Fall der Ertheilung des Ritterschlags an einen ihrer Söhne oder der Vermählung einer ihrer Töchter, so ist natürlich ein solcher Bedevertrag nur denkbar unter der Voraussetzung einer schon längere Zeit bestehenden ordentlichen Bede. Im Jahre 1279 sichern die Grafen Helmold und Nikolaus von Schwerin den Vasallen der Länder Wittenburg und Boizenburg für eine ihnen bewilligte Bede künftighin Freiheit von der außerordentlichen Bede zu: 3 ) hoc tamen excepto, si aliquis nostrum occasione gwerre sive aliter casu inopinato ab hostibus caperetur, quod dominus avertat, vel saltem parvulos nostros thoro legitimo pro amicorum nostrorum consilio locaremus, tunc terram nostram petere possumus, ut nobis subveniant in subsidium expensarum. Dem Herzoge von Sachsen=Lauenburg wird von seinen Vasallen


1) Hegel, a. a. O. S. 62 - 65.
2) M. U.=B. II, 1413. Ebenso 1414, ein Vertrag derselben Fürsten mit der Herrschaft Güstrow aus demselben Jahre.
3) M. U.=B. II, 1504. Der Ausdruck omnis petitio kann natürlich hier dem ganzen Inhalt nach nur als die außerordentliche Bede bezeichnend verstanden werden.
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in Ratzeburg in Anerkennung dessen, daß er den gerichtlichen Zweikampf abgeschafft hat, im Jahre 1280 eine außerordentliche Bede bewilligt; er verspricht ihnen für künftighin: et liberi homines predictorum nostrorum vasallorum absque aliqua exactionis sive peticionis specie deinceps remanebunt, exclusis illis, qui nobis dandam sunt astricti peticionem et ligati. 1 ) In dem Wortlaut der vorigen beiden Urkunden findet sich nichts, was darauf hindeutete, daß außer der in Frage stehenden außerordentlichen noch eine andere Bede bestand; trotzdem muß natürlich die Existenz einer solchen schon an sich aus ersterer gefolgert werden. In dieser letzten Urkunde dagegen ist auch ein direkter Hinweis auf die ordentliche Bede enthalten, wenn sie auch nicht wörtlich als solche bezeichnet ist. Der Herzog will auf den freien Gütern seiner Vasallen, wie es vorher heißt, künftighin nullam peticionem violentam, sed prorsus predictam, demnach nur etwa noch außerordentliche Bede fordern. 2 ) Diejenige peticio, zu der dem Herzoge nun ein Theil der homines vasallorum verpflichtet bleibt, (daß das durchaus niemals alle waren, werden wir noch bei Besprechung der Befreiungen von der ordentlichen Bede näher sehen), die übrigen, die zu den bonis liberis gehören, jedoch nicht, kann daher nur die vorgenannte petitio violenta d. h. dann nur eine ordentliche Bede sein. 3 ) Andere Bedeverträge aus dieser Zeit sind uns noch in zwei Urkunden der Jahre 1285 und 1288 erhalten. 4 ) Aus allen diesen Beispielen läßt sich der Charakter der außerordentlichen Beden deutlich erkennen; sie waren in jedem einzelnen Falle von der Bewilligung der Vasallen abhängig 5 ) Zur


1) M. U.=B. II, 1550.
2) Vgl. Balck, Finanzverhältnisse von Mecklenburg=Schwerin II, S. 6.
3) Nichtsdestoweniger war die Verpflichtung zur ordentlichen Bede eine allgemeine, von der nur durch ausdrückliche Befreiungen entbunden werden konnte. Nur nahmen diese einen solchen Umfang an, daß obige Bezeichnung der Abgabe eine Berechtigung bekam, während die Befreiungen von der außerordentlichen Bede zunächst diese Ausdehnung bei weitem nicht erreichten.
4) M. U.=B. III, 1781 und 1990.
5) Die Vermuthung, daß obige Fälle mit zu den wenigen in Deutschland - im Gegensatz zu England, wo eine Lehnsteuer völlig durchgebildet worden ist - gehören, in denen die Bedepflicht auf das Vasallitätsverhältniß begründet wurde (vgl. v. Below, die landständische Verfassung von Jülich und Berg, Theil I, S. 24, Anm. 83), findet in den angeführten Urkunden keinen rechten Stützpunkt. Die Stelle in dem Bedevertrage von 1279 mit den Vasallen der Länder Wittenburg und Boizenburg: tunc terram nostram petere possumus, deutet darauf hin, daß die Vasallen nicht als solche, sondern (  ...  )
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Erlangung derselben mußten die Landesherren häufig mit Gegenleistungen hervortreten, wie wir eine solche z. B. in der Abschaffung des gerichtlichen Zweikampfs in der Urkunde vom Jahre 1280 zu sehen haben. Anfangs wurden solche außerordentlichen Ansprüche meist an einzelne Landschaften, noch nicht an das ganze Territorium gestellt. In den meisten der oben angeführten Verträge erklären die Fürsten, neue außerordentliche Bede nicht mehr erheben zu wollen, ein Versprechen allerdings mehr formeller Art, durch das sie sich meist nicht abhalten ließen, nach einiger Zeit wieder mit einer neuen Forderung aufzutreten. Für bestimmte Fälle wird ihnen jedoch in den Urkunden das Recht zu einer außerordentlichen Bedeforderung ausdrücklich zugestanden. In der Urkunde von 1276 sind diese Fälle die Ertheilung des Ritterschlags an einen Sohn und die Vermählung einer Tochter, in der von 1279 die Gefangenschaft des Landesherrn oder eine Vermählung im fürstlichen Hause. Die Anschauung, daß Vermählung oder Ritterschlag in der fürstlichen Familie und Gefangenschaft des Landesherrn das Land zu einem


(  ...  ) in Vertretung des Landes gegenüber dem Landesherrn die Bede zu bewilligen hatten. In der Urkunde des Herzogs Johann von Lauenburg von 1280 werden außer den Vasallen noch die universi terrigene als diejenigen genannt, welche von dem Landesherrn zur Leistung der bewilligten Bede direkt herangezogen wurden. Ebenso wird in dem Bedeprivileg von 1285 der Dank für die außerordentliche Bede nicht nur an die Vasallen, sondern auch an cunctos prefatorum terminorum agricolas abgestattet, die also bei der Bedebewilligung durch die Vasallen nur vertreten wurden. Es ergiebt sich daraus, daß die Bauern die Steuer als Unterthanen, nicht etwa nur als Grundsassen von Vasallen zahlten. In der Urkunde von 1280 wird außerdem die außerordentliche Bede, wie oben ausgeführt in engste Verbindung mit der ordentlichen gebracht; es ist das ein Anzeichen dafür, daß man bei jener sich auf denselben Rechtstitel stützte, wie bei dieser. Daß die ordentliche Bede aber in einem Zusammenhang mit dem Lehnsverhältniß stand, ist ausgeschlossen, da genügend Belege für einen Zusammenhang derselben mit der hohen Gerichtsbarkeit vorhanden sind. Nach alledem ist also auch in obigen Fällen der Anspruch auf außerordentliche Bede ebenso wie sonst der auf ordentliche auf das allgemeine Unterthanenverhältniß, nicht auf das Lehnsverhältniß begründet worden. Auch der Ausdruck precaria vasallica, den wir kennen lernten, kann nicht gleichbedeutend mit precaria pheodalis sein und für die Existenz einer auf das Lehnsverhältniß begründeten Bede sprechen. Wie wir sehen, ist die precaria vasallica eine ordentliche Bede: singulis annis unam marcam (IX, 5793). Eine Spur davon, daß ordentliche Bede jemals auf einen anderen Rechtstitel als auf den der hohen Gerichtsbarkeit gestützt worden ist, findet sich aber nirgends in den Urkunden. Da die manbede oder precaria vasallica immer nur einen Theilbetrag der ordentlichen Bede bezeichnet, so wäre es schon ein Widerspruch in sich, daß etwa ein Drittel oder ein Viertel des vollen Betrages einer Steuer auf das Vasallitätsverhältniß hin, der übrige Theil derselben Steuer aber auf die hohe Gerichtsbarkeit hin erhoben worden sei.
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außerordentlichen Beitrage für die Deckung der Kosten der Feierlichkeiten oder zur Aufbringung der Lösungssumme verpflichtete, war damals von allgemeinster Verbreitung in fast ganz Europa; die genannten drei Fälle sind typisch für alle romanisch=germanischen Nationen des Mittelalters. Aber auch noch andere Gründe werden in den meklenburgischen Urkunden als zur außerordentlichen Bede unbedingt verpflichtend genannt; so die necessitas gwerrarum, die Landesnoth; ferner tritt zu obigen Fällen zuweilen noch das Kindbett der Landesherrin hinzu. 1 ) Die außerordentliche Bede wird in diesen Untersuchungen, die nur der ordentlichen gewidmet sein sollen, weiterhin unberücksichtigt bleiben. Es sei nur noch kurz erwähnt, daß auf jene die späteren landständischen Steuern zurückgehen und daß sie für die weitere Entwickelung der Steuerverfassung Meklenburgs von größerer Bedeutung wurde als die ordentliche Bede, die, wie wir sehen werden, zum großen Theil allmählich den Händen der Landesherren entschwand. 2 ) Zu dieser, für deren Vorhandensein wir nur die außerordentliche Bede als Beweismittel anführten, kehren wir nun zurück. Wir sahen, wenn uns auch erst im letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts eine regelmäßige Abgabe direkt bezeugt wird: die Spuren einer solchen


1) Z. B. M. U=B. VII, 4724. IX, 6360. VIII, 5221.
2) Böhlau, Fiskus, landesherrliches und Landes=Vermögen im Großherzogthum Mecklenburg=Schwerin, S. 31, betont, daß in der aus den Schuldentilgungsverhandlungen im 16. Jahrhundert hervorgegangenen landständischen Steuer materiell nicht mehr die außerordentliche Bede stecke. Er weist darauf hin, daß diese letztere Hülfsquelle durch viele Befreiungen später allmählich auch für die Landesherren unzugänglich geworden sei und daß sie ihnen nur noch in den alten typischen drei Fällen, die von den Befreiungen ausgenommen waren, zur Verfügung stand. Dagegen sei die Kontribution für die jetzt errichtete landständische Kasse eine neue Steuer, die auch in den Steuerreversen deutlich von den Ueberresten der außerordentlichen Bede, insbesondere der Prinzessin= oder Fräuleinsteuer, geschieden sei. Immerhin wird man doch das Verhältniß der landständischen Steuer zur ao. Bede so formuliren können, wie es oben geschah. Das Steuerbewilligungsrecht der Stände wurzelt durchaus in der außerordentlichen Bede; sie gab das Muster für die neugebildete Steuer ab, wie denn bei dieser auch der Umlagemodus von jener beibehalten wurde. Man kann daher sehr wohl die landständische Steuer als eine Weiterbildung der außerordentlichen Bede bezeichnen. Demgegenüber blieb die alte ordentliche landesherrliche Steuer auf die weitere Entwickelung des Steuerwesens nicht nur ohne jeden Einfluß, sondern verlor überhaupt ihren eigenen Steuercharakter. Ueber Balcks abweichende Ansicht (C. W. A. Balck, Finanzverhältnisse von Mecklenburg=Schwerin, Bd. 2, S. 7 und 8), der insofern der ordentlichen Bede einen Antheil an der weiteren Entwicklung zuschreibt, als er annimmt, daß diese landesherrliche Steuer später in der landständischen aufgegangen sei, vgl. unten VI.
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finden sich unzweifelhaft schon für die ganze zweite Hälfte des genannten Jahrhunderts. Für eine noch frühere Zeit läßt sich aber ihr Vorkommen nach den überlieferten Urkunden schwerlich sicher nachweisen. Da wir aber aus dem Umstande, daß erst so spät in den Urkunden eine klare, begriffliche Scheidung zwischen beiden Arten von Beden eintritt, schließen müssen, daß die Umwandlung der alten Bede in eine ordentliche nur allmählich unter dem Einflusse der Gewohnheit vor sich ging, wie denn auch für die regelmäßige Abgabe später die Namen precaria solita oder consueta vorkommen und auch noch andere Wendungen die rechtsbildende Kraft der Gewohnheit bezeugen, 1 ) so werden wir diesen Uebergangsprozeß auch schon in die erste Hälfte des Jahrhunderts zu legen haben. Daß die Bede schon als ordentliche Abgabe nach Meklenburg kam, werden wir nicht mit Sicherheit annehmen können; die Urkunden Heinrichs des Löwen sprechen noch ganz unbestimmt von aliquas exactiones vel peticiones facere. 2 ) Für alle Theile unseres Gebietes gilt jedoch die Annahme eines allmählich unter dem Einflusse der Gewohnheit sich vollziehenden Ueberganges nicht; Stargard müssen wir davon ausnehmen. In diesem damals noch unter brandenburgischer Hoheit befindlichen Lande war es, wie in allen Gebieten der Mark, im ganzen zu einer regelmäßigen Erhebung der Bede bis zum Jahre 1280 nicht gekommen. Die Mark scheint das einzige deutsche Territorium gewesen zu sein, das damals diese Entwickelungsstufe noch nicht erreicht hatte. 3 ) Dann vollzog sich dieser Uebergang hier aber nicht allmählich, sondern in der kurzen Zeit von 1280 - 82. Wie aus den Bedeverträgen der Markgrafen mit ihren Vasallen aus dieser Zeit ersichtlich ist, nahm hier die Umwandlung die Form an, daß den Markgrafen ihr bisheriges willkürliches Bederecht durch eine einmalige hohe Abgabe abgekauft wurde und von da ab eine jährliche niedrige Bede gezahlt wurde. 4 )

Wir durften bisher unsere Untersuchung soweit führen, daß wir die Bede als eine öffentlich=rechtliche, auf Grund der Gerichtshoheit geforderte, landesherrliche und ordentliche Abgabe in Meklenburg erkannten; da erhebt sich nun die Frage: können


1) M. U.=B. IX, 6060. V, 3305. V, 3491. XIII, 7573. Die Verbindung ius et consuetudo kehrt öfters in den Urkunden wieder. In III, 2118 wird consuetudo secularis statt ius gebraucht.
2) M. U.=B. I, 65, 113.
3) Wenigstens behauptet das Merklinghaus, a. a. O.
4) M. U.=B. II, 1548. Merklinghaus, a. a. O. S. 67 - 72.
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wir eine solche Abgabe als eine Steuer bezeichnen? Steuern im modernen Sinne sind Zwangsbeiträge der Unterthanen für öffentliche Zwecke. Ist diese Definition auch auf die Bede anwendbar? Daß sie ein Zwangsbeitrag, kein freiwilliges Geschenk war, haben wir gesehen; sie wird exactio, precaria violenta, 1 ) precaria debita vel obligatoria 2 ) genannt; gleichfalls sahen wir, daß die Bedepflichtigen als solche zu dem Bedeherrn in einem Unterthanenverhältniß, einem öffentlich=rechtlichen, keinem privatrechtlichen Verhältniß standen, und daß die Bedepflicht eine allgemeine war. Allerdings wird sich bei der Besprechung der Bedefreiheit noch zeigen, in welchem großen Maßstabe diese allgemeine Pflicht durch einzelne Privilegirungen durchbrochen war; nichtsdestoweniger war sie der Idee nach eine allgemeine. Die dritte Forderung der Definition vermag allerdings die Bede nicht in gleicher Weise wie die beiden anderen zu erfüllen. Die necessitas des Bedeherrn, die den eigentlichen Grund für ihre Erhebung abgab, ist an sich kein öffentlicher Zweck. Es ist überhaupt eine Eigenthümlichkeit der staatsrechtlichen Verhältnisse des Mittelalters, daß öffentliches Recht ganz unter dem Gesichtspunkte des privaten Interesses ausgeübt wurde; es wurde schon erwähnt, daß öffentliche Rechte sogar in den Privatrechtsverkehr kamen. Auf dem Gebiete der Finanzen gab es noch keine eigentliche Scheidung von öffentlichem und landesherrlichem Privat=Vermögen, von Regierungskosten und persönlichen Bedürfnissen der landesherrlichen Familie. 3 ) Die Bede trägt daher trotz ihrer öffentlich=rechtlichen Natur einen gewissen persönlichen Charakter; sie wird nicht eigentlich dem Staate, sondern dem Landesherrn und dessen Familie geleistet. Dieser persönliche Charakter wird besonders an den oben erwähnten drei typischen Fällen der außerordentlichen Bede ersichtlich. Die Bede diente unmittelbar dem splendor familiae und erst mittelbar durch diesen dem Staate; ein abstraktes Rechtssubjekt Staat war sogar überhaupt noch nicht vorhanden. Hält man daher streng


1) M. U.=B. IV, 2570.
2) M. U.=B. V, 2893. Die an dieser Stelle in Frage kommende Bede ist im Gegensatz zu ihrem sonstigen Charakter aber nicht ex debito, sondern freiwillig; ebenso die in V, 2922. 2923 (gracia et beneficium), was von den Landesherren in diesen Urkunden ausdrücklich bezeugt wird. Sonst sind aber auch die ao. Beden nicht völlig als ein freiwilliges Geschenk der Vasallen aufzufassen, wie diese denn für gewisse Fälle auch ja ohne Weiteres zur Bewilligung verpflichtet waren.
3) Böhlau, Fiskus, landesherrliches und Landes=Vermögen im Großherzogthum Mecklenburg=Schwerin, S. 4 und S. 12 - 16.
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an den Erfordernissen fest, die nach moderner Anschauung zu dem Begriffe einer Steuer gehören, so hat man allerdings wohl ein Recht, der Bede, wie es Böhlau einmal thut 1 ) den eigentlichen Steuercharakter abzusprechen. Immerhin fehlt doch der Staatsgedanke im Mittelalter bei der Verpflichtung der Unterthanen zu öffentlichen Leistungen nicht ganz, wenn er auch vielfach nur dem splendor familiae immanent erscheint. Eine Spur davon haben wir in einer Urkunde des Herzogs Barnim von Pommern vom Jahre 1268, 2 ) in der er sich an 11 Hufen des Dorfes Hassendorf kein Anrecht auf Dienste vorbehält: eo excepto, quod ad usum rei publice necessitate exigente cogitur devenire. Eine ähnliche Wendung in Verbindung mit der Bede findet sich in jener Urkunde des Fürsten Nikolaus von Werle für die Stadt Plau betreffs der Dörfer Grapentin und Gedin, in welcher der Ausdruck petitio annua zuerst vorkommt: 3 ) Preterea donavimus, ut prefate ville ab exactione, que dicitur annua petitio, et a denariis monetarum, necnon poncium constructionibus et ab opere, quod burgwerc dicitur, breviterque dicendo ab universis angariis similiter et serviciis, quocunque nomine censeantur, que pro re publica et pro defensione patrie fieri consueverunt, immunes esse debeant et excepte. Noch eine andere Urkunde beweist, daß man die Bede auch wohl mit unter dem Gesichtspunkte des öffentlichen Interesses auffaßte. Im Jahre 1343 verleiht Fürst Albrecht von Meklenburg dem Lübischen Rathsherrn Tiedemann von Güstrow und dem Lübecker Bürger Johann Peskow das Eigenthum des Hofes "auf dem Felde" auf Poel, den diese von der Wittwe Heilburg Kaiser und deren Söhnen gekauft haben, und bestätigt die von seinen Vorfahren den Besitzern dieses Hofes verliehenen Privilegien; er verspricht: Insuper multifaria servimina et grata merita per dictos emptores nobis creberrime prestita animadvertentes, specialiter eciam addimus hanc graciam libertatibus supradictis, quod universos huiusmodi curie cultores contra omnes eis iniurias et molestias irrogare nitentes ea defensione fovere volumus, sicuti alios nostre terre incolas nobis iustitias et annuam pensionem dantes pacifice tueri


1) Böhlau, a. a. O. S. 13. Die betreffende Stelle handelt von der außerordentlichen Bede. Doch trägt auch die ordentliche wie diese einen persönlichen Charakter.
2) M. U.=B. II, 1148.
3) M. U.=B. III, 2165.
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tenebimur et servare, nos nostrosque liberos ad hoc tenore presentium irrevocabiliter astringentes. 1 ) Die annua pensio kann hier nur identisch mit der vorher erlassenen precaria sein, bei der tuitio oder defensio an ein privates Schutz= oder Hörigkeitsverhältniß zu denken, verbieten die damaligen sozialen Verhältnisse Meklenburgs. Der Fürst Albrecht will die Besitzer des Hofes, obwohl sie ihm keine precaria geben, denselben Rechtsschutz genießen lassen, wie diejenigen, welche ihm zu dieser Leistung verpflichtet sind. Bei der Abfassung der Urkunde hat also die Anschauung vorgeschwebt, daß der Landesherr für die Leistung der Bede zum Schutze seiner Unterthanen verpflichtet ist; man hat demnach hier den Gesichtspunkt des öffentlichen Wohles mit dieser Abgabe verknüpft. Findet sich so das dritte Kriterium einer modernen Steuer bei der Bede nicht ganz, so fehlt es doch auch wiederum nicht ganz. Man kann deshalb die Bede, besonders im Interesse ihrer schärferen Sonderung von privatrechtlichen Abgaben, doch wohl als eine im Sinne der staatsrechtlichen Verhältnisse des Mittelalters aufzufassende ordentliche Staatssteuer bezeichnen.

II. Steuerart und Steuerobjekte.

Der Bischof Conrad von Ratzeburg spricht im Jahre 1288 seinem Domkapitel das Recht zu: Item quando exactionem vel peticionem in homines fecerimus vel nostri successores episcopi fecerint, similiter ipsam ab hominibus vestris tollatis et vestris usibus applicetis. 2 ) Aehnlich heißt es 1271 in der schon erwähnten Urkunde der Grafen Gunzelin und Helmold von Schwerin: Insuper non petitiones, non exactiones aliquas indebite in eiusdem ville homines faciemus. 3 ) Man könnte danach zu der Annahme geneigt sein, diese petitio in homines facta sei eine Personalsteuer gewesen; doch trifft dies nicht zu. Fürst Albrecht von Meklenburg macht 1345 bei einer Schenkung den Vorbehalt: Precarias vero de dictis bonis debitas nobis et heredibus nostris reservamus. 4 ) Johann von Werle=Goldberg giebt dem Kloster Neuenkamp 1374 bei einem Verkauf die Zusicherung: Wy enwillen ok unde scolen an desme vorsprokene


1) M. U.=B. IX, 6360.
2) M. U.=B. III, 1940.
3) M. U.=B. II, 1213.
4) M. U.=B. IX, 6537.
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gude . . . nyne bede bidden. 1 ) Hier wird die Bede von bonis, von gude gefordert, ist also eine Realsteuer. Als eine solche ist sie allgemein in den Quellen so deutlich gekennzeichnet, daß wir keine Ursache haben, in den erst genannten Urkunden, die wohl die Möglichkeit, nicht aber die Nothwendigkeit des Gegentheils enthalten, Ausnahmen von der Regel zu sehen. Die homines werden auch dort wohl nicht als solche von der Steuer getroffen, sondern, wie sonst überall, in ihrer Eigenschaft als cultores possessionum, 2 ) coloni agrorum, 3 ) cultores mansorum 4 ) coloni mansorum. 5 ) Wenn wir zuweilen die Wendung finden, daß die Bede de personis seu rebus terre 6 ) empfangen, daß sie personis ac bonis 7 ) aufgelegt wird, so ist auch dies bei der Anwendungsweise, die die Verbindungswörter seu und ac in lateinischen Urkunden des Mittelalters erfahren, noch kein Zeugniß dafür, daß wir es mit zwei besonderen Steuergruppen, einer Personalsteuer und einer Realsteuer, zu thun haben. Eine Bede, die wirklich Personalsteuer ist, wie etwa der Leibschatz, der in Berg noch neben dem von den Gütern gezahlten Schatz bestand und den in fremden Territorialgebieten sitzende Personen entrichteten, um den Schutz des Herzogs von Berg zu genießen, 8 ) ist in Meklenburg nirgends nachzuweisen.

Als Realsteuer konnte die Bede zusammen mit den Gütern, auf denen sie lastete, veräußert werden 9 ) Auf das häufige Vorkommen solcher Veräußerungen in Meklenburg haben wir schon hingewiesen. Bei einer Realsteuer war es ferner möglich, daß nicht nur eine Freiheit bestimmter Personen von ihr, sondern auch eine Freiheit der Güter ohne Rücksicht auf den jeweiligen Besitzer, eine Realfreiheit, ausgesprochen wurde. So verleiht der Fürst Nicolaus III. von Werle 1338 dem Hofe des Marschalls und Ritters Henning von Gerden Bedefreiheit auch für den Fall, daß jener verkauft und verpfändet wird und nicht mehr in den Händen des Ritters bleibt. 10 ) Anfangs wird freilich die Steuerfreiheit der Ritterbürtigen vielleicht nur persönlicher Natur ge=


1) M. U.=B. XVIII, 10604.
2) M. U.=B. I, 245.
3) M. U.=B. VIII, 5359.
4) M. U.=B. III, 2004.
5) M. U.=B. VIII 5221.VI, 4030.
6) M. U.=B. VII, 5002.
7) M. U.=B. XIV, 8525. Aehnlich II, 1199.
8) v. Below, Die landständische Verfassung in Jülich und Berg III, 1, S. 29.
9) Z. B. M. U.=B. VIII, 5546. VI, 4178. 4180.
10) M. U.=B. IX, 5857.
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wesen und erst mit der Zeit eine Verdinglichung eingetreten sein. Zur Zeit der Kolonisation wird die Bede schlechthin auf kein Grundstück gelegt sein, das sich in der Bewirthschaftung von Ritterbürtigen befand. Wenn nun im Jahre 1287 bei der Verleihung von Grundbesitz an Georg von Niendorf die Bedefreiheit ausdrücklich verfügt wird, 1 ) so scheint das ein Anzeichen dafür zu sein, daß man in der ritterlichen Steuerfreiheit jetzt etwas Dingliches sah. Sie galt nicht mehr ohne Weiteres für jedes Gut, das in die Hand von Rittern gelangte, sondern mußte für jedes, das noch nicht steuerfrei war, besonders ausgesprochen werden. Ein anderes Anzeichen dafür, daß aus der persönlichen Freiheit eine Realfreiheit wurde, ist die Thatsache, daß Bestiz von Ritterbürtigen, wenn er in die Hände von Personen eines anderen Standes gerieth, offenbar nur auf Grund seiner bisherigen Steuerfreiheit auch weiterhin keine Bede zahlte. So verkauft 1268 der Ritter Reiner von Hamburg dem Rostocker Bürger Engelbert Baumgarten 1 1/2 Hägerhufen zu Mönchhagen sine omni exactione, peticione et servicio. 2 ) Der Fall, daß ein Bürger ritterlichen Grundbesitz erwirbt, findet sich von da an häufiger in den Urkunden, und stets dauert die bestehende Steuerfreiheit fort. Deutlich kommt das Weiterbestehen ritterlicher Steuerfreiheit auch in einer Urkunde des Fürsten Heinrich von Meklenburg vom Jahre 1314 zum Ausdruck, in der dieser den Verkauf des Dorfes Kritzow an das Kloster Cismar bestätigt; es handelt sich hier um außerordentliche Bede: Preterea, cum generalem peticionem per nostrum dominium fecerimus, abbas de predictis bonis quemadmodum aliarum ecclesiarum prelati de suis bonis in nostro dominio constitutis non immerito nos tenebitur exaudire, salvis novem et dimidio mansis dicte ville, quos prefatus Heyno <miles> de curia sua coluit aliquando, quos ab hac exactione seu precaria omnimode libertamus. 3 ) Wenn die Steuerfreiheit der Ritter zur Zeit der Kolonisation rein persönlicher Natur war, was zwar nicht sicher nachzuweisen, aber vielleicht anzunehmen ist, so beweisen obige Zeugnisse, daß die Umwandlung zu einer Realfreiheit in Meklenburg sehr schnell einsetzte. 4 )


1) M. U.=B. III, 1919. Vgl. auch VI, 4187.
2) M. U.=B. II, 1146. Vgl. IV, 2695.
3) M. U.=B. VI, 3694.
4) Vgl. dazu v. Below, Territorium und Stadt S. 145 - 147 und Artikel Grundsteuer im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Supplementband 2, S. 463. - Die Thatsache, daß in dem unten III, 2 besprochenen Fall (M. U.=B. VII, 4402) früher steuerfreie ritterliche Eigenhufen später Bede zahlen, spricht wohl nicht gegen den dinglichen Charakter der ritterlichen Steuerfreiheit, da hier die Eigenbewirthschaftung aufgegeben zu sein scheint.
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War die Bede eine Realsteuer, so ist es nun weiter die Frage, was für Steuerobjekte in ihren Bereich fallen konnten. Im Jahre 1269 verleiht Waldemar von Rostock der Königin Margarete von Dänemark über eine Landerwerbung in seiner Herrschaft proprietatem omnem seu ius, quod ratione dictorum agrorum ad nos contingit in exactionibus, decimis . . 1 ) Heinrich von Meklenburg sagt 1311 gelegentlich eines Befreiungsversprechens: agri . . . ab omni precaria et exactione ¦esse debeant liberi et exempti. 2 ) Die Bede war demnach eine Besteuerung des Grund und Bodens. Als solche finden wir sie in Verbindung mit jeder Art von ländlichem Grundbesitz genannt. Das Kloster Rehna verkauft 1312 an seine Bauern in Roxin von dem Holzraum an seinen Höfen viginti quatuor iugera agrorum . . . libera absque precaria. 3 ) Der Herzog Wartislav von Pommern verleiht dem Kloster Doberan 1232 ein predium in tribus locis . . . sine advocatorum exactione. 4 ) Im Jahre 1321 verkauft der Ritter Johann Rosendal von Plessen curiam suam Metenstorp dictam . . . absque omni servicio et precaria. 5 ) Weitaus am häufigsten wird die Bede in Verbindung mit der Bauernhufe, mansus, erwähnt, die in den meisten Fällen den natürlichsten Maßstab für die Verteilung der Steuer abgab. Wüst liegender Landbesitz ist bedefrei: nec nos aut nostri heredes, heißt es in einer Urkunde vom Jahre 1324, de predicto manso nunc desolato aliquam precariam postulabimus vel recipi faciemus. 6 ) Nach alledem war offenbar die Bede in erster Linie eine Grundsteuer. Wenn aber zuweilen gesagt wird, daß die Bede von bonis gefordert wird, so scheint dieser Ausdruck doch nicht gleichbedeutend mit Grund und Boden, sondern umfassender zu sein. Zweifelhaft muß es auch sein, ob wir es noch mit einer reinen Grundsteuer zu thun haben, wenn wir Besitzungen wie Mühlen und Katen durchweg als unter die Bede fallend genannt finden, von denen wir eine Verbindung mit Ackerbesitz nicht in allen Fällen voraussetzen können, bei denen also die Annahme einer Besteuerung der Gebäude nahe liegt. So verpfändet Graf Nikolaus von Schwerin 1345 seinem Burgmann zu Crivitz, Marquard Klawe, eine Rente: Des hebbe wy en


1) M. U.=B. II, 1165.
2) M. U.=B. V, 3500.
3) M. U.=B. V, 3532.
4) M. U.=B. I, 408.
5) M. U.=B. VI, 4303.
6) M. U. =.B. VII, 4572.
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ghelaten und gheset in unser bede twe wendessche marc gheldes in der molen to Pynnowe. 1 ) Herzog Albrecht von Meklenburg bestimmt 1363 in einer Verleihungsurkunde: In allen dessen vorscrevenen hoven, koten unde al eren tobehoringhe beholde we nicht dat men benomen maghc wen allenen de bede. 2 ) Auch die Sülzgüter, bei denen doch eine Verbindung mit ländlichem Grundbesitz nicht anzunehmen ist, können von der Bede betroffen werden. Fürst Borwin von Rostock schenkt 1243 dem Kloster Doberan salinam in Sulta. . . cum omni censu et ab exactione liberam. 3 ) In den Städten sind überall die Gebäude steuerpflichtig. Der Rath von Wesenberg befreit 1354 ein zu der Vikarei des Gerd von Aschen gehöriges Haus von dieser Steuerpflicht: Uppe dat godes denste vullenkomerliken darvan ghemered werde, so late we dat voresprokene hus scotes vrig, wake vrig unde dorsittens vrig unde aller phlege ewich vrig, de dar vallen magh uppe dat hus. 4 ) In einer Urkunde vom Jahre 1303, in der Bischof Gottfried von Warin eine Vikarei bestätigt, heißt es: Quam domum consules loci predicti <Butzow> ab omni exactione violenta sive precaria . . . libertarunt. 5 ) Doch scheint diese Gebäudesteuer erst aus der Grundsteuer hervorgewachsen zu sein. Man zog wohl zunächst das Grundstück, auf dem das betreffende Gebäude errichtet war, zur Besteuerung heran, dann auch das letztere. So befreit der Rath zu Lage 1371 quandam aream iacentem prope dotem in Lawe cum edificiis super ipsam constructis vel construendis . . . ab omni exactione. 6 ) Nach einer Aufzeichnung des Wismarschen Stadtbuches überläßt der Rath in Wismar zwei Ziegelmeistern einen Platz zur Errichtung eines Ziegelhauses, das sie zunächst sechs Jahre schoßfrei besitzen sollen: et liberi erunt ab omnibus


1) M. U.=B. IX, 6559. Andere Bede zahlende Mühlen: V, 2861. III, 2290. VII, 4475. XIII. 8121. Von Bede ausdrücklich befreite Mühlen: III. 2238. 2239. 2240. I, 595. II, 1403. III, 1578. III, 1614. III, 1828. III, 1936. III, 2001. III, 2163. III, 2169. III, 2419. IV, 2525. V, 2777. V, 2915. V, 3457. VIII, 5375. IX, 5873. X, 7275. XVIII, 10473. III, 2336.
2) M. U.=B. XV, 9136. Andere Bede zahlende Katen: XIV, 8283. V, 2861. X, 7033. XIII, 7609. XIII, 7930. IX, 6309. XVI, 10014. Von Bede ausdrürcklich befreite Katen: VIII, 5646.
3) M. U.=B. I, 550. Sonstige Erwähnung der Bede bei Sülzgütern: II, 1444. I, 414. II, 707. II, 993. II, 1318.
4) M. U.=B. XIII, 7884.
5) M. U.=B. V, 2851.
6) M. U.=B. XVIII, 10262.
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vigiliis et collectis in eisdem annis. Postea dabunt VIII solidos de eadem domo vel spacio civitati et facient omne debitum, quod alii concives facere consueverunt. 1 ) Fielen so in der Stadt unter die Steuerpflicht allgemein auch Gebäude und Hausstätten, und haben wir mehrere Anzeichen dafür, daß diese in bestimmten Fällen auch auf dem platten Lande nicht davon ausgeschlossen gewesen sind, so ist es wahrscheinlich, daß auch die Besteuerung von Hufen sich nicht allein auf das Ackerland, sondern auch auf die zugehörige Hofstätte und die Gebäude mit bezogen hat. In den Urkunden wird das zwar nicht unmittelbar ausgesprochen, doch ist es zuweilen aus dem Zusammenhange zu erschließen. Der Ritter Gottschalk Storm verkauft 1328 dem Wismarschen Bürger Johann von Minden eine Hufe mit zwei Hofstellen zu Meklenburg: cum omni libertate, absque precaria et exactione quacunque, cum omni utilitate, absque omni servicio, cum omni iure et iudicio sexaginta solidorum et infra, cum tercia parte maioris iudicii, videlicet colli et manus, et cum omnibus et singulis intra eiusdem mansi et dictarum arearum fines et distinctiones contentis. 2 ) Herzog Albrecht von Meklenburg verkauft 1361 dem Hospital zum heiligen Geist in Rostock: totum iudicium supremum . . . necnon integrum dominium nostrum et omnimodam proprietatem libertatis super eadem curia <Blisekow>, edificiis et kotis et omnibus ac singulis suis attinenciis necnon quascumque precarias primas, medias et ultimas ac decimas. 3 ) - Auf eine Besteuerung auch des dritten Zubehörs zu der Hufe, des Antheils an der gemeinen Mark oder der Almende, wie solche auch in Altdeutschland bezeugt ist, 4 )läßt eine Stelle in einer Rostocker Kämmereirechnung vom Jahre 1350 schließen. 5 ) Die Rechnung enthält Steuereinkünfte sowohl aus der Stadt als auch aus Dörfern, deren Bede in den Besitz der Stadt gelangt ist. Am Schluß werden Rückstände notirt: Ista remanent residua: Primo in Rovershaghen Ludeke Bare VIII sol. et Nicolaus Tornator I marcam. Dominus Odbertus Witte


1) M. U=B. III, 1993.
2) M. U.=B. VII, 4978. Vgl. X, 7033, wo in 3 Hufen und 6 Hausstätten (dren hoven unde sos kathen efte wurden) unter anderen Rechten auch die Bede mit verkauft wird.
3) M. U.=B. XV, 8862.
4) Metzen, a. a. O. S. 54. v. Below, Geschichte der direkten Staatssteuern in Jülich und Berg, S. 30, Anm. 29. In den meisten Fällen scheint in Altdeutschland Bedefreiheit für die Almende gegolten zu haben.
5) M. U.=B. X, 7118.
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II marcas, und endlich noch: omnes villani communiter VI marcas de prato. Andere Beispiele weisen Steuerfreiheit von Almende auf. So verkauft der Bischof Marquard von Ratzeburg den Bauern in Malzow ein Stück Land, auf dem das Holz abgetrieben war; davon sollen sie ihm einen Zins geben, sive arabilis facta fuerit sive non, also sowohl, falls das Stück zur Almende des Dorfes geschlagen wird, als auch im Falle einer Auftheilung; jedoch sollen sie in jedem Falle de terra sive fundo sepedicto neque decimas vel exactiones seu tallias geben. 1 ) Fürst Nicolaus von Werle verkauft dem Kloster Neuenkamp im Jahre 1295: proprietatem curie in oppido Goldberghe situate . . . cum novem mansis . . . cum quadam insula sive palude Kerseberenwerdere vocitata . . . cum omni iure . . . ita quod predicta omnia simul sine omni exactione vel censu, sine omni inquietatione quiete et libere perpetuo possidebunt. 2 ) Dem Wortlaut nach kann man es hier wenigstens als wahrscheinlich annehmen, daß unter predicta omnia, das bedefrei sein soll, auch der Kerseberenwerder mit verstanden worden ist.

Wir lernten bisher die Bede als eine Grund= und Gebäudesteuer kennen, und dieser Charakter haftet ihr, soweit es sich um die Besteuerung auf dem platten Lande handelt, überall streng an. Nur in einem Falle scheint er durchbrochen zu sein. Der Fischfang wird insofern von der Bede betroffen, als die Waden auf dem frischen Haff besteuert werden. Doch scheint es sich hier nur um außerordentliche Beden zu handeln, die wohl überhaupt zuweilen die Grenze einer Grund= und Gebäudesteuer überschritten zu haben scheinen. 3 ) Die Herzoge Bogislav, Barnim und Otto von Pommern schenken dem Kloster Broda 1286 die freie Fischerei mit einer Wade auf dem frischen Haff: hac adiecta specialitate, quod, si aliquo tempore in ceteras


1) M. U.=B. VI, 4167.
2) M. U.=B. III, 2335. Vgl. auch noch den Grapenwerder in V, 3345, Dorf und Werder Damerow in 3346. Der borchwal in VIII, 5221?
3) Vgl. M. U.=B. IX, 5889: Omnia bona mobilia et immobilia werden ab omnibus impeticionibus, exactionibus, peticionibus seu talliacionibus precariarum befreit. - XIII, 8713: Herzog Albrecht verpfändet zwei Vogteien mit aller bede, wo dicke unde wo vele wi se bidden in usen landen, se si welkerleye se si, bede van egendome und van andern gude. - Aehnlich XIII, 7859 und alle bede, id sy eigendoem effte welkerleie wis wy se beden. - egendom steht wohl hier nicht im Gegensatz zu verpachtetem Gut, sondern bedeutet unbeweglichen Besitz im Gegensatz zu fahrender Habe, zu bona mobilia, wird also in demselben Sinne wie sonst auch hereditas, proprietas, possessio, eigen, erbe gebraucht. Vgl. Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte S. 266.
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sagenas precariam committere eveniret, hanc semper sagenam de petitione danda qualibet exemptam habere volumus et exceptam. 1 ) Ebenso sichert eine Urkunde des Herzogs Bogislav von Pommern dem Kloster Dargun freie Waden auf dem frischen Haff zu: si in omnes sagenas universaliter vel in quasdam particulariter exactionem facere nos contingat, iste . . . omnimoda gaudeant libertate. 2 )

Der Bede als Grundsteuer lag auf dem platten Lande fast durchweg die Hufe als Steuereinheit zu Grunde. Schon aus der oben genannten Urkunde Heinrichs des Löwen vom Jahre 1158 geht hervor, daß die Steuer nach Hufen gefordert wurde: ut nulli liceat in predictis mansis aliquas exactiones vel peticiones facere. 3 ) Die Hufe war von vornherein für die Umlage der Bede der gegebene Ausgangspunkt, wie überhaupt in Meklenburg der Ausgangspunkt für alle am Grundbesitz haftenden Rechte sowohl öffentlicher als privater Natur. Solche Fälle in denen die Vertheilung nach der Hufe nicht statthaben konnte, finden sich auf dem platten Lande nur in der Ausnahme. So konnte das nicht geschehen bei Mühlen und Katen, deren zubehöriger Grundbesitz außerhalb der Hufenverfassung lag. Besonders charakteristisch tritt die Sonderstellung derartigen Besitzes in einer Urkunde vom Jahre 1303 hervor; hier wird, als in der Aufzählung die Reihe an Katen kommt, von einer Realbenennung der Bede zu einer Personalbenennung übergegangen: Fürst Nikolaus von Werle überläßt dem Ritter Bernhard von Bellin omnem precariam maiorem et minorem . . . in hiis villis . . . scilicet in villa Reynberteshaghen in VII mansis, Gelant in XII mansis, Sukevitse V mansis, Kerccowalk XIIII mansis, Magna Cowalc in decimo et nono dimidio manso, Maiori Bresen XX mansis, Minori Bresen IIII mansis necnon in hominibus, qui vocantur kotere, ac in dimidio mollendino Cowalc. 4 ) In einer Befreiungsurkunde vom Jahre 1321 werden unter denjenigen, die als cultores bonorum eigentlich zur Steuerzahlung verpflichtet wären, die drei Kategorien der coloni, der koterones und der molendinarii unterschieden. 5 ) Ebenso


1) M. U.=B. III, 1865.
2) M. U.=B. III, 1687.
3) M. U.=B. I, 65.
4) M. U.=B. V, 2861. Daß deshalb die Steuer der Käter keine Personalsteuer ist, zeigen die sonstigen Nachrichten über die Besteuerung von Katen.
5) M. U.=B. VI, 4303. Immerhin konnte in solchen Fällen, in denen Katen nicht von der Almende, sondern von Hufen abgetrennt worden waren (mansi cum casis adiacentibus, twen koten, die dartu horen XVIII, 10568), sich die Berechnung der Steuerquote vielleicht an die der zugehörigen Hufe anschließen.
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wie die Katen und Mühlen konnte auch neugerodeter Boden, wenn er nicht in Hufenform ausgetheilt, sondern nur nach Morgen vermessen wurde, sogenannter ager novalis, nicht in die gewöhnliche Vertheilungsweise eingeschlossen werden; in den Fällen, wo er nicht überhaupt befreit war, wird die auf ihn fallende Steuer nach Morgen umgelegt worden sein 1 ) Im übrigen war aber auf dem Lande die Besteuerung nach Hufen bei der Gestaltung der meklenburgischen Grundbesitzverhältnisse völlig durchführbar, während im Gegensatz dazu in den rheinischen Gegenden die Hufe in Folge der großen Zersplitterung des dortigen Grundbesitzes ihre alte Bedeutung fast völlig verloren hatte und die Umlage der Steuer daher dort nach Morgen erfolgen mußte. 2 )

In den Städten erhob der Landesherr, wie schon erwähnt, meist die Bede nicht selbst, sondern er erhielt an ihrer Stelle jährlich eine feste Summe, wofür die eigentliche Steuererhebung der Stadt überlassen war. Diese vom Landesherrn unabhängig gewordene Steuer, der Schoß, war, wie schon kurz berührt, ebenso wie die Landbede eine Grund= und Gebäudesteuer. Aecker, Wiesen, Gärten, Grundstücke mit den darauf errichteten Gebäuden fielen in ihren Bereich. Als Steuerobjekte treten im einzelnen in den Aufzeichnungen auf: pratum et orti, 3 ) aree, 4 ) area cum edificiis, 5 ) rum mit schunen unde mit spikere und rum, dar de mole uppe steyt, 6 ) area und domus, 7 ) area und domus et horreum, 8 ) hereditates, 9 ) hereditates, possessiones sive domus, 10 ) domus, 11 ) hus, 12 ) hus unde hof, 13 ) curie, 14 )


1) M. U.=B. V, 3238. V, 3532. VII, 4563. VII, 4866. XV, 8980. In allen angeführten Fällen ist jedoch der ager steuerfrei.
2) Vgl. v. Below, a. a. O. S. 30. Weis, a. a. O. S. 63 und 64.
3) M. U.=B. V, 2986. Rostock 1305.
4) M. U.=B. VI, 3977. Wismar 1318.
5) M. U.=B. XVIII, 10262. Laage 1371.
6) M. U.=B. VII, 4712. Schwerin 1326.
7) M. U.=B. XIV, 8219. Grevesmühlen 1356. V, 3581. Teterow 1312.
8) M. U.=B. VIII, 5652. Grevesmühlen 1336.
9) M. U.=B. II, 1480. Rostock 1279. III, 2148. Wismar (1292.) V, 3541. Wismar 1312. VI, 3994. Wismar 1318.
10) M. U.=B. XIV, 8675. Güstrow 1359. XIV, 8749. Rostock 1360.
11) M. U.=B. V, 2851. Bützow 1303. VIII, 5335. Parchim 1332. XV, 9017 n. Rostock 1366.
12) M. U.=B. XIII, 7884. Wesenberg 1354.
13) M. U.=B. XVIII, 10419. Parchim 1373.
14) M. U.=B. IV, 2603. Wismar 1300. VI, 3591. Wismar 1313. VI, 3743. Rostock 1315. VI, 4027. Wismar 1318. X, 6617. Neubrandenburg 1346. XIII, 8031.
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Hof, 1 ) tegelhus, 2 ) molendina, 3 ) horreum. 4 ) Jedoch blieb man bei einer alleinigen Besteuerung des Grundbesitzes und der Gebäude hier nicht stehen. Der Schoß ist für alles ghud 5 ) zu leisten; die Wismarschen Bürgersprachen verlangen: quod quisque talliet pro omnibus bonis suis. 6 ) Die Stadt Malchin bestimmt in einem Vergleiche mit dem Kloster Dargun vom Jahre 1357: Vortmere de hof, de teghen deme hove erer woninghe over licht, mit deme buwende schal lignen tu borgherrechte tu dunde plicht unde unplicht, schot, wake like anderen borgheren gude, men also vele: dat korn, dat se darup vuren, dat scal like ereme anderen gude schotes, wake, plycht, unplicht anych wesen. 7 ) Also nicht nur der Hof sondern auch das darin aufbewahrte Korn war eigentlich schoßpflichtig. Daß auch das Baarvermögen der Besteuerung unterlag, ersehen wir aus einer Aufzeichnung im Wismarer Stadtbuche: Hildebrandus Hoppenere de anno in annum commonitus fuit, dum daret collectam, ut daret eam, sicut de iure deberet. Tandem una vice dedit collectam, et consules veraciter intellexerunt, quod M marcas magis habuit super bona, unde dedit collectam. Una vice consules reperierunt in domo sua paratam pecuniam, quam negavit se habere, et illam pecuniam tulerunt consules super domum consistoriam. 8 )

Die Schoßpflicht des Baarvermögens geht ferner aus Bestimmungen der Wismarschen Bürgersprachen hervor, wie: nulla domina sive puella ferre debet cericeos pannos, nisi ipsa aut provisor seu moritus talliet pro L marcis Lubicensibus, sub pena supradicta <sub pena trium marcarum argenti> 9 ) oder: Quando duo volunt se simul ponere vel iactare ad braseandum hic in civitate, quilibet illorum debet semper in proprie habere quinquaginta marcas Lubicensium dena. riorum, de quibus satisfaciet civitati, et ad hoc debent domum propriam conducere et hurare, si poterunt, sub pena trium marcarum argenti. 10 ) Der Schoß in den Städten war also


1) M. U.=B. XIV, 8332. Malchin 1357.
2) M. U.=B. III, 1993. Wismar (1289).
3) M. U.=B. IV, 2528. Schwerin 1298. VI, 3751. Lychen 1315. XVI, 9801. Malchin 1368.
4) M. U.=B. VIII, 5665. Wismar 1336.
5) M. U.=B. IX, 6422.
6) M. U.=B. X, 6798 [3]. XIII,7652 [14]. XIV, 8232 [9]. XVIII. 10201 [18].
7) M. U.=B. XIV, 8332.
8) M. U.=B. II, 1333.
9) M. U.=B. X, 7056 [4].
10) M. U.=B. XV, 9355 [6]. Vgl. auch XIV, 8232 [25] und XIII, 7779.
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aus einer Grund= und Gebäudesteuer zu einer allgemeinen Vermögenssteuer erweitert worden. - In Rostock hören wir aus Aufzeichnungen über Rentenverkäufe besonders häufig von einer Schoßpflicht der Renten. 1 ) So heißt es über einen Rentenverkauf aus dem Jahre 1356: Henneke Wolddorp vendidit Gher. Waghenvord, tutori Alheydis Maken, claustralis in Rybbenitze, ad manus dicte Alheydis octo m. redditus pro C m. den. in hereditate sua . . . in platea Monachorum sita. . . . Gher. predictus - der Rentenempfänger - satisfaciet civitati pro collecta. 2 ) Ein anderer Rentenverkauf von 1359 lautet: 3 ) Domina Mechtildis relicta Ludolpli Pelegrimen et Hinricus filius eius . . . inscribere fecerunt Jutte, claustrali in Rune, filie dicte Mechtildis et sorori ipsius Hinrici, X m. redditus in hereditate sua lapidea . . . ad tempora vite sue . . . Qua defuncta dicti redditus ad heredes proximiores suos redibunt. Dicta Mechtildis - die Besitzerin des Grundstückes, auf dem die Rente lastet, allerdings zugleich auch die Mutter der Rentenempfängerin - satisfaciet civitati pro collecta. In einer Bestimmung (vom Jahre 1367?) über den Schoß von Leibgedingen macht der Rath zu Rostock folgenden Unterschied: Wy radmanne to Rozstoch endrachtychlyken synt des tho rade worden unde hebben dyt sette ghesaad, dat alle de ghene, de lyfghedingh buten der stad hebben, scholen dat vul vorschoten, unde de ghene, de dat bynnen der stad mid den godeshusen hebben, de scholen dat half vorschoten. Men de ghene, de dat mid der stad hebben, de scholen ene yewelke mark, also menneghe mark he des iares upboret, vorschoten also hoghe, alse sick dat des iares boret. 4 ) Also auch Renten, die auf außerhalb der Stadt liegenden Grundstücken lasteten, mußten von den in der Stadt wohnenden Empfängern versteuert werden.


1) Rostocker Leibrentenbuch. Vgl. dazu unten III, 3.
2) M. U.=B. XIII, 7434 n. Aehnlich ein Leibrentenverkauf aus dem Jahre 1351: XIII, 7518. Vgl. das Nähere über die Berichtigung des Schosses durch die verschiedenen beim Rentenkauf betheiligten Personen unten in III, 3. Ueber eine entsprechende Frage bei der Steuer auf dem platten Lande, nämlich ob der Eigenthümer oder der Pächter die Steuer zu zahlen hatte, vgl. unten III, 4.
3) M, U.=B. XIII, 7453 n. Aehnlich bei drei anderen Rostocker Leibrentenverkäufen aus den Jahren 1352, 1357, 1360: M. U.=B. XIII, 7605. XIV, 8297. XIV, 8757.
4) M. U.=B. XVI, 9647.
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In allen Fällen, die wir kennen lernten, in Stadt und Land, war die Besteuerung durch Bede und Schoß eine direkte. Auf dem Lande war die Bede wohl ausnahmslos eine Grund= und Gebäudesteuer. In den Städten, in denen sich eine größere Verschiedenheit der Vermögensobjekte ausbildete, blieb der Schoß, dessen Erhebung aus den Händen des Landesherrn in die der Stadtgemeinde gelangte, auf dieser Steuerstufe nicht stehen, sondern er entwickelte sich weiter zu einer allgemeinen Vermögenssteuer. 1 )

III. Die Ausdehnung der Bedepflicht.

1. Die Steuerfreiheit der Geistlichen.

Es wurde schon erörtert, daß die Bede zuweilen in den Urkunden als eine Leistung des ganzen Landes bezeichnet wird, daß man in ihr eine gemeinsame Last der Territorialinsassen sah. 2 ) War sie so der Idee nach eine allgemeine Pflicht, so entsprechen dem doch nicht ganz die wirklichen Verhältnisse. Es finden sich so viele Privilegirungen, so zahlreiche Befreiungen von der Steuer, daß die allgemeine Steuerpflicht sehr stark durchbrochen erscheint. In dieser ihrer Durchsetzung mit libertates gewährt die Bedeverfassung ein buntes Bild echt mittelalterlichen Rechtslebens. Unter den Privilegirten stehen in erster Linie die Geistlichen; für kirchlichen Grundbesitz nahm eine allgemein verbreitete Anschauung Steuerfreiheit in Anspruch. Gleich die erste Erwähnung von Beden auf meklenburgischem Gebiete geschieht in der Form der Befreiung geistlichen Eigenthums. Die schon angeführten Urkunden Heinrichs des Löwen für die drei Bisthümer Lübeck, Schwerin und Ratzeburg, von denen vorwiegend die letzteren beiden für Meklenburg in Betracht kommen, befreien das Gebiet, mit dem diese Stifter dotirt waren, von der Bede 3 ) Nach der Niederwerfung der Herrschaft Heinrichs standen die Bisthümer selbständig neben den Grafschaften und den slavischen Landesfürstenthümern und hatten Gelegenheit, in den ihnen eigenthümlichen Territorien eine eigene Landeshoheit zu entwickeln. Auch die vielen Besitzungen, die sie in der Folgezeit in den Herrschaftsgebieten der Grafen und der meklenburgischen Fürsten erwarben,


1) Näheres über das Verhältniß von Schoß zu Bede unten in III, 3.
2) Vgl. oben S. 10 f.
3) M. U.=B. I 65, 90, 113.
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wurden von einem großen, wenn nicht dem größeren Theile der darauf ruhenden fremden Hoheitsrechte befreit. 1 ) So gaben denn die fremden Landesherren in den neuen Erwerbungen der Stifter stets auch ihr Anrecht auf die ordentliche Bede auf. 2 ) Schon früh ist aber auch in einigen Fällen ausdrücklich von einer direkten Abtretung des Bederechts seitens der Landesherren die Rede, so daß dann von den Bischöfen oder dem Domkapitel die Abgabe weiter erhoben wurde. 3 ) Diese Fälle von Ueberlassung der Steuer an die Hochstifter in der Mitte des 13. Jahrhunderts können nebst der für die gleiche Zeit zuerst bezeugten Abtretung des Schosses an die Städte gegen eine jährlich fixirte Summe gewissermaßen als die Vorläufer des gegen Ende des 13. Jahrhunderts in größerem Umfange einsetzenden Veräußerungsprozesses der Bede angesehen werden.

Im ganzen nicht an die Privilegien der Bisthümer heranreichend, kommen die den Klöstern ertheilten ihnen doch sehr nahe 4 ) Es hat wohl die rege Thätigkeit, welche die älteren Klöster, besonders Doberan und Dargun, in der Hereinziehung und Ansiedlung deutscher Bauern entfalteten, ihnen eine weitgehende Bevorzugung seitens der wendischen Landesherren erwirkt. Von der Bede wurde jenen in der Kolonisationszeit regelmäßig für ihren ganzen Besitz Befreiung zu Theil; sowohl die Mönche als auch ihre Bauern, an die sie Land austheilten, blieben von der Steuer verschont. Tam ipsi fratres quam fratrum homines, heißt es wohl in den Urkunden, liberi sint et immunes ab omni infestatione advocatorum et iudicii . . . seu etiam qualibet secularis iuris exactione 5 ) oder ipsos etiam homines, quos <fratres> vocaverint et posuerint, liberos dimisimus ab


1) Hegel, a. a. O. S. 25.
2) M. U=B. I, 160, 231, 284, 458, 480. II, 859, 982, 1469. XIII, 7451. Steuerfreier Besitz der Domkapitel: I, 167, 298, 312, 554. II, 730, 958, 1293. III, 1766, 1826, 2275, 2307. IV, 2480, 2481, 2612. V, 2793, 2794, 3126, 3187, 3245, 3540. VI, 4016, IX, 6402. In VIII, 5576, verleiht jedoch der Graf Nikolaus von Schwerin einige Hufen: sine aliqua talliatione vel exactione . . . nihil iuris reservantes . . . precaria et iudicio manus et colli dumtaxat exceptis, quam et quod tantum nobis reservamus. Die in II, 1472 vorbehaltene Bede ist ausdrücklich als außerordentliche bezeichnet; eine solche ist wohl auch die in II, 1213.
3) Für Schwerin: M. U.=B. II, 672 vom Jahre 1251. Für Ratzeburg: die Urkunden über das Land Boitin, über das die ganze Vogtei veräußert wird, vom Jahre 1261: M. U.=B. II, 916, 917, 926, 928. Ferner II, 1224. III, 1633, 1940. Für Lübeck: I, 534 vom Jahre 1242.
4) Hegel, a. a. O. S. 26 - 29.
5) M. U.=B. I, 463.
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omni exactione comitum, advocatorum et iudicum. 1 ) Auch auf die neuen Erwerbungen, welche die Klöster in der Zeit unmittelbar nach dem Abschlusse der Kolonisation machten, wurde die gänzliche Bedefreiheit ausgedehnt 2 ) Gleichfalls wurde später gegründeten Stiftern für den Besitz, mit dem sie dotirt wurden, diese Vergünstigung nicht versagt 3 ) Dasselbe Vorrecht wie die einheimischen genossen auch auswärtige Abteien für ihr Grundeigenthum in Mektenburg. 4 ) An anderweitigem geistlichen Besitz ragt besonders der des Johanniterordens durch die umfangreichen Privilegien, die ihm ertheilt wurden, hervor; 5 ) ebenso erfreute sich aber auch sonstiges geistliches Eigenthum, solches von Kirchen und anderen geistlichen Stiftungen, der Steuerfreiheit. 6 ) Mit dem Ende des 13. Jahrhunderts finden Güterübertragungen an geistliche Stifter anstatt libere ab peticionibus, wie bisher, häufig sogar cum peticionibus statt; 7 ) den geistlichen Grundherren wird die Steuerleistung an den Landesherrn nicht nur erlassen, sondern sie dürfen selbst von ihren Hintersassen die Abgabe weitererheben. Oefters mögen auch wohl in solchen Fällen, in denen nur Befreiung von der Bede in den Urkunden ausgesprochen wurde, die Bauern von ihren Grundherren weiter zur Leistung herangezogen sein. 8 ) Neben den immer häufiger werdenden Besitzübertragungen mitsammt der Bede bleiben aber einfache Bedebefreiungen in den Urkunden üblich. Eine ganz ausnahmslose Steuerfreiheit genoß jedoch der geistliche Stand keineswegs; die Landesherren konnten sich ihre Bede auch vorbehalten. Im 13. Jahrhundert findet man mehrfach, daß bei geistlichem Besitz das Anrecht auf außerordent=


1) M. U.=B. I, 239.
2) Z. B. M. U.=B. II, 1282.
3) Z. B. Ribnitz, M. U.=B. VIII, 5017.
4) Amelungsborn, M. U.=B. I, 557. Altencamp I, 410.
5) Z. B. M. U. =B. I, 340.
6) Z. B. Domkollegiatstift zu Güstrow M. U.=B. I, 323. Kirche zu Altkalen V, 3063. Pfarre zu Bössow V, 3491. Vikarei zu Neubukow XV, 8980. Das Heilig=Geist=Hospital zu Lübeck III, 1788. Haus zum heiligen Geist in Wismar VII, 4665.
7) Z. B. M. U.=B II, 1324 und II, 1466.
8) In einer Urkunde vom Jahre 1306, in der Fürst Heinrich von Meklenburg dem Kloster Doberan das Dorf Twenhausen verkauft, wird formell nur von der Bede befreit und nur durch eine allgemeine Wendung angedeutet, daß sie von jetzt ab dem Kloster zur Verfügung stehen soll: tali condicione tamen interposita, quod, si in ipsa villa Thuenhusen colonos habere voluerint habitantes, illi penitus nullam tenentur precariam nobis dare, nec aliquid servicii nobis facere, sed ad nutum et voluntatem prenominati monasterii stabunt, nullatenus negligentes. M. U.=B. V, 3081.
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liche Bede für den Fall, daß eine solche gefordert werden sollte, ausdrücklich gewahrt bleibt 1 ) Vom 14. Jahrhundert an wird in den erhaltenen Urkunden in steigendem Maße auch die ordentliche Bede zurückbehalten. 2 ) Der immer größer werdende Umfang geistlichen Besitzes, welcher der Steuernutzung entzogen blieb, und die sich immer mehr als nothwendig erweisende Veräußerung von Beden hatten diese Reaktion hervorgerufen. Die Befreiungen der Landesherren behielten nicht mehr die alte Ausdehnung: sahen sie sich nicht veranlaßt, die Bede selbst mit zu veräußern, so behielten sie sich dieselbe jetzt meist lieber vor. - Die Möglichkeit dieses Verfahrens beweist, daß die Steuerfreiheit geistlichen Besitzes an sich keineswegs ein Gesetz von durchgehender Gültigkeit war; sie war vielmehr in jedem einzelnen Falle von der Entscheidung des Landesherrn abhängig. Die Päpste und Bischöfe bestätigen denn auch in ihren den Klöstern ertheilten Schirmbriefen immer nur die libertates et exemptiones secularium exactionum a regibus et principibus vel aliis fidelibus indultas. 3 ) Nichtsdestoweniger hatte der Gedanke, daß geistliches Gut als Gottesgut nicht besteuert werden dürfe, sich doch so allgemein Geltung verschafft, daß ihn die Fürsten auch nicht ohne Weiteres ignoriren konnten. In den Urkunden ist die libertas ecclesiastica 4 ) zu einem festen Begriffe geworden; es finden sich Wendungen, welche die kirchliche Steuerfreiheit als etwas ganz Generelles hinzustellen scheinen, .: sicut ecclesie et monasteria in terris nostris bonis suis liberius perfruuntur. 5 ) Darin liegt eine Anerkennung der Berechtigung eines allgemeinen Anspruches von Seiten des ganzen Standes. Ein solcher Anspruch ist denn auch von der Kirche immer wieder erhoben worden. Besteuerung geistlichen Gutes wird zuweilen mit kirchlichen Strafen, mit Bann und Interdikt, bedroht. 6 ) Der Papst selbst bestimmt die Steuerfreiheit der Klöster des Clarenordens, in Meklenburg für das Clarenkloster zu Ribnitz geltend. 7 ) In den Jahren 1354 und 1359 nimmt Karl IV. die Kirchen und Geistlichen in den Kirchenprovinzen Magdeburg und Bremen gegen exactiones und tallias


1) Z. B. M. U.=B. II, 1472.
2) Z. B. M. U.=B. V, 3237. VIII, 5725. IX, 5776. X, 6838. XIII, 7730. XIV, 8588. XIV, 8681.
3) M. U.=B. I, 191. I, 380. I 406. II, 1120. II. 1388. VII, 4458.
4) M. U.=B. XVII, S 419 unter Freiheit.
5) Z. B. M. U.= B. V, 3425.
6) M. U.=B. III, 2156. XIV, 8393.
7) M. U.=B. VIII, 5155.
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indebitas in Schutz 1 ) und unterstützt so die Forderung der Steuerfreiheit. Als im Jahre 1321 Heinrich von Meklenburg bei Gelegenheit einer außerordentlichen Bede auch dem geistlichen Stande eine Leistung von dem Kirchengute auferlegte, wurde er von dem Bischofe von Ratzeburg in den Bann gethan und mußte zur Sühne diesem zwei Dörfer überlassen und das Kloster zu Ribnitz stiften und dotiren. 2 ) Aus alledem ergiebt sich, daß die Landesherren ein ganz unbedingtes Verfügungsrecht hinsichtlich der Besteuerung geistlicher Besitzungen doch auch nicht ausüben konnten. War die Befreiung in jedem einzelnen Falle von ihrer Erklärung abhängig, so konnte dieselbe doch den Ansprüchen und der Macht des geistlichen Standes gegenüber wenigstens dann keinenfalls versagt werden, wenn es sich um unmittelbaren Besitz handelte, solchen, der nicht ausgethan war, sondern von den geistlichen Grundherren selbst bewirthschaftet wurde. Zwar gingen gleich die allerersten Privilegien über diese Schranke weit hinaus und schlossen auch die homines und subditi der Kirchen und Klöster in die Befreiung mit ein. Doch war jenes offenbar das Mindestmaß, über das die Landesherren nicht mehr zurückgehen konnten. So setzen die Fürsten Nikolaus III. und Bernhard von Werle gelegentlich einer Verleihung von Grundbesitz an das Kloster Dobbertin im Jahre 1342 fest: Quam curiam cum predictis octo mansis idem prepositus et conventus sanctimonialium in Dobertyn, quamdiu sub aratro et agricultura sua habuerint et coluerint, sine omni servicio et precaria, prout Heyno de Gherden habuit, debent possidere; si vero ipsos mansos ad ius census et pactus posuerint, extunc ut ceteri mansi ipsius ville precaria et servicio nobis et nostris successoribus debent esse astricti. 3 ) Aehnlich ordnet in demselben Jahre Fürst Albrecht von Meklenburg an bei der Verleihung des Dorfes Klüssendorf absque precaria et servicio an das Haus zum heiligen Geist in Wismar: Preterea si domus sancti Spiritus provisores prelibate procedenti tempore mansos de curia Clutzendorpe acciperent et ipsos vende-


1) M. U.=B. XIII, 7873. XIV, 8670.
2) Hegel, a. a. O. S. 70 und 71. Dem Kloster Ribnitz verspricht der Fürst, auch in Nothfällen, in denen ihm sonst wohl auch Steuerforderungen an Kirchengüter und geistliche Personen zuständen, von ihm keine Bede zu erbitten. Formell sucht er olso sein Besteuerungsrecht über die Geistlichkeit hier doch noch zu wahren.
3) M. U.=B. IX, 6229.
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rent seu aliquibus pro determinata pensione sive pachtu locarent seu perhurarent, nobis et nostris successoribus in dictis mansis sic venditis vel locatis precaria nostra maneret reservata. Jedoch folgt die Einschränkung: Si vero in dictam curiam et supradictos mansos villicum unum aut duos posuerint aut curiam aut mansos pro tercia aut quarta gharba aut carius, levius sive remissius locaverint, ad nullam exactionem et servicium nobis et nostris successoribus tenebuntur. 1 ) Andererseits sagt Fürst Nikolaus von Werle im Jahre 1305 dem Johanniterorden, dem er den Besitz von 8 Hufen in Dambeck mit Vorbehalt der Bede bestätigt, zu, daß, falls der Orden die Hufen unter seinen eigenen Pflug nehmen sollte, diese von allen Lasten befreit werden würden. 2 ) In allen diesen Fällen enthalten die Fürsten dem in Eigenbewirthschaftung von Geistlichen befindlichen Grundbesitz die Bedebefreiung nicht vor, machen aber bei einer Austheilung der Hufen an Bauern von ihrem Steuerrechte Gebrauch. - Die große Ausdehnung geistlichen steuerfreien Grundbesitzes forderte nun die weltlichen Gewalthaber immer wieder zu Einschränkungen der klerikalen Privilegien heraus. Das Bützower Kapitel klagt 1358: Ecclesiis ecclesiasticisque personis laycos esse infestos, temporum experimenta manifeste declarant, quia finibus suis non contenti ad illicita frena relaxant, minime attendentes, quod eis in clericos, ecclesias, ecclesiasticasque personas et bona ipsorum est omnino interdicta potestas, ecclesiis et personis ac bonis ipsorum onera gravia, tallias et collectas imponunt eosque moliuntur multipharie servituti sueque subicere dicioni. 3 ) Der Papst Johann XXII. bestellt 1318 für die Klöster Dargun und Doberan, 1322 für die Stiftskirche zu Bützow Konservatoren, weil jene über Gewaltthätigkeiten und ungerechte Schatzungen geklagt haben. 4 ) Bischof Wipert von Ratzeburg verbietet 1357 bei kirchlichen Strafen, seinen colonis, villanis, servis et subditis illicitas exactiones, tallias seu collectas aut vectigalia seu precarias aufzuerlegen. 5 ) Im Jahre 1286 ertheilt der Bischof Hermann von Schwerin auf Ansuchen des Klosters Doberan dem Pfarrer zu Schwan den Auftrag, ungerechte Schatzungen des dem Kloster gehörigen Dorfes


1) M. U.=B. IX, 6179.
2) M. U.=B. V, 2987.
3) M. U.=B. XIV, 8525.
4) M. U.=B. VI, 3996. VII, 4380.
5) M. U.=B. XIV, 8393.
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Grenz mit Bann und Interdikt zu bestrafen. 1 ) Wir erfahren öfters von Zwistigkeiten, die zwischen den Landesherren und geistlichen Stiftern über die Bede ausgebrochen sind, und von Sühneleistungen, zu denen sich jene wegen ungerechtfertigter Besteuerungen früher befreiten kirchlichen Besitzes herbeilassen mußten. Graf Gunzelin von Schwerin entschädigt 1304 das Domkapitel daselbst für unrechtmäßige Bedeerhebungen durch Verzicht auf Hoheitsrechte in dem Kapiteldorf Dalberg. 2 ) Zwischen dem Herzog Albrecht von Meklenburg und dem Domkapitel zu Lübeck schwebt 1359 bis 1361 ein Prozeß wegen Bedeforderungen in den in Meklenburg liegenden Gütern des Kapitels. Schließlich kommt ein Vergleich zu Stande, in dem der Herzog verspricht, künftighin die Bede nicht mehr zu erheben. 3 ) Auch geistliche Landesherren oder sonstige geistliche Personen, die in den Besitz von Bede gelangt waren, ließen sich Uebergriffe gegen geistliches Gut zu schulden kommen. In den erwähnten Urkunden des Papstes Johann XXII. und des Bischofs Wipert von Ratzeburg werden auch archiepiscopi, episcopi, prelati, clerici, persone ecclesiastice unter den Bedrückern genannt. 4 ) Die landesherrlichen Vögte nahmen auch wohl gerade auf geistlichem Grundbesitz öfters ohne Vorwissen des Landesherrn bei Einziehung der zuständigen Bede noch unerlaubte Erpressungen vor. Zur Beseitigung solcher Ausschreitungen verleiht daher Graf Gunzelin von Schwerin dem Kloster Zarrentin das Recht, die Abgaben selbst einsammeln zu lassen, und untersagt den Vögten und deren Dienern das Betreten des klösterlichen Gebietes 5 ) Das Kloster Rehna erhält 1312 von Fürst Heinrich von Meklenburg die Befugniß, den landesherrlichen Boten bei der Erhebung von Beden einen eigenen beizugesellen. 6 )

Neben den völligen Befreiungen finden sich auch Beispiele von solchen auf Zeit in den Urkunden. Dem Kloster Neuenkamp wird in den Jahren 1335, 1338, 1346 von seinen Gütern im Lande Barth Bedefreiheit auf 7, 4 und 3 Jahre zugesichert; 7 )


1) M. U.=B. III, 1828.
2) M. U.=B. V, 2920, 2929, 2947.
3) M. U.=B. XIV, 8599. XV, 8890. 8892. Vgl. auch III, 1578. V, 3107. VIII, 5496.
4) Vgl. auch den Streit zwischen dem Bischof Friedrich von Schwerin und dem Kloster Doberan über das subsidium caritativum. M. U.=B. XVI, 9611. 9615. 9648. 9715 und auch VI, 3676.
5) M. U.=B. II, 822.
6) M. U.=B. V, 3543. Vgl. ebenso VIII, 5461 und 5550.
7) M. U.=B. VIII, 5627. IX, 5889. X, 6625. Doch scheint ein Zusatz in der letzteren Urkunde zu zeigen, daß es sich nur um außerordentliche Beden handelt.
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als Veranlassung wird die ersten beiden Male ein vom Kloster für die Wiedereinlösung des verpfändeten Landes Barth aufgebrachtes Darlehen, das dritte Mal ein freiwilliges Geschenk des Klosters genannt. Im Jahre 1361 gewährt Herzog Albrecht dem Kloster Doberan auf eine kurze Frist Abgabenfreiheit, weil er ihm zu Dankbarkeit verpflichtet sei. 1 ) Die Befreiungen sind in diesen Fällen demnach ganz anderer Art wie die bisher behandelten; sie werden nicht ohne Entgelt gewährt und tragen gewissermaßen den Charakter eines Loskaufs. Gleichfalls haben wir es in einer für die Johanniterkomthurei Mirow ausgestellten Urkunde des Markgrafen Albrecht von Brandenburg nicht mit einer eigentlichen Befreiung zu thun. Der Markgraf verleiht dem Orden einen Hof zu Starsow: Insuper ab omni exactione precaria ipsam curiam reddimus absolutam, nobis nichilominus de talento quolibet et in festo beati Martini annis singulis persolvendos duos solidos denariorum Brandeburgensium reservando. 2 ) An Stelle der eigentlichen Bede bleibt also eine kleinere Leistung bestehen. Auch sonst finden sich wohl Fälle von einer Geistlichen gewährten Ermäßigung der Bede 3 ) Weiterhin wird auch der Vortheil einer fixirten Gemeindelast Dörfern, die zu geistlichen Grundherrschaften gehören, vergönnt. Graf Heinrich von Schwerin behält sich 1330 keine Rechte in den Dörfern Sukow und Drehnkow, die in den Besitz des Klosters Stepnitz übergehen, vor: exceptis quadraginta marcis denariorum slavice monete nobis et nostris successoribus in festo beati Martini annis quibuslibet ratione precarie presentandis, et duabus vaccis, quas in festo beate Walburgis annuatim in eisdem villis inscidi per famulum nostrum faciemus. 4 ) Noch eine andere Vergünstigung findet man wohl vorzugsweise geistlichen Grundherren ertheilt; es wird für einen bestimmten Landbesitz die Zahl der Hufen, von denen die Steuer gezahlt werden soll, ein für alle Mal festgelegt ohne Rücksicht auf etwaige künftige Vergrößerungen des Besitzumfanges. So verspricht Fürst Heinrich von Meklenburg


1) M. U.= B. XV, 8893.
2) M. U.=B. III, 1917.
3) In VII, 4891 wird den Cismarschen Klosterbauern die Höhe einer unbenannten Abgabe von 1 Mk. für die Hufe auf 8 Schill. Lüb. herabgesetzt. Es ist wohl anzunehmen, daß damit die Bede gemeint ist.
4) M. U.=B. VIII, 5123. In V, 3271 wird dem Dorfe Augsin, das dem Kloster Neuenkamp gehört, eine runde Bedesumme auferlegt. Hier wird jedoch ein besonderer Grund dafür angegeben: quia eadem villa in agris defectum habuisse dinoscitur, pro quibus iam dudum exactionem contra iusticiam dedit et exsolvit.
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1309: in bonis sanctimonialium in Rene dictis Bunenhoph tollere poterimus precariam tantummodo de sex mansis et non de pluribus. Etiamsi loca lignorum, dicta theutonice holtstede, que quidem bonis eisdem adiacent, per agriculturam redigantur in mansos, non tamen occasione illorum mansorum novalium ampliorem precariam, ut pretactum est, habebimus in bonis prefatis in perpetuum nisi solummodo de sex mansis. 1 )

2. Die Steuerfreiheit der Ritterbürtigen und sonstige Befreiungen.

Nicht so weit wie die Privilegien der Geistlichkeit erstreckten sich diejenigen, die den in der Kolonisationszeit nach Meklenburg einwandernden deutschen Rittern ertheilt wurden 2 ) Ihre Bauern müssen im Allgemeinen die Bede zahlen. Dagegen sind die in ihrer Eigenwirthschaft befindlichen Hufen stets steuerfrei. In zwei schon erwähnten Verträgen über die außerordentliche Bede aus den Jahren 1276 und 1285 3 ) wird die Bestimmung getroffen, daß in den Fällen, in denen weitere außerordentliche Besteuerungen zulässig sein sollen, diese Steuern von den Vasallen cultura eorum excepta geleistet werden sollen. Diejenige außerordentliche Bede, die den Vertrag vom Jahre 1276 selbst veranlaßt hat, wird allerdings auch von den Eigenhufen der Vasallen aufgebracht; jedoch ist das als ein Ausnahmefall gekennzeichnet; zu einer Erweiterung der sonst feststehenden Grenzlinie ließen sich jene freiwillig herbei. Ipsi tandem, erklären die Fürsten Heinrich und Johann von Werle, peticionibus nostris laudabiliter acquieverunt, super quo ipsis referimus actiones multimodas gratiarum, exaudientes nos taliter, quod de quolibet manso in eodem dominio simul cum mansis sub cultura ipsorum debent per triennium quolibet anno octo solidos nobis in subsidium ministrare. Ist nun allerdings ein Rückschluß von der außerordentlichen Bede auf die ordentliche nicht ohne weiteres zulässig, so ist doch auch für diese der gleiche Grad der Privilegirung der Ritterschaft quellenmäßig bezeugt. Dieser ist zunächst aus dem Theilungs=


1) M. U.=B. V, 3305. Vgl. auch IV, 2429 und V, 3090. Bei der Besprechung des Vermessungsrechts wird darauf zurückzukommen sein.
2) Hegel, a. a. O. S. 30 - 34.
3) M. U.=B. II, 1413 und III, 1781.
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vertrage herauszulesen, den die Fürsten Heinrich von Meklenburg und Nikolaus von Werle über die Länder Kalen und Hart um das Jahr 1314 abgeschlossen haben 1 ) Den einzelnen Pfarren und Dörfern ist darin bei der Aufzählung die überhaupt zu ihnen gehörende Hufenzahl, die Zahl der Bede zahlenden Hufen und die Zahl der innerhalb des betreffenden Bezirks zu leistenden Roßdienste beigefügt. Heißt es z. B.: Tota parra Beliz continet ducentos et sexaginta sex mansos, de quibus ducenti et quatuor decim mansi cum dimidio dant precariam, et sunt ibidem novem dextrariorum servicia, so giebt der letztere Zusatz uns wohl auch zugleich die Erklärung für die Steuerfreiheit der übrigen Hufen; es ist anzunehmen, daß diese von den Rittern, welche die neun Roßdienste leisteten, selbst bebaut wurden. 2 ) Zugleich liegt in der obigen kurzen Angabe auch der Grund versteckt, weshalb man die Ritter diese Vergünstigung genießen ließ. Es ist eine Anerkennung der Bedeutung des Reiterdienstes für den Krieg und die Landesvertheidigung, die in der Steuerbefreiung zum Ausdruck kommt. Darin liegt nun nichts, was etwa für die Auffassung der Bede als einer Ablösung des Kriegsdienstes spräche, von der naturgemäß die diese Pflicht noch Leistenden befreit wären. Kriegshoheit und Bede sind, wie wir sahen, ohne Zusammenhang. Die Steuerfreiheit erscheint hier nur in derselben Weise als eine Würdigung des Kriegsdienstes, wie wir sie sonst auch als eine Belohnung für andere Dienste und Leistungen kennen lernen. - Ein weiteres Zeugniß für die Freiheit ritterschaftlichen Besitzes treffen wir in einem Erhebungsregister von Beden aus mehreren Kirchspielen, die der Fürst Heinrich von Meklenburg an den Ritter Reimar von Plessen verpfändet hat. Bei der ersten Erhebung im Jahre 1322 heißt es in Bezug auf das Dorf Gägelow: Primo de villa Goghelowe in qua sunt XXIIII mansi, de quibus dicti Goghelowe coluerunt VIII, de quibus nichil dederunt. Die Eigenhufen derer von Gägelow sind also steuerfrei. Eine spätere Bemerkung, bei der Erhebung im Jahre 1362 eingetragen, zeigt dann an, daß von da ab auch diese Hufen zur steuerpflichtigen Masse gehören und sich also nicht mehr in der Eigenbewirthschaftung der famuli dicti de Goghelowe be=


1) M. U.=B. VI, 3721.
2) Die in demselben Vertrage erwähnten bona pheodalia für die castrenses, von denen nur, falls sie in dem fremden Landestheile liegen, Bede geleistet werden soll, werden nicht nur in Eigenbauhufen bestanden haben.
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finden. 1 ) Es wurde schon die Urkunde der Fürsten Nikolaus III. und Bernhard von Werle vom Jahre 1342 erwähnt, in der sie dem Kloster Dobbertin den Hof Sitow, solange es diesen unter eigenem Pfluge behält, frei von Bede verleihen, prout Heyno de Gherden habuit; 2 ) Heino von Gherden der Vorgänger des Klosters, zahlte also ebenso, wie dieses jetzt, von dem Hofe, den er sub aratro et agricultura sua bebaute, keine Bede. Im Jahre 1320 werden Henneke Bermann 6 Hufen in Bresen verliehen frei ab omni servicio necnon ab omni precaria quoad agros, quos ipse personaliter aut sui heredes in eisdem sex mansis coluerint. 3 ) Danach scheint auch die Freiheit ritterlichen Pfluglandes wenigstens in späterer Zeit nicht ohne weiteres gegolten zu haben, sondern erst im einzelnen bei den Belehnungen von den Landesherren verfügt worden zu sein; jedenfalls fand die Befreiung ausnahmslos in allen Fällen statt. Von einer Festsetzung der Zahl der Hufen, die in unmittelbar ritterschaftlichem Besitze steuerfrei sein dürfen, über die hinaus aber auch das Eigenland versteuert werden soll, wie eine solche zum Beispiel in der Mark Brandenburg vorkommt, 4 ) hören wir in den meklenburgischen Urkunden nichts. Die Bedebefreiung erstreckte sich hier auf alles in Selbstbewirthschaftung befindliche Land ohne Beschränkung. Doch nahm dasselbe in der hier behandelten Zeit noch in keinem Falle einen weiteren Umfang an. Als eine Schranke von größerer hemmender Kraft würde sich eine solche Bestimmung wie die obige in der Zeit des Bauernlegens auch schwerlich erwiesen haben, da zu dieser Zeit die Grundherren meist die Bede ihrer Untersassen an sich gebracht hatten, und damit eine in der Steuerpflicht liegende Schranke für sie bei der Einziehung von Bauernstellen doch hinfällig geworden wäre. Ueber die Befreiung des im Eigenbetrieb der Ritter befindlichen Landbesitzes, die in allen Fällen stattfand, ging nun in einigen Fällen die Privilegirung noch hinaus. Wir ersehen öfters aus Urkunden, in denen es sich um eine Veräußerung bisher ritterschaftlicher Güter handelt, daß die Ritter auch für ausgethanen Besitz zuweilen Bedefreiheit erlangt


1) M. U.=B. VII, 4402.
2) M. U.=B. IX, 6229. Vgl. auch VI, 3694, wo es sich aber um generalis peticio handelt: cum generalem peticionem per nostrum dominium fecerimus.
3) M. U.=B. VI, 4187. Vgl. auch III, 1919. Georg von Niendorf. Vgl. damit auf S. 35 den Schluß, der daraus auf eine Verdinglichung der ritterlichen Steuerfreiheit gezogen werden kann.
4) Merklinghaus, a. a. O. S. 80 und 84.
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hatten 1 ) Auch direkte Befreiungsurkunden bezeugen das. So befreit Fürst Heinrich von Meklenburg 1308 das dem Ritter Johann von Zernin gehörende Dorf Groß=Görnow von allen Beden, wofür die Bauern dem Ritter einen höheren Zins zahlen sollen 2 ) Beim Verkauf des Dorfes Levekendorf an einen Vasallen im Jahre 1279 verfügen die Fürsten Heinrich und Johann von Werle: coloni memorate ville nullam exactionem dabunt. 3 ) Während jedoch bei den geistlichen Gütern im 13. Jahrhundert die Befreiung auch des außerhalb der Eigenbewirthschaftung befindlichen Besitzes ganz regelmäßig war und erst im 14. Jahrhundert auch in größerem Umfange von den Hintersassen Bede gezahlt wurde, bildet bei den ritterschaftlichen Besitzungen die Freiheit des ausgethanen Landes stets die Ausnahme und beschränkt sich auf vereinzelte Fälle. Vielleicht waren es in den meisten Fällen besondere Dienstleistungen oder Verdienste, die hier zu der weitergehenden Befreiung den Anlaß gaben. Mitunter wird wohl auch in befreitem Besitz von dem Grundherrn die Bede weitererhoben sein, so daß thatsächlich eine Bedeübertragung stattfand, 4 ) wie denn überhaupt seit dem Ende des 13. Jahrhunderts ebenso wie an geistliche Grundherren so auch an ritterbürtige öfters Belehnungen mit Gütern sammt der aus ihnen fälligen Bede vorkamen. 5 )

Wie die Ritter in Anerkennung ihres Kriegsdienstes, so erhielten die Träger von Hofämtern wohl in Anerkennung ihres Hofdienstes ihre Lehen steuerfrei. So giebt Herzog Albrecht 1361 seinem Kämmerer Bernhard Alkun einen Hof mit 3 Hufen sine omni precaria ex ipsis danda. 6 ) Ebenso ist der Hof des Marschalls Henning von Gerden bedefrei; der Fürst Nikolaus III. von Werle dehnt dies Vorrecht 1338 auch auf den Veräußerungsfall aus. 7 ) Ueberhaupt scheint im landesherrlichen Dienste befindlichen Personen, wenn sie mit Grundbesitz belehnt wurden, öfters auch Steuerfreiheit ertheilt worden zu sein. Fürst Johann von Werle schenkt 1319 seinem Jäger Genzen


1) Z. B. M. U.=B. I, 543, 572. IV, 2570. IX, 6386.
2) M. U.=B. V, 3244.
3) M. U.=B. II, 1509. Vgl. auch XVI, 9544.
4) Die Grenzen von Bedebefreiung und Bedeübertragung verschwimmen öfters in den Urkunden. Z. B. sind in den Urkunden II, 1146 und IV, 2695 die Hufen frei von Bede veräußert worden, in der Bestätigungsurkunde VII, 4477 wird der Besitz cum precaria bestätigt.
5) Z. B. VI, 3883.
6) M. U.=B. XV, 8854.
7) M. U.=B. IX, 5857.
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zwei Hufen zu Finkenthal frei von aller Bede. 1 ) - Es finden sich außerdem noch andere Befreiungen. In der schon erwähnten Urkunde des Fürsten Waldemar von Rostock vom Jahre 1277 wird den Besitzern von Sülzgütern Bedefreiheit verliehen 2 ) jedoch nicht unentgeltlich: Pro tali enim donacionis causa a nobis racionabiliter collata possessores salinarum memorate paludis Sulte clenodiis ipsorum et pecunia nos gratuite respexerunt. Sehr häufig ist das Vorrecht der Steuerfreiheit des Ritterstandes auch auf Bürger ausgedehnt worden, die durch Kauf in den Besitz ritterlicher Lehngüter gelangt waren. 3 ) Damit kommen wir zu einem anderen Stande, dessen Stellung zur Bedepflicht wir jetzt festzustellen haben werden.

3. Die Städte und die Bedepflicht.

Auch unter den Privilegien, die den seit dem Anfange des 13. Jahrhunderts zahlreich auf dem bisher wendischen Boden emporwachsenden deutschen Städten von den Landesherren ertheilt wurden, finden sich Auseinandersetzungen in Bezug auf die Bedepflicht. Zu einer gänzlichen Steuerbefreiung von Städten scheint man nur selten geschritten zu sein; immerhin kam sie vor. Die Urkunde des Grafen Volrad von Dannenberg vom Jahre 1252, in der die Stadt Grabow von der Bede befreit wird, wurde schon angeführt 4 ) Im Jahre 1288 werden der Stadt die ihr vom Grafen Volrad verliehenen Privilegien vom Markgrafen Otto von Brandenburg bestätigt 5 ) Zu außerordentlichen Beden konnte sie jedoch herangezogen werden, wie wir aus einer Urkunde vom Jahre 1325 erfahren. 6 ) Außer Grabow ist es nur noch die Stadt (Alt=)Kalen, von der eine gleiche Bevorzugung überliefert ist; sie wird in einer vom Fürsten Borwin von Rostock im Jahre 1253 ausgestellten Urkunde befreit. 7 ) - Wir faßten bei der früheren Besprechung 8 ) des der Stadt Grabow ertheilten Privilegs,


1) M. U.=B. VI, 4056.
2) M. U.= B. II, 1444.
3) M. U.=B. V, 3425. VII, 4927, 4972. VIII, 5404, 5643. IX, 6360. XIII, 7497. Vgl. auch die Mühlen im Besitz von Bürgern: I, 595. V, 2777. V, 2939. V, 2959. X, 7124.
4) M. U.=B. II, 683.
5) M. U.= B. III, 1966.
6) M. U.=B. VII, 4630.
7) M. U.=B. II, 713.
8) Oben S. 23.
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in dem die Befreiung dahin formulirt ist, daß die Bürger den Landesherren dare non debent redditus annuales, precarias vel exactiones, diese redditus annuales als inhaltlich identisch mit den precariis auf und sahen in ersteren jährliche feste Summen, die anderen, nicht ganz steuerfreien Städten an Stelle der von den einzelnen Bürgern erhobenen Bede als Gemeindelast auferlegt seien, eine Art der Besteuerung demnach, die immer noch eine große Begünstigung vor dem platten Lande bedeutete. Hegel leitet in seiner Geschichte der meklenburgischen Landstände jedoch solche redditus annuales, jährliche Zahlungen von Stadtgemeinden an die Landesherren, wie wir sie verschiedentlich anfangs unter dem Namen petitio, später öfter auch unter dem Namen Orböre antreffen, aus ganz anderer Quelle her 1 ) Er ist der Ansicht, daß diese fixirte Gemeindelast der Städte an die Stelle des dem Landesherrn als Grundherrn zukommenden Grundzinses von den den Bürgern überlassenen Hausstellen und Gemeindeländereien getreten ist. Einen Vorläufer der Abgabe findet er in den Stiftungsbriefen der unter brandenburgischer Hoheit stehenden Stargard'schen Städte aus der Mitte des 13. Jahrhunderts; dort sei ebenfalls die Höhe des Grundzinses gleich anfangs festgesetzt worden und ein Drittel davon den Unternehmern und den Erbvögten zuertheilt. Bei den übrigen meklenburgischen Städten lasse sich zwar ein gleiches in den älteren Stadtprivilegien nicht nachweisen, dort trete dieser fixirte Grundzins erst etwas später auch unter dem Namen petitio, gewöhnlich aber als Orböre auf. - Balck ist gleichfalls der Meinung, daß es sich um eine Fixirung des Zinses für die Hausplätze, des census de areis, und des Zinses für die Stadtfeldmark, des census de mansis, handelt 2 ) Einen Widerspruch in sich selbst enthält es allerdings dann, daß er die Orböre mit in der Reihe der Steuern aufzählt; wurde sie an Stelle des Grundzinses geleistet, so war sie privatrechtlich und nicht öffentlich=rechtlich, kam dem Landesherrn nur als Grundherrn zu, und der Steuercharakter wäre ihr dann abzusprechen. 3 ) - Böhlau führt bei der Aufzählung der Herrschaftseinnahmen der Landesherren die Orböre als ein auch wohl Bede genanntes


1) Hegel, a. a. O. S. 36.
2) Balck, a. a. O. II, S. 4.
3) Eine gleichfalls ganz unterschiedslose Behandlung öffentlich=rechtlicher und privatrechtlicher Abgaben ist es, wenn Balck (II, S. 4) kurz vorher im Gegensatz zur unmittelbar folgenden Herleitung der Orböre aus dem Grundbezinse sagt, daß bei der Einverleibung durch die Städte erworbenen Grundbesitzes in die Stadtfeldmark an die Stelle der Bede die Orböre getreten sei.
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städtisches Grundgeld auf und bemerkt weiterhin von ihr, daß sie in einem solchen Zusammenhange auftrete, durch den selbst das zweifelhaft werden könne, ob sie eine herrschaftliche Abgabe oder nicht vielmehr damals schon eine rein privatrechtliche Reallast gewesen sei. 1 ) Einen öffentlich=rechtlichen Ursprung der Abgabe will er jedoch offenbar nicht abweisen.

Beachten wir nun, in welchen Formen die Abgabe sich in den Quellen darstellt. Nach Hegel würden wir ihre ersten Spuren in den Stiftungsbriefen der Stargardischen Städte zu suchen haben. Nach der Stiftungsurkunde 2 ) für die Stadt Friedland vom Jahre 1244 haben die Markgrafen Johann und Otto von Brandenburg der Stadt ducentos mansos in principio sue fundacionis überwiesen, von denen sie 50 für die Weide, 150 für das Ackerland bestimmt haben. De quorum quolibet nobis, verfügen sie, eorum possessores quilibet in dimidii fertonis pensione annua respondebunt, transactis dumtaxat quatuor annis, quos incolis eiusdem civitatis indulsimus libertatis. Weiter heißt es: iam dictam civitatem bone fame viris Conrado de Tserevist, Johanni de Grevendorp et fratri eius Heinrico, Friderico de Kerchagen et Berenghero sub forma gracie talis dedimus incolendam, quod tocius census, tam de areis, quam de mansis pars tercia sit eorum. Aehnliche Bestimmungen enthalten die Stiftungsbriefe für Neubrandenburg und Lychen. 3 ) Um eine in der Form der späteren Orböre entsprechende Abgabe handelt es sich danach hier keinesfalls. Aus der Thatsache an sich, daß den locatores und Erbvögten ein Antheil überwiesen wird, folgt noch durchaus nicht, daß die Abgabe den Charakter einer Gemeindelast hat, deren einheitlicher Träger die Stadt ist und deren Vertheilung und Aufbringung der landesherrlichen Einwirkung gänzlich entzogen bleibt. Im Gegentheil weist vielmehr die Wendung: de quorum quolibet nobis eorum possessores quilibet . . . respondebunt ausdrücklich darauf hin, daß die Stadt dem Landesherrn nicht als Einheit gegenüberstand, sondern daß ihm der einzelne verpflichtet war. Die Abgabe ist wohl fixirt, aber keine Gemeindelast. Auch hat sich später in Brandenburg, wozu Stargard noch längere Zeit gehörte, nach den Untersuchungen von Merklinghaus 4 ) die unserer Abgabe entsprechende


1) Böhlau, a. a. O. S. 9.
2) M. U.=B. I, 559.
3) M. U.=B. I, 600. 601.
4) Merklinghaus, a. a. O. S. 86 - 95.
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Leistung der Städte, die hier meist Orbede, 1 ) auch Orbore genannt wird, ganz allgemein nicht aus einer Fixirung des Grundzinses, sondern aus einer solchen der Bede entwickelt; ist der Grundzins später den Landesherren verloren gegangen, so ist das auf andere Weise geschehen. 2 ) Sind wir also nicht zu der Annahme berechtigt, daß die Städte in Stargard den Landesherrn für seine Forderungen an Grundzins in runder Gesammtleistung befriedigten, können wir ferner auch in den Angaben der Stiftungsurkunden keine Vorstufen einer Entwickelung zu solcher Abgabe hin sehen, weil weiterhin die Städte auf brandenburgischem Gebiete eine derartige Entwickelung gar nicht aufweisen und die dort später auftretenden runden Pauschalleistungen mit dem Grundzins nicht zusammenhängen, so ist dadurch auch ein etwaiger Analogieschluß auf die meklenburgischen Städte gänzlich hinfällig. Daß bei deren Gründung an Stelle des Grundzinses eine Gemeindeleistung festgesetzt worden sei, ist weder urkundlich überliefert, noch kann es von vornherein nach Analogieschlüssen angenommen werden. Es ist daher ohne Rücksicht auf die Stargardischen Stiftungsbriefe näher ins Auge zu fassen, in welcher Form bei jenen Städten zuerst runde Pauschalleistungen an den Landesherrn in den Quellen auftreten. Wir erfahren da zunächst aus einer Aufzeichnung vom Jahre 1260 im Rostocker Stadtbuche: Consules dederunt domino terre de petitione Michaelis XL marcas. 3 ) Eine Urkunde des Fürsten Borwin vom Jahre 1262 bestimmt, wohl in der Form der Bestätigung oder nochmaligen Erwähnung einer schon bestehenden Einrichtung: ut petitionem nostram nobis singulis annis persolvant <burgenses de Rostock>, videlicetducentas et quinquaginta marcas denariorum eiusdem civitatis monete. 4 ) Es ist darauf wohl Nachdruck zu legen, daß die Abgabe uns gleich bei ihrem ersten Erscheinen in den Quellen als petitio, als Bede entgegentritt; sie ist nicht eine Orböre, auch wohl bisweilen Bede genannt, sonderine Bede, die später Orböre genannt wird. Sieht man nun den Umstand, daß hier eine Abgabe, welche die consules im Namen der Stadtgemeinde an den Landesherrn abliefern, mit demselben Namen benannt ist, wie diejenige, die diesem sonst von seinen einzelnen Unterthanen zusteht, nicht als zwingendes Beweismittel dafür an, daß jene denselben


1) Vgl. auch M. U.=B. XVI, 10047.
2) Merklinghaus, a. a. O. S. 79.
3) M. U.=B. II, 878.
4) M. U.=B. II, 959.
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Charakter habe wie diese und nur eine andere Form der letzteren sei, so ist doch eine Urkunde vom Jahre 1264 dazu geeignet, jedes Bedenken an der Identität beider Abgaben zu beseitigen. Der Fürst Nikolaus von Werle erklärt in dieser für die Stadt Güstrow ausgestellten Urkunde: nos . . . dilectis civibus in Guzstrowe commorantibus propter bonum nostrum et civitatis contulimus petitionem pro C marcis annis singulis persolvendis, ita tamen quod prefatum numerum petitionis in perpetuum non excedant. 1 ) Danach kann über den Ursprung solcher runden Pauschalleistungen kein Zweifel mehr sein. Die Abgabe, an deren Stelle sie getreten ist, und die der Landesherr jetzt an die Bürger überträgt, ist die Bede. Denn der Name petitio, hier für eine Einzelabgabe gebraucht, kann nun nicht mehr mißzuverstehen sein; er bezeichnet niemals einen census de areis oder de mansis oder sonst eine privatrechtliche Abgabe, sondern immer eine Steuer. Auf dies Zeugniß hin wird man nicht mehr anstehen können, der Abgabe in Rostock, deren Bedename überliefert ist, auch den Bedecharakter zuzugestehen. Sie ist eine Gesammtbesteuerung, die an die Stelle der Einzelbesteuerung getreten ist, und daher durchaus öffentlich=rechtlichen Charakters. Die für die Abtretung der Bede den Landesherrn von der Stadt Güstrow geleistete Summe taucht noch einmal im Jahre 1292 in einer Urkunde des Fürsten Nikolaus von Werle auf als pars nos legitime contingens von der collecta communis, que vulgariter schot dicitur. 2 ) Die collecta communis selbst, die Einzelsteuer, erscheint entsprechend der Verfügung von 1264 überall in den Urkunden als in den Händen der Stadt befindlich. 3 ) Für Güstrow scheinen danach die Quellen dafür zu sprechen, daß die Gemeindesteuer keine Neuschöpfung war, sondern von der landesherrlichen Bede herstammte. Die Abgabe der Stadt Rostock tritt 1268 und 1282 nochmals als petitio auf. 4 ) Im Jahre 1324 treffen wir sie dann als die annuos redditus, qui vulgo orbore dicuntur, wieder an, 5 ) 1328 als antiqua et eorum <consulum civitatis Rozstok> consueta debita annua, que vulgariter dicuntur orbere. 6 )


1) M. U.=B. II, 1015.
2) M. U.=B. III, 2171.
3) Der Umstand, daß der Fürst anfangs selbst noch eine in der Stadt gelegene Mühle von der Steuer befreit, findet seine Erklärung in anderen Urkunden, durch welche diese Mühle erst aus dem Landrecht zu Stadtrecht gelegt wird. Vgl. über Güstrow: M. U.=B. III, 1936, 2169, 2172, 2238 2239, 2240. VI, 3995. IX, 6074.
4) M. U.=B. II, 1140. III, 1634.
5) M. U.=B. VII, 4527.
6) M. U.=B. VII, 4894.
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Die Identität der petitio und der orbore ist zweifellos. In einer Urkunde vom Jahre 1329 weist Fürst Heinrich von Meklenburg dem Kloster Ribnitz seine redditus in Rozstok an, de quibus centum et sexaginta marcas usualium denariorum in festo pasche et nonaginta marcas in festo beati Michahelis singulis annis dicte civitatis Rozstok consules nobis solvere sunt astricti. 1 ) Der Betrag der Leistung, 250 Mark, ist demnach noch derselbe, wie ihn die Urkunde von 1262 angiebt; deshalb ist es ausgeschlossen, daß wir es hier wieder mit einer neuen Abgabe von anderem Ursprung zu thun haben oder daß inzwischen die alte Abgabe mit einer neuen anderer Herkunft zusammengelegt ist; vielmehr kann nur allein die frühere petitio in obiger Summe stecken. Daß wir diese jetzt unter so allgemeinen Bezeichnungen, wie redditus, debita annua oder certe annue pensiones 2 ) wieder auftauchen sehen, berechtigt noch keineswegs dazu, den öffentlich=rechtlichen Charakter der Abgabe in Abrede zu stellen. Ebenso werden die Beden auf dem platten Lande zuweilen in ähnlicher, mehr farbloser Weise benannt. Auch der Name Orböre hat an sich keine speziellere Bedeutung als die obigen Ausdrücke; er ist gleichbedeutend mit Ertrag und dient schlechtweg zur Bezeichnung für Einkünfte überhaupt, ohne Rücksicht darauf, ob diese öffentlich=rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind. Man findet ihn daher wohl auch sonst noch in anderem Sinne wie in den vorhergehenden Urkunden angewandt; so z. B. an einer Stelle im Kämmereiregister der Stadt Rostock: Primo de redditibus yndagin(ar)um ac villarum ad civitatem Rozstok cum omni iure, proprietate ac integra libertate pertinencium, et postea de universis pensionibus civitatis foris et intus, que in vulgo ørbøre nuncupantur. 3 ) Daß dieser allgemeinere Name über den alten spezielleren die Oberhand behielt, kann nicht Wunder nehmen bei einer Abgabe, die als feste Summe jährlich aus dem städtischen Vermögen gezahlt wurde, deren Bedecharakter daher nicht stets gegenwärtig bleiben konnte, zumal da natürlich nicht immer der für diese Summe an die Stadt überlassene Schoß zur Bestreitung derselben verwendet wurde, sondern auch alle möglichen Einnahmen privatrechtlicher Natur. So wird nach einer Aufzeichnung im Leibrentenbuch der Stadt Rostock aus den Jahren 1373 - 75 einmal eine Anleihe zur Bezahlung der Orböre


1) M. U.=B. 5021.
2) M. U.=B. VII, 4615.
3) M. U.=B. VII, 4608. Vgl. auch XVI, 9612.
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aufgenommen. Dem Priester Gerhard Dobbin wird für 100 Mark, que ad persolucionem dicti orbar dommi Alberti Magnopolensis sunt exposite, eine Leibrente von 10 Mark jährlich vom Rathe der Stadt verkauft 1 ) Neben den allgemeinen Benennungen finden wir doch auch wieder solche, die den Steuercharakter der Abgabe mehr betonen. In der Empfangsbescheinigung vom Jahre 1334 gebraucht Fürst Albrecht von Meklenburg den Namen contribuciones, que dicuntur orbere; 2 ) im Jahre 1336 nennt er sie exactio. 3 ) In eben demselben Jahre giebt er ihr aber noch eine andere merkwürdige Bezeichnung; er befreit die Stadt mit folgenden Worten von der auf Michaelis zu zahlenden Orböre: dilectos nobis consules nostre civitatis Rozstok, variorum commodorum nobis per ipsos exhibitorum ac multe servitutis ob respectum, de persolutione nonaginta marcarum, in festo sancti Michaelis racione pecunie fundatorie, que vulgariter orbor nuncupatur, exsolvendarum liberos dimisimus et solutos. 4 ) Jedoch auch der Ausdruck pecunia fundatoria ist, wie er hier gebraucht ist, noch von allgemeinerer Bedeutung; will man ihn mit "Grundgeld" übersetzen, so kann immer noch sowohl an einen privatrechtlichen Grundzins als an eine öffentlich=rechtliche Grundsteuer dabei gedacht werden. Da bisher alle älteren Nachrichten auf einen Zusammenhang der Orböre mit der Bede hinwiesen und noch in gleichzeitigen Aufzeichnungen Ausdrücke für die Abgabe gebraucht werden, die sonst gewöhnlich nur zur Bezeichnung für Steuern dienen, so ist die letztere Deutung die nächstliegende. Der öffentlich=rechtliche Ursprung kann nach den vorhergehenden Zeugnissen durch obige Wendung zum mindesten nicht wieder in Zweifel gestellt werden.

Im Mittelalter war es mit dem Charakter öffentlicher Rechte vereinbar, daß sie privatrechtlich behandelt wurden; wurden sie jedoch schließlich auch wirklich wie private Rechte angesehen, so verloren sie damit ihren öffentlich=rechtlichen Charakter. Daß dies schließlich das Schicksal der Bede überhaupt in Mecklenburg war, werden wir noch sehen. Bei der Orböre, die durch die ganze Art, wie sie aufgebracht und geleistet wurde, durchaus nicht die Erinnerung an ihren Steuercharakter wach erhielt, war es besonders leicht möglich, daß man ihren Ursprung aus den Augen verlor


1) M. U.=B. XVIII, 10387.
2) M. U.=B. VIII, 5513.
3) M. U =B. VIII, 5688.
4) M. U.=B. VIII, 5674.
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und sie für ein privates Recht hielt. Es war dazu nicht erst erforderlich, daß sie veräußert und, in privaten Händen befindlich, schließlich auch wie ein privates Recht genutzt wurde. Die Landesherren selbst konnten sehr leicht im Laufe der Zeit die Zugehörigkeit derselben zu den herrschaftlichen Abgaben vergessen und sie ihren privatrechtlichen Einkünften zuzählen. Die entsprechende Abgabe in der Mark Brandenburg wird denn so auch sehr bald zu einer privatrechtlichen. 1 ) Soviel beweisen nun Wendungen wie pensio, orböre, pecunia fundatoria allerdings, daß auch in Meklenburg die Erinnerung an den öffentlich=rechtlichen Ursprung der Abgabe bereits am Anfang des 14. Jahrhunderts zu verblassen anfing und sich die Auffassung, die in ihr eine privatrechtliche Reallast sah, vorbereitete. Daß aber damals, erst etwa hundert Jahre nach ihrer Entstehung, der Steuercharakter der Orböre thatsächlich schon gänzlich in Vergessenheit gerathen war und diese schon damals allgemein wirklich als eine privatrechtliche Reallast galt, kann daraus nicht ohne Weiteres geschlossen werden. Die schon enwähnte Urkunde des Königs Erich von Dänemark vom Jahre 1311 bestimmt in Bezug auf eine unbenannte, aber zweifellos der Orböre anderer Städte entsprechende Abgabe der Stadt Ribnitz: Insuper sepedicti consules et opidani de Ribbenitze singulis annis domino terre Rostock, quicunque pro tempore fuerit, viginti marcas Rostoccensis monete in recognitionem dominii persolvere tenebuntur, que quidem pensio nullatenus eis per dictum dominum Rostoccensem vel eius successores seu eorum advocatos vel quemcumque alium eorum nomine futuris temporibus debeat augmentari. 2 ) Demnach wird offenbar


1) Merklinghaus, a. a. O. S. 93 - 95.
2) M. U.=B. V, 3483. Die Schlußbestimmung scheint jedoch durch die späteren Inhaber der Herrschaft Rostock nicht innegehalten worden zu sein. In einer Urkunde vom Jahre 1368 (XVI, 9744), in der die Herzöge Albrecht, Heinrich und Magnus von Meklenburg ihren Verbündeten Wittenberg und Ribnitz zum Pfande setzen, heißt es: Vortmer de wile wii de vorbenomeden slote Wittenborch unde Ribbenitze nicht vorbroken hebben, als vorscreven is, so scholen de vorbenomeden stede binnen der vorbenomeden tiit desser vorbindinghe hebben dat richte beyde binnen der stat tho Wittenborch unde binnen der stat tho Ribbenitze, unde dartho late wy en virdehalf hondert mark gheldes Lubescher penninghe, dar se de vorbonomeden slote af holden scholen; der scholen se alle iare opboren twehondert mark in deme schote tho Wittenborch unde vor hundert mark wise wii en de rente in der molen tho Wittenborch, unde veftich mark ut deme schote tho Ribbenitze: wes darboven ut den vorbenomeden twen steden van rente unde van orbore komen mach, dat schal use wesen. - Die verpfändeten Einkünfte sind zweierlei Art: (  ...  )
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die Abgabe hier noch als eine herrschaftliche angesehen. Auch wird in anderen Städten zu jener Zeit eine Gemeindeabgabe an den Landesherrn noch mit dem Namen scot bezeichnet. Wenn jedoch auch zweifellos aus den Quellen hervorginge, daß man bereits am Anfang des 14. Jahrhunderts in allen Orböre genannten städtischen Abgaben privatrechtliche Lasten gesehen hätte, so kann das natürlich auf die Beantwortung der Frage nach dem Ursprung der Abgabe keinen Einfluß haben. Für die Feststellung des Ursprungs der Orböre kommen vielmehr nur die ihrer Entstehung gleichzeitigen oder doch zeitlich nahe liegenden urkundlichen Aufzeichnungen in Betracht, und diese ergeben, wie wir sahen, zweifellos einen Zusammenhang mit dem öffentlichen Rechte, ein Hervorgehen aus der Steuer, nicht aus dem Grundzinse.

Außer in Rostock werden Leistungen an den Landesherrn in meklenburgischen und in den Städten benachbarter Territorien noch mit Orböre in den Urkunden bezeichnet in Güstrow, 1 ) Grevesmühlen, 2 ) Kröpelin, 3 ) Demmin, 4 )Tessin, 5 ) Prenzlau 6 )


(  ...  ) theils stammen sie aus dem Schoß der Städte, theils werden sie einfach als Renten bezeichnet. Dementsprechend werden auch unter den Einnahmen, welche die Fürsten für sich zurückbehalten, die beiden Arten rente unde orbore genannt. Orbore scheint danach auch hier zur Bezeichnung dessen zu dienen, was den Fürsten ut deme schote der Städte zusteht; ein Theil davon ist verpfändet; was ihnen aber darboven noch kommt, bleibt in ihren Händen. Die Stelle wäre dann ein weiteres Anzeichen dafür, das im 14. Jahdt. Der Zusammenhang der Orböre mit der Steuer noch nicht zerrissen war.
1) M.=U.=B. XIX, 10859 (von 1339). Vgl. X, 7060.
2) M. U =B. XV, 9063. Herzog Albrecht von Meklenburg verschreibt des Herzogs Magnus künftiger Gemahlin Stadt und Land Grevesmühlen zum Leibgedinge mit aller vrucht, mit aller nut, an wekerleyghe wiis de darut komen unde vallen mach, an orbar, renthe, bede, pacht, richte, broke, scattinghe, an wodanen saken men de vrucht nomen mach. Daß obige orbar eine Leistung an Stelle der Steuer ist, wird bestätigt durch die Urkunde XIV, 8219, aus der wir erfahren, daß der Schoß sich in den Händen der Stadt befindet.
3) M. U.=B. VII, 4614, 4615, 4625, 4626. XVI, 9638. Wahrscheinlich sind auch die Hebungen in XVI, 9910 Teile der Orböre, die aufgebracht werden sollen de exactione, quod vulgariter schot dicitur, sive de precaria, sive de quibuscumque cercioribus bonis, redditibus et fructibus de dictis . . . opidis (Kröpelin und Schwaan) undecumque provenientibus, eventuell auch de dictorum opidorum proconsulum, consulum et communis bonis personalibus ac alias ipsis appropriatis.
4) M. U.=B. VII, 4373.
5) M. U.=B. IX, 6295. X, 7376.
6) M. U.=B. XVI, 10047. Orbede (brandenburgisch) 1370. - Im Jahre 1320 besteht noch der ursprüngliche Steuername für die Abgabe; es wird der Stadt erlaubt, ihren schot auf einige Zeit inne zu beholden (VI, 4213); ebenso der Stadt Templin, von der wir auch sonst noch erfahren, daß ihr Schoß Gemeindelast war. S. Seite 65, Anm. 1.
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In anderen Städten ist, wie gesagt, zur Bezeichnung der jährlichen Abgabe an den Fürsten der alte Steuername bestehen geblieben. Der Stadt Templin bestätigt Fürst Heinrich von Meklenburg 1320: der stadt schott scholde wesen sostig punt Brandenburgischer pennige. 1 ) Die Stadt Crivitz erhält 1345 von den Fürsten Albrecht und Johann von Meklenburg die Zusicherung: Unde schollen bliven bi deme schote alle iar to gevende vofftig margk wendescher penninge. 2 ) Zweifellos haben wir hierin ganz ebenso wie in der Orböre eine Gesammtbesteuerung zu sehen; Vertheilung und Erhebung der Einzelsteuer wird auch hier in den Händen der Stadt gelegen haben. Die Erklärung des Umstandes, daß hier im Gegensatz zu den vorgenannten Städten der Steuercharakter der Abgabe noch so deutlich zum Ausdruck kommt, kann man vielleicht darin suchen, daß hier die Einrichtung wahrscheinlich noch jüngeren Datums ist. Man könnte aber auch vermuthen, daß der Grad von Selbständigkeit, der hier vom Landesherrn in Bezug auf die Steuer eingeräumt worden ist, doch nicht so groß war wie bei den ersteren Städten. Vielleicht wurde in vorliegenden Fällen auf die einzelnen Bürger lediglich die Summe umgelegt, die der landesherrlichen Steuerforderung entsprach, und alle Einkünfte aus den direkten Gemeindesteuern nur zu der Gemeindeabgabe an den Landesherrn verwandt. Zur Bildung von direkten Gemeindesteuern, die ganz allgemein ad usum civitatis verwendet wurden, wie in Rostock, Wismar, Güstrow, wäre es dann hier bisher nicht gekommen. So wäre es denn sehr verständlich, daß hier das Band zwischen Gesammtsteuer und Einzelsteuer enger geknüpft blieb, während anderswo, wo die Schuld an den Landesherrn aus ganz beliebigen Einkünften bestritten wurde, und die Nutzung der Einzelsteuer eine mannigfaltigere war, sich nothwendig der Zusammenhang zwischen Orböre und städtischem Schoß im allgemeinen Bewußtsein lockern mußte. Auch in Güstrow durfte anfangs der Rath, wie es scheint, keine anderen Steuern wie die zur Aufbringung der Gemeindelast für den Landesherrn nöthigen erheben: ita tamen quod prefatum numerum petitionis in perpetuum non excedant.


1) M. U.=B. VI, 4217.
2) M. U.=B. IX, 6542. Vgl. auch II, 1503 für die Stadt Neubrandenburg: Ad hec etiam supradicte civitati talem damus libertatem, quod quandocunque aliquid ab ea nomine contributionis sive nomine eius, quod teutonice scott vocatur, petere decreverimus (die Bede hatte sich in der Mark noch nicht zu einer ordentlichen entwickelt) ultra viginti marcas argenti simul et semel nichil ab ipsa exigere debeamus.
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Daß diese Bestimmung hier jedoch später nicht innegehalten worden ist, zeigt die Bezeichnung in der Urkunde des Fürsten Nikolaus: pars nos legitime contingens aus der collecta communis und die Verwendung der Steuer in Güstrow überhaupt Ebenso wie in Güstrow wird auch überall die Gemeindesteuer anfangs nur zu dem Zwecke der Aufbringung der Gesammtsteuer für den Landesherrn geschaffen worden sein; daran knüpfte dann erst eine weitere Ausbildung der Gemeindesteuern an; Gemeindesteuern, die älter sind als die Leistungen an den Landesherrn, sind jedenfalls nicht nachzuweisen. 1 )

Bei wieder anderen Städten nun hören wir nur einfach von Schoß oder Bede, die sie dem Landesherrn zu zahlen schuldig sind, wobei es denn unaufgeklärt bleibt, ob eine Gemeindelast darunter zu verstehen ist oder ob hier gar kein besonderes Vorrecht vor Landgemeinden gewährt worden ist. So bei Boizenburg, 2 ) Röbel, 3 ) Waren, 4 ) Zehdenick. 5 ) Der Schoß in der Stadt Schwerin wird durch die Grafen Nikolaus und Otto bei der Vergebung der Vogtei über das Land Schwerin im Jahre 1356 ausdrücklich für der Vogteigewalt entzogen erklärt, 6 ) es spricht das für den Charakter einer Gemeindelast, da auch die Orböre sonst nicht an die Vogteien abgeliefert wird. Wenn der Fürst Wizlav von Rügen der Stadt Barth 1322 die Bede auf 4 Jahre erläßt, weil die Stadt eine fürstliche Schuld zu Rostock übernommen hat, so ist anzunehmen, daß die Stadt inzwischen die Schuld mit eben dieser Bede begleicht, diese also eine Gemeindeleistung war. 7 ) Nach einer Urkunde vom Jahre 1352, in der Herzog Albrecht von Meklenburg den Schoß der Stadt Neubukow verpfändet, ist dagegen der Landesherr hier offenbar bisher im Besitze der Einzelsteuer geblieben, da er dem Pfandinhaber, dem Ritter Benedict von Ahlefeld, die Erlaubniß ertheilen kann, im Nothfalle, um in Besitz der Steuer zu gelangen, in der Stadt auch Pfändungen vornehmen zu lassen. 8 ) Gleichfalls hat in Marlow der Landesherr die Einzelsteuer völlig in seinen Händen behalten. Der Rath dieser Stadt verkauft 1362 an einen Rostocker Bürger 20 Mark


1) Vgl. damit Zeumer a. a. O., S. 95 - 98.
2) M. U.=B. XV, 8853, 8906.
3) M. U.=B. XVI, 9437.
4) M. U.=B. VI, 3860.
5) M. U.=B. XVI, 9435.
6) M. U.=B. XIV, 8263.
7) M. U.=B. VII, 4382.
8) M. U.=B. XIII, 7685.
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Rente absque omni talliacione, collecta, precaria, angaria, servicio inde cuilibet faciendo. 1 ) Herzog Albrecht von Meklenburg giebt ihm dann perpetuam proprietatem omnimode libertatis super eisdem XX marcarum redditibus absque aliqua talliacione, angaria vel collecta nobis vel nostris heredibus aut successoribus ac officialibus sive advocatis vel substitutis eorum aut nunciis dandis, faciendis vel aliqualiter per nos vel ipsos faciendis vel inponendis. 2 ) Demnach erhoben also noch landesherrliche Vögte den Schoß in der Stadt.

In den Fällen jedoch, in denen den Steueransprüchen des Landesherrn in runder Gesammtleistung Genüge geschah, war das Einzelbesteuerungsrecht in die Hände der Stadtgemeinde gekommen und konnten daraus Gemeindesteuern entwickelt werden, über deren Verwendung die Stadt volle freie Verfügung hatte. 3 ) So kann die Stadt Rostock 1284 und 1286 dem Juden Salathiel versprechen, bei ihm aufgenommene Anleihen aus dem Schoß zurückzuzahlen. 4 ) Die Rathmänner von Wismar verkaufen im Jahre 1300 Leibrenten aus dem Schoß der Stadt. 5 ) - Zur Steuerpflicht wurde ohne besondere Befreiung jeder städtische Einwohner nomine civitatis 6 ) herangezogen: quod unusquisque talliet pro omnibus bonis suis 7 ) Bei dieser Allgemeinheit der Schoßpflicht kann in Verordnungen gegen Luxus und sonstigen Polizeibestimmungen, wie sie die Wismarschen Bürgersprachen als zu Recht bestehend verkünden, die Höhe des besteuerten Baarvermögens als ein äußerer Maßstab verwandt werden. 8 ) - Für Steuerhinterziehungen drohen die Bürgersprachen Konfiskation der unbesteuert gebliebenen Güter an: bona illa, pro quibus non satisfecit, debent


1) M. U.=B. XV, 9091.
2) M. U=B. XV, 9093.
3) Obwohl uns in diesen Untersuchungen vorwiegend nur die direkten Staatssteuern interessiren, sei doch in diesem Zusammenhange auch ein kurzer Blick auf die direkten Gemeindesteuern geworfen, von denen wir oben annahmen, daß sie aus den ersteren hervorgegangen seien. Ein sicherer Nachweis läßt sich allerdings nicht führen; immerhin berechtigen die Quellen in der Gestalt, wie sie uns vorliegen, zu dieser Vermuthung.
4) M. U.=B. III, 1756 und 1856.
5) M. U.=B. IV, 2606 u. 2607. Aehnlich in Güstrow XV, 8839 (1361).
6) M. U.=B. VI, 3751.
7) M. U.=B. XVIII, 10201 [18]:Wismarsche Bürgersprache.
8) Vgl. die S. 42 angeführten M. U.=.B. X, 7056 [4] und XV, 9355 [6]. Außerdem XIV, 8232: Nemo dabit puero suo vel amico varium opus ad sufforraturam vestium, nisi dederit ei dotalicium quinquaginta marcarum Lubicensium denariorum et supra, sed non infra, et quod nulla ferat, nisi provisor vel maritus earum talliet pro L marcis.
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esse civitatis, sive fuerit post mortem sive ante mortem 1 ) und: pro quibus non satisfecerit, sive fuerit ante mortem sive post, tollent ab eo, quod dictaverit ordo iuris. 2 ) Daß diese Bestimmung auch auf die Hinterlassenschaft von bereits Gestorbenen angewandt werden soll, wird nochmals besonders betont in einer Bestimmung vom Jahre 1356: Eciam si post mortem alicuius invenerint, quod mortuus non satisfecit, volunt cum heredibus suis bona dividere et tantum accipere, ut est iuris et ut in vita sua accepisse voluissent. 3 ) Bei der Entdeckung des schon erwähnten Steuerhinterziehungsversuches des Wismarer Bürgers Hildebrand Höppener (um 1274) lassen die Rathleute diesem nach der Konfiskation der fraglichen Geldsumme auch noch sagen: cum istis bonis et aliis, de quibus non dedistis collectam, vitam vestram merito perdidistis, und zur Erhaltung seines Lebens bietet jener ihnen noch 100 Mark mehr an 4 ) Auch gegen unpünktliche Steuerzahler wurden Verordnungen erlassen: quod quolibet anno cives debent talliare infra octavam Martini, sub pena IIII or solidorum Lubicensium, in quibus nihil dimittetur. 5 ) Für Mitglieder des Raths gilt in solchen Fällen folgende Bestimmung: quicumque consulum ante vigiliam ascensionis domini coram omnibus consulibus ad hoc consedentibus talliam suam in paratis denariis super mensam in medio consulum ponendam non expedite portaverit, ille non habebit vocem in electione novorum consulum aut alias in consilio nec habebit partem sive porcionem in vino sive denariis de vino venientibus aut in sentenciis proclamatis aut in molaribus aut in quibuscumque aliis emolimentis de illo anno tunc elapso derivandis. 6 ) - In solchen Fällen, in denen Inhaber von Gütern, die auf dem Gebiete der Stadt lagen, nicht Einwohner der Stadt waren, wurden besondere Bestimmungen zur Sicherung des Schosses getroffen. Engelbert Kruse verpfändet 1367 für eine Schuld ein Grundstück zu Rostock totum suum angulum trans pontem lacticinorum situm an Ludolf Wukerde, einen Bürger in Röbel; Hermannus Kruz, civis in Rozstoch, über=


1) M. U.=B. X, 6798 [3].
2) M. U.=B. XVIII, 10201 [18].
3) M. U.=B. XIV, 8232 [9]. Vgl. auch den Prozeß der Stadt Rostock gegen den Domherrn Heinrich v. Femern XIV, 8749.
4) M. U.=B. II, 1333.
5) M. U=B. X, 7005 [1].
6) M. U.=B. IX, 6045.
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nimmt der Stadt gegenüber die Begleichung des Schosses. 1 ) Besonders bei Verkäufen und Verschreibungen von Renten in den Städten kam es vielfach vor, daß die Rentenempfänger auswärts wohnten oder auch daß sie nicht mündig waren, so daß eine besondere Regelung der Steuerpflicht erforderlich war. In den Aufzeichnungen über solche Rentenübertragungen wird daher am Schlusse in der Formel: N. N. satisfaciet civitati pro collecta jedesmal diejenige Person genannt, an die sich die Stadt bei der Einziehung des Schosses zu halten hatte. Zuweilen übernimmt der Inhaber des Grundstückes, auf dem die Rente lastet, der Stadt gegenüber die Berichtigung des Schosses; so z. B. Johann Lange zu Rostock, der Henneke Papendorf zu Tönsberg 1360 eine Rente aus seinem Hause zu Rostock verschreibt, 2 ) und Gottschalk von Brakel 1352, der aus seinem Hause zu Rostock zwei Nonnen zu Dobbertin eine Leibrente zu zahlen hat. 3 ) Vor allem mag in solchen Fällen diese Art der Begleichung des Schosses gewählt sein, wenn es sich um eine Abfindung jüngerer Kinder und Geschwister auf dem Wege der Rentenverschreibung handelte; so lassen Mechtild, die Wittwe des Ludolf Pelegrim, und ihr Sohn Heinrich ihrer Tochter und Schwester Jutta, einer Nonne zu Rühn, aus ihrem Hause zu Rostock Renten verschreiben und Mechtild übernimmt die Schoßzahlung; 4 ) ebenso schenkt die Wittwe Heinrich Katzows, Gertrud, ihrer Tochter Margareta. Nonne zu Malchow, pro porcione paterne sue hereditatis decem marcarum redditus . . . ex hereditate sua lapidea, und die tutores der Gertrud haften für den Schoß. 5 ) In anderen Fällen wird von der Seite der Rentenempfänger aus die Steuer gezahlt. So kommen bei geistlichen Rentenempfängerinnen in und außerhalb der Stadt die Vormünder für die Steuerleistung auf, wie Gerhard Wagenvord, der 1356 für sein Mündel Alheid Make, Nonne zu Ribnitz, 6 ) und Heinrich Make, der 1351 als Vormund für Gebbeke Alen, Klosterjungfrau zum heiligen Kreuz, eine Rente in Rostock gekauft hat 7 ) Bei einem Leibrentenverkaufe in Rostock durch Wibe Ringstede an Adelheid von Bukow und ihren


1) M. U.=B. XVI, 9710.
2) M. U.=B. XIV, 8757.
3) M. U.=B. XIII, 7605.
4) M. U.=B. XIII, 7453 n.
5) M. U.=B. XIV, 8297.
6) M. U.=B. XIII, 7434 n.
7) M. U.=B. XIII, 7518.
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Sohn, den Dominikanermönch Heinrich, im Jahre 1349 werden die Rostocker Bürger Hermann von Teterow und Arnold Kröpelin als für die Zahlung des Schosses einstehend genannt. 1 ) - Auswärts wohnende geistliche Personen müssen zuweilen ihre Besitzungen auf den Namen eines Bürgers schreiben lassen, der dann der Stadt gegenüber als der Steuerpflichtige galt. 2 ) - Ueber, wie es scheint, verpachteten Besitz findet sich einmal eine Bestimmung: Dominus Wernerus Lewitzowe dabit singulis annis quolibet Martyni pro sua tallia duos mr. Lubicenses, recipiendos ab illo, qui horreum suum habuerit, in termino prenotato. 3 )

Auch Steuerbefreiungen kamen in den Städten vor, doch nahmen sie keineswegs eine so weitgreifende Ausdehnung an wie auf dem platten Lande. In erster Linie wird landesherrlicher Besitz in den Städten schoßfrei gewesen sein. Die beiden Fürsten Heinrich von Meklenburg sahen sich jedoch, als sie im Jahre 1300 nach Beendigung ihrer Zwistigkeiten mit der Stadt Wismar von dieser die Baustelle zu einem Hofe innerhalb der Mauern zugestanden erhalten hatten, veranlaßt, auch für den Fall ihrer Abwesenheit sich noch ausdrücklich die Steuerfreiheit des Hofes auszubedingen: Insuper si nobis absentibus aliquem de familia nostra in eandem curiam deputaverimus habitandum, hunc, quamdiu dictam curiam non vendidimus aut donavimus, de collectis et nocturnis vigiliis liberum esse volumus et exemptum. 4 ) - Die Geistlichen erfreuten sich in den Städten nicht in demselben Umfange der Anerkennung ihres Privilegiums der Steuerfreiheit wie sonst; gleich die älteste Nachricht darüber, eine Notiz in einem Rostocker Kämmereiregister von 1270, besagt, daß die Doberanenses I. marcam pro collecta bezahlt haben. 5 ) Eine Steuerfreiheit der eigentlichen Kirchen= und Klostergebäude ist allerdings wohl in allen Fällen vorauszusetzen. Auch Vikarienhäuser und Wohnhäuser von Geistlichen werden mehrfach in den Urkunden befreit. 6 ) Befreiungen sonstigen Besitzes finden sich gleichfalls. Das Kloster Himmelpfort erlangt


1) M. U.=B. X, 6982.
2) Z. B. M. U.= B. XV. 9017 und 9017 n. XIII, 7434.
3) M. U.=B. VIII, 5665.
4) M. U.=B. IV, 2603.
5) M. U.=B. II, 1175.
6) M. U.=B. V. 2851. VIII, 5335. IX, 6340. XIII, 7884. XVIII, 10262 XVIII 10419.
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1315 Abgabenfreiheit für seine Mühle in der Stadt Lychen. 1 ) Das Kloster Reinfeld kauft 1336 einen Hausplatz in Grevesmühlen frei von Schoß und städtischen Pflichten. 2 ) Das Domkapitel zu Güstrow zieht Hebungen, die es von einem Bürger daselbst gekauft hat, frei von Abgaben ein. 3 ) Zuweilen wurden jedoch solche Freiheiten nicht ohne Entgelt verliehen. Das Kloster Doberan erlangt 1368 die Anerkennung der Steuerfreiheit seiner Mühlen in der Stadt Malchin, einer Forderung, über die es mit dieser in Streit gerathen ist, erst gegen eine bedeutende Zahlung. 4 ) Nach einem ähnlichen Streite, den das Kloster Dargun mit derselben Stadt betreffs seines dortigen Grundbesitzes führt, wird zwar die Freiheit, aber nur die eines Theils der Güter zugestanden; außerdem hat man sich erst um folgenden Preis dazu verstanden: Vor alle desse versproken stucke, vrig se unde ere gut tu vordeghedinghende, dar hebbet se uns redelyken unde annameliken drehundert mark vore gheven: Vortmere tu eyner eweghen dechtnisse unde orkunde der vrigheyt des hoves erer woninghe so schal men uns darut gheven dre mark ewellikes gheldes alle iar. 5 ) Ebenfalls mehr illusorisch ist die Steuerfreiheit der Grundstücke und Häuser zweier Vikare in Güstrow, da in recompensam dicte libertatis . . . prefati vicarii consulibus . . . dederunt et resignarunt redditus trium marcarum monete slavicalis. 6 ) Eine Zusicherung höchst unbestimmten Inhalts wird 1318 in Bezug auf den zu einer Vikarei in Neu=Röbel gehörenden Besitz ertheilt: quicunque rector huius altaris exstiterit, pro exactione civili, que vulgariter scot dicitur, anno quolibet eroganda, se regere debet secundum consulum antedicte civitatis graciam et amorem. 7 ) Dem Kloster Reinfeld bewilligt 1356 der Rath zu Grevesmühlen für eine dort angekaufte Hausstelle und einen Garten Steuerfreiheit; falls jedoch das Kloster eine weltliche Person in sein Besitzthum setzen sollte, ist diese verpflichtet von ihrer Habe zu steuern, während das klösterliche Eigenthum aber auch dann abgabenfrei bleibt 8 ) Eine Grenze zwischen selbstbewirthschaftetem und aus=


1) M. U.=B. VI, 3751.
2) M. U.=B. VIII, 5652.
3) M. U.=B. V, 3213.
4) M. U.=B. XVI, 9801.
5) M. U.=B. XIV, 8332.
6) M. U.=B. XIV, 8675.
7) M. U.=B. VI, 3953.
8) M. U.=B. XIV, 8219.
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gethanem geistlichen Besitz ist damit also nicht gezogen. Eine solche finden wir auch sonst nicht in den Städten bei der Besteuerungsfrage berücksichtigt; die Stadt Schwerin zieht auch die Mühle des Klosters Reinfeld vor der Stadt zur Schoßpflicht heran, von der wir doch hören, daß ein Bruder in ihr die Wirthschaft führt. 1 ) Neben den wirklichen und nur mehr formellen Befreiungen weisen die Urkunden eine ganze Anzahl Fälle von Besteuerung geistlichen Besitzes auf. Freilich findet auch dabei meist noch eine Bevorzugung statt: man läßt sich zur Auferlegung eines fixirten Betrages herbei, durch dessen Zahlung man gewöhnlich auch außer der Schoßpflicht allen anderen öffentlichen Pflichten genüge geschehen sein läßt. So wird 1313 in Wismar in Bezug auf einen von dem Kloster Doberan erkauften Hof beftimmt: Pro tallia vero, scoth vulgariter nuncupata, et pro nocturnis vigiliis et fossionibus ac quibuslibet aliis statutis civilibus annis singulis in festo beati Michahelis consulibus erogare tenebuntur XXIIII solidos denariorum usualium expedite. 2 ) Von seinem in Rostock gelegenen Klosterhof zahlt Doberan für Brückenbau, Nachtwachen, Thorhut und tallie que schott communiter nuncupantur unam marcam usualis monete. 3 ) Die Städte ignorirten so die geistlichen Ansprüche auf Befreiung nicht gänzlich; immerhin drängte aber ein hoher entwickelter Gemeinsinn hier auf eine gleichmäßigere Heranziehung zu den öffentlichen Lasten hin. 4 ) Wegen jener Ansprüche der Geistlichkeit sah man wohl auch größere Erwerbungen derselben in den Städten nicht gern; man suchte sich die Möglichkeit des Rückerwerbs offen zu halten und Weiterveräußerungen eines Grundstücks innerhalb des geistlichen Standes zu verhindern. Wir finden einmal, daß die Stadt Wismar bei dem erwähnten Kauf eines Hofes durch das Kloster Doberan die Bedingung stellt: Si eciam sepedictam curiam vendere aliquando vel donare aut obligare decreverint, nulli eam vendere, donare aut obligare poterunt


1) M. U=B. VII, 4712.
2) M. U.=B. VI, 3591.
3) M. U.=B. VI, 3743. Andere Beispiele: V, 3541. VI, 3977. VI, 4027. VII, 4712. In XIII, 8031 dagegen muß der pater familias des dem Kloster Bukow gehörenden Hofes eine Mark für Schoß zahlen, vigilias vero nocturnas prout sui vicini tenebit et servabit. Aehnlich V, 3581.
4) Daß die Vertheiluug der Steuer in der Stadt stets eine gerechte gewesen sei, soll allerdings damit durchaus nicht behauptet werden. Vgl. Zeumer, a. a. O. S. 90 und 91.
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nisi alicui de concivibus nostre civitatis. 1 ) - Ueber die Stellung der Besitzungen von Ritterbürtigen in den Städten zur Schoßpflicht liegen nur wenige Nachrichten vor. Das Grundstück, daß der Ritter Reddag 1279 in Rostock kauft, bleibt schoß= und wachpflichtig. 2 )Doch schien man auch Erwerbungen von Rittern in den Städten der von ihrem Stande beanspruchten Privilegien wegen nicht gern zu sehen; denn es ist auch an diesen Kauf die Bedingung geknüpft: et si eam <hereditatem> vendere voluerit, nulli eam vendere potest preterquam uni civium. Nikolaus von Gägelow, Vogt zu Wismar, wird 1318 Bürger daselbst und zahlt den Schoß von allen seinen Besitzungen in der Stadt. 3 ) Dagegen hören wir 1377 bei einem Verkaufe von Hebungen vom Stadtfelde zu Sülze, daß diese früher der Ritter Hermann Kardorf frei besessen hat. 4 ) Im Jahre 1346 befreit der Rath zu Neubrandenburg auf Bitten des Fürsten Albrecht von Meklenburg den Hof des Otto von Dewitz daselbst von allen Abgaben und Diensten 5 ) - Mehrfach finden sich auch Steuerbefreiungen von Bürgern, zu denen dann verschiedenartige Anlässe vorliegen. Einmal wurden für die Gemeinde unentbehrliche Personen auf diese Weise bevorzugt. Eine um das Jahr 1281 niedergeschriebene Notiz im Wismarer Stadtbuche meldet: susceperunt consules magistrum Hermannum medicum et dederunt sibi gratis, ut civis sit, et liberum dimiserunt illum de collecta. 6 ) Das Rostocker Stadtbuch berichtet (um 1284): Notum sit, quod civitas Bertramum cyrurgicum in civem recepit et ipsum, quamdiu in civitate manserit, a collecta et vigiliis supportavit. 7 ) Auch den Ziegelmeistern Johann und Gerhard zu Wismar wird 1287 und 1289 wenigstens auf eine Zeit lang Steuerfreiheit gewährt. 8 ) Seiner der Stadt erwiesenen Dienste wegen wird 1344 ein Bürger in Wismar vom Schoß befreit: Dorgh truwes unde


1) M. U.=B. VI, 3591. Vgl. v. Below, a. a. O. S. 14 und 15. Zu landesherrlichen Amortisationsbestimmungen kam es wohl nicht, weil die Steuer auf dem platten Lande doch sehr bald verloren ging.
2) M. U.=B. II, 1480.
3) M. U.=B. VI, 3994.
4) M. U.=B. IX, 5766.
5) M. U.=B. X, 6617.
6) M. U=B. III, 1561.
7) M. U.=B. III, 1709.
8) M. U.=B. III, 1882: magister Gerhardus per quatuor annos, nisi ampliorem gratiam exigentibus meritis ipsius sibi ulterius facere voluerint. III, 1993. magister Johannes et Gerhardus sex annis.
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willeghes denestes willen, den her Ywan van deme Clutz in ghestlyken saken der staad dan heft unde nogh don wil truwelike unde schal, de wyle dat he leevet, hebben myne heren de radmanne eme de vryheyd gheven, dat alle syn ghud schal schotes vry wesen, al de wyle he leevet; men vor sines wyves ghut, unde wat it syk beteret heft unde nogh beeteret, dat schal he vorscheten van iare to iare by sinen eden. Alle andere plight schal he don like anderen raadmannen. 1 ) Anderen wird wegen Unfälle, Mißgeschick, Verluste, die sie erlitten haben, Befreiung oder Ermäßigung zugestanden. Notum sit, lautet eine Aufzeichnung im Rostocker Stadtbuche aus dem Jahre 1284, quod civitas dimisit Hermannum filium Eghelmari propter incommodum, quod passus fuit in conflictu iuxta Godebuz, solutum et liberum per dies vite sue a vigiliis et a collecta. 2 ) Dem Nicolao Tunneken fabro in Wismar wird einmal von seinem Schoß etwas abgelassen pro dampno aree sue. 3 ) In Wismar erläßt man ferner Bertoldo de Molne XII solidos de collecta sua, Bertrammo Sustraten XVI solidos de dampno, quod receperunt in gwerra, et Petro II marcas de suo dampno et Marquardo de Dammenhusen XVIII solidos pro suo dampno. 4 ) Oefters werden Renten, die der Rath und die Stadt selbst verkauft haben, abgabenfrei gemacht. 5 ) Einem Erkaufen der Steuerfreiheit kommt es gleich, wenn Walter von Wolde 1365 vom Rathe zu Rostock für seinen diesem überlassenen Acker eine Rente erhält, die ihm mit seinem Schoß beglichen werden soll: Domini consules in Rozstok concorditer vendiderunt Woltero de Wolde et uxori sue Anneken VI 1/2 marcarum redditus ad tempora vite eorum utrorumque pro agro suo, quod habuerunt in novis mansis civitatis, eisdem de collecta eorum civitati danda annuatim defalcandos, ita si ditiores in bonis fuerint, superaddent civitati, quod tenentur, si vero pauperiores fuerint, tunc civitas ipsis defectum supplebit per camerarios civitatis. 6 )


1) M. U.=B. IX, 6422. Aufzeichnung im Wismarer Rathswillkürbuche.
2) M. U.=B. III, 1719.
3) M. U.=B. II, 1476.
4) Ebendaselbst.
5) M. U.=B. XIV, 8212. XV, 9321. XVI, 10017. XVIII, 10816.
6) M. U.=B. XV, 9334. Oefter noch werden Verpflichtungen seitens der Stadt durch Zurückerstattung des Schosses oder eines Theils desselben beglichen. Vgl. II, 1476. V, 3334.
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Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts fingen die Städte an, in immer größerem Umfange Grundherrschaften zu erwerben. Die Fürsten überließen ihnen dann die erkauften oder sonstwie erworbenen Dörfer bedefrei und verzichteten auf ihr Besteuerungsrecht. Damit stand dann dem nichts mehr im Wege, den neuen Grundbesitz eventuell mit zur Stadtfeldmark zu legen, wozu bisweilen in den betreffenden Urkunden von den Fürsten ausdrücklich die Erlaubniß ertheilt wird. 1 ) In vielen Fällen wird bei Uebertragungen von Grundbesitz an die Städte auch wohl das Bederecht von den Landesherren mit abgetreten, so daß auch die Städte wie die übrigen Grundherren in Besitz von Bede auf dem platten Lande kamen. 2 ) Dem Hafenorte Warnemünde, den die Rostocker cum omni libertate ac proprietate, cum omni fructu et utilitate, cum omni iure, iudicio ymo et supremo, videlicet manus et colli, cum precaria ac singulis proventibus ab eadem derivantibus erworben haben, 3 ) wird der Schoß von diesen, wie wir aus einem Vertrage von 1359 ersehen, als Gemeindelast auferlegt; 4 ) der Ort wird also in Bezug auf die Bede in derselben Weise von der Stadt behandelt, wie diese selbst von dem Landesherrn.

Daß einzelne Bürger, wenn sie in den Besitz von Lehngütern kamen, auch die solchen Gütern verliehene Bedefreiheit genossen, falls sie nicht etwa selbst gar in den Besitz fürstlicher Hoheitsrechte über ihre Erwerbungen und damit auch der Bede gelangten, wurde schon im Anschluß an die Steuerfreiheit der Ritterbürtigen erwähnt. Auch einer städtischen Genossenschaft, der Mariengilde zu Perleberg, werden einmal im Jahre 1332 vom Grafen Heinrich von Schwerin Besitzungen steuerfrei übertragen. 5 ) Dagegen behält sich der Fürst Heinrich von Meklenburg im Jahre 1320 bei einem Verkaufe des Ritters Engelke von Manteuffel an die Schuhmachergilde der Stadt Friedland die Bede vor. 6 )


1) M. U.=B. III, 2165, 2413. IV, 2509. V, 3220, 3299. VII, 4404. VII 4835.
2) M. U.=B. III, 2200. VII, 4763, 4843. VIII, 5014, 5142. IX. 5980. XV, 8875, 8876.
3) M. U.=B. VII, 4608.
4) M. U.=B. XIV, 8696.
5) M. U.=B. VIII 5316.
6) M. U.=B. VI, 4197.
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4. Die Bedepflichtigen.

Wir sind jetzt alle Stände durchgegangen, denen in Bezug auf ihre Stellung zur Bedepflicht Vorrechte eingeräumt sind. Man sieht, daß nach diesen zahlreichen Privilegien die der Idee nach vorhandene allgemeine Steuerpflicht nur sehr durchlöchert wieder zum Vorschein kommt. Geistliche und Ritter waren für ihren selbstbewirthschafteten Grundbesitz steuerfrei. Die Steuer in den Städten wurde von den Landesherren in vielen Fällen sehr früh aus der Hand gegeben, und es blieb an ihrer Stelle nur eine jährliche runde Summe bestehen. Von den Hintersassen der Stände waren die Bauern der geistlichen Grundherren im 13. Jahrhundert ganz, später noch zum großen Theil, die Bauern der Ritter in einigen Fällen von der Steuerleistung an den Landesherrn befreit. So bildeten denn den Kern der Steuerzahler eigentlich nur die Mehrzahl der unter den Rittern sitzenden Bauern und die Kolonen des fürstlichen Domaniallandes. Dazu kommt noch der andere, nicht befreite Theil der geistlichen Hintersassen und die Bewohner derjenigen Städte, deren Schoß der Landesherr in der Hand behalten hatte. Immerhin machten sie alle zusammen die Hauptmasse der Territorialbevölkerung aus. - Aber auch in dieser Gestalt blieben die so schon durch viele Befreiungen stark geminderten Steuereinkünfte aus den Territorien nicht in der Hand der Landesherren vereinigt, wie wir später sehen werden. -

Wie obige Zusammenstellung schon sagt, wurde die Hauptlast der Steuer gerade von demjenigen Stande getragen, der auf seiner Scholle gar nicht kraft eigenen Rechtes saß, sondern dem diese von Grundherren verliehen worden war, von dem Bauernstande. Denn von den Bauern, von den Pächtern wurde die Steuer für das ausgethane Land gezahlt, nicht von den Eigenthümern. Die villani, coloni, subditi 1 ) werden durchweg als die Steuerzahler genannt; das ghelt wird den buren afgheschattet. 2 ) Die Befreiungen durch die Landesherren werden in den Urkunden meist so formulirt, daß fortan die Bauern der betreffenden Güter nichts mehr zu zahlen haben sollen. Die bereits angeführte Urkunde des Fürsten Heinrich von Meklenburg, in der er die Bauern von Groß=Görnow von der Bede befreit, damit sie dem Ritter Johann von Zernin


1) M. U.=B. XIII, 7539. IX, 6469. XV, 8890.
2) M. U.=B. XVIII, 10358.
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einen höheren Grundzins zahlen können, beweist ebenfalls, daß eine Steuerpflicht der Grundherren für das ausgeliehene Land nicht bestand. 1 ) Obwohl eine Befreiung ausgethanen Besitzes ihren Grund immer nur in der Stellung des Grundherrn hat und zu seinen Gunsten gewährt wird, so ist doch dieser dem Landesherrn gegenüber auch nicht einmal formell - so daß letzterer sich etwa an ihn als den Eigenthümer hielte und er die Bede wieder von seinen Bauern einzöge - zur Steuerleistung verpflichtet. Vielmehr besteht durchaus eine direkte Steuerpflicht der Hintersassen gegenüber dem Landesherrn. Von dieser Steuerpflicht der Pächter findet sich bei der ordentlichen Bede in Meklenburg keine Ausnahme in den Urkunden. 2 ) - Ueberhaupt ist in der älteren Steuerverfassung allgemein der Inhaber und nicht der Eigenthümer des Grundstücks Steuersubjekt. Es lag das wohl theils daran, daß der jeweilige Inhaber besser haftbar gemacht werden konnte, theils war es in den für die Grundherren bestehenden Privilegien der Steuerfreiheit begründet. Hin und wieder sind jedoch, besonders in Westdeutschland, Versuche gemacht worden, die Steuer auf den Eigenthümer abzuwälzen, theilweise auch mit Erfolg. 3 ) Auch in Meklenburg mögen vielleicht solche Versuche vorgekommen sein, wenn sie auch nicht überliefert sind; durchdringen konnten sie hier aber schon deshalb nicht, weil die Eigenthümer selbst sehr bald zum großen Theil die Bede von ihren eigenen Gütern für sich erwarben.

IV. Vertheilung der Steuer.

Solange die Bede noch unregelmäßig erhoben wurde, wird auch ihre Höhe noch durchaus schwankend gewesen sein; die Größe des Betrages, der damals auf die einzelnen Hufen umgelegt wurde, wird ganz von dem Belieben des Landesherrn abhängig gewesen und von diesem nach seinen jeweiligen Bedürfnissen festgesetzt worden sein. Das mußte natürlich anders werden mit der Umwandlung der alten willkürlichen Bede in eine ordentliche. In einer Urkunde des Grafen Nikolaus von Schwerin vom Jahre 1313 wird von der aus mehreren Dörfern


1) M. U=B. V, 3244.
2) Auch in X, 6612 ist die Erhebung a vasallis wohl nur gleichbedeutend mit: auf dem grundherrlichen Besitz der Vasallen.
3) Vgl. v. Below, Artikel Grundsteuer im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Supplementband 2, S. 463.
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an das Kloster Zarrentin verpfändeten Bede gesagt: Hec autem precaria et tallia de villis prescriptis danda stabit ad taxum illum et modum, quo cetere ville territorii Wittenborch talliabuntur a nobis. 1 ) Eine andere Urkunde vom Jahre 1357 bestimmt in Bezug auf Bede, die an eine Vikarei übertragen ist: quando, quociens aut quantumcunque nos et successores nostros quoscunque precariam de mansis territorii Zwerinensis recipere contingerit, tociens et tantum memorate vicarie vicarius de mansis prefatis . . . sine alicuius reclamacione secundum quotam libere sublevabit. 2 ) In Bezug auf veräußerte Bede findet sich öfters die Verfügung: precariaecundum communem inposicionem, sicut per totam terram dominii Magnopolensis inposita fuerit, exsolvent. 3 )

Für die Höhe der Steuer war also nicht mehr das Belieben des Landesherrn, sondern ein bestimmter taxus et modus maßgebend; es fand eine communis inposicio statt. Welches war nun dieser Modus der Veranschlagung, den man bei der Festlegung der Steuersätze für die einzelnen Hufen und den sonstigen Grundbesitz beobachtete? Daß man sich bei der Vertheilung der Bede etwa blos ganz mechanisch nach der Größe der in Betracht kommenden Grundstücke gerichtet hat, das wird man keinenfalls für wahrscheinlich halten können. Dafür sind die Sätze für die einzelnen Hufen viel zu verschieden. 4 ) Güte und Ertragsfähig=


1) M. U.=B. VI, 3645.
2) M. U.=B. XIV, 8391.
3) M. U.=B. VII, 4919. XIII, 7788.
4) Ueber die Höhe der Steuerbeträge s. weiter unten. Wenn in dem Dorfe Wester=Golwitz 2 Hufen 4 Mark, 1 Hufe 2 Mark, 2 1/4 Hufen 4 1/2 Mark zahlen und 1/8 Hufe nicht, wie es dem entsprechen würde, 4 Schillinge, sondern 3 Schillinge, so kann man wohl annehmen, daß hier eine Einschätzung nicht nur nach der Größe, sondern auch nach dem Werthe zu Grunde liegt (IX. 6379). Bei den nicht sehr zahlreichen Nachrichten über die Höhe der Steuer sind allerdings andere Beispiele einer Verschiedenheit des Steuerbetrages fiir die einzelnen Hufen innerhalb derselben Gemeinde nicht beizubringen. Angedeutet scheint das Vorkommen solcher Verschiedenheit noch in M. U.=B. XV, 9033 zu sein: bede, alse sin nabure gheven boven unde nedderen, wenn man nicht annimmt, daß das hier nur auf einen Unterschied in der Größe des Besitzes zurückgeht. Die Bederegister (M. U.=B. VII, 4402 u. Jahrb. des Vereins für Mekl. Gesch. Bd. 11, S. 404) geben nur die Steuersumme für die Dörfer im ganzen und daneben die Gesammthufenzahl an. Aus dem Verhältniß beider Zahlen ist dann zwar meist zu ersehen, daß die Beträge für die einzelnen Hufen nicht gleich gewesen zu sein scheinen; doch bleibt es zuweilen ungewiß, ob man nicht auch mit befreiten Hufen zu rechnen hat und wieviel von dem ungleichen Verhältniß auf Steuerausfälle zu schieben ist. Von so feiner Durchbildung wird man (  ...  )
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keit wurden offenbar mit in Anschlag gebracht. in defectus in agris 1 ) ein dampnum aree 2 ) galt nachweisbar auch als ein Grund zur Ermäßigung der Abgabe. So können wir, wenn es auch in den erhaltenen Quellen nicht direkt ausgesprochen wird,


(  ...  ) sich natürlich auch das System einer Einschätzung nach dem Werthe nicht zu denken haben, daß die Steuerbeträge für Besitz von gleicher Größe innerhalb derselben Gemeinde eine besonders große Mannigfaltigkeit aufgewiesen hätten. - Große Unterschiede sind in den Steuersätzen verschiedener Gemeinden nachzuweisen; auch diese wird man nicht lediglich auf Zufall oder Willkür zurückführen können. Da in Meklenburg, wie wir sehen werden, die Vertheilung nicht in der Hand der Gemeinde lag, so können diese Differenzen nicht aus Abmachungen und Verträgen, die der Landesherr etwa ganz zusammenhangslos zu verschiedenen Zeiten mit den einzelnen Gemeinden geschlossen hätte, zu erklären sein. Der Landesherr läßt die Vertheilung selbst vornehmen und zwar besteht eine communis inposicio per totam terram. Es wurden demnach überall die gleichen Gesichtspunkte bei der Vertheilung im Auge behalten; die Verschiedenheit der Steuerhöhe in den verschiedenen Gemeinden hatte dann also ebenfalls wohl ihren Grund in einer Verschiedenheit der Bodenbeschaffenheit und der Ertragsfähigkeit der Aecker. Werth ist wohl auch darauf zu legen, daß andererseits die Steuersätze von Hägerhufen keine ihrem Umfange entsprechende Differenz von denen anderer Hufen zeigen: to deme olden Hagene in sosteyn hoven an eysliker huve eyne mark Lubesch. XVIII, 10808. - in dem dorpe tho dem Everdeshaghen . . . in ener iewelken hove achteyn schillinghe to bede; unde in ener halven hoven . . . neghen schillinghe to bede. XVIII, 10798. - In VII, 4927 werden zwei Hägerhufen und 5 andere verkauft. Die Hufen werden formell von der Bede befreit, die Bauern müssen aber dem neuen Grundherrn außer pro censu noch pro dictis libertatibus zahlen; thatsächlich hat also auch eine Bedeübertragung stattgefunden. Für Bede= und Pachtleistung einer jeden Hufe ist hier eine Gesammtsumme angegeben. Wieviel von dieser auf die Pacht zu rechnen ist, kann man aus VI, 4178 ersehen, wo der census für Hägerhufen und für andere aus demselben Dorfe angegeben ist. Dieser beträgt für beide Hufenarten die gleiche Summe von 4 1/2 ßl. Lüb., während einschließich der Bede jede der beiden Hufenarten 34 1/2 ßl. Lüb. zu zahlen hat, also als Entschädigung für Bede etc. . 30 ßl. für die Hufe. Wie man bei der Festsetzung der Pacht für Hägerhufen darauf Rücksicht nahm, daß der neugerodete Boden noch nicht gleich so ertragsfähig sein konnte wie schon länger bebauter, und daß der größere Umfang des Grundstückes zu einer extensiveren Wirthschaftsweise nöthigte, so ließ man dieselben Gründe offenbar auch bei der Umlage der Bede auf diese Hufen gelten und belastete die Hägerhufe nicht allein nach ihrer Größe. Aus dieser Thatsache allein aber ergiebt sich schon, daß der Gesichtspunkt, daß auch Qualität und Ertragsfähigkeit der Güter mit in Rücksicht zu ziehen seien, bei der Vertheilung der Steuer nicht ganz fehlte.
1) M. U.=B. V, 3271. Vgl IX, 6457, wo die Steuer, weil sie mit der Ertragsfähigkeit der Hufen in keinem angemessenen Verhältnisse steht, nicht mehr secundum numerum mansorum, sondern nur für 12 Hufen erhoben werden soll. - Vgl. auch die Steuerfreiheit von wüstliegendem Besitz: VII, 4572.
2) M. U.=B. II, 1476.
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doch mit Wahrscheinlichkeit annehmen, daß man auch schon eine Bonitirung kannte. Für die Steuer in den Städten findet sich vielleicht ein Hinweis darauf in der erwähnten Aufzeichnung über die Befreiung des Ywan von deme Clutz von dem Schoß: men vor sines wyves ghut unde wat it syk beteret heft unde nogh beeteret, dat schal he vorscheten van iare to iare by sinen eden. 1 ) Ghut geht hier vermuthlich nicht nur auf Baarvermögen, sondern auch auf liegenden Besitz an Häusern oder Grundstücken; sonst würde wahrscheinlich nicht gerade der Ausdruck syk beteren gewählt sein, der wohl nicht so sehr eine quantitative Vermehrung bezeichnet, nicht gleichbedeutend mit si ditior in bonis fuerit 2 ) ist, als vielmehr auf eine Werthverbesserung der schon vorhandenen Vermögensobjekte geht.

Ahlers scheint anzunehmen, daß für die Einschätzung des zu besteuernden Grundbesitzes die jedesmalige Höhe der dafür gezahlten Pacht als Maßstab gedient habe. 3 ) Es ist nicht ausgeschlossen, daß das vielfach der Fall gewesen ist, da man ja in der Pachthöhe schon einen Werthmesser für die Ertrags= und Leistungsfähigkeit eines Gutes hatte; als allgemeines Prinzip war es aber wohl bei der Steuervertheilung gar nicht durchführbar. In der schon angeführten Urkunde des Herzogs Wartislav von Pommern für das Kloster Dargun vom Jahre 1326 geht die Berücksichtigung der Pacht wenigstens so weit, daß sich die Bede in gleichem Verhältnisse danach richten soll, ob die Pachtbestände voll, halb oder gar nicht einlaufen: ut sicut ipsi pachtum a predicta villa recipiunt, sic et nos nostram precariam ibidem volumus extorquere, ita: dum ipsi plenum pachtum receperint, tunc nos plenam precariam ibidem eciam percipiemus; dum vero dimidium pachtum ipsi receperint, tunc nos dimidiam precariam similiter recipiemus; dum vero ipsi nullum pachtum in eadem villa ex-


1) M. U.=B. IX, 6422.
2) M. U.=B. XV, 9334.
3) Ahlers, Das bäuerliche Hufenwesen in Meklenburg zur Zeit des Mittelalters. Jahrb. des Vereins f. mekl. Gesch., Bd. 51 (1886), S. 62 und 63, 79 und 80. Wenigstens wird hier auf einige Fälle hingewiesen, in denen die Bede die Hälfte des Pachtwerthes betragen habe, und es scheint die Annahme vorzuliegen, daß dies allgemein der Fall gewesen sei. - Vgl. auch dazu M. U.=B. XIV, 8214. Alle dit vorbenumede gud hebbe wi den heren to den Brode vorkoft, ene iewilke mark pacht vor teyn mark, der achten vrigen huven bede to halveme werde na deme kope der pacht, esliker huven erve der achte vrigen huven vor twintich mark.
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egerint, tunc nos similiter ibi nullam precariam exigemus. 1 ) Der Nachweis eines ganz konstanten Verhältnisses der Bedehöhe zu der Pachthöhe, wie ihn Merklinghaus für die Mark Brandenburg führen zu können glaubt, 2 ) ist jedoch in Meklenburg jedenfalls nicht zu erbringen.

Die Einschätzung der Güter nach ihrem Werthe mag schon an sich aus keiner höheren Stufe der Vollkommenheit gestanden haben. Ihre Bedeutung wurde jedoch sehr bald gänzlich hinfällig durch die schnelle Entwicklung der Bede zu einer fixirten Abgabe. Aus der Art, wie Beden als feste jährliche Renten an Grundherren veräußert werden, 3 ) sehen wir, daß die Beträge sehr früh in der einmal festgesetzten Höhe erstarrten. Die Bede ist bald allgemein eine feste Reallast, die auf dem Grundbesitz ohne Rücksicht auf steigenden oder fallenden Bodenwerth unveränderlich ruht. Das Register 4 ) des Reimar von Plessen über die in den Jahren 1322 - 72 aus dem Kirchspiele Proseken und noch einigen angrenzenden Dörfern erhobenen Beden, die dem Inhaber durch Fürst Heinrich von Meklenburg verpfändet sind, beweist, daß in den ganzen fünfzig Jahren keine Steuervertheilung stattfand. Die Steueranforderungen bleiben immer die gleichen; die Summen, welche nicht aufgebracht werden können, werden als Ausfälle gebucht. 5 ) Eine Neuregelung wird nicht vorgenommen, obwohl die Gesammtsumme, mit der immer gerechnet wird, kein einziges Mal vollzählig einläuft. 6 )


1) M. U.=B. VII, 4748.
2) Merklinghaus a. a. O. Vgl. auch M. U.=B. III, 1917 (brandenburgisch): de talento quolibet.
3) Z. B. M. U.=B. IX, 5738 und VII, 4436.
4) M. U.=B. VII, 4402.
5) Vgl. das Nähere in Kap. V.
6) In einem anderen Falle, in dem Bede als feste Reallast veräußert ist, wird jedoch der Betrag, den ein Bedepflichtiger nicht aufbringen kann, nicht ohne Weiteres als Ausfall angesehen, sondern den übrigen Verpflichteten mit aufgebürdet. VIII, 5584. Scal syn witlik unde openbare . . . dat wy . . . brodere ghenomet van Plesse, knapen, vorkoft hebben . . . deme vromen, wysen manne Hinrike Korneken . . . vif mark Lubescher penninghe to bede an eneme hove, de beleghen is in dem lande to Pole unde is gheheten up deme velde und in sestehalver hove, de darto beleghen syn, to ewygher iarliker rente. . . . were dat der besittere welk vorarmede, de andern scholen sinen deel, des de armen, der sin myn efte mer, nycht ghelden mach efte moghen, yo bynnen der stat to der Wysmer na Hinrikes willen unde siner erfnamen unde nakomelingen beschedeliken de veer leste kornes tuschen sunte Mycheles daghe unde sunte Mertens, unde de vif mark to bede yo to sunte Mycheles daghe . . . [ghelden].
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Vorwiegend ist die Bede in Meklenburg in Geld aufgelegt worden; doch hat sie den Charakter einer Naturalsteuer, der ihr in den ersten Zeiten in höherem Maße angeheftet haben mag, nicht ganz abgestreift. Wir hören von precariis tam annone quam nummorum, 1 ) tam denariorum quam annone 2 ) tam denariorum quam frugum, 3 ) von precaria pecuniaria et annonali, 4 ) von penninchbede und kornbede. 5 ) Es kommen exactiones, tallie et peticiones pecudum aut pecuniarum, 6 ) exactiones, peticiones . . . requisiciones . . . gravamina seu talliaciones precariarum annone, pecorum aut aliarum quarumcunque rerum 7 ) vor. Die Herzoge Johann und Albrecht von Sachsen=Lauenburg befreien 1302 Besitzungen des Domkapitels zu Ratzeburg ab omni petitione maiore et minore, ab exactionibus, quas facere consuevimus in porcis, pecunia et annona. 8 ) Die in Getreide und Vieh auferlegte Bede machte jedoch bei Weitem den geringeren Theil des Gesammtwerthes der Steuer aus.

Die Leistungen in baarem Gelde betrugen für die Hufe bei der großen Bede im Herbst gewöhnlich 2 Mark, bei der kleinen im Frühjahr 1 Mark. 9 ) Häufig waren die Beträge jedoch auch geringer. Zuweilen beläuft sich die Herbstbede nur auf 24 Schillinge; 10 ) dem entspricht dann eine kleine Bede von 12 Schillingen. 11 ) Von einigen Hufen wird ausdrücklich gesagt, daß sie im ganzen Jahr nur 2 Mark bezahlten. 12 ) In einem Falle wird die ganze Höhe der Geldleistung auf 30 Schillinge


1) M. U.=B. IX, 6506 B.
2) M. U.=B. IV, 2617.
3) M. U.=B. V. 3412.
4) M. U.=B. IX, 6390.
5) M. U.=B. IX, 6206.
6) M. U.=B. XV, 8893.
7) M. U.=B. VIII, 5627.
8) M. U.=B. V, 2793. Vgl. auch VII 4493: ab omni gravamine et peticione seu precaria maiore et minore et ab omni genere exaccionum, seu consistent in porcis seu in pecoribus, sive annona, sive pecunia sive alia re quacunque. Ferner III, 2275, 2307. V, 3540. VI, 4016.
9) 2 Mark: M. U.=B. XIV, 8402. IX, 6559. IX, 6536. IX, 6208. XIII, 8097. IX, 6379. XIV, 8310. 1 Mark: precaria primaria VI, 3970. IX, 6450. XIV, 8402. XIV, 8427. XIII, 8105. IX, 5738. VII, 4892. VII, 4532. XIII, 8036 XIV, 8310. - Ueber die verschiedenen Bedetermine vgl. unter V.
10) M. U.=B. X, 6757. VIII, 5461.
11) M. U.=B. XV, 9352 A. IX, 5794.
12) M. U.=B. VII, 4435. VII, 4436. IX, 6469. XIII, 7609.
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angegeben, wovon 10 Schillinge veräußert werden; wir können annehmen, daß die 20 Schillinge, die zurückbehalten wurden, die große Bede ausmachten, die gewöhnlich gerade das Doppelte der kleinen betrug. 1 ) In einem anderen Falle wird von der Hufe die bede twye des yares, yo thu der tyd achte Lubesche schillinghe gezahlt; hier betrug also die Geldabgabe im ganzen Jahre nur 1 Mark. 2 ) Von einer dreimal im Jahre erhobenen Bede werden für die beiden ersten Termine Leistungen von je 1 Mark, für den dritten eine von 2 Mark angegeben. 3 ) Nach Obigem schwankte also die jährliche Höhe der Geldbede zwischen 1 und 4 Mark für die Hufe.

Außer der Geldabgabe wird von der Hufe noch eine Leistung in Korn erhoben. Kornbede findet sich einmal neben einer Geldbede von 24 Schillingen in dem Betrage von 3 Scheffeln dreierlei Korn, nämlich von 1 Scheffel Roggen, 1 Scheffel Gerste, 1 Scheffel Hafer. 4 ) Ein ander Mal zahlt die Hufe an großer Bede (in festo beati Martini) 24 Schillinge, 2 Scheffel Roggen, 2 Scheffel Gerste, 2 Scheffel Hafer, an kleiner Bede (in festo beate Walburge) 12 Schillinge, 1 Scheffel Roggen, 1 Scheffel Gerste, 1 Scheffel Hafer. 5 ) In welchem Werthverhältniß die Kornbede zur Geldbede stand, können wir aus zwei Urkunden ersehen, die den damaligen Geldwerth des Korns angeben: 1 Scheffel Hartkorn (Roggen oder Gerste) steht im Werth von 1 Schilling lübisch, 1 Scheffel Hafer gilt gleich 1/2 Schilling lübisch (1 Schilling lübisch ist gleich 1 1/2 Schilling wendisch für die Mitte des 14. Jahrhunderts). 6 )

Die Spezifizirung einer Viehbede wird uns nur einmal gegeben, nämlich in der Urkunde über die Steuer der Dörfer Sukow und Drehnkow, die zwei Kühe ratione precarie zu leisten haben. 7 ) Während die Kornbede allgemein neben der Geldbede weiter bestanden zu haben scheint, ist das bei der Viehbede offenbar nicht der Fall. Soweit sie überhaupt eingeführt worden


1) M. U.=B. XIII, 8156.
2) M. U.=B. XVI, 10018. Vgl. auch XIV, 8427: quilibet mansus dabit VIII solidos.
3) M. U.=B. XIV, 8310. - Für die Differenzen aller oben angeführten Geldabgaben kommt außerdem noch in Betracht, daß sie theils in lübischer, theils in wendischer Münze geleistet wurden.
4) M. U.=B. VIII, 5461. (Bede zu Michaelis.) Ebenso 5550.
5) M. U.=B. V, 2872.
6) M. U.=B. VIII, 5204 und X, 6909. - Ueber die Frage, ob die Hundekorn benannte Abgabe identisch mit der Kornbede ist, vgl. den Exkurs.
7) M. U.=B. VIII, 5123.
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war, scheint sie später meist in eine Geldleistung umgewandelt zu sein. Von einer öfters unter dem Namen petitio porcorum oder swynebede vorkommenden, in Geld erhobenen Abgabe wird man nichts Anderes annehmen können, als daß sie an die Stelle einer in Schweinen geleisteten Bede getreten ist. 1 )

Neben der Frage nach der Art der Vertheilung und nach der Qualität und Quantität der umgelegten Beträge ist noch von Interesse, wer die Steuervertheilung vorgenommen hat. Aus der Thatsache, daß der Landesherr in Meklenburg zur Festsetzung der ihm zustehenden Abgaben das ius mensurationis ausübte, d. h. das Recht hatte, die Hufen nachmessen zu lassen, können wir wohl schließen, daß die Vertheilung der Steuer innerhalb der Gemeinden auf die einzelnen Einwohner nicht wie in den rheinischen Gebieten 2 ) durch Gemeindeorgane, sondern durch landesherrliche Organe ausgeführt wurde. Unter diesem Vermessungsrecht hat man sich nun ein ausgebildetes Katasterwesen natürlich noch nicht zu denken. Die mensuratio oder der hofslach war gar nicht einmal ein ausschließlich den Inhabern öffentlicher Gewalt zustehendes Recht. Nach den Untersuchungen von Brümmer darüber 3 ) ist sowohl die Auffassung von Nitzsch, 4 ) daß die Vermessung eine grundherrliche Gerechtsame, wie auch die von Lisch, Balck und Ahlers, 5 ) daß sie ein landesherrliches Hoheitsrecht gewesen sei, nicht zutreffend. Zur Nachmessung war vielmehr jeder berechtigt, der irgendwelche Rechte privater oder öffentlicher Natur, die auf dem Grundbesitz lasteten, geltend machen konnte; so der Grundherr in Bezug auf den ihm zustehenden Grundzins, der Bischof in Bezug auf den Zehnten


1) Z. B. M. U.=B. V, 3080. VI, 3823. IX, 6120. X, 6645. - VII, 4435: Die Abgabe pro peticione porcorum wird hier offenbar an Stelle einer Abgabe in Schweinen, nicht für Schweine gegeben, ebenso wie die folgenden vlaspennighe an Stelle einer Leistung in Flachs stehen. IX, 6110. Zwei Häuser zahlen quatuor solidos cum dimidio pro iusta pensione porcorum et quatuor marcas pro precaria. - Zu unterscheiden ist die Abgabe von einer anderen, die für die Schweinemastberechtigung gegeben wird. Vgl. M. U.=B. II, 1236: pro porco. VII, 4461. VII, 4698.
2) Vgl. v. Below a. a. O.
3) Jahrbuch des Vereins für meklenburgische Geschichte, Jahrg. 57 (1892), S. 322 ff.
4) Nitzsch, Zur Geschichte der gutsherrlich=bäuerlichen Verhältnisse, Jahrbuch für die Landeskunde der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Neue Folge. Bd. V, S. 102 und 104.
5) Lisch, Geschichte der Besitzungen auswärtiger Klöster in Meklenburg. Jahrbuch des Vereins für meklenburgische Geschichte, Bd. 13, S. 130. - Balck a. a. O., I, S. 45 ff. - Ahlers a. a. O.
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und der Landesherr in Bezug auf die am Grundbesitz haftenden öffentlich=rechtlichen Leistungen, insbesondere in Bezug auf die Bede. Die Messungen konnten demnach sowohl auf privaten als auch auf öffentlichen Rechtstitel hin vorgenommen werden, je nach dem Charakter desjenigen, der sie veranlaßte. Die Vermessung jedes Berechtigten hatte nur für ihn selbst Gültigkeit und war von der des anderen unabhängig. Der Zweck des Verfahrens war in jedem Falle verschieden. Der Grundherr stellte fest, ob die wirkliche Größe des ausgethanen Landes der bei der Austheilung in Anrechnung gebrachten Hufenzahl entspräche, um, falls sich ein overslach herausstellte, diesen zu verkaufen oder anderweitig auszutheilen oder den gegenwärtigen Besitzern den Grundzins dafür zu erhöhen, eine overpacht (pactus excrescens) zu erheben. Der Bischof konnte in solchem Falle Ueberzehnten, der Landesherr Ueberbeden (overbede) 1 ) fordern. Ausgeführt wurde die Messung mit einem Maßstrick (funiculus). - Mit der Zeit gewann die landesherrliche Vermessung immer mehr Autorität, verdrängte schließlich die anderen und gelangte zur allgemeinen Geltung. Dadurch, daß so die Einrichtung einen ausschließlich öffentlich=rechtlichen Charakter bekam, wurde sie fähig, die Grundlage für ein modernes Katasterwesen zu bilden. - Wenn nun der Landesherr durch seine Organe behufs Festsetzung der Bede die Hufen der einzelnen Dörfer nachmessen ließ, so geht daraus auch hervor, daß er selbst die Steuerbeträge für die einzelnen Grundstücke ansetzen ließ und daß er nicht etwa nur für die Gemeinden im Ganzen Steuersätze bestimmte, deren Umlage dann durch jene selbst besorgt worden wäre. Gemeindesache war die Steuervertheilung vielmehr wohl nur dann, wenn der Landesherr ausnahmsweise auf sein Vermessungsrecht Verzicht geleistet hatte oder überhaupt die Steuer nur als Gemeindelast eingefordert wurde. Schon in der Kolonisationszeit wurde zuweilen vom Landesherrn ein Gebiet zur Rodung übergeben sine numero mansorum, d. h. ohne daß nachher von landesherrlicher Seite eine Aufmessung des verliehenen Landes stattgefunden hätte. In solchen Fällen wurde wohl für die öffentlichen Abgaben eine Pauschalsumme eingesetzt, wenn nicht überhaupt völlige Befreiung davon eintrat. 2 )


1) M. U.=B. XVI, 9918.
2) Z. B. verleiht um 1237 der Herzog Wartislav von Pommern dem Kloster Doberan drei Dörfer sine numero mansorum; jedoch sind diese ab omni exactione et advocatia befreit.
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Bei späteren Verzichtleistungen auf die Nachmessung wird gewöhnlich ausdrücklich auf die Bede Bezug genommen. Nikolaus von Werle erklärt 1297: villulam Vipperniz, iacentem in advocacia Lawis et sub abbacia fratrum in Dargun, exemptam et liberam ab omni mensuracionis et funiculacionis genere pro quatuor mansis perpetuo donavimus et posuimus, ita videlicet ut in precariis et exactionibus dandis, vel quicquid communis terra fecerit, coloni dicte villule iuxta numerum quatuor mansorum nec amplius facere teneantur. 1 ) Im Jahre 1306 bestimmt Fürst Heinrich von Meklenburg bei der Bestätigung des Verkaufs des Dorfes Wolde durch den Ritter Marquard von Hagen an das Heilig=Geist=Haus zu Lübeck: Nec unquam <bona> mensurabuntur ea mensura, quam hofslach nominant in vulgari, nam, licet ipsorum bonorum estimacio stet pro quatuor mansis, et de eis questus peticionis nostre, cum imminet cunctis ecclesiis terre nostre, nisi pro quatuor mansis recipiatur. 2 ) Die Urkunde des Fürsten Heinrich für das Kloster Rehna vom Jahre 1309, in der er die Bede in bonis sanctimonialium in Rene dictis Bunenhoph nur für 6 Hufen erheben lassen will, auch wenn das Kloster Neurodungen in locis lignorum dictis teuthonice holtstede veranstaltet hat, wurde schon angeführt: Dimisimus enim prenominate ecclesie ob spem retribucionis divine, quicquid nobis aut nostris successoribus in perpetuum de huiusmodi mansis novalibus posset derivari nomine precarie, reservata nobis consueta precaria sex mansorum. 3 ) In allen diesen Fällen ist natürlich nicht anzunehmen, daß nur die Besitzer einer bestimmten Anzahl von Hufen zur Steuer herangezogen, alle übrigen aber frei ausgegangen wären. Vielmehr trug hier wohl die nur für eine gewisse Hufenzahl auferlegte Bede den Charakter einer Pauschalsumme. Mit dem Verzicht des Landesherrn auf das Vermessungsrecht ging vermuthlich die Vertheilung auf die Gemeinde über, welche dann die nur für einen Theil der Grundstücke berechnete Bede auf alle umlegte. In der letzten Urkunde geschah des Vermessungsrechtes direkt keine Erwähnung; trotzdem ist natürlich


1) M. U.=B. IV, 2429.
2) M. U.=B. V, 3090. In diesem Falle ist also auf außerordentliche Bede Bezug genommen.
3) M. U.=B. V, 3305. Andere Befreiungen von der Vermessung, wo aber auch zugleich von der Bede befreit wird: M. U.=B. IV, 2514. V, 2726. V, 2938.
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dem ganzen Inhalte nach eine Verzichtleistung auf dasselbe in ihr ausgesprochen. Eingeschlossen ist eine solche auch immer mit in den Fällen, in denen eine Gesammtbesteuerung stattfindet, also außer der Vertheilung auch noch die Erhebung der Einzelsteuer in den Händen der Gemeinde liegt. Abgesehen von den Städten kommt das auch ausnahmsweise auf dem platten Lande vor; von den dem Kloster Stepnitz gehörenden Dörfern Sukow und Drehnkow ist das in einer schon erwähnten Urkunde des Grafen Heinrich von Schwerin bezeugt. 1 ) In allen anderen Fällen, wo die ausdrückliche Verzichtleistung auf das Vermessungsrecht oder die Auferlegung einer Gemeindelast nicht nachweisbar ist, haben wir auch keinen Anlaß, anzunehmen, daß die Vertheilung der Steuer nicht durch landesherrliche Organe besorgt worden wäre. 2 )

V. Erhebung und Verwendung der Steuer.

1. Die mit der Erhebung betrauten Beamten und das Verfahren bei der Erhebung.

Wie die Vertheilung, so wurde auch die Erhebung der Steuer in der Regel direkt durch landesherrliche Organe vorgenommen. Die advocati vel officiales, 3 ) officiati 4 ) advocati et servitores, 5 ) advocati vel boddelli vel ipsorum nuncii, 6 ) amptlude effte vagede, 7 ) advocati, subadvocati, officiales, commissarii, nuncii aut alii subditi, 8 ) voghede edder landryder, 9 ) officiales, advocati et ministri eorundem, 10 ) officiales, advocati vel alie submisse persone 11 ) oder wie die Bezeichnungen sonst noch lauten mögen, werden als diejenigen


1) M. U.=B. VIII, 5123.
2) In der Stadt Marlow, deren Schoß, wie wir sahen, noch von den landesherrlichen Beamten erhoben wurde, scheint auch nicht einmal die Vertheilung in den Händen der Gemeinde gelegen zu haben, da es nach der Urkunde des Herzogs Albrecht (XV, 9093) Sache der Vögte ist, talliacionem vel collectam facere vel inponere.
3) M. U.=B. III, 1687.
4) M. U.=B. V, 3221.
5) M. U.=B. IX, 6539.
6) M. U.=B. IX, 6188.
7) M. U.=B. XVI, 9873.
8) M. U.=B. XVIII, 10200.
9) M. U.=B. XVIII, 10169, 10596.
10) M. U.=B. VI, 3996.
11) M. U.=B. XIV, 8599.
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genannt, welche die Erhebung leiteten oder vollzogen. Demnach bildeten also die einzelnen Sammelstellen für die Beden die Vogteien oder später die Aemter, und die Steuerverwaltung lag in den Händen der Vögte oder der Amtleute - letzterer Name wird schon seit Mitte des 14. Jahrhunderts vereinzelt in den Urkunden genannt -, die in Meklenburg sowohl Gerichts= wie Verwaltungsbeamte waren; ihre Unterbeamten hatten die Abgabe einzutreiben. Welchen Charakter diese Unterbeamten hatten, die das Einsammeln der Steuer auszuführen hatten, ob sie Amtsknechte, d. h. in erster Linie Verwaltungsbeamte, oder ob sie Fronboten, d. h. in erster Linie Gerichtsbeamte waren, läßt sich aus den ihnen in den Urkunden beigelegten Namen nicht sicher erschließen. Während die Bezeichnungen boddelli, servitores, servi für den Amtsknecht zu sprechen scheinen, scheint der Name nuntius auf den Gerichtsboten hinzuweisen. Wahrscheinlich waren auch bei den Unterbeamten beide Thätigkeiten vereinigt. In die Kompetenzen der Lokalgewalten, der Vögte, fand von der Centralstelle aus nur in Ausnahmefällen ein Eingriff statt, indem Hofbeamte oder sonst vom Landesherrn besonders Beauftragte mit der Erhebung betraut wurden. Es scheint das immer dann geschehen zu sein, wenn die Steuer zu einem bestimmten Zwecke gleich von eben diesen Beauftragten verwendet werden und deshalb nicht in die Vogteikasse fließen sollte. So erklärt Fürst Johann von Werle 1365: wy kese tu hovetluden use man unde usen raat, nämlich für die Erhebung von Beden und anderen Gefällen, womit sie verpfändete Schlösser und Herrschaften wieder einlösen sollen. 1 ) In einer Urkunde von 1236 ist neben dem advocatus auch der dapifer als einer, der Beden erheben lassen kann, genannt. 2 ) Um das Jahr 1338 ist einmal der marscalcus Johannes Kropelin mit Bedeerhebung in der Vogtei Grevesmühlen beauftragt worden, und zwar hatte er nicht etwa nur die betreffende Steuersumme von der Vogtei abzuholen, sondern mußte selbst, wie aus einem Schreiben des Fürsten Albrecht von Meklenburg an den Rath zu Lübeck hervorgeht, die Erhebung vornehmen lassen. 3 ) Eine Urkunde von 1359 4 ) zeigt die Einziehung durch besonders Beauftragte bei außerordentlicher Bede; bei dieser wird diese


1) M. U.=B. XV, 9394.
2) M. U.=B. I, 458.
3) M. U.=B. IX, 5848.
4) M. U.=B. XIV, 8561.
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Erhebungsart wohl die regelmäßige gewesen sein, 1 ) da ja bei außerordentlichen Auflagen von vornherein bestimmte Verwendungszwecke ins Auge gefaßt wurden, sie kam jedoch, wie es nach obigen Beispielen den Anschein hat, auch ausnahmsweise bei der ordentlichen Bede zur Anwendung. In der Urkunde von 1359 verschreibt Fürst Nikolaus von Werle dem Henneke Moltke ausgeschriebene Beden aus mehreren Vogteien; dieser soll die Gelder zur Lösung eigener wie landesherrlicher Kriegsleute, die gefangen genommen worden sind, anwenden: Dartu hebbe wy ene bede an unsen landen beden, van islyker hove XXIIII schillinghe Lubescher pennighe, de wille wy laten utvorderen binnen veer weken. Dar sette wy tu an de voghdie tu Gustrowe unde Crakowe Boldewan van Oldenborch, Merten Distelowen unde unsen papen van user weghene unde Bussele van Henneken Molteken weghen; an der voghedie tu der Lawe Heynen Wosenizen, Henneken Molteken sulven unde unsen papen her Gherd Cruzen; an der voghedie tu Theterowe iunghe Hartmanne van Oldenborch, Hinrik Smekere unde unzen papen Jacobus; an den voghedigen Malchyn unde Nyghen Kalant Hinrik Snakenborch, her Berthold Stoltenberch, enen ridder, unde usen papen Hinrik Wennemer; an den voghedyen Goltberch und Parchym Tzabel Quitzowen, Nostaal, Clawes Polchowen unde usen papen Bertoldus. Die Beifügung eines Geistlichen für jede Vogtei geschah offenbar der bei dem Erhebungsgeschäft erforderlichen Schreibarbeiten wegen.

Auch die Orböre der Städte wurde durch jedesmal, wie es scheint, besonders vom Landesherrn Beauftragte abgefordert. Im Jahre 1260 wird sie in Rostock dem dapifer Ecbertus de Lippe und dem scriptor Johannes Soltwedel übergeben, 2 ) im Jahre 1328 nimmt sie der notarius Meynardus 3 ) und 1346 Hinricus, Nicolaus et Hermannus, presbyteri, ac Johannes et Ludolphus, famuli, fratres dicti Sternebergh, 4 )in Empfang. Die Erhebung oder die Art der Aufbringung dieser Abgabe war, wie wir sahen, der Gemeinde selbst überlassen. Auch in dem erwähnten Falle einer Gesammtbesteuerung auf dem platten Lande, in den Dörfern Sukow und Drehnkow war die Bede in


1) Vgl. Balck, a. a O. II, S. 3.
2) M. U.=B. II, 878.
3) M. U.=B. VII, 4894.
4) M. U.=B. X, 6637.
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festo beati Martini presentanda, wurde also nicht durch landesherrliche Beamte erhoben, sondern fertig abgezählt an sie abgeliefert. 1 ) Im Uebrigen sind jedoch auf dem platten Lande niemals Gemeindeorgane an der Steuererhebung betheiligt. Vereinzelt sind aber Grundherren damit betraut worden. Das geschah nun freilich nicht etwa deshalb, weil man sie als die Eigenthümer, als die eigentlich zur Steuer rechtlich Verpflichteten ansah. Wie wir sahen, erscheinen die Bauern stets in den Urkunden als die dem Landesherrn direkt Verpflichteten. Eine derartige Mittelstellung der Vasallen, daß sie etwa vom Landesherrn zur Steuer herangezogen wären, dafür aber ihrerseits wieder von ihren Bauern die Steuer erhoben hätten, gab es nicht. Wenn trotzdem ausnahmsweise die Steuer von den Grundherren an die landesherrlichen Beamten auszuliefern ist, so beruht das nicht auf einer Steuerpflicht jener, sondern ist eine ihnen zu Theil gewordene besondere Vergünstigung. Das Erhebungsgeschäft wurde häufiger von den landesherrlichen Beamten zu ungebührlichen Erpressungen benutzt. Solche über das Maß hinausgehende Schatzungen konnten dann sehr wohl die Bauern daran hindern, ihren Verpflichtungen den Grundherren gegenüber genügend nachzukommen; es lag also im Interesse dieser, die Erhebung in ihrer Hand und damit ihre Hintersassen vor unrechtmäßigen Steuerforderungen gesichert zu sehen. In diesem Sinne verleiht der Graf Gunzelin von Schwerin im Jahre 1258 dem Kloster Zarrentin das Recht, die dem Landesherrn zukommenden Abgaben aus den Klostergütern selbst einzusammeln, und giebt als Veranlassung dazu an: Nuncius prepositi ac conventus de Sternetin nobis . . . dolenter sepius est conquestus, quod nostri advocati ac eorum servi bona sua sub nostra tuicione posita vastarent multis incommoditatibus, exactionibus videlicet necnon peticionibus importunis. Aus diesem Grunde erklärt also der Graf: Nos . . . contulimus predicto conventui hanc graciam libertatis, ita quod nostri advocati ac servi eorum bona sua sive ad pignora accipienda sive ad peticiones vel alias quascunque angarias faciendas de cetero non intrabunt. Si quid vero ad nos pertinet in hiisdem bonis sive ex iure sive ex peticione, illius loci prepositus sive suus nuncius nostris usibus procurabit. 2 ) In anderen ähnlichen


1) M. U.=B. VIII, 5123. Ueber die beiden Kühe bestimmt der Graf von Schwerin: in festo beate Walburgis . . . inscidi per famulum nostrum faciemus.
2) M. U.=B. II, 822.
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Fällen ist man nicht soweit gegangen; die Erhebung bleibt hier in den Händen der landesherrlichen Beamten, und die Grundherren bekommen nur die Erlaubniß, einen eigenen Boten mitzusenden, der ihre und die Interessen ihrer Hintersassen wahrt. So erlaubt Fürst Heinrich von Meklenburg dem Kloster Rehna 1312: Ceterum si aliqua precaria, exactio vel inpignoratio qualiscunque in terris nostris ex parte nostra fuerit facienda, ad hanc faciendam prepositus et conventus sepedicti cum servis advocatorum nostrorum in villas seu bona sua nuncium eorum licite poterunt mittere et ipsos prohibere, ne iniuriam vel maius gravamen subditis eorum indebite faciant quam nostrorum subditis vasallorum. 1 ) In einer Urkunde von 1333 bestimmt Fürst Johann III. von Werle als Schiedsrichter in einer Streitigkeit zwischen dem Herzog von Pommern und dem Kloster Dargun in Bezug auf die Bede, die dem Herzog Barnim von Klostergütern, die in seiner Herrschaft liegen, zukommt: pro quibus extorquendis advocatus, qui in castro Dymin . . . fuerit, certum nuntium ad abbatem Dargunensem mittet, qui sibi unum de suis associabit, qui pecuniam et annonam predictas simul colligent domino duci presentandas. 2 )

In der späteren Steuergeschichte Meklenburgs finden wir die Gutsherren im Besitz des s. g. ius subcollectandi, der Befugniß, die Steuern auf ihre Gutsunterthanen zu vertheilen und von ihnen einzukassiren. Dies Recht, das ein Charakteristikum für die Steuerverfassungen östlicher Territorien ist, 3 ) war, wie gesagt, in Meklenburg für die ordentliche Bede noch nicht ausgebildet, daß aber schon Ansätze zu demselben vorhanden waren, zeigen obige Urkunden. Sie zeigen ferner, was für Veranlassungen etwa das Subrepartitionsrecht seinen Ursprung verdankt und welche Stufenfolge der Entwicklung es durchzumachen hatte. In Bezug auf die Zahlungsart geht aus obigen Urkunden noch hervor, daß zum Zwecke der Steuererhebung keine bestimmte Zahlstellen bestanden, an denen die Steuer eingezahlt wurde, sondern daß die Boten von Dorf zu Dorf und von Haus zu Haus zogen, um die Beträge einzusammeln.

In allen Fällen, in denen Bede nicht dem Landesherrn zufloß, sondern an Vasallen verliehen, verpfändet oder verkauft


1) M. U.=B. V, 3543.
2) M. U.=B. VIII, 5461.
3) v. Below, Territorium und Stadt, S. 37.
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oder zur Abtragung einer Schuld an Gläubiger überwiesen war, wird auch die Erhebung durch die derzeitigen Inhaber und nicht von der Seite des Landesherrn aus veranstaltet. 1 ) Doch wird ihnen wohl der Schutz des Landesherrn, falls ihnen jemand ihr Erhebungsrecht bestreiten sollte, zugesichert. 2 ) Daß solche Inhaber von Beden, besonders wohl, wenn es geistliche Stifter waren, bei der Einziehung bisweilen auf Schwierigkeiten stießen, ersehen wir aus einer Urkunde vom Jahre 1346, in der Graf Nikolaus von Schwerin dem Kloster Zarrentin Bede aus dem Dorfe Kölzin überträgt, wofür ihm das Kloster Bede aus einem Theil des Dorfes Neuenkirchen, die es bis dahin bezogen hatte, wieder überläßt: quod ipsam precariam a nostris vasallis minime extorquere valuerunt comodose. 3 ) Häufig wird Vasallen, wenn ihnen auch nur eine geringere Bedesumme verschrieben ist, doch die Erhebung der Bede eines ganzen Ortes übertragen: dann gilt die Bestimmung: residuum presentabunt; 4 ) sie müssen den Rest an den Vogt abliefern. So konnten auch noch auf diese Weise Grundherren an der Erhebung der in der Hand des Landesherrn verbliebenen Bede betheiligt sein. - Trafen die beauftragten Boten bei der Einsammlung auf Zahlungsunfähige oder die Zahlung Verweigernde, so schritten sie zur Pfändung. An wen der Landesherr Bede veräußerte, dem wurde mit dem Erhebungsrecht auch das Pfändungsrecht ausdrücklich überlassen. So werden durch Fürst Albrecht von Meklenburg 1346 Heinrich von Stralendorf Beden übertragen: annis singulis . . . tollendas et, cum necesse fuerit, per se suosque adiutores licite sine quovis excessu expignerandas. 5 ) Ebenso erhalten der Marschall Lüder Lützow und seine Vettern von Herzog Albrecht Beden uptuborende alle iar . . . unde udtupandende myt eren eghenen knechten. 6 )


1) Daß ausnahmsweise der Herzog Albrecht von Meklenburg 1370 bei der Stiftung von 50 Mark Hebungen, unter denen auch Bede ist, für eine Vikarei im Dome zu Schwerin die Bestimmung trifft, daß seine Erben und Nachfolger dieselben per eorum advocatos aut servitores . . . propriis eorum laboribus et expensis erheben lassen sollen quolibet crastino beati Martini episcopi und sie dem Vikar infra octavam beati Martini zustellen lassen sollen, erklärt sich wohl daraus, daß die Vikarei zur Memorie für die Gemahlin des Herzogs Euphemia und für seine Schwiegertochter Ingeborg gestiftet ist. M. U.=B. XVI, 10069.
2) M. U.=B. VI, 3645: . . . nos assistere monasterio tenebimur.
3) M. U.=B. X, 6612.
4) M. U.=B. XIII, 8044. X, 6612.
5) M. U.=B. X, 6683.
6) M. U.=B. XVI, 9934. Vgl. auch VIII, 5154. IX, 6409. X, 6976. XIII, 7804.
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Für Nothfälle, d. h. also falls bei den Pfändungen zu großer Widerstand geleistet wird, der von den Boten der Bedeinhaber nicht allein bewältigt werden kann, wird auch die Hülfe der landesherrlichen Unterbeamten zugesagt. Graf Otto von Schwerin ertheilt 1356 Henning Knop und Johann Berchteheide plenam . . . potestatem, ut precarias dictarum villarum cum propriis ipsorum servis poterint inpignerare, et si necesse habuerint, servos nostros proprios vel advocati nostri ipsis finaliter requisiti adiungemus. 1 ) Ebenso verspricht Herzog Albrecht 1361 Gerold und Helmold Rampe in Bezug auf die Pfändung: unde dar scol wi en tu helpen mid unsen knechten, wen se dat van uns eschen. 2 ) Bei der Ertheilung der potestas expignerandi wird auch nach dem allgemein geltenden Pfandrecht die Erlaubniß hinzugefügt: pingnera deducendi. 3 ) Aehnlich wird 1349 die potestas ertheilt, dictas precarias . . . pignoraticie extorquendi et dicta pignora ad civitates Malchin vel Brandenborch ducendi ad iudeos sub usuris. 4 ) Das Kloster Dargun vereinbart 1307 mit dem Ritter Reinbern von Wacholz, welcher der Inhaber von Beden aus mehreren Klosterdörfern ist: Porro si dictarum villarum homines ad tantam forte devenirent inopiam, quod prefatam precariam solvere negligerent aut non possent, sepedicti eius heredes propter hoc vel aliam ob causam ipsos inpignorare vel aliquas inpignoraciones in dictis nostris villis facere prorsus non debent, nisi super hoc prius nostram aut nostrorum successorum licenciam habeant et assensum. 5 ) In diesem Falle war also erst die Zustimmung des Grundherrn nöthig, ehe zur Pfändung geschritten werden konnte, damit dieser nicht in seinen eigenen Ansprüchen geschädigt wurde. Aus dem Jahre 1362 ist ein allerdings sehr lückenhafter Bericht über eine Pfändung erhalten. Der Rath zu Teterow beurkundet ein Zeugniß von Rachower Bauern in einer Streitsache wegen einer Pfändung, die na hovenrecht vor bede unde denest gegen einen Bauern ausgeführt wurde, der im Verdacht stand, heimlich wegziehen zu wollen. Sie wurde durch einen geistlichen Herrn bestritten, der seinerseits bessere


1) M. U.=B. XIV, 8216.
2) M. U.=B. XV, 8915. Ebenso IX, 6409.
3) So z. B. M. U.=B. XIII, 7520 nach Malchin.
4) M. U.=B. X, 6934. Vgl. auch XVIII, 10808: de pande voren edder dryven in der vogedye, wor he wyl.
5) M. U.=B. V, 3200.
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Ansprüche an den Gepfändeten geltend machte, mit denen er dem Anschein nach obsiegte 1 ) Daß es bei der Erhebung von Beden namentlich bei den Pfändungen (extorquere per pignora) bisweilen nicht ohne Widerstand, der gewaltsam gebrochen werden mußte, abging, dafür ist ein beredtes Zeugniß das oben erwähnte Schreiben des Fürsten Albrecht von Meklenburg von etwa 1338 in dem er den vom Rath zu Lübeck des Landfriedensbruches angeklagten David Oemse rechtfertigt. Dieser sei von dem mit der gewaltsamen Eintreibung der Bede (precariis extorquendis) im Grevesmühlischen beauftragten Marschall Johann Kröpelin zugezogen gewesen, cui commisimus, quod, si sibi in precariarum percepcione ibidem fieret resistencia, nostros vasallos et amicos suos assumeret ad adiuvandum se. 2 )

Ueber die Erhebung städtischen Schosses sind aus dem hier in Betracht gezogenen Zeitraum bis 1375 nur aus Rostock Nachrichten erhalten. Aus den Jahren 1342 - 50 liegen zunächst mehrere Schoßregister der Neustadt Rostock vor. Es sind dort nach der Reihenfolge der Straßen sämmtliche Einwohner aufgezählt und hinter ihrem Namen die Beträge ihrer Steuerleistung eingetragen. Hinter dem Verzeichniß folgt am Ende eines jeden Jahres eine Generalabrechnung. Aus dieser geht hervor, daß die Steuer durch eine beauftragte Kommission zu verschiedenen Zeiten vom Anfang des November an erhoben und unter Rechenschaftsablegung jedes einzelnen Mitglieds abgeliefert wurde. 3 ) Ferner sind dann noch weitere solche Abrechnungen über die an die Kämmereiherren abgelieferten Schoßgelder und Notizen über die Verausgabung dieser Summen aus den Jahren 1350 - 60 vorhanden. 4 )

2. Der Ertrag der Erhebung.

Trotz allenfalls angewandter Gewaltmittel und Pfändungen kam nun bei der Erhebung die Steuersumme in der Höhe, wie sie bei der letzten Vertheilung festgesetzt worden war, durchaus nicht


1) M. U.=B. XV, 9033.
2) M. U.=B. IX, 5848.
3) M. U.=B. IX, 6173. Dort sind jedoch leider nur die Namen der Straßen und die Generalabrechnung des Jahres 1342 abgedruckt.
4) M. U.=B. X, 7118. XIII, 7448, 7531, 7532. XIV, 8284, 8309, 8421, 8495, 8532, 8801.
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immer zusammen; Ausfälle in den Steuereinkünften scheinen nicht zu den Seltenheiten gehört zu haben. Bei der Veräußerung von Bede in bestimmter Höhe wird öfters die Versicherung gegeben, daß solche etwaigen Ausfälle vergütet werden sollen. So verspricht Fürst Albrecht von Meklenburg 1337 dem Knappen Henning Behr: si in predictis redditibus in ipso festo Martini aliquem defectum habuerit, hic in festo Walburgis, computacione de ipso defectu inter ipsum Henninghum et nostrum advocatum habita, de precaria tunc suppleatur. 1 ) Durch welche Ereignisse etwa ein defectus hervorgerufen werden konnte, zeigt das bereits erwähnte Bederegister des Reimar von Plessen. 2 ) Unter dem Jahre 1351 findet sich dort bei dem Dorfe Wolde die Bemerkung: quidam villanus fuit captus et devastatus per incendium. Von Weitendorf zahlt 1360 nur ein Theil Bede: et alia pars fuit per incendiarios furtivos devastata. Stoffersdorf zahlt 1361 gar nichts, quia fuit combusta omnino tempore nocturno; aus diesem Grunde kann dann das Dorf 7 Jahre lang nichts aufbringen; auch in den dann folgenden 3 Jahren kommt nur 1/3 bis 1/2 des Betrages von 1322, dem ersten Jahre im Register, ein. Noch weitere Dörfer werden von dem Schicksal der Verwüstung heimgesucht; zum Jahre 1341 lautet ein Zusatz: Kasendorp totum devastatum per incendium fuit per ducem Saxonie, zu 1349: devastate sunt ville Kochelestorp, Koselowe, Kasendorp, et ex eis nichil sustuli, quod Zwerinenses fecerunt. In Gägelow kommt 1322 nicht die volle Summe auf, quia devastata fuit in gwerris Wismer. Das Bederegister ist für das erste Jahr so angelegt, daß nach dem Namen des Dorfes die Hufenzahl desselben und der Betrag der daraus gezahlten Bede in Summe angeführt wird, für die folgenden Jahre wird immer nur der gezahlte Betrag der Dörfer angegeben; wie hohe Beträge auf die einzelnen Hufen fallen, wird also nicht mitgetheilt. Am Ende eines jeden Jahresverzeichnisses erfolgt eine Angabe der Gesammtsumme und des Ausfalls. Im Jahre 1322 beträgt die summa 68 Mark, der defectus 45 Mark 6 Schillinge; im Jahre 1323 beträgt die summa 70 Mark 8 Schillinge, der defectus 42 1/2 Mark 6 Schillinge. Summa und defectus zusammen ergeben immer 113 Mark 6 Schillinge. Der höchste Betrag wird im Jahre 1372


1) M. U.=B. IX, 5820. Vgl. auch V, 3222. XVI, 9661 und 9899.
2) M. U.=B. VII, 4402.
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erreicht, nämlich 98 Mark; der defectus beträgt nur 15 Mark 6 Schillinge. Aehnlich wie obiges Verzeichniß hat auch ein Steuerregister der Vogtei Grevesmühlen vom Jahre 1404 hinter dem Namen der Dörfer, die nach Kirchspielen geordnet sind, nur die Hufenzahl und die ganze daraus eingekommene Summe. 1 ) Wie hoch sich die Gesammtsumme der jährlichen Bede in ganz Meklenburg belaufen hat, läßt sich aus dem für unsere Zeit vorliegenden Material nicht ermitteln. 2 )

3. Die Erhebungstermine.

Was die Steuertermine anlangt, so fand die Erhebung wohl fast überall mehr als einmal im Jahre statt; in der Mehrzahl der Fälle waren die Beträge auf zwei, bisweilen auch auf drei Termine vertheilt. Am höchsten belief sich die sogenannte Winter= oder Herbstbede, die gewöhnlich in festo Michaelis 3 ) (Sept. 29.) oder in festo beati Martini 4 ) (Nov. 11.) gezahlt wurde; auch precaria maior hieß sie, da sie meist das Doppelte der anderen Leistung, der precaria minor, betrug. 5 ) Absichtlich hatte man wohl diesen Theil der Steuer, der eine größere Anforderung an die Zahlkraft der Bauern stellte, auf die Zeit nach der Ernte gelegt. Die precaria minor oder die Sommerbede wurde dann in festo beate Walburge (Mai 1.) eingezogen. 6 ) Ueber Bede, die an das Heilig=Geist=Hospital zu Lübeck veräußert ist, wird 1344 und 1352 bestimmt, daß sie zur Hälfte proxima die forensi post festum b. Martini, zur anderen Hälfte die forensi proxima post epiphaniam domini gezahlt werden soll. 7 ) Als Termine einer dreimal im Jahre erhobenen Bede werden genannt: tu sunte Wolberghe - tu unser vruwen daghe, alse se boren wart - tu sunte Mertens daghe; 8 ) die Steuer war also hier auf die Monate Mai, September und November vertheilt. In Bezug auf Bede, die an Grundherren veräußert


1) Lisch, Jahrbuch des Vereins für Mekl. Gesch., Bd. 11, S. 404.
2) Balck, a. a. O. I, S. 2 theilt mit, daß man sie auf Grund späterer Rentereirechnungen auf 20000 Gulden geschätzt habe.
3) M. U.=B. IX, 6409. XIV, 8217. XIV, 8305. VIII, 5584. XVIII, 10808. XIII, 8036. XVI, 9661. XIII, 8075.
4) M. U.=B. VIII, 5483. V, 2872. VIII, 5123. IX, 5820.
5) M. U.=B. V, 2872.
6) M. U.=B. V, 2872. VIII, 5123. IX, 5820. XVI, 9661: Ostern.
7) M. U.=B. IX, 6469 und XIII, 7609. Epiphania=Jan. 6.
8) M. U.=B. XIV, 8310.
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ist, findet sich mehrfach die allgemeinere Bestimmung: precariam exsolvent infra quindenam, postquam eis fuerit nunciata. 1 ) Unbestimmter als in obigen Fällen wird auch einmal als Termin bezeichnet circa festum Michaelis, 2 ) und ein anderes Mal ist die Rede von der ersten bede, de dar valt tu sunte Michelis daghe edder wan se valt in dem iare. 3 ) Auch mit den vorhergenannten Terminen war wohl nur der Tag angegeben, von dem an die Bede fällig war, nicht aber der, an dem sie auch stets wirklich erhoben wurde, zumal da ja auch das Erhebungsgeschäft innerhalb einer Vogtei wohl kaum an einem Tage zu bewältigen war. - Von der städtischen Orböre sind uns die Termine in Rostock überliefert; Anfangs werden Ostern und Michaelis (zu Michaelis 160 Mark, zu Ostern 90 Mark, wie wir sahen) als solche angegeben; 1346 wird die Abgabe jedoch als in festo b. Martini episcopi (90 M.) und in festo b. apostolorum Philippi et Jacobi (160 M.) fällig bezeichnet. 4 )

4. Die Verwendung der Steuer.

Die von den Unterbeamten in den einzelnen Ortschaften erhobene Steuer wurde, wie schon oben gesagt, an den Vogt, der dem betreffenden Gerichts= und Verwaltungsbezirk vorstand, abgeliefert. Bede, die an Grundherren veräußert war, fiel aus dem Steuerverwaltungsbereich des Vogtes heraus. Nur wenn die jeweiligen Inhaber für einen Bedeausfall Entschädigung fordern konnten, oder wenn sie über die ihnen verschriebenen Summen hinaus erhobene Beden abzuliefern hatten, so war auch hierfür die Vogtei die zuständige Stelle, mit der dann Abrechnung zu halten war. 5 ) Da allmählich die Grundherren fast überall auf ihren Grundherrschaften nicht nur die Steuer, sondern auch die übrigen öffentlichen Rechte an sich brachten, so wurde der Machtbereich der Vögte immer kleiner und beschränkte sich in späterer Zeit nur noch auf den landesherrlichen Domanialbesitz, von dem sie sowohl die öffentlich=rechtlichen wie privat= rechtlichen Einkünfte zu verwalten hatten. - Die in den Vogteien zusammengeflossenen Steuern kamen nun dort auch lokal zur


1) M. U.=B. VII, 4919. VI, 4257. XIII, 7788.
2) M. U.=B. VIII, 5461.
3) M. U.=B. XV, 9002.
4) M. U.=B. X, 6637. Der Tag Philippi et Jacobi ist auch Mai 1.
5) M. U.=B. IX, 5820.
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Verwendung. Ueberschüsse wurden damals wohl noch sehr wenig an die Centralstelle abgeführt. 1 ) Zwei aus jener Zeit überlieferte Vogteirechnungen enthalten nicht nur nichts von einer Ablieferung von Summen an den Hof, sondern zeigen sogar noch den Landesherrn mit einer Schuld im Rückstande. 2 ) Der Hof hatte damals noch keinen festen Sitz, sondern wechselte häufiger seinen Aufenthalt und konnte so die ihm in den einzelnen Vogteien zur Verfügung stehenden Mittel an Ort und Stelle zu seinem Unterhalt verbrauchen. 3 ) Mußte der Landesherr sonst von seinen Steuereinkünften in den Vogteien Gebrauch machen, so geschah das gewöhnlich in der Form, daß er den betreffenden Gläubigern eine Anweisung auf die Bede eines bestimmten Ortes oder Gebietes ausstellte. Dort mußte dann der Forderungsberechtigte häufig die Steuer auch noch selbst erheben. So weist Graf Otto von Schwerin 1356 Henning Knop und Johann Berchteheile für eine Schuld Bede aus verschiedenen Dörfern an, quousque prefatam summam plenarie sublevaverunt, nobis tamen singulis annis computacionem de sublevatis faciendo et percepta defalcando. 4 ) Im Jahre 1357 läßt der Graf seinem Marschall und Burgmann Henning Halberstadt eine ähnliche Verschreibung ausfertigen: dieser darf jährlich die Herbstbede mehrerer Dörfer erheben, bis er die ihm zukommende Summe beisammen hat; über die erhobenen Gelder muß er ebenso jährliche Rechenschaft ablegen. 5 ) Konnte der Landesherr dies Mittel der Anweisung nicht anwenden, wie das z. B. bei der Einlösung von verpfändetem Besitz, den er nur durch die einmalige Einzahlung einer bestimmten vollen Summe wiedererhalten konnte, nicht möglich war, so wurde auch dann noch nicht immer von der Vogtei die erforderliche Summe an die Centralstelle eingefordert, sondern Hofbeamte wurden, wie wir sehen, zuweilen mit der Erhebung und Verwendung der Bede beauftragt, die so gar nicht erst in die Vogteikasse gelangte. Beide Arten der Verwendung finden sich auch bei der städtischen Orböre. Eine Anweisung auf die Abgabe liegt vermuthlich zu Grunde, wenn sich im Rostocker Stadtbuch aus der Zeit um 1268 bezüglich der Verwendung der dem Landesherrn zu leistenden petitio die


1) Vgl. M. U.=B. VIII, 5461: domino duci Barnym presentandas.
2) M. U.=B. V, 3296. VI, 3941.
3) Außerdem stand für den Unterhalt des Hofes das Recht des Ablagers zu Gebote.
4) M. U.=B. XIV, 8216.
5) M. U.=B. XIV, 8305. Vgl. auch XIV, 8217 und XV, 8915.
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Notiz findet: in pascha de ipsa petitione XXXII marcas pro vino et pro allecibus XXI marcas. 1 ) Im Jahre 1260 wird dort über die Abholung und Verwendung der Orböre durch landesherrliche Beamte vermerkt: Consules dederunt domino terre de petitione Michahelis XL marcas, quas dederunt Ecberto de Lippe et Johanni Soltwedel, et redemerunt pignus domini terre cum eis a domino Johanne de Ratenow; una marca superfuit. Auch über den Verbleib dieser Mark, welche die Beamten zu ihrem Unterhalte verwendeten, wird genau Auskunft gegeben: quam recepit dapifer et dedit scriptori suo ad emendum butyrum et caseos. 2 ) Die der Stadt Rostock ausgestellten landesherrlichen Quittungen über die Orböre zeigen jedoch, daß diese Abgabe überhaupt niemals erst an mittlere Instanzen gelangte, sondern daß sie immer direkt der Centralstelle zur Verfügung stand.

Im Allgemeinen ist es so für die Finanzverwaltung der meklenburgischen Territorien, wie überhaupt für die des ganzen Mittelalters, charakteristisch, daß die Landessteuern nicht an einer Centralstelle alle zusammenfließen, sondern daß sie vorwiegend durch das System der Spezialanweisung auf lokale Hebestellen zur Verwendung gelangen. 3 )

Was die Zwecke betrifft, zu denen die Steuer verbraucht wurde, so wurde schon hervorgehoben, daß sie durchaus nicht immer öffentlicher Natur waren. Im Jahre 1365 wird Bede Zur Wiedereinlösung verpfändeter Herrschaften, 4 ) 1359 zur Deckung von Kriegskosten verwandt; 5 ) 1367 und 1369 wird dem Rath zu Rostock von Herzog Albrecht die Abtragung einer Schuld aus Beden versprochen; 6 ) 1319 schenkt Graf Nikolaus von Schwerin seinen drei im Kloster Zarrentin lebenden Töchtern die Bede eines Dorfes; 7 )1358 verschreibt Herzog Albrecht einem Vasallen,


1) M. U.=B. II, 1140.
2) M. U.=B. II, 878.
3) Erst später gelangten die landesherrlichen Centralkassen, die Rentereien, denen dann noch die landständische Kasse zur Seite trat, zu größerer Bedeutung. Vgl. Balck, a. a. O. Bd. I.
4) M. U.=B. XV, 9394.
5) M. U.=B. XIV, 8561.
6) M. U.=B. XVI, 9661. 9899.
7) M. U.=B. VI, 4065. Vgl. V, 3084. 1306: Bede gehört zum Leibgedinge der Fürstin Anastasia von Meklenburg. X, 6931. 1349: Die Mutter des Grafen Nikolaus zu Tecklenburg und Schwerin hat verteyn mark gheldes . . . an deme schote tu Wittenborch ere daghe, dar se dat iar de gnade mede hebben scal. XVIII, 10358. 1342: Herzogin Agnes von Meklenburg im Besitz von Bede.
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der mit einem Hoffräulein verlobt ist, 200 Mark Ehegeld aus der Orböre der Stadt Wismar. 1 )Die Steuer wurde also ebensowohl zur Deckung der Kosten des Landesregiments wie derjenigen, die der Unterhalt der fürstlichen Familie nöthig machte, und die mit der Hofhaltung zusammenhingen, verwandt. - Unter den Zwecken, zu denen die städtischen Steuern verwandt wurden, treten besonders solche, die auf auswärtige Beziehungen hinweisen, ferner Schuldentilgung und Aufnahmen von Anleihen auf dem Wege von Rentenverkäufen in den Vordergrund; die innere Verwaltung erforderte wohl noch keinen größeren Kostenaufwand. 2 )

VI. Das Schwinden der Bede aus landesherrlichem Besitz.

Schon die Privilegirung der deutschen Einwanderer in Meklenburg war, wenn sie auch thatsächlich durchaus keine Schwächung der Macht der slavischen Fürsten bedeutete, formell mit einer Verminderung der landesherrlichen Hoheitsrechte verbunden gewesen. Die Veräußerung landesherrlicher Rechte kam nun mit dem Abschluß der Kolonisation keineswegs zum Stillstand. Vielmehr setzt sie mit der Wende des 13. und 14. Jahrhunderts in erhöhtem Maße wieder ein. Die Stände blieben bei den erreichten Privilegien nicht stehen, sondern es gelang ihnen, ihre Macht noch weiterhin auf Kosten der Landesherrschaft zu vermehren. Dazu gab ihnen die Finanznoth der Landesherren die Gelegenheit. Die Ausgaben der Fürsten hatten sich durch häufige Fehden und Kriege, durch die mit den Landfriedensbündnissen verknüpften Kosten, durch den Eintritt in den Reichslehnsverband immer mehr gesteigert; die mit gänzlichem Mißerfolg endende Unternehmung des herzoglichen Hauses auf den schwedischen Königsthron trug dann im Herzogthum Meklenburg noch außerdem stark zur Belastung der Finanzen bei. 3 ) Zur Deckung der erhöhten Kosten des Landesregiments reichten bald die ordentlichen Einkünfte aus dem Domanium, der Gerichtsbarkeit, den Beden, den Zöllen und auch die nur subsidiären außerordentlichen Bewilligungen der Vasallen nicht mehr aus.


1) M. U.=B. XIII, 8128.
2) Außer den oben angeführten M. U.=B. IV, 2606. 2607. XV, 8839. IV, 2441. III, 2262. III, 2122. III, 1756. III, 1856.
3) Hegel, a. a. O. S. 65. Böhlau, a. a. O. S. 10 und 11.
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Die Landesherren schritten in ihrer Noth zu einer immer umfangreicheren Veräußerung von Hoheitsrechten. Auf diesem Wege kam jetzt die hohe Gerichtsbarkeit, die früher wohl nur den Bisthümern auf ihren Grundbesitzerwerbungen in den meklenburgischen Herrschaften ganz überlassen worden war, in die Hand von Grundherren aller Stände, von Geistlichen, Rittern, Bürgern. Wie die hohe Gerichtsbarkeit wurden auch alle anderen landesherrlichen Rechte in gleicher Weise zum Gegenstande von Veräußerungen gemacht. Außer jener ist es aber besonders noch die ordentliche Bede, deren Verlust eine Umbildung der politischen und sozialen Verhältnisse des Ostens mit herbeiführen half. Die Bede war ebenso wie die hohe Gerichtsbarkeit im 13. Jahrhundert nur vereinzelt den Bisthümern auf ihrem neu erworbenen Grundbesitz überlassen worden. Als ein anderes Beispiel, in dem man gewissermaßen auch ein Vorspiel der großen Bedeveräußerung sehen kann, nannten wir schon die Umwandlung des Schosses in den Städten aus einer landesherrlichen in eine Gemeindesteuer gegen Entrichtung einer jährlichen Pauschalsumme. Mit dem Ende des 13. Jahrhunderts treten aber auch die sonstigen Veräußerungen von Beden in immer größerer Ausdehnung auf. Zu der Zeit, als eben erst die volle Ausbildung der Bede zu einer ordentlichen Steuer in den Urkunden direkt bezeugt ist, sind auch schon die Keime zu ihrem Zerfall gelegt. Wie stark die Steuer in den allgemeinen Veräußerungsprozeß landesherrlicher Rechte mit hineingezogen wurde, davon kann man sich etwa einen Begriff machen, wenn man bedenkt, daß von allen aus dem 14. Jahrhundert erhaltenen Urkunden, in denen der Bede überhaupt Erwähnung geschieht, sich nur ein verschwindend kleiner Theil befindet, der sich auf Veräußerung von Bede oder auf schon veräußerte Bede nicht bezieht.

Beachten wir nun, in welchen Formen die Ueberlassung von Bede an Grundherren vor sich ging. In einer Urkunde des Fürsten Albrecht von Meklenburg für das Kloster Wanzka vom Jahre 1342 heißt es: in pheodo conferimus villam Gronowe cum omni proprietate, iure et precaria ac omnibus utilitatibus. 1 ) Fürst Nikolaus II. von Werle sagt in einer Urkunde von 1299: Nos Nicholaus dei gracia dominus de Werle conferimus et donamus ecclesie sancti Georgii in Parchim peticionem trium mansorum in villa Bercrode. 2 ) Fürst


1) M. U.=B. IX, 6249.
2) M. U.=B. IV, 2549.
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Heinrich von Meklenburg erklärt 1325: honorabilibus et religiosis viris dominis . . . abbati totique conventui ecclesie Doberanensis . . . obligavimus et presentibus obligamus villam nostram Sathowe dictam cum totali precaria et omni usu. 1 ) Eine Urkunde der Fürsten von Werle vom Jahre 1274 lautet: nos . . . cenobio sanctimonialium sancte Crucis in Rozstok villam integram Bandowe et ipsius proprietatem cum terminis suis et omni iure, videlicet pratis, pascuis, silvis, agris, aquis, . . . petitionibus et exactionibus urbium et pontium structuris et vectigalibus, et quibuscunque censeantur vocabulis vel nominibus, vendidimus et dimisimus pro M et CCC marcis denariorum libere in perpetuum possidendum. 2 ) In diesen Fällen wird Bede an geistliche Stifter verliehen, verschenkt, verpfändet und verkauft. Dieselben Formen finden sich bei der Veräußerung an Grundherren aus dem Ritterstande. In einer Urkunde von 1351 spricht Herzog Albrecht von Meklenburg folgende Belehnung aus: dilectis nostris fidelibus Nicolao, Makoni, Hinrico et Heynekino fratribus, famulis dictis de Parkentyn, ipsorumque veris heredibus propter grata sua servimina nobis per ipsos sepius inpensa dedimus et contulimus, damus et conferimus iusti pheudi nomine in hiis scriptis supremum iudicium, videlicet manus et colli, ville Darkowe in omnibus suis metis distinctivis, cum omnibus precariis, quas ibidem hucusque habebamus, . . . perpetuis temporibus libere et pacifice possidendum. 3 ) Zu Gunsten des Ritters Raven Barnekow und seiner Brüder, der Knappen Ulrich und Gottschalk Barnekow, verfügt Fürst Albrecht 1343: propter grata serviciorum genera et benivolencias plurimas nobis multiplicatis vicibus exhibitas donamus ipsis . . . omnem precariam, quocienscunque et quantumcunque pecierimus, supremum iudicium cum omnibus inde provenire valentibus. 4 ) In einer Urkunde des Fürsten Nikolaus II. von Werle wird einmal die Art solcher Dienstleistungen, welche die Veranlassungen derartiger Verleihungen und Schenkungen waren, näher bezeichnet: dilecto et fideli nostro Hynrico militi dicto Vohs de Wolde ac suis veris heredibus dimi-


1) M. U.=B. VII, 4616.
2) M. U.=B. II, 1324.
3) M. U.=B. XIII, 7543.
4) M. U.=B. IX, 6341.
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simus et contulimus pro servitio nobis facto in necessitate nostre gwerre, videlicet ad constructionem castri Cobelbruck, et aliis temporibus nobis competentibus, omnem precariam, denarios monete et omne servitium, cum iudicio maiori et minori. 1 ) In einer Urkunde des Fürsten Nikolaus III. vom Jahre 1351 findet sich folgende Bedeverschreibung: Nos Nicolaus dei gracia dominus de Werle recognoscimus et presentibus publice protestamur nos et nostros veros heredes teneri et ex iusto debito obligari honestis famulis Johanni et eius filiis Harwico et Marquardo dictis Breyden eorumque veris heredibus in trescentis marcis denariorum slavicorum, pro quibus ipsis ponimus et tytulo pigneris obligamus et dimittimus proprietatem ville Mercowe et omnem nostram denariorum precariam tam estivalem quam yemalem, annonam caninam, redditus, proventus, fructus, utilitates. 2 ) Den Gebrüdern von Bülow läßt Fürst Albrecht von Meklenburg 1341 die Urkunde ausstellen: vendidimus et dimisimus dilectis nobis Reymaro militi, Hinrico et Vickoni, famulis, fratribus dictis de Bulowe, et ipsorum veris heredibus pro quadringentis quinquaginta marcis denariorum Lubicensium nobis persolutis omnem proprietatem, supremum iudicium, omnem precariam ac omne dominium super villas subscriptas, videlicet Rodenberghe et curiam sibi adiacentem, Gryben, Blussnen, Mencendorpe et Lypesse. 3 )

Aus allen diesen Beispielen gehen als die drei Formen, in denen sich die Uebertragung der Bede an die Vasallen hauptsächlich vollzog, die Verleihung, die Verpfändung und der Verkauf hervor. Zuweilen wird beim Verkauf der Rückkauf vorbehalten, so daß er dann nur als eine andere Form der Verpfändung anzusehen ist. 4 ) Von den Verpfändungen, bei denen die Bede nur durch eine bestimmte Summe wieder eingelöst werden kann, sind zu scheiden die auch wohl Verpfändungen genannten Anweisungen auf Bede, bei denen der Empfänger nicht eigentlich Bedeinhaber ist, sondern nur die ihm geschuldete Summe aus der Steuer selbst zu entnehmen hat. Bei der steigenden Geldnoth der Landesherren wurde eine Wiedereinlösung der verpfändeten Bede immer schwieriger und seltener. Die


1) M. U.=B. III, 2181.
2) M. U.=B. XIII, 7499.
3) M. U.=B. IX, 6130.
4) M. U.=B. XIV, 8248.
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Vasallen blieben meist für immer im Besitz der Steuer. Um so leichter konnte das geschehen, wenn die Möglichkeit der Wiedereinlösung oder des Rückkaufs keine dauernde war, sondern bestimmte Endtermine dafür angesetzt wurden. So behält z. B. Fürst Albrecht von Meklenburg 1334 sich den Rückkauf von Bede nur bis auf 3 Jahre nach erlangter Volljährigkeit vor; hoc vero triennio elapso . . . nullam . . . potestatem reemendi reservamus. 1 ) Noch eine andere nähere Bestimmung wird öfters bei Verpfändungen hinzugefügt; sie betrifft die eventuell strittige Frage, wem bei einer etwaigen Einlösung die unmittelbar nach derselben fälligen Beden zukommen. Im Jahre 1361 wird darüber zwischen dem Herzog Albrecht und den Gebrüdern Roggelin, denen die Bede des Dorfes Grambow verpfändet wird, die Abmachung getroffen: quando ipsis dicte pecunie summam ante festum beati Johannis baptiste solveremus, tunc nobis et nostris heredibus, si vero post ipsum festum eam exposuerimus, extunc ipsis et eorum heredibus super festo beati Michaelis inde sequente dicte precarie cedent sublevande. 2 ) Verpfändung und Verkauf von Beden wurden direkt durch landesherrliche Geldnoth und Schulden veranlaßt. Aber auch Belehnungen und Schenkungen, deren Gegenstand die Bede ist, sind ein Zeichen der Finanznoth der Fürsten. Die Veräußerung in diesen Formen erfolgte, wie wir sahen, meist propter grata servimina sepius inpensa, propter grata serviciorum genera et benivolencias plurimas multiplicatis vicibus exhibitas, ist also als eine Besoldung oder Vergütung geleisteter Dienste anzusehen. Eben daß die Fürsten sich aber gezwungen sahen, solche Besoldungen auf Kosten ihrer Hoheitsrechte vorzunehmen, ist für ihre Finanzlage bezeichnend.

Es sind aber nicht nur die geistlichen Stifter und die Ritterbürtigen, an welche die Steuer überging, sondern sie wurde auch an Bürger, die ja vielfach mit in die Reihe der Grundherren eingetreten waren, in gleicher Weise veräußert. So verleiht 1327 Fürst Heinrich von Meklenburg dem Rathmann Johann Rode zu Rostock villam Nyendorp . . . cum integra proprietate et omnimoda libertate, cum omni precaria, prima et ultima, cum iudicio maiore et minore. 3 ) Herzog Albrecht schenkt 1349 dem Rostocker Rathmann Heinrich Kruse Eigenthum,


1) M. U.=B. VIII, 5528.
2) M. U.=B. XV, 8887.
3) M. U.=B. VII, 4864.
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Gericht, Beden, Dienste des Dorfes und Hofes Sildemow. 1 ) Um 1345 verpfändet er an Nikolaus Kardorf, Bürger zu Sternberg, die voghedige over de stat unde over dat lant med deme schate, med den molen tu deme Sterneberghe, mid righte hogheste unde sideste, med aller bede. 2 ) Fürst Heinrich verkauft 1323 den Brüdern Heinrich und Johann Quast Beden und hohes Gericht zu Bentwisch und Hohen=Schwarfs. 3 ) Auch die Städte kamen wie in den Besitz von Grundherrschaften so auch von Hoheitsrechten auf dem platten Lande. Fürst Albrecht von Meklenburg verleiht 1333 der Stadt Rostock totam et integram precariam super villam Bernstorpe cum omni iudicio, videlicet maiore et minore. 4 ) Die Fürsten Lorenz und Johann von Werle verkaufen 1375 der Stadt Güstrow das Dorf Glin cum . . . censibus, pachtibus, serviciis, precariis. 5 )

Die Veräußerung von Bede und überhaupt von landesherrlichen Hoheitsrechten erfolgte meist so, daß diese mit der Grundherrschaft über den betreffenden Ort in einer Hand vereinigt wurden. Die Bede wurde also entweder von den Landesherren mit dem betreffenden Grundbesitz, auf dem sie lastete, zusammen veräußert, oder sie wurde an denjenigen übertragen, der bereits im Besitz der entsprechenden grundherrlichen Rechte war. Nicht so häufig fand eine gesonderte Veräußerung statt, sodaß dann öffentliche und grundherrliche Rechte in verschiedenen Händen zerstreut waren. Auch kam es in letzterem Falle gewöhnlich im Laufe der Zeit zu einem Ausgleich. Es ist natürlich, daß, wer im Besitz der privaten Rechte war, sich schließlich auch die öffentlichen Rechte über seine Hintersassen zu erwerben oder, wenn er sie schon zum Theil erlangt hatte, sie zu ergänzen suchte, oder daß umgekehrt Inhaber öffentlicher Rechte wohl auch nach der Grundherrschaft strebten. Eine solche Abrundung der Besitzverhältnisse hat außer der landesherrlichen Veräußerung auch einen großen Austausch der erworbenen Hoheitsrechte unter den Vasallen selbst zur Voraussetzung. In der That trifft man denn auch in dem Privatrechtsverkehr der Vasallen unter einander die Bede als ein oft vorkommendes Veräußerungsobjekt an. Die Landesherren stellen in solchen Fällen der Weiter=


1) M. U.=B. X, 6976.
2) M. U.=B. IX, 6598.
3) M. U.=B. VII. 4422.
4) M. U.=B. VIII, 5447.
5) M. U.=B. XVIII, 10768.
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veräußerung durch die Grundherren Bestätigungsurkunden aus; 1 ) auch ertheilen sie von vornherein plenariam potestatem . . . precarias obligandi, vendendi 2 ) oder verpflichten sich im Falle einer Veräußerung zu Bestätigungsbriefen: si . . . dictam precariam cum condicionibus prescriptis cui vel quibus personis spiritualibus sive secularibus obligarent vel venderent, illis litteras nostras secundum tenorem istarum debebimus tradere requisiti. 3 ) - Bei dieser allgemeinen privat= rechtlichen Behandlung öffentlicher Rechte konnte es denn dahin kommen, daß über eine Staatssteuer ein Bürger in seinem Testamente verfügt 4 ) und daß man Erträge aus einer Staatssteuer zur Vertheilung an Arme bestimmte. 5 ) Die Bede blieb in der Hand des Landesherrn schließlich fast nur noch auf seinem Domanium und gelangte im übrigen völlig in den Besitz der Grundherren. 6 ) Da die Abgabe auch überall zu einer festen Reallast erstarrt war, so war damit jedes äußerliche Kennzeichen geschwunden, das sie noch von grundherrlichen Abgaben geschieden und an ihren ursprünglichen Steuercharakter erinnert hätte. So blieb denn diese älteste Steuer nur noch als rein privatrechtliche Reallast weiter bestehen, bis man im 19. Jahrhundert ihre Ablösung in Angriff nahm, und konnte so für die ganze weitere Entwicklung des Steuerwesens in Meklenburg von keiner Bedeutung mehr sein. Wenn Balck abweichend davon der Ansicht ist, daß die ordentlichen Beden später mit den landständischen Steuern vermischt und mit ihnen gemeinsam in den Landkasten, die landständische Steuerkasse, geflossen seien, und sich dabei auf einen Steuerrevers von 1561 stützt, in dem den Ständen außer für die neue landständische Steuer auch ein Bewilligungsrecht für die alte Landbede zugestanden werde, 7 ) so muß man sich dem gegenüber auf die Seite Böhlaus stellen, der betont, daß damals die ordentliche Bede schon längst zur Reallast erstarrt war, mithin unmöglich hier gemeint sein kann, und der dagegen im Wortlaut des Reverses von 1555 - so datirt er abweichend von Balck - einen deutlichen Hinweis darauf findet, daß es


1) Z. B. M. U.=B. VI, 4181.
2) M. U.=B. VIII, 5528.
3) M. U.=B. XIII, 8014.
4) M. U.=B. XIII, 7438.
5) M. U.=B. XIII, 7775.
6) Nur erhebliche Theile der Kornbede haben sich nach Ahlers, a. a. O. S. 52 erhalten.
7) Balck, a. a. O. II, S. 7 und 8.
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sich hier nur um eine nochmalige Bestätigung des Bewilligungsrechtes für die alten außerordentlichen Beden handelt. 1 )

Das alte System einer landesherrlichen direkten ordentlichen Steuer, wie wir es in der Bede sahen, fiel also allmählich völlig auseinander, indem die einzelnen Leistungen, aus denen es sich zusammensetzte, überall an die Grundherren übergingen und dem Landesherrn nur da blieben, wo er selbst Grundherr war. Für die weitere Entwicklung der politischen, socialen und wirtschchaftlichen Verhältnisse Meklenburgs war das von den schwerwiegendsten Folgen. Allerdings nicht der Verlust der Bede allein hat diese Folgen gezeitigt. Auch die Veräußerung fürstlicher Regalien überhaupt ist nicht deren einzige, aber eine ihrer wichtigsten Ursachen. Sie bedeutete zunächst eine gewaltige Stärkung der politischen Machtstellung der Stände gegenüber dem Landesherrn. Aus einer Schwächung der landesherrlichen Gewalt aber ergab sich ganz natürlich eine Verschlimmerung der Lage desjenigen Standes, der kein privilegirtes Recht besaß und nur durch die anderen Stände politisch vertreten wurde, dessen fociale und wirthschaftliche Stellung jedoch von der Kolonisation her durchaus keine schlechte war, des Bauernstandes. Er wurde, je mehr Hoheitsrechte an die Vasallen übergingen, um so mehr dem direkten Schutze der Landesherren entzogen und den Bedrückungen seiner Grundherren ausgesetzt. Ja die Landesherren selbst sahen sich mitunter durch ihre Nothlage gezwungen, auch ihrerseits ihre Bauern im Domanialgebiete nicht zu schonen. Allerdings sind im Allgemeinen doch bei der Verwaltung des landesherrlichen Grundbesitzes höhere Gesichtspunkte zur Geltung gekommen als bei der des privaten. Für die Erhaltung eines kräftigen Bauernstandes konnte dies aber nicht sehr ins Gewicht fallen, da sich jetzt zugleich mit den fürstlichen Hoheitsrechten auch der Umfang des Domanialbesitzes beträchtlich minderte. Neben dem Verlust der anderen Regalien waren nun aber von besonderem Einfluß auf die Umwandlungen in den Verhältnissen


1) Böhlau, a. a. O. S. 30, N. 74 a. Wenn Balck dagegen wieder meint, eines reversalmäßigen Privilegiums habe es dann in diesem Falle nicht bedurft, da die alte außerordentliche Bede eigentlich nur noch für die drei typischen Fälle in Betracht kam, für diese aber die freie Einwilligung der Stände längst feststand, so ist dagegen geltend zu machen, daß im einzelnen Falle formell doch immer noch wieder eine neue Bewilligung stattfand und es sehr wohl zu verstehen ist, wenn die Stände Werth darauf legten, sich dieses ihr altes formelles Bewilligungsrecht durch eine neue Bestätigung abermals gesichert zu sehen. - Ueber das Verhältniß der alten außerordentlichen Bede zur neuen landständischen Steuer vgl. oben S. 29, Anm. 2.
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des Bauernstandes der Uebergang der hohen Gerichtsbarkeit und der Bede auf die Grundherren. Die Patrimonialgerichtsbarkeit bildete den Ausgangspunkt für allmählich immer weiter gehende Beschränkungen der persönlichen Freiheit der Untersassen. 1 ) Dem Umstande aber, daß die ordentliche Bede sich nicht in der Hand des Landesherrn erhalten hatte, ist es besonders mit zuzuschreiben, daß man die Bauern gegen das Einziehen von Bauernstellen im ganzen schutzlos ließ. Eine ordentliche landesherrliche Steuer, die hauptsächlich von den Bauern getragen wurde, hätte sich zweifellos als ein starkes Bollwerk gegen das Bauernlegen erwiesen; in ihr hätte für die Landesherren ein wirksames Motiv zu kräftigem Einschreiten gelegen. So stehen die Veräußerung der Bede und der hohen Gerichtsbarkeit in enger Beziehung zu den beiden großen Veränderungen, die sich vom ausgehenden Mittelalter an in Meklenburg vollzogen, und die überhaupt für ostelbische Territorien charakteristisch sind, zu der Umwandlung der Grundherren in Gutsherren und der Umwandlung freier Bauern in Leibeigene. Auch im Westen waren, wenn auch nicht im gleichen Maße, die Landesherren durch Finanznoth zur Veräußerung von Hoheitsrechten gezwungen worden; diese wurden hier aber wieder eingelöst und blieben nur zum Theil in den Händen der Vasallen. Den Grund dafür, daß man im Osten nicht so gut wie im Westen die staatlichen Rechte zusammenzuhalten vermochte, wird man wohl außer in persönlichen Momenten, die aber nicht ausschließlich in Betracht kommen können, da es im Westen ebensowohl wie im Osten schwache Herrscher gab, in der Größe der ostdeutschen Territorien zu suchen haben. Die weitere Ausdehnung hinderte eine intensivere Verwaltung und erschwerte die Bewahrung herrschaftlicher Rechte. In Betracht kommt wohl auch noch der Umstand, daß der Osten, dessen jüngere Einrichtungen noch nicht so gefestigt waren, keine so sichere Rechtsordnung besaß und keinen so guten Rechtsschutz bot wie der Westen. In dieser Hinsicht ist es für den Osten besonders charakteristisch, daß er keine Weisthümer kennt. Auch mit aus diesem Zusammenhange heraus ist es zu verstehen, daß der Bauer keinen Schutz fand und die landesherrlichen Rechte nicht unversehrt erhalten blieben.


1) Fuchs, Der Untergang des Bauernstandes und das Aufkommen der Gutsherrschaften nach archivalischen Quellen aus Neu=Vorpommern und Rügen, S. 7
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Die Schwäche der staatlichen Gewalt war es nach alledem, die im Osten die großen Gutsherrschaften ermöglichte. Als alleiniger Erklärungsgrund für deren Entstehung reicht sie jedoch nicht aus. Als ein zweites wichtiges Moment kommt noch hinzu, daß von Anfang an die Hofländerei des östlichen Ritters an Ausdehnung die des westlichen Ritters übertraf und die Grundherrschaft in den ehemals slavischen Gegenden von vornherein einen mehr einheitlichen Charakter hatte. Darin lag ein natürlicher Antrieb, die vorhandenen Verhältnisse weiter auszubauen. Noch eine Reihe anderer Ursachen sind bei der Entstehung der großen Gutsherrschaften wirksam gewesen, wie ja denn alle historischen Verhältnisse sehr komplizirter Natur sind. Vor allem spielt schließlich auch das rein persönliche Element seine wichtige Rolle: alle äußeren treibenden Kräfte können noch nicht mit Nothwendigkeit ein bestimmtes Ziel der Entwicklung herbeiführen; es kommt immer noch darauf an, für welche von den möglichen Richtungen der unberechenbare Faktor der Persönlichkeit zuletzt den Ausschlag giebt und wie diese auf die mannigfachen vorhandenen Anreize reagirt. Unter den allgemeinen Gründen aber für die Entstehung der Gutsherrschaften ist neben einer von Anfang an in den Dingen liegenden Tendenz die Haltung, die der Staat einnahm, der wichtigste, und diese ist wieder in entscheidender Weise dadurch mit bestimmt worden, daß die alte ordentliche direkte Staatssteuer, die Bede, verloren ging. 1 )

 

Vignette

1) v. Below, Territorium und Stadt: Der Ursprung der Gutsherrschaft, S. 1 - 94.
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Exkurs.

Das Hundekorn.

An ordentlicher Bede wurde, wie wir sahen, in Meklenburg außer der Geldleistung noch eine Kornleistung von der Hufe gefordert. Wigger hat nun den Nachweis geführt, 1 ) daß dieser in Korn erhobene Theil der Bede im östlichen Meklenburg noch mit einem besonderen Namen belegt wurde, daß er dort häufig als Hundekorn in den Urkunden erscheint. Man glaubte früher hinter dieser Bezeichnung eine ganz andersartige, selbständige Abgabe suchen zu müssen und ist auch heute theilweise wieder zu dieser Anschauung zurückgekehrt, wie ja denn auch eine solche Spaltung einer sonst begrifflich ein Ganzes bildenden Abgabe durch die Einführung einer so fremdartig klingenden neuen Benennung nicht viel Wahrscheinlichkeit für sich hat, zumal die der Substanz nach verschiedenen Theile der Abgabe an denselben Terminen zusammen erhoben wurden. Allein durch die Art, wie Bede und Hundekorn neben einander in den Urkunden auftreten, wird ihre Zusammengehörigkeit zweifellos bewiesen. Bemerkenswerth ist zunächst, daß das Hundekorn niemals mit der Kornbede zusammen genannt wird, sondern immer nur neben dem einfachen Namen Bede oder häufig neben dem spezielleren Pfennigbede vorkommt. Schon daraus ergiebt sich indirekt, daß Hundekorn gleich Kornbede sein muß. Die Gleichheit kommt in den Urkunden aber auch direkt zum Ausdruck. So befreit Fürst Nikolaus II. von Werle 1302 ab omni onere et gravamine advocatorum, peticionibus, expeditionibus, precariis, exactionibus et a censu et petitione, quod dicitur hundekorn. 2 ) Zuweilen wird eine engere Zugehörigkeit des Hundekorns zu der Bede dadurch ausgedrückt, daß jenes durch die Verbindung cum an diese angeschlossen wird. In einer Urkunde von 1374 verpfändet Henneke von Flotow omnes et singulas precarias ville Wangelin . . . cum annona canina, die er beide von dem Fürsten Nikolaus III von Werle erworben hat, an das Kloster


1) Das Hundekorn. Baltische Studien, Bd. 29.
2) M. U.=B. V, 2821. Die Thatsache, daß die Ausfertigung dieser Urkunde unecht ist, kann wohl nicht schwer ins Gewicht fallen, da sie immerhin, weil ihre Entstehung zweifellos in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts fällt, für den Rechtssprachgebrauch in dieser Zeit charakteristisch ist. Vgl. Baltische Studien, Bd. 29, S. 360.
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Malchow. 1 ) Dem entspricht es, wenn sich in einer Urkunde des Fürsten Nikolaus von Werle von 1306 die Wendung findet: precaria nostra cum annona; 2 ) hier hat man bei dem einfachen Zusatz annona schon an sich gar keine Veranlassung anzunehmen, daß hier nicht die precaria annone, sondern eine selbstständige Abgabe gemeint sei. Ceterum dimittimus, heißt es in einer eine Veräußerung von Bede betreffenden Urkunde, et assignamus eisdem et eorum liberis in villa eadem Zabene omnem precariam maiorem et minorem denariorum cum annona canina et simpliciter omnes illas peticiones precarias, quas in toto vel in parte nos in futurum nostra in terra petere contingeret. 3 ) Liegt an sich in der Wendung precaria cum annona canina noch kein zwingender Beweis für die Zusammengehörigkeit, weil auch einander ganz fremde Abgaben, wenn sie zusammen veräußert werden, zuweilen wohl so verknüpft genannt werden, so wird doch aus obiger Urkunde schon eher ersichtlich, daß eine solche Verbindung hier keine zufällige ist. Die Art, wie hier an die Veräußerung der eng verbunden genannten großen und kleinen Geldbede und des Hundekorns die der außerordentlichen Beden angeschlossen wird (et simpliciter omnes illas peticiones) weist darauf hin, daß auch das Hundekorn Bedecharakter hatte, daß darunter die Kornbede zu verstehen ist, und also dieser einzige Theil der Bede, der noch in Betracht kommen könnte, auch mit aus der Hand gegeben wird. Noch deutlicher klären andere Stellen über die Art der Abgabe auf. Im Jahre 1349 verpfänden die Fürsten Johann III. und Nikolaus IV. von Werle dem Ritter Heinrich Dargatz 1280 Mark, die dieser an Kriegskosten für sie aufgewandt hat: de omnibus denariorum precariis, tam ygemalibus quam estivalibus, excepta annona canina, in hiis villis infrascriptis: Klocowe, Riczerowe, Sulten et Kiddendorpe tollendas. 4 ) Da hier von etwas Anderem als Bede überhaupt gar nicht die Rede ist, so wäre die Auslegung, daß das Hundekorn eine andersartige Abgabe sei, hier ganz sinnlos. Wenn dem Ritter Heinrich Dargatz nur die Beden zur Verfügung gestellt werden, so sind damit auch alle anderen landesherrlichen Rechte von der Verschreibung ausgeschlossen. Wie sollte das aber zu erklären sein, daß man von diesen nur das Hundekorn namhaft und zum Gegenstand


1) M. U.=B. XVIII, 10573.
2) M. U.=B. V, 3129.
3) M. U.=B. XV, 8988.
4) M. U.=B. X, 6934.
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eines besonderen Vorbehalts gemacht hätte? Entweder hätte man sie alle - auch soweit sie etwa schon nicht mehr in den Händen des Landesherrn waren - als von der Uebertragung ausgeschlossen namentlich angeführt oder gar keins. Dagegen, daß hier überhaupt alle übrigen landesherrlichen Rechte ausdrücklich genannt worden wären, spricht aber schon der ganze Charakter der Urkunde. Es handelt sich hier nur um eine Anweisung auf die Bede, nicht um Veräußerung von Bede. Wenn aber nicht einmal das hier in Frage kommende landesherrliche Recht wirklich in den Besitz des Ritters übergeht, welcher Grund hätte dann vorgelegen, sich die übrigen ausdrücklich vorzubehalten? Schließlich hätte auch hier, wenn das Hundekorn wirklich eine neben der Bede stehende selbstständige Abgabe gewesen wäre, nur die Wendung reservata annona canina zur Anwendung kommen können; durch excepta wird hier deutlich die Zugehörigkeit zu dem vorausgehenden allgemeineren Begriffe precaria ausgedrückt. Das Hundekorn kann hier also nur ein Theil der Bede gewesen sein, die Kornbede, die hier der Landesherr bei der Verschreibung der Geldbeden noch ausdrücklich als davon ausgenommen erklärt; sonst hätte nicht die geringste Veranlassung vorgelegen, es hier zu nennen. Eine Parallelstelle dazu bietet eine Urkunde vom Jahre 1330. Der Fürst Johann III. von Werle verpfändet totam nostram precariam, quam deinceps in terra nostra Malchin petere nos contigerit, excepta annona. 1 ) Abgesehen davon, daß hier, wo an Stelle des fremdartig klingenden annona canina das einfache annona steht, schon an sich jede andere Erklärung gekünstelt erscheinen müßte, ist nach der Nennung des einen bestimmten Verpfändungsobjektes auch hier der Vorbehalt einer ganz beliebig herausgegriffenen fremden Abgabe ganz undenkbar. In beiden Urkunden ist der umfassendere Begriff, zu dem das Hundekorn gehört und von dem es ausgenommen wird, nicht eine Summe veräußerter landesherrlicher Hoheitsrechte, sondern nur allein die precaria. Hundekorn ist hier also Bede, jede andere Erklärung ist ausgeschlossen. - Bei Veräußerungen von Bede behalten sich die Landesherren häufiger gerade den in Korn erhobenen Theil vor. 2 ) So verpfändet z.B. Fürst Nikolaus IV. von Werle 1350 einen Hof mit zwei Hufen cum omni iure supremo . . . et infimo . . . cum omnibus et singulis precariis pecuniariis, nobis saltem annonali precaria reservata. 3 )


1) M. U.=B. VIII, 5154.
2) Vgl. oben S. 106, Anm. 6.
3) M. U.=B. X, 7041.
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Dementsprechend finden wir, abgesehen von obigen Fällen, auch sonst noch öfter, daß das Hundekorn bei einer Veräußerung von Geldbede vorbehalten wird. Johann III. von Werle bestimmt 1349: sunder over sesteyn hoven beholde wy dat hundecorn. 1 ) In einer Urkunde des Fürsten Heinrich von Meklenburg vom Jahre 1326 heißt es: reservata tamen nobis dimidia precaria denariorum et annona canina. 2 ) Zu Gunsten der Identität von Kornbede und Hundekorn fällt weiterhin noch der Umstand ins Gewicht, daß sich die Zahlungsweise und Höhe beider Abgaben decken; auch das Hundekorn wird in dreierlei Korn in der Höhe von 1 - 2 Scheffel für jede Kornart entrichtet. Eine Urkunde von 1357 bemerkt: qui mansi dabunt . . . annuatim . . . sex marcas de maiori et minori precaria et unum tremodium annone triplicis et equalis de annona canum. 3 ) In einer Urkunde von 1381 beträgt das Hundekorn van ener yeslichen hoven . . . twe scepel roghen, twe scepel ghersten, twe scepel havern. 4 ) - In einer Urkunde aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts wird es dann schließlich auch wörtlich gesagt, daß der Name Hundekorn für die Kornbede angewandt wird; 1404 erneuern Nikolaus und Christoph von Werle Lüdeke Hahn die Belehnung mit dem Dorfe Dempzin: mit der lutteken bede unde mit der groten bede unde mit aller bede, de me bidden edder beden moghe, unde mid der kornebede, dat me hundekorne het. 5 )

Ueber den Bedecharakter des Hundekorns kann danach kein Zweifel mehr sein. In diesem Namen selbst liegt allerdings nichts, was für eine Verwandtschaft mit der Bede spräche. Vielmehr scheint er eher auf einen Zusammenhang der Abgabe mit dem Jagdwesen hinzudeuten. Ein solcher ist denn auch früher durchweg angenommen worden; von Bilow hat in der ebenso wie im östlichen Meklenburg auch in Vorpommern vorkommenden Abgabe die Ablösung einer uralten Pflicht gesehen, die landesherrlichen Jagdhunde zu füttern, eine Last, die auf den slavischen Dörfern solcher Gegenden geruht habe, in denen der Herzog Jagd zu halten pflegte. 6 ) Den Anlaß zu eingehenderen Untersuchungen


1) M. U.=B. X, 6918.
2) M. U.=B. VII, 4772.
3) M. U.=B. XIV, 8402.
4) Lisch, Maltzan. Urk. II, S. 332.
5) Lisch, Hahn. Urk. II, S. 70.
6) Vgl. Baltische Studien, Bd. 29, S. 313; 329.
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über den Ursprung des Hundekorns gab ein praktischer Rechtsfall. Als im 19. Jahrhundert die Ablösung der auf dem Grundbesitz ruhenden Reallasten in Angriff genommen wurde, ist es bezüglich der Aufhebung von Bede und Orböre verschiedentlich zu Rechtsstreitigkeiten über den in Vergessenheit gerathenen Charakter dieser Abgaben gekommen. 1 ) Aehnlich ging es auch bei der hier in Frage kommenden Bedeart, dem Hundekorn. In Preußen wurden durch Gesetz vom 2. März 1850 alle in Beziehung auf die Jagd obliegenden Dienste und Leistungen aufgehoben. Auf Grund dieses Gesetzes weigerten sich vielfach zur Leistung von Hundekorn Verpflichtete, diese Abgabe weiter zu entrichten, da dieselbe mit unter den Begriff der Jagdlasten falle. Die Gerichte stimmten dieser Anschauung bei und erkannten wiederholt die Berechtigung solcher Weigerungen an. In einem von 1873 - 78 währenden Prozesse, der zwischen der Stadt und der Universität Greifswald über das Hundekorn geführt wurde, das letztere aus dem städtischen Gute Hinrichshagen bezog, fiel jedoch die Entscheidung auf Grund zweier Gutachten des Staatsarchivars Klempin zu Stettin und eines Gutachtens des Archivars Wigger zu Schwerin anders aus. 2 ) Das Hundekorn wurde von jetzt ab als eine Jagdleistung nicht mehr anerkannt. Die Untersuchungen Wiggers, auf die oben schon hingewiesen wurde, dehnen sich von Vorpommern auch noch auf das östliche Meklenburg aus. Abgesehen von den urkundlichen Beweisen für den Zusammenhang des Hundekorns mit der Bede wird in den genannten Gutachten die Unmöglichkeit einer Zugehörigkeit der Kornabgabe zu den Jagdleistungen schon in dem Umstande gesehen, daß als einzige Jagdlasten sich zwei andere Leistungen erkennen lassen, die deutlich von dem Hundekorn zu unterscheiden sind. Einmal hat die Aufziehung und Fütterung von landesherrlichen Jagdhunden in Meklenburg und Pommern in Landgemeinden nur den Lehn= oder Freischulzen und den Müllern, nicht aber allen Bauern obgelegen, und diese Abgabe ist dort niemals abgelöst worden. Eine Ablösung der Pflicht, die landesherrlichen Jagdhunde zu füttern, kann das Hundekorn daher nicht sein. Sonst kann als eine Jagdlast nur das sogenannte Ablager noch angesehen werden, d. h. die Vasallen, Klöstern und Städten obliegende Pflicht, wie den Fürsten selbst


1) Vgl. v. Below, Artikel Bede im Handwörterbuch der Staatswissenschaften und Merklinghaus, a. a. O. S. 94 und 95.
2) Die genannten Gutachten sind, noch vermehrt durch Untersuchungen des Oberappellationsgerichts=Präsidenten Dr. Kühne, abgedruckt in den Baltischen Studien, Bd. 29.
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und sein Gefolge, so auch, falls er sich auf der Jagd befand, seinen ganzen Troß und seine Jagdmeute auf Verlangen aufzunehmen und zu beherbergen. Diese Last ist mehrfach abgelöst worden und dafür das sogenannte Lagergeld oder der Ablagerroggen und Ablagerhafer gezahlt worden. Außer dem Ablager bestand anderswo noch vielfach die Pflicht, auf längere Zeit einquartierte Jäger und Hunde zu verpflegen. Auch diese Last wurde häufig in Geld oder Getreide abgelöst (Hundslagergeld), ist aber in Pommern und Meklenburg nicht nachweisbar.

Als direktes Zeugniß dafür, daß das Hundekorn seinem Ursprunge nach nichts mit Jagd zu thun hat, auch nicht ausschließlich für Jagdzwecke, wie z. B. die Fütterung landesherrlicher Jagdhunde, verwandt ist, führt Wigger besonders eine Urkunde aus dem Magdeburgischen vom Jahre 1211 an. 1 ) Nach dieser haben die Hintersassen des Klosters Leitzkau dem Klostervogt zu leisten die vogetpennige . . . et frumentum, quod dicitur huntkorn . . . ad expensas iudicis pertinentes. Erfüllt jedoch der Vogt seine Pflicht des Rechtsschutzes nicht, so hat er keinen Anspruch mehr auf diese Forderungen: et tunc omnia illa, que ego vel heredes mei aut ipsorum successores pro defensione et iudicio ipsorum annuo tempore consequi solebamus, videlicet denarii, qui dicuntur vogetpennige, supradicti, et frumentum, quod dicitur huntkorn, et tertius denarius iudicialis, qui dicitur weddepenninge, et si qua sunt alia ad iudicia pertinentia, libere redibunt ad ecclesiam Letzkensem. Das Hundekorn wird hier ebenso wie die Geldbede, die vogetpenninge, pro iudicio gegeben; den Rechtstitel liefert die hohe Gerichtsbarkeit und nicht die Jagd. Bestimmt sind beide Abgaben in gleicher Weise ad expensas iudicis, für den wirthschaftlichen Bedarf des Richters überhaupt, nicht für besondere Jagdzwecke. Die Zugehörigkeit des Hundekorns zu den Jagdabgaben ist also ausgeschlossen.

Unverständlich muß es dabei bleiben, wie für die Steuer ein Name eintreten konnte, der mit ihr seiner Bedeutung nach nichts zu thun hat und auf ganz andere Zusammenhänge hinweist. In der Fremdartigkeit des Namens sehen darum die Verfasser der Gutachten noch ein letztes Hemmniß ihrer Beweisführung. Die Art, wie sie es zu beseitigen suchten, gab zuerst zu verschiedenen weiteren Erörterungen Anlaß. Klempin war der Ansicht, daß der Name der Abgabe eine Setzung partis pro


1) Balt. Stud. Bd. 29, S. 357.
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toto sei: von dem überhaupt für die Hofwirthschaft des Fürsten verwandten Bedekorn sei offenbar ein großer Theil für den Zweck der Fütterung der Jagdhunde bestimmt gewesen; danach sei dann die ganze Abgabe Hundekorn benannt worden. 1 ) Wigger zieht die Annahme einer Volksetymologie vor. Er sieht in dem ersten Bestandtheile des Wortes nicht die Bezeichnung für das Thier, sondern für ein Ackermaß (= 1/6 Morgen), das unter dem Namen hunt nachweisbar ist und von dem die Abgabe gegeben sei. Die lateinischen Uebersetzungen annona canum, annona canina, frumentum canum beruhen nach Wigger nur auf späterem Mißverständniß des ursprünglichen Sinnes. Er legt Gewicht darauf, daß in der angeführten Magdeburger Urkunde diese Uebersetzung noch nicht angewandt ist. Von Magdeburg ist seiner Ansicht nach der Name nach dem östlichen Meklenburg erst im Anfang des 14. Jahrhunderts, zu welcher Zeit er dort zuerst urkundlich belegt ist, übertragen worden. Da zu jener Zeit gerade Günther, Herr von Werle, Domherr zu Magdeburg gewesen sei, so sei es wahrscheinlich, daß durch diesen erst in seiner Heimath der Name eingeführt sei. Von da habe dann wiederum später eine Uebertragung nach Vorpommern stattgefunden. In dem zwischen Magdeburg und Meklenburg liegenden Gebiete, der Mark Brandenburg, ist nach Wigger der Name nur zweimal, und zwar in unmittelbarer Nähe des Magdeburgischen, nachweisbar. 2 ) Der Vorsitzende des Gerichtshofes, der das Endurtheil in dem Prozesse zwischen Stadt und Universität Greifswald zu fällen hatte, Oberappellationsgerichts=Präsident Dr. Kühne, gab die drei Gutachten mit einer Einleitung und einem Anhang, in dem er selbst noch einmal über die Namenerklärung handelt, in den Baltischen Studien heraus. Er hält an der Annahme einer falschen Etymologie fest, glaubt aber nicht, daß das Flächenmaß hunt zu Grunde liege, da dieses in Magdeburg, Meklenburg, Pommern gar nicht nachweisbar sei, sondern das Wort hunne, das am Rhein eine Bezeichnung für den Gemeindevorsteher und für den Gerichtsboten war und das er auf den alten centenarius


1) Vgl. dazu Maurer, Geschichte der Fronhöfe 3, S. 540, Anm. 11 und 14, wo zwei Beispiele einer zum Zweck der Hundehaltung aufgelegten außerordentlichen Steuer angeführt werden.
2) Man hat vermuthet, daß in der Mark Brandenburg vielleicht das Woizopkorn dem Hundekorn entspräche. Jedoch findet sich dort Woizop neben dem Bedekorn und ist nicht mit diesem identisch. Vgl. Bernhard Guttmann, Die Germanisirung der Slaven in der Mark. Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte. IX, 2, S. 118.
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zurückführt. Die Abgabe sei daher nach dem Beamten genannt worden, der sie einzusammeln hatte. Beide Erklärungen, die Zugrundelegung des Flächenmaßes hunt wie die des Wortes hunne, wurden dann von Lübben zurückgewiesen, 1 )der auf eine wirkliche Deutung verzichten zu müssen erklärte, an der Identität von Bede und Hundekorn jedoch festhielt. Noch einmal zu dem Hilfsmittel der Annahme einer falschen Etymologie griff Preuß, der die Vermuthung aussprach, daß das Wort hund eine Kontraktion aus der Bildung huvende sei; die Ansetzung einer solchen Bildung sei berechtigt, weil die Anhängung der Silbe de an die Substantiva im Niederdeutschen weit verbreitet sei; in dem Hundekorn sei dann das Hufenkorn, das von den Hufen gegebene Korn zu sehen. 2 ) Außerdem weist Preuß darauf hin, daß sich auch im Lippeschen eine Abgabe unter dem Namen Hundekorn findet. Seelmann 3 ) dagegen sieht keine Veranlassung, in dem Namensbestandtheil hunt etwas Anderes wie den Vierfüßler zu sehen. Er ist der Ansicht, daß es neben den von Klempin und Wigger angeführten Jagdpflichten, der Hundefütterung durch die Schulzen und Müller und dem Ablager oder auch dem Hundelager, recht wohl noch andere mit dem Jagdwesen zusammenhängende Abgaben gegeben haben könne, so z. B. eine Leistung dafür, daß die Jagd und Meute nicht bei stehender Saat über den Acker jage. Daher kehrt er wieder zu der Anschauung zurück, daß die Kornabgabe mit der Jagd in Verbindung stehe, wenn sie auch nicht die Ablösung einer Pflicht, die Hunde zu füttern, sei. Er macht darauf aufmerksam, daß Abgaben unter dem Namen Hundekorn nicht nur in Magdeburg, Meklenburg und Pommern, sondern auch in einem weiten Gebiete des sächsischen Stammlandes Engern und Westfalen vorkommen, und führt eine Urkunde des 15. Jahrhunderts aus der Nähe von Bernburg an, in der ausdrücklich auf einen Zusammenhang mit der Jagd hingewiesen sei. Es ist dort von dem Hofe Aderstedt die Rede, der von acht zugehörigen Hufen das Hundekorn zu


1) Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung, Jahrgang 1878, S. 106 - 115. Letzteres deshalb, weil dort, wo ein Hunne vorkomme, kein Hundekorn nachweisbar sei und, wo Hundekorn bezeugt sei, es keinen Hunnen gegeben habe. - Daß aber, rein etymologisch genommen, die Ableitung vom Hunnen nicht unmöglich wäre, beweist die ähnliche Bildung huntzwin gleich Hunnenwein. Vgl. Lamprecht, Deutsches Wirthschaftsleben im Mittelalter I, 1, S. 571, 3.
2) Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrgang 1886. Heft XI.
3) Ebenda.
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leisten hat: Tho deme anderen male hebben se van deme stiffte eynen wispel korn, gheheten hundekorn, von acht houffen landes tho Osmersleven, uppe dat se den hoff tho Aderstede myt hunden effte myt jacht nicht schullen besweren. Krause 1 ) ist ebenfalls der Meinung, daß es eine größere Anzahl von Jagdleistungen und möglichen Jagdablösungen gegeben habe, als Klempin und Wigger annehmen. Nach ihm können Futterlieferung an fürstliche Hundeställe, Hundeaufzucht und Eigenfütterung, Hundelager und Jagdlager und schließlich ein Abkauf des ganzen auf dem Dorfgrunde ruhenden Jagdrechts zur Schonung von Acker und Weide in Betracht kommen. Daher könne außer den von Klempin und Wigger bezeichneten Leistungen auch das Hundekorn sehr wohl noch zur Jagd in Beziehung stehen. Nur das gesteht Krause zu, daß nicht jede im 15. oder 16. Jahrhundert Hundekorn genannte Leistung Jagdabgabe sei, sondern auch andere Leistungen später unter diesem Namen mit einbezogen worden seien. Gegen Wiggers Annahme, daß im Anfang des 14. Jahrhunderts Günther, Herr zu Werle, Domherr zu Magdeburg, den in seiner ursprünglichen Bedeutung schon nicht mehr verstandenen Namen nach Meklenburg gebracht habe, macht er geltend, daß es unerklärlich sei, warum solch ein irreführender Name für eine bekannte, unzweifelhafte Sache eingeführt sei. Bevor ihm hierfür der Grund nicht nachgewiesen werde, bleibe er bei der Erklärung, annona ist Korn für Hunde, in welcher Schattirung der Bedeutung das auch zu verstehen sei.

Wenn Seelmann und Krause so die Bedenatur des Hundekorns in Meklenburg wieder in Zweifel ziehen, so gehen sie doch in ihren Erwägungen weniger von der Frage, in welchen Formen sich die Abgabe in den Urkunden Meklenburgs darstellt, als von Bedenken aus, welche die Unerklärbarkeit des Namens erweckt; die Thatsache, daß sich urkundliche Stellen anführen lassen - außer der Urkunde, die Seelmann citirt, weist Krause noch auf zwei Urkunden aus Westfalen hin 2 ) -, die dafür sprechen können, daß es noch Jagdabgaben anderer Art, wie


1) Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrgang 1889. XV, S. 149 - 157.
2) A. a. O. S. 156. Niesert, Münster. Urkundenbuch 6, S. 135 und 7, S. 169. Nach der einen wird Hundegeld bezahlt, nach der anderen verspricht der Bischof von Münster, nicht mehr mit Jagd zu beschweren. Krause ist der Ansicht, daß beide Stellen eine Ergänzung zu einander bieten. Wie in obiger Abgabe, so sieht er auch im Hundekorn einen Abkauf des ganzen Jagdrechts.
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Klempin und Wigger annehmen, gegeben habe, und die Thatsache, daß sich anderswo der Name Hundekorn auch für Jagdabgaben angewandt findet, halten sie für genügend zum Beweis dafür, daß auch in Meklenburg das Hundekorn im Allgemeinen eine Jagdabgabe gewesen sei. Es ist jedoch demgegenüber zu betonen, daß für die Erklärung des Rechtsursprungs der Name, dessen Entstehung immerhin manchen Zufälligkeiten ausgesetzt sein kann, und etwaige Analogien nicht so sehr ins Gewicht fallen können, als die Beziehungen, in die die Urkunden die Abgabe setzen. Aus einer bloßen Etymologie darf man nie (wozu freilich Philologen oft neigen) eine historische Entwicklungsreihe konstruiren. Schon aus der Art, in der das Hundekorn in den meklenburgischen Urkunden auftritt, ergiebt sich ein zwingender Beweis für seine Bedenatur; in dem Zusammenhange, in dem es dort vorkommt, hätte es sonst unmöglich genannt werden können. An Stellen, die nicht nothwendig auf den Bedecharakter der Abgabe schließen lassen, spricht doch auch nichts gegen einen solchen; auf einen Zusammenhang mit der Jagd aber findet sich, wenn man von dem Namen selbst absieht, nirgends auch nur der leiseste Hinweis. Was nun den Namen anbetrifft, so ist allerdings die Wiggersche Annahme, daß durch einen einzigen Mann ein seinem Ursprung nach nicht mehr recht verstandener Name in solchem Umfange für eine Sache in Gebrauch gebracht worden sein soll, für die es eine vollkommen klare Bezeichnung gab, nicht recht wahrscheinlich. Es muß überhaupt als zweifelhaft hingestellt werden, ob es möglich ist, aus der Thatsache, daß in den erhaltenen Urkunden der Name in Magdeburg früher auftritt als in Meklenburg und dort ein wenig früher als in Pommern, ohne weiteres den Schluß zu ziehen, daß eine Uebertragung von dem einen Gebiete auf das andere stattgefunden habe. Jedenfalls tritt der Name thatsächlich in Meklenburg sofort als annona canina auf, und der Nachweis einer Volksetymologie ist nicht zu führen. Es liegt somit immerhin am nächsten, in dem Namen Hundekorn ebenso wie in den allgemein für Jagdabgaben gebrauchten Namen Hundehafer und Hundebrot 1 ) einen Zusammenhang mit dem Jagdhunde zu vermuthen. Andrerseits kann aber die Abgabe selbst, was ihren Rechtstitel anbelangt, unmöglich eine Beziehung zur Jagd gehabt haben, da sie als identisch mit der Bede erscheint und die Bede immer


1) In M. U.=B. XVI, 9873 steht, allerdings in einer schlechten Uebersetzung, auch hundebroth in derselben Bedeutung wie hundekorn.
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nur mit der hohen Gerichtsbarkeit, niemals mit der Jagd in Verbindung steht. In der erwähnten Magdeburger Urkunde wird ja denn auch ausdrücklich gesagt, daß das Hundekorn pro iudicio geleistet werde. 1 ) Es läge dann also der Fall vor, daß Sache und Namen gänzlich auseinanderfallen. Undenkbar ist das von vornherein nicht, daß ein aus einem anderen Zusammenhang stammender Name zufällig auf eine Sache übergegangen ist, der er nicht konform ist. 2 ) Ueber die Art, wie das etwa geschehen konnte, kann man allerdings nur Vermuthungen hegen. Auffallend ist, daß gerade in den Kolonialländern, wo eine Zeit lang Slaven und Deutsche neben einander wohnten, der Name Hundekorn für Kornbede vorzugsweise gebräuchlich gewesen zu sein scheint. Nach Preuß und Seelmann tritt der Name zwar noch in einem weit größeren Gebiet auf. Aber es wäre noch die Frage einer näheren Untersuchung, ob er überhaupt noch und wie weit er sonst noch in der Bedeutung Bedekorn gebraucht wird. Fraglich ist es auch ferner noch, ob nicht auch dort, wo er für eine Jagdabgabe oder die Ablösung einer Jagdpflicht steht, für dieselbe Abgabe nicht vorwiegend andere Namen, wie Hundebrot etc. ., im Gebrauch


1) Krause meint, in dieser Urkunde könnte unter den expensis iudiciariis sehr wohl auch Jagdausgaben mit zu verstehen sein. Die Möglichkeit liegt natürlich vor. Aber deshalb ist das Hundekorn hier doch noch durchaus keine Jagdabgabe. Eine pro iudicio - ad expensas iudicis gegebene Abgabe, ad iudicium pertinens, ist vielmehr damit deutlich als eine auf Grund der hohen Gerichtsbarkeit erhobene Leistung gekennzeichnet. Dem ganzen Wortlaut der Urkunde nach kann dem Hundekorn nur derselbe Rechtstitel zu Grunde liegen wie den vogetpennigen; daß der der letzteren stets die hohe Gerichtsbarkeit war, ist ja auch sonst noch hinreichend bezeugt.
2) Wenn in M. U.=B. II, 792 eine Kornabgabe, die als Ablösung pro servitio jährlich gegeben wird, einfach mit bedecorn bezeichnet wird, so ist das z. B. ein Zeugniß für das Vorkommen einer solchen Uebertragung eines Namens auf eine ihm fremde Sache. Dasselbe liegt vor, wenn in Vorpommern seit dem 16. Jahrhundert der Name Hundekorn, wie das Klempin nachgewiesen hat, von dem in Korn erhobenen Theil der Bede auch noch auf den Theil der Pacht, der in dreierlei Korn geleistet wurde, übergegangen ist. Es erklärt sich das daraus, daß in Folge der Veräußerungen zu jener Zeit die Bede überall in denselben Händen sich befand wie die Pacht und ein eigentlicher Unterschied zwischen beiden Abgaben nicht mehr vorhanden war. Falls der Name Hundekorn wirklich von einer älteren Abgabe herstammt und von dieser erst auf die Bede übergegangen ist, so hätte er in obigem Falle zum dritten Male seine Bedeutnng gewechselt oder wenigstens erweitert. Daß im östlichen Meklenburg nicht auch der Name auf den in Korn erhobenen Theil der Pacht ausgedehnt worden ist, scheint daran zu liegen, daß dort die Landesherren beträchtliche Theile der Kornbede in der Hand behalten haben. Vgl oben S. 106, Anm. 6.
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waren. Vielleicht ist die Anwendung des Namens Hundekorn in anderen Gegenden doch nur ganz sekundär und besonders charakteristisch nur für ehemaliges slavisches Gebiet. Wenigstens führt wie v. Bilow so auch Fuchs noch das Hundekorn ohne weiteres auf eine alte slavische Last zurück. 1 ) Nicht unmöglich ist es, daß der Name, wenn auch nicht die Abgabe selbst, von einer solchen herzuleiten ist. 2 ) Fuchs nimmt offenbar an, daß die sogenannte Psare, die Pflicht, die fürstlichen Hunde zu führen und sammt dem Hundeführer aufzunehmen und zu beköstigen, noch in slavischer Zeit häufig abgelöst ist und dafür jährliche Kornleistungen entrichtet wurden. Da nun später in deutscher Zeit nach Wigger und Klempin die Hundefütterung nur den Freischulzen und Müllern oblag, so ist die alte slavische Last auf die deutsche Bevölkerung in ihrer Gesammtheit offenbar nicht übergegangen. Aber auch eine an die Stelle dieser Last getretene Kornleistung scheint auf die deutsche Bevölkerung nicht übergegangen zu sein; denn ihrer geschieht in den Urkunden aus der Kolonisation bei der Feststellung der von den Deutschen zu leistenden Abgaben nicht die geringste Erwähnung. Der Name Hundekorn findet sich in den Urkunden erst am Anfang des 14. Jahrhunderts. So sind denn die deutschen Kolonisten, wie sie ja überhaupt zu besserem Recht angesiedelt wurden, wahrscheinlich von der alten slavischen Last wie von ihrer Ablösung verschont geblieben. Nur mit der Pflicht der Müller und Freischulzen wird bei ihnen etwas der umfangreicheren slavischen Jagdlast Entsprechendes eingeführt. Hatten nun die Deutschen keine Ablösung in Korn für die Psare, kein Hundekorn, zu zahlen, so hatten sie doch eine andere Kornleistung an den Landesherrn zu entrichten, die den Slaven nicht oblag, nämlich das Bedekorn. In der Zeit nun, wo slavisches und deutsches Staatsrecht noch neben einander bestanden, konnte es sehr wohl geschehen, daß für die beiden verschiedenen Abgaben


1) Fuchs, a. a. O. S. 7.
2) Hingewiesen sei an dieser Stelle auf die Chunowe oder Chuno, die in zwei Urkunden erscheint, einer in das Jahr 1208 gesetzten (M. U.=B. I, Nr. 182), wo vier Hufen in Bentin cum omni jure, censu scilicet, decima et chunowe der Ratzeburger Domkirche geschenkt werden, und einer ungedruckten aus derselben Zeit, auch ohne Jahresangabe, in der Graf Gunzelin (II.) von Schwerin demselben Stift den ihm für ein Seelgedächtniß geschenkten censum et chuno von vier Hufen in Malenteke bestätigt (Ratzeburger Kopiar, Abschrift im Hauptarchive zu Schwerin). Ob dieses unstreitig slavische Wort den Ausgangspunkt des Namens Hundekorn bildet? Nach diesen zwei alleinstehenden Beispielen läßt sich das wohl nicht endgültig entscheiden.
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der Slaven und der Deutschen, die aber beide öffentlich=rechtlich waren und in Korn an den Landesherrn entrichtet wurden, sich ein populärer Name, das Hundekorn, herausbildete, der dann später für die deutsche Abgabe bestehen blieb, nachdem die slavische mit dem slavischen Staatsrecht gefallen war. Damit stimmt dann überein, daß sich dieser übertragene Name für die Bede vorwiegend gerade im östlichen Meklenburg findet, wo slavisches und deutsches Staatsrecht längere Zeit neben einander galten als im Westen. Auch das späte Auftreten des Namens in den Urkunden läßt sich damit in Einklang bringen. Erst als bei den Veräußerungen die Kornbede häufig von der Geldbede getrennt wurde und sich eine gesonderte Bezeichnung als zweckmäßig erwies, drang der alte populäre Name auch häufiger in die Urkundensprache ein, während man in dieser bisher alles unter dem einen Namen Bede zusammengefaßt hatte. Das wäre etwa eine Möglichkeit, wie man sich die Uebertragung des Namens auf eine ihm ursprünglich fremde Sache denken könnte.

Wie der Name nun aber auch immerhin zu deuten sein mag, - es ist zweifelhaft, ob eine sichere Erklärung überhaupt möglich ist, auch wenn die Untersuchungen noch einmal auf breiterer Basis aufgenommen würden - soviel steht jedenfalls für das östliche Meklenburg fest: Die Urkunden weisen hier durchweg auf eine Zugehörigkeit des Hundekorns zur Bede hin, und dann war das, was man hier unter Hundekorn verstand, thatsächlich keine Jagdabgabe und kann auch niemals eine gewesen sein. Mag auch der Name noch so sehr an die allgemein auf Jagdleistungen gehenden Hundehafer, Hundebrot, Hundslager, Hundslagergeld, canaria, canagium anklingen, mag er auch selbst ursprünglich von einer Jagdabgabe herstammen und auch anderswo noch für Jagdabgaben vorkommen, über das, was er im östlichen Meklenburg wirklich bedeutet hat, kann nur die Art, wie er in den Urkunden genannt wird, entscheidend sein. Diese geben aber hinreichend darüber Auskunft, daß die mit Hundekorn bezeichnete Abgabe niemals mit der Jagd in Zusammenhang gestanden haben kann, daß sie identisch mit dem in dreifachem Korn erhobenen Theil der Bede war.

 

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II.

Tagebuch

des Erbprinzen

Friedrich Ludwig von Meklenburg - Schwerin

aus den Jahren 1811 - 1813.

Herausgegeben von Dr. Carl Schröder.


D as erst vor Kurzem wieder aufgefundene Tagebuch des Erbprinzen Friedrich Ludwig, welches dessen im Nachfolgenden abgedruckte Aufzeichnungen aus der Zeit vom 29. Mai 1811 bis zum 31. August 1813 enthält, ist ein in rothes Leder mit Goldpressung gebundenes und mit einer grünen Schutzdecke versehenes Heft in Querfolio. Auf der Innenseite des Deckels trägt es eingeklebt die Firma Decle, Successeur de Simon, Tient Magasin de Papiers et Crayons, à Paris, place d'Jéna, No. 8, en face de la colonnade du Louvre. Nach einem Vorsetzblatt folgt ein Blatt, auf dem ein in Wasserfarben ausgeführtes, 29 X 20 cm großes Bild aufgeklebt ist, das Innere eines im Empirestil möblirten Zimmers mit kleinem Alkoven darstellend; auf einem Stuhl mit hoher Lehne vor dem Kamin sitzt eine in weiß gekleidete junge Dame mit blondem Haar, vielleicht die Geberin des Buches. Dann folgen 30 Blätter weißen Schreibpapiers, 14 Blätter farbigen Zeichenpapiers und 6 Blätter mit Notenlinien. Beschrieben sind (ohne Seitenzahlen) 24 Blätter, und zwar Bl. 1 - 16 a vierspaltig, 16 b - 23 a fünfspaltig, 23 b und 24 wieder vierspaltig; die Spalten sind mit Bleistift gezogen. Der Rest des Buches ist leer.

Der am 29. Mai 1811 in diesem Buche seine Erlebnisse aufzuzeichnen begann, stand, wie hier einleitend bemerkt sei, 1 )


1) Die nachfolgenden Zeilen wollen nur lose Beiträge zur Biographie des Erbprinzen sein. Ueber einzelne Abschnitte von Friedrich Ludwigs Leben hat L. von Hirschfeld eingehend gehandelt in seinem Werke "Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg=Schwerin, und seine Vorgänger" I, S. 34 ff., sowie in einzelnen Abschnitten des Buches "Von einem deutschen Fürstenhofe" (  ...  )
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damals im 33. Lebensjahre, konnte aber schon auf ein vielbewegtes Leben zurückblicken. Geboren zu Ludwigslust am 13. Juni 1778 als drittes, aber erstes lebendes Kind des Prinzen Friedrich Franz und seiner Gemahlin Luise, einer Prinzessin von Sachsen=Gotha=Roda, erhielt Friedrich Ludwig, nachdem er den Händen weiblicher Pflege entwachsen war, 1784 einen Instruktor in der Person des Theologen Moritz Joachim Christoph Passow 1 ), dem 1785 der Jurist Josua Friedrich Passow 2 ) und 1786 zur Ausbildung in der französischen Sprache der in Neuchatel geborene Daniel Heinrich Jeanrenaud an die Seite traten. 1785, in welchem Jahre sein Vater als Nachfolger seines kinderlosen Oheims, des Herzogs Friedrich, den Thron bestieg, wurde ihm der Oberstleutnant Friedrich Wilhelm von Lützow 3 ) als Gouverneur beigegeben. Am 30. September 1792 fand die Konfirmation des Erbprinzen statt, wenige Tage darnach, am 4. Oktober, bezog er die Universität Rostock, begleitet von seinem Gouverneur und dem Instruktor Josua Friedrich Passow.

Mit dem Gange, den seine Erziehung bis dahin genommen hatte, war der Erbprinz in reifen Jahren nicht durchweg einverstanden. Am 4. Dezember 1816 schrieb er an den Gouverneur seines Sohnes Paul Friedrich, den Legationsrath von Schmidt:

"Zu meiner Freude sehe ich, lieber Freund, daß sich unsere Ge=


(  ...  ) (vgl. besonders "Brautwerbung des Erbprinzen Friedrich Ludwig" I, S. 69 ff. und "Ein Thronerbe als Diplomat" II, S. 265 ff.; auch der Aufsatz "Aus dem Tagebuch einer Hofdame" I, S. 193 ff. enthält einschlägiges Material). Auf diese hier nur flüchtig berührten Mittheilungen sei ausdrücklich verwiesen. Etwas ausführlicher dargestellt habe ich nur die bei Hirschfeld ganz übergangenen oder lediglich erwähnten Ereignisse in Friedrich Ludwigs Leben: die Bildungsreise 1795/96, die Memeler Zusammenkunft 1802, den Aufenthalt in Oesterreich 1805. Das Material für meine Darstellungen boten mir die Akten des Großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archivs.
1) Moritz Joachim Christoph Passow, geb. 23. Mai 1753 in Hagenow als Sohn des Präpositus Friedrich Josua Passow, besuchte die Schule zu Lüneburg, studirte in Halle, wurde Hauslehrer beim Amtmann Witzenhusen in Marnitz 1779 Rektor in Ludwigslust, Instruktor der Kinder des Prinzen Friedrich Franz, 1784 Hofdiakonus, 1792 Hofprediger, 1794 Superintendent in Sternberg, 1818 Oberhofprediger in Ludwigslust und starb daselbst 28. Februar 1830.
2) Josua Friedrich Passow, Bruder des vorigen, geb. zu Hagenow 27. Januar 1758, wurde 1798 erster Beamter in Crivitz (als Nachfolger des verstorbenen Amtshauptmanns Schlüter) und erscheint als solcher zuletzt 1821 im Staatskalender.
3) Friedrich Wilhelm von Lützow, ein Bruder des Oberhofmeisters August von Lützow (s. unten Anm. zum 11. Juli 1811), war gleich diesem im württembergischen Militärdienst gewesen. Nach Beendigung seiner Funktionen als Gouverneur des Erbprinzen erwarb er 2. Dezember 1797 Renzow (A. Wittenburg) und starb vor 24. August 1802.
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danken oft begegnen. Ich war im Begriff Sie zu befragen, ob Sie es nicht angemessen hielten einen kleinen Anfang zu machen, meinem Sohne mehrere Freiheit zu gestatten, und nun leget mir Ihr Brief vom 20ten November ganz dieselbe Frage vor. Ich erinnere mir sehr deutlich, daß man es mit mir nicht so gemacht hat, und daß man Unrecht hatte. Bis zu dem Tage, daß mein Hofmeister mich verließ, ich war 19 Jahre alt, war ich unter steter Aufsicht und konnte nicht allein über die Straße gehen. Dies war ohne Zweck, denn ich hörte, sah und that Manches mit doppeltem Eifer, was mir weit weniger interessant geschienen haben würde, wenn ich nicht gerade, der mir darin gelegten Schwierigkeiten wegen, eine doppelte Neugierde daran gefunden hätte. Nachtheiliger indessen als dies, ist es mir geworden, daß ich dadurch nicht den Grad von Selbstständigkeit erlangt habe, der dem Manne ziemt; noch heute wenngleich ich nahe an die 40 bin, betreffe ich mich oft auf einer Unentschlossenheit, die ich Zaghaftigkeit nennen mögte, und die ich nur mit Mühe überwinde. Ich glaube, daß es einem jungen Menschen vortheilhaft ist zuweilen seine Handlungen selbst zu bestimmen und nicht immer sich von Anderen leiten zu lassen; einem jungen Prinzen scheint dies noch nothwendiger, daß er aus eigener Erfahrung lerne, wie es in der Welt zugeht und sich selbst zu führen lerne. Der Fürsten Schicksal ist es ohnehin so oft und so viel durch die Augen Anderer sehen zu müssen. Gehet er in einigen Jahren auf die Universität, so wird es selbst lächerlich gegen Andere ihn in großer Abhängigkeit zu erhalten, und erst dann anzufangen ihm mehr Freiheit zu gestatten, würde dann auch den Nachtheil haben, daß er unbekannt mit den Menschen und der Welt sich in manchen Lagen und Vorkommenheiten nicht zu benehmen wissen würde. Fast alle jungen Leute, wenn sie das väterliche Haus verlassen, müssen sich allein durchhelfen, und wenn nur der fond gut ist, so giebt gerade das Alleinstehen dem Charakter eine gewünschte Festigkeit." Und über den allzu frühen Besuch der Universität schrieb er an denselben am 20. Dezember 1815: "Ganz gewiß werde ich meinen Sohn nicht vor dem 20ten Jahre eine Universität beziehen lassen, den Nachtheil des Gegentheils habe ich nur zu sehr an meinem eigenen Beispiele erfahren, und fühle davon täglich die unangenehmen Folgen."

Im Herbst 1795 schloß der Erbprinz seine akademischen Studien ab und trat eine größere Bildungsreise an. "Nach drey auf der Universität zu Rostock recht glücklich und, wie ich hoffe, nicht ohne Nutzen zugebrachten Jahren beschloßen meine guten

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Aeltern mir auf einige Jahre eine Reise durch die merkwürdigsten Länder Europens thun zu laßen" - so beginnt sein am 30. November 1795 angefangenes Reisejournal. "Ich hoffe daß diese interressante Reise nicht allein meinen, einem jeden jungen Menschen eigenen Trieb die Welt zu sehen befriedigen wird, sondern ich hoffe mit göttlichem Beistande meine Kenntnisse zu erweitern, aufmerksam auf alles was sich mir darstellen wird zu achten, und nach Vollendung dieser meiner Pilgerjahre durch die mir zu erwerbenden Kenntniße, einst meinem Vaterlande nützlich zu werden."

Der Prinz verließ Schwerin am 2. Dezember. Er reiste unter dem Namen eines Grafen von Grabow; seine Begleiter waren sein Gouverneur, der nunmehrige Oberst von Lützow, und sein zum Justizrath ernannter Instruktor Josua Friedrich Passow. Die Reise gieng - um nur die Hauptstationen zu erwähnen - über Lüneburg nach Braunschweig, dann nach Hannover, Göttingen, Cassel, Eisenach, Gotha, Meiningen, Hildburghausen, Coburg, Rudolstadt (von wo ein Abstecher nach Schleiz gemacht wurde), Weimar, Dessau, Leipzig, Dresden, Freiberg, Chemnitz, Prag, Wien, München, Regensburg, Nürnberg. Dann traf den Prinzen eine Einladung seiner Base, der meklenburg=strelitzischen Prinzessin Therese, die seit 1789 mit dem Erbprinzen Carl Alexander von Thurn und Taxis vermählt war und in Dischingen in Schwaben residierte. Dieser Einladung folgte Friedrich Ludwig frohen Herzens; er verlebte eine Reihe beglückter Tage im Verwandtenkreise und trennte sich nur schwer von der ihm sehr zusagenden fürstlichen Familie, um seine Reise durch die Schweiz nach Italien fortzusetzen. In Schwäbisch=Gmünd aber setzten die politischen Ereignisse seinen "Pilgerjahren" ein Ziel. Moreau hatte bei Kehl den Rhein überschritten, die Franzosen überschwemmten Schwaben. So kehrte der Prinz nach Dischingen zurück und erbat und erhielt von seinem Vater die Erlaubniß zur Heimkehr, die auf einem Umwege bewerkstelligt wurde. Als die Thurn und Taxis'sche Familie Dischingen flüchtend verließ, gieng Friedrich Ludwig nach München, von da ins Salzkammergut und dann über Linz, Prag, Carlsbad, Leipzig und Dessau in die Heimath zurück: am 18. August 1796 traf er in Ludwigslust ein und schloß sein Journal mit den Worten: "Gewiß fühle ich ganz meine Glückseligkeit jetzt wieder in Mecklenburg im Kreise der Meinigen zu seyn."

Lernbegierig wie er war hatte Friedrich Ludwig ein offenes Auge für alles Neue, was sich ihm darstellte. In Lüneburg

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sah er die erste Chaussee (die Meklenburg erst 1826 erhalten sollte), in Eisenach die erste Straßenbeleuchtung durch Laternen, die mitten über der Straße hängend an Stricken und Rollen befestigt waren - eine Einrichtung, deren die Stadt Schwerin erst 1823 theilhaft wurde -, am Königssee nach so vielen künstlichen den ersten natürlichen Wasserfall und vermerkte das alles als sehr interessant in seinem Tagebuch, für welches er einen größeren Kreis von Lesern im Auge gehabt zu haben scheint, denn es heißt einmal bei der Beschreibung des Aufenthaltes in Wien: "Ich fange an zu merken, daß die Begebenheiten meines journals so ziemlich alltäglich werden, und sich oft repetiren, ein Beweis daß wir nunmehr lange genug in Wien gewesen sind und so ziemlich alles gesehen haben. Ich bitte also die Leser dieser Zeilen um Verzeihung und danke ihnen für ihre Geduld so weit es gelesen zu haben, bitte aber zugleich um dieselbe auch in Zukunft." Jenseit Cassel zerbrach sein Reisewagen und "da auf einer jeden Station ein anderer Wagen genommen werden mußte, so habe ich denn auch erfahren wie es thut auf der ordinairen Post zu fahren. Man hat jedoch allenthalben bedeckte Postwagen, eine Sache die uns in Mecklenburg beinahe gänzlich mangelt, und die doch für Reisende so nothwendig ist." Wo er Werkstätten, Fabriken, wissenschaftliche oder Wohlthätigkeitsanstalten u. dergl. besichtigte, war er ein aufmerksamer Beobachter und suchte in seinem Reisejournal das Gesehene bis ins Einzelne genau zu beschreiben, so die Salzwerke in Lüneburg, in Hallein, in Reichenhall und ein Bergwerk in Freiberg, die Ateliers für das Bemalen und Brennen des Fürstenberger Porzellans in Braunschweig, die Geschützgießerei in Hannover, die Sternwarte auf dem Seeberge bei Gotha, die Fabriken in Chemnitz, die Breitkopf'sche Druckerei und die Armenschule in Leipzig - "ich wünschte in meinem Vaterlande einst eine so eingerichtete Schule zu sehen, woran es uns noch fehlt", bemerkt er dabei -, das Taubstummeninstitut, die chirurgische Akademie und die Porzellanmanufaktur in Wien u. s. w. Auffällige Gebräuche bezw. Mißbräuche verfehlt er nicht als solche zu verzeichnen: "Ein sonderbarer Gebrauch in Wien ist es, daß wenn man irgendwo zu Mittage oder zu Abend gebeten wird, am anderen Morgen der Portier und die Bedienten kommen und sich höflichst ein Trinkgeld ausbitten, das der angenommenen Norm nach 2 Gulden an den Portier und 1 Ducaten an die Bedienten beträgt. Dies heißt sein diner theuer bezahlen, jedoch den ennui hat man dabei gratis, denn derselbe ist bei solchen grossen diners unvermeidlich und im

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vollen Maaße. Ich gestehe daß ich diesen Gebrauch sehr sonderbar und für die Hausherren selbst nicht sehr ehrbringend finde, denn es sieht doch offenbar aus als wenn man seine Leute nicht hinlänglich besolden könnte, allein vielleicht gehört dieses zum guten Ton, denn man findet es häufig genug in der grossen Welt, daß man du haut und du bas gewöhnlich vereiniget findet."

So empfänglich der Erbprinz für landschaftliche Schönheit ist, so bringt er doch dem Gebirge nur geringe Sympathie entgegen. "Dieses ist die erste Berggegend, die mir wirklich gefallen hat", schreibt er über das Schwarzathal, "ich ziehe sonst bis jetzt unsere vaterländischen Ebenen vor." Und selbst im Salzkammergut bekennt er: "Freilich haben die Berge etwas imponirendes, großes und schönes, aber auf mir machen sie eben keinen großen Eindruck, da ich die flachen Gegenden ungleich lieber habe." An den zahlreichen Höfen, an denen er sich vorstellte, wurde Friedrich Ludwig durchweg freundlich, zum Theil herzlich aufgenommen, und er war dankbar dafür. Aber er wahrte sich auch den Höfen gegenüber die Freiheit des Urtheils, dem er gelegentlich einen für seine Denkungsweise bezeichnenden Ausdruck gab. In Braunschweig ist ihm der Herzog [Carl Wilhelm Ferdinand] "ohnstreitig - ein bei Fürsten seltener Fall - der interressanteste Mann an seinem Hofe." Er erwähnt rühmend, wie der Herzog die Liebe aller seiner Unterthanen genieße; in Cassel dagegen, wo die vielen zwecklosen Prachtbauten das Bedauern des jugendlichen Reisenden erregen, sei der Landgraf Wilhelm IX. von Niemandem geliebt, von Allen gefürchtet. In Hannover kommt es ihm "sonderbar vor, einen Hof ohne Herrn zu sehen. Obgleich letzterer fehlt, so fehlt es dennoch nicht an der strengsten etiquette, welches dem Hofe sowie im allgemeinen den Gesellschaften eine unangenehme Steifigkeit giebt." Strenge Etikette war dem Prinzen durchaus zuwider. Von dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen, der im übrigen als "ohnstreitig einer der besten Regenten Teutschlands" gepriesen wird, heißt es: "Zu beklagen ist es, daß er so sehr an die Etiquette klebt und dadurch sich abhalten läßt einen jeden zu sprechen, denn es hält ausserordentlich schwehr ja es ist beinahe ohnmöglich selbst ihm Sachen vorzutragen. Er ist nur immer mit dem Adel umgeben und hört nur ihn, und erfährt also oft wohl nicht die Beschwehrden der Unterthanen, denen er sonst sicher immer gleich auf der Stelle abhelfen würde." Weit behaglicher als in Dresden fühlte sich der Prinz beim Landgrafen Ludwig X. von Hessen=Darmstadt, der, von den Franzosen aus seinem Lande vertrieben, in Eisenach, im

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Lande seines Schwagers Carl August von Weimar, eine Zuflucht gefunden hatte. "Mittags aßen wir an Hof", berichtet das Reisejournal, "oder vielmehr beim Landgrafen von Darmstadt, denn man sieht auch keine Spur von Etiquette und Hof bei ihm; der Landgraf, seine Gemahlin, seine Famielie und die ganze kleine Gesellschaft leben völlig wie Privatleute, und machen gleichsam nur eine Famielie aus. O möchten doch so manche Fürsten Teutschlands diesem Beispiele folgen, alsdann würden sie erst finden was wahre Glückseligkeit ist, die sie jetzt so fälschlich oft in dem Glanze ihres Hofes und der Zahl ihrer Höflinge suchen." -

Im Jahre 1797 wurde der Erbprinz volljährig und erhielt nunmehr seinen eigenen Hofstaat in Ludwigslust. Sein Kavalier wurde der Kammerherr Detlof Joachim von Oertzen. 1 ) Am 25. Januar 1799 begab sich Friedrich Ludwig mit seinem Bruder Carl nach St. Petersburg und vermählte sich dort am 23. Oktober desselben Jahres mit Helene Paulowna, der am 24. Dezember 1784 geborenen Tochter des Kaisers Paul. Am 15. Februar 1800 fand in Schwerin, am 17. in Ludwigslust der feierliche Einzug des jungen Paares statt. Die in Petersburg verlebte Zeit ist für den Erbprinzen von höchster Bedeutung geworden: sie war sein erstes politisches Lehrjahr und hat nach seiner eigenen Aeußerung seiner weiteren Entwicklung die Richtung gewiesen.

Die Karnevalszeit des Jahres 1801 verlebte das erbprinzliche Paar am königlichen Hofe in Berlin; hier knüpften sich enge Bande der Freundschaft zwischen der Königin und der Erbprinzessin, wie auch Friedrich Ludwig und der König einander sehr werth wurden. Für das Frühjahr war ein Besuch in Petersburg geplant, Kaiser Paul hatte für die Ueberfahrt ein russisches Kriegsschiff zu schicken verheißen. Je mehr sich Helene Paulowna gesehnt hatte, ihre Eltern wiederzusehen, um so schwerer wurde sie betroffen durch die Nachricht vom Ableben ihres Vaters am 23. März, die der neue Zar selbst seinem Schwager mittheilte. Daß Kaiser Paul einem Mordanschlage zum Opfer gefallen war, verschwieg man seiner Tochter, erst viel später wurden die Einzelheiten jener Schreckensnacht bekannt. Die Reise nach Rußland wurde indessen durch diesen Todesfall nicht beeinträchtigt; Helene Paulowna fühlte sich gedrängt, sich in die Arme ihrer Mutter zu werfen, zudem hatte Kaiser Alexander den Erbprinzen eingeladen, bei der Krönung in Moskau gegenwärtig zu sein.


1) S. über ihn unten Anm. zum 30. Mai 1811.
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Da er kein Schiff zur Verfügung stellte, mußte die Reise, die am 11. Mai angetreten wurde, auf dem beschwerlicheren Landwege gemacht werden. Der Krönung am 27. September wohnten aber der Erbprinz und seine Gemahlin nicht bei, sie verließen Petersburg schon vorher, nahmen unterwegs einen längeren Aufenthalt in Potsdam und waren am 17. Oktober wieder in Ludwigslust.

In Petersburg wie in Potsdam entfaltete Friedrich Ludwig eine eifrige politische Thätigkeit im Sinne einer Verständigung zwischen Rußland und Preußen, der eine persönliche Begegnung der Herrscher beider Länder das Siegel aufdrücken sollte. 1 ) Bei dieser Begegnung, welche die Isolierungstendenzen des Ministers Kotschubei empfindlich durchkreuzte, weshalb er auch in seinem Aerger den Vermittler Friedrich Ludwig mit einem derben Scheltwort belegte - bei dieser Begegnung, die im Juni 1802 in Memel stattfand, war der Erbprinz zugegen, dessen flüchtig hingeworfene Aufzeichnungen aus diesen Tagen hier eine Stelle finden mögen.

ce 3 de Juin 1802.

Arrivé à Königsberg à 9 heures du soir, descendus à l'hôtel allemand. Souper avec Dolgorouky et Chykoff, qui va voyager en Europe pendant quelques années.

ce 4 Juin.

Visites faites et reçues le matin, dîner chez moi avec la société d'hier soir. A 5 heures l'après - midi arriva le roi qui descendit au quartier général à Kalthoff à un quart de lieue de la ville, tout près du Camp. J'allai incessamment lui faire ma cour, j'attendis un instant pendant que le roi donna le mot et ses ordres pour demain aux généraux. Ensuite Sa Majesté me fit entrer avec tous ceux qui étaient venus lui faire leur cour. Après un quart d'heure d'audience nous fûmes congédiés, et le roi me fit signe de rester, et m'ordonna de passer la soirée avec lui. Il daigna me dire les choses les plus flatteuses et amicales, et m'entretint de sa joie de faire la connaissance de l'empereur. C'était bien son coeur qui parlait, et assurément jamais entrevue entre deux grands souverains ne se ferait avec plus de joie réciproque que celle - ci. Un instant après


1) Vgl. H. Ulmann: Russisch=Preußische Politik unter Alexander I. und Friedrich Wilhelm III. bis 1806. Leipzig 1899. S. 1 ff., besonders 23 ff.
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la reine arriva ainsi que les princes Henry et Guillaume frères du roi. Nous prîmes le thé, allâmes nous promener dans une salle de bois qu'on a préparée pour les grands dîners, le quartier du roi ne consistant que dans deux chambres excessivement étroites. Nous soupâmes ensuite. La société consistait dans Leurs Majestés, les deux princes, la dame d'honneur comtesse Moltke, les trois aides de camp généraux Kökeritz, Holzman, Bölzig, l'aide de camp Jagow, les deux chambellans Schilden et Buch et les gouverneurs des princes, Schliefen et Schak. Après le souper la reine prit congé du roi, et j'eus l'honneur d'accompagner en voiture Sa Majesté en ville au château. Les princes demeurent dans des maisons près de celle du roi. Tout autour de l'habitation du roi, que sur tout le passage de la reine il y avait une foule de monde immense, et partout brillait la joie de voir ses souverains, si tendrement chéris, à si juste titre.

ce 5 Juin.

A 6 1/2 au quartier général à cheval avec les généraux russes. La revue spécielle était superbe, a duré jusqu'à 10 heures et demie. Après, les ordres pour demain. Dîner à midi où se trouvait aussi la reine. A 4 heures fête sur l'eau, suivie d'un bal à la Bourse, nouveau et joli bâtiment, et illummation, le général Courbière a reçu l'aigle noir.

ce 6 Juin.

A 6 1/2 comme hier au quartier général, revue, les soi - disant Schulmanoeuvres qui ont fort bien réussi. Une pluie très - forte. Dîner comme hier, à 4 heures de l'après - midi, cour chez la reine, après thé dansant chez le grand - maréchal comte Döhnhoff. A minuit je pars pour Memel, avec Both, en prenant la route du Strand où le roi a ordonné de préparer des relais pour moi. Oertzen est déjà parti ce midi en prenant la route de Tilsit.

ce 7 Juin.

Parti la nuit à 12 de Königsberg, des relais à chaque mile, arrivé à Memel à 6 heures du soir, je loge chez un marchand nommé Schonenburg, j'ai un appartement charmant très - élégamment meublé. Je suis servi de la part de la cour. Je loge à côté de la maison du consul danois, où logeront Leurs Majestés prussiennes. J'ai soupé chez Massow. On

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me dit que le prince Henry de Wurtemberg 1 ) est incognito ici, et qu'il veut se rendre à Polangen pour parler l'empereur.

ce 8 Juin.

J'ai été voir le matin la maison du négotiant où logera l'empereur, elle est charmante et bien meublée, elle a encore un charmant jardin. A midi j'ai dîné chez M. de Thumen commandant de Memel avec les généraux, nous sommes passés après le Haff pour recevoir Leurs Majestés prussiennes qui sont arrivées à 6 heures de l'après - midi. Elles ont fait leur entrée en bateaux, et sont allées de cette manière jusqu'à l'hôtel préparé pour leur réception. La reine me fit confidence que le roi se trouvait dans un grand embarras, craignant que Bonaparte eût fait des siennes, pour brouiller les deux jeunes monarques à leur entrevue. Il y a quelques jours, que le roi reçut un courrier avec les indemnisations projetées, un second l'engage de la part du consul, de parler de tout ceci à l'empereur, à l'instant d'après en arrive un autre, pour le prier de ne faire mention de rien à l'empereur, mais de faire comme s'il recevait tout cela de sa part, et comme arrangé par lui. Un troisième l'avertit qu'il y avait un officier français en chemin, pour porter des lettres à l'empereur et au roi du consul. Sa Majesté prussienne n'a point été en doute sur la duplicité de ces procédés, et se propose, de faire un aveu net et sincère à l'empereur dès le moment de son


1) Prinz Heinrich von Württemberg, jüngster Bruder des Herzogs (späteren Königs) Friedrich, geb. 1772, stand im preußischen Militärdienst, den er, damals Oberst, einmal wegen seiner Schulden und sodann darum hatte verlassen müssen, weil er sich 1798 morganatisch vermählt hatte mit der Schauspielerin Caroline Alexei, der Tochter eines Gutsbesitzers in Ludwigsdorf bei Strehlen in Schlesien, die später zur Gräfin von Urach erhoben wurde. Prinz Heinrich lebte damals unter dem Namen eines Grafen von Sontheim in Berlin. Es war gewagt von ihm, sich dem Kaiser Alexander (seinem Neffen, denn des Prinzen Schwester war die Kaiserin Maria Feodorowna, die Gemahlin Kaiser Paul's I.) zu nähern, denn sein Bruder, der regierende Herzog, hatte am 20. Mai einen Sonderfrieden mit Frankreich geschlossen und dadurch die Pläne Rußlands durchkreuzt. Die infortunes, die er dem Kaiser klagte, waren zweifellos seine Schulden und die Unmöglichkeit, nach seiner Verheirathung eine Stellung zu erhalten. Diese ganzen Verhältnisse mußten auch dem Könige von Preußen ein Wiedersehen peinlich machen und es begreift sich daher, daß man den Prinzen zu verhindern suchte, sich dem Könige vorzustellen. (Gütige Mittheilungen des Herrn Archivraths Dr. Schneider in Stuttgart.)
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arrivée pour prévenir toute mauvaise impression qu'on pourrait avoir l'intention de suggérer.

Aprés que le roi eut fini de donner ses ordres aux généraux je suppliai Sa Majesté de m'accorder un moment d'audience, où je mis sous ses yeux tous les papiers concernants la désagréable histoire Suédoise, et réclamer en cas [de] besoin sa protection pour nous. Sa Majesté fut également indignée du procédé et elle eut la grâce de m'assurer qu'elle serait charmée de faire pour nous tout ce que les circonstances lui permettraient de faire. 1 )

Je soupai encore avec Leurs Majestés, et puis me mis en voiture, pour aller à la rencontre de l'empereur.

ce 9 Juin.

Je courus toute la nuit et arrivai vers 7 heures du matin à Oberbartau en Courlande, où l'empereur devait arriver pour dîner, je m'arrêtai donc là jusqu'à son arrivée, qui n'eut lieu qu'à 4 heures passées de l'après - midi. Notre joie fut extrême de nous revoir. Après le dîner nous continuâmes notre route pour Polangen. Chemin faisant l'empereur fit ses affaires, du moment qu'elles furent finies, il me fit entrer dans sa voiture, et nous arrivâmes ainsi ici. D'abord après le prince Henry de Wurtemberg se fit annoncer. L'empereur lui fit dire, combien il trouvait son arrivée singulière et osée, après il le fit venir, le prince pleura beaucoup, et représenta toutes ses infortunes à l'empereur, qui avec sa bonté ordinaire trouva bientôt des moyens de consolation pour lui. On soupa ensuite, je restais encore longtems chez l'empereur qui m'ordonna d'écrire au roi pour l'assurer de toute son amitié, et lui dire qu'il viendrait sous le nom du comte de Russie. La suite de l'empereur est, le comte Kotschubey, le comte Tolstoi, grand - maréchal, le chambellan et sénateur Nawaschoff, et les aides de camp généraux prince Dolgorouky, prince Volconsky, et comte Lieven, encore le médecin Wely. Comme


1) Damals schwebten zwischen Meklenburg und Schweden die Verhandlungen über die Abtretung der Stadt und Herrschaft Wismar, die gewissermaßen ein Nachspiel bildeten zu der peinlichen Auseinandersetzung zwischen dem meklenburgischen und dem schwedischen Hofe wegen Verlöbnißbruches, dessen sich König Gustav IV. Adolf gegen die Prinzessin Luise Charlotte, älteste Tochter des Herzogs Friedrich Franz, schuldig gemacht hatte. S. die Darstellung bei L. von Hirschfeld "Eine fürstliche Entlobung im vorigen Jahrhundert" in "Von einem deutschen Fürstenhofe" I, S. 1 - 68.
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il a été stipulé qu'à cette entrevue il n'y aurait pas question de politique, l'empereur craignait qu'on pourrait interprêter mal l'arrivée de Kotschubey, il m'a donc chargé de dire au roi qu'il l'avait pris ainsi que Nawaschoff comme secrétaires avec, qu'il les avait choisis, connaissant leur probité et leur honnêteté.

ce 10 Juin.

Le fameux courrier est arrivé de Bonaparte, il a voulu donner sa lettre lui - même, Kotschubey lui a dit que cela n'était pas d'usage, il a répondu qu'il avait bien donné une au roi de Prusse, malgré tout cela il a fallu donner la lettre, il a dit qu'il devrait en faire le rapport au 1 er consul, et l'on a prié de ne point se gêner. L'empereur lui a parlé après avant de partir très - froidement un instant. Le prince Henry de Wurtemberg a encore demandé un cordon à l'empereur. Malgré tout ce que nous avons fait, nous n'avons pu le dissuader de se présenter au roi. Cela se fera demain à midi, après il partira.

A 9 1/2 nous sommes partis de Polangen, j'étais dans la voiture de l'empereur. A la frontière, le général de cavallerie comte Kalckreuth, le lieutenant général comte Kuhnheim, le général major Treskow, et le major comte Döhnhoff out reçu l'empereur, ces messieurs sont destinès pour son service. Un détachement d'huzards qui s'est relevé tous les quarts de miles, a accompagné la voiture. A demi - chemin le chambellan Schilden est venu complimenter de la part de la reine. Comme on s'est approché du Camp qui est à quelque distance de la ville, on a tiré constamment le canon. Le roi est venu avec les princes ses frères Henry et Guillaume à la rencontre de l'empereur, qui aussitôt est descendu de voiture, et est allé embrasser le roi. Les premiers compliments finis, les deux souverains et nous autres sommes montés à cheval, et c'est ainsi que l'entrée s'est faite, précédée par un escadron de cavallerie, et puis la garde bourgeoise de Memel à cheval. Les rues étaient bordées de troupes en parade, on est descendu chez le roi, où la reine a reçu son auguste gaste en grande parure. On est resté ensemble jusqu'au dîner, et alors la connaissance de Leurs Majestés était déjà si bien faite, comme si elles s'étaient connues depuis longtems. On a présenté à l'empereur toutes les personnes de la cour et

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les étrangers. Après le dîner l'empereur s'est retiré chez lui et a prié le roi, de dispenser les personnes destinées à son service, il a également renvoyé la garde d'honneur d'une compagnie de grenadiers, qui se trouvait à la porte de sa maison, il a fait donner 200 ducats aux soldats, et des boites d'or aux officiers. Dans l'après - dîner l'empereur a eu la bonté de faire des visites, sous le nom de comte de Russie aux généraux et à toute la suite du roi, de même qu'aux dames de la reine. Le roi et les princes sont venus faire visite à l'empereur, ce dernier a envoyé le cordon de Saint - André aux deux frères du roi. A 7 heures l'empereur s'est rendu chez la reine, où on a pris le thé, causé et puis soupé à de petites tables. Je suis au pinacle du bonheur que ces souverains se conviennent si parfaitement bien, l'un et l'autre m'en ont beaucoup parlé. Les Russes se sont montrés ce soir comme ils le sont toujours, faux et impertinents, non par leur conduite extérieure, mais j'ai eu occasion d'entendre leurs propos.

ce 12 Juin.

Le 11 matin manoeuvre. Le roi a salué l'empereur à la tête de la cavallerie avec l'épée, et après de même avec l'infanterie. Après l'empereur est allé déjeuner chez la reine avec moi, il n'y avait que la roi. Dîner comme de coutume, le prince Henry de Wurtemberg a eu la Sainte - Anne, a dîné chez le roi et partira demain. Le soir Leurs Majestés et aussi la reine ont été à cheval au Camp et puis se sont promenés en ville, la soirée était très - gaie ainsi que le souper. Passé la nuit à écrire. Ce matin manoeuvre, qui a fort bien réussi. On s'est promene à cheval au port, accredité (?) du colonel anglais. Après déjeuner comme hier chez la reine, dîner et le soir la fête de la bourgeoisie, savoir un bal dans une maison fort bien arrangée, et le soir la ville était illuminée.

le 13 Juin.

Le matin à 7 1/2 manoeuvre, après on est resté chez la reine jusqu'à 1 heure. Dîner comme toujours, au soir un petit bal chez le roi, qui a été des plus amusants et qui a duré jusqu'à 1 heure la nuit passée. L'empereur a repris Alopeus à son service, ce que je compte parmis les événements heureux. Mon jour de naissance.

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le 14 Juin.

Il n'y avait pas de manoeuvre, j'ai écrit, après j'ai été voir la princesse Alexandre de Wurtemberg avec l'empereur qui est arrivée hier soir avec son mari 1 ) qui m'a fait l'honneur de passer chez moi. Après jusqu'à 1 heure chez la reine. Dîner comme toujours. Le prince et la princesse de Wurtemberg y étaient. La reine a pris des crampes assez fortes après table, on a cherché Wely médecin de l'empereur. L'après - dîner la princesse Alexandre a été chez moi, après j'ai écrit chez Schilden, et après chez la reine pour le thé, promenade à cheval et en voiture au Camp et à la mer. La famille et les princes ont soupé seuls à cause de l'incommodité de la reine, et on a été d'une gaieté folle.

le 15 Juin.

Comme il a plu toute la nuit, la manoeuvre n'a commencé qu'à 10 heures passées, jusque là l'empereur a passé la matinée chez Leurs Majestés, de même après la manoeuvre, puis dîner. L'après - dîner il y a eu une cour de congé chez l'empereur. Il a donné le cordon bleu à Kalkreuth, et de superbes cadeaux à tout le monde. Le roi en a fait de même, pour la suite de l'empereur, Kotschubey a reçu l'aigle noir. Après nous avons été avec l'empereur chez la princesse de Wurtemberg, et puis toute la soirée chez Leurs Majestés. Nous avons encore fait un tour à cheval au Camp. Après le souper, la cour russe a pris congé du roi, et la prussienne de l'empereur. Celui - ci est encore resté longtems chez Leurs Majestés prussiennes, et il a eu une longue conversation seul avec le roi. A minuit j'ai accompagné l'empereur chez lui et j'ai encore causé tout un tems avec lui. -

Helene Paulowna schenkte ihrem Gemahl zwei Kinder: den am 15. September 1800 geborenen Prinzen Paul Friedrich und die Prinzessin Marie, die, geboren am 31. März 1803, sich 1825 mit dem Prinzen Georg von Sachsen=Hildburghausen


1) Prinz Alexander von Württemberg, Bruder des Prinzen Heinrich (s. oben), geb. 1771, war russischer General und Gouverneur von Lief= und Kurland. Seine Gemahlin Antoinette war eine Prinzessin von Sachsen= Coburg=Saalfeld. Demselben Hause entstammte Charlotte Sophie, die Mutter des Herzogs Friedrich Franz.
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(späteren regierenden Herzog von Sachsen=Altenburg) vermählte. Die Geburt dieser Tochter aber sollte die Erbprinzessin nicht lange überleben: sie starb am 24. September 1803.

Auch die Blätter unseres Tagebuches geben Zeugniß davon, ein wie inniges Andenken Friedrich Ludwig seiner geliebten ersten Gemahlin bewahrte. Seinem Schmerze sich lange hinzugeben, gestatteten ihm weder die wirrenreiche Zeit, noch die Pflichten des Thronerben. Mit größtem Eifer widmete er sich politischen Studien und arbeitete mit solchem Erfolge sich ein in die Verwaltungsgeschäfte, daß der Herzog nach dem Tode des Kammerpräsidenten von Dorne nichts besseres thun konnte, als den Erbprinzen zu dessen Nachfolger zu machen: am 21. März 1806 wurde Friedrich Ludwig zum Präsidenten des Kammer= und Forst=Collegii ernannt - der erste Fall, wo ein Mitglied der fürstlichen Familie in die Reihe des höheren Beamtenthums eintrat.

Im Jahre zuvor hatte der Erbprinz eine längere Erholungsreise in die Schweiz gemacht. Den Hinweg hatte er über Gotha, Weimar und Stuttgart genommen; in dem lieblichen Wilhelmsthal, wo die herzoglich weimarische Familie die Sommermonate zu verbringen pflegte, traf er mit der Prinzessin Caroline Luise zusammen, die einige Jahre später seine zweite Gemahlin werden sollte. 1 ) Auf der Rückreise stellte er sich in Wien dem Kaiser Franz vor und fand bei ihm eine überaus freundliche Aufnahme; sein Kavalier von Oertzen konnte dem Herzoge melden, "daß vielleicht nie ein deutscher Reichsfürst mit mehrerer Auszeichnung in Wien aufgenommen, wie Durchlaucht der Erbprinz." Auf Einladung und als Gast des Kaisers machte er einen interessanten Ausflug nach Presburg, um dort der Eröffnung des ungarischen Landtages am 18. Oktober beizuwohnen.

Um diese Zeit sah man in Wien der Ankunft des Kaisers von Rußland entgegen und der Erbprinz war entschlossen, Wien nicht eher zu verlassen als bis der Zar wieder abgereist sei, "que je crois sous tous les rapports si utile et nécessaire de voir," wie er seinem Vater schrieb; "je crois que cela serait prudent de Lui parler personnellement de l'avenir, et une occasion si favorable ne se retrouve pas si aisément." Doch nahmen die Dinge zunächst eine andere Wendung: die Kapitulation von Ulm am 17. Oktober 1805 öffnete den Franzosen den Weg nach Wien und am 7. November mußte Friedrich Ludwig dem Herzoge melden, "daß ich morgen frühe um 6 Uhr


1) S. Lily von Gizycki: Deutsche Fürstinnen, S. 25.
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Wien verlassen werde. Die Umstände werden immer trauriger und man darf wohl nicht mehr zweiflen, daß in wenigen Tagen die Franzosen hier seyn werden. Sie können leicht denken welch eine confusion hier herscht, alles flüchtet, reiset ab, es ist ein Jammer mit anzusehen." Unterm 11. November theilte er dann aus Brünn mit: "Bis Presburg bin ich zu Wasser die Donau hinunter gefahren, und dann unter tausend Schwierigkeiten bis hierher, wo ich gestern Abend endlich anlangte."

Bis zum 15. blieb der Erbprinz "in einem erbärmlichen Wirthshause" in Brünn, in dessen Umgegend sich die österreichische und die russische Armee sammelten, um vereint dem heranrückenden Napoleon eine entscheidende Schlacht zu liefern. Dann fuhr er mit dem Erzherzog Anton nach Olmütz, wohin das kaiserliche Hauptquartier verlegt war, und wo die Begegnung des Kaisers Franz mit dem Zaren stattfinden sollte. Ueber dieses mehrmals bestimmt angekündigte und ebenso oft wieder hinausgeschobene Ereigniß, dessen Augenzeuge zu sein ihm vergönnt war, berichtet, als es endlich wirklich stattgefunden hatte, Friedrich Ludwig unterm 18. November:

"Wie ich heute morgen erwachte ließ mir Se. Majestät der Kaiser sagen, daß ich sogleich zu Ihnen kommen sollte, weil Sie dem Kaiser von Rusland bis zur ersten Post entgegenfahren wollten. Der Kaiser fuhr mit dem Prinzen Ferdinand v. Würtemberg, dem Graf Cobenzl und meiner Wenigkeit. In Sternberg der ersten Post warteten wir eine ganze Zeit, bis daß es hieß daß der Kaiser v. Rusland zu Fuß ankäme, welcher einer Herunterfahrt wegen abgestiegen war. Sogleich ging ihm der Teutsche Kaiser entgegen, und Sie begegneten sich in der Strasse, wo Sie Bekanntschaft machten. Der Kaiser von Rusland empfing mich mit seiner gewöhnlichen Güte. Wir waren beide so gerührt, daß keiner ein Wort reden konnte. Sie können leicht denken theuerster Vater welche Gefühle mein Herz erschütterten. Als man im Wirthshause ankam, blieben die 2 Kaiser eine lange Zeit allein zusammen, nachher rief mich der Kaiser v. Rusland in ein anderes Zimmer, wo er mir denn unendlich viel Gutes und Liebes sagte und über manche Gegenstände mit mir sprach. Ich fand ihn in allem gerade den nähmlichen wie sonst, welches mich denn unendlich glücklich machte. Hierauf stiegen die beiden Kaiser, der Pr. v. Würtemberg und ich im Wagen und gegen Mittag kamen wir unter dem Donner der Kanonen hier an. Um 3 Uhr ging der Russische Kaiser zur Teutschen Kaiserinn und dann ging es zur Tafel. Da der Kaiser nicht zu Abend speiset

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so war heute Abend nichts bei Hofe, sondern er arbeitete den ganzen Abend bis ganz spät in seinem Zimmer.

So eine confusion wie hier herscht ist gar nicht glaublich, ich glaube beim Turmbau zu Babel war es ohngefähr so, alles gehet drüber und drunter. Schenkt uns der Himmel einige Tage Ruhe so wird es vielleicht besser gehen. . . . Der Kaiser von Rusland ist ausserordentlich zufrieden und dankbar für die Aufnahme seiner Truppen in Mecklenburg. 1 ) General Tolstoy hat ihm gesaget, daß wenn sie in Rusland wären, so könnten sie nicht besser versorgt seyn, als wie sie es bei uns gewesen wären.

d. 19ten November.

Heute den ganzen Morgen haben die beiden Kaiser zusammen gearbeitet, und wie man sagt eine so interressante conversation zusammen gehabt, daß der Russische, die Thränen im Auge herausgekommen ist. Er hat dem guten braven Teutschen Kaiser aufs neue ausharrenden Beistand gelobet. Heute Nachmittag nach Tafel habe ich eine lange Unterredung mit dem Russischen Kaiser gehabt, in welcher ich denn deutlich gesehen habe, daß er noch immer der alte gegen mir ist. Dringend habe ich ihm Mecklenburgs jetziges und künftiges Schicksahl empfohlen und ich halte mich seiner gütigen Gesinnungen und deren heilsamen Folgen gänzlich überzeugt. Der Kaiser hat mir nochmahls seine Zufriedenheit über die Behandlung seiner Truppen in Mecklenburg bezeiget. . .

Nun mein theuerster und gnädigster Vater komme ich an der wichtigsten Stelle meines Briefes, welche ich einzukleiden verlegen sein würde, wenn Ihre Denkungsart, Ihr Herz mir nicht Bürge wären, daß Sie Ihrem Sohne verzeihen werden, wenn er ohne Zeit zu haben Ihre Billigung einzuhohlen, einen raschen Entschluß fasst, den ihm die Ehre und die heissesten Gefühle seines Herzens zur Pflicht zu machen scheinen.

Das Schicksahl hat mich auf eine wunderbare und gewiß nicht vorauszusehende Art hieher geführt. Morgen nehmen die Armeen 1 Meile von hier eine position und wahrscheinlich kömmt es übermorgen zu einer Schlacht, die entscheidend sein dürfte. Im Fall der Anschein zu einem günstigen Erfolge ist, so werden


1) Russische und schwedische Truppen waren im dritten Koalitionskriege, den England, Rußland, Schweden und Oesterreich gegen Napoleon führten, vom 20. Oktober 1805 an bis in den Dezember hinein von der schwedisch=pommerschen Grenze auf mehreren Etappenstraßen durch Meklenburg ins Hannoversche gezogen. Nach einer von Meklenburg mit Schweden und Rußland geschlossenen Konvention wurden diese Truppen hier im Lande für baare Bezahlung verpflegt.
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beide Kaiser zur Armee gehen. Glauben Sie nun daß es sich für einen Prinzen von Mecklenburg, einem Russischen General, 1 ) einem Schwager des Kaisers schicket sich in demselben Augenblicke im Wagen zu setzen und ruhig nach Hause zu fahren? Nein bester lieber Vater das ist ohnmöglich, das würden, das könnten Sie nicht billigen. Ich verstehe nichts vom Militair, kann nicht einmahl die Russische Sprache, also effectif zu dienen bin ich ausser Stande, allein den Kaiser den ich wie einen Bruder liebe überall zu folgen das kann ich, um die Erlaubniß habe ich ihn gebeten und sie erhalten. 2 ) Es ist vielleicht die einzigste Gelegenheit meines Lebens dem guten lieben Kaiser einen redenden Beweis meiner innigen Anhänglichkeit zu geben, und sicher schade ich dadurch dem Interesse meines theuren Vaters und meiner Kinder nicht. In Ihren Augen schmeichle ich mich gerechtfertiget zu seyn, ob aber das liebe mütterliche Herz meiner theuren Mutter so bald befriediget seyn wird ist eine andere Frage. Ich bitte Sie recht kindlichst ihr vorzustellen, daß ich ja gar keine Gefahr dabei laufe, mithin nicht einmahl den Anstrich einer heroischen Handlung haben kann, 2 wichtige Personen wie die beiden Kaiser exponirt man nicht, ich verlasse den Russischen nicht, risquire also sicher nichts. Ist nur im geringsten der Anschein daß die Sachen übel enden könnten so setzen sich sicher die Monarchen dem nicht aus, die Flucht ergreifen zu müssen, und mein Plan bleibt blos project. in diesem letzten Falle gehet der Russische Kaiser gar nicht zur Armee, in jedem aber bleibt er nur wenige Tage bei der Armee, weil er nach Petersburg zurückkehret. Länger wie 8 Tage glaube ich nicht daß dieses meine Rückkehr verzögern wird, und dann kehre ich froh und heiter in die heimische friedliche Wohnung zurück, und ziehe nimmer wieder im Kriege . . . . . In kurzem


1) Friedrich Ludwig hatte vor seiner Vermählung 1799 den Rang eines Generalleutnants in der russischen Armee erhalten und es war ihm ein Regiment verliehen worden. Vgl. L von Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe I, S. 103. 106.
2) Ganz ähnlich heißt es in einem Briefe Friedrich Ludwigs an den Oberhofmeister von Lützow von demselben Tage: Je sais que pour ce qui regarde le service militaire je suis absolument inepte, aussi certainement je n'y pense pas, mais je suis bienportant, j'ai deux bras Meclembourgeois, certainement le coeur allemand, et je ne veux pas quitter d'un pas mon Empereur de Russie, le frère d'une épouse idolatrée, c'est me rendre digne de la revoir, que de ne point le quitter dans un jour comme celui - là. J'ai demandé la permission de suivre et de m'attacher à sa personne et l'Empereur a daigné recevoir mon offre comme une marque de mon zèle et de mon attachement pour Lui.
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hoffe ich Ihnen sagen zu können, daß ich Zeuge eines Tages war der Oestereich und unseren so wahrhaft edlen Kaiser rettete, der einen verrätherischen übermüthigen Feind demüthigte, und Hoffnung zu glücklicheren Zeiten gab."

Am folgenden Tage schrieb der Prinz:

". . . . Meine Entschliessung den Russischen Kaiser zu begleiten scheinet hier nicht zu mißfallen und jedermann sagt mir etwas darüber. Der Teutsche Kaiser hat mir heute Mittag so viel Schmeichelhaftes und Ehrenvolles darüber gesagt, daß ich es nicht wiederhohlen mag, er hat mir sogar seine Pferde angeboten. Ich sage Ihnen das alles bester Vater um mich einigermassen zu entschuldigen im Fall Sie ungnädig auf mich seyn sollten. Das ist das erste mahl in meinem Leben daß ich so etwas so gerade zu für mich selbst vornehme und ich bin himmelangst Ihnen mißfallen zu haben, versichern Sie mich doch bald des Gegentheils durch ein paar gnädige Zeilen. Ich sehne mich nach denselben unaussprechlich . . ."

Die so zuversichtlich für unmittelbar bevorstehend gehaltene Entscheidungsschlacht fand zunächst noch nicht statt, ja schien in weite Ferne gerückt zu werden. "Gestern noch glaubte ich an einer nahen Schlacht," schrieb Friedrich Ludwig am 24., "und heute denke ich das Gegentheil. Die Franzosen ziehen sich mit starken Schritten zurück. Heute Nachmittag ist die Avantgarde von 10 000 Mann unserer Armee aufgebrochen und vorwärts marschieret, morgen oder übermorgen wird wohl auch das corps d'armée nachfolgen. Allem Vermuthen nach wird Bonaparte kein entscheidendes Treffen wagen, und es wird bis in die Gegend von Wien wohl nichts bedeutendes vorfallen. Wegen dem Bleiben und Gehen des Russischen Kaisers ist noch nichts entschieden, allein wahrscheinlich gehet er zur Armee. Ich komme dadurch in eine embarrassante Lage. In der allgemeinen vom Kaiser selbst gehegten Ueberzeugung, daß hier bei Ollmütz eine Schlacht vorfallen würde, hielt ich es nach allen meinen Gefühlen für durchaus nothwendig den Kaiser um die Erlaubniß zu bitten ihm folgen zu dürfen, und hielt mich gewissermaassen auch Ihrer Einwilligung gnädigster Vater überzeuget. nun sind aber die Umstände ganz geändert, mein eigentlicher Zweck ist verfehlt und es hat den Anschein als ob es eine ordentliche Wintercampagne werden wollte. Diese mitzumachen fehlt es mir an manchen nöthigen Dingen - wenngleich ich heute Pferde für meinen Wagen erhalten habe -, und überdem weis ich nicht ob Sie es billigen würden, und manche Umstände kommen zusammen die

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mir dieses äusserst beschwehrlich machen würden. Ich befinde mich in der That in einer gewissen Verlegenheit. Indessen da man aus allem heraus findet so denke ich, komme auch ich wohl auf eine oder andere Art heraus, in wenigen Tagen hoffe ich, Ihnen die Entscheidung dieses allen melden zu können . . . . . Wenn gleich ich bisher nicht im Heldengeruche gestanden habe, so kann ich doch nicht leugnen daß ich gerne eine Schlacht mitgemacht hätte zumahl eine wo der Erbfeind der Christenheit, jetzt nicht mehr der Türke sondern der Franzose sein Theil erhalten hätte. Daß dieselbe glücklich ausfallen würde daran zweifelt niemand . . ."

Unterm 26. meldet dann der Erbprinz: "Heute kann ich Ihnen die Entscheidung meines Schicksahls mittheilen und Ihnen sagen daß in kurzem ich das Glück haben werde Sie wieder zu sehen. Die Armeen marschieren heute Abend, der Feind ziehet sich immer weiter zurück. Die beiden Kaiser gehen heute Abend auch mit. Weitläuftig habe ich gestern Morgen mit dem Russischen darüber gesprochen, welcher mir gesagt hat, daß er gewiß ganz das Motif meines ersten Entschlusses gefühlt und erkannt habe, da nun aber die Gelegenheit verfehlt sey und ich auch nicht die entfernteste Verbindlichkeit habe ihm zu folgen, so möchte ich überlegen ob meine übrige Lage und Pflichten es mir erlaubten oder nicht. Nachdem ich dieses alles überlegt habe glaube ich aus diesen und hundert anderen Ursachen besser daran zu thun morgen frühe meine Rückreise nach Mecklenburg anzutreten . . . . Auch der Teutsche Kaiser hat mir gesagt daß er von meinem Entschlusse sehr zufrieden sey . . . "

Am 27. November reiste also Friedrich Ludwig von Olmütz ab, und kehrte über Berlin nach Meklenburg zurück; am 5. Dezember traf er in Schwerin ein. Es war ihm erspart geblieben, Zeuge der völligen Niederlage zu sein, welche die verbündeten Armeen am 2. Dezember in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz erlitten. -

Im Jahre 1806 wurde auch das bis dahin einer glücklichen Ruhe genießende Meklenburg in den Strudel des Verderbens hineingerissen. Nach der Schlacht bei Jena drangen fliehende preußische Truppen in das neutrale Land, verfolgt von Bernadotte, Soult und Murat; das Blücher'sche Korps mußte am 7. November bei Ratkau die Waffen strecken, an demselben Tage wurde der preußische General von Usedom bei Wismar vom General Savary geschlagen. Die Sieger, die im Lande übel gehaust hatten, zogen zwar wieder ab, aber am 27. November rückte die Vorhut des

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8. französischen Korps unter General Michaud in das westliche Meklenburg ein und wurde der Regierung in Schwerin eine Note des bei den niedersächsischen Ständen beglaubigten französischen Ministerresidenten Bourrienne übergeben des Inhalts, daß Meklenburg von Frankreich nicht fürder als neutrales Land anerkannt, sondern wegen der Unterstützung, die es den Feinden Frankreichs geleistet habe, so betrachtet werde, als wenn es mit denselben gemeinschaftliche Sache gemacht habe. So rächten sich die unseligen Truppendurchmärsche vom Herbst 1805. Am 28. nahm Michaud auf Befehl des Marschalls Mortier im Namen des Kaisers der Franzosen Meklenburg=Schwerin in Besitz. Der Herzog eilte alsbald nach Berlin, um womöglich das Unheil abzuwenden - vergebens: der Grimm des Kaisers gegen Meklenburg war gerade damals so groß, daß Talleyrand sich nicht getraute, den vertriebenen Herzog bei sich zu empfangen, noch auch dessen Berliner Gesandten eine Audienz zu gewähren. 1 ) Am 7. Dezember kehrten der Herzog und der Erbprinz, der seit dem 10. November in Berlin geweilt hatte, nach Ludwigslust zurück; am 13. traf General Laval als Gouverneur des Landes in Schwerin ein, am 8. Januar 1807 verließ der Herzog, der am 22. Dezember von Laval einen Ausweisungsbefehl erhalten hatte, mit seiner Gemahlin, dem Erbprinzen und dem Prinzen Gustav sein Land und begab sich nach Altona auf dänisches Gebiet.

Es waren nicht die von Friedrich Ludwig mit den französischen Behörden in Hamburg geführten diplomatischen Unterhandlungen, es waren auch nicht die von namhaften Geldspenden unterstützten Verhandlungen der meklenburgischen Stände mit dem feilen Bourrienne, was nach Verlauf einiger Monate zur Wiedereinsetzung des Herzogs führte, vielmehr war dieses glückliche Ereigniß dem mächtigen Willen des Kaisers Alexander zu danken, der in Tilsit bei Napoleon die Rückgabe Meklenburgs an den Herzog durchsetzte. Schon am 5. Juli erhielt Laval die betreffenden Befehle, ein an demselben Tage in Altona eintreffender russischer Kourier überbrachte ein Schreiben des Zaren an den Erbprinzen mit der Nachricht von dem Geschehenen. Am 11. Juli zog Herzog Friedrich Franz wieder in Schwerin ein; sein Thronerbe war schon am 8. nach Petersburg abgereist, um dem Zaren des Herzogs Dank für seine Intervention auszusprechen. Unterwegs, in Marienburg, wurde Friedrich Ludwig am 14. Juli dem nach Paris


1) Vgl. F. von Müller: Erinnerungen aus den Kriegszeiten von 1806 bis 1813. Braunschweig 1851. S. 81 ff.
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zurückreisenden Kaiser Napoleon vorgestellt. 1 ) Zwei Tage darauf, am 16., sah er in Memel den König und die Königin von Preußen, bei denen er auch auf der Rückreise am 12. August, ebenfalls in Memel, einen Tag verweilte.

Es war nicht lediglich die Abstattung des Dankes, was dem Erbprinzen in Petersburg oblag, vielmehr war er von seinem Vater beauftragt, dem Kaiser Alexander die Berechnung der dem Herzogthum Meklenburg=Schwerin durch den Krieg und die Okkupation verursachten Schäden und Kosten zu unterbreiten und eine Entschädigung dafür, sei es durch Geld, sei es durch Gebietsvergrößerung, für welche Lauenburg und Schwedisch=Pommern in Frage kommen könnten, anzuregen. Doch hielt der Kaiser die der Erfüllung dieser Wünsche entgegenstehenden Schwierigkeiten für sehr groß und gieng über das allgemeine Versprechen, vorkommenden Falles sich für Meklenburg zu verwenden, nicht hinaus. Uebrigens meinte er, Napoleon werde wohl den Beitritt Meklenburgs zum Rheinbunde verlangen und setzte hinzu: "Alors je serais le premier à vous le conseiller."

In der That hatte Bourrienne schon zu Anfang des Monats August der Schweriner Regierung mitgetheilt, der Kaiser Napoleon wünsche den Beitritt des Herzogs. Friedrich Franz war dazu bereit, aber er gedachte seinen Eintritt in den Rheinbund an gewisse Bedingungen zu knüpfen, zu denen die Ertheilung der großherzoglichen Würde und die erwähnte Entschädigung durch Geld oder Gebiet gehörten. Die Verhandlung über diese Punkte übertrug der Herzog dem Erbprinzen, der am 22. August wieder bei seinem in Doberan weilenden Vater eingetroffen war. Nebenbei sollte Friedrich Ludwig versuchen, das Land von der drückenden französischen Besatzung zu befreien.

Am 10. Oktober 1807 trat der Erbprinz die Reise nach Paris an, wo er am 23. eintraf. Begleitet wurde er vom Minister von Brandenstein, von seinem Kavalier, dem Kammerherrn von Oertzen, und dem Kammerherrn von der Kettenburg 2 ); zur Führung der Korrespondenz mit den französischen Behörden war ihm außerdem der meklenburgische Geschäftsträger im Haag, Baron von Bosset, beigegeben. Erst am 1. Mai 1808 konnte Friedrich Ludwig, der inzwischen am 1. Januar seine Mutter durch den Tod verloren hatte, Paris verlassen. Der Aufenthalt


1) Nicht in Elbing und nicht im Herbst und nicht auf der Rückreise von Petersburg, wie L. v. Hirschfeld: Friedrich Franz II., Bd. I, S. 10 sagt.
2) S. über diesen unten zum 13. Januar 1813.
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daselbst hatte des Interessanten und Lehrreichen genug geboten; er hatte dem fürstlichen Unterhändler vollauf zu thun gegeben, und doch waren die Ergebnisse seiner Bemühungen gering gewesen: am 22. März war die Urkunde über den Beitritt Meklenburgs zum Rheinbunde unterzeichnet worden, aber sie wies dem Herzoge den Sitz im Fürstenkollegium an, von einer Gebietserweiterung oder einer Geldentschädigung war nicht die Rede. Nur die Zurückziehung der französischen Besatzung und der Erlaß einiger Kontributionen war durchgesetzt worden. Indessen darf man annehmen, daß damit das Maß des überhaupt Erreichbaren voll war. Jedenfalls säumte der Herzog nicht, unterm 5. April seinem Sohne für dessen ganzes Benehmen bei den Unterhandlungen, für seinen unermüdeten Eifer und seine Gewandtheit seine volle Zufriedenheit und seinen Dank auszusprechen.

Der Herzog ließ sich durch die geringen Erfolge seines Sohnes in Paris nicht entmuthigen, er hoffte zu gelegener Zeit doch noch zu erreichen, was ihm dieses Mal mißlungen war. Die Gelegenheit dazu schien sich zu bieten, als im Herbst 1808 zu Erfurt eine Begegnung zwischen dem Zaren und dem Kaiser Napoleon stattfand. Zu diesem prunkvollen Hoftage hatte der Protektor alle Souveräne des Rheinbundes geladen. Herzog Friedrich Franz wünschte nicht dem Gewalthaber, der ihm so viel Leides zugefügt hatte, persönlich zu begegnen; der Umstand, daß seit dem 1. September die Stände auf dem Convocationstage zu Rostock versammelt waren, bot ihm eine erwünschte Entschuldigung. Aber er sandte an seiner Statt den Erbprinzen, der seinen achtjährigen Sohn Paul Friedrich mit sich nahm, um denselben dem Zaren, seinem Oheim, vorzustellen; erfreut berichtete er dem Herzoge: "Mit Wahrheit kann ich sagen, daß der liebe kleine Mensch sich ganz vortrefflich aufführt" und "S. Majestät sind ausserordentlich mit meinem Sohne zufrieden, welches mich denn sehr glücklich macht."

Noch vor der Ankunft in Erfurt, am 26. September in Weimar, überreichte Friedrich Ludwig dem Grafen Romanzow, dem russischen Minister des Auswärtigen, eine Denkschrift zur Mittheilung an den Zaren, in welcher nochmals Rußlands Vermittelung in Betreff der bekannten Wünsche des Herzogs erbeten wurde. In Erfurt verhandelte der Prinz darüber mit dem Zaren wie mit dem französischen Minister Champagny. Am 29. September schrieb er dem Herzoge: "Ich habe die frohe Ueberzeugung, daß unsere Sachen gut stehen und daß die Zeit kommen wird wo wir es angenehm empfinden werden," und noch

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am 10. Oktober meinte er: "Ich halte es gar nicht für ohnmöglich, daß ich Ihnen bald etwas angenehmes zu berichten haben werde, welches mich sehr glücklich machen würde." Aber er verließ doch schließlich Erfurt, ohne seine und seines Vaters Wünsche erfüllt zu sehen.

Wenn berichtet wird, daß Friedrich Ludwig noch in späteren Jahren nicht gern in die Erfurter Tage erinnert werden wollte, so kann der Grund dafür wohl nur in der gänzlichen Ergebnißlosigkeit seiner Mission gesucht werden. Denn abgesehen davon hatte der Prinz keinen Grund zur Klage. Kaiser Alexander behandelte ihn mit brüderlichem Wohlwollen und zeichnete ihn geflissentlich aus; Napoleon war ungewöhnlich artig gegen ihn, lud ihn in kleinem Kreise zu Tische und setzte seinen Namen mit auf die Liste der Theilnehmer an dem berühmten Hasentreiben auf dem Schlachtfelde von Jena am 7. Oktober; über das Benehmen von Napoleon's Umgebung schrieb Friedrich Ludwig am 29. September: "Auffallend ist es, mit welcher zuvorkommenden Höflichkeit ich hier von allem was Französisch ist, behandelt und begegnet werde": Champagny bat ihn "einmahl für allemahl zum Essen", Berthier "überhäufte ihn mit Freundschaft", Talleyrand "nahm ihn sehr gütig auf", Soult war voller Aufmerksamkeit, - "überhaupt gehet es mir sehr gut" schrieb er dem Herzoge.

Ueber seine Audienz bei Napoleon berichtete der Prinz am 28. September: 1 ) "Heute morgen um 11 Uhr habe ich die Ehre gehabt Sr. Majestät dem Kaiser Napoleon aufzuwarten, welcher ausserordentlich gnädig mich empfing, mir sagte daß es ihm lieb sey mich wiederzusehen, mich nach dem Wohlseyn meines gnädigsten Vaters frug, ob ich schon heute morgen den Kaiser Alexander gesehen habe u. s. w. Ich sagte Sr. Majestät, wie dankbar mein gnädigster Vater für die ihm und seinem Lande bewiesenen Wohlthaten wäre, wie man alles thäte was man könnte um seinen Pflichten genau nachzukommen, worauf Se. Majestät mir sagten wie sie sich freueten, daß einmahl alles was uns belästiget habe, geendiget sey. Sie sagten noch zu zweien mahlen, wie der Handel wohl sehr bei uns leide. Ich konnte dies nicht anders wie bejahen, setzte aber hinzu, wie dies ein allgemeines Uebel sey, dessen Beendigung wir auch noch Sr. Majestät zu danken haben würden.


1) v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, S. 371, hat von diesem Berichte nur wenige Worte wiedergegeben.
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Auch sagte ich dem Kaiser daß ich meinen Sohn mitgebracht habe um ihn dem Russischen Kaiser vorzustellen, daß ich es aber wohl nicht wagen dürfe ihn auch Sr. Französischen Majestät zu präsentieren da er noch kein militairisches Kleid trage. Der Kaiser frug nach seinem Alter und sagte ich würde ihm doch wohl militair werden lassen und setzte lachend hinzu c'est un petit conscript. 1 ) Der Kaiser frug ob er im Vorzimmer sey, worauf ich aber erwiederte daß ich dies mir nicht habe unterstehen können. Alle Umgebungen des Kaisers, der Fürst von Benevent und alle übrigen wahren sehr höflich gegen mir." -

In Weimar hatte Friedrich Ludwig bei seinem Schwager, dem Erbprinzen Carl Friedrich gewohnt. Dessen Schwester Caroline trat ihm hier näher, er sah erfreut, wie die Prinzessin an seinem Sohne Gefallen fand, und der Gedanke, in ihr seinen Kindern eine zweite Mutter zu geben, mag schon damals in ihm entstanden sein. Aber erst 1810 warb er um ihre Hand, am 10. Januar verlobte er sich mit "diesem edlen Wesen, geboren um alles Schöne und Große sich als die ihm bestimmte Sphäre anzuweisen," wie Caroline von Wolzogen, die Schwester von Schiller's Gattin, die Prinzessin nennt. Tage reinen Glückes waren damit für den Erbprinzen wieder angebrochen. "Sie werden mich nicht wiederkennen," schrieb er bald nach der Verlobung an den Erzieher seines Sohnes Paul, "so froh bin ich geworden. Ich glaubte kein Glück mehr für mich auf dieser Erde, allein die Vorsehung hat mehr als mütterlich an mir gehandelt. Ihr sei mein heißester Dank." Die Vermählung fand am 1. Juli in Weimar statt, am 17. desselben Monats zog das hohe Paar in Ludwigslust ein, wo der Erbprinz mit seinem Famlienhaushalt den linken Flügel des Schlosses bewohnte.

Versuchen wir zum Schluß uns das Bild des Prinzen zu zeichnen, wie es uns aus seinen eigenen Aufzeichnungen, sowie aus Schilderungen und Urtheilen von Personen, die ihm nahe standen, entgegentritt. "Wohlgestaltet und von würdevoller Haltung, in den feinen Zügen des Angesichtes und im Blick der klaren blauen Augen, im Ausdruck des sinnigen Ernstes und zugleich des freundlich entgegenkommenden Wohlwollens" - so beschreibt ihn Gotthilf Heinrich Schubert, der 1816 Lehrer der Prinzessin Marie und des Prinzen Albrecht wurde und berichtet, wie er den Erbprinzen beim jedesmaligen Sehen immer lieber


1) Es ergiebt sich hieraus, daß die Darstellung bei L. v. Hirschfeld: Friedrich Franz II. etc. . I, S. 41, unrichtig ist.
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gewann; er rühmt seine reiche Begabung an Geist und Gemüth, seine gereifte Gesinnung und setzt hinzu: "Er dachte weit über das, was ihm als gegenwärtig vor Augen lag, hinaus; in seinem Herzen, welches immer das Gute meinte, trug er heilsame Gedanken für sein zukünftiges Wirken zum wahren Wohl seines Volkes, zum Gedeihen des Landes. Ein Zug, gleichwie des inneren Schmerzes, gab seinem sonst heiteren Wesen öfters eine ernste Haltung." 1 ) "Mir scheint der Erbprinz schöne Regententugenden zu haben," schreibt Henriette von Knebel 2 ) an Frau von Schiller. "Er hat bey Verstand und Thätigkeit einen glücklichen Ueberblick und urtheilt richtig. Seine Verwandten sind sehr von ihm zufrieden und haben Achtung für ihn." Sie bemerkt, daß der Herzog eigentlich die Regierung ganz seinem Sohne überläßt. 3 ) "Den Prinzen sehe ich nicht anders als einen sehr verständigen Haushalter seines Landes und Hauses," heißt es ein anderes Mal. 4 ) Ohne militärische Neigungen, der Jagd nicht mehr ergeben als es seine Stellung mit sich brachte, dem am Hofe seines Vaters sehr beliebten Spiele abhold, fand er seine volle Befriedigung in rastloser ersprießlicher Arbeit auf allen Gebieten der Verwaltung und im Kreise seiner Familie als liebevoller sorgsamer Gatte und als zärtlicher Vater, der sich in Sehnsucht nach seinen "enfants angéliques" verzehrte, wenn er von ihnen getrennt war. Mehr als geräuschvolle Festlichkeiten liebte er die stillen Abende, wo er am Theetisch seiner Gemahlin aus einem guten Buche vorlesen konnte: "ich gestehe," schrieb er schon in jungen Jahren in sein Reisejournal, "daß ich diese Art des amusements weit allen Hofplaisirs vorziehe," und nach dem Zeugniß seiner Gemahlin Caroline las er sehr gut. 5 ) Er war ein Freund der Musik und des Schauspiels, bei Dilettantenvorstellungen im Ludwigsluster Schloß übernahm er selbst gern eine Rolle. 6 ) Sophie von Campenhausen 7 ), die Hofdame seiner ersten Gemahlin, rühmt seine Galanterie, obwohl sie unter seinen Neckereien gelegentlich zu leiden hatte; 8 ) auch Henriette von Knebel fand ihn "ausnehmend


1) G. G. v. Schubert: Der Erwerb aus einem vergangenen und die Erwartungen von einem zukünftigen Leben. 3. Bd. 1. Abth., S. 18. 45. 59.
2) S. über sie unten zum 14. Juni 1813.
3) L. von Gizycki: Deutsche Fürstinnen, S. 53.
4) Aus Karl Ludwig von Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette. Herausgegeben von H. Düntzer. Jena 1858. S. 502.
5) L. von Gizycki a. a. O. S. 49.
6) L. von Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe I, S. 257.
7) Vgl. über diese unten zum 8. September 1811.
8) L. von Hirschfeld a. a. O. S. 210. 234. 244.
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artig." 1 )Sein gehaltenes, zuweilen schwermüthiges Wesen hinderte ihn doch nicht, sich auch einmal einer ausgelassenen Lustigkeit hinzugeben, bei einer Maskerade in Frauentracht zu erscheinen und "zum Todtlachen" zu sein, 2 ) oder beim Empfang einer angenehmen Nachricht zu tanzen und zu springen. 3 ) Die große Leutseligkeit, "die vertrauliche Art und Sprache und die Liebe und Achtung, mit denen der Herzog sowohl als der Erbprinz mit ihren Leuten umgehen," gefielen Henriette von Knebel außerordentlich 4 ); doch scheint es, daß der Prinz auch aufbrausen konnte, wenigstens spricht er in einem Briefe an seinen Vater (28. Januar 1814) von "meiner Ihnen bekannten Wuth und Heftigkeit".

Bei seinem ausgesprochen sanguinischen Temperament neigte Friedrich Ludwig dazu, den Dingen die günstigste Seite abzugewinnen, und unterlag daher mancher Selbsttäuschung. Die unbestimmten, vorsichtigen Aeußerungen Napoleon's, der ihm anscheinend wohlwollte, nahm er leicht für Zusagen; auf die vielen Beweise persönlicher Freundschaft, die ihm der Zar gab, baute er größere Hoffnungen als Alexander zu erfüllen willens oder vielleicht auch im Stande war; die Artigkeiten, welche die französischen und russischen Staatsmänner ihm brieflich oder mündlich sagten, schätzte er offenbar zu hoch, wenn er sie als Zeichen der Geneigtheit, auf seine Wünsche einzugehen, ansah. Sicheres, selbstbewußtes Auftreten verfehlte nicht auf den Prinzen Eindruck zu machen, er gerieth leicht in den Bann kräftiger Persönlichkeiten, wie sie ihm in Davout, Bernadotte u. A. entgegentraten. Seine offene, vornehme Gesinnung ließ ihn solchen Männern unbedingtes Vertrauen entgegenbringen; wenn der Leser des Tagebuches, dessen Abdruck nunmehr folgt, zuweilen den Eindruck empfängt, daß diesem ritterlichen Vertrauen nicht durchweg mit gleicher Ehrlichkeit begegnet worden ist, so wird er daraus gegen den Erbprinzen höchstens den Vorwurf - wenn es einer ist - erheben dürfen: daß unter seinen vielen glänzenden und liebenswerthen Eigenschaften Menschenkenntniß vielleicht nicht an erster Stelle stand.



1) Aus K. L. v. Knebels Briefwechsel etc. . S. 508.
2) L. v. Hirschfeld a. a. O. S. 242.
3) Aus K. L. v. Knebels Briefwechsel etc. . S. 512.
4) ebd. S. 509.
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Ludwigslust d. 29sten May 1811.

Dies Geschenk von Freundes Hand widme ich meinen Erinnerungen.

Der heutige Tag war trübe für mich, ich erhiehlt in selbigen so manchen neuen Beweis der unglücklichen Lage meines Vaterlandes.

Der Herzog schrieb am General Hastrell 1 ) cheff des conseil special in Hamburg, um sich Aufklärung über von französischer Seite in Rostock u. Wismar gemachter arretirungen einiger Kaufleute zu erbitten. 2 ) Es ist ein beugendes Gefühl dergleichen Gewalthätigkeiten in seinem eigenen Lande von Fremden ausüben zu sehen.

d. 30sten May.

Froh war der Anfang meines Tages denn ich sahe meinen Oertzen, 3 ) meinen besten Freund, nach Entfernung von mehreren


1) General Baron d'Hastrel, chef d'état - major du corps d'observation de l'Elbe.
2) Von Arretierungen Wismarscher Kaufleute ist sonst nichts bekannt. - Der am 20. Mai verhaftete Rostocker Kaufmann war der dänische Konsul Mann; man beschuldigte ihn unerlaubter Korrespondenz, durchsuchte und versiegelte seine sämmtlichen, auch offiziellen Papiere und führte ihn unter Gensdarmeriebegleitung nach Frankreich ab. Vgl. Joh. Georg Rist's Lebenserinnerungen. 2. Aufl. Bd. II, S. 120.
3) Detlof Joachim von Oertzen, aus dem Hause Roggow, hat den besten Theil seines Lebens dem Dienste des Erbprinzen und seines Hauses gewidmet. Geboren 1771, war er Offizier in meklenburgischen Diensten gewesen und 1791 Kammerjunker geworden, hatte 1792 den Militärdienst verlassen, 1793 die Universität Göttingen bezogen, wo er geschichtliche und kameralistische Studien betrieb, und war 1795 in den wirklichen Hofdienst getreten, 1797 zum Kammerherrn und zugleich zum Kavalier beim Erbprinzen ernannt worden. In dieser Stellung hat er seinen jungen Herrn in allen wichtigen Phasen von dessen Leben begleitet. 1809 war er vom Herzoge an den damals in Wien weilenden Kaiser Napoleon gesandt worden und hatte 1810 bei der zweiten Besetzung Meklenburgs durch die Franzosen in seiner Ernennung zum Herzoglichen Kommissarius die Oberaufsicht über die schwierige Vertheilung derselben in die angemessenen Distrikte und Ortschaften des Landes nebst ihrer Verpflegung erhalten. 1812 wurde er Hofmarschall; mit diesem Titel erscheint er im Staatskalender seit 1814 ats erster Kavalier an der Spitze des Hofstaates des Erbgroßherzogs und der Erbgroßherzogin. Diplomatische Aufträge führten ihn 1815 nach Paris, 1818 nach Kopenhagen. Inzwischen war der Erbgroßherzog 1816 zum zweiten Male Wittwer geworden; die Verhandlungen über seine Wiedervermählung mit der Prinzessin Auguste von Hessen=Homburg 1818 wurden durch Oertzen geführt. 1816 und 1818 war er zweiter, 1819 erster Landtagskommissarius; in letzterem Jahre wirkte er als Großherzoglicher Bevollmächtigter beim Elbschifffahrtskongreß in Dresden. Nach dem Tode Friedrich Ludwigs am 29. November 1819 erbat er die Befreiung von den Staatsgeschäften, um sich zum Besten der verwaisten fürst= (  ...  )
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Wochen wieder. Allein der übrige Tag war bitter. Das Conseil und die Regierung waren vereinget worden, um über den Indult zu deliberiren, den die Stände durch eine Deputation erbeten haben. Diese so unendlich wichtige Frage, welche über das Wohl und Wehe so vieler Menschen entscheidet ward verneinend entschieden. 1 ) Ich selbst habe meine Stimme dagegen gegeben, da ich glaube daß im entgegen gesetzten Falle der Credit des Landes nur noch mehr gelitten hätte. jedoch sind Vorkehrungen getroffen worden um den auszubrechenden Concursen vor der Hand wenigstens Einhalt zu thun, und nächstdem in kurzer Frist eine bessere Concursordnung einzuführen. Da alle diejenigen welche nicht mehr zahlen können den Indult sehnlichst wünschten um sich noch einige Zeit hinzuhalten, so ist es leicht sich deren Trauer


(  ...  ) lichen Kinder ganz seinen eigentlichen Dienstobliegenheiten widmen zu können, starb aber schon am 15. Februar 1820. Genaueres über Oertzen, auch seine wissenschaftlichen Arbeiten, s. bei Saß in Bd. IV der Urkundlichen Geschichte des Geschlechts von Oertzen (Schwerin 1886) S. 163 ff.
1) Es war nicht das erste Mal, daß man in Meklenburg ein Heilmittel gegen den Geld= und Kreditmangel in einem Generalindult suchte. Nach den Nöthen des siebenjährigen Krieges war auf den Landtagen der Jahre 1766 und 1767 viel über die Mittel zur Abhülfe verhandelt worden, im Jahre 1768 hatte eine Kommitte sich besonders mit diesem Gegenstande beschäftigt, und der Landtag dieses Jahres griff zu einem Indult, der bis 1776 in Kraft blieb. Nach dem Einbruch der Fanzosen und der Plünderung des Landes im Herbst 1806 hatte die Schweriner Regierung am 13. Dezember, der Herzog Karl von Strelitz am 6. Januar 1807 zu einem vorläufig einjährigen Indult Zuflucht genommen, der bis zum Ablauf des Jahres 1808 verlängert wurde. Das Bedenkliche dieses Mittels veranlaßte den Herzog und seine Räthe die Landesdeputation, die zur Erbittung eines erneuerten Generalindults 1811 am Hoflager in Ludwigslust erschien und am 30. Mai in Audienz empfangen wurde, abschlägig zu bescheiden. Der Indult wurde nicht bewilligt, indessen wies die Regierung zur Verhütung neuer Konkurse und zur Rettung derjenigen Schuldner, die überhaupt noch zu retten seien, unterm 1. Juni die Gerichte an, bis auf weitere Verfügung "mit Eröffnung formeller Konkurse gegen Grundeigenthümer Abstand zu nehmen." Als dann im weiteren Verlaufe der "Franzosenzeit" die beständigen Einquartierungen und Truppendurchzüge das Land völlig erschöpft hatten, 1811 die Ernte schlecht ausfiel und die Zahlungseinstellungen sich bedenklich häuften, wurde doch in Strelitz schon am 7. August 1811, in Schwerin am 10. Januar 1812 wieder ein Generalindult bewilligt, für welchen nunmehr auch der Erbprinz stimmte (s. unten zum 20. Dezember 1811). Die Patentverordnung vom 10. Januar 1812 verfügte "die einstweilige allgemeine Sistirung aller bereits vor Antonii 1812 schuldig gewordenen zinstragenden Capitalien, sowohl für gesammte öffentliche Cassen, als für Privatschuldner, ohne Rücksicht auf geschehene Entsagung, mit Aufhebung aller bisherigen Indultgesetze, bis dahin, daß durch zweckmäßigere Einrichtung und Verbesserung der Hypothekenbücher und des Concursverfahrens, für die Sicherheit und Möglichkeit der Befriedigung der Gläubiger mit mehrerer Wirksamkeit gesorgt werden kann." Gedauert hat der Generalindult bis Trinitatis 1828.
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u. Unglück zu denken. Dies erreget schreckliche Gefühle, allein der Staat darf nicht das interresse einzelner, selbst vieler, dem, des ganzen vorziehen.

d. 31sten May.

Nichts besonders bemerkenswerthes vorgefallen, als, der Frl. v. Oertzen gemachte Heyrathsantrag. 1 )

d. 1sten Juni.

Diese Sache hat heute zu manchen explicationen Gelegenheit gegeben, und in manchen Betracht mir unangenehme Augenblicke gemacht.

Diese Nacht 12 Uhr feierte ich das Todtenfest, meiner Frau Helene Pavlowna an ihrem Nahmenstage, in der Begräbniß Capelle 2 ) in meinem Garten. Trauriges Geschäft welches mir die schmerzhaftesten Erinnerungen gab. Meine gute liebe Frau Caroline war dabei zugegen. Mein Herz fühlt lebhaft diesen Beweis Ihrer Freundschaft und Liebe.

d. 2ten Juni.

Diesen Nachmittag hatten wir ein starkes Gewitter, von einem schrecklichen Sturm begleitet.

Mein Oertzen ist heute wieder fort ! ! !

d. 3ten Juni.

Nichts zu bemerken.

d. 4ten Juni.

Nach Schwerin gereiset. Der Landrath Oertzen von Roggow 3 ) kam zu mir, wir sprachen lange zusammen über die unglückliche


1) Ida von Oertzen, Tochter des Landraths Jaspar von Oertzen auf Roggow, geb. 1795, war Hofdame der Erbprinzessin Caroline Luise. Den Heirathsantrag machte der Forstmeister Carl von Behr auf Blücher. Die Vermählung fand statt am 8. August 1812 (vgl. unten zum 9. August 1812). Seit 1850 Wittwe, starb Ida von Behr am 17. Februar 1859 zu Schwerin. S. Saß a. a. O. S. 183.
2) Die Begräbniß=Kapelle, etwa 1 km westlich vom Schloß, jetzt unter dem Namen "das Mausoleum" bekannt, wurde 1804 begonnen, der Bau aber durch die Kriegsereignisse unterbrochen und erst 1808 vollendet. In der Kapelle, an deren Architrav die Inschrift "Helenen Paulownen" steht, haben außer Friedrich Ludwig und seinen drei Gemahlinnen auch mehrere andere Glieder des fürstlichen Hauses ihre Ruhestätte gefunden, zuletzt 1897 der Großherzog Friedrich Franz III. Nach dessen Beisetzung ist die Kapelle zu einer Basilika umgebaut worden. Vgl. E. Saubert: Der Großherzogliche Schloßgarten zu Ludwigslust. Ludwigslust [1899]. S. 81 ff.
3) Jaspar von Oertzen, älterer Bruder von Detlof Joachim (s. oben), geb. zu Roggow 26. September 1768, wurde auf dem Pädagogium zu Bützow (  ...  )
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Lage des Vaterlandes. Der Abschlag des Generalindults schmerzte ihn auch tief. Er soll jetzt um einen Privatindult für den Landkasten antragen. Wegen der Heirath seiner Tochter denkt er ganz wie meine Frau u. ich denken, daß Frl. Oertzen noch viel zu jung ist um sich schon für das Leben entscheiden zu können u. Hr. v. B[ehr] noch zu wenig kennet. Sie wird sehr glücklich seyn daß Ihr Vater morgen nach Llust reiset ihm ihr engelreines Herz ausschütten zu können. Die edlen väterlichen Gesinnungen des Mannes haben mich erfreuet und gerühret.

d. 5ten Junius.

Des Morgens Kammersession gehalten. 1 ) Mittags den fr. Chargé d'affaires und die Officiers der fr. garnison zu Mittag bei mir gehabt. 2 ) Abends nach Ludwigslust zurückgekehret.

d. 6ten Junius.

Landrath v. Oertzen ist den Morgen lange bei mir gewesen. Der Privatindult für den Landkasten wird bewilliget werden.


(  ...  ) vorgebildet, trat 1784 in den oldenburgischen Militärdienst, übernahm 1791 das väterliche Gut Roggow und erhielt den Titel Hofjägermeister, wurde 1802 Landrath und starb 2. März 1835. Vermählt war er seit 1792 mit Luise, Tochter des Oberforstmeisters von Pentz, geb. 1772, gest. zu Ludwigslust 26. Juni 1840. Genaueres s. bei Saß a. a. O. S. 157 ff.
1) Der Erbprinz war vom Herzog nach dem Tode des Kammerpräsidenten von Dorne zu dessen Nachfolger ernannt und am 21. März 1806 als Chef und Präsident des Kammer= und Forst=Kollegiums eingeführt worden.
2) Der französische Chargé d'affaires Desaugiers jeune war seit dem 28. April 1811 in Schwerin angestellt. Seine Instruktion s. Correspondance de Napoléon I. Tom. 21 p. 510 s. - Die französische Garnison in Meklenburg=Schwerin bildete die Division Friant, welche im April 1811 die bis dahin (seit August 1810) im Lande stehende Brigade d'Alton von der Division Morand abgelöst hatte. Sie bestand aus dem 2. leichten Infanterie=Regiment und dem 43., 48. und 111. Linienregiment nebst der zugehörigen Artillerie und Sappeurs; außerdem stand im Lande, in den Grenzstädten vertheilt, gleichfalls unter Friant's Befehlen, die leichte Kavalleriebrigade des Generals Bordesoulle. Friant's Hauptquartier war in Rostock. (Vgl. Correspondance de Napoléon I. Tom. 21 p. 506 s.) Der Ersatz der Brigade durch eine Division war eine schwere Mehrbelastung für das Land. Zur "Sublevation der mit ungleich grösserer Anzahl fremder Truppen bequartirten Städte und Ortschaften in vergrössertem Maaße" mußte unterm 31. Mai "unter veränderten Grundsätzen und Bestimmungen, eine nochmalige viermonatliche Steuer (1. Jun. bis 30. Sept.) mit Verstattung einer Compensation der Portionen" ausgeschrieben werden; der am 1. Januar 1807 zur Aufbringung der dem Lande aufliegenden Kriegslasten und außerordentlichen Ausgaben errichteten Landeskreditkommission wurde der unmittelbare Exekutionszwang beigelegt. - Der Erbprinz bewohnte, wenn er in Schwerin war, das altstädtische Palais.
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Die Entscheidung der Heirath v. Frl. v. Oertzen wird noch 2 Jahre aufgeschoben werden. Bis dahin sind beide Theile ungebunden.

d. 7ten Junius.

Es ist die Antwort von General Hastrelle auf den Brief vom 29sten May gekommen, alles sey auf Anzeige der police Imperiale geschehen, einige Kaufleute wären unschuldig befunden, der K. Mann in Rostock sey sehr gravirt man erwarte weitere instruktionen aus Paris. Ueber das eigenmächtige Verfahren weiter keine Entschuldigungen, als daß am Ende des Briefes gesagt wird, comme les comunications au cabinet du Duc devoient se faire diplomatiquement, il ne restoit au general, qu'a offrir l'homage de son respect. Das ist erbaulich.

Dem F. v. Eckmuhl habe ich heute einen auf der Rostocker Post aufgefangenen englischen Kaufmannsbrief der von Schweden kam zugesandt. 1 )


1) Die durch Dekret Napoleon's vom 21. November 1806 verfügte Kontinentalsperre, die am 8. Dezember dess. J. auch auf den okkupierten Theil von Meklenburg ausgedehnt wurde, bestimmte: "Alle Communication, Verbindung und Handels=Verkehr mit dem Großbritannischen Reiche wird schlechterdings und ohne Ausnahme dergestalt verboten: daß keine Correspondenz mit den britischen Inseln verstattet ist, sondern alle aus England kommende, oder an einen Engländer adressirte, oder in englischer Sprache geschriebene Briefe und Pakete auf den Posten angehalten, alle aus Großbritannien, dessen Fabriken und Colonien herkommende, oder einem Engländer gehörende Kaufmanns=Waaren in Beschlag genommen, hingegen die aus den britischen Häfen kommende Schiffe in den hiesigen nicht zugelassen werden sollen." (Die gleiche Behandlung wurde unterm 29. Juli 1810 auch über die nordamerikanischen Schiffe, "wegen des Misbrauchs ihrer Flagge durch die Engländer," verhängt. Die Einfuhr aller Kolonialwaaren auch aus Schwedisch=Pommern wurde unterm 19. Juni 1810 untersagt.) Die Uebersendung des englischen Kaufmannsbriefes durch den Erbprinzen an den Fürsten von Eckmühl erklärt sich wohl daraus, daß Friedrich Ludwig als Kammerpräsident auch Chef des Postwesens war. Davout war Generalgouverneur des Département des Bouches de l'Elbe, eines der drei Departements, welche Napoleon durch Dekret vom 10. Dezember 1810 aus einverleibten deutschen Ländern (beträchtlichen (Stücken von Westphalen und Hannover, dem Herzogthum Oldenburg und den Gebieten der Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck) gebildet hatte, und befehligte die armée d'Allemagne; er hatte sein Hauptquartier in Hamburg, wo er am 9. Februar 1811 eingetroffen war. Der Kaiser hatte seinem Statthalter "le langage le plus pacifique" anbefohlen (s. Comte Vigier: Davout, Maréchal d'Empire, Duc d'Auerstaedt, Prince d'Eckmühl, 2. éd., Paris 1898, II p. 58) und nicht wenige Stellen unseres Tagebuches bezeugen, daß Davout vielfach bemüht war, das Loos Meklenburgs, das am Erbprinzen allezeit einen beredten Anwalt hatte, etwas erträglicher zu gestalten.
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d. 8ten Junius.

Nichts von Bedeutung vorgefallen.

d. 9ten Junius.

Heute ward das Fest der Taufe des Königs von Rom gefeiert. 1 ) Halb 12 Uhr ging der Hof in Staat in die Katholische Kirche 2 ) wo ein Hochamt und Tedeum gehalten ward. Die in Schwerin anwesenden Franzosen waren eingeladen worden und zugegen. Mittags großes diner, Abends cour, Spiel und souper, nachher Illumination um das Bassin.

In Hamburg hatte man denoncirt daß 200 Matrosen von unseren Küsten aus sich zu der Englischen Flotte geflüchtet hätten. Desaugiers bekam einige Staffeten. Es ist leicht gewesen den Ungrund zu beweisen und man hat an Desaugiers desfalls eine Note gegeben wovon er sehr zufrieden war u. meinte daß dergleichen falsch befundene Nachrichten für die Folge nützlich seyn könnten.

d. 10ten Junius.

Von Bodien 3 ) sind traurige Berichte in Betreff der matrosenaushebungen 4 ) eingegangen. Ueberall siehet und höret man nichts als Verzweiflung. Welch ein Unglück in einer Zeit zu leben, wo man Nahmen und That zu schreienden Ungerechtigkeiten hergeben muß.


1) Der König von Rom war am 20. März 1811 geboren. Nach einem Tagesbefehl des Fürsten von Eckmühl erhielten am Tauftage alle französischen Truppen doppelte Portionen an Speisen und Getränken (s. die Verordnung vom 30. Mai in den Mecklenburg=Schwerinschen Anzeigen, 45. Stück vom 5. Juni 1811).
2) Die kleine, auf einer Insel im Schloßgarten gelegene, der heil. Helena gewidmete katholische Kirche, auf Kosten des Herzogs durch Joh. Christ. Heinr. von Seydewitz gebaut, war am 30. November 1809 eingeweiht worden.
3) Johann Caspar von Boddien, geb. 1772, trat 1788 als Sekondlieutenant in das Infanterie=Regiment von Gluer, wurde 1797 Stabskapitän, 1801 als Major zur Leibgarde zu Pferde versetzt, 1808 Kommandant zu Ludwigslust und Adjutant des Herzogs, 1812 auch Inspekteur der Gensd'armerie, 1813 Oberst, 1822 Generalmajor und Generaladjutant, 1840 Chef der Gensd'armerie, und starb zu Ludwigslust 9. Mai 1845.
4) Die Ausschreibung einer Matrosenstellung zum Dienst der französischen Marine aus den drei Seeküstendistrikten Ribnitz, Rostock und Wismar war unter dem 20. April 1811 ergangen. Es war die zweite: schon im November 1810 waren aus den Städten Rostock und Wismar Matrosen verlangt worden. Diesmal galt es in den deutschen Küstenländern insgesammt 3000 Seeleute auszuheben. Am 1. März 1811 schrieb Napoleon an Davout: "Mon cousin, j'ai besoin de 3000 marins . . . Prenez des mesures pour me procurer ces marins à Hambourg, à Lubeck, à Bremen, à Varel, à Papenburg, etc." Unterm 25. März wurde der Befehl wiederholt. Correspondance de Napoléon I. Tom. 21 p. 429. 517. Von den 3000 Matrosen sollte Meklenburg 600 liefern. ebd. p. 510.
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d. 11ten Junius.

Gottlob nichts vorgefallen.

d. 12ten Junius.

Bodien ist heute auf ein paar Stunden hergekommen um über die MatrosenAngelegenheit neue Befehle einzuhohlen. Er macht eine gräßliche Beschreibung von dem Zustande des Fischlandes und der Verzweiflung welche dort herscht. Man wird jetzt suchen die noch an der Zahl von 200 fehlenden Matrosen aus Wismar zu bekommen um wenigstens die FamilienVäter des Fischlandes noch zu retten.

d. 13ten Junius.

Der Herzog war so gnädig heute meinen Geburtstag zu feiern. Das Schweizerhaus 1 ) war hübsch decorirt, Abends eine kleine illumination. Der fr. chargé d'affaires war da, seine Frau ward bei Hofe präsentirt.

Wir haben heute die glückliche Nachricht erhalten, daß alle differenzen zwischen Rusland und Frankreich beigelegt sind, 2 ) also von da her Friede und Ruhe bleiben. So Gott will wird auch das glücklichen Einfluß auf unser Vaterland haben.

Meine herliche Frau hat mir einen Ofenschirm von ihr selbst gestickt, geschenket. Er enthält oben den Nahmen meiner theuren Helene in Blumen. Das Bouquet zeigt in Blumen die Haupttugenden Ihres Charackthers an. 3 ) So eine feine attention kann nur ein Engel wie Sie ist, haben. Ich habe keine Worte mein dankbares Gefühl auszudrücken.


1) Das Schweizerhaus im Ludwigsluster Schloßgarten war für die Herzogin Luise 1789/90 erbaut worden und wurde von ihr bis zu ihrem Tode (1. Januar 1808) mit Vorliebe bewohnt. C. Saubert a. a. O., S. 101 f.
2) Die nur scheinbar beigelegten Differenzen zwischen den Verbündeten von Tilsit waren entstanden einmal durch die rücksichtslose Einverleibung von Oldenburg, welches Rußland stets wie ein Familienbesitzthum betrachtet hatte und gegen die Kaiser Alexander energisch Verwahrung erhob; sodann dadurch, daß Alexander das Ansinnen Napoleon's, die neutralen Schiffe in seinen Häfen (es waren meist amerikanische) in Beschlag zu nehmen, rundweg ablehnte, ja am 31. Dezember 1810 ohne Vorverhandlung mit Frankreich einen neuen Zolltarif erließ, der den Verkehr mit Kolonialwaaren sehr erleichterte, dagegen die Einfuhr französischer Waaren und Weine belastete. Vgl. Oncken: Das Zeitalter der Revolution, des Kaiserreichs und der Befreiungskriege II, 466 ff.
3) Vgl. über diesen Ofenschirm den Brief von Henriette von Knebel an ihren Bruder im Briefwechsel Beider a. a. O. S. 535.
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d. 14ten Junius.

Diesen Morgen bin ich einige Stunden mit dem Hofmarschall v. Mecklenburg 1 ) beschäftiget gewesen. Am Fürsten v. Eckmühl habe ich geschrieben um die Aufhebung der Kornsperre nach Preuß. Pommern zu bewürken. 2 )

d. 15ten Junius.

Ich bin diesen Morgen einige Stunden in Schwerin gewesen privatgeschäfte zu besorgen.

d. 16ten Junius.

Fürst v. Eckmuhl hat mir über den aufgefangenen Englischen Brief geantwortet, und verlangt, daß man die Papiere des Rostocker Kaufmanns an welchen er adressiret gewesen untersuchen möge.

d. 17ten Junius.

Eine Unpäßlichkeit meiner Frau war die Ursache daß wir beide heute zu Hause blieben.

d. 18ten Junius.

Heute war ich recht krank.

d. 19ten Junius.

Kammerherr v. Buch seine jüngste Tochter 3 ) ward diesen Nachmittag getauft, meine Frau stand Gevatter und ließ das Kind ins Kloster Malchow einschreiben.


1) Ludwig Hermann von Mecklenburg erscheint im ersten Staatskalender von 1776 als Hofjunker, wurde 1777 Kammerjunker, 1784 Kammerherr und nach dem Tode des Herzogs Friedrich, 1785, Hofmeister von dessen Wittwe, der Herzogin Louise Friderike, in welcher Stellung er bis zum Tode der Herzogin (2. August 1791) blieb. 1801 wurde er Hofmarschall des Erbprinzen und der Erbprinzessin. Er starb 29. Oktober 1812 (s. unten zu diesem Tage).
2) Das Verbot der Kornausfuhr nach Pommern hatte die französische Militärbehörde in Rostock in den ersten Tagen des Juni erlassen. Oertzen meldete das am 8. der Regierung und berichtete zugleich, er sei bei Friant deswegen vorstellig geworden, dieser aber habe ihm geantwortet: er könne darin nichts thun, da er nur Ordre zu befolgen, nicht zu ertheilen habe; wolle der Herzog dies geändert haben, so müsse man sich durchaus an den Fürsten von Eckmühl wenden, welcher allein hier helfen könne. Daraufhin bat der Minister von Plessen den Erbprinzen, mit Davout in Verhandlungen einzutreten, die denn auch den gewünschten Erfolg hatten, denn die Kornsperre wurde alsbald aufgehoben. (Archiv=Akten.) Daß Davout von der ganzen Maßregel wirklich keine Kenntniß gehabt haben sollte, wie er behauptete, ist nach den Worten Friant's kaum anzunehmen.
3) Carolina Christina Leopoldina Friedrika v. Buch war am 9. Juni geboren. Der Kammerherr (seit 1800) Helmuth Ludwig Theodor v. Buch, vermählt mit Eleonore geb. v. Mecklenburg, wurde 1821 Reisemarschall und starb zu Ludwigsust 6. Januar 1830. Sein Gut Mierendorf hatte er 1798 verkauft, das Gut Spoitgendorf 1806 im Concurse seinen Gläubigern abtreten müssen.
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In den Papieren des Rostocker Kaufmanns ist nichts unrechtes gefunden worden.

d. 20sten Junius.

Fürst Eckmuhl hat mir sehr höflich geantwortet daß er nichts von der Kornsperre nach Preußisch Pommern wisse, daß es ein Mißverständniß seyn müsse, er mich bäte ihm details zu geben, worauf er sogleich Befehle ertheilen wolle, daß die Sperre aufgehoben u. für die Zukunft es nicht wieder vorfallen solle.

d. 21sten Junius.

Ich habe heute dem Fürsten Eckmuhl die gewünschte Auskunft gegeben.

d. 22sten Junius.

Das war ein guter Tag, mein lieber Oertzen kam wieder auf einige Tage zu mir.

d. 23sten Junius.

Da ich morgen zeitig nach Schwerin muß und der Herzog morgen Abend nach Doberan reiset so habe ich diesen Abend Abschied von ihm genommen.

Die Garde 1 ) soll auf mehrere Monathe zum größten Theil beurlaubt werden da es dringend nöthig ist Ersparungen zu machen.

d. 24sten Junius.

Nach Schwerin gefahren, allerlei TerminsAngelegenheiten besorgt und die Explication mit dem Kammerdirektor 2 ) gehabt, welche aber glücklich geendiget hat. Ich hoffe sie soll gute Folgen haben.


1) Die (Grenadier=) Garde (ein Bataillon zu drei Kompagnieen) war auf Befehl des Herzogs vom 25. März 1810 gebildet worden. Im Gegensatz zu den ausgehobenen Mannschaften des Kontingents=Regiments (die Konskription war durch das provisorische Regulativ vom 25. Februar 1809 eingeführt) bestand sie aus geworbenen Leuten. Die Garnisonen waren für den Stab und die 1. Kompagnie Ludwigslust, für die 2. und 3. Kompagnie Schwerin. Vgl. Frhr. v. Langermann und Erlencamp und v. Voigts=Rhetz: Geschichte des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier=Regiments Nr. 89. Schwerin 1895. S. 48 ff.
2) Conrad Wilhelm Brüning. Er erscheint im Staatskalender zuerst 1778 als Amtmann in Doberan, seit 1782 als Kammerrath, 1792 als Geheimer Kammerrath, 1800 als Kammerdirektor; in dieser Stellung starb er am 11. Dezember 1814 "im 63sten Jahr seines Alters, im 38sten seiner dem Herzoglichen Hause geleisteten Dienste" (Todesanzeige in den Mecklenburg=Schwerinschen Anzeigen 1814, 100. Stück, S. 1710). 1803 hatte er an den Verhandlungen mit Schweden, die zum Malmöer Vertrag führten, theilgenommen. - Brüning war ein Sohn des Georg Ludwig Brüning, der, am 4. Mai 1718 zu Celle geboren, 1776 Kammerrath und Amtmann in Meklenburg war, seit 1779 als Geheimer Kammerrath in Schwerin erscheint und am 6. Juni 1791 verstorben ist.
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d. 25sten Junius.

Des Morgens Kammersession gehalten wo nach langen Debatten die Anlegung eines Landgestütes 1 ) beschlossen worden, um den Landmann etwas mit der Pferdezucht aufzuhelfen. Der traurigen Zeiten wegen wird es nur zuerst mit 6 - 8 Hengsten angefangen werden.

Zu Mittag war ich wieder in Ludwigslust.

d. 26sten Junius.

Nichts vorgefallen.

d. 27sten Junius.

Mein Oertzen ist diesen Morgen wieder abgereiset. Abends habe ich interressante Briefe aus Paris erhalten. Die Matrosenangelegenheit wird sich wohl arrangiren, allein zur Freilassung des Handels zur See ist leider wenig Hoffnung und dies allein kann uns doch nur vom Untergange retten.

d. 28sten Junius.

Minister von Plessen 2 ) ist heute nach Schwerin gereiset um dort Einrichtungen zu machen wie es mit den Ausgaben der Cassen gehalten werden soll.


1) Ein fürstliches Gestüt hatte schon lange (die ersten sicheren Nachrichten stammen aus Carl Leopolds Zeit, aus dem Jahre 1715) bestanden, und zwar in Redefin, 1795 aber wurde es aufgelöst und Redefin an den Amtsverwalter Harmes in Hagenow verpachtet. 1803 trat Harmes die Pachtung an den Oberjägermeister von der Lühe ab; dieser gründete ein neues Gestüt, wurde aber 1810 veranlaßt, die Pachtung zum Zweck der Gründung eines Staatsgestüts an das herzogliche Marstallamt in Ludwigslust abzustehen. Die Errichtung eines eigentlichen Landgestüts in Redefin erfolgte 1812; mit der Leitung desselben wurde der Oberstallmeister von Bülow betraut. S. Flaum: Das Großherzoglich Mecklenburg=Schwerinsche Landgestüt Redefin. Leipzig 1893. S. 12 ff.
2) Leopold von Plessen, einer der bedeutendsten Staatsmänner Meklenburgs, geb. 1769 zu Raden bei Güstrow, trat 1790 als Referendar in den preußischen Staatsdienst, den er aber bald verließ, wurde 1793 Auditor bei der Kammer in Schwerin, 1802 Comitialgesandter am Regensburger Reichstag, kehrte nach dessen Auflösung 1806 nach Meklenburg zurück, begleitete den Herzog nach Altona, wurde 1807 Kabinettsminister, 1808 zweiter Minister, vertrat Meklenburg auf dem Wiener Kongreß, war 1815 - 20 meklenburgischer Gesandter beim Bundestage, wurde 1836 erster Minister und Geheimeraths=Präsident und starb 25. April 1837. Genaueres über ihn s. in der Allgemeinen deutschen Biographie Bd. 26 S. 272 ff. und besonders bei L. v. Hirschfeld: Ein Staatsmann der alten Schule (Von einem deutschen Fürstenhofe. Bd. II, S. 1 - 263).
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29sten Junius.

Kaufmann Schünemann aus Rostock kam diesen Abend von Hamburg und bat mich, mich für den unglücklichen Kaufmann Mann aus Rostock zu verwenden, welcher mit Gensdarmes von Hamburg nach Frankreich geführet worden ist. Gerne will ich es thun, allein ich fürchte es hilft nichts.

30sten Junius.

Diesen Abend bin ich mit meiner Frau u. Kindern nach Schwerin gefahren.

d. 1sten Julius.

Heute ist der erste Jahrestag meiner Hochzeit. Meine Seele ist mit Dank gegen Gott erfüllt, und inniger Liebe gegen meine Frau die Trost und Freude über mein Leben verbreitet.

Wir wünschten heute meiner Großtante Ulrique 1 ) Glück zu ihrem 88sten Geburtstage, und assen zu Mittage bei ihr. Abends war bei uns assemblée.

d. 2ten Julius.

Diesen Morgen war session in der Kammer. Abends 6 Uhr verliessen wir Schwerin um nach Llust zurückzukehren.

d. 3ten Julius.

Meine Frau war heute sehr leidend. Ein Blitzstrahl zündete diesen Nachmittag das Viehhaus in Redevin an, obgleich ein GewitterAbleiter darauf befindlich war. Es verbrannte auch 100 Fuder Heu.

Die französischen Regimenter hier im Lande sollen doch umquartiert werden. Der Herzog hat nun am General Friant geschrieben um diese neue Plage für Mecklenburg abzuwenden.

d. 4ten Julius.

Eben nichts besonderes vorgefallen.

d. 5ten Julius.

Ich habe heute den Eger Brunnen angefangen. In Preussen ist der Indult auch aufgehoben worden welches mir sehr lieb, und hoffentlich die hiesigen Indultspartisans zur Ruhe bringen wird.


1) Die Herzogin Ulrike Sophie, Tochter Christian Ludwigs II., geb. 1. Juli 1723, ward am 27. Februar 1728 zur Regentin des Klosters Rühn erwählt, leistete auf dasselbe aber am 5. Juni 1756 gegen eine Entschädigung Verzicht. Sie wohnte im Neustädtischen Palais zu Schwerin, wo sie am 17. September 1813 gestorben ist.
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d. 6ten Julius.

Nun ist auch der andere Kaufmann Mann nach Hamburg abgeführet worden.

Es gehet ein Gerücht als wenn Kaiser Napoleon nach Hamburg u. Lübeck kommen werde. Das könnte glückliche Folgen für jene Gegenden und für mein armes Vaterland haben.

d. 7ten Julius.

Wir waren in grosser Gesellschaft nach Grabow gefahren. Es ward dort der letzte Tag des Scheibenschiessens gefeiert.

Ich habe einige Hoffnung meine Güter 1 ) an einen reichen Hamburger zu verkaufen. Wie wollte ich dem Himmel danken, wenn es zu Stande käme!

d. 8ten Julius.

General Friant hat dem Herzog sehr höflich wegen der Umlegung der Truppen geantwortet. Er will beim F. v. Eckmuhl anfragen. Da es aber scheint daß der Plan lediglich von ihm herrühret, so wird es wohl nach unseren Wünschen gehen, allemahl hat er schon versprochen daß es nicht eher als nach völlig beendigter Aerndte geschehen soll.

d. 9ten Julius.

Jeder Tag hat seine Plage, so auch der heutige. Das Regiment Lanciers welches in Boitzenburg formiret worden, 860 Mann u. 400 Pferde stark soll in Schwerin in garnison kommen. Das ist nicht auszuführen. Wir haben dem Herzoge vorgeschlagen deshalb am F. v. Eckmuhl zu schreiben und meinen Oertzen mit dem Briefe nach Hamburg zu senden.

d. 10ten Julius.

nichts vorgefallen.

d. 11ten Julius.

Gestern Abend wie ich schon zu Bette war, ward ich durch eine Staffette von Lützow 2 ) aus Paris geweckt, welche mir die


1) Der Erbprinz hatte 1802 dem Kammerherrn Conrad Philipp Baron von Stenglin die Vogtei Plüschow im Amt Grevesmühlen abgekauft, bestehend aus den Gütern Plüschow, Barendorf, Boienhagen, Friedrichshagen mit Overhagen, Jamel, Meierstorf mit Sternkrug, und Testorf. Der Verkauf kam nicht zu Stande. Die Vogtei Plüschow wurde 1822 incameriert und ist jetzt Hausgut.
2) Der Oberhofmeister August von Lützow war meklenburgischer Gesandter in Berlin, daneben aber vielfach mit außerordentlichen Aufträgen beschäftigt. Sohn des Oberstallmeisters von Lützow 1757 in Schwerin (  ...  )
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glückliche heißersehnte Nachricht brachte, daß die Kornausfuhr ungesäumt wieder erlaubet werden würde und zwar unter französischen Licentzen 1 ) die zwischen 16 u. 20 Franken für die Schiffslast kosten werden, dafür kann man hinfahren wohin man will, selbst nach England, aber Rückfrachten dürfen ohne besondere Erlaubniß nicht eingenommen werden. Man hat jedoch Hoffnung die Erlaubniß nordische Produckte zurückbringen zu dürfen zu erhalten. Wie sollen wir Gott genug für diese Gnade danken, welche uns dem Untergange entreißt.

Diesen Morgen habe ich dem Herzoge einen Husaren mit dieser frohen Nachricht geschickt. Minister Plessen hat durch den Landrath von Oertzen den in Rostock versammelten Convent davon benachrichtigen lassen. Dies wird eine glücklichere Stimmung erregen.

Die französische Infanterie ist heute von Schwerin abmarschieret dagegen aber das Regiment Lanciers eingerükket, welches mehr als doppelt so stark ist u. 400 Pferde bei sich hat. welche neue Last!

Die Hoffnungen meine Güter oder doch wenigstens die grössere Hälfte derselben zu verkaufen vermehret sich. In 14 Tagen wird es entschieden seyn.


(  ...  ) geboren, war er mit 14 Jahren in die herzoglich württembergische Pagerie eingetreten, vier Jahre darauf Leutnant bei dem in Stuttgart garnisonierenden Regiment der Garde zu Pferde geworden, hatte bei Ausbruch des Bayerischen Erbfolgekrieges den württembergischen Kriegsdienst mit dem preußichen vertauscht und als Hauptmann den Krieg mitgemacht. Nach dem Frieden von Teschen 1779 wurde er Kavalier des in preußischen Diensten stehenden Prinzen Friedrich von Württemberg (des späteren Königs Friedrich I.), der sich kurz zuvor mit einer braunschweigischen Prinzessin vermählt hatte und ein Dragonerregiment in Lüben kommandierte. Lützow führte hier den Hofhalt des jungen Paares. Als sich 1781 der Prinz mit dem König Friedrich II. von Preußen entzweit hatte und in Begleitung seines Schwagers, des Großfürsten (späteren Kaisers) Paul, und dessen Gemahlin eine Reise nach Frankreich und Italien antrat, fungierte Lützow als Reisemarschall beider Paare und gieng 1792 mit dem inzwischen zum Gouverneur von Finland ernannten Prinzen nach Petersburg, kehrte aber 1793 nach Meklenburg zurück, wo er Kavalier der Gemahlin des Thronfolgers Friedrich Franz und nach dessen Regierungsantritt 1795 deren Oberhofmeister wurde. Dieses Amt bekleidete er auch weiterhin, als er 1794 zum außerordentlichen Gesandten in Berlin ernannt worden war. 1799 begleitete er den Erbprinzen Friedrich Ludwig auf dessen Brautfahrt nach Petersburg, wohin er auch späterhin, 1806/7 und 1808, in besonderer Mission gieng. 1803 schloß er mit Schweden den Malmöer Vertrag ab, 1808 - 13 war er "mit außerordentlichen Aufträgen" in Paris. Seinen Berliner Posten bekleidete Lützow bis zum Juni 1835, zog sich dann nach Ludwigslust zurück und starb daselbst am 18. Dezember desselben Jahres 1835.
1) Licences=Pässe.
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d. 12ten Julius.

Ich habe diesen Morgen dem Duc de Bassano 1 ) einen ausführlichen Bericht über die Matrosenangelegenheit gemacht und vorgestellet wie es nicht möglich sey, zur Zeit mehr als die gestellten 350 Matrosen zu liefern. Ich hoffe es wird guten Erfolg haben. Dem Fürsten von Eckmuhl habe ich eine Abschrift dieses Briefes gesandt und ihn gebeten sich gleichfalls dafür bei dem Kaiser zu verwenden.

Einem diesen Nachmittag eingegangenen Briefe vom Herzoge zufolge hat derselbe noch nicht nach Hamburg wegen der Einquartierung des Regiment Lanciers in Schwerin geschrieben.

13ten Julius.

Der Postdirektor Goldbek in Lentzen hat mir geschrieben daß er authorisirt sey mit dem hiesigen Generalpostdirektorio 2 ) in Unterhandlung wegen einer ComunicationsPost zwischen Lenzen,


1) Maret, Herzog von Bassano, war seit dem Aril 1811 Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Mit Maret, damals Ministre - Secrétaire d' État, hatte der Erbprinz schon 1808 in Paris genauere Beziehung gehabt, wenn v. Hirschfeld (Von einem deutschen Fürstenhofe II, S. 349) recht vermuthet, daß der ungenannte, wohlwollende Rathgeber, von dem Friedrich Ludwig in seinen Berichten an den Herzog spricht, Maret war.
2) Das General=Postdirektorium war auf Grund der Verordnung vom 4. März 1810 gebildet; der Erbprinz, der als Kammerpräsident auch Chef der Postverwaltung war, hatte einen ganz wesentlichen Antheil an dieser Einrichtung. Vgl. Moeller: Geschichte des Landes=Postwesens in Meklenburg=Schwerin (62. Jahrg. der Jahrbb. d. Vereins f. mekl. Gesch. u. Alterthumskunde. Schwerin 1897), S. 260 ff. - General=Postmeister wurde (neben seinen sonstigen Aemtern) Ludolf Friedrich von Lehsten, geb. 27. Juli 1760 auf dem Familiengut Dölitz (A. Gnoien) als ältester Sohn des Landraths Christian Detlov Friedrich v. L. (gest. 1797). Er erhielt seine Schulbildung in Stuttgart, studierte in Jena und trat 1785 als Kammerjunker und Amtsauditor in den meklenburgischen Staatsdienst, wurde 1786 zweiter Beamter in Warin, 1787 mit dem Titel Drost erster Beamter in Rehna, 1791 Kammerherr, 1792 alleiniger Beamter in Wredenhagen, 1799 Landdrost, 1805 Kammerrath, 1821 Oberlanddrost und Kammervizedirektor, am 26. März 1830 Oberkammerherr, suchte im September 1830 um Enthebung von seiner Stellung als General=Postmeister nach, wurde am 1. November 1830 Kammerdirektor und starb kurz darauf am 25. November. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: "Von dem allgemeinen Nutzen einer Verwandlung der Domänen in Bauergüter" (Stuttgart 1780) und "Geprüfte Grundsätze der Armenversorgung, Sicherheitsanstalt und eines Landarbeitshauses für die Herzogthümer Mecklenburg=Schwerin und Güstrow" 1. (einziger) Theil. Schwerin u. Wismar 1802. S. den Nekrolog im Freimüthigen Abendblatt 13. Jahrg. (1831) S. 161 ff.
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hier u. Lübtheen anzufangen, er früge aber erst bei mir an, ob er solche Anträge machen dürfe. 1 )

d. 14ten Julius.

Nichts anzumerken.

d. 15ten Julius.

Der Herzog hat mir geschrieben und seine große Freude wegen der Nachricht über die Kornausfuhr mitgetheilet.

Der F. v. Eckmuhl hat auch bewilliget daß die neue Umquartirung der Truppen nicht statt finden soll, auch daß ein Theil unserer Truppen auf eine Zeit lang beurlaubet werde um den Seestädten Erleichterung zu verschaffen. Der dritte Theil ist beurlaubet worden. Eine grosse Ersparniß bei jetzigen Zeiten, und glücklich fürs Land in diesem Augenblick der Aerndte wo es an Arbeitern mangelt.

Der Convent hat wieder eine Vorstellung mit Erneuerung des Gesuchs um einen allgemeinen Indult eingereicht. Die Schrift ist gut und anständig abgefaßt. Noch vermag ich nicht einzusehen wie es zu bewilligen stehet, allein mehreres wie bisjetzt geschehen muß statt finden um die bedrückten und noch sufficienz leisten könnenden Güterbesitzer zu retten.

d. 16ten Julius.

Nichts neues vorgefallen.

d. 17ten Julius.

Gleichfalls nichts besonderes sich zugetragen.

d. 18ten Julius.

Heute war der Geburtstag meiner lieben Frau, recht froh haben wir ihn zugebracht, 2 ) mehrere Schweriner waren herausgekommen, auch Desaugiers und die Frau.

Mein Oertzen kam auch, da muste ich wohl heiter seyn. Gott segne ihn.


1) Der unmittelbare Postverkehr zwischen Preußen und Meklenburg, den früher die von Berlin bis Hamburg (über Lübtheen, Boizenburg und Lauenburg) gehenden preußischen Posten vermittelt hatten, war zerstört, seit der Kurs Hamburg=Lenzen in französischen Händen war (Lenzen war das preusische Grenzpostamt) und auch auf der Strecke Ludwigslust=Lenzen französische Post gieng. Diesem Uebelstande abzuhelfen bezweckte der erwähnte Antrag des preußischen Generalpostdirektors. Der Kurs Ludwigslust=Lenzen neben der französischen Post ist thatsächlich eingerichtet worden, allerdings erst 1812 und als meklenburgische Post. Moeller a. a. O. S. 295.
2) S. über die Feier des Geburtstages der Erbprinzessin den Brief von Henriette von Knebel a. a. O. S. 554 f.
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d. 19ten und 20sten Julius.

Ganz ruhig dahingebracht. Minister von Plessen ist nach Doberan gereiset, aus Paris ist die Bestätigung der Ausfuhr zur See eingegangen.

d. 21sten Julius.

Mein Oertzen ist wieder abgereiset. -!

d. 22sten Julius.

In der Societät 1 ) war heute Abend meiner Frauen und meinem Geburtstag zu Ehren ein Ball, ich bin eine Stunde dort gewesen.

d. 23sten Julius.

Allerhand unangenehme Geschäfte habe ich heute mit dem Banquier Herz aus Hamburg abgemacht.

d. 24sten Julius 1811.

Lützow hat mir heute eine Depesche gesandt mit der unangenehmen Nachricht, daß es doch noch nicht ausgemacht sey, ob für uns Mecklenburger Licenzen werden ertheilt werden. Ich werde mich wohl hüthen diese Nachricht kund werden zu lassen weil sonst meinen lieben Landsleuten wieder aller Muth benommen wird. Dem Herzog von Bassano habe ich sogleich einen weitläuftigen detaillirten Brief geschrieben, um ihn zu bitten dem Kaiser diesen dringenden Wunsch vorzulegen.

d. 25sten Julius.

Nichts zu bemerken vorgekommen.

d. 26sten Julius.

Nach Schwerin gefahren. Dort einen Brief von Lützow erhalten der den traurigen Eindruck des letzten, Gottlob verlöscht, indem er die sichere Nachricht bringt daß den alliirten Schiffen erlaubt sein soll unser Korn zu exportiren, und daß wir selbst Licenzen bekommen werden.

d. 27sten Julius.

Des Morgens den Besuch des Officiercorps des Regiments Lanciers empfangen. Cammersession gehalten, um 2 Uhr nach Mittag wieder nach Ll. zurückgekehret.


1) Die noch heute bestehende Societät in Ludwigslust war 1795 gegründet zum Zweck der "Erholung von Geschäften und anständigen Genusses erlaubter Vergnügungen". Die Gesellschaft erfreute sich der besonderen Gnade des Fürstenhauses. S. O. K[aysel] und A. R[ische]: Die Ludwigsluster Societät 1795 - 1895. Ludwigslust 1895.
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d. 28sten Julius.

Lützow hat mir diesen Abend den Inhalt des K. Decrets eingesandt, welches namentlich für Mecklenburg und Dantzig die Kornausfuhr erlaubt. Uebrigens wird es nicht gedruckt auch nichts darüber publiciret werden.

d. 29sten Julius. d. 30sten Julius.

Nichts sehr Bemerkenswerthes vorgefallen.

d. 31sten Julius.

Wir haben den heutigen Tag recht angenehm in Friedrichsmoor zugebracht.

d. 1sten August.

Am 6ten dieses Monathes verläßt das 111te Regiment das Land. Der Admiral Verhuel 1 ) ist in Rostock gewesen. Minister von Plessen hat eine privatUnterredung von einer Stunde mit ihm über die MatrosenAngelegenheit gehabt und ist sehr zufrieden davon.

d. 2ten August.

Wir feiern heute das traurige Andenken des ersten Jahrestages des Todes meiner theuren Großmutter! 2 )

d. 3ten August.

Lützow berichtet daß der Duc de Bassano ihm mündlich die Erlaubniß zur freien Kornausfuhr angezeiget, und ihm gesaget habe, daß er ihm in den ersten Tagen einen officiellen Brief darüber schreiben würde.

d. 4ten August.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 5ten August.

Der F. v. Eckmuhl hat dem Herzoge sehr höflich geantwortet, daß er alles was in seinen Kräften stehe thun wolle, um das Land zu erleichtern. Er hoffe Ende dieses Monathes den Lanciers cantonnements ausser Mecklenburg geben zu können, und habe auch befohlen daß ein Regiment Infanterie abmarschieren solle das ist das 111te.


1) Vizeadmiral VerHuell, Graf von Sevenaar, befehligte seit Ende 1810 die französischen Seestreitkräfte an der Nord= und Ostsee=Küste.
2) Charlotte Sophie, Wittwe des 1778 gestorbenen Erbprinzen Ludwig, geb. Prinzessin von Sachsen=Coburg=Saalfeld, starb zu Schwerin 2. August 1810.
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d. 6ten August.

Nichts zu bemerken.

d. 7ten August.

Es ist ein adjutant des F. v Eckmühl mit einem alten Hamburger Seeman angekommen, welche 30 ausgeschossene Matrosen 1 ) abliefern und die übrigen im Lande untersuchen sollen. So hat er gesaget und viel von nachzuliefernden geredet. Er ist am Minister Plessen gewiesen. 4 Bataillons Infanterie welche zu den hier cantonierenden Regimentern gehören rükken am 11ten ins Land. Ein trauriger Besuch.

d. 8ten August.

In der Hamburger Zeitung ist bekannt gemacht daß der Douanen - director Eudel 4 Licenzen für Mecklenburg erhalten habe. Sie sind schon in Rostock beim dasigen Douanencheff angekommen. 2 )

d. 9ten August.

Bin ich nach Schwerin gereiset. Der französische Officier soll selbst die Matrosen ausheben. Freilich wieder ein Eingriff in unsere Rechte, allein man wird sich nun selbst von der Unmöglichkeit überzeugen, und im schlimmsten Falle haben wir nicht nöthig selbst wieder neue Gewalthätigkeiten zu verfügen. Um guten Willen zu zeigen hat der Herzog dem Officier eine offene Order an alle Behörden an den Küsten gegeben, ihm zur Ausführung seines Geschäftes behülflich zu seyn.

d. 10ten August.

Diesen Morgen Kammersession gehalten. Dem französischen Obristen der Lanciers eine visite gemacht. Zu Mittag wieder nach Ludwigslust zurückgekehret.


1) Es war begreiflich, daß die französischen Behörden bei der Abnahme der gestellten Matrosen wählerisch vorgiengen. Hatte doch Napoleon in seinem Befehl an Davout (s. oben zum 10. Juni 1811) ausdrücklich betont: "de marins et non pas de portefaix, de marins et non pas de mousses, de marins et non pas de la canaille du quai de la Ferraille." Und im P. S. hatte er wiederholt: "N'envoyez que de bons marins; ce n'est pas des hommes que je veux, mais des marins ayant beaucoup navigué."
2) Die französische Douanenlinie längs der Ostsee von Ribnitz bis Lübeck war im Oktober 1810 eingerichtet; sie wurde im Oktober 1811 auch auf die schwedisch=pommersche und die preußische Landesgrenze von Ribnitz bis Dömitz erstreckt. Inspecteur der Kaiserlichen Douanen in Rostock war 1811 Fradin. Die Licenzen für Rostocker und Wismarsche Schiffe zur Kornausfuhr nach England wurden gegen eine Abgabe von 30 und 15 Francs für die Tonne Weizen und Roggen ertheilt.
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d. 11ten 12ten u. 13ten August.

Nichts merkwürdiges aufzuzeichnen. In Grabow hat sich ein westphälischer Douanen Controleur gestern erschossen.

Die Schanzen in Warnemünde 1 ) sollen mit neuen Werken vermehret werden. Wieder eine Ausgabe von mehreren tausend Thalern.

d. 14ten August.

Nichts neues vorgefallen.

d. 15ten und 16ten August.

Die in Rostock angekommenen 4 Licenzen sind schon alle genommen worden, noch fehlt es aber an Matrosen die Schiffe zu bemannen.

d. 17ten August.

Nichts zu bemerken.

d. 18ten August.

Lützow hat 3 eigenhändig vom Kaiser Napoleon unterzeichnete Licenzen eingesandt welche ihm durch den Minister Duc de Bassano zugestellt worden. Die Erlegniß für selbige soll der Herzog einnehmen. Das ist etwas neues und angenehmes.

Da die Ruhr 2 ) sehr im Lande um sich greift, so wünscht der General Friant andere cantonnements für die Infanterie, es giebt aber keine mehr als wo jetzt die Cavallerie stehet. Vielleicht daß es gelingt letztere bei dieser Gelegenheit los zu werden. Ich habe deshalb heute auf Befehl des Herzogs an den F. v. Eckmühl schreiben müssen.

Der Bestand der fremden Truppen hier im Lande ist anjetzt 10,567 Mann und 3588 Pferde; die zahlreichen Durchmärsche nach Stettin ungerechnet.


1) Unterm 8. April 1811 war eine Verfügung zum Bau je einer Schanze und eines Blockhauses vor dem Hafen von Warnemünde und zu Wendorf bei Wismar auf Landeskosten ergangen.
2) Die Ruhr=Epidemie war zuerst in und bei Sternberg und Gadebusch ausgebrochen und hatte sich von da weiter verbreitet. Unterm 19. August wurden alle Kreisphysici aufgefordert, "sowohl zur Hülfleistung der Kranken, als zur möglichsten Abwendung weiterer Verbreitung gehörige Vorkehr zu treffen und wöchentlich davon zu berichten". Unterm 26. erließ die Regierung eine "öffentliche Bekanntmachung der Behandlung und des Verhaltens der Ruhrkranken, die nicht sogleich die Hülfe eines geschickten Arztes haben können."
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d. 19ten August.

Wir waren heute auf einem Kinderball bei Bodins welcher sehr heiter gewesen wäre, wenn nicht der kleine hübsche Carl kurz vorher sehr krank geworden wäre.

Lützow berichtet sehr gütige Aeußerungen des Kaisers bei Ertheilung der Licenzen.

Auf die Matrosenangelegenheit scheint keine Antwort zu erfolgen, ich hoffe aber noch immer wir kommen noch gut aus der Sache hinaus.

d. 20sten August d. 21sten August.

Nichts neues. Der kleine Bodin scheint das kalte Fieber zu bekommen.

d. 22sten August.

Herr von Lützow hat die Erlaubniß erhalten auf Urlaub von Paris zurückzukommen.

d. 23sten August.

Ich bin heute mit meiner Frau nach Schwerin gereiset. Auf Befehl des Fürsten von Eckmühl beziehet die sämmtliche Infanterie der Division Friant, also auch das im Strelitzischen befindliche regiment ein Lager bei Rostock am 6ten Septemb. um besser die recruten exerciren zu können. 1 )

Dies macht wieder ungeheure Kosten. Ein ganzer Tannenwald wird abgehauen um die Baraken damit zu bauen. Eine große Menge Stroh gehöret auch dazu, nun ist das vorige und dies Jahr ein grosser Mangel daran. Man wird nichts übrig behalten um die Cavallerie damit zu versehen. Die Verproviantirung des Lagers wird auch viel Vieh kosten und so dem Akkerbau unersetzlichen Schaden thun, wenn nicht irgend eine Erleichterung eintritt. Minister von Brandenstein 2 ) hat mich ersucht


1) Das Lager nicht nur für die Infanterie, sondern auch für die Artillerie der Division Friant lag zwischen Bramow und Kayen=Mühle.
2) August Georg von Brandenstein, 1755 zu Wolfenbüttel geboren, studierte in Göttingen, trat 1774 als Hofjunker in meklenburgische Dienste und wurde bald darauf Auditor bei der Justizkanzlei in Schwerin, 1780 Kanzleirath und 1782 Justizrath. Beim Regierungsantritt des Herzogs Friedrich Franz 1785 zum Kammerherrn ernannt, wurde er 1788 Regierungsrath, 1800 Geheimrath und zweiter Minister. Als solcher begleitete er 1807/8 den Erbprinzen nach Paris. 1808 wurde er an Stelle des zurücktretenden Grafen Bassewitz Geheimraths=Präsident und starb in dieser Stellung am 12. April 1836. 1795 - 1801 war er Besitzer von Raguth (A. Wittenburg), (  ...  )
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deshalb nach Hamburg zum Fürsten v. Eckmühl zu reisen, sehr gute Gründe haben mich bewogen es abzulehnen. Dagegen aber gehet der Landdrost von Lehsten nach Hamburg mit einem Briefe von mir in welchem ich den Marschall dringend aufs neue ersuche die Cavallerie aus dem Lande zu ziehen. Gott gebe guten Erfolg.

d. 24sten August.

Den Morgen Kammer Session gehalten, Abends in Lankow bei Rantzows zugebracht. 1 )

d. 25sten August.

Dem Gottesdienst in der Schloßkirche beigewohnet, dann wieder nach Llust zurückgekehret. Abends sehr interressante Depeschen über die Lage der bekanntesten Weltangelegenheiten von Lützow erhalten.

d. 26sten August.

Ich habe den Befehl des Herzogs erhalten durch den Oberhofmeister von Lützow noch um 6 Licentzen für den hiesigen Handelsstand bitten zu lassen.

d. 27sten August.

Heute ist die Nachricht eingegangen, daß der Kaiser Napoleon nach Wien gereiset ist, um durch die Vermittelung des Oestereichischen Hofes die Irrungen mit Rusland beizulegen.

d. 28sten August.

Nichts besonderes vorgefallen, als daß mir Herr von Lehsten geschrieben, daß er sehr gut vom Fürsten v. Eckmuhl aufgenommen worden, und Hoffnung zu reussiren habe.

d. 29sten August.

Herr v. Lehsten ist von Hamburg sehr zufrieden zurückgekehret. Fürst v. Eckmühl hat alle Bedürfnisse für das Lager


(  ...  ) 1802 erwarb er Ganzow, 1811 auch Frauenmark (A. Wittenburg), veräußerte aber 1825 beide Güter wieder. Als Schriftsteller ist er mit einigen Schriften über die Schiffbarmachung der Elde (1792. 1794) aufgetreten. S. den Nekrolog im Freimüthigen Abendblatt, 18. Jahrgang (1836) Nr. 930, S. 913 ff.
1) Der Oberstallmeister Franz Friedrich von Rantzau war Besitzer des Erbkrugs in Lankow. Er erscheint im ersten Staatskalender 1776 als Kammerjunker und Hofkavalier des Prinzen Friedrich Franz und seiner Gemahlin, wurde 1777 Kammerherr, 1782 Hofmeister, war 1785 - 1796 Oberstallmeister und starb am 27. November 1819.
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um die Hälfte des geforderten heruntergesetzt, auch die rationen der Cavallerie sehr heruntergesetzt. 200 Chasseurs verlassen gleich das Land, meinen Brief wegen Zurückziehung der ganzen Cavallerie, hat er dem Kaiser vorgeleget und erwartet darüber Befehle, hat aber gute Hoffnung gegeben.

Die Reise des Kaisers nach Wien ist ein falsch Gerücht gewesen.

d. 30sten und 31sten August.

Nachmittags nach Friedrichsmoor geritten, auf die Hirschjagd gegangen, die Nacht dort zugebracht, um 4 Uhr Morgens wieder auf die Jagd gegangen. Nachmittags nach Llust zurückgekehret.

Diesen Abend ist Minister von Plessen von Doberan wieder zu Hause gekommen.

d. 1sten September.

Nichts zu bemerken.

d. 2ten September.

Diesen Abend war eine bedeutende Mondfinsterniß.

d. 3ten September.

Nachmittag bin ich nach Schwerin geritten. Den Abend recht vergnügt in einer ganz kleinen Gesellschaft beim französischen Chargé d'affaires zugebracht.

d. 4ten September.

Morgens Kammerfession gehalten dann gleich fortgeritten, so daß ich um 1 Uhr Mittags wieder in Ll. war.

d. 5ten September.

Schillers Glocke von Romberg componiret ward diesen Abend sehr gut von der Capelle 1 ) aufgeführet.

d. 6ten und 7 September.

Mit meiner Frau in der Lewitz zur Hirschjagd gewesen, wo wir sehr vergnüget waren. Abends bei der retour hieher nach Ll. war der Comet 2 ) ganz besonders schön zu sehen.


1) Die herzogliche Hofkapelle bestand aus 4 Hofsängern, 6 Hofsängerinnen und 22 Hofmusikern. Dirigent war damals Eligio Celestino, einer der besten Geigenvirtuosen seiner Zeit, geb. 1739 in Rom, seit 1781 bis zu seinem Tode, 14. Januar 1812, Konzertmeister und (nach Rosetti's Tode 1792) auch Orchesterdirigent in Ludwigslust.
2) Der berühmte Komet 1811 I, der nach Argelander's Berechnung erst nach fast 3000 Jahren wieder sichtbar sein wird.
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Sehr sonderbares Benehmen eines Mannes aus der Gesellschaft. Ich habe mich sehr geärgert.

d. 8ten September.

Der Herzog ist diesen Mittag wieder von Doberan hieher zurückgekommen. Ministerinn von Plessen 1 ) hat diesen Abend sehr unvermuthet eine fausse couche gemacht. Bei ihrer nicht starken Gesundheit ist das recht unglücklich.

d. 9ten September.

Lützow hat heute berichtet daß der Kaiser Napoleon anfang dieses Monaths nach Holland und wahrscheinlich auch nach Hamburg reisen würde.

Das Lancier Regiment hat heute Schwerin und das Land verlassen.

d. 10ten September.

Nichts vorgefallen.

d. 11 - 12ten September.

Mit dem Herzoge in Friedrichsmoor auf der Hirschjagd zugebracht.

d. 13ten September.

Morgens noch auf die Jagd gewesen, einen Hirsch geschossen. Zu Mittage wieder in Ludwigslust gewesen. Lützow hat Paris am 4ten verlassen um auf Urlaub hieher zu kommen.

d. 14ten September.

Der Fürst von Eckmühl wird nach Rostock kommen 2 ), der Herzog hat den Oberschenken von Forstner 3 ) mit allem nöthigen


1) Sophie von Plessen, geb. von Campenhausen. Sie war die Tochter eines livländischen Edelmannes, des Freiherrn Balthasar von Campenhausen, als Hofdame der Erbprinzessin Helene Paulowna mit nach Meklenburg gekommen und seit 24. Mai 1802 mit dem Minister von Plessen (s. oben zum 28. Juni 1811) vermählt. 1822 - 1824 fungierte sie als Oberhofmeisterin der Erbgroßherzogin Alexandrine. Sie starb zu Doberan 21. September 1835.
2) Vgl. den Brief Davout's an Friant vom 29. September, in dem er seine Reise nach Rostock ankündigt: "Je désire ne pas me trouver au milieu des cérémonies . . . Ne faites connaître, par conséquent, ni au duc de Mecklembourg, ni à qui que ce soit, ma prochaine arrivée. Démentez - la, au contraire." Correspondance du maréchal Davout, par Ch. de Mazade. Tome III, p. 267.
3) Wilhelm Joachim Jaspar Freiherr von Forstner, Sohn des Oberhofmeisters und Wirklichen Geheimen Raths Carl Freiherrn von F. (gest. 1789), war 1776 Kammerjunker, wurde 1777 Kammerherr, 1796 Oberschenk und starb 26. Januar 1813 (s. unten zu diesem Tage). 1797 - 1801 besaß er das Gut Randin (A. Grevesmühlen).
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dorthin gesandt um ihm die Honneurs zu machen, er soll im Palais logieren, sobald ich weis daß er angekommen ist, so werde ich hinreisen um ihm die visite zu machen.

Das Gerücht erneuert sich, daß der Kaiser Napoleon auch auf seiner Reise nach Holland und Hamburg hieher nach Mecklenburg kommen wird um das Lager bei Rostock zu sehen.

d. 15ten September.

Heute ist meinen lieben Sohn Paul sein Geburtstag, er wird 11 Jahre alt. Gott segne und erhalte mir dies theure Kind an welches ich alle Hoffnungen meines Lebens knüpfe.

d. 16ten September.

Meinen Kindern habe ich heute einen kleinen Ball gegeben. Die ganze Jugend des Ortes war da. Glücklich waren die Kinder.

Der Oberhofmeister von Lützow ist heute auf Urlaub von Paris angekommen. Er glaubt auch daß der Kaiser Napoleon bis Rostock gehen könnte.

d. 17ten September.

Nach Redevien zur Hirschjagd gefahren und diesen Abend einen 12Ender Hirsch geschossen.

d. 18ten September.

Den ganzen Morgen gejagt, den Nachmittag nach Llust zurückgekehrt.

d. 19ten September.

Klapperjagd in der Guritz. Abends nach Schwerin gefahren mit dem Oberhofmeister von Lützow.

d. 20sten September.

Morgens Kammersession gehabt. Nachmittags nach Llust zurückgekehret. Gegen den nunmehr befohlenen Verkauf der Domainen 1 ) stehet eine grosse Cabale auf. Ich fürchte es wird zu unangenehmen Auftritten Veranlassung geben. Die gute Sache wird und muß doch obsiegen.

d. 21sten September.

Auf der Warlower Klapperjagd gewesen.


1) Meistbietend verkauft werden sollten "zum Besten der Gläubiger der Schulden=Tilgungs=Casse" die ehemals ritterschaftlichen, dann incamerierten Domanialgüter Friedrichsruhe mit Goldenbow, Frauenmark (und zwar letzteres nach Umständen entweder mit Friedrichsruhe zusammen oder allein) und Woserin mit Schlowe. Der Zuschlag sollte nicht anders erfolgen, als wenn mindestens für Friedrichsruhe und Goldenbow 93 000, für Frauenmark 38 000, für Woserin mit Schlowe 134 000, zusammen für alle 265 000 Thlr. N. 2/3 geboten würde. (Archiv=Akten.)
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d. 22sten September.

Nichts anzumerken.

d. 23sten September.

Pichersche Jagd. Mittags eine sonderbare Unterhaltung.

d. 24sten September.

Heute vor 8 Jahren starb meine geliebte Helène. Tag der Trauer und schrecklichen Erinnerungen. Morgens und Abends dem Gottesdienst in der Kapelle beigewohnt.

d. 25sten September.

Jagd in Neuenkrenzlien. sehr glücklich geschossen.

d. 26sten September.

Viel unangenehme Geschäfte gehabt.

d. 27sten September.

D. j. Mecklenburg 1 ) ist den Abend gekommen.

d. 28sten September.

Jagd in Altenkrenzlien.

d. 29sten September.

Der Herzog ist so gnädig gewesen heute in ein arrangement zu willigen, welches mich hoffentlich aus dringenden durch die Zeitumstände entstandenen Verlegenheiten ziehen und so einen wesentlichen Einfluß auf meine Ruhe und Gesundheit haben wird.

d. 30sten September.

Auf die Jagd gewesen . . . . . 2 )

Den Abend ist der Prinz Heinrich von Anhalt Köthen Pleß 3 ) angekommen.

d. 1ten October.

nichts besonderes vorgefallen.

d. 2ten October.

Den Morgen ist die Nachricht von der Ankunft des Fürsten v. Eckmühl in Rostock eingetroffen, um 12 Uhr Mittags bin ich von Ludwigslust abgereiset, um 1 Uhr Nachts in Rostock angekommen.


1) Vielleicht ist der Fritz Mecklenburg gemeint, von dem in der Anmerkung zum 26. Mai 1812 die Rede sein wird.
2) Hier sind zwei Zeilen des Textes unterdrückt.
3) Prinz Heinrich (geb. 1778), Sohn des Fürsten Friedrich Erdmann, der 1765 von seinem Großvater mütterlicherseits, dem Reichsgrafen Erdmann von Promnitz, die Standesherrschaft Pleß geerbt hatte. Die Linie Anhalt=Köthen=Pleß starb 1841 aus.
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d. 3ten October.

Bei meinem Aufstehen meinen geliebten Oertzen wiedergesehen. Nachher mich bei dem Marschall melden lassen, statt dessen kam er selbst zu mir und blieb anderthalb Stunden, eine sehr interessante conversation. Nachher der Fürstinn 1 ) meine visite gemacht. 1/2 1 Uhr Mittags zum maneuvre geritten. wieder eine lange Unterredung mit dem Fürsten, nachher ins Lager. Um 6 Uhr in einer kleineren Gesellschaft beim Fürsten gegessen.

Wenig Hoffnung die Truppen los zu werden, jedoch einige Cavallerie. Die Matrosenangelegenheit wird hoffentlich beendiget seyn. Aufs neue gänzlich über die Fortdauer unserer politischen Existenz beruhiget. Ich bin in alten Stükken sehr gut aufgenommen worden.

d. 4ten October.

Des Morgens den Generals Friant u. Grandeau 2 ) visite gemacht, sowie der Generalin Fallois. 3 ) Der Fürst hatte mich einladen lassen mit ihm u. seiner Frau nach Warnemünde zu fahren hin zu Wasser, zurück im Wagen. Mit schwehrem Herzen habe ich das dort erbaute fort gesehen, welches wir bezahlen müssen. Mittags ein grosses Diner beim Marschall.

d. 5ten October.

Morgens gegen 7 Uhr beim Marschall gewesen und ihm ein memoire über die ganze hiesige Lage gegeben, in welchem


1) Die Fürstin von Eckmühl, Aimée, geb. Leclerc, seit dem 12. Brumaire an X (3. November 1801) mit dem General Davout verheirathet, war die Tochter eines reichen Bürgers von Pontoise. Ihre Erziehung hatte sie in dem berühmten Institut der Madame Campan, der ehemaligen Kammerfrau der Königin Marie Antoinette, in St. Germain erhalten; ihre Mitschülerinnen waren u. a. Caroline Bonaparte und Hortense Beauharnais, mit der letzteren, der späteren Königin von Holland, verband sie eine enge Freundschaft. Durch ihren Bruder, den Divisionsgeneral Victor Emanuel Leclerc (gest. 1802 zu San Domingo), den ersten Gatten von Pauline Bonaparte, war sie mit dem Kaiser Napoleon verschwägert; ihre eigene Vermählung mit Davout war Napoleon's Werk. Die ältere Schwester der Fürstin von Eckmühl war die Gattin des Generals Grafen Friant. S. Vigier: Davout I, 102 ss.
2) Grandeau kommandierte eine Brigade der Division Friant.
3) Generalmajor Joseph von Fallois befehligte das Kontingents=Regiment, welches Meklenburg als Staat des Rheinbundes zu stellen hatte. Es bestand aus 2 Bataillonen zu je 6 Kompagnien in einer Gesammtstärke von 1900 Mann. Der Stab lag in Rostock. - Fallois, bisher in preußischen Diensten, hatte am 6. Juni 1809 als Oberst das Regiment übernommen und war 1810 zum Generalmajor aufgerückt, wurde 1813 Kommandeur der Infanterie=Brigade und nahm 1815 den Abschied.
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ich um Zurückziehung der meisten Truppen aus dem Lande bitte. Dies hängt freilich nicht von ihm ab allein er hat die Ueberzeugung erhalten daß es so nicht länger gehet, er hat versprochen dem Kaiser hierüber zu schreiben und einige Hoffnung gegeben, daß wenn die Truppen nicht zurück gezogen würden, der Kaiser vielleicht monathlich eine gewisse Summa zum Unterhalt der Truppen dem Lande zur Hülfe geben dürfte.

5 Escadron Cavallerie mit dem Generalstab sind ins Strelitzische verleget worden 1 ) welches allemahl eine Hülfe für uns ist.

Von dem prefect der Elbmündungen 2 ) ist auf einmahl der Dom in Ratzeburg, nebst den zugehörigen Gebäuden in Besitz genommen worden. Ich habe es für Pflicht gehalten mit dem Marschall davon zu reden, welcher die Sache noch nicht recht kannte. Er hat mir aufgetragen ihm ein memoire darüber zu geben, und dem G. v. H[astrel] zu schreiben daß wenn er die Sache nicht selbst beilegen könne er am Kaiser fofort schreiben würde.

Beinahe den ganzen Tag haben wir in der Rostocker Haide gejagt. Eine sehr schlechte Jagd. Desto mehr Gelegenheit habe ich gehabt lange und viel mit dem Marschall über die Angelegenheiten des Landes zu reden. Er hat mir so viele Beweise von Freundschaft und Zutrauen gegeben daß ich es nicht genug erkennen kann. 3 )


1) Meklenburg=Strelitz war bis dahin ohne französische Garnison gewesen.
2) Baron de Coninck Qutrive.
3) In diesen Tagen wird es gewesen sein, daß zwischen dem Erbprinzen und Davout auch eine Angelegenheit verhandelt wurde, deren zwar das Tagebuch nicht gedenkt, über die wir aber anderweitige Andeutungen besitzen. Davout, der den Auftrag hatte, ebenso wie der französische Gesandte in Berlin Graf Saint=Marsan, Preußen zu überwachen, hatte in einer seiner Unterredungen mit dem Erbprinzen auch über die Verhältnisse Preußens gesprochen, hatte ihm "les sentiments les plus propres à calmer les inquiétudes de la Prusse" ausgedrückt und den Wunsch geäußert, daß der Erbprinz den Inhalt dieses Gespräches vertraulich nach Berlin melde. Darauf bezieht sich ein Brief Friedrich Ludwigs an Davout vom 28. Oktober (abgedruckt bei Vigier: Davout II, 62 s.):
Prince, j'ai eu l'honneur de prévenir Votre Excellence, il y a quelques jours, que j'avais réussi à faire parvenir àBerlin, par une occasion convenable ce qu'Elle m'avait témoigné désirer y être connu. Aujourd'hui je me trouve à même de pouvoir vous assurer, Prince, que j'ai à me louer du zèle qu'y a mis la personne que j'en avais chargée.
On vient de lui écrire ce qui suit:
Le Roi a appris avec une véritable satisfaction le contenu de la conversation du Prince héréditaire avec le prince d'Eckmühl. Il l'envisage comme une nouvelle preuve des dispositions bienveillantes (  ...  )
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6ten October.

Des Morgens bin ich beim Marschall gewesen um ihm die Briefe zu comuniciren welche ich nach Strelitz in seinem Auftrage geschrieben habe sowohl wegen der Angelegenheit von Ratzeburg als auch wegen der nach dem Strelitzischen zu verlegenden cavallerie. Dann mehrere Generals besuchet. 1/2 2 Uhr mit dem Marschall zum Maneuvre und ins Lager geritten, zu Mittage beim General Friant gegessen. Abends 1/2 11 Uhr nach Doberan abgereiset.

7. 8ten October.

Gestern Morgen kam der Marschall mit seiner Frau nach Doberan. ich empfing Sie in meines Vaters Hause, 1 ) nach dem Frühstück fuhren wir nach dem Bade, von wo aus die Fürstinn nach Doberan zurückkehrte alles zu besehen. wir Männer hiehlten eine Klapperjagd ab die aber nicht schön ausfiel. Um 1 Uhr ward gegessen, worauf unsere Gäste über Wismar 2 ) nach Lübek abreiseten Ich verließ auch sogleich Doberan fuhr die Nacht durch und war heute Morgen 1/2 6 Uhr wieder in Ludwigslust.


(  ...  ) de l'Empereur envers la Prusse, et, quoiqu'il en fût déjà persuadé, les paroles du Maréchal n'en ont pas moins fait une impression extrêmement agréable sur son esprit. Tout préparatif quelconque a été décommandé chez nous, la défiance n'existe plus, je me flatte que de part et d'autre elle est bannie pour jamais.
Veuillez agréer, Prince, l'hommage réitéré de la très haute considération avec laquelle j'ai l'honneur d'être, Prince, de Votre Exellence le très humble et très obéissant serviteur,
Frédéric Louis,
Prince héréditaire de Mecklembourg - Schwerin.
Eine Aeußerung, die Davout in Rostock gethan hatte und die in weiteren Kreisen übel aufgenommen worden war, erregte auch Napoleon's Mißfallen: "Les Allemands", schrieb er an Davout am 2. Dezember 1811, "se plaignent que vous ayez dit à Rostock que vous sauriez bien empêcher l'Allemagne de devenir une Espagne; que, tant que vous y commanderiez, on n'oserait rien entreprendre. Ces propos font un mal réel. Il n'y a rien de commun entre l'Espagne et les provinces d'Allemagne . . . Il est donc très - fâcheux qu'on entretienne les généraux de ces chimères, et qu'on laisse circuler dans le pays des comparaisons qui ne peuvent faire que du mal, sans produire aucun bien." (Correspondance de Napoléon I er . Tom. 23, p. 44s.)
1) In dem 1806 - 1810 erbauten Palais.
2) Ueber den Empfang, den der Kommandant von Wismar Davout bereitete, schrieb dieser aus Wismar an Friant am 7. Oktober Abends: "Mon cher général, j'ai trouvé beaucoup de lumières dans les maisons d'ici, les troupes sous les armes formant la haie etc. (  ...  )
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Das resultat meiner Reise ist, daß ich die Ueberzeugung habe, daß der Marschall den Zustand des Landes würdiget und den Wunsch hat ihn zu erleichteren und sich bestimmt beim Kaiser

dahin verwenden wird daß derselbe etwa 50/m Thlr. Monathlich zur Hülfe giebt.

5 Escadron cavallerie u. ein Generalstab sind wir auch los.

Meine Schwägerin von Weimar 1 ) ist mit einer Tochter am 30sten niedergekommen.

9ten October.

nichts zu bemerken.

d. 10ten October.

Beinahe den ganzen Tag in Neustadt zugebracht. Die herzoglichen Mittglieder der Creditcommission 2 ) haben einen Bericht gemacht um den Vorschlag zu hintertreiben die fremden Truppen


(  ...  ) J'ai pris des renseignements au sujet des illuminations, et j'ai su que c'était par les insinuations du commandant de la place.
C'est certainement un bon serviteur de notre souverain. Ses services et ses blessures le prouvent; mais il n'est pas propre à être détaché, la tête lui tourne, de la position où il se trouve; il met des exécutions militaires et fait mille extravagances par excès de zèle.
Il faut, dans quarante - huit heures, le faire rentrer au camp avec sa compagnie. Il est inutile de le remplacer; nommez pour commander la place un officier mecklembourgeois de la garnison parlant français, et donnez - lui des instructions pour les passages, etc."
Im Uebrigen war Davout nicht sehr befriedigt von seinem Aufenthalte in Meklenburg: "il règne un assez mauvais esprit dans le Mecklembourg" schrieb er am 11. November an Friant. Correspondance de Davout, III, p. 270. 282.
1) Die Erbprinzessin von Sachsen=Weimar, Maria Paulowna, war die jüngere Schwester von Friedrich Ludwigs erster Gemahlin Helene Paulowna. Da seine zweite Gemahlin Caroline Luise die Schwester des Erbprinzen Carl Friedrich von Sachsen=Weimar war, so bestand eine doppelte Verschwägerung mit dem Weimarischen Hause. Die am 30. September 1811 geborene Prinzessin Marie Luise Auguste Catherina war die spätere Kaiserin Augusta.
2) Die am 1. Januar 1807 eingesetzte Allgemeine Landes=Kreditkommission hatte "die Anschaffung und Bezahlung der durch den Krieg hervorgebracht werdenden Bedürfnisse und Ausgaben des ganzen Landes, mit alleiniger Ausnahme der Naturalverpflegung fremder Truppen, auf den gemeinschaftlichen Credit der in solidum dafür verhafteten Domainen, Ritterschaft und Städte beider Herzogthümer, des Fürstenthums Schwerin und der Herrschaft Wismar, zu besorgen." Sie bestand aus 6 Mitgliedern, von denen 2 ("von Seiten der Domainen") vom Herzog ernannt, 2 von der Ritterschaft (je eines für das Herzogthum Schwerin und für das Herzogthum Güstrow) und 2 von der Landschaft (je eines wegen des Meklenburgischen und wegen des Wendischen Kreises) gewählt wurden. Die beiden "herzoglichen Mitglieder" waren damals der Kammerdirektor Brüning und der Landdrost von Wendland.
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durch fournisseurs erhalten zu lassen, und nach Beendigung des Lagers die Naturaleinquartirung wieder eintreten zu lassen. Meiner Meinung nach wäre dies letztere der völlige ruin des Landes, da es wohl keinem Zweifel unterworfen ist daß der Bequartirte viele vexationen und doppelte Kosten hat, als wenn er ein bestimmtes an sublevation geben muß, welches schon jetzt troz der Einquartirung geschiehet. Ueberdem hat mir auch der Fürst von Eckmühl klar erwiesen, daß in seiner Militairdivision der Mann nur 4 Schillinge zu unterhalten kostet, und wir berechnen 8 Schilling für einen jeden.

Der Herzog hat befohlen daß es so wie dort in Zukunft gehalten werden soll.

Ueber den Auffenthalt des Marschalls in Wismar sind Berichte eingegangen, die aufs neue seine edle und rechtliche Denkungsart beweisen. Auch meiner ist vortheilhaft gedacht worden, welches mich sehr freuet.

d. 11ten October.

Der Herzog von Strelitz hat mir auf meinen Brief aus Rostock geantwortet, scheint aber die Sache aus einem falschen Gesichtspunkt anzusehen. Der Brief hat mich gekränkt da er mir Absichten beizulegen scheint die mir ganz fremde sind. Er verbreitet sich lange über den Schaden den es brächte wenn beide Häuser nicht gemeinschaftlich handelten, wünscht daß in Zukunft alles so verhandelt werden möchte, und will meine Ansichten darüber wissen. Ich habe ihm sehr offen darauf geantwortet, wie dies ganz meine Meinung sey, daß bisher es aber für uns zu bedauern gewesen daß es nicht immer so gehalten worden, weil seit einem Jahre wir Schweriner so viel Lasten ertragen hätten, ohne Anspruch auf Strelitzische Hülfe zu machen und ohne daß solche uns angeboten worden sey. Den ganzen Brief habe ich Punkt für Punkt gründlich beantwortet, und glaube nicht daß eine replique darauf erfolgen kann.

d. 12ten October.

Auf die Klapperjagd gegangen.

d. 13ten October.

nichts vorgefallen.

d. 14ten October.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

d. 15ten October.

Nach Schwerin gereiset, viel gearbeitet.

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d. 16ten October.

Morgens Cammersession gehalten, nach Tische nach Ludwigslust zurückgekehret.

d. 17ten October. 18ten October.

Nichts anzumerken. Jagd. 1 )

d. 20sten October.

Sehr leidend an Kopfschmerzen gewesen.

d. 21sten October. 22sten u. 23sten October.

Nichts sehr merkwürdiges vorgefallen. Die Herzoglichen Mittglieder der CreditCommission möchten gar zu gerne die neue Bestimmung wegen der MagazinVerpflegung der fremden Truppen umstoßen, und thun alles ihrige dazu. Es soll Ihnen aber nichts helfen.

d. 24sten October.

Jahrstag meiner Hochzeit mit meiner ersten lieben Frau . . . .

d. 25sten October.

Herr K[ammer] D[irector] B[rüning] bezeiget sich sehr feindselig gegen mich und suchet das vom Herzoge bewilligte Arrangement in meinen Angelegenheiten zu hintertreiben. Ich fürchte wir werden zu unangenehmen persönlichen explicationen kommen.

d. 26sten. 27sten. 28sten October.

Nichts von besonderer Bedeutung vorgefallen.

d. 29sten October.

mit meiner Frau nach Schwerin gereiset.

d. 30sten October.

Cammersession gehalten.

d. 31sten October.

Der Conferenz mit dem Ministerio, der Regierung, der Creditcommission, den Deputirten des Landes und der Cammer beigewohnt, wegen Einrichtung der neuen MagazinVerpflegung der Truppen und der Aufbringung der dazu gehörigen fonds. 2 ) Nun wird die ganze Angelegenheit in guter Ordnung kommen.


1) Der 19. October fehlt.
2) Unterm 31. Oktober 1811 ergieng derBefehl an "alle Behörden, welchen die Einforderung des außerordentlichen Contributions=Edicts vom 9. August 1810 aufgetragen war, . . . daß sie, zum Behuf der unverzüglich aufzu= (  ...  )
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Der K[ammer] D[irector] B[rüning] hat in meiner Privatangelegenheit klein beigegeben, es ist daher zu keiner eigentlichen explication gekommen, indessen hat es doch Gelegenheit gegeben sich zu verständigen.

Des Abends wieder nach Llust zurück gekehret.

d. 1sten November.

Nichts besonderes zu bemerken.

d. 2ten und 3ten November.

nichts neues vorgefallen, als daß wieder von einer bevorstehenden Entrevue der Kaiser Alexander und Napoleon die Rede ist. Wahrscheinlich aber ist es nur ein leeres Gerücht.

4ten und 5ten November.

nichts neues vorgefallen.

d. 6ten November.

Heute ist der Herzog zur Saujagd gereiset, fürs erste nach Schwerin.

d. 7ten November.

Diesen Abend ist ein kleiner Ball gewesen. 1 )

d. 9ten November.

Nach Schwerin gereiset.

d. 10ten November.

Eine vergebliche Saujagd bei Pampow gemacht und nach Llust zurückgekehret.

d. 11ten November.

Die Creditcommission auf Anstiften von Brüning hat abgehen wollen d. h. nur die Schulden vom Jahre 6 - 7 besorgen, sich aber nicht weiter mit der Verpflegung der Truppen abgeben wollen, alles aus Verdruß über die mißglückte Hintertreibung der


(  ...  ) bringenden Kosten zur Verpflegung der cantonnirenden fremden Truppen durch Lieferung aus Magazinen statt ihrer bisherigen Verpflegung von den Wirthen, und um die ganz erschöpfte Sublevations=Casse in den Stand zu setzen hierzu die nöthigen Vorkehrungen mit Erfolg treffen zu können, unmittelbar und sofort nachdem dieses zu ihrer Wissenschaft kommen wird, das gedachte außerordentliche Contributions=Edict . . allenthalben zur Hälfte ohne Abzug erheben, und den Betrag längstens binnen 8 Tagen zu Unserer allgemeinen Landes=Receptur=Casse nach Rostock einsenden." Mecklenburg=Schwerinsche Anzeigen, 1811, November 6.
1) Der 8. November fehlt.
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MagazinVerpflegung. Der commission ist aber ein anderes bedeutet worden, und es wird so bleiben wie es ist. In Augenblikken wie die jetzigen so zu halten ist höchst unpatriotisch und unter aller Kritik.

d. 11ten u. 12ten November.

Nichts vorgefallen.

d. 12ten November.

Ueber die Gesundheit meines Vaters habe ich heute keine vortheilhaften Nachrichten erhalten.

d. 13ten November.

Ich bin heute nach Muchow gewesen, fand aber meinen Vater weit besser wie man mir gesagt hatte, er war selbst auf der Jagd die sehr glücklich ausfiel.

d. 14ten November.

Nach Ludwigslust zurückgekehret.

d. 15ten und 16ten November.

Es werden aufs neue ungeheure Forderungen zu den fortificationen in Warnemünde und Wismar gemacht. Die Strohlieferungen sind auch viel grösser wie die Vorschriften, trotz den Befehlen des Marschalls Eckmühl ist auch noch nicht so viel Cavallerie abmarschirt wie versprochen worden. Wegen alles dieses habe ich heute eine Staffette am Fürsten von Eckmühl gesandt.

d. 17ten November.

Heute ward Fräulein von Oertzen ihre Heirath oder vielmehr Verlobung mit dem Cammerjunker von Behr declariret. 1 ) Möge sie so glücklich werden wie sie es verdient. Abends war ein kleiner Ball.

d. 18ten November.

Nichts anzumerken.

d. 19ten November.

Der Herzog ist heute auf einige Tage zurück gekommen. Am General Friant ist wegen der neuen Cantonnements der Truppen in den Städten nach Aufhebung des Lagers geschrieben und ein Projekt zur dislocation zu weiterer Beförderung am Fürst von Eckmuhl eingereicht worden.


1) Vgl. oben zum 31. Mai, 1. 4. 6. Juni 1811.
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d. 20sten November.

Am 30sten rükken 2 Regimenter Spanier in Rostock ein um den Winter über das Lager zu hüthen. 1 ) Dies läßt hoffen daß das Lager aufgehoben wird. Andere Anstalten lassen auf baldigen gänzlichen Abmarsch der Division schliessen. Ist es gleich eine traurige Vorbedeutung eines ausbrechenden Krieges, so wird doch dieses für den Augenblick wenigstens eine unendliche Erleichterung für Mecklenburg seyn.

d. 21sten November.

Heute ist der Herzog nach Jasnitz abgereiset zur Jagd.

d. 22sten November

bin ich nach Schwerin gereiset.

d. 23sten November.

Morgens Kammersession gehalten. Nachmittags nach Llust zurückgekehrt. Heute ist der Contrakt mit den Lieferanten für die fremden Truppen abgeschlossen worden. 5 3/4 ß für den Mann.

d. 24sten November.

Der Fürst von Eckmühl hat mir heute sehr verbindlich und gewährend auf meinen Brief vom 16ten geantwortet. Am Schlusse versichert er mir noch daß er dem Kaiser Bericht über den Nothzustand unseres Landes gemacht habe, und es ihm aufs neue vorstellen würde.

d. 25 u. 26sten November.

Nichts bedeutendes vorgefallen, als daß dem Herzoge das Definitifrescript wegen dem Verkauf der Domainen vorgeleget worden ist. 2 )


1) In Napoleon's Befehlen an Davout (Correspondance de Napoléon I. Tom. 22, p. 541. 23, p. 151) sowie in Davout's Briefen an Friant ist immer nur von einem für Rostock bestimmten spanischen Regiment die Rede. Davout mißtraute den Spaniern; er fürchtete, sie würden den Einflüsterungen von Emissären oder unzufriedenen Bewohnern von Rostock Gehör schenken und sandte gemessene Verhaltungsmaßregeln an Friant. Correspondance de Davout, III, p. 281 ss. 296.
2) Schon unterm 18. November war bekanntgegeben worden: "Da die festgesetzte Verloosung bei der von Uns errichteten Schulden=Tilgungs=Commission Unsern an diese Commission gewiesenen Gläubigern zwar die successive Erhebung ihrer Capitalien sichert, allein sie nicht so schnell befördert, als Wir es wünschen: so sind Wir auf Mittel bedacht gewesen, einen schnelleren Abtrag dieser Capitalien auf einem andern Wege zu befördern, und haben beschlossen, zuerst die von Uns Selbst acquirirten ehemaligen ritterschaftlichen Güter Woserin, Friedrichsruhe, Frauensmarck cum pertinentiis meistbietend (  ...  )
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d. 27sten November.

Heute ist die Nachricht eingegangen daß das Lager bei Rostock zwischen den 1sten und 10ten December aufgehoben werden wird. Alsdann rükken die Truppen ins cantonnement in die

Städte, wo sie magazinmässig verpflegt werden. 130/m Rthlr. wird es monathlich kosten.

d. 28sten November.

Ich habe heute am F. v. Eckmühl geschrieben um zu bewürken daß ein Bataillon Spanier nach dem Strelitzischen verlegt werde, und eine Abminderung an den Strohrationen zu erlangen.

d. 29sten November.

Da der Cammerdirektor fortfährt der Betreibung meiner PächterAngelegenheit Zögerungen in den Weg zu legen, so habe ich ihm heute einen starken Brief geschrieben, u. ihn gebeten mir zu erklären ob er sich nicht entschliessen könne mit Ueberzeugung die Sache zu befördern, wiedrigenfalls ich den Herzog bitten würde, ihn der Verlegenheit zu überheben gegen seine Ueberzeugung in meinen Angelegenheiten zu decretiren.

d. 30sten November.

Nichts besonderes vorgefallen. Anzumerken habe ich noch vergessen, daß am 27sten der Oberhofmeister von Lützow nach Paris zurückgekehrt ist. Er ist über Berlin gegangen um dort sein rappelschreiben als Gesandter zu übergeben weil es nicht höflich für den König von Preussen ist, daß ein bei ihm accreditirter Gesandter, Jahrelang in anderen Geschäften abwesend ist.

Mittags nach Friedrichsmoor zum Herzoge gereiset.

d. 1sten December.

Heute Abend ward dem Herzoge gemeldet daß ein Adjutant vom General Friant in Llust sey der Briefe von demselben abzugeben habe. Da morgen Jagd ist, so befahl mir der Herzog hinzureisen und selbige in Empfang zu nehmen. Die Nacht um 1 Uhr kam ich hier an.


(  ...  ) in der Art zu verkaufen, daß das Kauf=Pretium zu 9/16tel mit Schulden=Tilgungs=Casse=Papieren bezahlet werden, und diese Papiere sodann quitirt der Schulden=Tilgungs=Commission zurückgegeben werden sollen, um sie zu cassiren." Mecklenburg=Schwerinsche Anzeigen, 1811, Dezember 4. Vgl. oben zum 20. September 1811.
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d. 2ten December.

Morgens um 9 Uhr empfing ich den Adjutanten capitaine Gobert. Der Brief von Friant am Herzoge enthiehlt den DislocationsPlan für die französischen Truppen wenn sie das Lager verlassen werden, der Augenblick ist noch nicht bestimmt. Der Zweck der Sendung war eigentlich mir einen Brief vom Fürsten von Eckmühl zu bringen der blos personel für mich war, und in welchem der Marschall Aufschlüsse über eine gewisse Angelegenheit von mir begehrte.

Interressanter für das Land war aber ein anderer Brief vom F. v. Eckmühl den ich ebenfalls heute bekam, die Antwort auf meinen Brief vom 28sten. Er saget mir daß er meine angeführten Gründe so treffend finde, daß er sofort dem General Friant beföhle, in den ersten Tagen dieses Monathes ein französisches Bataillon ins Strelitzische zu verlegen. Er habe diese Gelegenheit aufs neue benutzt um dem Kaiser die unglückliche Lage beider Herzogthümer zu schildern. Den Morgen habe ich mit Beantwortung der Briefe zugebracht, dann frühstükte ich mit dem Adjutanten. Nachmittags ritt ich zur Jagd um dem Herzoge Bericht zu machen. Da ich ihn aber nicht mehr fand, so ritt ich nach Friedrichsmoor und kam Abends 8 Uhr wieder zu Hause.

Späterhin habe ich noch den Major von Both 1 ) nach Neubrandenburg zum General Bordesoulle 2 ) gesandt um mit ihm


1) Karl von Both, geb. 1778 zu Ludwigslust als ältester Sohn des Hausmarschalls und Kammerherrn Ludwig Hartwig von Both, trat in hannoversche Militärdienste und machte einen Theil der französischen Revolutionskriege mit, hatte aber das Unglück, in Kriegsgefangenschaft zu gerathen. Nach dem Frieden und seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft trat er in meklenburgische Dienste als Kammerjunker und Leutnant der Garde zu Pferde und wurde schon im Alter von 22 Jahren Major. Später begleitete er den Prinzen Adolf auf mehrjährigen Reisen bis 1809, in welchem Jahre die Garde zu Pferde aufgelöst wurde. Both wurde nun 1810 Chef der 1. Kompagnie der neu errichteten Grenadier=Garde, 1812 Kommandeur des Grenadier= Gardebataillons, welches er in den Feldzügen 1813/14 führte, 1813 Oberst, 1815 mit der Führung der Brigade beauftragt, 1818 Generalmajor, 1821 Chef der Brigade, 1837 Generalleutnant, schied 1839 als Gouverneur von Schwerin aus dem aktiven Dienst und starb 28. März 1860. - Er war zweimal vermählt: in erster Ehe seit 1810 mit Christine Adolfine Elisabeth von Bülow, Tochter des Hofmarschalls Bernhard Joachim von Bülow, die am 2. Dezember 1812 starb (s. unten zu diesem Tage); in zweiter Ehe seit 1816 mit Johanna Freiin von der Tann, einer Hofdame der Erbprinzessin Caroline.
2) Bordesoulle kommandierte die 2. leichte Kavalleriebrigade (1. und 3. Chasseurs).
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die Verpflegung und das cantonnement des hier im Lande bleibenden regiments Cavallerie zu arrangiren, nach dem neuen Plan.

Der Kammerdirektor hat mir einen langen Verantwortungs=Brief geschrieben, der mich aber keinesweges seiner Unschuld überzeuget, welcher aber allemahl den Effect beweist den mein Brief gemacht hat. Die Sache wird nun betrieben.

d. 3ten December 4ten u. 5ten December

nichts besonders bemerkenswerthe vorgefallen.

d. 6ten December.

Diesen Mittag bin ich nach Schwerin gefahren.

d. 7ten December.

Morgens Cammersession. Der K[ammer] D[irektor] war so demüthig daß es mich geärgert hat. Zu Tische wieder in Llust gewesen.

d. 8ten December.

Lützow hat eine Estaffette aus Berlin mit der Nachricht gesandt, daß der Minister der auswärtigen Angelegenheiten 1 ) ihn habe hohlen lassen, um ihm zu sagen daß der König ungerne sein rappelschreiben annehmen würde und wenn dasselbe keinen anderen Grund habe als Lützows lange Abwesenheiten, dieses gar nichts mache u. der König wünsche daß Lützow den Befehl erhalten möge das rappelschreiben nicht zu übergeben. Dabei sind die verbindlichsten Sachen für uns gesaget worden und geeussert wie der König die attentionen erkenne welche man hiesiger seits auch in den Zeiten des Unglücks für ihn gehabt habe, welches Betragen sehr von dem anderer teutschen Fürsten sich auszeichne. Wie natürlich hat der Herzog dem Könige geschrieben um ihm zu danken und Lützow bleibt Gesandter trotz seiner Abwesenheit in Paris.

d. 9ten December

nichts vorgefallen.

d. 10ten December.

Heute ist des Herzogs Geburtstag gefeiert worden, durch cour, Diner und Ball, es waren viele Menschen hier.

d. 11ten December.

Landdrost v. Lehsten der gestern als Generalpostmeister Generalmajors Rang bekommen hat, habe ich meine Meinung


1) Graf Hardenberg.
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ernstlich über seinen künftigen Schwiegersohn Dorne 1 ) gesagt, welcher sich in ein bedeutendes Spiel mit gewissen Personen eingelassen hat, welches mir in keinem Betrachte gleichgültig seyn kann. Ich denke die Erinnerung wird gute Früchte tragen.

Der Herzog von Strelitz u. der Erbprinz haben zum Geburtstage kommen wollen, alles war schon eingerichtet, allein die Geschäfte bei der vermehrten Einquartirung haben es verhindert. Dagegen hat er einen gar lieben Brief am Herzoge geschrieben und der Erbprinz an mir.

d. 12ten December

nichts besonderes vorgefallen. Major v. Both ist nach Hamburg zum F. v. Eckmühl gesandt worden.

d. 13 December.

Der alte Abbé Sabatier de Castres 2 ) welcher sich länger hier aufgehalten hat, ist heute über die westphälische Gränze gebracht worden da er ein unruhiger Kopf und überführt worden ist sich den Franzosen als Spion bei uns angeboten zu haben. Fürst v. Eckmühl ist so gut gewesen mir die Beweise davon zu liefern.

d. 15ten December.

Major Both ist sehr zufrieden wieder gekommen. Der Marschall F. Eckmühl hat alles bewilliget was der Herzog gewünscht hat. Die Cavalerie bekömmt die cantonnements die hiesigser Seits vorgeschlagen worden, die rationen an Heu und Stroh werden abgemindert so wie wir gebeten, wegen der Douaniers wird auch strenge Ordnung gehalten werden.


1) Ludwig von Dorne, ältester Sohn des 1806 gestorbenen Oberkammerherrn und Kammerpräsidenten Ludwig von Dorne, geb. 1784, wurde 1810 Kammerherr, bald darauf Accessist beim Generalpostdirektorium, 1813, nach seiner Vermählung mit Elisabeth von Lehsten (einer Tochter des General=Postmeisters von Lehsten, s. oben zum 13. Juli 1811), Postdirektor in Wismar als Nachfolger des am 29. Mai verstorbenen Postdirektors Seidenschnur, 1816 Oberpostamtsdirektor zu Güstrow und bekleidete dieses Amt bis 1848, wo er in den Ruhestand trat. Er starb 20. September 1858.
2) Antoine Sabatier, nach seinem Geburtsorte Castres gewöhnlich Sabatier de Castres genannt, geb. 1742, war ein talentvoller, ehrgeiziger und zeitweilig einflußreicher, aber charakterloser und etwas anrüchiger Litterat. Seit 1803 lebte er in Altona, wurde aber 1811 in Folge eines Zerwürfnisses mit Davout genöthigt, Altona zu verlassen und nahm seinen Aufenthalt in Ludwigslust. Er starb zu Paris 1817. S. Nouvelle biographie générale tome 42 p. 958 ss.
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d. 16ten December.

Das Lager ist aufgehoben und die Truppen rükken in die cantonnementsStädte. Am F. v. Eckmühl habe ich weitläuftig heute in der Angelegenheit geschrieben über welche er Aufschlüsse von mir haben wollte.

d. 17ten December.

Heute ist mein Schwager der Erbprinz von Weimar angekommen. meine Frau ist sehr glücklich darüber.

d. 18ten December.

Wir feierten heute den Geburtstag meines Bruders Adolph. 1 )

d. 19ten December.

General Bordesoulle macht einige Schwierigkeiten wegen der neulich vom F. v. Eckmühl erwürkten Verfügungen.

d. 20sten December.

Die Stände haben aufs neue so dringend und mit guten Gründen um Ertheilung eines Indults gebeten. Leider ist es seit dem Frühjahr so viel schlimmer hier im Lande geworden, daß selbst die vota der Regierung dieser Maaßregel beistimmen. Das gehet nicht an, daß einzelne Cassen als der Landkasten, SchuldentilgungsCassa etc. . Indult bekommen, während daß man die Particuliers zum Zahlen zwingt. Die Sistirung der Capitalabträge muß also allgemein seyn. Sie wird indessen nur als ein interimisticum bewilliget werden, bis daß die neuen Einrichtungen zur Verbesserung oder vielmehr Errichtung eines gehörigen Hypothekenwesens und anderer CreditEinrichtungen getroffen sind. Als conditio sine qua non wird jedoch den Ständen gesetzt werden daß vor Ertheilung des Indults, erst die Summen zur Unterhaltung der fremden Truppen zur Zinszahlung der öffentlichen Cassen festgestellt werden. Auch aus dem etwanigen Ueberschusse bei diesen Erhebungen sollen noch capitalia bei der Schuldentilgungs 2 ) und CreditcommissionsCassa abgetragen werden.


1) Jüngster Sohn des Herzogs Friedrich Franz, geb. 1785, gest. 8. Mai 1821. Vgl. über ihn L. v. Hirschfeld: Friedrich Franz II. Bd.I, S. 64 f.
2) Die Schulden=Tilgungs=Kommission, eröffnet am 19. Juni 1809, war bestimmt zum Abtrag der Rentereischulden an Kapital und Zinsen aus den dazu auf 30 Jahre angewiesenen Fonds von jährlich 150 000 Thlr. aus der allgemeinen Landes=Rezeptur=Casse und von 85 000 Thlr. aus gewissen Domanialämtern.
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Obgleich ich bewandten Umständen nach nun mehr selbst für diese Maaßregel stimmen muß, so thue ich es nur mit blutendem Herzen, weil selbige die schrecklich unglückliche Lage unseres Landes bezeichnet und ich allemahl einen indult, als ein verzweiflungsvolles Mittel betrachte. Gott wende doch einmahl einen Gnadenblick auf mein armes Vaterland.

d. 21sten 22sten December

nichts vorgefallen.

d. 23sten December.

Habe mich heute sehr über die völlig unzweckmäßigen Ausfertigungen der Regierung an den Ständen in der Indultssache geärgert. Sie sind geändert worden.

d. 24sten December.

WeinachtsAbend, mithin grosse Freude bei meinen lieben Kindern.

d. 25sten December.

Das Andenken des Geburtstags meiner theuren ersten Frau gefeiert ! ! ! ! !

d. 26sten December.

Nichts vorgefallen.

d. 27sten December.

Mit meiner Frau und meinem Schwager nach Schwerin gereiset.

d. 28sten December.

Morgens Kammersession gehalten. Abends eine kleine Gesellschaft bei mir gehabt. Des Nachts durch Feuerlärm geweckt. es brannte ein grosses Haus in der Vorstadt ab. Die Franzosen haben sehr thätig und gut sich bei dem Löschen betragen.

d. 29sten December.

Des Abends einen großen Ball auf dem Schloß gehabt, welcher sehr lustig war.

d. 30sten December.

Nachmittags nach Ludwigslust zurückgekehrt.

d. 31. December.

Das Jahr ganz stille beschloßen.

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d. 1sten Januar 1812.

Das neue Jahr mit der schmerzhaften Erinnerung an dem Todestage meiner lieben Mutter angefangen. In die Kirche gewesen, wo zum ersten mahle die Fürbitten für die glückliche Niederkunft meiner Frau gehalten wurden.

d. 2ten Januar. nichts vorgefallen.

d. 3ten Januar.

Mein Bruder Carl 1 ) ist an einem hitzigen Nervenfieber ohne alle Hoffnung gewesen, und hat auch noch nachher einen Anfall von der SchleimSchwindsucht gehabt. Nach den heute erhaltenen Briefen ist er aber Gottlob in der vollkommensten Besserung.

d. 4ten Januar. nichts vorgefallen. TodesTag meiner lieben Schwester Louise.

d. 5ten Januar.

Ist mein lieber Oertzen auf einige Tage hergekommen.

d. 6ten Januar.

Da zwey Esquadrons Cavallerie, wie es scheint ohne höhere Ordre aus dem Lauenburgischen nach Boitzenburg gekommen sind so ist am F. v. Eckmuhl geschrieben worden und um Abstellung gebeten.

d. 7ten Januar nichts vorgefallen.

d. 8ten Januar.

Es get das frohe Gerücht, als wenn die fremden Trupen uns verlassen würden was Gott geben wolle.

d. 9ten Januar nichts besonderes vorgefallen.

d. 10ten Januar.

Mein Schwager ist diesen Morgen wieder nach Weimar zurückgekehrt, auch mein Oertzen ist wieder abgereiset.

d. 11ten Januar u. 12ten Januar.

Lützow schreibt aus Paris, daß die Anstellung von Gesandten bei den Fürsten Teutschlands keine Veränderung in der jetzt


1) Herzog Carl, geb. 2. Juli 1782, gest. 22. Mai 1833, trat 1799 in den russischen Militärdienst und war 1812 Generalmajor und Chef eines Grenadierregiments.
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bestehenden Etiquette machen würde u. daß man wohl nicht dort Gegengesandte annehmen werde, mithin bleibt seine Lage dort noch die nehmliche. 1 )

d. 13sten Januar.

Nach Schwerin gereiset.

d. 14ten Januar.

Kammersession gehalten, dann nach Llust zurückgekehrt.

d. 15ten Januar 16ten u. 17ten Januar.

Alle Tage krank gewesen.

bis zum 24sten Januar.

Immer noch das nehmliche. Ich habe heute wieder den Major v. Both nach Hamburg gesandt und dem Marschall Fürsten von Eckmühl vorgestellt wie es beinahe ganz unmöglich werde die Truppen länger zu unterhalten und daß wir bäten den Kaiser dahin zu bewegen daß er wie in Danzig die Truppen auf eigene Kosten unterhalten lassen möge.

d. 25sten Januar.

Eben gehet die officielle Nachricht ein, daß die ganze Division Friant morgen das Land verläßt. Dagegen aber heißt es [daß] die Division Compans wieder einrückt. Andere Cavallerie und ein Regiment infanterie ist würklich auch schon eingerückt. Die Diviesion Friant gehet nach Schwedisch Pommern. Ich habe gleich eine Estaffette dem Major Both nachgesandt, damit er zu bewürken suche, daß wir eine Abminderung der Truppen, oder wenigstens doch nur einigen Aufschub gewinnen um uns ein wenig ausruhen zu können.

d. 26sten Januar.

Zwey Regimenter Infanterie sind schon von der Division Compans eingerükt.

d. 27sten Januar.

Wahrscheinlich ist die cavallerie auch abmarschiert, die beiden CavallerieRegimenter welche gestern durch Schwerin gekommen sind sollen nach Stettin bestimmt seyn. Hoffentlich also bekommen wir keine wieder.


1) Lützow war, wie oben (zum 11. Juli 1811) bemerkt, in Paris nur "mit außerordentlichen Aufträgen"; das formelle Gesandtschaftsrecht gestand Napoleon nur den Königen und Großherzogen des Rheinbundes zu, nicht den Herzogen und Fürsten. Vgl. L. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe, II, S. 305.
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d. 28sten Januar. Nichts vorgefallen.

d. 29sten Januar.

Die Cavallerie ist zwar abmarschiert, allein die neue hat sie wieder ersetzt, auch ist das dritte Regiment der Division ins Land gerükt.

Mein Oertzen ist heute auf einige Tage zu mir gekommen.

d. 30sten Januar.

Major Both ist noch nicht zurük, einen Privatbrief hat er mir geschrieben, um mich von einer höchst unangenehmen Unterredung mit dem Marschall zu unterrichten.

d. 31sten Januar.

Meine lieben Bruders Gustav Geburtstag. 1 )

d. 1sten Februar.

Mein Oertzen ist heute wieder abgereiset.

d. 2ten Februar.

Major v. Both ist diese Nacht von Hamburg wiedergekommen allein ohne eine Antwort mitzubringen. Vielleicht daß sie noch durch die Post erfolgt.

d. 3ten und 4ten Februar.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 5ten Februar.

Der französische Chargé d'Affaires Herr Desaugier hat heute mündlich dem Minister von Brandenstein die Anzeige gemacht daß der Kaiser u. Protektor verlange daß am 15ten dieses Monathes unser Contingent complet u. marschfertig an einem Orte versammlet seyn sollte (pret a entrer en campagne) allein dabei ein grosses Geheimniß verlangt. 2 )


1) Herzog Gustav, geb. 1781, trat 1797 ins preußische Militär, machte den Befreiungskrieg als Major im freiwilligen Jäger=Regiment zu Pferde mit, setzte aber seine militärische Laufbahn nicht fort, sondern verbrachte viele Jahre auf Reisen, meist in Italien und lebte dann in Ludwigslust, wo er sich die Villa Gustava baute und 10. Januar 1851 starb.
2) Unterm 10. Januar 1812 hatte Napoleon dem Fürsten von Eckmühl Nachrichten über die Organisation der Großen Armee gegeben und hinzugefügt: "Tout le monde sera rendu à son poste et prêt à marcher au 15 février." Correspondance 23 p. 164. Der Ausdruck "entrer en campagne" ist einem Briefe Napoleon's an Davout vom 26. Oktober 1811 entnommen (ebd. 22 p. 533) Wie auch der Befehl zur Geheimhaltung der Marschordre auf den Kaiser zurückgeht ("Tout cela doit être très - secret", ebd. 23 p. 218).
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d. 6ten Februar.

Die behufigen Befehle hiezu sind heute ertheilet. Man hat aber dem Cheff General Fallois nur von einer Besetzung Pommerns gesprochen, u. die Einberufung der Beurlaubten unter dem Vorwande, daß bei nahem Abmarsch der Franzosen, alles wieder vollständig zur Besetzung des Landes seyn müßte. Dies wird das Geheimniß bewahren und Desertion u. Austreten verhindern.

7ten und 8ten Februar.

nichts besonderes vorgefallen.

d. 9ten Februar.

Heute waren die ersten Anzeichen von der nahen Niederkunft meiner Frau.

d. 11ten Februar 1812.

Nach zwölfStündigen sehr schwehrem Leiden kam diesen Mittag um halb zwölf Uhr meine geliebte Frau mit einem gesunden starken Sohne nieder. 1 ) Dem Himmel sey tausend mahl Dank meine theure Frau erhalten zu haben, welche anjetzt sehr wohl ist, und unser Glück durch unser Kind vermehrt zu haben.

d. 12ten Februar.

Meine Frau ist heute auch sehr wohl u. hat eine sehr gute Nacht gehabt. Major von Bodien ist diesen morgen nach Strelitz u. Berlin gesandt worden um den dortigen Höfen die Geburt meines Sohnes anzuzeigen. Kammerherr Rantzow ist mit dieser frohen Nachricht nach Weimar abgegangen.

d. 13ten u. 14ten Februar.

Fortdauernd geht es gut mit meiner lieben Frau. Gott sey tausendmahl gedankt.


1) Der am 15. März getaufte Herzog Albrecht, hoch begabt und dichterisch veranlagt, starb nach langen Leiden 18. Oktober 1834. - Von einem Geschenk, welches der Herzog seinem Enkel bald nach dessen Geburt gemacht hatte, erfahren wir aus einem vom Erbprinzen nach der Geburt der Herzogin Helene (24. Januar 1814) unterm 27. Januar 1814 an seinen Vater gerichteten Briefe: "Meine Frau leget sich unterthänigst zu Füßen und bittet Sie lieber Vater, ihr doch noch vor der Taufe . . . so einen Wunderfaden um den Hals ihrer Tochter zu verehren, wie Sie für Albrecht einen geschenkt haben, und welchem meine Frau mit allen Gläubigen das leichte Zähnekriegen zuschreibt." (Geheimes und Haupt=Archiv.)
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d. 15ten Februar.

General Graf Compans hat von dem General Fallois einen Plan verlangt um mit unseren Truppen unsere Küsten zu besetzen. Dieser ist sofort eingereichet und gut befunden worden, die Küsten sind sofort besetzt worden. In dieser Maaßregel liegt viel erwünschtes.

d. 16ten Februar.

Heute ist in der Kirche das Tedeum für die Geburt meines Sohnes gesungen worden. Ja wohl, Herr Gott, dich loben, dich danken wir.

d. 17ten Februar.

Der General Compans hat verlanget daß unsere Aertzte sich in den französischen hospitälern routiniren mögten um beim Abmarsch der Division die zurückbleibenden Kranken besorgen zu können.

d. 19ten Februar.

Der Abmarsch des Bataillons aus Grabow diesen morgen läßt hoffen daß die übrigen Truppen uns auch bald verlassen werden.

d. 22sten Februar.

Die 2 Bataillons aus Schwerin sind auch abmarschiert.

d. 23sten Februar.

F. v. Eckmuhl hat durch den Cheff seines Etat majors der Regierung schreiben lassen daß auf Befehl des Kaisers 1500 Pferde für die Armee hier im Lande ausgehoben werden, und am 15ten März in Hanover seyn sollten. 1 ) Sie sollen zu den


1) Schon am 23. Juni 1811 hatte Napoleon an Davout geschrieben: " . . la France est épuisée de chevaux. Il faudrait vous occuper sérieusement à faire des achats dans le Hanovre, le Mecklenburg et le Holstein." Und am 30. Dezember dess. J. ergieng an Davout der Befehl: "Allez de l'avant; vous pouvez, sans avoir besoin d'autorisation, lever 6,000 chevaux de cavalerie légère, si vous les trouvez. La France est épuisée de chevaux. On dit qu'il y en a beaucoup dans le Jutland et dans le Holstein; faites les achats; on ne saurait trop en avoir, car je suis décidé à mettre ma cavalerie sur le meilleur pied. Je ne regretterai pas un ou deux millions pour cela. Comme mon intention est d'envoyer ma cavalerie légère à Hanovre, il n'y a pas d'inconvénient à ce que vous poussiez les livraisons à Hanovre, à Magdebourg et à Hambourg jusqu'à 2,000 chevaux." Correspondance 22 p. 282. 23 p. 141. Die "Ausschreibung einer Lieferung von 1500 Remonte=Pferden aus den Domainen, ritterschaftlichen und übrigen Landgütern, welche für die K. K. französische Cavalerie und Artellerie März 8 - 15 zu Hannover, gegen baare Bezahlung, geliefert werden" erfolgte am 24. Februar.
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nehmlichen Preisen wie an den Fournisseurs der Armee bezahlet werden, das Drittheil der ganzen Summa ist bereits schon durch Anweisungen gezahlt. Das wäre schon ganz gut da dadurch eine bedeutende Summa Geld in's Land kömmt, allein der Termin bis zum 15ten März ist sehr kurz um so mehr da die Drohung dabei ist daß wenn sie an diesem Tage nicht alle in Hanover wären, sie gewaltsam im Lande ausgehoben und nicht bezahlet werden würden.

Die Mittglieder der Regierung sind in wenig schonenden Ausdrükken persönlich für die Ausführung dieser Maaßregel verantwortlich gemacht worden welches denn eine unerhörte Sache ist, allein leider muß man sich heut zu Tage vieles gefallen lassen wovon man sonst keinen Begriff hatte. Uebrigens sind alle Maaßregeln getroffen, u. ich hoffe die Sache wird gehen.

Der F. v. Eckmühl hat die attention gehabt mich von dieser Aushebung in einem sehr höflichen Brief zu preveniren.

d. 27sten Februar.

Bodien ist von Berlin u. Strelitz heute sehr zufrieden von seiner dortigen Aufnahme wiedergekommen.

d. 28sten Februar.

Heute kam mein lieber Oertzen wieder, und wird nun wohl bei mir bleiben.

d. 29sten Februar.

Rantzow kam heute wieder von Weimar, wo grosse Freude über die Niederkunft meiner Frau ist.

d. 1sten März.

Morgen rückt die ganze Division Morand 10,000 Mann stark in Schwerin und die umliegende Gegend ein und gehet übermorgen weiter nach Demmin hier durchs Land.

d. 2ten März.

Der Rest der Division Compans hat nun auch das Land verlassen. Die Batterien zu Warnemünde u. Wismar sind nun auch unseren Truppen, so wie das Lager bei Rostock übergeben worden. Bis zur völligen completirung des Contingents ist eine Abtheilung der Garde nach Rostock zur Verstärkung gesandt. 1 )


1) Die vorgeschriebene Stärke von 1900 Mann für das Kontingents=Regiment, von denen 100 Mann vorerst ein Depot bilden sollten, war nicht vorhanden, die Ausrüstung und Bekleidung der Mannschaften ließ sehr zu (  ...  )
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Wir haben heute die Nachricht bekommen, daß der Marschall Fürst von Eckmühl mit seinem Etatmajor morgen in Schwerin eintrift. Ich gehe also morgen dahin.

d. 5ten März 12. Schwerin.

Der Marschall ist erst heute Mittag um 12 Uhr eingetroffen, gerade im Wirthshause abgestiegen. Wir haben uns wechselseitig besuchet, und er war wie immer freundlich und zutraulich mit mir. Er war sehr zufrieden mit der Pferdelieferung, versicherte, es dem Kaiser melden zu wollen, der gewiß zufrieden seyn würde, bewilligte auch einen verlängerten Termin zur völligen Ablieferung.

Unser Contingent macht partie der armée des Marschalls, 1 ) u. marschiert am 12ten nach Stettin. Der Fürst sagte mir je Vous donne bien ma parolle que j'aurai soins de Vos gens comme des miens propres. Auf sein Wort kann man sich verlassen.

Eine beträchtliche menge Artillerie gehet noch am 10ten durch Schwerin und dann folgen noch 14 000 Mann confederations Truppen, welche nach Schwedisch Pommern gehen. Etwas wird wohl davon an unseren Küsten bleiben.

Der Marschall reisete gleich wieder ab.

d. 6ten März.

Heute morgen habe ich Cammersession gehalten und den Forstrath Eggers 2 ) in dieser qualität im collegio eingeführt. Gleich darauf kehrte ich nach Lluft zurück.


(  ...  ) wünschen. Trotz Einziehung von Urlaubern, Abgaben der Garde und Artillerie, Einstellung der Zöglinge der aufgelösten Rostocker Militärschule erreichte das Regiment doch nur eine Stärke von 48 Offizieren und 1652 Mann. S. Freih. von Langermann und Erlencamp und von Voigts=Rhetz: Geschichte des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier=Regiments Nr. 89 S. 51 f.
1) Das Kontingent bildete einen Theil der 4. Division (Dessaix) des von Davout befehligten 1. Corps der Großen Armee.
2) Hans Chistian Eggerß, geboren zu Ludwigslust am 26. Februar 1784 als Sohn des Stallmeisters Georg Friedrich E., besuchte 1800 - 1802 die Forstakademie zu Dillenburg, ward 1807 Oberförster zu Klueß bei Güstrow, 1812 Forstrath in Schwerin, 1823 Oberlandforstmeister, trat 1837 in den Ruhestand und starb zu Schwerin 1858. Seit 1821 -50 besaß er das Gut Borkow bei Sternberg. Er veröffentlichte: "Kurze Anweisung zur Köhlerei" (1808) und eine Reihe von Aufsätzen in den von Busch herausgegebenen "Mecklenburgischen Blättern", in Raabe's "Wiedergeborenem Mecklenburg", im "Mecklenburgischen gemeinnützigen Archiv" und im "Archiv für Landeskunde".
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d. 8ten März.

Der Marschall hat dem Herzoge sehr artig aus Güstrow geschrieben um ihm anzuzeigen daß unser Contingent zu seiner Armee gehöre und am 12ten nach Stettin marschieren sollte.

d. 9ten März.

Ein Regiment Bergsche Infanterie und viele Artillerie gehet heute durch Schwerin. Die folgenden Tage kommt auch noch eine große Menge Artillerie.

d. 10ten März.

Das Darmstädsche und Badensche Contingent gehet jetzt durchs Land nach Schwedisch Pommern. Ersteres commandirt der Prinz Emil 1 ) von Darmstadt. Er war heute Mittag hier zu Tische. Ein schöner liebenswürdiger Mensch von 21 Jahren.

d. 12ten März.

Heute Mittag war der Graf von Hochberg 2 ) welcher die Badenschen Truppen commandiret hier. Er ist ein Sohn des verstorbenen Großherzoges zweiter Ehe.

d. 13ten März.

Es sind fr. Seits indireckte Anträge gemacht worden bei den PostBureaus in Rostock, Wismar u. Boitzenburg zur Beförderung der Militaircorrespondenz französische employes anzustellen u. jedem derselben aus den Postcassen über 4/m francs jährlichen Gehalt zu geben. Die Sache ist aber hiesiger seits abgelehnet worden.


1) Emil, Prinz von Hessen, geb. 3. September 1790 als jüngster Sohn des Landgrafen Ludwig X. (späteren Großherzogs Ludwig I.), machte im Hauptquartier und unter den Augen Napoleon's 1809 den Feldzug gegen Oesterreich mit, führte die hessische Division nach Rußland, focht mit Auszeichnung in den Schlachten des Jahres 1813 und wurde nach der Entscheidung bei Leipzig gefangen und als Kriegsgefangener nach Berlin gebracht. Nachdem inzwischen auch das Großherzogthum Hessen sich vom Rheinbunde losgesagt hatte, führte der Prinz das hessische Korps in den Kriegen 1814 und 1815. Er starb 30. April 1856. S. Allg. deutsche Biographie, Bd. 6, S. 80 f.
2) Wilhelm Ludwig August Prinz und Markgraf von Baden, der fünfte Sohn des Großherzogs Karl Friedrich (gest. 11. Juni 1811), der zweite aus dessen Ehe mit der Reichsgräfin von Hochberg, geb. 8. April 1792, schon 1808 Oberst und Regimentsinhaber, machte 1809 im Hauptquartier des Marschalls Massena den Feldzug gegen Oesterreich mit und kommandierte als Generalmajor 1812 die badischen Truppen im russischen Kriege. Er starb 11. Oktober 1859. S. Fr. v. Weech: Badische Biographieen I, 27 f.
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d. 15ten März.

Heute war die Taufe meines Sohnes, welcher den Nahmen Albrecht erhiehlt. Es waren viele Fremde zugegen unter andern der Staatsminister Graf Bernstorff aus Copenhagen. 1 )

d. 16ten März.

Meine Frau hat die Windblattern bekommen, welches wir als sehr wohlthätig für ihre Gesundheit betrachten.

Die Hessischen Truppen haben contre ordre erhalten und gehen nach Stettin anstatt nach Schwedisch Pommern.

Das Schwedische Militair daselbst ist entwafnet worden, eine fregatte welche selbiges an Bord nehmen sollte ist zurückgewiesen worden.

In Testorff einem meiner Güter ist das Viehhaus abgebrannt, 2 Menschen, 150 Stück Vieh, 16 Pferde sind verbrannt, sowie eine Menge Korn. Das ist sehr unglücklich. Die Vorsehung sendet jetzt viel auf einmahl. Doch, sie wird ja auch wieder helfen.

d. 17ten März.

Den ganzen Tag bin ich recht krank gewesen. In Rostock commandirt jetzt ein General Durutte. 2 ) es scheint ein sehr braver Mann zu seyn. wir sollen ihm auf Antrag des Marschalls 3000 livres Tafelgelder monathlich geben.

d. 23sten März.

In Remplin beim Graf von Hahn 3 ) sind beim Durchmarsch 3 Franzosen vom 9ten Regiment leichter cavallerie desertirt,


1) Christian Günther Graf von Bernstorff war damals nicht mehr Minister: im April 1810 hatte er seine Entlassung erbeten, hatte aber 1811 den Posten eines dänischen Gesandten am Wiener Hofe angenommen und verbrachte vor seiner Uebersiedelung nach Wien den Winter 1811/12 auf seinem Gute Dreilützow. Vgl. Gräfin Elise von Bernstorff I, 104. 117. 123 f.
2) Divisionsgeneral Baron Durutte, bisher Kommandeur der 31. Division. Am Tage vor dem Abmarsch des Kontingents=Regiments, am 11. März, fand eine Musterung beider Bataillone auf dem Neuen Markt zu Rostock durch Durutte statt, bei welcher er sich sehr mißfällig über den Anzug, besonders die Fußbekleidung, aussprach. v. Langermann und Erlencamp und v. Voigts=Rhetz a. a. O. S. 54.
3) Landmarschall Graf Karl von Hahn auf Remplin, geb. 1782 zu Remplin, gest. 25. Mai 1857 zu Altona, der berüchtigte "Theatergraf". 1813 gerieth er in Konkurs und rettete sich vor den ihn verfolgenden Gläubigern, indem er in russische Kriegsdienste trat und sich Tettenborn auf dessen Zuge nach Hamburg anschloß. (S. unten zum 15. März 1813.) Ueber seine Thätigkeit in Hamburg s. Joh. Georg Rist's, des dänischen Generalkonsuls in Hamburg, "Lebenserinnerungen" 2. Aufl., Bd. II, S. 182. Im Uebrigen s. über sein Leben Lisch: Geschichte und Urkunden (  ...  )
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und wie dem Marschall F. v. Eckmühl angezeiget worden, [sollen] Bediente des Grafen v. Hahn ihnen Kleider gegeben haben um zu entwischen. Der Marschall hat den Graf v. Hahn arretiren u. nach Stettin führen lassen, wo er bleiben soll bis daß sich die Deserteurs wieder eingefunden. Dieses ist dem GeheimenrathsPräsidenten durch den General Durutte eröffnet worden. Der Graf Hahn hat vor seiner Abreise am Herzog geschrieben und um seine intercession gebeten. Dies Verfahren ist sehr willkührlich und greift so sehr in die Rechte des Herzogs ein, daß derselbe dem Fürsten geschrieben u. ihm gebeten den Graf Hahn zur Untersuchung und etwanigen Bestrafung auszuliefern, wenn aber keine Beweise gegen ihn persönlich sich ergäben, so möge er ihn frey lassen, da es ohnmöglich scheine daß ein Herr für alle Handlungen seiner Bedienten haften könne. Wolle der Marschall die beschuldigten Leute nahmhaft machen und die eingezogenen indicia comuniciren so werde der Herzog nach aller Strenge gegen diese Leute verfahren.

d. 24sten März.

Unsere Küsten werden nun von zwey Bataillons Hessen Darmstädtscher Guarde bewacht, ohngefähr 1600 Mann. Sonst sind gottlob keine fremden Truppen im Lande.

d. 26sten März.

Unsere Truppen sind am 18ten in Stettin angekommen u. am 28sten nach Custrin marchirt wo die Division Desaix stehet zu welcher sie gehören. Das Strelitzer Contingent ist dem unsrigen vom Marschall F. v. Eckmühl als drittes Bataillon zugegeben worden. General v. Fallois commandirt nun beide. Noch sind die Strelitzer in Stettin, da sie preussische Gewehre haben und solche gegen französische umgetauscht werden sollen.

d. 2ten Aprill.

Unsere Truppen stehen nun in der Gegend von Custrin in cantonnements auf dem Lande.


(  ...  ) des Geschlechts Hahn IV, 324 ff. und Allgemeine deutsche Biographie Bd. 10 S. 369 ff. - Wenn Fr. Ad. Meyer ("Characterzüge aus dem Leben des Grafen Carl Hahn=Neuhaus." Hamburg 1858) S. 49 ff. recht berichtet, wäre der Graf den Franzosen gegenüber schon 1807 in eine ähnliche verzweifelte Lage gekommen, weil er verwundete preußische Offiziere in seinem Schlosse verborgen und verpflegt hätte, doch sind Meyer's Aufzeichnungen mit Vorsicht zu benutzen.
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d. 6ten Aprill.

Am 1sten sind unsere Truppen aus der Neumark aufgebrochen und nach Posen und Gnesen in Pohlen marschiert. Ich habe von ohngefähr einen Brief von einem bedeutenden Manne dortiger Gegend gelesen, welcher die größten Elogen auf Fallois macht und die strengste Mannszucht rühmt, welche er habe halten lassen.

Schon vor mehreren Tagen hat der Herzog vom Marschall Fürsten von Eckmühl die Antwort erhalten, daß wenn nicht des Kaisers Befehle ihn den Marschall die Pflicht auflegten diejenigen Personen welche der embauchage oder anderer Vergehen gegen Franzosen und deren allirte verdächtig wären arretiren und vor eine militairische commission zu stellen, der Herzog sich überzeuget halten könnte daß er sich begnüget haben würde ihm die Sache des Grafen von Hahn anzuzeigen und die Untersuchung und eventuelle Bestrafung seiner Gerechtigkeit zu überlassen. Hahn sey angekommen, er werde ihn verhören lassen u. dann sehen was er weiter thun könnte.

d. 7ten Aprill.

Es heißt heute Graf Hahn sey wieder in Remplin angekommen auf freien Fuß. Erst soll er vor der commission militaire befraget worden seyn, dann zum Marschall gebracht, welcher der Sache gar nicht erwähnet, von einigen indifferenten Dingen geredet und ihn dann entlassen hat.

d. 10 ten Aprill.

Graf Hahn ist hier gewesen um sich beim Herzoge für seine intercession beim Marschall zu bedanken.

Seine Unterredung mit dem Marschall war ganz besonders. Je n'ai rien contre Vous war die Anrede mais j'ai du faire un exemple a cause des frequentes desertions en Mecklembourg, dann viel von den schlechten Wegen, 1 ) qu'il y avait de la mauvaise volonté, que le ministre ecrivait des pages d'excuses, parlait d'impossibilites etc., que quand on n'avait pas de pinnes et de sable qu'il fallait les faire venir du voisin. Das Contingent sähe noch nicht gedient aus.


1) Ueber die Wege klagt Davout auch in einem Briefe an Berthier aus Stettin vom 23. März 1812: "Le parc de réserve a perdu plus de 100 chevaux de Minden à Stettin; il est vrai que les chemins sont horribles, sourtout dans le Mecklembourg." Correspondance de Davout III, 334.
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Den Sommer würden englische Emissairs kommen 1 ) wenn man die nicht anhiehlte oder Aufstände kämen, so würde er das Land mit vielen Truppen belegen die sonst nicht kommen würden, dites cela au Duc, au ministre et a Vos compatriotes. Das war ein erbauliches entretien.

d. 11 ten Aprill.

Herr Desaugiers hat eine Note gegeben worinn es heißt daß die Militairstraße über Gadebusch, Schwerin, Sternberg, Güstrow, Teterow und Stavenhagen gehen solle. Se. Majestät der Kaiser wünschten daß der Herzog commandanten in den Städten ernennen sollte, welche dort ales nöthige besorgen und täglich mit dem Fürsten von Neuschatel correspondiren sollten.

Dieses ist sogleich bewerkstelligt worden.

Unsere Husaren werden nun in gensdarmes verwandelt, 2 ) welche Einrichtung in manchem Betracht nützlich ist.

400 Mann Bergsche Lanciers sind noch ins Land geleget worden.

d. 21 sten Aprill.

Unsere Unterhandlungen mit Hessen Darmstadt in Betreff der Rente von 10,000 fl. welche uns auf die RheinOctroy im letzten Reichsdeputatsschluß zugebilliget werden, sind nunmehr abgeschlossen. 3 ) Für Ueberlassung dieser Rente zahlt uns Darmstadt


1) Napoleon befürchtete sogar eine englische Landung in der Ostsee während des russischen Feldzuges. Von Witebsk aus schrieb er am 6. August an den Kriegsminister General Clarke, Herzog von Feltre: "Un débarquement ne peut avoir lieu que du côté de Lübeck, dans le Mecklenburg ou dans la Poméranie suédoise. . . . Il est donc convenable que le général Heudelet reconnaisse lui - méme Lübeck et le Mecklenburg, ait sa division dans sa main et s'entende avec le général Morand pour pouvoir promptement se secourir." In einem Schreiben an denselben vom 10. August kommt er noch einmal darauf zurück und erwägt die Möglichkeit daß "la descente avait lieu dans la 32 e division militaire ou dans le Mecklenburg."
2) Die "Errichtung einer berittenen Gensdarmerie, zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern des Landes, und zur schnelleren Ausübung der Polizei=Gesetze, mit Anweisung der Stand=Orte für die sechs verschiedenen Brigaden zu Ribnitz, Warin, Hagenow, Grabow, Güstrow und Wredenhagen" erfolgte erst unterm 28. November. Inspekteur der Gendarmerie wurde der Oberst von Boddien.
3) Diese Rente sollte einen Ersatz bilden für den Wegfall zweier Domherrnstellen des Hochstifts Straßburg, die im Westfälischen Frieden dem Herzog Adolf Friedrich als magerer Entgelt für die Abtretung Wismars zugesprochen und, wenngleich erst nach langen Streitigkeiten mit dem Straßburger Magistrat, von seinen Söhnen eingenommen worden waren. Als 1681 Frankreich die Uebergabe Straßburgs erzwungen hatte, entzog es den evangelischen Dom= (  ...  )
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90,000 Rthlr., jetzt gleich 10 000 Rthlr. baar, und so fort jedesmahl 10,000 Rthlr. am 9ten December jedes Jahres. Bis zur gänzlichen Abtragung des stipulirten Capitals sind alte Darmstädtische Verschreibungen als Pfand versetzt worden die 50 procent mehr als die Summa werth sind, und ausserdem werden uns 6 procent jährliche Zinsen gegeben.

d. 23sten April.

Unsere Truppen sind nunmehr in Danzig. Sie haben 21 Tage ohne Rasttag marschiert.

d. 28sten April.

Der General Durutte welcher die fremden Truppen hier im Lande commandirte ist zu einer anderen Bestimmung abberufen worden. Das ist schade denn es ist ein braver Mann. An seiner Stelle kömmt ad interim der Brigadegeneral Turaire, 1 ) bis daß ein Divisionsgeneral ankömmt, welcher aus Toulouse erwartet wird.

Der Oberstallmeister von Bulow ist von Hanover wiedergekommen. Die Pferdelieferung ist glücklich beschaft und das Geld dafür baar eingenommen.


(  ...  ) herren sofort ihre Einkünfte. Obwohl nun den späteren Friedensschlüssen von Nimwegen, Ryswyk und Rastatt die Bestimmungen des Osnabrücker Traktats, soweit sie sich auf die Restitution der evangelischen Canonicate bezogen, ausdrücklich zu Grunde gelegt wurden und obwohl im Rastatter Vertrag 1798 noch eine besondere Bestätigung der Restitutionsakte erfolgte, so kam es doch thatsächlich nicht zur Ausführung dieser Verbindlichkeiten: die Einkünfte der sechs eingezogenen evangelischen Stellen verblieben widerrechtlich den katholischen Mitgliedern des Capitels. Verschiedene beim Reichstag angebrachte Vorstellungen der Herzoge blieben unberücksichtigt. Nach der Einziehung des Hochstifts Straßburg 1789 ließ der Herzog Friedrich Franz durch seinen Regensburger Gesandten von Plessen die Angelegenheit abermals anregen; es erfolgte wirklich eine Beschwerde des kaiserlichen Gesandten in Paris, aber der bald darauf ausbrechende Krieg unterbrach die Verhandlungen. Erst bei den Berathungen, die dem Reichsdeputationshauptschluß 1803 voran giengen, kam der Anspruch auf die beiden Straßburger Canonicate - daneben die Forderung eines Ersatzes für die dem Lübecker Stadtgebiet zugeschlagene kleine Halbinsel Priwall - zu einer wenngleich nur vorübergehenden Erledigung: § 9 der Schlußakte sicherte dem Herzoge neben kleinen Berichtigungen an der Lübecker Grenze eine immerwährende Rente von 10000 Gulden aus dem Rheinschifffahrts=Octroi. Seit Errichtung des Rheinbundes war diese Rente nicht mehr gezahlt worden. S. von Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 306 f.
1) Der Name kann kaum anders als Turaire gelesen werden. Einen Brigadegeneral dieses oder eines ähnlichen Namens weist der Almanach Impérial für 1812 nicht auf, dagegen erscheint im Almanach für 1813 ein Brigadegeneral Baron Triaire.
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Heute ward des Oberstallmeisters Verlobung mit der Hofdame meiner Frau Fräulein von Bulow 1 ) gefeiert.

d. 5ten May.

Heute ist der erste Anfang mit Verkauf von Domainen gemacht worden. Das Gut Frauenmark ist für 22 100 Rthlr. einem Manne aus der Gegend von Cassel in der Licitation zugeschlagen worden. 2 ) Man hätte 900 Rthlr. mehr bekommen können wenn die Jagd nicht reserviret worden wäre, allein leider ist dies nicht bewilliget worden. 9/10tel des Kaufgeldes werden vorschriftsmässig in Schuldentilgungscassapapieren und 1/10tel in baarem Gelde bezahlet.

d. 16ten May.

Da man heute bestimmt erfahren daß der französische Kaiser in Dresden angekommen, 3 ) so hat mir der Herzog befohlen dorthin zu reisen ihm meine Aufwartung zu machen. Ich reisete daher diesen Abend 1/2 12 Uhr ab.

d. 19ten May Dresden.

Nach einer ununterbrochenen glüklichen Reise bin ich um 2 Uhr diesen Nachmittag hier eingetroffen, und gleich nach meinem Schwiegervater dem Herzog v. Weimar gegangen, der mich auch sehr gütig aufnahm u. so gut sein will mich in seinem Hause aufzunehmen 4 ) da ich nur ein einziges Stübchen hier habe bekommen können.


1) Louise von B. aus dem Hause Camin, geb, 17. Oktober 1785 zu Schwerin als Tochter des Geheimraths und Oberhofmarschalls Bernhard von B. (gest, 1826). Die Vermählung fand am 12. Juni 1812 statt. - Der Oberstallmeister Vollrad von B., geb. 1771, trat 1785 als Kadett in das hannoverische Cavallerie=Regiment "Königin" und machte in demselben den Feldzug in den Niederlanden mit. Nach Auflösung der hannoverischen Armee nach Meklenburg zurückgekehrt, ward er Adjutant des Pinzen Adolf, 1805 Chef des herzoglichen Marstalls und 1810 Oberstallmeister, welche Stellung er bis zu seinem 1840 erfolgten Tode innehatte.
2) Vgl. oben zum 20. September und zum 25. u. 26. November 1811. - Als Besitzer von Frauenmark nennt der Staatskalender für 1813 den Dr. Heinrich Christ. Gerke.
3) Napoleon war am 15. Mai in Dresden angekommen. Wenn Flathe: Geschichte des Kurstaats und Königreichs Sachsen III, S. 75 bei der Schilderung des Einzuges des Kaisers sagt: "Hinter dem Kaiser . . . die Herzöge von Weimar, Koburg, Anhalt=Dessau und Meklenburg" so ist das, wie wir sehen bezüglich des Herzogs von Meklenburg ein Irrthum.
4) Der Herzog von Weimar war am 14. Mai in Dresden eingetroffen und wohnte mit seinem Gefolge Moritzstraße 754. S. die "Dresdner Anzeigen" vom 16. Mai 1812 Sp. 884.
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Ausser dem Kaiser und der Kaiserinn v. Frankreich sind der Kaiser und die Kaiserinn v. Oestereich hier sowie die Königinn v. Westphahlen 1 ) u. der Großherzog v. Würzburg. 2 )

Den Nachmittag habe ich mit visiten und Anmeldungen zugebracht. Den Fürsten von Neuschatel 3 ) habe ich persönlich gesprochen. Er war wie immer sehr freundschaftlich mit mir. Der hiesige Minister der auswärtigen Verhältnisse Graf von Senft 4 ) empfing mich sehr artig.

d. 20sten May

Diesen Morgen war ich beim lever des Kaisers v. Frankreich 5 ) der mich sehr gnädig empfing. Nachher hatte ich eine lange Privataudienz beim oestereichischen Kaiser welcher unendlich gnädig war und mir interressante Dinge über die jetzigen Zeitläufte sagte. Mittags habe ich dem hiesigen Könige, Königinn u. übrigen Famielie aufgewartet, welche alle überaus gütig waren. Den Abend war opera in grosser galla. Dort sahe ich die beiden Kaiserinnen zum erstenmahle. Die Music war sehr schön. Ich habe eine angenehme conversation mit dem Duc de Bassano gehabt, welche mir bewiesen hat daß man mit uns Mecklenburger sehr zufrieden ist, und fühlet was wir geleistet und gelitten haben.

d. 21sten May.

Den Morgen beim Lever. Gegen Mittag hatte ich audienz bei der Kaiserinn von Oestereich gehabt. es ist eine seltene Frau,


1) Katharina, Tochter des Königs Friedrich von Württemberg, seit 23. August 1807 mit König Jerome vermählt. Der Erbprinz hatte ihre Bekanntschaft schon 1807 in Fontainebleau gemacht.
2) Ferdinand, zweiter Sohn des Kaisers Leopold II., folgte 1791 seinem Vater als Großherzog von Toscana. Für das im Frieden von Luneville abgetretene Großherzogthum erhielt er kraft einer am 2. Dezember 1802 zwischen Oesterreich und der Französischen Republik abgeschlossenen Convention das in ein Kurfürstenthum umgewandelte Erzstift Salzburg, mußte dasselbe aber nach dem Frieden von Presburg (26. Dezember 1805) an Bayern abtreten und erhielt dafür Würzburg, welches nach dem Beitritt zum Rheinbunde (1806) als Großherzogthum anerkannt wurde.
3) Berthier, Fürst von Wagram und Neuchâtel, damals major général de la Grande Armée.
4) Graf Senfft von Pilsach, seit dem September 1809 "nach eingeholter Erlaubnis des Kaisers Napoleon" Cabinetsminister für die auswärtigen Angelegenheiten, "kein blinder Anhänger Napoleon's, aber ein ausgesprochener Gegner Preußens." Allg. deutsche Biographie Bd. 34 S. 26 f.
5) Während seines Aufenthaltes in Paris waren dem Erbprinzen am 3. November 1807 die Entrées verliehen worden, d. h. das Recht, bei den Levers und Couchers des Kaisers zu erscheinen. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 322.
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so viel Verstand u. Liebenswürdigkeit findet man selten vereiniget. Der Kaiser v. Oestereich war so gnädig den H. v. Weimar und mich ganz en particulier in seinem cabinet anzunehmen. Die conversation war sehr interressant. Nachher war ich bei der alten Prinzeß Elisabeth 1 ) und zuletzt bei der Königinn von Westphalen, nachdem ich vorher der Kaiserinn v. Frankreich vorgestellt worden war.

Mittags das heißt um 8 Uhr war ich beim französischen Kaiser zur Tafel eingeladen. Nach Tische redete der Kaiser viel mit mir über manche Gegenstände, sagte auch freundliche Dinge über das was wir von den vielen Truppen gelitten hätten. Das wichtigste war daß er mir sagte daß im Fall eines Krieges mit Rusland wir meinen Bruder Carl 2 ) nach Hause kommen lassen müsten. Ich erwiederte daß der Herzog es schon von ihm verlangt habe. Er meinte das genüge noch nicht. Ich sollte an Carl u. den K. von Rusland schreiben weil er nicht zugeben könne daß ein Prinz aus einem confederirten Hause die Waffen gegen ihn trage. Er versichere mir daß bei der ersten Bataille er ihn seines Ranges als Prinz von Mecklenburg u. des Rechts der succession verlustig erklären würde. Verschiedene mahle wiederholte er es mir mit Lebhaftigkeit. Ich versicherte wie wir alles dazu thun würden, ich hoffe aber daß im Falle er es nicht thäte er es dem Herzoge und uns nicht entgelten lassen würde. Keinesweges sagte er ein jeder ist Herr seiner Person. Nachher ward gespielt. Ich ward zur Whistpartie der französischen Kaiserinn gezogen, mit dem Könige von Sachsen u. der Prinzeß Marianne. 3 )

d. 22sten May.

Wieder beim Lever. Dann besuchte ich die Bildergallerie, die GipsAbgüsse von Mengs u. die Rüstkammer.

Gegen 2 Uhr fuhr ich zum Duc de Bassano um ihm ein projeckt zu einem Briefe am K. v. Rusland mitzutheilen. Er fand den Brief sehr zweckmässig und übernahm die Besorgung, so wie die dessen den ich an Carl schreibe. Nachmittags machte ich visiten unter andern beim Fürsten von Neuschatel wo ich


1) Tochter Friedrich Augusts II., Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen, geb. 1736, unvermählt.
2) S. oben zum 3. Januar 1812.
3) Schwester des Königs, geb. 1761, unvermählt.
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wie ich hoffe die Abschaffung der Tafelgelder für die fremden officirs in Mecklenburg bewürkt habe. 1 )

d. 23sten May.

Diesen Morgen beim Lever ließ uns teutschen Fürsten der Kaiser Napoleon sagen daß er uns die entrée particuliere ertheilte. Dem zu Folge sind wir diesen Abend in den Privat Cirkel des Kaisers gegangen, wo gespielt ward.

Ich habe heute einige Besuche gemacht und dann die Antiken und die porcellanSammlungen im Japanischen palais besehen.

Der König von Preussen ist vom K. N. invitirt worden hieher zu kommen, man erwartet ihn in 2 bis 3 Tagen.

d. 24sten May.

Diesen Morgen war chasse und cour beim Kaiser Napoleon, Abends ein schönes Concert im grossen Opernsaal. Derselbe ist sehr schön. Es war eine schöne fete. Ich bin heute eine Zeit lang bei der Königin v. Westphalen gewesen. Das liebste am heutigen Tage war mir ein Brief von meiner lieben Frau. Den Nachmittag war ich auf der Bildergallerie, wo ich den Kaiser u. die Kaiserinn von Oestereich sprach.

d. 25sten May 1812.

Nach dem Lever bin ich nach Tharant gefahren welches eine der schönsten hiesigen Gegenden ist, man kömmt durch den ganzen Plauischen Grund. Meine HauptAbsicht war dort den Doctor Lapp wegen meiner Gesundheit zu consultiren. Er meinte daß eine cour in Carlsbad und Eger ganz nothwendig sey. Ich habe mich dazu entschliessen müssen, so sauer es mir auch wird mich länger von den meinigen zu trennen.


1) Durch Tagesbefehl des Fürsten von Eckmühl vom 24. April 1811 waren die Tafelgelder festgesetzt und zwar bezogen: der Divisionsgeneral 1500, die Brigade=Generäle 700, die Colonels 300, die Majors 200, die Bataillons= oder Eskadronschefs 160, die Sous=Inspecteurs aux revues 300, die Kriegs=Commissaires 200, die Adjoints der Kriegs=Commissaires 130, der Directeur, Inspecteur, Central=Zahlmeister und die bei einem Hospital zur Verrichtung des Dienstes en chef angestellten Gesundheits=Beamten 130, der Inspecteur der Douanen 130, der Controleur der Douanen 100 Franken monatlich. S. Mecklenburg=Schwerinsche Anzeigen 1811, Beylage zum 41. Stück, Mittwoch den 22. May.
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d. 26sten May.

Diesen Morgen war ich beim Lever des Kaisers von Oestereich. Um 10 Uhr hatte die Kaiserinn von Oestereich die Güte den Herzog von Weimar und mich anzunehmen, wir waren eine Stunde bei ihr. Nachher ging ich zum Großherzog von Würzburg. Der König von Preussen war angekommen. ich ging gleich hin. Er war sehr gerührt mich wiederzusehen zum ersten mahle seit dem Tode der Königinn. Die beiden Kaiser haben einer nach dem andern ihm die erste visite gemacht. Nach 12 Uhr hatte ich wieder Privataudienz beim Kaiser von Oestereich.

Nachmittags besahe ich den Marcolinischen, Prinz Antonschen und den Brühlschen Garten. Abends war wieder cercle beim französischen Kaiser, wo derselbe mir viel artiges über meine Frau sagte. 1 ) Vom östereichischen Kaiser hatte ich schon gehört daß er ihm unendlich viel gutes von ihr gesaget hatte. Der Kaiser von Oestereich ist so gnädig gewesen mir Adelsbriefe für den Oberlieutnant Mecklenburg 2 ) und den gouverneur meines Sohnes Geheimen Canzleyrath Schmidt 3 ) zu ertheilen.


1) Vgl. Aus K. L. von Knebel's Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette S. 608 f. "Damit Du es aber ja noch einmal wissest", schreibt Knebel, "so hat er zu dem Erbprinzen von Mecklenburg, den er sehr wohl empfangen, in Dresden gesagt: Que fait la Princesse? C'est un vrai trésor pour Vous et pour Votre famille. Und nachher soll er von dem Erbprinzen gesagt haben, daß er ihn zu seinem Vortheil verändert fände, und fügte hinzu: Voilà ce que peut faire une bonne femme! . . Obige Geschichte hat der Herzog in großem Zirkel erzählt." Vgl. ebd. S. 611: "Noch muß ich mir sagen, daß die gute Meinung, die Napoleon von dem Charakter unserer Prinzessin gefaßt hat, hauptsächlich vom Marschall Davoust herrühren soll, der ihm ein so vortheilhaftes Portrait von ihr gemacht hat."
2) Fritz Mecklenburg, ein natürlicher Sohn des Herzogs Friedrich Franz, am 24. Januar 1790 zu Luwigslust geboren, trat 1809 als Cadet beim österreichischen 6. Dragoner=Regiment Graf Riesch ein und zeichnete sich bei Regensburg, Aspern und Wagram aus. Schon 1810 war er Oberleutnant. 1812 wurde er unter dem Namen Mecklenburg von Kleeburg geadelt (später meist nur von Kleeburg genannt). 1813 focht er bei Dresden und Leipzig, wurde nach der Schlacht bei Leipzig Ordonnanz=Offizier beim Fürsten Schwarzenberg, 1814 Rittmeister im Ulanen=Regiment Fürst Schwarzenberg, trat 1816 ins preußische Heer über, wo er erst bei den Garde=Ulanen, seit 1817 bei den Garde=Husaren diente und 1820 zum Major aufrückte, und wurde 1821 Major in dem damals gegründeten meklenburgischen Dragonerregiment. 1833 Oberstleutnant, 1841 Oberst, führte er das Regiment bis 1846, wo ihm der Abschied bewilligt wurde. 1859 erhielt er Charakter als Generalmajor und starb, ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen, am 5. Mai 1864. Vgl. den Nekrolog im Norddeutschen Correspondenten 1864 Nr. 140.
3) Friedrich Schmidt, geb. 26. April 1779 als Sohn des Präpositus Friedrich Traugott Schmidt in Waren, wurde auf dem Gymnasium in Güstrow (  ...  )
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d. 27sten May.

Den Morgen war ich erst beim lever dann bei meinem lieben Könige von Preussen. Seine Anwesenheit macht hier viel sensation. Hunderte von Menschen stehen stets unter seinem Fenster, wie er ankam rief das Volk Vivat, und schwang die Hüthe in der Luft.

Den Nachmittag habe ich die Bibliothek, NaturalienCabinet u. Kunstkammer besehen. Den Abend versammlete man sich bei dem Könige von Sachsen. Der Kronprinz von Preussen ist auch diese Nacht angekommen.

d. 28sten May.

Heute Morgen zum lever, dann zum Könige von Preussen, mit welchem wir in die Katholische Kirche gingen die Messe zu hören u. die Frohnleichnamsprocession mit anzusehen. Den Nachmittag fuhr ich mit dem H. v. Weimar in den grossen Hofgarten. Abends bei Hofe wo der Kaiser Napoleon Abschied nahm, er gehet die Nacht um 4 Uhr fort. Gegen mich war er sehr gnädig.

d. 29sten May.

Der Kaiser und die Kaiserinn von Oestereich sind den Morgen abgereiset, einen Augenblick zuvor habe ich noch die Freude gehabt sie zu sprechen. Nachmittags fuhr ich mit dem Herzog v. Weimar nach Brisnitz, 1 ) wo man eine herrliche Aussicht auf die Elbe, Dresden und den Königsstein hat. Abends war ich bei der französischen Kaiserinn, wo ich auch Abschied von dem Könige von Preussen nahm der morgen Dresden verläßt.


(  ...  ) vorgebildet hörte in Rostock und Berlin theologische und naturwissenschaftliche Vorlesungen, besuchte die école polytechnique in Paris und wurde dann Erzieher im Hause des moldauischen Fürsten Murusi, der ihn bei Ausbruch des russisch=türkischen Krieges 1806 mit politischen Aufträgen nach Berlin entließ. Nach einem Aufenthalt in England, der die Verwirklichung seines Projektes einer unterseeischen Schifffahrt bezweckte, nach Berlin zurückgekehrt, sollte Schmidt in den preußischen Staatsdienst treten, folgte aber schließlich dem Rufe des Erbprinzen Friedrich Ludwig, der ihn zum Gouverneur des Prinzen Paul Friedrich machte. In dieser Stellung verweilte er mit seinem Zögling 1814 - 18 in der Schweiz, begleitete ihn auf die Universitäten Jena und Rostock, 1821 nach Petersburg und Paris, 1822 nach Wien. Nach der Vermählung des Erbgroßherzogs Paul Friedrich (25. Mai 1822) trat Schmidt, der 1820 zum Geh. Legationsrath ernannt war, in den Ruhestand. Er starb zu Ludwigslust 17. März 1864. Vgl. den Nekrolog (von Danneel) im Norddeutschen Correspondenten 1864 Nr. 155 und 156.
1) Wohl Prießnitz. Eine Ortschaft dieses Namens gibt es nicht; gemeint wird sein der romantische Prießnitz=Grund am rechten Elbufer oberhalb Dresdens.
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d. 30sten May.

Die meiste Zeit des Tages habe ich mit Abschiedsvisiten an den verschiedenen Höfen zugebracht, zu Mittage beim Fürsten Esterhasi gegessen. Um 8 Uhr bei der Kaiserinn v. Frankreich. Nach Tafel war ein sehr hübsches kleines concert.

d. 31sten May.

Den Morgen um 5 Uhr verließ ich Dresden und langte 4 Uhr Nachmittags über Seste Peterswalde und Abisau hier 1 ) an. Ich reisete zugleich mit dem Grafen Metternich und seiner Frau, mit welchen ich den Abend zubrachte. Fr. v. d. Rekke 2 ) ist hier, ich habe sie besucht. Die ganze Gegend von Dresden bis hier ist göttlich, auch der hiesige Garten den ich besehen sehr hübsch.

d. 1sten Juni.

Teplitz verließ ich diesen Morgen um 8 Uhr. Die Wege waren so greulich schlecht daß ich nur bis diesen Abend 2 Stationen machen konnte, Brüx und Saatz wo ich die Nacht bleibe. Saatz ist eine Kreisstadt. Die Gegend war fortdauernd herrlich. Auf der ersten Station passirte ich Dux welches dem Grafen v. Wallenstein einem Nachkommen des Herzogs von Friedland gehört. Der höchst sonderbare und ekelhaft schmutzige Mann verwendet nichts auf die Erhaltung dieser schönen possession, alles ist verfallen und in der größten Unordnung und besonders in dem größten Schmutze. Im Schloß ist doch ein schöner Saal mit Famieliengemählden und den Thaten des Friedländers geschmückt. Seinen Titel als H. v. Mecklenburg findet man an manchen Orten angebracht. Man zeigt auch die Lanze mit welcher er zu Eger ums Leben gebracht ward. Der Garten ist groß und schattig, sonst nicht merkwürdig.

d. 2ten Juni.

Diesen Abend um 6 Uhr bin ich über Podersahm, Buchau und Libcowitz hier 3 ) angelangt und logiere sehr schön bei der Wittwe Gerber am Markte, und zahle nur einen Ducaten täglich für die ganze erste Etage des Hauses.


1) d. h. in Teplitz. Die wohl nach dem Hören wiedergegebenen Namen der Stationen zwischen Dresden und Teplitz sind Zehista, Peterswald, Arbesau.
2) Elisa von der Recke, geb. Reichsgräfin von Medem, Stiefschwester der Herzogin Dorothea von Kurland, eine der berühmten Frauen ihrer Zeit, auch als Schriftstellerin und Dichterin bekannt.
3) d. h. in Karlsbad. Die Stationen zwischen Teplitz und Karlsbad: Podesam, Buchau, Liebkowitz sind nicht in richtiger Reihenfolge gegeben: Liebkowitz liegt zwischen Podesam und Buchau.
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Es sind fast noch gar keine Fremde hier. Der Doctor Mitterbacher ein hiesiger sehr geschickter Artzt, will nicht daß ich die cour vor übermorgen anfange.

d. 3ten Juni.

Meinen Morgen habe ich mit einem herrlichen Spaziergange auf den Hirschsprung und den umliegenden Bergen zugebracht. Um 1 Uhr zu Mittag gegessen, um 4 Uhr ins Theater gegangen wo man ein ächt wienerisches Stück gab. Hernach noch ein wenig spazieren. Um 1/2 10 Uhr soll ich auf Befehl des Artztes schlafen gehen. Von Bekannten habe ich noch niemand wie den Russischen Kammerherrn Rönne gefunden. Ueberhaupt ist noch gar keine Gesellschaft hier u. man hat alle Musse seiner Gesundheit u. der schönen Natur zu leben.

d. 4ten Juni.

Diesen Morgen 6 Uhr fing ich meine cour mit 4 Bechern aus dem Theresienbrunnen an. Ich machte dort Bekanntschaft mit dem Fürsten v. Hohenlohe Bartenstein, 1 ) dem Grafen Zichy u. seiner Frau gebohrenen Lodron. Bis zu Tische machte ich einen Spaziergang nach der Papiermühle. Mittags aß Geheimerath Goethe aus Weimar mit mir, sein interressantes Gespräch würtzte das Mahl. 2 ) Nach Tische empfing ich Besuche u. machte auch welche am Nachmittage, unter andern bei der Gräfinn Woronzoff gebohrenen Ismailoff die aus Petersburg kenne.


1) Fürst Ludwig Aloys von Hohenlohe=Bartenstein, geb. 18. August 1765, übernahm 1798 die ihm von seinem Vater abgetretene Regierung, übergab 1806 seine unter württembergische Hoheit gezogenen Lande seinem Sohn und zog sich nach Presburg zurück. Nach der Restauration der Bourbonen trat er, der in der österreichischen Armee den Rang eines Feldmarschallleutnants hatte, in französische Dienste, wurde nachgehends Marschall und Pair von Frankreich und starb am 31. Mai 1829.
2) Der Verkehr des Erbprinzen mit Goethe in den Karlsbader Tagen war lebhafter, als es unsere Blätter vermuthen lassen. Goethe's Tagebücher (Weimarische Ausgabe, Bd. 4) aus dem Juni 1812 enthalten darüber folgende Notizen:
2. Den Erbprinzen von Mecklenburg aufgesucht, ohne ihn zu treffen. . .
4. Früh am Brunnen, woselbst ich den Prinzen von Mecklenburg traf . . . Mittags bey dem Erbprinzen von Mecklenburg . . .
5. . . . Bey Graf Zichy und dem Prinzen von Mecklenburg . . .
6. . . . Erbprinz von Mecklenburg und Kammerherr von Oertzen bey mir . . .
8. . . . Auf der Wiese angetroffen den Prinzen von Mecklenburg, Gräfin Zichy und Gefolge. Mit ihnen bis zu den Buchen des Puppischen Saals . . (  ...  )
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Meinen Abend brachte ich auf einem köstlichen Spaziergange nach dem Eisenhammer zu.

d. 5ten Juni.

Diesen Morgen habe ich 5 Becher getrunken, spazieren gegangen und die Bonsteten 1 ) besucht. Nachmittags eine Spazierfarth nach Dahlwitz einer fayence fabrique gemacht wo sehr hübsche Sachen zu unglaublich wohlfeilen Preisen gemacht werden.

d. 6ten Juni.

Brunnen getrunken, viel spazieren gegangen, visiten gemacht u. in die Comedie gegangen.

d. 7ten Juni.

Ein Tag gleicht hier so ziemlich dem anderen und die Beschäftigungen desselben gleichfalls. Mittags habe ich beim Grafen Zichy gegessen, Nachmittags in die Comedie.

d. 8ten Juni.

Ganz so wie gestern nur habe ich bei der Gräfinn Woronzoff gegessen.

d. 9ten Juni.

Den Mittag mit einer Gesellschaft im Postmeister 2 ) gegessen welches ein hiesiger Vergnügungsort ist, nacher nach dem Hammer gegangen wo ich der Gesellschaft Caffée gab.


(  ...  ) 9. . . . Mittags auf dem Posthofe mit Graf Zichy, Prinz von Mecklenburg etc. . Nach Tische auf dem Hammer Caffee getrunken . . .
10. . . . Mittags zum Prinzen von Mecklenburg mit Dr. Mitterbacher. . .
12. . . . Spaziergang mit dem Erbprinz von Mecklenburg, Acerenza und von Oertzen . . .
16. . . . Zu dem Prinzen von Mecklenburg . . .
17. . . . Promenade mit dem Prinz von Mecklenburg. Mittags bey demselbigen mit Frau von Recke und Tiedge . . .
23. Früh Brief. An die Frau Erbprinzeß von Mecklenburg, einige Zeichnungen beygelegt. . .
25. Wiederkunft des Prinzen von Mecklenburg. Ich war bey Herrn Kammerherrn v. Oertzen, um ihm das Packet an die Erbprinzeß zu übergeben. . . Traf ich den Prinzen von Mecklenburg unterwegs. Spaziergang mit ihm. Mittheilung einiger Briefe von Weimar und Ludwigslust . . .
Die Erbprinzessin schrieb um diese Zeit an Frau von Schiller: "Der Meister in Karlsbad ist öfters mit meinem Sposo und ist mild und liebenswürdig." Vgl. [Urlichs] Charlotte von Schiller und ihre Freunde I, 632 Anm.
1) Die Gattin des bekannten schweizerischen Schriftstellers Karl Victor von Bonstetten.
2) Posthof.
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10ten Juni.

Geheimerath v. Goethe u. den Docktor Mitterbacher zu Tische gehabt. Schon um 8 Uhr zu Bette gegangen da mir nicht ganz wohl war.

11ten Juni.

Bei Graf Zichy gegessen. Abends beim Fürsten Hohenlohe zugebracht, der morgen abreiset. Es ist ein sehr braver Mann.

5 Becher Theresienbrunnen u. 2 Becher Neubrunnen getrunken.

12. Juni.

Zu Hause gespeiset, sehr viel ausgegangen.

d. 13sten Juni.

Wie gewöhnlich viel gestiegen, Brunnen getrunken. Mittags mit einer Gesellschaft im Sächsischen Saal gespeiset. Ich habe einen Brief vom Grafen v. Metternich erhalten, welcher mich im Nahmen des Kaisers und der Kaiserinn von Oestereich nach Prag einladet. Ich freue mich ausserordentlich über diesen Beweis der Gewogenheit des Kaisers.

d. 14ten Juni.

Beim Grafen Zichy gegessen, sonst wie immer. Die Gesellschaft mehret sich ein wenig.

d. 15ten Juni.

5 Becher Theresienbrunnen u. 3 Becher Neubrunnen getrunken. Zu Hause allein mit Oertzen gegessen. Nachmittags nach dem Hammer gefahren, und den sogenannten Schloßberg bestiegen der wegen seiner Basaltfelsen merkwürdig ist.

d. 16ten Juni.

In Gesellschaft im Bolzeschen Garten gegessen, nachher eine sehr interresante Fahrt nach Ellenbogen gemacht, einer kleinen Kreisstadt, die sehr merkwürdig schöne Umgebungen hat. Ich sahe dort einen Meteorstein von ungeheurer Grösse der vor Jahrhunderten herabgefallen war. In dieser abendtheuerlichen Gegend schrieb Spiesz 1 ) seine Romane u. Gespenstergeschichten.


1) Der Schauspieler und Dichter Christian Heinrich Spieß, Verfasser zahlreicher, seinerzeit ungewöhnlich beliebter Ritter=, Räuber= und Geisterromane, verbrachte die letzte Zeit seines Lebens (gest. 1799) auf der Herrschaft Bezdekau bei Klattau in Böhmen als Gesellschafter des Grafen Künigl.
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d. 17ten Juni.

Die ganze Nacht war ein sehr heftiges Gewitter von einem Wolkenbruche begleitet. Diesen Morgen stieg die Töpel so hoch daß man eine Ueberschwemmung befürchtete. Das gab einen grossen Lärm in der Stadt, jedermann räumte die unteren Etagen aus, um sich in die öberen flüchten zu können. Nach einer Stunde aber war die Besorgnis vorüber und das Wasser fiel wieder. Es hat aber doch auf den Feldern u. Dörfern vielen Schaden gethan, auch 2 Menschen sind beim Gehen über einen Steg verunglükt.

Den Mittag assen Fr. v. d. Rekke, Tiedge 1 ) u. Herr v. Goethe bei mir.

d. 18ten Juni.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 19ten Juni.

1 Becher Theresienbrunnen, 4 Becher Neubrunnen getrunken, meine hiesige Cour beendiget, bei Graf Zichy gegessen. Eingepackt u. Abschiedsbesuche gemacht. 1/2 10 Uhr Abends nach Prag abgereiset.

d. 20sten Juni.

Diesen Abend um 1/2 6 Uhr in Prag angekommen und noch eine Promenade durch die Stadt gemacht. Die Stationes zwischen Carlsbad und hier sind: Buchau, Lipcowitz, Hersädel, 2 ) Rentsch, Schlaan, Strzedocluk, Prag, in allem 16 1/2 Meile.

d. 21sten Juni.

Schon um 7 Uhr Morgens ausgegangen und eine Menge Kirchen besucht. Die herrliche Aussicht vom Ratschin gesehen. Um 9 Uhr beim Grafen Metternich Caffee getrunken. Ich erfuhr dort daß mein Schwager der Erzherzog Palatinus 3 ) hier sey, gleich ging ich zu ihm. Die Freude uns so unvermuthet wieder zu finden war wechselseitig recht groß. Um 1 Uhr machte ich der Kaiserinn v. Frankreich meine Aufwartung und ging dann


1) Tiedge lebte in unzertrennlicher Freundschaft und völliger Gemeinschaft mit Frau von der Recke.
2) Horosedl.
3) Erzherzog Joseph, Palatinus von Ungarn, hatte 1799 acht Tage nach der Vermählung Friedrich Ludwigs mit Helene Paulowna deren ältere Schwester Alexandrine geheirathet, dieselbe aber schon 1801 durch den Tod verloren.
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zum Pr. Anton von Sachsen und seiner Gemahlinn, 1 ) wo ich den alten würdigen Herzog v. Teschen 2 ) u. alle Erzherzöge fand. Nachmittags besuchte ich eine Fürstinn v. Hohenlohe und die Feldmarschallin Bender 3 ) welche beide vor 18 Jahren 4 ) mich mit so viel Güte aufgenommen hatten. Um 8 Uhr speisete ich beim oestereichischen Kaiser und Kaiserinn. Sie waren unbeschreiblich gütig. Gegen 10 Uhr ging es auf einen Freyball im grossen Spanischen Saal, der wunderschön u. prächtig erleuchtet war, neben bei war noch ein anderer grosser Saal. 3500 Entreebillets waren ausgetheilt worden u. dennoch fehlte es nicht an Platz. Wie der Hof fort war, ging ich noch mit dem alten Fürst Ligne 5 )u. Graf Metternich zur Fr. v. Brignole dame du palais der Kaiserinn v. Frankreich, wo wir noch ein paar Stündchen verplauderten.

d. 22sten Juni.

Morgens dem armen Kurfürsten von Hessen 6 ) aufgewartet, nacher nach Bubnitz einem öffentlichen Spatziergange in einer angenehmen Gegend gefahren, dann die Erzherzöge besucht, und lange Zeit bei meinem Schwager gewesen. Nachmittags die Stadt durchlaufen, auch noch einige Kirchen besehen, Abends bei der Kaiserinn v. Frankreich gespeiset, nachher war Spiel und Musick.

d. 23sten Juni.

Den Morgen um 7 Uhr bin ich mit meinem Schwager u. seinen Brüdern nach der neu eingerichteten Schwimmschule für das Militair gewesen welches sehr interressant ist. Ein Major


1) Prinz Anton von Sachsen, Bruder und Nachfolger des Königs Friedrich August, war in zweiter Ehe seit 1787 mit Maria Theresia, Kaiser Leopold's II. Tochter, vermählt.
2) Herzog Albert von Sachsen=Teschen, Sohn Friedrich August's, Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen, Schwiegersohn des Kaisers Franz I. Er stand 1812 im 74. Lebensjahre.
3) Wittwe des österreichischen Feldmarschalls Freiherrn von Bender (gest. 1798).
4) Richtiger: vor 16 Jahren. S. oben die Einleitung.
5) Fürst Carl Joseph von Ligne, österreichischer Feldmarschall, einer der geistreichsten und witzigsten Männer seiner Zeit, "das Schooßkind aller Höfe Europa's", auch als Schriftsteller hervorragend. Geb. 1735, starb er 1814 während seiner Anwesenheit auf dem Wiener Kongreß.
6) Wilhelm I., der erste Kurfürst von Hessen (seit 1. Mai 1803; früher als Landgraf von Hessen=Kassel Wilhelm IX.), lebte, nachdem er 1807 durch Napoleon entthront war, erst in Schleswig, seit Juli 1808 in Prag.
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Pfuhl 1 ) ich glaube vormals in Preussischen Diensten dirigirt die Anstalt. Nachher frühstükten wir zusammen beim Erzherzog Anton. 2 ) Gegen 10 Uhr gingen wir sämtlich in Frack u. Stiefeln zum Kaiser mit welchem u. den beiden Kaiserinnen wir eine sehr angenehme Landreise machten. Zuerst ging es nach St. Ivan einem ehemahligen EinsiedlerKloster welches ganz von Felsenschluchten umgeben ist. 3 ) Dort ward zu Mittage gespeiset. Nach Tische ging man durch die Kirche wo ein Amt gehalten ward in die Catacomben, wohin die ersten Christen dieser Gegend sich vor ihren Verfolgern verbargen, und die durch das Leben u. den Tod des heiligen Einsiedlers Ivan, der dort lebte u. starb berühmt geworden sind. Die Reise ging darauf nach dem Carlstein, einem festen auf Felsen vom Kaiser Carl dem IVten aus dem Hause Luxelburg erbauten Schlosse. Man sah sich gleichsam in die Ritterzeiten versetzt. Spuren der alten Größe u. Pracht waren noch sichtbar, indessen graues Alter u. Unverstand haben das meiste zerstöret.

Erst um 11 Uhr Abends kehrten wir nach Prag zurück wo bei der Kaiserinn von Frankreich soupirt ward. Mit innig gerührtem Herzen nahm ich von der in der That so äusserst guten KaiserFamielie Abschied, und verließ Prag um 1 Uhr Nachts.

d. 24sten Juni.

Da ich äusserst schlecht gefahren worden bin so kam ich erst um Mitternacht in Carlsbad an.

d. 25sten Juni.

Den Morgen nahm ich von meinen Carlsbader Bekannten Abschied, sah noch meinen Vetter Friederich v. Gotha 4 ) der vor


1) Ernst Heinrich Adolf von Pfuel, ein Freund Heinrichs von Kleist, erst in preußischen, seit 1810 in österreichischen, 1812 in russischen Diensten, 1813 im Tettenborn'schen Korps, 1815 wieder im preußischen Heere angestellt, später General der Infanterie, Ministerpräsident und Kriegsminister, gest. 1866. S. über sein vielbewegtes Leben die Allgemeine deutsche Biographie Bd. 25 S. 705 ff.
2) Bruder des Kaisers Franz II.
3) Ehemaliges Benediktinerstift im felsigen Thale der Beraun, östl. von der Stadt Beraun.
4) Es bestanden mehrfache verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Häusern Meklenburg und Sachsen=Gotha: die Gemahlin des Herzogs Friedrich Franz, Luise, war die Tochter des Herzogs Johann August von Sachsen=Gotha=Roda, und die Tochter des herzoglichen Paares, Luise (gest. 1801), war die erste Gemahlin des Herzogs August von Sachsen=Gotha, des Bruders des hier erwähnten Prinzen Friedrich.
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einigen Tagen angekommen ist, reisete um 1 Uhr Mittags ab und kam den Abend gegen 8 Uhr hier in Franzensbrunnen bei Eger an. Ich wohne beim Chirurgus Kubitz. Nur zwey Stationen sind von Carlsbad hieher, nehmlich von da bis Zwoda 1 ) u. von dort hieher. Franzensbrunnen ist eine neu angelegte Colonie, ohngefähr bis jetzt nur 20 aber hübsch gebauete Häuser. Die Gegend ist ziemlich flach u. Schatten findet man nur in einem sehr kleinen neu angepflanzten Wäldchen, an einer Seite der Strasse, woraus der Ort bestehet, auf der anderen ist der Quell.

d. 26sten Juni.

Den Morgen habe ich den Brunnen zu trinken angefangen. Gesellschaft ist beinahe noch gar keine hier. Noch habe ich niemanden gesehen wie den Commandanten Major Baron Vapimont, ein feiner artiger Mann und den Artzt Doctor Poeschmann der mir wohl gefällt. Ich bin zu Fuß bis kurz vor Eger gewesen, welche Stadt eine kleine Stunde von hier lieget. Eine Chaussee führt dahin, ich ging den Fußsteig durch Korn u. blühende Kleefelder.

d. 27sten Juni.

Brunnen getrunken, Bekantschaft von dem alten Grafen Radzinsky 2 ) u. seiner Frau, und der Frau v. Alopeus 3 ) aus Stutgard gemacht. Das erste Bad genommen. Hernach in den Feldern herumgestiegen. Nachmittags einige Besuche gemacht, wieder gegangen u. den Abend sehr angenehm bei Fr. v. Alopeus zugebracht.

d. 28sten Juni.

Heute war so übles Wetter daß an keine promenade zu denken war. Brunnen u. Bad abgewartet, visiten empfangen u. gemacht. Der Kurfürst von Hessen ist heute angekommen. Abends wieder bei Fr. v. Alopeus zugebracht. Nachher hatte ich noch die Freude Herr und Frau von Spiegel und Herrn von Seebach aus Weimar zu sehen, welche hier durch nach Carlsbad reisen.

d. 29sten Juni.

Das Wetter ist immer gleich schlecht, an kein Ausgehen zu denken. meinen Abend bei Fr. v. Alopeus zugebracht.


1) Zwodan.
2) Graf Philipp Raczynski, polnischer Generalmajor.
3) Gemahlin des russischen Diplomaten David von Alopeus, der seit 1811 Gesandter am württembergischen Hofe war.
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d. 30sten Junius.

Den Morgen nach dem Bade eine promenade nach einem alten Krater eine halbe Stunde von hier gemacht. Man kann hier interressante mineralogische Bemerkungen machen. Ich ging mit einem Grafen von Sternberg 1 ) einem liebenswürdigen interessanten Manne. Den Mittag aß er bei mir. Den Abend wieder bei Fr. v. Alopeus so wie immer geschehen wird zugebracht.

d. 1sten Juli.

2ter Jahrestag meiner Hochzeit folglich meines Glückes. So schlechtes Wetter daß an aus gehen nicht zu denken war.

d. 2ten Juli.

Hofdame Frl. v. Barner 2 ) kam heute von Bareuth mich zu besuchen. Das war recht freundschaftlich u. hat mich sehr gerührt.

d. 3ten Juli.

Immer noch so schlechtes Wetter. Frl. Barner aß den Mittag bei mir. Den Abend ist meine Cousine die Fürstinn v. Sondershausen 3 ) angekommen dessen ich mich sehr gefreut.

d. 4ten Juli.

Den Tag meistens mit der Fürstinn von Sondershausen zugebracht. Der Herzoginn v. Bärenburg u. dem Kurprinzen von Hessen 4 ) besucht die angekommen sind um ihren Vater zu besuchen. Abends war die Gesellschaft zum ersten mal im Saal versammlet.

d. 5ten Juli.

Den Nachmittag ist der Kaiser von Oestereich angekommen u. die Kaiserinn von Frankreich. Die Bewohner hiesiger Gegend sahen zum ersten male ihren Kaiser, das war eine große Freude. Ich habe zuerst den Herrschaften auf der Promenade aufgewartet


1) Kaspar Maria Graf von Sternberg (geb. 1761, gest. 1838), bedeutender Naturforscher, namentlich Botaniker. S. Allgemeine deutsche Biographie Bd. 36 S. 118 f.
2) Friederike Luise von Barner wurde 1799 Hofdame der Herzogin=Mutter Charlotte Sophie, der Wittwe des Herzogs Ludwig, und blieb in dieser Stellung bis zum Tode der Herzogin (2. August 1810).
3) Wilhelmine Friederike Caroline, geb. Prinzessin von Schwarzburg=Rudolstadt, seit 1799 mit dem Fürsten Günther Friedrich Carl vermählt.
4) Kurprinz Wilhelm (als Kurfürst Wilhelm II.), geb. 1777, war seit 1797 vermählt mit Prinzessin Auguste von Preußen, Schwester des Königs Friedrich Wilhelm III. - Die Schwester des Kurprinzen, Marie Friederike, war seit 1794 Gemahlin des Fürsten Alexius von Anhalt=Bernburg.
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und nachher den Abend bei der Kaiserinn v. Frankreich zugebracht u. da gegessen. Der Ort war hübsch illuminirt.

d. 6ten Juli.

Den Morgen ganz zeitig sind die Majestäten wieder abgereiset. Auch meine Cousine v. Schwarzburg setzte ihre Reise nach Carlsbad fort.

Nachmittags im Saal gewesen dann zu Fr. v. Alopeus.

d. 7ten Juli.

Immer noch Regen. Den Nachmittag bei der Herzoginn v. Anhalt gewesen, dann so wie gestern u. alle Tage.

d. 8ten Juli. Nichts anzumerken, es sey denn daß ich bei Raczinskys zu Mittage gegessen habe.

9ten Juli. Den Nachmittag zu Fuß nach Eger gewesen, sonst so wie alle Tage.

d. 10ten Juli.

Mittags einen piquenic gehabt, mit den Personen die ich am meisten hier kannte. Nachmittags Abschiedsvisiten gemacht, im Saal, u. Thee bei Frau v. Alopeus getrunken.

d. 11ten Julii 12. Schlaitz.

Den Morgen beim Brunnen Abschied genommen von allen meinen Bekannten, um 9 Uhr Franzensbrunnen verlassen, des Nachts um 1 Uhr hier angekommen, obwohl es nur 10 Meilen sind, 3 nach Asch 3 nach Hof 2 nach Gefäll u. 2 nach Schlaitz.

d. 12ten Julius.

Um 9 Uhr diesen Morgen ging ich zu meinem Vetter dem Fürsten u. seiner Gemahlinn, wohin auch dessen Mutter meine gute alte Großtante kam, 1 ) wir brachten den Morgen zusammen zu. Mittags 12 Uhr ward nach alter Väter Sitte zu Mittag gespeiset, nach Tische fuhr ich mit dem Fürsten nach der Heinrichsruhe, einem hübschen pavillon in einem angenehmen Hein. Um 4 war Concert u. Thée, nachher ward Boston gespielt u. um 1/2 8 zu Abend gegessen, worauf ich Abschied nahm.


1) Der seit 1784 regierende Fürst Heinrich XLII. von Reuß=Schleiz war seit 1779 vermählt mit Karoline Henriette, geb. Prinzessin von Hohenlohe=Kirchberg. Seine (Stief=) Mutter Christiane Ferdinande, Wittwe des Fürsten Heinrich XII., war eine Tochter des Grafen Wilhelm Moritz von Isenburg=Philippseich.
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d. 13ten Julius Weimar.

Den Morgen um 4 Uhr verließ ich Schlaitz. Die Wege waren so unglaublich schlecht, so daß ich erst um 7 Uhr den Abend hier ankam. Es sind nur 7 Meile 2 bis Neustadt 3 1/2 bis Jena 1 ) u. 2 1/2 bis Weimar. Ich ward aufs Gütigste u. Liebreichste von meiner verehrten SchwiegerMutter lieben Schwägerinn u. Schwager empfangen.

d. 14ten Julius.

Den Morgen brachte ich mit meinen lieben Verwandten zu u. fuhr mit meiner Schwägerinn nach Belvedere ihre Kinder zu besuchen die dorten wohnen. Vor Tafel kam der französische Gesandte Baron St. Aignan zu mir, dann war Diner. Nachmittags machte ich dem Minister Voigt u. dem Gesandten visite. Abends war Thee, Spiel u. Souper bei Hof, ich ging mit meiner Schwägerin u. einem Theil der Gesellschaft spazieren, da es endlich einmahl gut Wetter geworden ist.

d. 15ten Julius bis zum 17ten Julius.

Am 15ten Morgens 8 Uhr frühstükte ich noch bei Frau von Schiller 2 ) mit Fr. v. Wollzogen ihrer Schwester, machte dann einer Freundinn meiner Frau Besuch u. brachte den größten Theil des Morgens bei meiner Schwägerinn und Schwiegermutter zu, besuchte noch das attelier des Malers Jagemann 3 ) aß bei meiner Schwägerinn und verließ Mittags gegen 2 Uhr Weimar um nach dem geliebten Mecklenburg zurückzukehren. Ich bin Tag und Nacht gefahren und am 17ten 1/2 11 Uhr Abends hier in Ludwigslust eingetroffen, sehr sehr glücklich mich wieder mit meiner Frau u. meinen Kindern zusammen zu finden. Von Weimar hieher sind . . . Meilen, nemlich: 4 )


1) In Jena machte der Erbprinz einen Besuch bei Knebel. S. Aus K. L. von Knebel's Briefwechsel etc. S. 619.
2) Frau von Schiller war eine intime Freundin der Erbprinzessin. Vgl. den Briefwechsel beider bei [Urlichs] Charlotte von Schiller und ihre Freunde I, 535 ff. und einzelne Briefe bei Lily von Gizycki: Deutsche Fürstinnen. S. 50 ff. An diesem Tage schrieb Frau von Schiller an die Erbprinzessin: "Ich bin seit sechs Uhr aufgestanden, sitze wohl geputzt am Schreibtisch und erwarte um acht Uhr den durchlauchtigen Gemahl, dessen Artigkeit ich hoch preise, daß er zu mir kommt."
3) Ferdinand Jagemann, geboren zu Weimar am 24. August 1780, Schüler der Weimarer Akademie und Füger's in Wien, hat sich durch seine Bildnisse (Karl August, Goethe, Wieland, Schiller auf der Todtenbahre, u. a.) und Historienbilder (Luther auf dem Reichstage zu Worms, u. a.) einen Namen gemacht. Er starb zu Weimar 9. Januar 1820.
4) Zum Nachtragen der ausgelassenen Meilenzahlen sind 3 Zeilen freigelassen.
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d. 18ten Julius Ludwigslust.

Heute ist meiner lieben Frau Geburtstag, wir haben ihn recht mit frohem Herzen gefeiert, es waren mehrere aus Schwerin hier.

d. 19ten Julius. nichts besonderes zu bemerken als daß Frl. v. Oertzen uns heute Lebewohl gesagt hat da sie uns morgen verläßt. Gott gebe ihr so viel Glück wie sie es verdienet und wir aufrichtig es ihr wünschen.

d. 20sten Julius.

Frl. Amelie v. Lutzow 1 ) welche an Frl. v. Oertzens Stelle Hofdame wird, hat heute ihren Dienst angetreten.

d. 21sten 22sten Julius

nichts anzumerken.

d. 23sten Julius.

Nach Schwerin gereiset.

d. 24sten Julius.

Morgens Kammersession gehalten, nachmittags nach Llust zurückgekehrt.

d. 25sten u. 26sten Julius

nichts besonderes vorgefallen.

d. 27sten Julius. Doberan.

Heute Morgen 1/ 4 Uhr bin ich mit meiner Frau von Ludwigslust abgereiset u. über Sternberg und Butzow hieher nach Doberan gereiset wo wir gegen 8 Uhr Abends ankamen. Meinen Vater habe ich die Freude gehabt recht wohl u. stark geworden vorzufinden.

d. 28sten Julius.

Den Morgen haben wir das Bad angefangen. Unter andern habe ich die Bekantschaft des hier im Lande commandirenden Generals Graf Lagrange 2 ) erneuert, den ich schon aus Frankreich kannte.

Den Abend war ein Théedansant im Saal.


1) Amélie von Lützow blieb Hofdame der Erbprinzessin bis zu deren Tode (20. Januar 1816).
2) Adélaïde Blaise François le Lièvre de la Grange, Marquis de Founrilles, Divisionsgeneral, war inspecteur général de gendarmerie gewesen, hatte seit April 1812 kurze Zeit die 2. Reservedivision der Großen Armee geführt und dann die Stellung in Meklenburg erhalten. Im August 1812 erhielt er die 1. Reservedivision. S. über ihn die Nouvelle biographie générale Tom. 28 p. 841 ss.
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d. 29sten Julius.

Des Morgens gebadet, spatzieren geritten, Abends in die Comedie. 1 )

d. 30sten Julius.

Wie gestern, nur daß wir des Abends mit einem grossen Theil der Gesellschaft auf dem Jungfernberge Thee getrunken haben u. dann spatzieren gegangen sind.

d. 31sten Julius.

Gebadet u. um 1 Uhr mit meiner Frau nach Rostock gefahren und alles dorten merkwürdige besehen.

d. 1sten August.

Gebadet, geritten, Abends Thée dansant im Saal.

d. 2ten August. 2 )

Nichts anzumerken. Abends war Thée bei uns im Garten, worauf spatzieren gegangen ward.

d. 3ten August.

Mittags hatten wir ein kleines diner bei uns. Abends waren wir im Theater.

4ten August.

Abends gab der Herzog einen Thée am Bade.

5ten August.

Kleiner Ball im Saal.

6ten August.

Abends im Theater gewesen.

d. 8ten August.

Heute hatten wir das schöne Concert der berühmten Harfenspielerinn Demoiselle Longhi. 3 )

d. 9ten August.

Meine Frau und ich sind heute in Roggow gewesen zum Kirchgang unserer lieben Frl. v. Oertzen welche gestern Herrn v. Behr geheirathet hat.


1) Direktor der Truppe in Doberan war Karl Becker.
2) Hier und an den folgenden Tagen steht irrthümlich Juli statt August.
3) Carolina Delfina Longhi, geb. in Neapel, kam 1812 zuerst nach Deutschland, vermählte sich in demselben Jahre mit Karl Möser (s. die folg. Anmerk.) und verließ 1825, wahrscheinlich von ihrem Manne geschieden, Berlin, um nach Italien zurückzukehren. Ueber ihre weiteren Schicksale ist nichts bekannt. Vgl. v. Ledebur: Tonkünstler=Lexikon Berlins S. 381.
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d. 10ten August.

Grosser Ball im Saal.

d. 11ten August.

Thee in der Allee auf dem Kampe.

d. 12ten August.

Der berühmte violinist Möser 1 ) gab heute ein sehr schönes concert. Mademoiselle Longhi spielte auch wieder himmlisch die Harfe.

d. 13ten August.

Ein Herr Pärrisch 2 ) aus Hamburg u. der Graf Adolph Bassewitz 3 ) hatten eine Wette gemacht, daß ersterer 4 trockene Semmel in eben der Zeit essen wollte, wenn letzterer vom Bade nach Doberan ritt. Die ganze Gesellschaft versammelte sich das mit an zu sehen, u. Herr Pärrisch gab den Damen ein dejeuner. Graf Bassewitz gewann, er hatte nur 7 1/2 Minute geritten. Für das gewettete Geld ward Abends ein sehr hübscher Ball gegeben.

d. 14ten August.

Ich war mit einer Gesellschaft nach Rostock gefahren um da zu Mittage zu essen. Bei meiner Ankunft erfuhr ich daß der Marschall Augerau 4 ) zu dessen armee die hier an den Küsten stehenden Truppen gehören den Abend dort ankommen würde. Kurz darauf sandte der Herzog mir den Befehl da zu bleiben um ihn zu empfangen und im palais zu logieren. Der Nachmittag ging mit Vorbereitungen hin, der Abend mit erwarten. Der Marschall kam erst um 10 Uhr an und da er nicht angekleidet war so fuhr er im Wirthshause vor, wo ich ihm einen kurzen Besuch machte. Ganz spät soupirte ich mit General


1) Karl Möser war damals (seit 1811) Konzertmeister und erster Violinist an der königlichen Kapelle in Berlin. S. Allgemeine deutsche Biographie Bd. 22 S. 390.
2) Wohl ein Sohn des Hamburger Großkaufmanns John Parish. Vgl. über diesen Allgemeine deutsche Biographie Bd. 25 S. 172 f.
3) Wohl der Kammerherr Graf Adolf von Bassewitz, damals Besitzer von Gneven (A. Crivitz).
4) Marschall Augereau, Herzog von Castiglione, kommandierte seit dem Juli 1812 das XI. Korps der Großen Armee. Unter seinem Befehl standen die französischen Garnisonen in Mecklenburg, Schwedisch=Pommern, Berlin und den drei Oderfestungen Stettin, Küstrin und Glogau. Sein Hauptquartier war in Berlin.
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Lagrange u. General . . . . 1 ) der sein Nachfolger ist, weil ersterer eine Division in Stettin erhalten hat.

d. 15ten August.

Den Morgen um 10 Uhr machte mir der Marschall seinen Besuch, den ich nachher erwiederte, er war sehr artig, u. versprach mir alles zum besten des Landes zu thun, eine correspondenz zu diesem Zweck mit mir anzufangen u. s. w. Er bewilligte daß das Korn welches wir nach Stettin haben liefern müssen zurückgeführt werden könne, um den hiesigen Bedarf damit zu bestreiten. Er setzte seine Reise nach Wismar u. Berlin fort. General Lagrange hat sich bei dieser Gelegenheit wieder wie ein wahrer Freund benommen, ich hätte nicht mehr von einem Mecklenburger erwarten können. Von Rostock fuhren wir nach Warnemünde wo der Herzog ein grosses diner gab u. zur See mit meiner Frau anlangte. Abends war hier in Doberan ein grosser Ball.

d. 16ten August.

Mittags aß Lagrange bei mir welcher diesen Abend uns zu unserem grossen Leidwesen verläßt. Nachmittags tranken wir Thee in der Allee, und Abends war Vauxhall.

d. 17ten August.

Machten wir eine partie nach dem Dietrichshäger Berge.

d. 18ten August.

Den Abend gab ich einen Thée in Althoff von wo wir zufusse nach Hause gingen.

d. 19ten August.

Heute ist die Nachricht von dem gestern erfolgten Tode des guten Generals Moltke 2 ) eingegangen. Den Abend tranken wir Thee auf dem Büchenberge.

d. 20sten August.

Den Mittag war ich auf ein Männerdiner im Saal, Abends im Schauspiel.


1) Der Name ist undeutlich geschrieben; er könnte Bochan oder Brehan gelesen werden, doch verzeichnet der Almanach impérial für 1812 und für 1813 keinen General des einen oder des anderen Namens.
2) Generalmajor Adolf Friedrich von Moltke trat 1778 als Cornet bei der Leibgarde zu Pferde ein, wurde 1779 Leutnant und stieg in dieser Truppe bis zum Obersten auf; 1810 - 11 war er Chef der Grenadier=Garde.
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d. 21sten August.

Den Abend gab Herr Pärrisch aus Hamburg einen Ball, wo wir Abschied von der hiesigen Gesellschaft nahmen, da wir morgen frühe abreisen.

d. 22sten August. Pluschow.

Den Morgen um 1/2 7 Uhr haben wir Dobberan verlassen, in Wismar beim Landrath von Vieregge 1 ) zu Mittag gegessen, und sind gegen 5 Uhr hier angekommen. Bald darauf langten auch unsere Kinder an und wir sind sehr glücklich wieder mit ihnen vereiniget zu sein. Albrecht hat vor 3 Tagen seinen ersten Zahn sehr leicht bekommen.

d. 23sten August.

Morgens in die Kirche gewesen, sonst nichts vorgefallen.

d. 24sten August.

Den morgen ist Frau v. Plessen 2 ) mit Frl. v. Bose 3 ) angekommen. Nachmittags einen Besuch vom Landrath v. Both 4 ) u. seinem ältesten Sohn gehabt.

d. 25sten August.

nichts anzumerken.

d. 26sten August.

Fr. v. Plessen u. Frl. v. Bose sind diesen morgen wieder abgereiset. Mittags besuchten mich auf ihrer Durchreise nach Grapenstieten der Hausmarschall v. Both und der Kammerjunker von Both. 5 )


1) Adam Otto von Vieregge auf Steinhausen (A. Bukow).
2) Die Gemahlin des Ministers von Plessen; s. oben zum 8.September 1811.
3) Caroline von Bose, die unzertrennliche Freundin der Henriette von Knebel (s. unten zum 14. Juni 1813), war durch diese auch mit der Erbprinzessin befreundet und hatte sie nach Meklenburg begleitet. Vgl. Goethe's Briefe an Frau von Stein. Herausgegeben von Schöll, 2. Aufl. von Fielitz II, 447. 669. Lily von Gizycki: Deutsche Fürstinnen S. 45.
4) Karl Anton von Both, getauft zu Wolfenbüttel 30. Mai 1746, herzoglich holstein=oldenburgischer Hofmarschall a. D., Besitzer von Grapen=Stieten, Rambow und Scharfstorf, gest. zu Grapen=Stieten 23. August 1820.
5) Ludwig Hartwig von Both, getauft zu Wolfenbüttel 28. August 1748, war schon 1776 Kammerherr, wurde 1784 Schloßhauptmann, 1804 Hausmarschall und starb zu Ludwigslust 10. Februar 1821. Er war bis 1784 Besitzer von Dönkendorf und Nienhagen (A. Grevesmühlen) und besaß 1789 - 1802 Dersenow (A. Wittenburg). - Der Kammerjunker von Both war der spätere Kammerherr Karl Ulrich Hartwig, geb. 25. August 1779 als Sohn des Besitzers von Kalkhorst Friedrich Wilhelm von Both, gest. zu Kalkhorst 8. Januar 1834.
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d. 27sten August.

Herr Pastor Stein 1 ) aß den Mittag bei mir. Nachmittags besuchte mich mein Nachbar Herr Ladiges von Barnekow. 2 ) Abends kam der Oberhofmeister v. Hinzenstern aus Sternberg, 3 ) sonst zu Weimar, um einige Tage bei uns zu bleiben.

d. 28sten August.

Es hat fast den ganzen Tag geregnet welches denn in der Aerndte sehr unangenehm ist. Ich habe die noch üblere Nachricht erhalten daß 10,000 Mann Franzosen im Lande einrükken u. der Marschall Augereau Duc de Castiglione sein Hauptquartier in Güstrow nimmt, habe aber gegründete Hoffnung daß diese Last nicht lange dauern wird.

d. 29sten August.

Der Graf Bernstorff und seine Frau 4 ) von Wedendorff haben heute den Tag bei mir zugebracht. Den Abend bekam ich von Grevismühlen aus französische Einquartirung von 1 officier u. 75 Mann, ohne daß der Magistrat mich davon hätte benachrichtigen lassen. Ich habe dem Bürgermeister 5 ) einen derben Brief geschrieben um zu erfahren wer die Vertheilung gemacht und wem ich diese insolenz zu danken habe.

d. 30sten August.

Wir sind diesen Morgen nach Kalkhorst 3 Meilen von hier zum Kammerherrn von Both 6 ) gefahren, wo wir zu Mittage gegessen haben. Von dort aus machten wir eine tour nach


1) Johann Matthias Stein, Pastor in Friedrichshagen (damals erbprinzlichen Patronats), geb. 1759 in Rostock, Pastor seit 1786, gest. 1. März 1825.
2) Ditmar Friedrich Ladiges, 1823 geadelt, gest. 12. Oktober 1834, 76 Jahre alt. Außer Barnekow bekam er noch Krönkenhagen und Ziphusen.
3) Hintzenstern war Erzieher des Prinzen Bernhard von Weimar gewesen, hatte sich 1807 durch eine nicht ganz aufgeklärte Indiskretion, die er mit ihm anvertrauten Briefen begangen haben sollte, in Weimar unmöglich gemacht und war nach Cassel gegangen, dort in die Dörnberg'sche Verschwörung gegen König Jerome verwickelt worden, nach Weimar zurückgekehrt und hatte sich schließlich in Sternberg niedergelassen. Vgl. Lily von Gizycki a. a. O. S. 5. 57. 83. 86.
4) Ernst Graf Bernstorff, Königl. Preußischer Kammerherr, geb. 12. Juli 1768, gest. 2. Mai 1840, war seit 1801 vermählt mit America Freiin von Riedesel (geb. 7. März 1780, gest. zwischen 1854 und 1859).
5) Bürgermeister von Grevesmühlen war der Gerichtsrath Fr. Ulrich Aemilius Rudow.
6) Kammerherr und Rittmeister a. D. Friedrich Wilhelm von Both, getauft zu Kalkhorst 28. November 1749, gest. daselbst 27. Dezember 1813.
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Schwansee, ein schönes Gut an der See welches dem Geheimerath Häseler 1 ) gehört. Um 8 Uhr Abends kamen wir nach Hause.

d. 31sten August.

Heute hatten wir vielen Besuch aus Wismar. Die Antwort aus Grevismühlen ist gekommen, dem Bürgermeister gehet es nichts an, das dortige quartieramt hat sich damit entschuldiget daß es meine hiesige Anwesenheit nicht gekannt hätte, welches denn eine grobe Lüge ist, da ich täglich Fleisch und Brod für meinen Hausstand aus dieser ganz kleinen Stadt holen lasse. Ich werde mich deshalb beim Herzoge beschwehren.

d. 1sten September.

Den Morgen sind wir in Barnekow bei Herrn Ladiges gewesen. Mittags war die Bothsche Famielie aus Grapenstieten bei uns.

d. 2ten September.

Meine Kinder sind heute nach der Insel Poel gewesen. Da meine Frau nicht ganz wohl war so sind wir nicht mitgefahren.

d. 3ten September.

Minister v. Plessen ist heute zu uns gekommen. Mittags war auch Hr. v. Müller von Rankendorff 2 ) u. Kammerjunker v. Both da, späterhin kam auch Lieutnant du Trossel. 3 )

d. 4ten September.

Wir sind heute alle in Grapenstieten zu Tische gebeten gewesen.

d. 5ten September.

Den Morgen 6 Uhr habe ich für meine Person Plüschow verlassen um hierher nach Friedrichsmoor zur Hirschjagd zu gehen, wohin auch der Herzog diesen Abend von Doberan her gekommen ist. In Schwerin habe ich mich einige Stunden aufgehalten, um zur Kammersession zu gehen.


1) Groß und Klein=Schwansee waren 1724 - 79 gleichfalls im Besitze des Geschlechtes von Both. 1799 hatte es der Sachsen=Coburgische Geheimerath Gottlieb Häseler gekauft; derselbe wurde 1801 von Kaiser Franz II. in den Adelstand erhoben und 1844 in den meklenburgischen Adel recipiert.
2) Johann Andreas Müller, Accise=Commissär zu Lüneburg (später Königl. Hannoverscher Legationsrath), war 1801 von Kaiser Franz II geadelt. In demselben Jahre. hatte er von Hans Caspar Vorbeck Rankendorf gekauft. 1821 wurde er in den meklenburgischen Adel recipiert. Er starb 16. Februar 1836 zu Lüneburg im 84. Jahre.
3) Louis du Trossel war Premier=Leutnant im 4. Bataillon gewesen, 1810 zum Grenadier=Garde=Bataillon versetzt und war damals Commandanten=Adjutant zu Ludwigslust.
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d. 6ten September.

Den ganzen Tag gejagt.

d. 7ten September.

Ebenfalls u. zwey Hirsche geschossen.

d. 8ten September.

Des Morgens gejagt. nachher zum Ortkrug geritten um dort meine Frau und Kinder auf ihrer Durchreise von Plüschow nach Llust zu sehen. Abends wieder Jagd.

d. 9ten September.

Jagd, nach dem Mittagsessen fuhr ich nach Ludwigslust.

d. 10ten September.

Zu Tische nach Redevien gefahren wohin der Herzog zur Jagd kam.

d. 11ten September.

Jagd.

d. 12ten September.

Jagd. Zu Abend wieder nach Ludwigslust.

d. 13ten September.

Statt der angekündigten 10,000 Mann kommen gottlob nur 3 bataillons ins Land.

d. 14ten September.

Auf die Jagd gewesen.

d. 15ten September.

Heute ward mein Sohn Paul 12 Jahre alt. Gott erhalte ihn mir. Den Abend gab ich den Kindern einen Ball, die sehr froh waren.

Ich bekam ein heftiges Flußfieber welches beinahe die ganze Nacht dauerte.

d. 16ten September.

Auch die 3 Bataillons sind wieder abmarschiert, alles gehet jetzt nach Schwedisch Pommern.

d. 17ten September.

Nach Schwerin gereiset.

d. 18ten September.

Cammersession gehalten, die ganz merkwürdig war. Nachmittags mit dem Oberjägermeister 1 ) nach Friedrichsmoor gefahren, und gejagt.


1) Adolf Hans von der Lühe, 1785 Jagdjunker, 1787 Oberforstmeister, 1791 Jägermeister und 1793 Oberjägermeister. Als solcher erscheint er 1814 zuletzt.
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d. 19ten September.

Gejagt und einen Hirsch geschossen. Mittags wieder nach Ludwigslust.

d. 20sten September.

Es ist die Nachricht von der grossen Schlacht am 7ten eingelaufen 1 ) aber noch keine Details.

d. 21sten September.

Einen unangenehmen Brief erhalten, meine erste Schwiegermutter kann mich nicht in Ruhe lassen. 2 ) Ich habe gehörig die Sache ins Licht gestellt.

d. 22sten September.

Nach Friedrichsmoor gefahren um dort mit dem Graf Schwichelt 3 ) zu jagen.

d. 23sten September.

Des Morgens Jagd, zu Mittag wieder nach Ludwigslust.

d. 24sten September.

Todestag meiner lieben ersten Frau. Unglücklichste aller Erinnerungen für mich.

Den Morgen sprang mir eine Flinte in der Hand, wäre sie an der Stelle gesprungen wo gemeinhin die Gewehre springen, so war meine linke Hand verlohren. So kam ich mit einem heftigen Schmerz dovon. Ich kann Gott nicht genug danken mich so gnädig beschützet zu haben. Den Abend ist der Prinz Solms von Lich 4 ) angekommen.


1) Schlacht bei Borodino, von Napoleon gegen Kutusow gewonnen. Weder an dieser Schlacht noch an dem am 17. August bei Smolensk erfochtenen Siege hatten die meklenburgischen Truppen theilgenommen; dem mangelhaften Zustande des Regiments ist es wohl hauptsächlich zuzuschreiben, daß es nicht wie die anderen deutschen Truppentheile ins Gefecht geführt wurde. S. von Langermann und von Voigts=Rhetz a. a. O. S. 64.
2) Zwischen der Kaiserin=Mutter und dem Erbprinzen bestanden seit Helene Paulowna's Tode Mißverständnisse, an denen Friedrich Ludwig keine Schuld trug. Erst bei einem Besuche der Kaiserin in Weimar im Dezember 1818 fand eine volle Aussöhnung statt. Vergl. von Hirschfeld: Friedrich Franz II. Bd. I S. 57. 88.
3) Jobst Karl Graf von Schwicheldt, geb. 1771, war Kgl. Hannoverscher Drost, Kammerherr und Erbmarschall im Fürstenthum Hildesheim. Das Jahr seines Todes ist unbekannt.
4) Friedrich Alexander, geb. 18. Juni 1763, damals Oberstleutnant im preußischen Heer, gest. als Generalmajor 12. September 1830.
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d. 25sten September.

nichts anzumerken, als die grosse Nachricht von der Einnahme von Moscau ! ! ! 1 ) -

d. 26sten September.

Jagd in der Güritz, wo ich wiewohl ohne Schaden einen Schuß bekam.

d. 27sten September.

nichts vorgefallen.

d. 28sten September.

Jagd.

d. 29sten September.

Der Herzog v. Strelitz hat sich mit seiner Familie zum 3ten October angemeldet. Den Abend kam der Fürst Putbus 2 ) u. seine Frau an.

d. 30sten September.

Jagd bei Warlow.

d. 1sten Oktober.

Jagd bei Glaisin.

d. 2ten October.

Nichts anzumerken.

d. 3ten October.

Um Mittag kam der Herzog von Strelitz, der Erbprinz, Prinz Ernst und die Prinzeß von Solms 3 ) an.


1) Der Einzug in Moskau begann am 14. September.
2) Fürst Malte Putbus, geb. 1. August 1783, gest. 26. September 1854. Der Fürst, damals der angesehenste und begütertste Grundbesitzer in Schwedisch Pommern, war mit dem Erbprinzen befreundet; er hatte, als es sich nach dem Tode des zum Erben des schwedischen Thrones bestimmten, von Karl XIII adoptierten Prinzen Christian von Schleswig=Holstein=Sonderburg (gest. 18. Mai 1810) darum handelte, einen neuen Thronfolger zu wählen, die Aufmerksamkeit auf den Erbprinzen Friedrich Ludwig gelenkt und diesem, offenbar in Folge eines Auftrages von Stockholm aus, die schwedische Thronfolge angeboten, die Friedrich Ludwig aber abgelehnt hatte. Vergl. Spreer: Malte Fürst und Herr zu Putbus. Berlin 1886. S. 20 f. - Die Fürstin Luise, geb. Baronesse von Lauterbach, hatte sich 1806 von ihrem Manne, dem Grafen Veltheim, scheiden lassen, um den Fürsten Malte zu heiraten. Sie starb 27. September 1860.
3) Herzog Carl (geb. 10. Oktober 1741, succedierte 2. Juni 1794, Großherzog 28. Juni 1815, gest. 6. November 1816), Erbprinz Georg (geb. 12. August 1779, Großherzog 6. November 1816, gest. 6. September 1860), Prinz Ernst, Bruder des Herzogs Carl (geb. 27. August 1742, gest. 27. Januar 1814); die (  ...  )
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d. 4ten October.

Mittags cour, grosses diner, Abends concert im goldenen Saal.

d. 5ten October.

Die schöne Jagd bei Neuen Crentzlin.

d. 6ten October.

Jagd bei Techentin, Abends Concert.

d. 7ten October.

Um 3 Uhr Nachmittags sind die Strelitzer wieder abgereiset. Dagegen ist der älteste Prinz Reuss v. Köstritz 1 ) angekommen. Abends hatte ich die traurige Ueberraschung im Moniteur zu lesen, daß mein Bruder Carl am 7ten September blessirt worden sey. 2 ) Da es aber nur noch unbestimmt lautet, so hoffe ich vielleicht noch etwas besseres zu erfahren.

d. 8ten October.

Prinz v. Solms ist den Morgen abgereiset. Hernach war Jagd bei Picher.

d. 9ten October.

Nichts zu bemerken.


(  ...  ) Prinzeß Friederike von Solms, geb. 2. März 1778, Schwester des Erbprinzen Georg und der Königin Luise von Preußen, war in erster Ehe 1793 - 1796 vermählt mit dem Prinzen Ludwig von Preußen, in zweiter 1798 - 1814 mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Solms=Braunfels, in dritter seit 1815 mit dem Herzog Ernst August von Cumberland, späterem (seit 1837) König von Hannover, und starb zu Hannover 29. Juni 1841.
1) Gemeint ist wohl Heinrich LXI, geb. 8. Dezember 1784, der, bis dahin in der österreichischen Armee, durch eigenthümliche Familienverhältnisse veranlaßt, um diese Zeit in das französische Heer trat und als Brigadegeneral in der Schlacht bei Kulm 30. August 1813 fiel.
2) Die in dem Rapport à S. M. l'Empereur et Roi (Moniteur universel 1812 Nr. 271: Dimanche, 27. Sept.) enthaltene Nachricht über die Verwundung des Prinzen Karl lautet: La 2 e division de grenadiers composée des régimens d'Astracan, Fanagoria, Kioff, Moscou, Petite - Russie, Sibérie, commandée par le prince Charles de Mecklembourg, et faisant partie du 8 e corps de Borosdin, se trouvait le 5 septembre à la grande redoute qui fut enlevée le même jour, et où elle a perdu ses pièces, un colonel et plus de la moitié de ses soldats. Les régimens de cette division avaient été au grand complet en arrivant à Smolensk; mais ils n'étaient que de 1,000 hommes, le 5, avant le combat, et ne comptaient que 7 à 800 hommes au plus par régiment, le 7, au matin, lorsqu'ils étaient dans le village qu'ils étaient chargés de désendre, en avant de la batterie du flanc gauche où ils sont venus s'établir. C'est dans cet intervalle que le prince de Mecklembourg fut blessé.
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d. 10ten October.

Jagd bei Altenkrentzlin. Meine Schwägerinn von Holstein 1 ) ist mit einem Sohne niedergekommen.

d. 11ten October

nichts anzumerken.

d. 12ten October.

Jagd bei den Canaltannen.

d. 13sten October.

Der französische Chargé d'affaires hat Nahmens seines souverains verlanget, daß das contingent immer im completten Stande erhalten werden sollte. 2 ) Nach gestern vom General Fallois eingelaufenen Nachrichten ist das Regiment von Willna nach Smolensk 3 ) und wahrscheinlich zur activen armée aufgebrochen.

d. 14ten October.

Jagd bei Altenkrenzlin.

d. 15ten October.

Nach Schwerin gereiset.

d. 16ten October.

Des Morgens Kammersession, Nachmittags nach Ludwigslust zurückgekehrt.

d. 17ten October.

Jagd bei Neustadt, dort gegessen.

d. 18sten October.

Nichts vorgekommen.


1) Die Großfürstin Katharina Paulowna, jüngere Schwester von Friedrich Ludwigs erster Gemahlin, geb. 21. Mai 1788, war seit 30. April 1809 mit dem Prinzen Peter Friedrich Georg von Holstein=Oldenburg vermählt. Der am 26. August 1812 geborene Knabe war der Prinz Peter von Oldenburg, gest. 14. Mai 1881.
2) An dem "completten Stande" fehlte vieles. Bei der Ankunft des Regiments in Wilna im Juli fehlten beim 1. Bataillon 184, beim 2. 153 Köpfe; diesem Abgang standen nur 59 Rekruten gegenüber, die direkt von Schwerin geschickt wurden. S. von Wrochem u. Haevernick: Geschichte des Großh. Meckl. Füsilier=Regiments Nr. 90 S. 68.
3) Das Regiment, das seit dem 3. September dem IX. Armeekorps des Marschalls Victor zugetheilt war, brach von Wilna am 21. September auf und traf am 9. Oktober in Smolensk ein. Ebd. S. 68 ff.
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d. 19ten October.

Jagd bei Altenkrenzlin sollte seyn der Regen aber verhinderte es.

d. 20sten October.

Nichts anzumerken.

d. 21sten October.

Jagd in der Nachbarshaide.

d. 22sten October.

Jagd bei Carstedt.

d. 23sten October.

Nichts zu bemerken.

d. 24sten October.

Jagd in den Hegetannen.

d. 25sten October.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 26sten October.

Jagd bei Loissow.

d. 27sten October.

Der Fürst Putbus und seine Frau sind heute abgereiset.

d. 28sten October

nichts vorgefallen.

d. 29sten October.

Diesen Morgen beim Erwachen erhiehlt ich die traurige Nachricht, daß mein guter Hofmarschall Mecklenburg den Morgen um 5 Uhr an einem innerlichen Schlagflusse, Folge von Brustkrämpfen gestorben war. Das ist ein wesentlicher Verlust für mich, er war so brav und rechtschaffen. Alle meine Geschäfte waren in seinen Händen. Dieser unerwartete plötzliche Todt hat mich unendlich erschüttert. Mein treuer Oertzen hat mir versprochen wenigstens interimistisch die Geschäfte wieder zu übernehmen.

d. 30sten October.

Nach Schwerin gereiset. Abends der Frau von Horn 1 ) der Schwester meines guten Mecklenburgs einen Besuch gemacht. Sein Bruder der Vicedirector der Kanzley kam auch zu mir.


1) Wittwe des Oberstleutnants Berend Gustav von Horn auf Ranzin (Pommern), der am 25. Februar 1798 gestorben war. Sie starb am 4 Mai 1815. - Dietrich Friedrich Wilhelm von Mecklenburg wurde 1785 Kanzleiauditor in Schwerin und erscheint als Vizedirektor der Justizkanzlei daselbst zuletzt 1814.
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d. 31sten October.

Des Morgens Kammersession gehalten, nachmittags wieder nach Llust gefahren. Ich fand zu Hause einen so unglaublich impertinenten Brief vom Drost von Suckow 1 ) vor, daß ich alle contenance nöthig hatte um nicht auf der Stelle es dem Herzoge anzuzeigen und um eine öffentliche Bestrafung anzuhalten.

d. 1sten November.

Ich habe heute dem Herzoge, blos als meinem Vater, von dem gestern erhaltenen Briefe geredet. Er bot mir an Suckow auf die Vestung zu schikken, dies habe ich mir aber verbeten da seine 71 Jahre u. seine 15 Kinder mich jammern, und für jetzt ich keine öffentliche Klage einreichen will.

d. 2ten November.

Dem Suckow habe ich geantwortet wie er es verdienet.

d. 3ten November.

Diesen Morgen 6 Uhr haben wir meinen Mecklenburg zu seiner letzten Ruhestäte begleitet.

d. 4ten November

nichts anzumerken.

d. 5ten November.

Mit dem Herzoge nach Wittenburg gereiset.

d. 6ten November.

Schweinsjagd bei Kogel, Abends nach Wittenburg zurück.

d. 7ten November.

Nach Ludwigslust zurück für meine Person. Es sind traurige Nachrichten von dem eingelaufen was unsere Truppen in der Campagne leiden. Sie sind jetzt nach Moscau. 2 )


1) Joachim August Bernhard von Suckow, geboren zu Schwerin 26. Dezember 1746, wurde 1791 erster Beamter des Amtes Warin, 1792 mit seinen beiden Brüdern in den Adelstand erhoben, erhielt 1798 den Titel Drost, schied 1824 aus dem Dienst und starb zu Doberan 12. März 1827. Er verfaßte "Beiträge zur Verwaltung der Landpolizei in den Herzoglich Mecklenburg=Schwerinschen Landen, mit Rücksicht auf ein zu errichtendes Landarbeitshaus" (Rostock 1801). Ueber sein eigenes Leben, namentlich seine Jugend, hat Suckow, den das Kammer=Kollegium einmal "einen höchst gefährlichen und intriganten Menschen" nennt, selbst eine Anzahl von falschen Angaben verbreitet, die z. Th. auch in dem ihm gewidmeten Nekrolog im "Freimüthigen Abendblatt" (10. Jahrg. [1828] Nr. 509 Beilage Sp. 848) Aufnahme gefunden haben. - 1820 hatte Suckow dem Großherzog die Stiftung eines Ordens der Wendischen Krone vorgeschlagen, welcher Vorschlag aber "ad acta" verwiesen ward. (S. Jahrbb. 58 (1893) Quartalberichte S. 16 f.
2) Das Regiment erhielt in Smolensk den Befehl, gemeinsam mit andern Truppen den Kriegsschatz des Kaisers nach Moskau zu eskortieren, (  ...  )
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d. 8ten November.

Der Herzog von Oldenburg hat uns wissen lassen, daß mein Bruder Carl würklich blessirt sei, jedoch ohne Gefahr.

d. 9ten November.

Den Nachmittag kam der Herzog von der Jagd zurück um einen Tag hier zu bleiben.

d. 10ten November

nichts merkwürdiges vorgekommen.

d. 11ten November.

Der Herzog reisete nach Muchow.

d. 12ten November.

Heute traf die Nachricht ein daß am 14ten October der K. N. mit der Armee, von Moscau den Rückzug nach Smolensk angetreten habe aus Mangel an Lebensmitteln.

Minister v. Oertzen 1 ) aus Strelitz ist angekommen um mit unseren Ministern über den Antheil zu unterhandlen welchen der H. v. Strelitz an dem nun bald auszuschreibenden Landtage nehmen wird.

d. 12ten November.

Kam Minister Brandenstein heraus.

d. 13ten November.

Der Herzog kam auf einige Stunden v. Muchow herein um den Minister v. Oertzen zu sehen.

d. 14ten November.

Mit Strelitz ist vorläufig alles zu unserer Zufriedenheit arrangirt.


(  ...  ) und brach am 31. Oktober auf, gelangte aber nur (18. Oktober) bis Dorogobusch, wo es sich auf die Winterquartiere vorbereitete. S. hierüber sowie über den Zustand des Regiments: von Wrochem u. Haevernick a. a. O. S. 71 ff.
1) August Otto Ernst von Oertzen, geb. 11. September 1777 zu Kotelow als 4. Sohn des Vicelandmarschalls Adolf Friedrich Theodor von Oertzen (gest. 1796), besuchte 1793 - 96 die Ritterakademie zu Brandenburg, studierte dann bis 1798 in Göttingen Jurisprudenz und Kameralwissenschaften, wurde darauf Kanzlei=Auditor in Neustrelitz, 1800 Kanzleirath und Regierungsreferendar, 1804 Regierungsrath und 1810 Minister. Er starb 3. April 1837. Vergl. den vom Grafen Christian von Bernstorff verfaßten biographischen Artikel bei Julius von Maltzan: Einige gute Mecklenburgische Männer. Wismar 1882. S. 145 ff., und Saß in Bd. IV der Urkundlichen Geschichte des Geschlechts von Oertzen S. 474 ff.
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d. 15ten November.

Minister Oertzen ist wieder abgereiset.

d. 16ten November.

Sehr interressante Nachrichten von der Armee eingelaufen.

d. 17ten November.

Bin ich nach Schwerin gereiset, wo auch der Herzog heute hin kam.

d. 18ten November.

Morgens Kammersession gehalten. Den Abend spät ist mein Oertzen von Hamburg und Plüschow zurückgekommen. Ich bin sehr zufrieden mit seinen Ausrichtungen.

d. 19ten November.

Nach Ludwigslust zurückgereiset.

d. 20sten November.

Nichts anzumerken.

d. 21sten u. 22sten November.

Idem.

d. 23sten November.

Ich habe die angenehme Nachricht erhalten, daß mein Bruder Carl völlig wieder hergestellt ist und zu seinen gewohnten Beschäftigungen zurückgekehrt ist.

Unser Regiment hat den Kaiserlichen Tresor von Smolensk nach Moscau bringen sollen. Elf Meilen hinter Smolensk hat es contreordre bekommen. Auf diesem kurzen Wege hat es 7 Tage zugebracht worunter 5 ohne Brod, wegen der unergründlichen Wege. Kein Haus, keinen Menschen haben sie unterwegens gefunden. Sie sind in einem erbärmlichen mitleidswürdigen Zustande.

d. 24sten November bis zum 30sten November.

Nichts besonderes zu bemerken als daß immer neue Nachrichten von dem Rückzuge der Franzosen eingehen. Die hier cantonirenden französischen Truppen sind auch zum größten Theile abmarschirt.

Der Strelitzische Hof hat sich nun definitiv bereitwillig zum Landtage erkläret, und derselbe ist auf den 5ten Januar nach Schwerin ausgeschrieben.

d. 2ten December.

Diesen Morgen ist die vortrefliche Majorin v. Both gebohrene v. Bulow in Schwerin an den Masern gestorben, welche

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sie sich bei der Pflege ihres Mannes der gleichfalls daran krank war zugezogen hatte. Allgemein ist die Trauer. Der unglückliche Mann sah sie vor seinen Augen, ihm gegenüber, als Opfer ihrer Liebe für ihn sterben. Gott nehme sich seiner an. In einer schrecklicheren Lage waren wohl wenige Menschen.

d. 6ten December.

Heute ist der Chevalier, Obrister Ducasse vom Generalstab des Marchals Augereau Duc de Castiglione hier mit einem ausserordentlich höflichen Schreiben des Marschalls eingetroffen. Nach Abmarsch der bisher im Lande stationirenden französischen Truppen wird er als Commandant hier im Lande bleiben. Der Marschall verspricht alle mögliche Erleichterung eintreten zu lassen, u. den Winter über beinahe gar keine Truppen in Mecklenb. zu legen. Mehr wie 2 compagnien werden es nicht seyn. Der Obriste Ducasse scheint ein sehr braver Mann zu seyn der versprochen hat alles für das Land zu thun. Diese Nachrichten haben mich recht aufgerichtet.

d. 8ten December 12.

Diesen Morgen gegen 4 Uhr ist unsere liebe verstorbene Frau von Both von Schwerin hieher gebracht und hier beerdiget worden.

d. 9ten December.

Der alte Suckow hat mir einen reuevollen Brief geschrieben und um Verzeihung gebeten. Die mag ihm denn auch gerne werden. Ich kann niemanden etwas nachtragen.

d. 10ten December.

Wir haben heute des Herzogs Geburtstag gefeiert. Er ist so gnädig gewesen meinen Oertzen zum Hofmarschall bei mir zu machen.

d. 11ten December.

Hofmarschall v. Oertzen ist nach Rostock gereiset um dort wo möglich eine wichtige Angelegenheit für mich zu reguliren.

d. 16ten December.

Nach Schwerin gereiset. Ich habe den armen Major Both zum erstenmale nach seinem Unglükke wiedergesehen. Das war sehr traurig.

d. 17ten December.

CammerSession gehalten, Nachmittags nach Llust zurückgekehret. Hier fand ich die sehr wichtige Nachricht vor daß die

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ganze fr. Armee total geschlagen, beinahe gänzlich vernichtet sey, daß der Kaiser Napoleon eiligst seine Rückreise nach Paris angetreten habe. Die Details sind so ungeheuer wie die Geschichte fast kein Beispiel liefert.

d. 18ten December. 1 )

Heute ist meines Bruders Adolph Geburtstag, welcher durch einen Ball gefeiert wird.

d. 20sten December.

Mein Oertzen ist zurückgekehrt mit neuen mir ganz annehmlichen Vorschlägen. Die Sache will aber Zeit haben zu reifen.

d. 24sten December.

Alle Tage kommen neue Details über die grossen Begebenheiten im Norden. Die Russen sind schon in Preussen.

Heute war der hl. Christabend, mithin unendliche Freude bei meinen Kindern, sogar der kleine freuete sich.

d. 25sten December.

Meiner lieben ersten Frau Geburtstag -! -! -! -

d. 27sten Dec.

Mein Oertzen ist nach Hamburg gereiset.

d. 28sten Dec.

Man bekommt immer mehr Details über die gänzliche Niederlage der Franzosen.

d. 30sten December.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist unser ganzes Contingent aufgerieben oder gefangen worden. Privatbriefe einiger officiers geben beinahe die Gewißheit davon.

Es scheint als wenn einige grosse Mächte ernstliche Maaßregeln nehmen wie dem jetzigen Zustande der Dinge ein Ende zu machen.

d. 31sten December.

Die traurige Bestätigung ist eingegangen, unser Regiment existirt nicht mehr. Nur einige officiers mit 18 Mann u. den Fahnen haben sich gerettet, alles übrige ist geblieben oder gefangen und erfroren. 2 ) Es ist mehr wie schmerzlich wenn man


1) Vom 18. - 25. ist "November" statt "December" geschrieben.
2) Bei v. Wrochem und Haevernick a. a. O. S. 86 wird die Stärke des Regiments, wie es am 21. Dezember in Königsberg einrückte, auf 15 Offiziere, 4 Unteroffiziere und 16 Mann angegeben.
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seine Landesleute so gezwungen einer fremden Sache wegen aufgeopfert siehet.

Die gütige Vorsehung schenke glücklichere Begebenheiten im neuen Jahre und gebe uns den langersehnten Frieden.

1813.

d. 1sten Januar.

Mit heissem Gebete zu Gott fange ich dies neue Jahr an, welches sehr merkwürdig zu werden scheint. Ihm will ich fest vertrauen, mein, der Meinen und meines theuren Vaterlandes Schicksal gebe ich mit kindlichem Vertrauen in seine Hände. Er erhalte und beschirme uns.

d. 2ten Januar.

Der Herzog ist heute nach Schwerin abgereiset.

d. 3ten Januar.

Meine Frau und ich sind heute dem Herzoge nach Schwerin gefolget. Unsere Kinder haben wir leider in LSlust lassen müssen, da die Masern hier in Schwerin immer noch so stark hausen.

d. 4ten Januar.

Mein Paul ist heute zu mir gekommen um die Eröffnung des Landtags mit anzusehen.

d. 5ten Januar.

Um 12 Uhr Mittags begab sich der Herzog in feierlichem Aufzuge in die Domkirche und eröffnete dort den Landtag durch eine Rede vom Thron, welche er vortreflich hielt, worauf die Propositionen 1 ) vom Minister von Brandenstein verlesen wurden u. dann von den Landmarschällen die Antwortsrede gehalten ward. Mittags war ein grosses Diner und Abends grosse Cour. Die ganze Ceremonie des Morgens war schön, passend u. rührend. Mögen die Verhandlungen zum Wohl des gemeinsamen Besten ausfallen.


1) Die Propositionen waren: 1) Bevollmächtigung besonderer Repräsentanten der Landstände zur kräftigeren, wirksameren und geschwinderen Behandlung aller Landesangelegenheiten, zu denen die Stände verfassungsmäßig concurrieren; 2) die Errichtung eines Oberapellationsgerichts; 3) die Bewilligung der ordentlichen Kontribution in ein= für allemal feststehenden Zahlungsterminen; 4) die Einrichtung und definitive Organisation des Kriminalgerichts in allen seinen Verhältnissen; 5) weitere Eintheilung des Landes nach den 6 Militär=Rekrutierungs=Distrikten in polizeilicher und administrativer Hinsicht. - Das Kriminalkolleg in Bützow war 12. Oktober 1812 installiert worden, das Oberappellationsgericht trat erst 1. Oktober 1818 in Parchim in Thätigkeit.
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d. 6ten Januar.

Die Stände haben heute eine grosse Committe erwählet, welche die propositionen in Erwägung ziehen soll. Mittags war wieder grosses Diner bei Hoff, wie nun alle Tage seyn wird. Ich nehme auch alle Abende von 8 Uhr an alle Personen an welche zu mir kommen wollen. Diesen Abend war die Gesellschaft ausserordentlich groß.

Mein Paul ist wieder nach Llust zurückgekehret.

Man hat die Nachricht daß die Franzosen in Spanien eine grosse Schlacht verlohren haben. 1 )

d. 7ten Januar.

Des Mittags diner, Abends haben wir Leute bei uns gesehen, und sind darauf nach der Mascarade gegangen.

d. 8ten Januar.

Meine Frau und ich sind nach Llust gefahren unsere Kinder zu besuchen, wir haben einen recht frohen Tag zugebracht.

d. 9ten Januar.

Zu Mittage wieder in Schwerin eingetroffen, bei Hofe gegessen, Abends Gesellschaft bei uns.

d. 10ten Januar.

Die Stimmung auf dem Landtage ist die beste und alles wird so Gott will gut und zum allgemeinen Besten sich wenden. Mittags Diner bei Hofe Abends Cour.

d. 11ten Januar.

Diner bei Hofe. Abends Thée dansant beim Strelitzischen commissario, Präsidenten von Scheven. 2 )

d. 12ten Januar.

Mittags an Hof. Abends Gesellschaft bei uns. Es sind neue Nachrichten über den immer weiteren Rückzug der Franzosen


1) Die Nachricht von einer Niederlage der Franzosen in Spanien war irrig. Vielmehr hatte Wellington, der nach seinem Siege bei Salamanca (22. Juli) Madrid besetzt hatte (12. Aug.), beim Herannahen großer französischer Heeresmassen Madrid am 30. Oktober wieder räumen müssen und sich nach Ciudad Rodrigo zurückgezogen. Bis zum Frühjahr 1813 lagen beide Heere ruhig in ihren Winterquartieren.
2) Adolf Ludwig Carl von Scheve, einer ursprünglich Lübecker Familie entstammend, wurde Kammerrath in Strelitz, 1798 Kammerdirektor und 1801 Kammerpräsident, welche Stellung er bis 1831 bekleidete. 1804 wurde er in den meklenburgischen Adel rezipiert. Mit seinem Bruder, dem Oberkonsistorialpräsidenten Adolf Friedrich von Sch. zu Berlin, besaß er das Gut Canzow bei Woldegk.
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eingegangen. Die Position an der Weichsel wird verlassen, und versucht die an der Oder zu nehmen.

d. 13ten Januar.

Kammerherr Kettenburg 1 ) hat gestern auch die Masern bekommen, und ist recht übel darann. Tafel bei Hofe, Abends Gesellschaft bei uns, nachher beim Strelitzischen commissarius.

d. 14ten Januar.

Diner bei Hofe, Gesellschaft bei uns, dann Masquarade.

d. 15ten Januar.

Bei meinem Aufstehen erfuhr ich die traurige Nachricht von dem armen Kettenburg seinem Tode, er thut mir sehr leid. Die Masern werden immer böser. Ich habe mich entschloßen meine Frau nach Llust zurückkehren zu lassen da ich nicht gewiß weis, ob sie diese schrekliche Krankheit gehabt hat. Mittags blieben wir zu Hause. Abends war zahlreiche Gesellschaft bei uns.

d. 16ten Januar.

Meine Frau ist diesen Mittag abgereiset, ich komme mir ganz verwaiset vor. Mittags diner bei Hof, Abends Gesellschaft beim Strelitzischen commissario. Oberschenk Forstner hat auch die Masern bekommen, da er schwächlich ist fürchte ich für ihn, vor wenigen Tagen verlohr er seine älteste Tochter daran.


1) Cuno Ludwig von der Kettenburg, geb. um 1775, wahrscheinlich auf dem väterlichen Gute Schwetzin (A. Neukalen), war seit 1798 Kammerherr, hatte lange in Italien, namentlich in Rom gelebt und verkehrte viel in den Kreisen der Erbprinzessin Caroline Luise. Seine Tragödien "Diego" (Berlin 1811) und "Julianus Apostata" (ebd. 1812) verrathen den Einfluß Schiller's; über den "Julianus" äußerte sich Goethe günstig (s. [Urlichs] Charlotte von Schiller und ihre Freunde I, 632 Anm.). Vergl. Goedeke: Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. 2. Aufl. Bd. VI S. 481 und die dort angeführte Litteratur. Nach seinem Tode schrieb die Erbprinzessin über ihn unterm 23. Januar 1813 an Frau von Schiller: "Kettenburg ist nun bestattet und den Elementen schon wiedergegeben und für uns nichts als sein Andenken mehr übrig, und die Werke, die seine besten Lebenstage bezeichneten. Die zeugen von ihm wie er war, manches Gute zusammengetragen, haben eine gute Tendenz und sind doch nichts Ganzes. Er war ein sonderbarer Mensch. Sein Treiben brachte in unseren Kreis ein gewisses Leben; kein Tag verging, wo er nicht etwas interessantes, anregendes sagte, er war der Einzige hier, dessen Geschäft Literatur war und keiner versteht nun das . . . Ich war wohl diejenige, mit der er hier am besten war, ohne daß irgend eine Art von Harmonie des Gemüthes mit ihm hätte stattfinden können - alles das zusammengenommen, erregt in mir eine wunderbare Stimmung von Antheil und doch schmerzenslos." S. Lily von Gizycki a. a. O. S. 95 f. Vergl. auch Aus K. L. von Knebel's Briefwechsel etc. . S. 642 f.
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d. 17ten Januar.

Mittags Diner, Abends cour bei Hofe.

d. 18ten Januar.

Den Tag in Ludwigslust bei meiner Frau u. meinen Kindern froh zugebracht.

d. 19ten Januar.

Die Verhandlungen des Landtages nahen sich ihrem Ende, alles gehet zum Besten. Eine bessere representation der Stände, eine zweckmäßige Eintheilung des Landes in polizeilicher Hinsicht, in Distrikte, die Errichtung eines Oberappellationsgerichtes, Feststellung des Criminalgerichts, sind die Hauptresultate desselben.

Diesen Abend begleitete ich den armen Kettenburg zu seiner letzten Ruhe. Carl Rantzow 1 ) ist heute von Berlin zurückgekommen wohin er gesandt war um dem Marschall Augereau 4 Wagenpferde zu bringen. Die Sendung hat einen guten Effeckt gemacht, alle mögliche Schonung ist uns zugesaget worden.

Der Rückzug der Franzosen wird immer grösser, auch die Oder werden sie verlassen und fürs erste an die Elbe gehen.

d. 20sten Januar.

Ball bei Brandenstein.

d. 21sten Januar.

Diner am Hof, Abends Gesellschaft bei mir, dann masquarade.

Die Russen waren vor einigen Tagen nur noch 18 Meilen von Berlin, die Nachricht ihres einrükkens daselbst kann wohl nicht lange mehr ausbleiben.

d. 22sten Januar.

Der Landtag ist heute geschlossen worden, mit Vergnügen und Zufriedenheit sehe ich auf selbigen zurück, da er ganz gewiß aufs neue das Band zwischen Fürst und Ständen befestiget hat. Den Mittag war diner auf dem Schlos, Abends Cour im Palais.

d. 23sten Januar.

Nachdem beim Oberjägermeister gefrühstükt worden war, fuhren wir um Mittag nach Llust zurück, wo ich die Freude hatte meine Frau und Kinder wohl zu finden.


1) Kammerherr Carl von Rantzau wurde 1811 Stallmeister, 1821 Viceoberstallmeister, war aber schon 1820 zugleich Kavalier des Erbgroßherzogs Paul Friedrich und seiner Gemahlin und fungierte von 1821 - 51 als Hofchef der Erbgroßherzogin Auguste.
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Oberhofmeister von Lützow reiset diese Nacht nach Paris ab. Den Abend bekam ich noch die traurige Nachricht von dem Ableben meines Schwagers des Prinzen Georg von Oldenburg, 1 ) welcher zu Twer an einer Brustkrankheit folge der Strapazen des letzten Feldzuges gestorben ist.

d. 24sten Januar

nichts besonderes anzumerken.

d. 25sten Januar.

Dejeuner bei Fr. v. Boeckler 2 ) wegen ihres gestrigen Geburtstages.

Der König von Preussen hat auf einige Zeit seine residenz nach Breslau verlegt. Der aus 20 Mann ohne die officiers bestehende Rest unseres Contingentes kehrt nun zurück, der Lieutnant Tarnow 3 ) brachte heute diese Nachricht. Die Beschreibung dessen, was diese Unglüklichen gelitten haben, hat mich tief gerührt und betrübt.

d. 26sten Januar.

Diesen morgen um 4 Uhr ist unser guter braver Oberschenk v. Forstner verschieden, so gehet einer nach dem anderen dahin. Er war sehr rechtschaffen, Friede u. Segen mit seiner Asche.

d. 28sten Januar.

Unerwartet hatte ich die Freude heute einen Brief von meinem Bruder Carl zu bekommen, welcher zumal jetzt doppelt interressant ist.

d. 29sten Januar.

Allerhand unangenehme discussionen mit dem französischen Commandanten in hiesigen Landen, über die eigenmächtige


1) Der Prinz war am 27. Dezember 1812 gestorben.
2) Wittwe des Leibarztes der Erbprinzessin Helene Paulowna, Johann von Boecler (geb. 1737 zu Strasburg, Professor an der Universität daselbst, dann Leibarzt des Königs von Polen, später russischer wirklicher Etatsrath, gest. zu Ludwigslust 17. März 1808).
3) Friedrich Tarnow, Sohn des Kommissionsraths Johann David Tarnow in Güstrow und jüngerer Bruder der Schriftstellerin Fanny Tarnow, trat als Fahnenjunker in das meklenburgische Militär, wurde 1797 Sekondlieutenant, 1804 Premierlieutenant, 1813 Kapitän und zum Grenadier=Garde=Bataillon versetzt, 1821 Kommandant von Bützow und 1837 mit dem Charakter als Major pensioniert. Er starb 1863 zu Lehsen bei Wittenburg.
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Rükkehr des Generals Fallois mit dem Reste des Contingentes. 1 ) Die Sache an sich ist mir auch unbegreiflich. Fallois hat sehr scharfe rescripte bekommen und soll sich rechtfertigen. Alles was zum contingent gehört u. übriges militair im Lande, ausser der garde ist zur Disposition des französischen commandanten Ducasse gestellt worden.

d. 30sten Januar

nichts besonderes vorgefallen als eine conversation über die Landtagsangelegenheit.

d. 31sten Januar.

Meines Bruders Gustav Geburtstag.

d. 1sten Februar.

Die aller interressantesten Details über den Rükzug aus Rusland erhalten. Es scheint die Russen marschieren auf Berlin. Der König und die Königl. Famielie sind nach Breslau gegangen. 2 ) Man spricht auch von Friedensnegotiationen, von Unruhen in Frankreich. Fürst Eckmühl soll in der grösten Ungnade bei seinem Herrn gefallen sein. Man versichert bestimmt daß der Fürst von Neuschatel in Posen am Lazarethfieber verstorben sey. 3 )Das sollte mir sehr Leid thun.

Nach heute erhaltenen Briefen ist mein Schwager v. Holstein auch an dieser Krankheit gestorben, welche er sich in Ausübung seiner Pflicht beim Besuch der Hospitäler gehohlt hat.

d. 2ten Februar.

Krank gewesen, den größten Theil des Tages im Bette zugebracht.


1) Die Reste des Regiments lagen zur Zeit der Jahreswende in Tiegenhof zwischen Elbing und Danzig. Am 11. Januar wurde Danzig von Kosaken eingeschlossen. Das Regiment rückte auf die Nachricht hin, daß die Russen in Dirschau stünden, bis zwei Meilen vor Danzig in das Dorf Zalense, von wo aus General von Fallois an den Gouverneur der Stadt einen Boten absandte mit der Anfrage, ob das Regiment sich an der Vertheidigung der Stadt betheiligen solle; im Falle, daß sein Befehl einträfe, würde er nach Anklam zurückmarschieren. Es kam kein Befehl, und nun wurde der Rückmarsch angetreten. Am 22. traf das Regiment in Anklam ein; von hier aus kehrte es in kleinen Abtheilungen möglichst unauffällig nach Meklenburg zurück, um nicht von den Franzosen zu ferneren Kriegsleistungen gezwungen zu werden. Die Fahnen langten am 30. Januar 1813 in Ludwigslust an. S. v. Wrochem u. Haevernick a. a. O. S. 87.
2) Der König hatte Berlin am 22. Januar verlassen und war am 25. in Breslau eingetroffen.
3) Die Nachricht war irrig. Berthier starb erst am 1. Juni 1815.
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d. 3ten Februar. 4ten Febr.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 5ten Februar.

Nach Schwerin gereiset.

d. 6ten Februar.

Morgens Kammersession gehalten, nachher nach Llust zurükgekehrt.

d. 7. 8. 9. 10ten Februar.

Nichts besonderes anzumerken als das neue Concordat zwischen dem Papst u. Kaiser Napoleon. 1 )

d. 11ten Februar.

Meines lieben kleinen Albrechts erster Geburtstag. Ich habe meinen Kindern deshalb auch heute einen Ball gegeben wo sie recht froh waren. Warschau ist am 4ten Febr. an die Russen übergegangen. 2 )

d. 12ten u. 13sten Februar.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 14ten Februar.

Ist der Kammerherr v. Baar 3 ) arretirt worden, welcher des spionirens verdächtig ist.


1) Das sog. Concordat von Fontainebleau vom 25. Januar 1813, Napoleon's zweites Concordat (das erste datiert vom 15. Juli 1801). Der Kaiser hatte dieses Concordat persönlich mit Pius VII verhandelt und abgeschlossen, wider dessen Willen am 13. Februar als Reichsgesetz publiziert und am 25. März für Frankreich und das Königreich Italien mit den erforderlichen Ausführungsrordnungen versehen. Der Papst aber hat es niemals als Concordat anerkannt, sondern stets nur für einen Präliminartraktat erklärt und auch diesen in einem Handschreiben an Napoleon und durch eine Erklärung an die damals bereits zu Fontainebleau wieder versammelten Kardinäle am 24. März zurückgenommen. Vergl. Real=Encyklopädie für protest. Theologie u. Kirche, 2. Aufl., Bd. VIII S. 159.
2) Napoleon hatte Schwarzenberg und Reynier befohlen, Warschau so lange wie möglich zu halten; da aber Schwarzenberg bereits von Wien aus angewiesen war, sich nach Galizien zurückzuziehen, so räumten die Sachsen am 2. und 3. Februar die Stadt, welche dann am 6. von Schwarzenberg an Miloradowitsch übergeben wurde. Vergl. Flathe: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. 3. Bd. S. 100.
3) Nach einem Schreiben des Preußischen Obersten Grafen Golowin, Kreisbrigadiers in Perleberg, an den Amtshauptmann Leuthe in Grabow war dieser Arrestant, der sich Pohlmann nannte, aber eigentlich von Bar hieß ein Mitglied der französischen geheimen Polizei zu Hamburg.
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d. 15ten Februar.

Mein Oertzen ist nach Rostock geschikt worden, weil der französische commandant Obrist Ducasse gewünscht hat mündlich mit jemanden über verschiedene Gegenstände zu reden die er mit hiesigem gouvernement arrangiren möchte.

d. 16ten Februar.

Kammerherr Baar dessen Papiere allerdings verdächtig waren ist heute wieder mit der Weisung entlassen worden sofort sich aus dem Lande zu entfernen.

Oesterreich u. Preussen scheinen eine respectable Stellung anzunehmen, welche endlich doch wohl den Frieden herbeiführen könnte.

d. 17ten Februar.

Nichts anzumerken.

d. 18ten Februar.

Es ist die sichere Nachricht eingegangen daß die Franzosen Berlin evacuiren und daß man die Russen in wenig Tagen dort erwartet, welche bei Schwedt ein vortheilhaftes Gefecht mit den dort anwesenden Westphelingern gehabt haben.

d. 19ten Februar.

Nach Schwerin gereiset. Oertzens Reise nach Rostock ist ziemlich unnöthig gewesen, da von nichts erheblichen die Rede gewesen ist.

d. 20sten Februar.

Kammersession gehalten, nach Llust zurückgekehrt. Die Darmstädtischen Papiere welche wir für unsere Rente auf die Rheinoctroi bekommen haben, sind für 13/m Louisdor verkauft worden. Geheimer Legationsrath Gumpelzheimer 1 ) unser chargé d'affaires in Francfurth hat dieses arrangirt. Er ist angekommen um die Genehmigung seines Handels einzuholen.


1) Christian Gotttieb Gumpelzhaimer, geb. zu Regensburg 1766, studierte in Göttingen und wurde durch Vermittlung eines Oheims, des bei der meklenburgischen Gesandtschaft beim Regensburger Reichstage angestellten Legationssekretärs Regierungsraths Christian Ludwig Becker, 1790 meklenburgischer Gesandtschaftssekretär, vertrat seinen Hof 1797 - 99 in Rastatt, wurde 1805 Legationsrath, war 1811 - 13 beim Großherzog von Frankfurt als chargé d'affaires accreditiert und erhielt 1813 den Titel eines Geheimen Legationsraths. Im Spätjahr 1813 verhandelte er mit Hardenberg, Binder und (  ...  )
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d. 21sten Februar.

Der fr. chargé d'affaires Herr Desaugier ist heute hier gewesen, ich glaube um [zu] sehen was es giebt. Ich glaube daß er daran denkt fortzugehen wenn die Russen ins Land kommen sollten.

Obrist Ducasse mit den Truppen die in Pommern und hier zu Lande sind wird abmarschieren, den Rest unseres Contingentes nimmt er mit. Ich hoffe daß er sein Versprechen halten wird dasselbe an der Gränze zu entlassen. 1 ) Auf seine Bitte ist mein Oertzen zu ihm gesandt worden, um die Truppen aus dem Lande zu führen. Nach allem was er während dieser Zeit für Mecklenburg, bei den fremden Truppen gethan hat, gönne ich ihm wohl die Freude die Letzten heraus zu convoyiren.

d. 22sten Februar.

Die Lentzner Post ist ausgeblieben, man weis nicht warum. Die Nachricht von dem würklichen Einrükken der Russen in Berlin scheint zu voreilig gewesen zu sein, am 20sten Morgens waren sie noch nicht da, aber schon rund herum. Einem Gerücht zufolge wäre der Marschall Victor von ihnen gefangen worden.

d. 23sten Februar.

Die garnison von Schwerin ist heute hier eingerükt NB die Mecklenburgische.


(  ...  ) Humboldt den Beitritt Meklenburgs zur Allianz und begleitete im Januar 1814 den Minister von Plessen in das große Hauptquartier nach Chatillon. Damit war seine diplomatische Thätigkeit beendet. Er starb zu Regensburg 17. Februar 1841, Gumpelzhaimer's beide Gattinnen waren Meklenburgerinnen: 1799 vermählte er sich mit Julie, Tochter des Pächters Haack in Rolofshagen, und nach deren 1802 erfolgtem Ableben 1805 mit ihrer Schwester Agnes die er aber auch schon 1808 durch den Tod verlor. - Von Gumpelzhaimer's zahlreichen Schriften ist die bedeutendste "Regensburg's Geschichte" (4 Bde., Regensb. 1830 - 38); auf Meklenburg beziehen sich "Evangelische Religionsgeschichte des Stifts Straßburg, mit vorzüglicher Rücksicht auf die daselbst erblich gegründeten Domherrenstellen des Herzoglichen Hauses Mecklenburg=Schwerin" (Schwerin 1794) und "Zwei Aktenstücke aus den Deputationsprotokollen vom Jahre 1803, die Herzoglich Mecklenburgischen Domherrenstellen in Straßburg betreffend, als ein Beitrag zum mecklenburgischen Staatsrechte" (Regensburg 1803). Vgl. den Nekrolog im "Freimüthigen Abendblatt" 23. Jahrg. (1841) Nr. 1180 Beil., und Bösner, "Lebensskizze des großherzogl. Meckl.=Schwerin'schen geh. Legationsraths Chr. G. Gumpelzhaimer" in den "Verhandlungen des historischen Vereines von Oberpfalz und Regensburg" 17. Bd. (1856) S. 1 - 22.
1) Am 7. März räumten die Franzosen endgültig Rostock; an demselben Tage hatte Ducasse die in Rostock versammelten Mannschaften des Regiments der Verfügung des Herzogs zurückgegeben. v. Wrochem u. Haevernick a. a. O. S. 90.
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Eben gehet die sehr wahrscheinliche Nachricht ein, daß die Russen am 20sten Vormittags von allen Seiten in Berlin eingerükt sind, die ausmarschirten Franzosen wären den Tag vorher zurückgekommen und es sey ein heftiges Gefecht in der Stadt selbst vorgefallen, bei welchem die Nationalgarde und die Bürger die partie der Russen genommen hätten. Am Nachmittage sey die Sache noch nicht entschieden gewesen. 1 )

Die Garnison v. Stralsund ist in Rostock angekommen, um mit der dortigen ihren Rückzug zu bewerkstelligen.

P. S. Der Abmarsch der Truppen ist plötzlich wieder abbestellt worden.

d. 24sten Februar.

Einige Hundert Cosaquen sind würklich am 20sten Mittags in Berlin gewesen. Die Franzosen haben in den Strassen mit Kanonen auf sie gefeuert. Das Ganze war wohl nur ein manquirter Versuch, weil man auf die Mittwürkung der Einwohner rechnete. Seitdem sind grosse Verstärkungen in Berlin angekommen, an 20/m Mann, der ganze Rest der fr. Armee.

Graf Tschitschagoff stehet mit 4000 Cosakken in der Gegend nahe herum, und erwartet täglich die Ankunft eines Corps von

75/m Mann Infanterie u. 16/m M. regulaire Cavallerie. Es wird nun wohl zu einer entscheidenden affaire kommen.

d. 25sten Februar.

Obrist Ducasse verläßt doch Rostock mit den Truppen u. gehet fürs erste nach Dömitz oder Boitzenburg auf so lange es die Umstände erlauben oder er andere Befehle bekommt.

Man behauptet Graf Tschietschagoff dessen Hauptquartier in Oranienburg ist, habe bei der parole bekannt machen lassen Danzig sey durch Capitulation an die Russen übergegangen. 2 )


1) An diesem Tage hatten sich Tschernitscheff und Tettenborn vereinigt und streiften bis an die Thore Berlins, ja sie hatten die Dreistigkeit, die Besatzung zur Uebergabe aufzufordern. Eine ausrückende Reiterabtheilung wurde von Tettenborn geworfen, seine Kosaken drängten den Fliehenden nach bis zum Alexanderplatz. Das Erscheinen der Kosaken und der Kampf in den Straßen der Stadt steigerte die Aufregung der Bewohner, es fehlte nur wenig zum offenen Aufstand, von den freiwilligen Jägern, die in der Stadt waren, schloß sich eine Anzahl den Kosaken an. Erst am Abend räumten die Russen die Stadt, deren Ausgänge nun von den Franzosen verrammelt wurden.
2) Irrig. Danzig kapitulierte nach langer Belagerung erst 17. November 1813.
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26sten Februar. Mehrere Edelleute hier aus dem Lande welche nach Berlin wollten u. nicht hingekommen sind, sind im Hauptquartier von Zernitscheff gewesen welcher sehr artig war, auch geäussert hat daß er Befehl habe Mecklenburg besonders zu schonen. Die Russische Armee scheint über die Oder gegangen zu seyn, in wenig Tagen wird wohl was entscheidendes vorfallen. 90 Cosaquen sind [in] Neustrelitz u. eben so viel in Neubrandenburg gewesen um einige Pferdelieferanten zu arretiren, welche Geld zum Ankauf von Pferden für die fr. Armee erhalten hatten. Sie wollen entweder das Geld oder die Pferde haben.

d. 27sten Februar.

50 Cosaquen sind hier im Lande in der Stadt Pentzlien gewesen, u. haben aus dem in der Gegend liegenden Hofe Lapitz Pferde weg genommen welche für die Franzosen bestimmt waren. Sie haben sich sonst gut betragen, u. haben die Gränze wieder verlassen.

in Hamburg u. Lubec 1 ) ist ein Volksaufstand gewesen wo viele coups vorgefallen, mehreren Personen hat es das Leben gekostet.

d. 28sten Febr. Ehegestern beim Ausmarsch der Fr. aus Rostock, blieb der Obrist Ducasse noch länger zurück, und ging die Strassen zu Fusse durch. Da hat ihn der Pöbel laut geneckt. Das ist unangenehm, aber des Obristen eigene Schuld, da er alle Maaßregeln um Ruhe zu erhalten verboten hatte. Der Magistrat hat die Bürgerschaft versammlet, zur Ruhe ermahnt und declarirt daß alles beim alten, mithin auch bei dem Handelsverbote bliebe. Nun ist alles ruhig.

Mein Oertzen hat sich heftig mit Ducasse broullirt der den Kopf verlohren zu haben scheint. Für alle Mühe welche mein Oertzen sich gegeben ist das ein schlechter Dank.

d. 1sten März.

Die Berliner Post ist heute ausgeblieben, am Abend aber brachte ein Bote von Lenzen die Briefe. Der Marschall Augereau ist abberufen worden und hat das Commando dem Marschall Gouvion St. Cyr übergeben. 2 ) Alle Tage giebt es affairen


1) Der Volksaufstand in Hamburg war am 24. Februar; s. die Schilderung desselben bei Rist, Lebenserinnerungen II, 160 ff. Ueber den Aufstand in Lübeck am 26. s. Hoffmann: Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck II, 143.
2) Am 25. Februar.
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mit den Cosaquen, bei einem derselben hat eine Kugel dem Vicekönig den Huth vom Kopfe genommen. Dessen Hauptquartier war am 27sten in Tempelberg, das des Marschalls in Charlottenburg. Das Wittgensteinsche corps ging bei Sesen über die Oder, 1 ) aber nur langsam, ein anderes bei Francfurt, Koutousoffs Hauptarmee durch die Ober Lausnitz nach Dresden, ein anderes corps über Crossen gleichfalls nach Sachsen.

mein Oertzen ist wiedergekommen.

d. 2ten März.

Ducasse stehet noch mit seinen Truppen in Wismar.

3ten u. 4ten März.

Alle comunication mit Berlin ist unterbrochen, man erfährt daher auch nichts von den Kriegsbegebenheiten. In Hamburg u. Lubec sind starke Unruhen ausgebrochen, welche vielen Menschen das Leben gekostet haben.

5ten März.

Nach Schwerin gereiset.

6ten März.

Cammersession gehalten, nach Llust zurückgekehrt. Abends kam eine Staffette mit der Nachricht, daß am 4ten ganz frühe die Franzosen Berlin verlassen, 2 ) u. der Vicekönig mit der ganzen noch übrigen Armee. den Weg nach Leipzig genommen habe. Die Russen welche nun über die Oder sind, sind sofort in Berlin eingerükt, wo ein grosser Jubel herscht. Die Kosakken sind der retirirenden Armee gefolgt um sie zu beunruhigen. Auf hier und Hamburg dürfte wohl in den nächsten Tagen ein Corps Russischer Cavallerie marschieren. Man sagt die Russen sind in Dresden. Das Königreich Sachsen soll wie es heißt unter Russischer administration gesetzt werden, da der König den Brief des Kaisers Alexander ganz unbeantwortet gelassen


1) Die Nachricht war verfrüht. Wittgenstein's Vorhut unter dem Generalmajor Fürsten Repnin passierte die Oder erst am 2. März bei Güstebiese. Tettenborn, der die Vorhut Tschernitscheff's führte, war allerdings schon am 16. Februar bei Zellin über die Oder gegangen.
2) Der französische Divisionsgeneral Grenier, der in Berlin befehligte, traf mit den Russen ein Uebereinkommen, demgemäß die Russen nicht vor 6 Uhr am 4. März in Berlin einziehen dürften. Vorher hatten die Franzosen die Stadt verlassen, nur ein französisches Bataillon wurde am Hallischen Thor von den Kosaken überrascht und es kam zum Kampfe.
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hat, in welchem er ihn bittet sein Land nicht zu verlassen 1 ) u. ihm alle mögliche egards verspricht. Heute heißt es soll in Polnisch Wartenberg eine Zusammenkunft des Kaisers v. Rusland u. Königs v. Preussen statt haben. 2 )

Mein Oertzen ist noch diesen Abend nach Rostock abgegangen wohin, Gott weis warum, Ducasse sich wieder mit seiner Truppe gezogen hat, um ihn wo möglich zum Abmarsch zu bewegen, das Gegentheil könnte uns viele unangenehme Begebenheiten herbeiführen.

d. 7ten März nichts vorgefallen.

d. 8ten März. Der französische chargé d'affairesDesaugier ist heute mit Fr. u. Kinder hier angekommen. Aus dem Preussischen hat man Nachrichten daß in den nächsten Tagen 1500 Mann Russischer Cavallerie nach Mecklenburg und Hamburg gehen werden.

d. 9ten März.

Desaugier kann sich zu nichts entschliessen in Betreff der partie welche er zu nehmen hat. Diesen Abend ist er ohne festen Entschluß wieder nach Schwerin gefahren. Wir werden uns wohl hüten ihm irgend einen Rath zu geben, da derselbe auf alle Fälle compromittiren würde.

Eben kommt eine Estaffette von Oertzen an welcher meldet daß General Morand mit seiner Truppe aus Stralsund, 2500 M. Infanterie u. viele reitende Artillerie diesen Abend in Rostock eintrift um sich mit Ducasse zu vereinigen u. so ihre retraite zu bewerkstelligen. Es scheint daß der Marsch auf Lübeck gehet. Unser Contingent kommt nach Schwerin und soll dort im Augenblick auf Urlaub aus einander gehen. Man will wissen daß auf der retraite von Berlin, der Marschall Gouvion St. Cyr mit 1500 Mann gefangen worden ist, daß der König v. Preussen am 16ten nach Berlin zurückkömmt 3 ) u. daß die alliance mit Rusland 4 ) nächstens bekannt gemacht werden wird.


1) Friedrich August hatte bereits am 25. Februar Dresden verlassen und sich nach Plauen begeben.
2) Eine Zusammenkunft beider Monarchen fand erst am 15. März in Breslau statt.
3) König Friedrich Wilhelm kam am 24. März nach Berlin zurück.
4) Am 28, Februar war in Kalisch das preusisch=russische Bündniß unterzeichnet worden.
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d. 10ten März.

Es scheint als wenn die cosaquen sich unseren Gränzen nähern, ich glaube es um so mehr da ich bestimmt weis daß die Russen alle Briefe aus dem Preussischen nach Mecklenburg abzusenden untersaget haben.

d. 11ten März.

Die Russen sind in Perleberg, wo nicht schon morgen, doch gewiß übermorgen gehen sie über unsere Gränze. General Morand mit den Truppen in Pommern, u. Ducasse marschieren jetzt durchs Land, über Wismar Gadebusch nach Ratzeburg, übermorgen sind sie hoffentlich durchs Land. Unser Contingent haben sie Gott sey Dank entlassen, auch unsere Canonen haben sie uns zurückgegeben. Hamburg u. Lübeck ist auch evacuirt worden. Bei Hope ist alles über die Elbe gegangen. 1 ) Das ganze Hamburger Gebiet ist in voller insurrection. In Lauenburg sind diesen Morgen 9 Uhr die Adler abgenommen worden, so wie die Douaniers fort waren.

Desaugier ist immer noch nicht einig über das was er thun soll. Das ist ein erbärmlicher Mensch.

d. 12ten März.

150 Cosaquen sind diese Nacht in Grabow eingerückt. Der Cheff major Lascareff kam diesen Morgen her dem Herzoge seine Aufwartung zu machen. Er hat sich geäussert sie wären gekommen um den Herzog zu befreien, da das Gerücht gegangen sey daß die Franzosen ihn aufheben wollten. Mir hat es recht wohl gethan die Russen wiederzusehen.

d. 13ten. Desaugier ist denn endlich gestern Nachmittag über Lübeck nach Kiel abgereiset. Mein Oertzen ist gestern Abend wiedergekommen. Die Franzosen haben ihren Marsch wieder verändert, und haben sich nach Lübeck gewandt. Ein Gerücht saget daß sie dorten capituliren wollen. Diesen Abend spät kam die Nachricht von Grabow daß der Obrist Tettenborn mit 3 Cavallerieregimentern eingerückt wäre, 2 ) daß alles dieses


1) Hamburg wurde erst am 12. März von den Franzosen geräumt. General Carra St. Cyr, der in Hamburg kommandiert hatte, gieng am 14., General Morand am 16. und 17. über die Elbe. Vgl. Rist a. a. O. S.169 f. - Das Fort Hope lag auf dem linken Elbufer bei Hamburg; es diente als Brückenkopf.
2) Tettenborn, der am 5. März zum zweiten Male in Berlin eingerückt war, hatte den Auftrag erhalten, Hamburg in Besitz zu nehmen und war an der Spitze von drei Kosakenregimentern, zwei Schwadronen Husaren, einem Kommando Dragoner und zwei reitenden Geschützen von Berlin aufgebrochen.
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morgen herkommen würde, u. Tettenborn dem Herzoge wichtige Eröffnungen zu machen habe. Major v. Both ist hingesandt worden um die Sache näher aufzuklären.

d. 14. März 13.

Diesen Morgen 10 Uhr ist der Obrist Tettenborn mit seiner Truppe hier angekommen. Er brachte einen Brief vom Grafen Wittgenstein, welcher sagte Tettenborn sey beauftraget wegen Mittgehung unseres Militairs und der Anwendung der übrigen Hülfsmittel unseres Landes zu negotiien. Man hat ihm bewiesen daß wir uns aus voller Seele und mit allen Kräften den Operationen zur Befreiung Teutschlands anschliessen würden, daß aber erst alles gehörig prepariret und aus einen festen Fuß gestellet werden müste um dieses mit Kraft u. Würde thun zu können. Minister von Plessen wird übermorgen nach Berlin zum Grafen von Wittgenstein und dann weiter ins Hauptquartier des Russischen Kaisers reisen um alles gehörig zu arrangiren 1 ) Ich werde denn auch wohl in einigen Tagen dahin folgen. Die Begebenheiten des heutigen Tages 2 ) werden entscheident für mein Vaterland auf ewige Zeiten seyn. Gott sey ferner unser Schutz und stehe uns bei. Möge Teutschland, möge unser geliebtes Mecklenburg frey werden und es bleiben.

d. 15ten März.

Die Truppen sind schon gestern Nachmittag abmarschirt. Obrist Tettenborn mit seinem Generalstab unter welchem der ausgezeichnete Major von Pfuhl 3 ) gehöret sind diesen Morgen abgereiset um nach Hamburg sich zu wenden. General Morand hat abermals seinen Marsch geändert und ist nach Möln marchiret, gottlob also nun aus unserem Lande. Ohnfehlbar


1) Plessen reiste am 16. März nach Breslau ab, um mit dem Kaiser, den er dort zu treffen hoffte, einen Allianzvertrag abzuschließen. In Berlin erfuhr er, daß der Zar demnächst Breslau verlassen und sich nach Kalisch begeben werde. Er meldete dies nach Ludwigslust und fragte an, ob er nunmehr nach Kalisch reisen solle. Der dadurch veranlaßte Aufenthalt verlängerte sich noch um einige Tage, da die Nachricht von der bevorstehenden Rückkehr des Königs nach Berlin eintraf; am 25. hatte Plessen eine Audienz beim Könige, am 26. trat er seine Reise nach Kalisch an. Der Herzog hatte sich nach Berlin zum Könige begeben wollen, unterließ es aber auf Plessen's Rath, der die Anwesenheit des Landesherrn daheim für nothwendig hielt. Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 27 ff.
2) An diesem Tage sagte sich der Herzog, als der erste der deutschen Fürsten, formell vom Rheinbunde los.
3) Vgl. oben zum 23. Juni 1812.
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aber wird er seinem Schicksahle an der Elbe nicht entgehen. Bei den Russen befand sich auch der tolle Graf Hahn 1 ) und Bassewitz v. Schabow. 2 ) Lächerlicher Eifer der zuerst von den Russen belacht wird. Unter den officieren unserer Garde herrscht auch eine alberne Stimmung. Ich hasse den unzeitigen entusiasmus u. die unreifen Ansichten. Lieutnant v. Scriba u. von Ehlert 3 ) haben den Abschied gefordert, weil sie nicht gleich in activen Dienst kämen. Er ist ihnen auf der Stelle gegeben worden, und es ist gut zwey unnütze Menschen looß zu werden.

d. 16ten März.

Minister von Plessen ist heute nach Berlin und ins Russische Hauptquartier abgereiset. Die Bagage vom Obristen Ducasse und 3 munitions Wagen sind von den Cosaquen genommen worden. Die Schweden sind auf Rügen gelandet.

d. 17ten März.

200 Mann Sachsen vom Morandschen corps sind mit Sack und Pack desertiret und in Perleberg angekommen. Morand heißt es hat sich in Mölln verschantzt.

d. 18ten nichts vorgefallen.

d. 19ten März.

Nach Schwerin gereiset. Die Franzosen sind ohne Verlust über die Elbe gekommen. Viele unserer Pferde sind leider noch bei ihnen.

d. 20sten März.

Kammersession gehalten, nach Llust zurückgekehrt. Die Russen sind in Hamburg.

d. 21sten März.

Den Morgen kam eine Staffette von Plessen aus Berlin, er ist sehr zufrieden von seiner Aufnahme bei Wittgenstein u.


1) Der Landmarschall Graf Carl von Hahn. Vgl. oben zum 23. März 1812.
2) Friedrich Ludwig Henning von Bassewitz hatte Schabow schon 1804 verkauft an den Rittmeister von Müller (s. unten zum 25. März), von dem es 1810 August Wilhelm von der Lühe kaufte.
3) von Scriba III war Sekondlieutenant im Leib=Grenadier=Regiment gewesen, 1808 im 1. Bataillon angestellt, 1809 Premierlieutenant geworden und 1810 in das Grenadier=Garde=Bataillon versetzt. - Friedrich von Elern, 1808 Sekondlieutenant im 1. Bataillon geworden, war gleichfalls 1810 in das Grenadier=Garde=Bataillon versetzt. Vgl. v. Langermann und Erlencamp u. v. Voigts=Rhetz: Geschichte des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier Regiments Nr. 89 S. 568.
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Alopeus. 1 ) Es scheint als wenn noch kein ganz durchgreifender Plan entworfen ist. Ich hoffe Plessen ist es vorbehalten zu grossen und nützlichen Dingen zu würken.

Wir haben die erste Hamburger Zeitung wieder nach alter Art gedruckt erhalten. Die Russen haben einen wahren Triumpfahl Einzug gehalten. Obrist Tettenborn ist vom Volke getragen worden. 2 )

Die Rostocker Studenten haben einen sehr wohl gesetzten bescheidenen Brief am Herzoge gesandt in welchem sie Gut u. Blut dem Staate anbieten, wenn er ihrer zu bedürfen glaubte. Sie haben eine passende Antwort erhalten. 3 )

Diesen Abend sandte Plessen eine zweite Staffette. Er ist sehr zufrieden mit seinen Unterhandlungen mit dem Grafen v. Wittgenstein, und versichert daß wir die vollste garantie für alle Zukunft, in der alliance mit Rusland finden werden.

Wir werden 1200 Mann Infanterie stellen, Ein Freycorps von Fußjägern errichten und einige Hundert Pferde an das Dörenbergische corps abgeben lassen. es werden keine besonderen Pferde verlangt.

Minister v. Plessen begiebt sich ins Russische Hauptquartier, wegen meiner Reise dahin erwarte ich noch weitere Briefe von ihm. Die Schweden sind in Pommern gelandet.

d. 22sten März

nichts vorzügliches vorgefallen.

d. 23sten März.

Diesen Vormittag kam ein courier von Berlin vom Grafen von Wittgenstein, mit einem sehr höflichen Briefe am Herzoge, welcher die Bitte enthiehlt in möglichst wenigen Tagen alles was wir disponibles an Mannschaft officiers u. Unterofficiers


1) Wittgenstein hatte mit seinem Corps 10. März Berlin besetzt. - Der russische Staatsrath Maximilian von Alopeus war vom Freiherrn von Stein, dem Vorsitzenden der Zentralkommission, zum Kommissar für die deutschen Länder nördlich der Elbe bestellt worden. Es ist derselbe Alopeus, der 1797 die Vorverhandlungen über die Vermählung des Erbprinzen mit Helene Paulowna eingeleitet und mit großem Geschick zum Abschluß geführt hatte.
2) Tettenborn's Einzug in Hamburg fand am 18. März statt. S. die Beschreibung desselben bei Varnhagen von Ense, Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens, 3. Aufl., Th. III S. 282 ff. und in Rist's Lebenserinnerungen Bd. II S. 174 ff.
3) Die Adresse der Rostocker Studenten vom 17. März und die Antwort des Herzogs vom 20. sind abgedruckt bei H. v. Boddien: Die Mecklenburgischen Freiwilligen=Jäger=Regimenter. Ludwigslust 1863. S. 3 ff.
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hätten, nach Hamburg gehen zu lassen, um das dorten erricht[et] werdende corps organisiren zu helfen. Nachmittags schrieb Obrist Tettenborn aus Hamburg dringend um ein gleiches. Die Garde wird nun wohl in wenigen Tagen abmarschieren. ein besonderes Zusammentreffen ist, daß am nehmlichen Tage wo die Russen in Hamburg einzogen, die Engländer Cuxhaven eingenommen haben.

Wegen Completirung des Militairs und Errichtung des Freicorps ist auf morgen die in Schwerin anwesende Deputation der Stände hieher berufen worden. Dieselben sind von ächtem Patriotismus beseelet. Heute ist auch der Befehl zur völligen Oeffnung unserer Häfen vom Herzoge gegeben worden. 1 )

d. 24sten März.

Der junge Lützow 2 ) ist heute zu seinem Vater nach Paris geschikt worden um ihn von dem hier vorgefallenen zu benachrichtigen. In dem ihm mitgegebenen Briefe heißt es nur, daß da seine Frau sehr krank sey, so erhalte er die Erlaubniß gleich abreisen zu dürfen. Der arme Lützow könnte sonst in großen Verlegenheiten in Paris gerathen.

d. 25sten März.

Die Deputation der Stände war gestern hier um sich mit ihr definitive über die organisation des Aufgebotes zu bereden. Alles ist vom besten Geiste beseelet. Die behufige proclamation habe ich gemacht 3 ) u. man hat sie aprobiret. Minister Brandenstein und die Deputation sind diesen morgen nach Schwerin zurückkgekehrt. Kurz darauf langten Depeschen von Plesssen an, welcher noch aus Berlin schreibt, daß er auch wünscht daß die Hälfte des Frycorps aus Cavallerie bestehen


1) Kabinetsverfügung an die Kommandanten zu Rostock und Wismar, wodurch alle gegen den Seehandel bis dahin bestandenen Verordnungen und Einrichtungen aufgehoben werden, mit der Bekanntmachung: daß nunmehr der Seehandel mit allen Nationen, außer denen, mit welchen Rußland in Krieg begriffen ist, frei sein soll.
2) Ludwig von Lützow, geb. 25. Juli 1793, studierte in Göttingen und Berlin, machte die Befreiungskriege beim preußischen Gardedragonerregiment mit, trat 1817 in den meklenburgischen Staatsdienst, wurde nach Plessen's Tode 1837 zweiter und 1838 bei Krüger's Abgang erster Minister. Die Annahme des Schiedsgerichts seitens des Großherzogs Friedrich Franz II bewog Lützow und seine Kollegen Ostern 1850 zum Rücktritt. Er starb auf seinem Gute Boddin (A. Gnoien) 13. Mai 1872.
3) Abgedruckt u. A. bei H. Francke: Mecklenburgs Noth und Kampf vor und in dem Befreiungskriege. Wismar 1835. S. 141 ff.
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soll, indem die Strelitzer 4 esquadron angeboten haben. Graf Sacken 1 ) wird unser Freycorps mit dem Rittmeister Müller 2 ) commandiren. Ersterer hat schon einen Contrakt über 500 guter französischer Gewehre in Berlin für unsere Infanterie abgeschlossen. Bald darauf langte auch der Major Lachekareff als courier vom Obristen Tettenborn aus Hamburg an, um den Abgang der Garde zu beschleunigen. Die gehet morgen früh auf Wägen ab, weil die Operationen jenseits der Elbe beginnen sollen. Tettenborn verspricht in kurzen 1000 gute Gewehre für unsere infanterie zu liefern. Das ist sehr angenehm.

So wie Plessen schreibt stehet in diesen Tagen eine Schlacht in der Gegend von Leipzig zu erwarten. Die Franzosen sind 50 000 Mann stark. Von der einen Seite werden die Russen von Dresden aus angreifen u. von Wittenberg aus die Russen und Preussen. Gott gebe seinen Segen zum Siege.

d. 26sten März.

Es gingen diesen morgen allerhand beunruhigende Gerüchte über eine Anzahl Franzosen die in Lentzen angekommen seyn sollten, und mit der dortigen Fähre sich nach Dömitz zu begeben droheten. Es hat sich späterhin dahin aufgekläret, daß das 80 gensdarmen wären welche über die Elbe wollten aber von den Lentzner Bürgern zurückgejaget worden sind. In Dömitz hat der Commandant 3 ) noch ehe er von hier aus Befehl erhalten konnte, sehr gute Anstalten zur Vertheidigung getroffen, Brükken abwerfen lassen, die Bürger aufgeboten u. s. w. Von Seiten des Amtes, 4 ) sind die Dorfschaften aufgeboten worden und haben längst dem Ufer die Elbe besetzt, mit Stangen u. Heugabeln bewafnet.


1) F. L. Graf von der Osten=Sacken auf Bellin (A. Goldberg), geb. 1780 zu Clausdorf im Preußischen, diente im preußischen Regiment Hohenlohe als Leutnant und erhielt als solcher 1800 den Abschied. Seit 1801 war er vermählt mit Amalie Gräfin von Hoym, geschiedenen Fürstin Hohenlohe=Ingelfingen, der Frau seines ehemaligen Regimentsinhabers. Schon am 12. März hatte er sich in einem Briefe an den Minister von Plessen "als der erste Freiwillige" gemeldet. Er starb 2. Februar 1861. Daß er 1800 von Preußen das Grafendiplom erhalten habe, ist unbeglaubigt; als Leutnant erscheint er ohne Grafentitel.
2) von Müller, geb. 1768 zu Gartow (bei Sonnenburg in der Mark), diente in dem preusischen Husaren=Regiment von Usedom, wurde 1801 als charakterisierter Rittmeister verabschiedet, kaufte nach einander Gramzow, Schabow, Striggow, wurde 1810 in den meklenburgischen Adel rezipiert, war dann Spielpächter in Doberan; unterm 23. März hatte er dem Herzog seine Dienste "bei der etwanigen Errichtung eines Regiments Kavallerie" angetragen. Sein Patent als Oberst erhielt er unterm 6. April. Er starb 19. Januar 1824 zu Bützow.
3) Oberst von Roeder.
4) Erster Beamter war der Oberamtmann Friedrich Anastasius Ratich.
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Graf Sakken u. Rittmeister Müller waren heute hier, sie sollen das Jägercorps organisiren.

Den Abend gab die ganze hiesige Gesellschaft dem morgen abmarschierenden Officiercorps der Garde einen sehr hübschen Ball im SchweizerHause.

d. 27sten März.

Diesen Morgeh 6 Uhr marschierte die Garde aus nach Hambourg. Major Both hiehlt eine kurze sehr passende Anrede an die Truppen. Sie marschieren mit grossem Jubel ab. Meine innigsten Wünsche begleiten sie.

Kurz darauf kamen Depeschen von Plessen an mit welchen ich nach Schwerin reisete um mit Minister Brandenstein und der Landesdeputation darüber zu conferiren. Es ist abgemacht worden daß wenn gleich wir die Hälfte des jägercorps beritten machen wir dennoch in 14 Tagen 300 Pferde zum Dörenbergischen corps senden werden so wie es Graf Wittgenstein gewünscht hat. Ein Landsturm an den Ufern der Elbe wird auch organisirt. Oberstallmeister von Bulow wird ihn leiten. Die proclamation zur Stellung zur infanterie u. dem jägercorps ist erlassen. 1 ) Ich habe sie verfertiget.

Am Abend bin ich nach Llust zurückgekehret.

d. 28sten März.

Major Both hat heute aus Boitzenburg berichtet, daß er gestern Abend dort einen Adjutanten vom Obristen Tettenborn mit der ordre vorgefunden hat den Marsch nach Hamburg so zu beschleunigen, daß die Garde schon heute morgen dort wäre. Das Morandsche corps marschiert wieder auf Bremen, dies wird wohl die Veranlassung dazu seyn. Tettenborn schreibt mir, daß er einem glücklichen resultate entgegen sähe, indem ein allgemeiner Angriff der cosaquen und von 10 000 Mann bewaffneter Bauern befohlen sey.

Oberstallmeister von Bülow ist heute nach Boitzenburg abgereiset um von dort bis Lenzen den Landsturm an der Gränze zu organisiren.

Meinen Oertzen habe ich nach Plüschow geschickt, um in meinen Gütern die proclamation gemeinkundig zu machen, u. so viel Mannschaft wie möglich nach Rostock zu senden. Ich lasse meinen Leuten versprechen die davon Blessirten zu versorgen,


1) Der Aufruf zur Formation eines Jägerregiments zu Fuß und eines Jägerregiments zu Pferde datiert vom 27. März. Abgedruckt bei v. Boddien a. a. O. S. 9 ff. und bei Francke: Mecklenburgs Noth und Kampf S. 149 ff.
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u. die Witwen und Kinder derjenigen die bleiben würden gleichfalls zu versorgen.

In Rostock ist ein unglaublicher Jubel über die Oeffnung der Häven gewesen. Am Tage wo der Befehl dazu ankam ist die Stadt illuminiret worden.

Ich habe am Minister Rosenkranz nach Copenhagen geschrieben um unsere Schiffer für die dänischen Kaper zu sichern.

d. 29sten März.

Lieutnant Dutrossel von der Garde ist heute als courier von Hamburg zum Grafen Wittgenstein hier durchgegangen. Er hat uns gesagt daß unsere Truppen mit grosser Freude in Hamburg empfangen worden sind. Obrist von Tettenborn hat dem officierscorps ein grosses diner gegeben. Das Morandsche und St. Cyrsche corps haben sich jenseits der Elbe vereiniget, und irren umher, da sie ohne Unterlaß von den cosaquen u. den armirten Bauern verfolgt werden. Letztere haben die Bremerleher Schanze eingenommen. Die Sachsen von diesem corps desertiren alle.

Die erlassene proclamation hat schon grossen Effeckt gemacht, es haben sich bereits eine Menge Menschen hier und in Schwerin gemeldet. Der Enthousiasmus ist allgemein. Es gehen auch schon ansehnliche Beiträge an Geld ein. Ich bin recht stolz auf meine Landsleute. Mein Rantzow gehet auch mit.

Graf Rittberg 1 ) hat einige Hundert von den Pferden welche die Franzosen mitgenommen hatten wiedergebracht, ein grosser Theil war verlohren, verkauft, die übrig gebliebenen haben theuer erkauft werden müssen, bis Bremen hatte man sie mitgeschleppt. Alle gewöhnliche infamien haben die Franzosen bei dieser Gelegenheit begangen.

d. 30sten März.

Heute hatte ich die Freude den Lieutnant Kohlen Adjutanten meines Bruders Carls ankommen zu sehen welcher die frohe Nachricht brachte daß derselbe übermorgen ankommen wird indem er vom Kaiser von Rusland den ehrenvollen Auftrag hat unsere Truppen hier zu organisiren. Ich freue mich ausserordentlich darüber.

d. 31sten März.

Meiner lieben Tochter Marie 10ter Geburtstag.


1) Wilhelm Ferdinand Graf von Rittberg, geb. 1765, vermählte sich, nachdem er im schwedischen Kriegsdienst gestanden, 1794 mit Sophie von Güldener und kaufte von seinem Schwiegervater Warbelow (A. Gnoien), wurde 1804 in den meklenburgischen Adel rezipiert, machte 1810 Concurs, erbte später von seiner Frau Fresendorf (A. Güstrow) und starb 1822.
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Das Fest ward recht erhöhet da diesen morgen um 8 Uhr mein Bruder Carl ganz unvermuthet ankam. Worte beschreiben nicht unsere wechselseitige Freude. Es waren gerade 10 Jahre daß er nicht hier gewesen war. Abends war der ganze Ort illuminiret.

Die Einschreibungen zu den verschiedenen corps, gehen einen raschen Gang, grosse Geldbeiträge werden eingesandt. Es ist eine Freude wie die Mecklenburger sich benehmen.

d. 1sten Aprill.

Carl welcher vom Kaiser das Commando unserer Truppen erhalten hat, hat heute einen adjutanten nach Hamburg gesandt um es dem General Tettenborn zu melden, u. befohlen daß einstweilen die Garde bis zur beendigten organisation der ganzen Brigade zur garnison in Hamburg bleiben sollte. Dies ist in jedem Fall sehr glücklich für unser militair daß es nicht in einzelnen Theilen verbraucht wird.

Minister Brandenstein, Landrath Oertzen v. Kittendorff, 1 ) Rittmeister Müller u. Graf Sacken, welche die beiden corps Jäger zu Pferde und zu Fuß commandiren werden sind hier. Sie sind alle über Carls vortrefliches vernünftiges Benehmen hoch erfreuet. Eine Abtheilung des Dorenbergischen corps hat auf der Elbe bei Dömitz mit Korn beladene Fahrzeuge weggenommen u. zwey Dorfschaften an unserem Ufer geplündert. Carl hat einen adjutanten mit Cosaquen hingesandt um die Thäter herzuholen.

d. 2ten Aprill.

Die Nachricht wegen der Plünderung einiger vom Dörenbergischen corps ist falsch gewesen.

d. 3ten Aprill.

Heute ist die sehr glückliche Nachricht eingegangen daß Morand bei Luneburg total geschlagen worden ist. 2 ) 2000 Ge=


1) Gustav Diederich von Oertzen auf Kittendorf, geb. 1772, schon 1792 Landrath, seit 1795 Kammerherr, 1802 - 18 auch Assessor am Hof =und Landgericht in Güstrow, gest. zu Kittendorf 5. Juli 1838. Biographisches über diesen bedeutenden Mann, der auch schriftstellerisch thätig war - er verfaßte "Einige Vorschläge zur Abschaffung der Bettelei im Mecklenburg=Schwerinschen." Neustrelitz 1796 - s. bei Saß a. a. O. VI S. 195 ff. und bei J. v. Maltzan: Einige gute Mecklenburgische Männer S. 178 ff.
2) Morand hatte am 1. April Lüneburg besetzt und für den folgenden Tag der Stadt ein Strafgericht angedroht; an diesem 2. April aber nahm Dörnberg, mit Beukendorf's Detachement vereinigt und durch preußische (  ...  )
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fangene sind gemacht und nicht 1 Mann übrig geblieben welcher die Nachricht davon nach Frankreich bringen kann. General Morand ist selbst gefangen nachdem er zweymahl stark blessirt worden ist. Diese Begebenheit ist äusserst glücklich für unsere Gegenden.

Die verwitwete Herzoginn von Braunschweig ist in London gestorben. 1 )

d. 4ten Aprill.

Heute waren viele Menschen hier von Schwerin. Abends Ball. In Wismar hat der Dänische Consul 2 ) officiel bekannt machen lassen daß von Dänischer Seite die Schiffarth völlig frey sey. Man sagt auch daß ein bedeutendes corps Dänen zu den Russen stoßen wird. Ein Schwedischer adjutant war gestern hier um den Durchmarsch von 20 - 30 000 Schweden anzuhalten welche alles baar bezahlen werden. Die guten Nachrichten folgen eine auf die andere. Gott gebe sein Gedeihen.

Der Ball endigte nicht sehr erfreulich, indem ein Detaschement Russischer Husaren ankam welches auf morgen die Ankunft der Leiche des Majors Grafen Mussin Puschkin meldete welcher in der glänzenden affaire von Luneburg blessirt und heute in Boitzenburg gestorben war. Die Leiche soll hier nach den Gebräuchen der Russischen Kirche begraben werden.

Das Dörenbergische u. Czernitscheffsche Corps ist wieder über die Elbe zurück in hiesige Lande gegangen, da der Marchall Victor Duc de Belluno mit 16 000 Mann von Magdeburg in Anzug ist.

d. 5ten Aprill.

Die Leiche ist diesen Morgen gegen 8 Uhr angekommen und in meiner griechischen Capelle 3 ) niedergesetzt worden. Der Bruder des verstorbenen, Obrist u. Kammerherr begleitete den Leichnam. Seine Trauer ist unbeschreiblich. Der Gebliebene soll ein Mann von seltenen Verdiensten gewesen seyn. Marschall Victor ist vermuthlich abgeschnitten indem bei Dessau u. Wittenberg die Franzosen geschlagen worden sind, u. York oder Wittgenstein


(  ...  ) Truppen verstärkt, die Stadt mit stürmender Hand. Es war der erste ernstere Zusammenstoß, der den großen Krieg eröffnete.
1) Friederike, Prinzessin von Nassau=Oranien, 1790 vermählt mit dem Erbprinzen Carl Georg August, Wittwe seit 1806.
2) Dänischer Vize=Konsul in Wismar war Johann Rose.
3) In dem zur Ruhestätte der Erbprinzessin Helene Paulowna bestimmten, 1804 begonnenen, 1808 vollendeten Mausoleum.
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ihm auf dem Fusse folgen. in wenigen Tagen wird sein Schicksahl wohl entschieden sein.

General Morand ist an seinen Wunden in Boitzenburg gestorben und dort begraben worden. Sämmtliche Gefangene sind diesen Abend in Grabow angekommen, von da sie ihren Weg weiter fortsetzen.

d. 6ten Aprill.

Diesen Morgen ist der Major Mussin Puschkin in meinem Garten nahe an der griechischen Capelle beerdiget worden. Die Ceremonie war äusserst angreifend und rührend, der Schmerz des unglücklichen Bruders war gränzenlos u. hat mich tief erschüttert.

Nachmittags bin ich nach Schwerin gereiset.

d. 7ten Aprill.

Morgens Cammersession gehalten. Mittags nach Llust zurückgekehrt.

Es ist nicht der Marchal Victor sondern der Marschall Prinz von Eckmühl welcher mit 14000 Mann in und um Luneburg stehet.

d. 8ten Aprill.

Russische commissairs haben sich in Grabow eingefunden und allerhand requisitions gemacht. H. M. Oertzen ist deshalb nach Dömitz zum General Czernischeff gesandt worden, welcher dieses abzustellen versprochen hat.

d. 9ten Aprill.

General Czernischeff hat seinen Adjutanten den Kammerherrn v. Botticher den ich diesen Sommer in Eger sah hergesandt um den Herzog zu complimentiren.

d. 10ten Aprill.

General Czernischeff ist diesen Mittag selbst gekommen. ich habe mich sehr gefreuet ihn wiederzusehen. Er hat die angenehme Nachricht mitgebracht daß das yorksche und borstelsche Corps die Franzosen bei Möckern geschlagen haben, 1 ) die Franzosen haben 3000 Mann verlohren. General Grenier u. ein Westphelischer General sind schwehr verwundet worden. Marschall Eckmühl ist auf der retraite nach Magdeburg. Er hat den General Monbrun mit 4000 Mann in Luneburg gelassen, den aber die Cosaquen wohl viel Abbruch thun werden.

Czernischeff verlegt sein Hauptquartier morgen nach Lenzen.


1) Am 5. April.
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11ten April.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 12ten Aprill. Eben so.

d. 13ten April.

Minister v. Plessen ist gestern Nacht von Kalisch wiedergekommen, wo er sehr gut aufgenommen worden ist, man ist dort mit uns zufrieden, man hat ihm neue propositionen mit gegeben, auf welchen ich die Antwort nach Dresden bringen werde, sobald der Kaiser mir von da aus die Erlaubniß zu ihm zu kommen ertheilt haben wird. Alle Teutsche Fürsten werden beitreten, selbst Baiern u. Würtenberg haben sich schon unter der Hand erkläret. An das mitgehen Oestereichs ist auch kein Zweifel mehr.

Mein Bruder Carl ist auch heute von Hamburg zurück gekommen. Unsere Truppen wird er nun nicht commandiren da der Kaiser am Herzoge geschrieben hat, daß der General Graf Wallmoden alle Nordteutsche Truppen commandiren wird. 1 )

d. 14ten April. Die Russen sind nun alle wieder über die Elbe.

d. 15ten April.

Mit meiner Frau u. meinem Bruder Carl war ich heute zum heiligen Abendmale.

Der Minister von Rosenkrantz hat mir in Auftrag des Königs von Dännemark einen sehr freundschaftlichen Brief geschrieben in welchem der König mir wissen läßt daß der Kronprinz von Schweden um in den Besitz des Königreichs Norwegen zu kommen, dem Könige von Dannemark in seinem und seiner alliirten Nahmen Entschädigungen in Teutschland angeboten habe, daß er aufs neue dem Dänischen chargé d'affaires in Stockholm mündlich eröffnet habe, wie es gar keine Schwierigkeiten finden würde die Herzöge von Mecklenburg so reichlich zu entschädigen, daß sie gerne ihr Land an Danemarc abtreten würden. Ausser einer Menge freundlicher Dinge für mich u. die meinigen läßt mir der König seinen Abscheu dagegen wissen über die Völker wie über die Heerden zu disponiren, u. wie er nie darinn willigen würde. wie natürlich habe ich sehr für diese comunication gedankt, u. erklärt daß auch unserer Seits der=


1) S. den Brief des Kaisers, Alexander bei v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 30.
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gleichen nie gutwillig zugegeben werde würde, indem keine Entschädigung in der Welt oder kein Vortheil selbst irgend jemanden von uns bewegen würde unser väterliches Erbtheil u. unser geliebtes Volk zu verlassen, u. wie wir dieses bei jeder Gelegenheit laut u. öffentlich erklären würden. 1 )

d. 16ten April.

Dem Erbprinzen von Strelitz habe ich heute von dem Briefe des Ministers von Rosenkrantz u. meiner Antwort Nachricht gegeben.

Es ist mir gelungen es so weit zu bringen daß 150 Pferde von den 300 welche für das dörenbergische corps bestimmt waren für das hier errichtet werdende Cavallerieregiment verwandt werden. Stallmeister von Rantzow hat selbige heute von Schwerin nach Güstrow abgeholet. Der General Graf Wallmoden hat auf seiner Durchreise durch Dömitz sich schriftlich bei uns gemeldet daß er das commando aller Truppen an der Elbe u. der alliirten bekommen habe.


1) Abgesehen davon, daß schon mehrmals mächtige Fürsten ohne Rücksicht auf die Herzoge über Meklenburg zu Gunsten Preußens verfügt hatten - Peter III von Rußland hatte es Friedrich II angeboten, ebenso Maria Thresia in den Konferenzen zu Braunau im August 1778 für den Fall, daß Preußen ihrem auf bayerisches Gebiet gerichteten Vergrößerungsplane nicht hinderlich sein würde; in Tilsit war Napoleon erbötig, dem König Friedrich Wilhelm III als Entschädigung für die abgenommenen Provinzen das Herzogthum Meklenburg=Schwerin zu geben ("C'est tout ce qu'il Vous faut"), was aber der König rundweg ablehnte - war wiederholt der Plan aufgetaucht, die Herzoge für die Einverleibung Meklenburgs in Preußen durch andere Gebiete zu entschädigen. Man wollte in Schwerin wissen, daß in den geheimen Artikeln der zwischen Preußen und Frankreich am 5. August 1796 abgeschlossenen Konvention der Plan Aufnahme gefunden hatte, den Herzogen für das abzutretende Meklenburg die 1791 an Preußen gefallenen Fürstenthümer Ansbach und Bayreuth zu überweisen. Bei den Verhandlungen, die dem Reichsdeputationshauptschluß vorangiengen, hatte im Dezember 1801 Talleyrand vorgeschlagen, Preußen solle sich mit Meklenburg entschädigen und den beiden Herzogen Münster, die Grafschaft Mark und Cleve als Abfindung gewähren. (Nach Ulmann: Russisch=Preußische Politik unter Alexander I und Friedrich Wilhelm III bis 1806. Leipzig 1899. S. 29 war dabei für Frankreich der Wunsch maßgebend, "direkten Kontakt zwischen sich und Preußen sowie diesem und der holländischen Republik zu vermeiden.") Das darüber wenig erfreute preußische Ministerium schlug die Auskunft vor, in erster Linie den meklenburgischen Fürsten die Sache offen mitzutheilen und nach deren Antwort weitere Entschließungen zu fassen. Ueber die meklenburgische Antwort heißt es in einer Depesche des preußischen Ministeriums vom 11. Januar 1802: "Elle est absolument et décidément négative et les deux princes y déclarent unanimement que dans aucun cas possible ils ne se résoudroient à l'abandon de leurs états." Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe I, 81. II, 294. 303. Häusser: Deutsche Geschichte, 3. Aufl., II, 374.
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d. 17ten April.

Da mein Bruder Adolph auch wünscht mit ins Feld zu gehen so hat der Herzog den Graf Walmoden gebeten welcher auch unsere Truppen unter seinem commando bekömmt, daß er ihn als volontair zu sich nehmen möge. 1 ) Adolph ist deshalb diesen Abend nach Hamburg gereiset.

d. 18ten. 19ten April.

Nichts besonderes anzumerken.

d. 20sten April.

Mit meiner Frau u. meinen Bruder Carl nach Schwerin gereiset. Abends Gesellschaft bei mir. Carl ist hier mit unglaublichem Jubel empfangen worden. Die Stadt war den Abend illuminirt. Täglich höret man neue Beweise des rührenden patriotismus der Mecklenburger. Mein Bruder Adolph ist diesen Morgen von Hamburg sehr zufrieden zurück gekommen. Der General Wallmoden hat ihn in seiner Suite genommen und ist sehr artig gegen ihn gewesen. In einigen Tagen wird er zu seiner neuen Bestimmung abgehen.

d. 21sten April.

Morgens Cammersession gehalten. Mittags speisete die Landesdeputation bei mir, mit welcher anjetzt die Beiträge zum Kriege u. die weiteren Unterhandlungen in Dresden reguliret werden.

Abends Ball beim Minister von Brandenstein.

d. 22sten April.

Gegen Mittag sind wir wieder nach Ludwigslust zurückgekehrt. Ich habe die Freude gehabt daß nachdem ich in den beiden Osterfeiertagen von der Kanzel meine Gutsunterthanen nochmals habe ermahnen lassen sich doch dem Dienst des Vaterlandes zu widmen, 19 derselben sich freiwillig gemeldet haben. 18 sind zum Regimente gegangen, einer wünschte unter die Fußjäger zu gehen. ich habe ihn equipiren lassen.

Diesen Abend nach Tische ist mein Bruder Adolph zur armée abgegangen. Möge Gott ihn segnen und beschützen.

d. 23sten April.

Heute ist ein Schwedischer officier hier gewesen, welcher einen Brief vom General v. Sandels brachte, welcher den nahen


1) Prinz Adolf gehörte als Generalmajor dem meklenburgischen Militär an.
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Durchmarsch von 18000 Schweden anzeigte. Lieutnant v. Both 1 ) ist als courier von Hamburg gekommen und hat Briefe vom General Wallmoden gebracht. Er schreibt sehr artig über Adolph seine Anstellung. Zugleicher Zeit wünscht er, daß das corps cavallerie nicht über 300 Mann vermehrt werden möge, dagegen aber die Infanterie vermehrt werde. Dies soll nun auch geschehen. 2 ) Das corps Jäger zu Fuß hat den Befehl erhalten von Güstrow nach Parchim zu gehen um sich dort völlig zu organisiren. Vielleicht kömmt es nächstens nach Dömitz u. Boitzenburg.

d. 24sten April.

Heute ist die Nachricht eingegangen daß der Obrist v. Benkendorff den General St. Cyr bei Bremen geschlagen, 200 Mann getötet, 100 Gefangene u. die Bagage des Generals St. Cyr genommen hat 3 ) Danzig soll sich ergeben haben, dies bedarf aber noch Bestätigung.

d. 25sten April

nichts anzumerken.

d. 26sten April.

Nicht Danzig sondern Thorn hat sich den Russen ergeben. General Czernischeff ist mit einem Theile seines corps wieder über die Elbe bei Boitzenburg zurückgegangen, weil der Marschall Davoust vorwärts gegangen ist, indem er durch einen Theil des Wittgensteinschen corps gedrängt wird. Czernicheff wird ungesäumt wieder bei Dömitz über die Elbe gehen um ihn in der Flanke zu fallen.

Mein Bruder Gustav hat nun Neapel verlassen und gehet nach Wien, von da wahrscheinlich hieher.

d. 27sten Aprill.

Von verschiedenen Seiten ist heute die Nachricht eingegangen daß Marschall Davoust stärker gegen Lüneburg vordringt, vielleicht die Absicht hat über die Elbe zu gehen. Um hierüber Auf=


1) Carl Julius von Both, früher in preußischen Diensten, 1808 Sekondlieutenant im 2. Bataillon, 1810 in das Grenadier=Garde=Bataillon versetzt, 1834 Major im 1. Musketier Bataillon, 1840 Kommandeur des Grenadier=Garde=Bataillons, 1845 Kommandant von Ludwigslust, gest. 1857.
2) Dagegen traten aber die ständischen Bevollmächtigten mit großer Entschiedenheit und mit Erfolg für die Aufrechterhaltung des mit ihnen entworfenen Planes ein. S. v. Boddien a. a. O. S. 30 f.
3) Die Nachricht von einem Siege Benckendorf's über Carra St. Cyr war irrig.
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klärung zu haben u. um auf jeden Fall vorbereitet zu seyn, habe ich diesen Abend meinen Oertzen zum General Czernicheff gesandt.

Mein Bruder Carl ist diesen Abend nach Strelitz, Güstrow u. Rostock gereiset.

d. 28sten Aprill.

Major Both ist heute morgen von Hamburg gekommen. Graf Walmoden hat ihn geschickt um zu bitten 2 compagnien Jäger und eine Schwadron Cavallerie nach Dömitz zu senden im Fall irgend eine Streifpartie den übergang versuchen wollte. Sämmtliche Russische u. alliirte corps sind wieder diesseits der Elbe. Davoust stehet mit beinahe 20 000 Mann im Hanövrischen, Bremenschen u. s. w. Nach den bei sich gehabten Depeschen eines aufgefangenen Officiers seines Generalstabes denkt er nicht daran über die Elbe zu gehen.

Spandau hat sich ergeben, Zamosk u. Modelin in Pohlen gleichfalls. Die Polnischen Truppen haben eine convention mit den Oestereichern geschlossen, nach welchem sie die Waffen ablegen und nach Brunn gebracht werden um dort das weitere bis zum Frieden abzuwarten.

Gustav hat Neapel verlassen und gehet nach Wien, ich denke er wird nun wohl bei einer oder der anderen Armée als Volontair dienen.

d. 29sten April.

Mein Oertzen hat mir diesen Morgen eine sehr artige Antwort von General Czernitcheff gebracht welcher mich versichert daß nichts zu befürchten ist, daß er ein regiment cosaquen nach Dömitz sendet um einem etwanigen Uebergang einer Streifparthei zu wehren, daß im Nothfall er mit seinem ganzen corps kommen würde, daß alle Posten angewiesen worden mir unmittelbar anzuzeigen was etwa vorfiele.

Obrist v. Müller u. Obrist Graf Sacken sind heute hier um die Befehle wegen ihrer corps zu empfangen. Die Cavallerie gehet nach Parchim, die Infanterie nach Grabow, die gestern gedachten Detaschements nach Dömitz.

d. 30sten April.

Heute ist die angenehme Nachricht eingegangen daß die Schweden in den nächsten Tagen bestimmt kommen u. der Kron=

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prinz gleichfalls am 3ten oder 4ten May in Stralsund eintrift. Geheimerath Bulow 1 ) wird hingesandt ihn zu becomplimentiren.

d. 1sten May.

Nach Schwerin gereiset um den Geheimerath v. Bulow nach Stralsund zu senden. Abends wieder zurückgekommen.

d. 2ten May.

Der Russische Obrist Herr v. Kruse u. mehrere Kosakken officiers sind heute von Dömitz aus hier gewesen. Ihnen zu Ehren ist den Abend getanzt worden.

d. 3ten May.

Nachrichten aus Dresden zufolge ist das Russische Hauptquartier weiter vor nach Zeitz verleget worden. Es stehet nun wohl täglich eine Schlacht zu erwarten. Die Alliance zwischen Oestereich und Rusland ist geschlossen, so wie die zwischen Oestereich u. Engeland. Der König v. Sachsen ist in Prag, man hoft daß er in wenigen Tagen in Dresden zurückkommen wird, und mit für die gute Sache fechten wird. Mit Oestreich soll er schon eine Allianz geschloßen haben. 2 )

Diesen Abend ist hier ein Courier nach Dresden an den Minister von Stein abgesandt worden.

d. 4ten May.

Heute morgen kam eine Compagnie unserer Jäger zu Fuß hier an, welcher hier ein dejeuner im goldenen Saale gegeben ward und dann ihren Marsch nach Dömitz fortsetzte. Herrliche junge Leute vom besten Geist beseelet. Es war mir ein rührender u. erfreulicher Anblick. Auch eine compagnie Jäger zu Pferde rükte ein welche bis auf weiter hier bleibt.

Den Abend kam ganz unerwartet mein Bruder Adolph hier an, welcher noch diese Nacht wieder zum General Wallmoden nach Dömitz gehet. Er brachte einen ziemlich unzufriedenen Brief von Walmoden mit über die Langsamkeit unserer Rüstungen, worinn ich ihm nicht unrecht gebe. Er verlangt daß alles unser Militair nach Dömitz und Boitzenburg gehen soll. Dies wird nun geschehen.


1) Bernhard Joachim von Bülow auf Düssin, geb. 1747, rückte im Hofdienst bis zum Oberhofmarschall auf, gest. 1826.
2) König Friedrich August war am 20. April durch einen geheimen Vertrag zu Oesterreich und der Politik der bewaffneten Vermittlung übergetreten.
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Für mich persönlich war der heutige Tag sehr merkwürdig. Ein sehr unangenehmer Vorfall hat mich tief betrübt.

d. 5ten May.

Graf Walmoden hat heute geschrieben um nähere instructionen wegen der dislocation unserer Truppen zu geben. Das Regiment soll nach Wittenburg u. dort enge cantonnements beziehen. Eine compagnie Jäger soll nach Neuhaus. Die compagnie zu Pferde welche hier ist soll gleichfalls morgen nach Dömitz gehen.

Da Davoust nach Halberstadt zu gehen scheint um entweder sich Magdeburg zu näheren, so wird das Czernicheffsche u. Dörenbergische corps über die Elbe gehen um ihm im Rükken zu agiren.

GhRath Bulow hat aus Stralsund geschrieben daß der Kronprinz erst am 6ten oder 7ten dort ankommen wird, vielleicht noch später da er gewisser Angelegenheiten wegen erst noch nach Gothenburg gegangen sey. Er meldet zugleich daß unverzüglich der Chevalier d'Osson der Legationsrath in Paris war hier ankommen werde mit einer mission am Herzoge. Ich fürchte daß von dem verruchten Tauschprojekte die Rede sein wird. Eher das Leben verliehren als in so etwas willigen.

d. 6ten May.

Die compagnie Jäger zu Pferde ist diesen Mittag auch nach Dömitz aufgebrochen, nachdem ihnen ein dejeuner im goldenen Saal gegeben worden war.

Mein Bruder Carl ist von Güstrow u. Rostock zurückgekommen und macht eine sehr vortheilhafte Beschreibung unserer verschiedenen corps. Als das Regiment durch Sternberg zog um nach Wittenburg zu gehen, so stellten sich 65 Mann dazu, von allen Seiten strömt es herbei.

Die Schweden machen immer keine Anstalten zum Vorwärtsgehen. Man sagt aber daß eine Englische Flotte den Kronprinzen von Schweden an der Erfüllung seiner eingegangenen Verbindlichkeiten erinnern wird.

Den Nachmittag kam ein preussischer gensdarme welcher die glückliche Nachricht überbrachte, daß am 2ten May der König v. Preussen auf den Schlachtfeldern von Lützen einen glorreichen Sieg über Napoleon erfochten habe, 1 ) welcher 2 Marschälle ver=


1) Schlacht von Großgörschen, die aber kein Sieg, sondern eine Niederlage der Verbündeten war. Auf die Nachricht von Napoleon's Siege kehrte der König von Sachsen wieder zu den französischen Fahnen zurück.
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lohren hat, am nehmlichen Tage ward auch der Vicekönig bei Halle von dem Preussischen General Bulow geschlagen. 1 )

Sonntag wird im ganzen Lande ein Tedeum wegen dieser glücklichen Begebenheit gesungen werden.

Der am 25sten April erfolgte Tod des Fürsten Koutousoff am Nervenfieber ist dagegen eine traurige Begebenheit.

Der junge Lützow ist am 5ten April in Paris angekommen. Am 6ten hat Lützow seine Pässe verlangt. Der Duc de Bassano hat geantwortet er müsse erst dem Kaiser rapport davon machen, mais cela frappera. Am 12ten hatte er die Pässe noch nicht.

d. 7ten May.

Das heute morgen eingelaufene Bulletin von russischer Seite war nicht so entscheidend über die Schlacht am 2ten wie das gestrige, und ließ eine zweite nahe Schlacht vermuten. Dies hat sich denn auch vollkommen bestätiget indem diesen Abend die bestimmte Nachricht einer am 3ten entscheidend gewonnenen Schlacht der alliirten Armeen einlief. 20,000 Gefangene und 80 Canonen sind die Tropheen dieses Tages. Marchal Ney ist geblieben, Napoleon ist mit Mühe entronnen. Die Franzosen retiriren nach dem Thüringer Walde. Dem Könige von Preussen sind 2 Pferde unter dem Leibe erschossen worden, so auch dem Prinzen August Ferdinand. 2 ) Der Kronprinz von Preussen ist leicht verwundet, so auch die Generäle Blücher und Scharnhorst. 3 )

Lützow schreibt vom 12ten Aprill daß er seine Pässe erhalten würde, und daß der Duc de Bassano obgleich unser Abfall vom Rheinbunde jetzt in Paris bekannt sey, ihm dennoch sehr freundlich behandelt habe.

Der alte Prinz Ferdinand von Preussen Bruder Friedrich des IIten ist in Berlin gestorben. 4 )

d. 8ten May.

Lützow ist in Dresden angekommen, und hat von daher geschrieben. Die Schlacht am 2ten ist bestimmt gewonnen, jene am 3ten war ein falsches Gerücht. Leider. Vielmehr scheint es,


1) Ungenau. Eine Schlacht lieferte Bülow dem Vizekönige nicht, sondern er nahm das von den Franzosen besetzte Halle mit stürmender Hand.
2) Gemeint kann nur Prinz August. Sohn des Prinzen Ferdinand, sein, geb. 19. September 1779, gest. am 19. Juli 1843.
3) Von allen diesen Nachrichten beruhte nur die Verwundung Scharnhorst's bei Großgörschen auf Wahrheit.
4) Ferdinand, geb. 1730, Vater des 1806 bei Saalfeld gebliebenen Prinzen Louis Ferdinand, gest. 2. Mai.
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als wenn Napoleon Bewegungen gemacht hat, welche die alliirten zu einer rückgängigen Bewegung gezwungen hat.

d. 9ten May.

Heute haben wir das Tedeum wegen der Schlacht am 2ten gefeiert. General v. Dörenberg und eine Menge russischer Officiere waren da. Abends war Ball. Vor der Kirche gab der Herzog dem Schwedischen Envoyé Chevalier d'Osson Audienz.

Napoleon hat durch eine Circularnote allen Höfen des Rheinbundes bekannt gemacht daß wir aufgehört hätten Mittglieder des Rheinbundes zu seyn. 1 )

d. 10ten May.

Heute morgen kam der nach Dresden gesandte courier zurück. Wir haben die Nachricht erhalten daß das Hauptquartier von Dresden nach Bautzen verleget wird und daß der König v. Preussen den Prinzessinnen in Berlin habe rathen lassen diese Stadt zu verlassen.

Mein Bruder Gustav ist diesen Abend zu unserer grossen Freude angekommen, er sagt daß in Berlin alles eingepackt wird, indessen die Prinzessinnen noch nicht abreisen, da bis jetzt die Franzosen noch nicht auf Wittenberg vordringen. Auch wir treffen alle Vorsichtsmaaßregeln um im Fall eines momentanen revers, gleich mit unseren Habseligkeiten nach Hollstein entkommen zu können. General Thielemann hat den Franzosen den Eintritt in Torgau verweigert. Die alliance zwischen Oestereich, Sachsen und Rusland u. Preussen ist geschlossen. 2 ) Dies ist entscheidend für die gute Sache. Es scheint als wenn die Schweden nun auch ernstlich an das Vorrükken denken, die avantgarde ist in Gadebusch. Prinz Carl von Strelitz hat sich bei der Schlacht am 2ten besonders ausgezeichnet.

Gestern wollte der Marschall Davoust mit 14000 Mann die Insel Wilhelmsburg forciren um Hamburg zu nehmen allein unsere Garde u. die Hanseaten haben den Angriff zurück geschlagen und Gefangene gemacht. Die Garde soll sich besonders


1) Zirkularschreiben vom 17. April. Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 33.
2) Irrig. Daß Sachsen in Frankreichs Arme zurückfiel, ist schon erwähnt. Oesterreichs - auch nur bedingter - Beitritt zur Allianz wurde erst am 27. Juni in Reichenbach unterzeichnet.
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ausgezeichnet haben. 1 ) Ein Bataillon unserer Infanterie 2 ) in Wittenburg ist nach Dömitz gegangen, von wo viele cavallerie über die Elbe gegangen sein soll. Mein Oertzen ist dorthin zum Graf Walmoden geschickt worden um das nöthige in diesem critischen Augenblikke mit ihm zu verabreden.

d. 11ten May.

Bei dem Gefechte am 10ten 3 ) bei Hamburg hat sich unsere Garde sehr ausgezeichnet und den größten Antheil an dem Siege gehabt. 5 Mann sind geblieben und 16 verwundet. Der Lieutnant v. Arnim 4 ) der älteste ist im Arme blessirt u. der Hauptmann v. Tarnow durch beide Beine geschossen.

Die Russen sind diese Nacht bei Dömitz über die Elbe gegangen, man hoft auf guten Erfolg.

d. 12ten May.

Oberhofmeister v. Lützow ist diesen Morgen ganz zeitig angekommen. Er bringt recht interressante Nachrichten vom südlichen Teutschland und beruhigende für hiesige Gegenden über die Lage in Sachsen. Noch machen die Franzosen nicht Miene über die Elbe zu gehen, welches militairisch zu wünschen wäre, da sie alsdann gewiß geschlagen würden. Das Tettenbornsche corps ist bei Boitzenburg über die Elbe gegangen.

Seit diesen morgen höret man eine lebhafte canonade vom anderen Elbufer.

d. 13ten May.

Gustav ist als Escadronscheff bei unseren reitenden Jägern eingetreten.

Die Russen sind wieder bei Dömitz zurückgekommen, es war blos eine starke recognoscirung welche sie gemacht haben.

Mein Oertzen ist diesen morgen von Hamburg zurückgekommen, wohin er in meinen Geschäften gereiset war. Gestern hatten die Franzosen Hamburg nehmen wollen, nach langem Wiederstande hatten sie sich der Inseln bemächtiget, und die Gefahr ward groß. Allein die Dänen kamen mit 10 Kanonier=


1) Ueber die rühmliche Thätigkeit der Garde in Hamburg s. v. Langermann und v. Voigts=Rhetz a. a. O. S. 94 ff. und Varnhagen a. a. O. III, 324 ff.
2) Infolge des Aufrufs vom 25. März war ein neues Infanterieregiment zu 2 Bataillonen gebildet worden.
3) Lies: 9ten.
4) Friedrich von Arnim, seit 1. Mai 1810 Sekondlieutenant, 15. Juni 1813 Premierlieutenant, nahm 1815 den Abschied.
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chalouppen und verhinderten den Uebergang, viele Dänische Truppen mit 20 Kanonen sind in und um Hamburg gerückt und so ist die Gefahr vorüber.

Unsere Garde hat sich aufs neue ausserordentlich ausgezeichnet. Es kostet uns aber wieder 42 Mann an Todten blessirten u. verwundeten. Hauptmann v. Bilguer 1 ) ist verwundet und Lieutnant Arnim der 2te 2 ) auf der Stelle geblieben. Die Hanseaten sollen schlecht gefochten haben und davon gelaufen seyn. 3 )

Mein Bruder Carl ist diese Nacht wieder zu Armee gereiset.

d. 14ten May.

General Tettenborn hat dem Herzoge einen Brief voller Lob über das verhalten der Garde geschrieben. Major v. Both welcher sich besonders ausgezeichnet, ist zum Obristen ernannt worden. Der Russische Obrist von Baer welcher nach England geschickt war ist wiedergekommen und heute hier gewesen, er geht ins Hauptquartier. Er sagt Minister Bernstorff sey unverrichteter Sache von England zurückgekehrt, indem immer als erste Bedingung des Friedens die Abtretung von Norwegen an Schweden verlangt wird. Es stehet sehr zu fürchten daß die Dänen nun wieder abtreten, und das ist ein grosses Unglück. 4 )

Geheimerath v. Alopeus mit Frau u. Tochter sind hier angekommen, und wohnen bei uns im Schloß.

d. 15ten May.

Die Russischen Truppen sind alle von Dömitz nach Hamburg marchirt.

d. 16ten May.

Die Nachrichten von den grossen Armeen an der oberen Elbe lauten alle noch ganz gut. Fürst Dolgoroucki welcher nach Copenhagen geschickt war u. nun rapellirt ist, war heute auf seiner Reise nach Berlin hier. Er befürchtet sehr Dänemark werde nun seine Truppen von Hamburg wegnehmen.


1) Louis August von Bilguer, Stabskapitän im Kontingentsregiment, wurde 29. März 1813 zur Garde versetzt, 1821 Major und Kommandeur des Leichten Infanteriebataillons, 1840 Oberst und Kommandant in Güstrow, nahm 1849 seinen Abschied und starb zu Schwerin 1858.
2) Adolf von Arnim war seit 1811 Sekondlieutenant im Grenadier=Garde=Bataillon.
3) Vgl. die Schilderung des Gefechts am 12. bei Rist a. a. O. II, 213 f.
4) Ueber die politische Lage Dänemarks, Bernstorff's und Dolgorucki's Sendungen u. s. w. vgl. Rist a. a O. S. 197 ff.
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d. 17ten May.

Adolph schickte diesen morgen eine Staffette mit der Nachricht, daß die Dänen die ordre bekommen hätten Hamburg zu verlassen, auf 48 Stunden habe man ihren Abmarsch noch aufgestützt, in der Hoffnung die Schweden bis dahin zum vorwärtsgehen bewegen zu können.

Nachmittags kam der russische Obrist Graf v. Pahlen aus Stralsund hier durch, sagte der Kronprinz sey gestern noch nicht da gewesen, man fürchte er käme gar nicht, der commandirende General Adlerkreutz wolle nicht eher marchiren lassen.

Abends kam eine Staffette vom Graf Walmoden an Hr. v. Alopeus, welche die Nachricht von heute morgen bestätigte, von der unglücklichen Lage sprach und daß er Hamburg abandonniren müßte wenn die Schweden nicht kämen, wozu er noch einen Versuch gemacht habe. Alle Hoffnung eines glücklichen Ausgangs schien zu schwinden, als Abends nach Tisch ein reitender Bote von Graevenitz 1 ) von Waschow mit dem Bericht anlangte, der Courier den Walmoden nach Wismar am General Boye gesandt, sey um 1/2 2 Uhr diesen Mittag wieder bei ihm durchgekommen mit der frohen Nachricht eine Stunde nach der Ankunft desselben in Wismar sey General Boye mit allen Truppen aufgebrochen und über Gadebusch nach Hamburg marschieret. Dafür ist Gott nicht genug zu danken.

d. 18ten May.

Ganz hat sich die gestrige gute Nachricht nicht bestätiget. Die in Gadebusch stehenden Schweden sind freilich nach Ratzeburg vorgerükkt und der commandirende General in Wismar hat erkläret daß wenn gleich er keine ordre habe es doch über sich nehmen wolle mit den übrigen Truppen nach Hamburg zu gehen nur müsse er erst über die Gesinnungen der Dänen beruhiget u. gewisse arrangements mit ihnen gemacht haben. Ein Schwedischer officier ist demnach nach Hamburg gegangen. Das Ende dieser negotiation wird das Schicksahl Hamburgs entscheiden.

d. 19ten May.

Eine Staffette von Hamburg von gestern meldet, daß wenn die Schweden nicht kämen, man Hamburg die Nacht räumen müsse, weil die Dänen abzögen. Nun ist aber unterdessen der Schwedische officier eingetroffen u. die Sache möchte wohl noch zu halten sein.


1) Kammerherr Erich Friedrich von Grävenitz auf Waschow (A. Wittenburg).
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So eben kömmt die Nachricht von der bestimmten Ankunft des Kronprinzen in Stralsund am 17ten an u. daß die Schweden ordre zum Marsch bekommen haben. Lieutnant von Koppelow und Lieutnant von Malzahn sind heute aus der Russischen Gefangenschaft zurückgekommen. 1 ) Es sind die einzigsten officiers die beim Leben geblieben sind, alle übrigen sind vor Hunger und Kälte umgekommen, mehrere sind von den Juden ermordet worden.

d. 20sten May.

Eine diesen morgen vom Obrist v. Both angekommene Estaffette meldet daß die Dänen abgezogen sind, und Hamburg nun wohl von den Franzosen ernsthaft angegriffen werden wird. Können sie sich bis heute Mittag halten, so werden die Schweden ankommen können. Gott wolle es geben.

d. 21sten May.

Die Schweden sind glücklich in Hamburg angekommen und die Gefahr ist vorüber.

d. 22sten May.

Mit Herrn v. Alopeus nach Schwerin gefahren um den General Benkendorff u. seinen Bruder den Obersten zu besuchen die beide dorten krank sind. Nachmittags zurückgekehrt. Geheimerath v. Bulow ist von Stralsund zurückgekommen und hat einen Brief vom Kronprinzen am Herzoge mitgebracht der so edel wie freundlich abgefaßt ist. Die Schwedische armée wird sich bei Schwerin Wismar u. Rostock sammlen, alles was sie braucht wird baar bezahlet werden.

d. 23sten May.

Obrist v. Both meldet aus Hamburg daß nunmehr alles gut gehet und die offensive ergriffen werden wird um die Franzosen von Wilhelmsburg zu delogiren.

5 Bataillon Schweden sind da und 40 Englische Canonierchalouppen. Die Beschiessung Hamburgs am 20sten hat wenigen Schaden gethan. Bei der Garde haben wir nur einen leicht blessirten Grenadier gehabt.


1) Carl von Koppelow, früher in preußischen Diensten, 1808 Premierlieutenant im Kontingentsregiment, war 1813 im Infanterieregiment, 1815 Hauptmann beim 1. Landwehr=Bataillon, wurde 1821 zum 1. Musketier=Bataillon, 1832 als Major zum 2. Musketier=Bataillon versetzt, 1834 Kommandeur, 1840 Oberstlieutenant und Kommandeur der Reserve, 1841 Oberst, nahm 1844 den Abschied. - Dietrich Freiherr von Maltzahn wurde 1804 Sekondlieutenant im Grenadier=Regiment von Hobe, trat 1807 in preußische Dienste, machte den russischen Feldzug beim 1. Bataillon des Kontingents=Regiments mit, wurde 1815 Hauptmann bei der Landwehr und nahm 1822 den Abschied.
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d. 24sten May.

Heute kam die glückliche Nachricht daß am 19ten General Barclay de Tolly und der General York ein bedeutendes corps der französischen armée geschlagen und vernichtet haben. Genommen sind 10 Kanonen, ein Divisions ein Brigadegeneral u. 1500 Mann 1 ) Nach Aussage des couriers welcher diese Nachricht nach Berlin gebracht hat, war bei seinem Abgange am 20sten aus dem Hauptquartier eine allgemeine Schlacht engagirt, 2 ) u. alles stand bei seiner Abreise erwünscht.

Man erfährt daß Marschall Ney in der Schlacht am 2ten gefährlich verwundet nach Leipzig gebracht worden, u. da er übler geworden nach Frankreich zurückgebracht ist. 3 )

Heute ist der glückliche Tag an welchem die Oestereicher zuschlagen werden.

Der König v. Sachsen hat auf Befehl seines alliirten Napoleon Prag verlassen u. ist nach Dresden zurückgekehrt 4 ) u. hat seine Minister verabschieden müssen mit Ausnahme v. Marcolini. Minister Senft hat sofort selbst seinen Abschied genommen, so wie der König wieder zu der französischen partie übergegangen ist. Torgau ist auch den Franzosen übergeben. Sachsen wird nach diesem Betragen des Königs von den alliirten feindlich behandelt werden.

d. 25sten May.

Der Sohn des Oberschenks von Forstner welcher in Sächsischen Diensten stand und jetzt den Abschied genommen hat um in die unserigen zu treten, 5 ) ist heute angekommen, er verließ Dresden am 21sten. So wie er saget ist die Schlacht am 20sten noch nicht entschieden gewesen u. hatte am 21sten fortgedauert. Die Franzosen hatten ungeheuer viele Menschen verlohren. Wie der König von Sachsen den unglücklichen Entschluß fasste von Prag nach Dresden zu gehen und wieder die fr. Parthie zu ergreifen,


1) Treffen bei Königswartha. Vgl. Häusser a. a. O. S.142 f.
2) Schlacht bei Bautzen am 20. und 21., die mit dem Rückzuge der Verbündeten endete.
3) Die Nachricht von Ney's Verwundung war irrig.
4) Schon am 12. Mai.
5) Baron Friedrich Peter Carl Gottlieb von Forstner wurde 1808 Leutnant bei der Leibgarde zu Pferde, trat 1810 in sächsische, 1813 wieder in meklenburgische Kriegsdienste Rittmeister bei den freiwilligen reitenden Jägern, Patent vom 25. Mai), verließ dieselben 1814 (Abschiedspatent vom 26. März) und trat in das preußische Heer über. In der preusischen Rang= und Quartierliste erscheint er zuletzt 1841 als Oberst und Kommandeur des 6. Husaren=Regiments.
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nahm der Minister von Senft auf der Stelle den Abschied, so auch alle Generale welche um ihm waren, imgleichen 60 officiers. Der König kam allein in Dresden mit einem einzigsten Adjutanten an. Napoleon hohlte ihn mit 20/m Mann Garden ein, alle Fenster in Dresden waren aber geschlossen u. niemand auf der Gasse. Die Stimmung der Sachsen äusserte sich laut über das Betragen des Königs.

d. 26sten May.

Diesen Morgen 5 Uhr ritt ich nach Parchim um das CavallerieRegiment exerciren zu sehen. Mittags kam meine Frau auch dahin, wir assen bei meinem Bruder Gustav. Abends kehrten wir hier[he]r zurück.

Ueber die Schlacht am 21sten ist heute ein vorläufiger Bericht eingelaufen. Das Centrum u. der linke Flügel der Franzosen ist geschlagen worden, allein der rechte der alliirten vom General Blucher commandirt ist zurückgeworfen worden, so, daß die alliirten einige Meilen rückwärts gegangen sind. Das nähere stehet zu erwarten.

Die Nachrichten heute sind alle nicht tröstlich. Both sandte eine Staffette aus Hamburg, daß der Kronprinz v. Schweden ohne dessen Befehl die Besetzung v. Hamburg durch Schwedische Truppen geschehen war, befohlen habe daß selbige sich zurückziehen sollten. 1 ) Die Dänen hätten gleichfalls sich sogar von Altona zurückgezogen, so daß Hamburg nun von allen Seiten offen wäre, und die Vertheidigung nun wieder der Garde allein überlassen sey. Man werde also die unglückliche Stadt spätestens am Donnerstag verlassen müssen.

Kurz darauf kam eine Staffette von meinem Bruder Adolph welcher meldet daß er mit unserem Regimente und allen disponiblen Truppen nach Hamburg abgehe. Spät Abends kam wieder eine Staffette, vom Schwedischen General Lagerbielke welcher die Schweden bei Hamburg commandirt, nach welcher es scheint als wenn neue Befehle zur Vertheidigung der Stadt angekommen wären. Es ist schwehr aus allem diesen sich zu


1) Der schwedische General Döbeln, der in Wismar stand, war, ohne den Befehl dazu abzuwarten, am 21. Mai mit 2500 Mann in Hamburg eingerückt, um an dessen Vertheidigung theilzunehmen. Er wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode verurtheilt, aber zu Festungshaft begnadigt. Vgl. Rist a. a. O. S. 224 ff. Varnhagen a. a. O. III, 349 ff. IV, 11. - Am 26. zogen die Schweden auf Befehl des Kronprinzen wieder ab.
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vernehmen. Die Vorsehung wird ja sorgen. Der Kronprinz von Schweden hat bei uns darauf antragen lassen daß wir unsere Truppen unter sein commando geben möchten. Es ist ihm geantwortet worden daß so lieb es uns auch sein würde es doch darauf ankommen würde ob General Wallmoden unter seinem commando sey da wir dem Wunsche des Russischen Kaisers gemäß ihm schon unsere Truppen übergeben hätten. Auch wegen einer convention die Verpflegung der Schwedischen Truppen anbetreffend sind unpassende Vorschläge gemacht, u. demnach beantwortet worden. 1 )

Herrn von Alopeus haben wir eine Note gegeben in welcher auf das bestimmteste erklärt wird, daß wir uns nie unter den von Rusland und Preussen bestimmten Verwaltungsrath stellen lassen werden da solches ganz u. gar gegen die feierlich proclamirten principia der Selbstständigkeit u. Unabhängigkeit der Teutschen Fürsten streitet, daß wir einen Antheil an diesem Verwaltungsrath begehren, und daß eine förmliche convention mit uns abgeschlossen werde. Wir haben wohl um so mehr das Recht dies zu verlangen da wir die ersten u. bisjetzt die einzigsten Teutschen Fürsten sind welche troz aller uns nahe liegenden Gefahr uns gegen Frankreich erkläret haben. 2 )

d. 27sten May.

Die Schweden haben würklich Hamburg verlassen und sind bei Boitzenburg angekommen.

d. 28sten May.

Nach Schwerin gereiset. Den Abend kam die Nachricht, die Schweden gingen aufs neue nach Hamburg, man hoffe auf eine Annäherung mit den Dänen. Der Dänische negotiateur Herr v. Kaas welcher ins französische Hauptquartier gehen sollte, hat sich in Haarburg krank gemacht. 3 )

d. 29sten May.

Kammersession gehalten. Mittags nach Llust zurück gekehret. Die gestrigen Nachrichten bestätigen sich, die Schweden sind würklich nach Hamburg gerükt, die hier im Lande befindlichen


1) Die endgültige Konvention mit dem schwedischen Chargé d'affaires d'Ohsson wegen Verpflegung der schwedischen Truppen in Meklenburg und deren Vergütung wurde am 15. Juni ratifiziert.
2) Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 31 ff.
3) Vgl. Rist a. a. O. S. 225.
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marschieren alle. Man sagt sogar der Kronprinz werde nächstens nach Schwerin kommen, um mit seiner ganzen armée über die Elbe zu gehen.

General Woronzoff welcher vor Magdeburg commandirt hat ein Detaschement nach Halle gesandt, und dort 400 fr. Dragoner u. den General Poinçon aufheben lassen.

d. 30sten May.

Die heutigen Nachrichten sagen daß die Franzosen sich an die Elbe zurückziehen wegen Mangel an Lebensmitteln, aus gleichem Grunde die alliirten nach Schlesien. Die Oestereicher werden auf Wagens nach Eger transportirt.

d. 31sten May.

Die Beamten aus Boitzenburg berichten diesen Morgen die traurige Nachricht, daß nachdem die Franzosen den Ochsenwerder genommen hätten General Tettenborn Hamburg evacuirt u. position bei Bergedorff genommen habe. Die Schweden wären nicht nach Hamburg gegangen sondern hätten wieder eine Rückgängige Bewegung gemacht. Jetzt unterhandle die Stadt mit den Franzosen u. sey wahrscheinlich schon in ihren Händen. Gebe Gott daß es nicht alles so seyn möge.

Die unglückliche Nachricht der Räumung Hamburgs hat sich nur zu sehr diesen Abend bestätiget 1 ) Es ist geschehen weil die Dänen sich für die Franzosen erkläret haben. Hamburg ist von ihnen besetzt. Die näheren Details gehen noch ab, besonders ob die Dänen weiter als zur Besetzung Hamburgs cooperiren werden. Bei dem Gefechte auf dem Ochsenwerder hat sich unser Regiment u. die compagnie Jäger ausgezeichnet.

Der Courier welchen Herr v. Alopeus nach dem grossen Hauptquartier gesandt hatte ist diesen Abend wiedergekommen. Dort stehet alles gut, wenn gleich die alliirten sich nach Schlesien zurückgezogen haben.

50,000 Mann Verstärkung haben sie an sich gezogen. General Barclay de Tolly hat das Obercommando bekommen, Graf Wittgenstein commandirt die ganze Cavallerie.

Am 26sten hat General Blucher die Cavalleriedivision Maison bei Haynau vernichtet, 12 Kanonen, eine grosse Menge Gefangene und Bagage genommen. 2 ) In der Schlacht von


1) Sie war am 30. erfolgt.
2) Ungefähr 400 Gefangene und 18 Geschütze, von denen die Sieger wegen mangelnder Bespannung nur 11 fortbringen konnten. Häusser a. a. O. S. 155.
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Bautzen ist der General la Bruyère geblieben u. am anderen Tage bei einem arrieregardegefecht der Marschall Duroc an der Seite Napoleons erschoßen worden.

Alles dies wieget aber nicht das Unglück des Verlustes von Hamburg auf.

d. 1sten Junius.

Es ist beschlossen worden daß ich nach Stralsund zum Kronprinzen von Schweden reisen sollte um mich nach seinen Plänen in der jetzigen crisis zu erkundigen und eventualiter um seinen Schutz für Mecklenburg zu bitten.

Ich reisete um 7 Uhr Abends ab.

d. 2ten Junius.

Nachdem ich Tag und Nacht gereiset hatte, kam ich um 1/2 8 Uhr des Abends in Stralsund an. in Rostock u. Dammgarten hatte ich schon erfahren daß eine Englisch Schwedisch Russische ambassade nach Copenhagen gegangen war. 1 )

Es war durchaus kein quartier zu bekommen. Obristlieutnant von Normann 2 ) war so gut mich in seinem Hause aufzunehmen.

Ich ging gleich zum Herzog von Braunschweig 3 ) welcher vor einigen Tagen hier angekommen ist. So wie der Kronprinz meine Ankunft erfahren hatte ließ er mir durch den General Engelbrecht sagen daß er in jedem Augenblikke mich gerne sehen würde. Ich ging also noch um 1/2 10 Uhr Abends hin, und hatte eine sehr lange und höchst merkwürdige Unterredung mit


1) Am 30. Mai schifften sich die Engländer Thornton und Hope, der russische General Suchtelen und der schwedische Hofkanzler Wetterstedt nach Kjöge ein, um noch eine Unterhandlung mit Dänemark zu versuchen. Sie überbrachten den Vorschlag: Dänemark solle das Stift Drontheim sogleich an Schweden abtreten, mit dem übrigen Norwegen solle dann bis zum Ende des Krieges gewartet werden, wo die Dänen durch Besitzungen in Deutschland entschädigt werden könnten. Diese Sendung, selbst wenn ihre Vorschläge den Dänen erwünschter gewesen wären, kam in jedem Falle zu spät, denn Dänemark hatte sich so eben rückhaltlos den Franzosen in die Arme geworfen. Vgl. Häusser a. a. O. S. 186.
2) Philipp Christoph von Normann, geb. 1754, erscheint 1791 als Kapitän und Regimentsquartiermeister im Psylanderhjelm'schen Regiment zu Stralsund, gestorben 20. April 1825. Er besaß die Guter Niederhof, Eickhof und Neuhof in Vorpommern.
3) Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig=Lüneburg=Oels, geb. 1771, gest. 1815, bekannt durch seinen denkwürdigen Zug durch zahlreiche Feinde von Böhmen bis zur Nordsee 1809. S. über ihn Allgemeine deutsche Biographie Bd. 7 S. 508 ff.
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ihm, in welcher er mir sowohl die Begebenheiten der letzten Zeit so wie seine Lage auseinander setzte. Vorläufig versicherte er mich seines Schutzes für Mecklenburg, bat mich auf morgen zu Tische u. sagte wir wollten alsdann weitläuftiger über unsere Angelegenheiten reden. Wie ich ihm beim Abschiede bat mich morgen Abend mit bestimmten Zusicherungen zu entlassen, erwiederte er, wie er vielmehr mich bäte einige Tage bei ihm zu bleiben, vermuthlich um die Antwort aus Copenhagen u. Nachrichten aus dem großen Hauptquartier zu erwarten.

d. 3ten Junius.

Den Morgen besuchte ich den Feldmarschall Graf Steding den ich noch von Petersburg kannte wo er Ambassadeur war, den General Adlerkreutz, der nehmliche der die revolution gegen den letzten König machte u. jetzt Cheff d'Etat major des Kronprinzen ist, und mehrere andere Personen. Beim Feldmarschall Steding war die Rede von den Geldverlegenheiten in welche man durch den Fall von Hamburg käme, indem die Englischen Wechsel nicht realisirt werden könnten, daß man zwar anjetzt Silberbarren kommen liesse, indessen das Ausmünzen eine neue Schwierigkeit habe, weil die Münze in Stralsund zernichtet sey. Da nun der Mangel an Gelde auch für Mecklenburg von der höchsten Wichtigkeit ist, indem dadurch die versprochene Bezahlung der im Lande stehenden Schwedischen armée aufgehalten wird, so bemerkte ich daß in Schwerin eine Münze sey, wo das Geld füglich geschlagen werden könnte. Dieser Gedanke gefiel und der Feldmarschall sprach beim Diner darüber mit dem Staatssecretair Wirseen, welcher gleichfalls selbige goutirte.

Nach Tafel hatte ich wieder eine lange Unterredung mit dem Kronprinzen wovon ich nur hier 2 Hauptmomente bemerken will. Zuvörderst redete ich ausführlich über die Lage Mecklenburgs, u. das resultat davon war daß der Kronprinz mir sein Wort gab uns zu schützen wenn der Herzog den Landsturm im ganzen Lande anordnen wolle. Je défendrais le Mecklembourg comme si c'était la Suède elle même. Da alles kürzlich vorgefallene u. hier nicht füglich auseinander gesetzt werden könnende eine merkliche Spannung zwichen dem Kronprinzen u. Rusland u. Preussen hervorgebracht hatte so schien es mir der allgemeinen Sache so nützlich wie selbst durchaus nothwendig daß etwas geschähe um wieder Einigkeit u. Vertrauen zu begründen. Ich warf den Gedanken einer entrevue mit beiden Monarchen hin, und war glücklich genug daß er eingang fand. Der Prinz schlug

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mir vor deshalb am Kaiser von Rusland und dem Könige von Preussen zu schreiben, und Colberg zum [Orte der] Zusammenkunft zu wählen. Er war so gütig zu verlangen daß ich ihn dahin begleiten sollte. Mehrere triftige Gründe bestimmten mich mich nicht direkte darinn zu mischen, sondern vorzuschlagen deshalb an Herrn von Alopeus schreiben zu dürfen. Der Kronprinz genehmigte es und ich ging nach Hause um den Brief zu entwerfen und ihn zur aprobation vorzulegen. Der Kronprinz war schon zu Bette u. ließ mir sagen daß er mir den Brief morgen Vormittag selbst bringen würde.

d. 4ten Junius.

Schon den morgen hörete ich allerhand Gerüchte, von dem weiteren zurückgehen der alliirten Armee, u. ahndete daß für dies mal aus der Entrevue nichts werden würde. Kurz vor Tische kam der Kronprinz zu mir, u. bestätigte mir diese Vermuthung, sagte mir auch daß er so eben die Nachricht erhalten, daß die negotiation in Copenhagen fruchtlos gewesen u. die negotiateurs noch diesen Abend wieder hier ankommen würden. Alles dies war nicht erfreulich. Ich aß beim Kronprinzen u. hatte nachher wieder eine Unterredung mit ihm, in welcher er mich aufs neue seines Schutzes versicherte.

d. 5ten Junius.

Des Morgens besuchte ich den Russischen von Copenhagen zurückgekommenen General Suchtelen, welcher mir alle Papiere über diese negotiation mittheilte. Auch sahe ich den Englischen Gesandten Thornton u. machte die Bekanntschaft des admirals u. des Generals Hope. Mittags aß ich beim Fürsten Putbus, nach Tische ging ich zum Kronprinzen. Da heute bessere Gerüchte sich verbreitet hatten, so suchte ich das Projekt der entrevue wieder aufleben zu lassen, der Kronprinz willigte ein u. ich sandte eine Estaffette an Hr. v. Alopeus. Spät des Abends habe ich noch beim General v. Suchtelen zugebracht.

d. 6ten Junius.

Den Mittag sahe ich das Westmannländische Regiment durchmarschieren. Der Kronprinz nahm mich mit sich nach Hause, wo ich wieder eine höchst interressante conversation hatte, u. der Prinz mir große Beweise von Zutrauen gab. Nachher fuhr ich mit ihm inn die Stadt u. besahe die angelegt werdenden Festungswerke. Mittags d. h. 1/2 7 Uhr Abends speisete ich wieder bei ihm, nachher war ein Ball beim Fürsten Putbus, und nahm

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Abschied vom Kronprinzen, welcher mich mit den Worten entließ: présentez mes hommages et mes civilités au Duc et dites lui que je défendrais son pays de tous mes moyens, et qu'en cas de besoin j'yrais même au delà des combinaisons militaires et que je ferais le jeune homme pour lui. Ich verlasse Stralsund mit Beruhigung Zufriedenheit und wahrer Bewunderung des ausgezeichnet edlen Characthers des Kronprinzen, würdig den schönsten Zeiten Franz I u. Heinrich des IVten. 1 )

d. 7ten Junius.

Ich verließ Stralsund um 3 Uhr den Morgen u. kam um 1 Uhr Nachts in Llust an.

d. 8ten Junius.

Herr von Alopeus hat sofort einen courier ins Hauptquartier mit dem Projekte zur Entrevue gesandt. Minister Brandenstein ist hier um mit Plessen das Edikt zum Landsturm zu entwerfen. 2 )

d. 9ten Junius.

Den Morgen kam die Nachricht daß der General Bulow den Marschall Oudinot geschlagen hat, 3 ) gleich darauf aber auch die untröstliche eines geschlossenen Waffenstillstandes 4 ) welcher freilich die Gefahr für diesen Augenblick von Mecklenburg entfernt, aber für das Ganze meiner Ansicht nach unglücklich ist, um so mehr da er auf 6 Wochen bestimmt u. die conditionen sehr hart für die alliirten zu seyn scheinen. Es scheint als wenn Friedensnegotiationen eröffnet werden, welche doch gewiß vortheilhafter an den Ufern des Rheins hätten geführt werden können. Doch muß man dies alles erst genauer kennen lernen.


1) Vgl. dazu die Schilderung des Eindrucks, den Bernadotte auch auf Andere machte, bei Rist a. a. O. S. 23 f.
2) Mecklenburg=Schwerinsche Annalen 1813 Juni 9: "Nach der mit dem Kronprinzen von Schweden wegen Vertheidigung der hiesigen Lande mit den unter seinem Commando stehenden Truppen, bei der Besorgnis eines feindlichen Einfalls, genommenen Abrede, soll, bei der Anwesenheit seiner Armee im Lande zum disseitigen Schutze, zu deren Unterstützung, an die Organisirung eines schon vorhin, (8. April) auf Verlangen des Kaisers von Rußland und des Königs von Preußen, zur Vertheidigung des eigenen Heerdes gegen die gemeinschaftlichen Feinde, angekündigten Landsturms, auf alle künftige Fälle, die letzte Hand geleget werden." Die gesetzlichen Vorschriften über die genauere Einrichtung und Anwendung des Landsturms ergiengen unterm 29. Juni.
3) Treffen bei Luckau am 4. Juni.
4) Waffenstillstand von Poischwitz (4. Juni) bis zum 20. Juli. S. die Bedingungen desselben bei Häusser a. a. O. S. 163 ff.
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d. 10ten Junius.

Heute haben wir die Bedingungen des Waffenstillstandes erfahren, sie sind so gräßlich daß man sich nicht genug darüber grämen kann. Gott welche Zukunft, welche Aussichten.

d. 11ten Junius.

Diesen Morgen um 1/2 5 Uhr ritt ich nach Melkhoff um meinen Bruder Gustav zu besuchen, der dort mit seiner Schwadron in quartier lieget. Ich sah das Maneuvre mit an, frühstückte bei meinem Bruder, dann gingen wir zusammen auf dem Rückwege nach Prizier wo wir unsere von Hamburg zurükkehrende Garde im Bivuac fanden. Mit inniger Freude habe ich unsere so ausgezeichnet braven Landsleute wiedergesehen. Zu Mittag war ich wieder in Llust.

Der Herzog erhiehlt einen überaus schmeichelhaften Brief vom Russischen Kaiser, welcher ihm die freundlichsten Dinge über unser Benehmen saget, die bündigsten Versicherungen zur Erhaltung unserer existenz giebt, und selbst Aussichten für die Zukunft eröffnet. Der Umstand daß der Brief am nehmlichen Tage geschrieben ist, wo der Russische General zum ersten mahle zum Napoleon gesandt ward, u. der Ausdruck daß der Kaiser sich der Beharrlichkeit des Herzoges gewiß hiehlt, giebt mir einigen Muth u. Hoffnung daß die Sachen nicht so übel stehen wie wir fürchten. Gott gebe daß ich mich nicht irre.

d. 12ten Junius.

Diesen Morgen marchierte die Garde ein. Mein Bruder Adolph ist wiedergekommen um während des Waffenstillstandes bei uns zu bleiben.

d. 13ten Junius.

Mein Bruder Gustav ist heute zu meinem Geburtstage gekommen.

d. 14ten Junius.

Diesen Morgen 1/4 auf 3 Uhr endigte Gott die unaussprechlichen Leiden unserer vortreflichen Fräulein v. Knebel. 1 )


1) Henriette von Knebel, die Schwester von Goethe's Freunde Karl Ludwig von Knebel, geboren zu Regensburg 1755, war die Erzieherin (seit 1791) und mütterliche Freundin der Prinzessin Karoline Luise. Bei deren Verheirathung hatte Friedrich Ludwig sie und Karoline von Bose (s. oben zum 24. August 1812) veranlaßt, nach Ludwigslust überzusiedeln. Wie hoch (  ...  )
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Meine arme Frau verliehrt an ihr eine zweite Mutter, eine Freundin welche 20 Jahre lang nur für sie lebte. Ihr Andenken wird nie in meiner Seele verlöschen.

Nach den heutigen Nachrichten ist der Kaiser von Oestereich in Böhmen nahe an der Schlesischen Gränze angekommen, mehrere conferenzen haben schon zwischen ihm und dem Kaiser von Rusland u. dem Könige von Preussen statt gefunden. Von Oestereichs guten reinen Gesinnungen ist man überzeuget. Der König hat dem General Lestock in Berlin befohlen, in seinem gouvernement die Landwehr während des Waffenstillstandes aufs thätigste zu exerciren da er nicht glaube daß es möglich sey Frieden zu machen.

d. 15ten Junius. d. 16ten Junius.

Da der Kronprinz v. Schweden ein Embargo auf alle Schiffe in Rostock und Warnemünde geleget hat, so ist deshalb dem Chevalier d'Osson eine Note gegeben worden um dieses zu expliciren.

Ich habe auch gestern dem Kronprinzen das Edickt wegen dem Landsturm gesandt, u. am Staatssecretair Wirseen ein Projekt zum ausmünzen des Schwedischen Silbers in Schwerin geschickt.

Diese Nacht um 12 Uhr ist die liebe Knebeln begraben worden.

d. 16ten Jun.

Der Garde ist heute ein Fest beim Schweizerhause gegeben worden. General Dorenberg u. eine Menge Russischer officiere waren hier, aus dem Hauptquartier welches jetzt in Grabow ist.

Eingegangenen Nachrichten zu Folge hat der Kronprinz von Schweden sich geäussert daß bei dem Waffenstillstand noch nichts verlohren sey, wenn nur nicht Friede gemacht werde, und den General Scioldsbrand ins Hauptquartier gesandt, um den Frieden zu wiederrathen. 10 000 Russen sind heute in Rostock gelandet.

d. 18ten Junius.

Mit Herrn v. Alopeus u. seiner Famielie nach Schwerin gereiset.


(  ...  ) Karoline Luise Henrietten schätzte, zeigt ihr am 19. Juni an Charlotte von Schiller geschriebener Brief (abgedruckt bei L. v. Gizycki a. a. O. S. 99 f.). Henriettens Briefwechsel mit ihrem Bruder (herausgegeben von Düntzer. Jena 1858) ist eine wichtige Quelle für die Kenntniß des Lebens der Erbprinzessin und der Vehältnisse am Ludwigsluster Hofe.
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d. 19ten Junius.

Morgens mit Alopeus nach dem Werder gefahren, dann die Tuchfabrique gesehen. 1 )

Mittags einige Personen zu Tische gehabt, unterandern auch den Schwedischen chargé d'affaires Mons. D'Ohsson.

Der Kronprinz hat auf die Note wegen des Embargos antworten lassen daß es eine Vorsichtsmaßregel gewesen sey, weil Dänische Caper in der See wären. jetzt sey zur Sicherheit der Schiffarth alles zwischen den Schwedischen und Englischen Flotten verabredet, mithin das Embargo wieder aufgehoben worden. Uebrigens hätten die Generale Befehl gehabt es dem hiesigen gouvernement anzuzeigen. Das nennt man une honnête réparation.

Ferner hat der Kronprinz anzeigen lassen, wie die Dänischen consuls in Rostock und Wismar nicht länger zu dulden wären seitdem Danemark sich mit Frankreich alliiret hätte u. die consuls Nachrichten über den Stand der hiesigen armeen gäben. Er trägt darauf an daß der Herzog sie entfernen möge, würde er aber vielleicht vorziehen in der Sache nicht auftreten zu wollen, so würden die Schweden es militairisch abmachen. Dies letztere ist der hiesige Wunsch, auch ist bereits der consul Bökelmann aus Rostock zu den Dänischen Vorposten gebracht worden. 2 )

Herr v. Salviati ist diesen Abend aus dem Hauptquartier zurückgekommen. Wegen der entrevue mit dem Kronprinzen ist keine bestimmte Antwort erfolget. Fürst Wittgenstein wird sich nach Stralsund begeben, u. wahrscheinlich das nähere hierüber dorthin bringen.

Nach allen Nachrichten scheint Gottlob nicht am Frieden zu denken zu seyn. Das ist bei jetziger Lage der Dinge ein Glück. Mit Gewißheit kann man annehmen daß der hohe Kranke der in Dresden ist, u. für welchen unglaubliche precautionen genommen werden, der Kaiser Napoleon ist.


1) Die Tuchfabrik war vor kurzem durch den Kaufmann Mantius errichtet worden. Sie lag an der heutigen Knaudtstraße auf dem jetzt von der Exportbrauerei eingenommenen Grundstück, gieng aber mit dem Beginn des Jahres 1839 ein. Vgl. Fromm: Chronik von Schwerin S. 322. 374.
2) Wilhelm Bokelmann, früher dänischer Konsul in Cadix, dann ohne Amt in Holstein lebend, wurde 1811 an Mann's Stelle (s. oben zum 29. Mai 1811) Konsul in Rostock und nach seiner Entfernung von dort Rist's Nachfolger als dänischer Geschäftsträger in Hamburg. Vgl. Rist a. a. O. S. 121. 240.
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d. 20sten Junius.

Obrist Graf Timann der gerade aus dem Hauptquartier des Grafen Woronzoff kömmt, versichert, daß dorten ein Sächsischer officier angekommen sey, welcher unter Verpfändung seines Kopfes ausgesaget habe daß Kaiser Napoleon der Kranke u. durch den unteren Theil des Gesichtes geschossen sey. General Czernischeff hat diesen officier mit ins Hauptquartier des Kaisers Alexander genommen.

d. 21sten Junius.

General Dörenberg hat uns diesen Morgen hinter Carstedt ein Cavalerie maneuvre von Husaren, cosaquen u. Baschkiren gegeben welches sehr interessant u. amusant war. Mittags assen alle officiers hier.

d. 22sten Junius.

Nichts besonderes anzumerken. ich habe den General Dörenberg in Grabow besuchet.

d. 23sten Junius.

Heute ist die officielle Nachricht eingelaufen daß troz des Waffenstillstandes die Franzosen auf eine schändliche Art am 17ten 3 escadrons der Lützowschen cavalerie auf ihrem Rückmarsche aus Sachsen überfallen, und vernichtet haben. 1 ) Die 4te ward gleichfalls angegriffen konnte sich aber noch durchhauen u. ist bei Havelberg angekommen. Die Geschichte liefert kein Beispiel einer solchen Schändlichkeit. Ich hoffe der Wiederausbruch des Krieges wird die Folge davon seyn.

d. 24sten Junius.

Leider ist kein Wort von der Krankheit des Kaisers Napoleon in Dresden wahr. Er ist nur zu wohl, befestiget Dresden, läßt alle die schönen alleen umhauen, im Marcolinischen Garten wo er wohnt die Wände des Hauses einschlagen um ein Theater bauen zu lassen, wozu er die Truppe von Paris hat kommen lassen. 2 )


1) Ueberfall bei Kitzen, unweit des Lützener Schlachtfeldes. Die Niedermetzelung der etwa 400 Lützower wurde ausgeführt durch die Reiterdivision Fournier und die beiden württembergischen reitenden Jägerregimenter der Brigade Normann, zusammen 4000 Mann.
2) Im Orangeriegebäude des Marcolini'schen Gartens war eine Bühne aufgeschlagen; hier, später auch im Opernhause, spielte die Truppe des Théâtre français vor dem Kaiser, der Königlichen Familie und einem geladenen Publikum. S. Flathe a. a. O. S. 177.
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Ich habe den Morgen das 1ste Bataillon unseres Regimentes welches in Neustadt lieget exerciren sehen.

d. 25sten Junius u. 26sten Ju.

Nichts vorzügliches anzumerken. General Graf Walmoden ist in Grabow eingetroffen und heute hier gewesen.

d. 27sten. nichts vorgefallen.

d. 28sten Junius.

Der Herzog ist heute nach Doberan gereiset.

d. 29sten Junius.

Der Kronprinz v. Schweden welcher seine Truppen hier im Lande mustert, 1 ) ist gestern in Rostock angekommen.

d. 30sten Junius.

Der Kronprinz ist gestern beim Herzoge in Doberan gewesen wo es eine ganz interressante wiewohl sonderbare conversation gegeben hat, von dort ist der Prinz nach Wismar gegangen u. von da wieder nach Pommern.

d. 1sten Julius.

Den Nachmittag bin ich mit meiner Frau nach Schwerin gereiset um unserer Tante Ulrique zu ihrem 91sten Geburtstage Glück zu wünschen.

d. 2ten Julius.

Wieder nach Llust zurückgekehret.

d. 3ten Julius.

Herrn von Alopeus ist heute eine starke Gege[n]note auf diejenige gegeben worden welche er im Nahmen des Verwaltungsraths eingereichet hat. Wir bleiben dabei ihn nicht anzuerkennen. Zugleich ist ihm ein Projekt zu einer convention mit dem Kaiser v. Rusland u. Könige von Preussen zugestellt worden. 2 )

d. 4ten Julius.

Nachrichten aus dem Hauptquartier sagen daß nicht am Frieden gedacht wird.

d. 5ten Julius.

Nunmehr ist der Kronprinz von Schweden nach Trachenberg in Schlesien zu den beiden Monarchen eingeladen worden. Die


1) Die Schweden hatten am 24. in Barnsdorf bei Rostock und in Wendorf bei Wismar ein Lager bezogen.
2) Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 34.
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entrevue soll am 9ten seyn. 1 ) Dies ist mir ein erwünschtes Zeichen, daß der Krieg wieder anfängt. Einige wollen sogar an die Möglichkeit glauben daß Dannemarc wieder zu die alliirten übergehen wird.

d. 6ten u. 7ten Julius.

Die heutigen Nachrichten lassen keinen Zweifel an den Wiederausbruch des Krieges.

d. 8ten Julius.

Der Schwedische Generallieutnant Vegesack ist heute hier angekommen, mit Aufträgen an Graf Walmoden wegen unserer Truppen, letzterer ist aber nach Berlin u. trift erst in 6 Tagen wieder in Grabow ein. Die Schweden fangen an positionen zu nehmen.

d. 9ten u. 10ten Julius.

Nichts anzumerken. General Vegesack ist wieder abgereiset.

d. 11ten u. 12ten Julius.

Gestern Abend um 7 Uhr bin ich mit einer Frau, meinen Kindern und meinem ganzen Hauswesen nach Doberan gereiset. Die Nacht durchgefahren u. diesen Morgen 1/2 11 Uhr hier angekommen.

Unser erster Abend ist durch eine traurige Begebenheit bezeichnet worden. Herr von Staal v. Holstein, Sohn der berühmten Fr. v. Staal hatte sich um eine elende Kleinigkeit mit einem adjutanten des Generals Benkendorff Nahmens Jorris entzweiet. Sie schlugen auf den Säbel und beim ersten Hau lag Herr v. Staal todt hingestreckt da. 2 ) Diese unglückliche Begebenheit hat wie naturlich große sensation gemacht. Yorris hat sich sogleich geflüchtet.


1) Daß die Trachenberger Konferenz, die am 10. Juli begann, im letzten Grunde der Anregung Friedrich Ludwigs zu danken ist, ist wenig bekannt. - Die Darstellung bei Oncken: Das Zeitalter der Revolution etc. . II, 663 verwischt völlig die Thatsache, daß die Zusammenkunft des Kronprinzen mit dem Kaiser Alexander und dem König von Preußen lange geplant war.
2) Dieses Duell machte seiner Zeit Aufsehen, auch E. M. Arndt (Erinnerungen aus dem äußeren Leben S. 177) erwähnt es. Albert von Staël, der zweite (nicht älteste, wie Arndt behauptet) Sohn seiner berühmten Mutter, die damals in Stockholm lebte, war in schwedische Dienste getreten und hatte, als Husarenleutnant mit einem Auftrage nach Hamburg geschickt, von seinen Vorgesetzten die Erlaubniß erbeten und erhalten, bei Tettenborn zu bleiben. Bei jenem Duell war der Unglückliche von seinem Gegner buchstäblich enthauptet worden. Vgl. Lady Blennerhassett: Frau von Staël III S 361 f.
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d. 13ten Julius.

Den heutigen Nachrichten zu Folge hat der K. Napoleon den Graf Metternich in Unwillen entlassen, es heißt es habe ihm nachher gereuet u. ihn wieder zurückhohlen lassen, Metternich ist aber nicht wieder gekommen, 1 ) u. die Allianz zwischen Rusland Preussen u. Oestereich soll bereits unterzeichnet seyn. 2 )

Mehrere interressante Schweden sind hier, unter andern ein Herr v. Güldensiold den ich schon lange kenne. er giebt sich alle Mühe unter der Hand den üblen Eindruck beizulegen welchen die von Schwedischer Seite vorgenommene gewaltsame Aushebung von Ochsen gemacht hat, bei welcher Gelegenheit es zu unangenehmen Auftritten gekommen ist. 3 ) Es scheint als wenn der Kronprinz sein Unrecht einsiehet u. es gerne wieder gut machen möchte, u. als wenn Güldensiold den Auftrag hätte mit mir darüber zu reden wie es zu repariren sey. Hiezu werden sich Mittel finden lassen.

d. 14ten Julius.

Wir haben heute eine höchst interressante Fahrt nach dem Admiralsschiff Defiance von 74 Kanonen gemacht welches auf der Warnemünder Rhede lieget, und von Admiral Hope commandirt wird, der nehmliche den ich in Stralsund kennen lernte. Er empfing uns ausserordentlich freundlich und höfflich.

d. 15ten Julius.

Einem kleinen Balle beigewohnt.

d. 16ten Julius.

Heute ist die Nachricht eingelaufen daß der Waffenstillstand bis zum 10ten August prolongirt worden ist und dann noch 6 Tage zur Aufkündigung, mithin bis zum 16ten August. Es sollen FriedensUnterhandlungen in Prag stattfinden. Die von Oestereich aufgestellte FriedensBasis wird so angegeben. 4 ) Wiederherstellung Polens wie es 1806 unter den 3 Mächten war.


1) Vgl. über die berühmte Unterredung zwischen Napoleon und Metternich im Marcolini'schen Palais am 26. Juni Oncken a. a. O. II, 649 ff.
2) Am 27. Juni in Reichenbach.
3) Die Ochsenaushebung im Juli scheint namentlich in den Aemtern Meklenburg und Gadebusch vorgenommen worden zu sein. Die Schweden ertheilten dafür Kommissariatsscheine, die später von der Militär=Verpflegungs=Kommisssion in Rostock eingelöst wurden. Einzelne Gutsherren, wie z. B. der Domänenrath Steinmann auf Holldorf, hatten sich widersetzt und den Aushebungskommissar vertrieben.
4) S. den Wortlaut bei Oncken a. a. O. II, 647 f.
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Rückgabe aller Preussischen Provinzen jenseits der Elbe.
Rückgabe von Illirien, Triest u. Fiume an Oestereich.
Freiheit der Hansestädte.
Aufhebung des continentalsistems.
Aufhebung des Rheinbundes. Rückgabe von Oldenburg.

d. 17ten Julius.

Marquis Wellington hat am 21sten Juni die Franzosen bei Vittoria aufs Haupt geschlagen, unter Joseph und Jourdan. 152 Canonen, alle munitions, Schlachtvieh, die Kriegscasse die Fahne des 100sten Regiments, Jourdans Marschallstab, eine Menge Gefangene sind die Trophäen des Tages. Am 25sten verfolgte er sie noch bis dicht vor Pampeluna, von Bayonne sind sie abgeschnitten.

Der Kronprinz von Schweden ist in Stralsund zurückgekommen. Ich bin sehr neugierig wie er den unglücklichen Waffenstillstand aufgenommen haben wird.

Man versichert daß die Franzosen in Lubec alle Kinder von 8 bis 12 Jahren fort ins innere von Frankreich schleppen. 1 ) Solch ein Gräuel schreiet Rache.

d. 18ten Julius.

Meiner Frauen Geburtstag. Gott erhalte mir und meinen Kindern diese beste der Gattinnen und Mütter.

d. 19ten Julius.

Der General Vegesack hat heute einen Brief des Kronprinzen am Herzoge gebracht, in welchem er ihm anzeigt daß nach den in Trachenberg gemachten Verabredungen 100, 000 Mann die verbündete Nordarmee von Teutschland ausmachen würden, die Mecklenburgischen Truppen würden dazu gehören u. der Kronprinz diese Armee als General en cheff commandiren. Er habe den General v. Vegesac zum Divisionsgeneral über unsere Truppen ernannt. Zu gleicher Zeit werden Anträge gemacht daß der Herzog unsere Bataillons bis zu 800 Mann ein jedes verstärken möge.

Es traf sich glücklich daß dieser Brief gerade heute ankam da der Herzog diesen Abend den Minister von Plessen nach Stralsund schikte um über verschiedene Gegenstände mit dem Kronprinzen zu unterhandlen. Die obige Angelegenheit wird


1) Leeres Gerücht.
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daher auch mit abgemacht werden. Ich habe bei dieser Gelegenheit dem Kronprinzen aus vollem Herzen über die Ochsenaushebungsgeschichte geschrieben.

d. 20sten Julius.

Nichts anzumerken.

d. 21sten Julius.

Generallieutnant v. Posse 1 ) hatte heute die große attention seine ganze Division 6000 Mann stark, Infanterie, Cavallerie u. Artillerie von Rostock hieher kommen zu lassen, und uns diesen Abend ein sehr schönes Maneuvre zu geben, welches mir viele Freude gemacht hat.

d. 22sten Julius.

Diesen Nachmittag ist Minister von Plessen von Stralsund zurückgekehrt. Er ist wohl aufgenommen worden und hat gute Geschäfte gemacht. Auf die von Schweden für die Verpflegung der Truppen uns schuldigen Gelder hat er eine abschlägliche Zahlung von 50000 Rthlr. bewirkt. Die OchsenAushebung= Geschichte ist auch arrangirt, der Kronprinz wird den von uns geforderten Preis aus seiner eigenen Tasche bezahlen. Dem Prinzen thut diese Sache sehr leid, er ist in der That falsch berichtet worden. Auf meinem Briefe hat er mir sehr liebenswürdig geantwortet.

Unsere Truppen werden alle in 8 Tagen ins Preussische marschieren, die Armeen fangen an ihre Positionen zu nehmen, ein grosser Theil der hier im Lande stehenden verlassen uns, indessen andere kommen wieder, so daß doch an 18000 Mann zur Dekkung unserer Gränzen bleiben werden. Troz der Unterhandlungen in Prag ist der Wiederanfang des Krieges mir sehr wahrscheinlich. Gott gebe seinen Segen dazu.

Der Kronprinz reiset morgen frühe nach Berlin ab, wohin er sein Hauptquartier verleget. Wir werden auf den Wunsch des Kronprinzen jede unserer infanterie compagnien um


1) Befehligte die zweite Division der schwedischen Armee. Die erste Division unter dem Generalleutnant von Sandels stand zwischen Gadebusch, Schwerin und Wismar; zu ihr gehörten auch die meklenburgischen Truppen. Die dritte Division unter Generalleutnant von Skjöldebrand versammelte sich in Tribsees und Grimmen.
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30 Mann vermehren, 1 ) und 500 Bauern nach Stralsund senden um an den dortigen Festungswerken zu arbeiten da Stralsunds Befestigung von der größten Wichtigkeit für Nordteutschland ist. Wir werden auch 800 artilleriePferde bis zum 8ten August liefern. Die Bezahlung ist auf die Pommersche Kammer angewiesen.

Plessen hat auch mit den englischen Ministern das nöthige wegen Bezahlung der Unterhaltung der sich in Englischem Solde befindlichen Truppen die hier im Lande stehen verabredet.

d. 23sten Julius.

Besonderes ist heute nicht anzumerken.

d. 24sten u. 25sten Julius

nichts anzumerken.

d. 26sten Julius.

Ich bin heute nach Cassow (?) gewesen wo mein Bruder Gustav im quartier stehet um von ihm Abschied zu nehmen, indem das Regiment übermorgen nach Röbel marchieret. Unsere übrigen Truppen sind alle auch schon auf dem Marsche, in die neuen Cantonnements. Ich glaube ihre weitere Bestimmung ist Berlin. Der Kronprinz verlegt sein Hauptquartier nach Demmin.

d. 27sten Julius.

Wellington soll zu Bayonne angekommen, u. jetzt wahrscheinlich schon in Bordeaux seyn. 2 ) König Joseph soll nur mit 10000 Mann nach Frankreich entkommen seyn.

d. 28sten bis zum 2ten August.

Die Nachrichten des Einrükkens der Engländer in Frankreich bestätigen sich. General Moreau ist in Schweden angekommen u. landet nächstens in Stralsund. Eben kömmt die Nachricht daß der Kronprinz v. Schweden sein Hauptquartier nach Wahren verleget, ich werde morgen Abend dahin abgehen.


1) Zu dem Ende wurde unterm 28. eine neue Rekrutenaushebung von 650 Mann, vom 19. Jahre exclusive, bis zum 25. inclusive aus den sämmtlichen Kirchspielen des Landes ausgeschrieben.
2) Diese und die weiterhin gegebenen Nachrichten vom spanischen Kriegsschauplatze sind unrichtig. Den Engländern gelang es erst im Spätherbst, die Grenze Frankreichs zu überschreiten; sein Winterquartier bezog Wellington in Biarritz gegenüber den französischen Truppen, die Bayoune besetzt hielten.
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d. 3ten August.

Heute ist des Königs von Preussen Geburtstag, wir haben den Tag zu feiern ein diner im pavillon gehabt . . . . . . 1 )

Abends war Ball.

Wie ich nach Wahren abreisen wollte, kam die Nachricht daß der Kronprinz in Röbel sey, dort unser Cavallerieregiment mustere, 2 ) u. über Grabow u. Boitzenburg nach Wismar gehe. Ich werde mich also übermorgen dahin begeben. Unsere Truppen haben aufs neue eine andere Bestimmung erhalten. 3 ) Die sämmtliche Infanterie marschirt in die Gegend von Wismar, wahrscheinlich auch die cavallerie, welche von der Division Vegesack getrennt jetzt zur Division Posse stößet.

Man glaubt daß Napoleon am stärksten jetzt hier gegen die Elbe vordringen will.

d. 4ten August.

Der Kronprinz hat aufs neue unser Cavallerieregiment bei der Division Fegesack gelassen. 4 )

d. 5ten August.

Diesen Morgen fuhr ich nach Wismar, kam um 1 Uhr Mittags in dem Augenblikke an in welchem der Kronprinz hieher abfahren wollte. Ich habe aber noch eine lange Unterredung mit ihm gehabt. Ich folgte ihm hieher wo ich auch noch lange mit ihm sprach, und er mir einen sehr interressanten Auftrag gab,


1) Hier sind einige Zeilen des Textes unterdrückt.
2) Die Musterung fand am 3. August bei Leizen unweit Röbel statt. Das Fußjäger=Regiment wurde an demselben Tage bei Plau gemustert. Vgl. v. Boddien a. a. O. S. 71 ff.
3) Nach Francke: Mecklenburgs Noth und Kampf etc. . S. 254 hätte die meklenburgische Brigade die veränderte Bestimmung auf Wunsch des Erbprinzen erhalten. Wäre das der Fall gewesen, so würde das Tagebuch wohl eine darauf bezügliche Bemerkung enthalten.
4) Die Division des Generalleutnants von Vegesack, welche einen Bestandtheil des vom Generalleutnant Grafen von Wallmoden=Gimborn befehligten Korps an der Niederelbe ausmachte und den äußersten rechten Flügel der verbündeten Armeen bildete, bestand nunmehr aus einer schwedischen Brigade unter dem Befehl des Obersten von Bergenstrohla und der meklenburgischen Brigade, kommandiert vom Generalmajor von Fallois und zusammengesetzt aus dem Grenadier=Garde=Bataillon, dem Musketier=Regiment (2 Bataillone), dem Bataillon freiwilliger Jäger, dem reitenden Jäger=Regiment (4 Eskadrons) und einer Fußbatterie (4 Geschütze). Attachiert waren der Division zwei Eskadrons preußischer Husaren unter dem Major von Schill.
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der mir ausserdem ein schmeichelhafter Beweis seines Zutrauens ist. Er setzte darauf seine Reise nach Rostock fort.

d. 6ten August.

Diesen Mittag sandte mir der Kronprinz noch einen Adjutanten mit einem Briefe in Bezug auf den mir gestern gegebenen Auftrag. In Verfolg dessen sandte ich diese Nacht einen sicheren Menschen zur See nach Copenhagen.

d. 7ten August.

General Moreau ist in Stralsund angekommen. Seine entrevue mit dem Kronprinzen ist sehr rührend gewesen. Er begiebt sich ins grosse Hauptquartier.

d. 8ten August.

Es ist die Veranstaltung getroffen worden daß bis zum 16ten wo der Waffenstillstand aus ist 8000 Mann des Landsturms sich aus verschiedenen Punkten, bei Wismar Schwerin, Boitzenburg und Dömitz versammlen werden, um dem Feinde zu zeigen daß das ganze Land zur Vertheidigung auftritt. Napoleon soll provisorisch schon den General Dufour zum gouverneur von Mecklenburg ernannt haben. Das ist impertinent. Auch hat er Mecklenburg an Dannemark angeboten als Entschädigung für das Stift Drontheim, da er wohl durch die Spanischen Begebenheiten beim Frieden doch nachgeben müsse, daß es an Schweden abgetreten würde.

d. 9ten. Wiedrigen Windes halber ist mein Bote nach Copenhagen erst diesen Morgen 2 Uhr von Warnemunde abgegangen.

d. 10ten August.

Der Kronprinz hat nur einen sehr freundlichen Brief geschrieben, und 1000 Gewehre u. 1000 Paar Schuhe für unsere Truppen bewilliget.

d. 11ten August.

Da die Mecklenburgische cavallerie so wie die anderen Truppen in die Gegend von Wismar gerückt sind, so ist der Stab u. die Schwadron meines Bruders Gustav nach Pluschow ins quartier gekommen. Ich bin heute hingereiset ihn zu besuchen.

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d. 12ten August.

In Plüschow geblieben und Abends in Gressow gegessen wo Obrist Both von der Garde cantonnirt, recht froh gewesen.

d. 13ten August.

Diesen Morgen ließ der Herzog unsere sämmtlichen Truppen, mit Ausnahme der Fußjäger welche schon an der Holsteinschen Gränze auf Vorposten stehen, in der Nähe von Plüschow maneuvriren, nachher speiseten wir in Wismar beim Landrath von Vieregge und kehrten Abends nach Doberan zurükke.

d. 14ten August.

Nichts vorgefallen. Die Nachrichten aus Spanien lauten vortreflich. Marschall Suchet soll sich mit seiner Armee zu Gefangenen ergeben 1 ) u. die Engländer 10000 Mann nach Bordeaux eingeschift haben, auch der Friede zwischen England u. America geschlossen seyn. 2 ) Wolle der Himmel daß es sich bestätiget.

d. 15ten August.

Colaincourt hat im Nahmen seines Herrn auf Verlängerung des Waffenstillstandes angetragen, Graf Metternich hat im Nahmen der Alliirten eingewilliget, wenn die Franzosen augenblicklich die Preussischen Festungen räumen würden. 3 ) Napoleons Antwort war noch nicht in Prag angekommen. 4 )

d. 16ten August.

Diesen Abend ist die ersehnte Nachricht eingegangen daß der Waffenstillstand alliirter Seits aufgekündiget und die Feindseligkeiten morgen wieder anfangen. Die Allianz mit Oestereich ist declariret, das Russisch Preussische Hauptquatier ist in Prag, die Armeen sind mit den Oestereichischen vereinigt.


1) Ein Irrthum. Suchet behauptete sich in der Provinz Valencia und zog sich erst gegen Ende 1813 an den Fuß der Pyrenäen zurück.
2) Auch diese Nachricht war falsch. Der Krieg zwischen England und den Vereinigten Staaten wurde erst durch den Frieden von Gent 24. Dezember 1814 beendet.
3) Vgl. Häusser a. a.O. 233.
4) Die Antwort Napoleon's, der an seine Nachgiebigkeit dachte, kam zu spät erst am 11.August. Um Mitternacht zwischen dem 10. und 11. unterzeichneten Anstett und Humboldt die Erklärung, daß ihre Vollmachten zur Unterhandlung erloschen seien. Auch Metternich erklärte jetzt die Frist für abgelaufen und übergab dem französischen Unterhändler Narbonne am 12. ein Manifest, welches Oesterreichs Kriegserklärung motivierte.
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Wie der Kronprinz v. Schweden die Vorposten bei Stettin bereisete, hatte man franz. Seits die Infamie troz des Waffenstillstandes ihn mit einer Bombe zu begrüssen die nicht weit von ihm platzte. Er ließ einen parlamentair aus der Vestung fordern, u. hat denselben gehörig Bescheid gesaget.

d. 17ten August.

Oestereich hat am 11ten an Frankreich förmlich den Krieg erkläret. Die Franzosen haben Lubek u. Travemunde geräumt, 1 ) alle Authoritäten sind fortgegangen u. die Geisseln entlassen. 2 ) Bei Oldeslohe haben sie ein verschantztes Lager bezogen. Ich halte es für eine Kriegslist um das hiesige Armeecorps zu trennen wenn es etwa Lubec besetzen wollte.

d. 18ten August.

Gestern Nachmittag haben die Feindseligkeiten bei Lauenburg angefangen. Die Franzosen haben attaquirt sind aber von den Alliirten zurück geworfen worden. 3 )

d. 19ten August.

Heutige Berichte meldeten daß die Franzosen in Ratzeburg wären und hier ins Land debouschirten. Den Abend aber kam die Nachricht daß es nur ein falscher Lärm gewesen wäre. Allemal ist doch in diesem Augenblikke Mecklenburg bedrohet, und da halte ich es für Pflicht mit für mein geliebtes Vaterland zu kämpfen wenn auch gleich ich eigentlich nicht militair von Metier bin. Morgen will ich mir die Erlaubniß des Herzogs erbitten zu unseren Truppen gehen zu dürfen, wo ich so lange bleiben werde als wie Gefahr für Mecklenburg ist, dann aber gehe ich zu den meinigen u. meinen gewöhnlichen Berufsgeschäften zurück.


1) Die Franzosen waren allerdings abgezogen, aber das dänische Hülfskorps hielt Lübeck bis zum 5. Dezember besetzt. Vgl. Hoffmann a. a. O. II, 148.
2) Am 26. Juni waren 32 Bürger verhaftet und nach Hamburg geführt, ihnen folgten in den nächsten Tagen noch 36, doch wurden auf Fürsprache des dänischen Konsuls in Hamburg und der dänischen Regierung die meisten bald wieder entlassen, die letzten am 19. Juli. Vgl. Hoffmann a. a. O. II, 145.
3) Davout hatte Befehl, gleich nach Ablauf des Waffenstillstandes anzugreifen. Am 17. giengen die Franzosen auf Mölln und Lauenburg vor und erzwangen den Uebergang über die Stecknitz. Tettenborn zog sich hinter die Boize nach Gresse zurück.
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d. 20sten August.

Da der Herzog es mir erlaubt hat, so bin ich den Mittag abgereiset und des Abends in Wismar angekommen, wo ich erfuhr daß die Mecklenburgischen Truppen noch in u. bei Grevismuhlen ständen.

d. 21sten August.

Ganz zeitig reisete ich nach Grevismühlen, besuchte die Garde u. das Regiment welches eine halbe Meile davon standen u. hoffte mit meinen LandesLeuten fechten zu können. Der General Vegesack aber bewies mir daß es jetzt nicht dazu kommen würde indem der Stärke des Feindes wegen man rückwärts eine position bei Schwerin u. Wismar nehmen würde, er mir daher riethe fürs erste nach Doberan zurückzukehren.

d. 22sten August

mit schwehrem Herzen nach Doberan zurückgereiset.

d. 23sten August u. d. 24sten August.

Der Herzog hat beschlossen den Landsturm in Masse aufzubieten, und mich mit den nöthigen Vollmachten dazu versehen ihn anzuführen, er selbst wollte demnächst sich an die Spitze stellen. Er sandte mich deshalb mit dem Generalcommandeur Obristlieutnant von Bassewitz 1 ) ins Hauptquartier des Grafen Wallmoden um mit ihm das nöthige zu verabreden, damit sich der Landsturm unter gehöriger Mitwürkung des Militairs sammlen u. operiren könnte. Gegen Mittag verliessen wir Doberan, u. erfuhren unterwegens durch eine Menge Flüchtlinge, daß die Franzosen u. Dänen unter dem Marschall Davoust, bereits in Schwerin eingerükt wären. 2 ) Ich muste also einen grossen Umweg nehmen, um zum Grafen Wallmoden zu kommen, den ich in Lüblow eine Meile von Llust fand. Durch die Besetzung


1) Ulrich Carl Adolf von Bassewitz auf Schimm und Tarzotw, geb. 27. März 1781, königl. schwedischer Oberstleutnant a. D., gest. 1. Dezember 1866.
2) Davout hatte am 21. Wallmoden bei Vellahn angegriffen und zurückgedrängt; am 23. war Schwerin von den Franzosen und den vom Prinzen Friedrich von Hessen befehligten Dänen besetzt worden. Wallmoden nahm, um die Straße nach Berlin zu sichern, Stellung bei Ludwigslust. Da durch die Besetzung Schwerins die Flanke der Division Vegesack gefährdet war, so gieng diese am 24. in der Richtung Wismar=Rostock zurück. Die Franzosen folgten ihr, noch am 24. ward Wismar besetzt.
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von Schwerin war das ganze Land offen, u. General Wallmoden konnte keine Truppen zur Deckung des Landsturms geben, mithin muste für jetzt es unterbleiben. Ich verließ ihn morgens 6 Uhr, er marschierte nach Wittenburg, in der Hoffnung dort den Feind angreifen zu können. Ueber Parchim u. Güstrow muste ich zurückreisen um keinen Feind zu begegnen. In Güstrow pakten alle englische und andere depots ein, es war ein grosser wirwar Morgens.

d. 25sten August

um 6 Uhr kam ich wieder nach Doberan und fand meine Famielie nach Rostock abgereiset, weil die alliirten im retiriren waren. Ich folgte dahin um wenn keine besseren Nachrichten kämen mit den Meinigen nach Greifswalde reisen zu können.

d. 26sten August.

Den Morgen kam die Nachricht daß General Vegesack mit den Schweden u. Mecklenburgern den Mittag hier eintreffen würde. Kurz darauf kam ein courier, welcher behauptete angenehme Nachrichten an den General Vegesack zu bringen, allein leider trafen der General u. die Truppen ein, mit der traurigen Kunde, General Walmoden sey mit seiner armée zum Kronprinzen abberufen, verlasse also das Land und unsere Truppen zogen sich nach Pommern zurück, da sie dem 30,000 Mann starken Marschall Davoust nicht gewachsen sind. Für uns war also auch kein Bleiben mehr u. die Abreise nach Stralsund u. Rügen ward beschlossen, wie unglücklich wir uns fühlen das geliebte Vaterland verlassen zu müssen! Unsere Truppen weinten fast vor Wuth Mecklenburg ohne Schwertschlag zu räumen um ein fremdes Land zu dekken. Mit diesen peinigenden Gefühlen fuhren wir des Abends um 8 Uhr von Rostock ab, in Sülz der letzten Mecklenburgischen Stadt hatten die Einwohner in später Nacht alle Fenster illuminirt. Die Regierung hat auf Befehl des Herzogs Schwerin verlassen 1 ) und sich zu uns begeben, das KammerCollegium ist auch aufgelöset, damit die Feinde keine autorität vorfinden.

Mir bleibt der Trost daß das Leiden nur vorübergehend seyn, und die Befreiung Teutschlands dennoch erkaufft werden wird.

d. 27sten August.

Um Mittag kamen wir in Stralsund an. Die hiesige Regierung hatte die attention gehabt uns ins hiesige gouvernements


1) Am 22.
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palais zu logieren. Die gute liebe Fürstinn Putbus bot uns einen sicheren Auffenthalt in Putbus auf Rügen an, wohin wir denn auch übermorgen abgehen werden. Heute Abend spricht man von sehr glücklichen Ereignissen sowohl bei der armée des Kronprinzen als der grossen Armee, welches denn auch für uns glüklich sein wird.

d. 28sten August.

Diese Nacht bekam ich eine Staffette vom Obristen v. Both mit der angenehmen Nachricht, daß auf contreordre vom Kronprinzen Graf Walmoden wieder zurük auf Schwerin marchiere, u. daß General Vegesack mit den unserigen wieder auf Bützow u. Wismar vorrükke. An letzterem Orte erwartete Both heute eine affaire. Die vortreflichen Nachrichten von der Armee des Kronprinzen sind vollkommen bestätiget. Er hat die Franzosen geschlagen, General Blucher gleichfalls, 1 ) er stehet schon bei Bautzen, die Oestereicher bei Dresden u. in München. In Spanien ist nun auch Marschall Soult gänzlich geschlagen. 2 )

Nach allem diesen ist unsere Abreise nach Rügen sogleich verschoben worden, unsere Blikke wenden sich wieder nach Mecklenburg.

Den Abend bekam der Herzog einen courier vom Kronprinzen, welcher ihm die glücklichen Ereignisse meldete u. auf schleunige Aufbietung des Landsturms in Mecklenburg antrug. 3 )

Ich ritt diesen Nachmittag um die hiesigen Bevestigungen an welchen auch 400 Mecklenburger Arbeiter schanzen. Sie empfingen mich mit einem Freudengeschrei welches mich tief rührte.

d. 29sten August.

Ich war diesen Morgen mit meiner Frau nach Niederhoff


1) Schlacht bei Großbeeren am 23., Treffen bei Hagelberg am 27. - Schlacht an der Katzbach am 26.
2) Soult, der bei Großgörschen und Bautzen gefochten hatte, war dann nach Spanien gesandt worden, um Wellington's weiteres Vordringen zu hindern. Er brach Ende Juni von neuem in Spanien ein, ward aber am 27. Juli bei Cubiry geschlagen. Ein zweiter Versuch des Vordringens Ende August endete mit seiner Niederlage bei Irun und seinem Rückzuge nach Bayonne.
3) Darauf hin wurde am 29. die erste Klasse des Landsturms aus den vom Feinde nicht besetzten Distrikten Rostock, Güstrow und Waren unter dem persönlichen Befehl des Erbprinzen aufgeboten.
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Zu Frau von Normann gefahren, 1 )welches Gut sehr hübsch ist. Den Abend erfuhren wir, daß das vegesacksche corps den Feind eine meile von Rostock gefunden zu Conow u. ihn mit nahmhaftem Verlust bis hinter Cropelin zurückgeworfen hat. 2 ) Unsere Jäger zu Fuß haben sich besonders ausgezeichnet, 2 compagnien davon haben 2 Bataillon Dänen aus einem Holze vertrieben.

Kammerherr Roeder 3 ) ist heute von Schwerin gekommen. Davoust hatte ihn gesandt um dem Herzoge zu versichern daß er dem Lande keinen Schaden thun würde, wenn derselbe die Rükkehr der Regierung, oder Einrichtung einer centralcommission bewillige, um seine armée gehörig zu verpflegen. Im entgegengesetzten Falle aber wolle er eine Regierung von HusarenUnterofficieren einsetzen, u. von den Schlössern und Domainen des Herzogs solle kein Stein auf einander bleiben.

Auf solche infame propositionen erfolgt natürlich keine Antwort u. Herr v. Roeder wird bei uns bleiben.

Mein Bruder Adolph war auch heute hier in Aufträgen v. Wallmoden gesandt.

d. 30sten August.

Graf Wallmoden hat den Grafen Westphal gesandt um wegen Aufbietung des Landsturms Rüksprache zu nehmen. Es werden große rassemblements bei Rostock, Güstrow u. Goldberg gemacht deren Bewegungen Wallmoden leiten wird. Noch habe ich die Erlaubniß nicht erlangen können hinzugehen. Die Conferenz der Regierung über diese Punkte wird mir ewig merkwürdig bleiben. ich habe mich beinahe krank geärgert über alle den Unsinn den ich gehöret, über den schleppenden trostlosen Gang der Geschäfte.


1) Gattin des zum 2. Juni 1813 genannten Oberstleutnants Philipp Christoph von Normann, geb. Freiin Waitz von Eschen, in erster Ehe vermählt mit dem 1790 gestorbenen Strelitzischen Reisemarschall Peter von Walsleben, gest. 28. August 1838.
2) Gemäß dem Befehl Wallmoden's zum Wiedervorrücken brach Vegesack, dessen Division am 27. bei Rostock bivakiert hatte, am 28. in westlicher Richtung auf, stieß auf die von Franzosen und Dänen gebildete Brigade Lallemand und warf sie bei Retschow zurück.
3) Eberhard von Roeder, später Schloßhauptmann.
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d. 31sten August.

Den Morgen ging die wichtige u. erfreuliche Nachricht ein, daß die Oestereicher u. alliirten die Linien von Pirna erobert u. in Dresden sind. 1 )

Mit dem 31. August, in den Tagen des Stralsunder Exils, bricht das Tagebuch ab. Zur Ergänzung sei hier in Kürze nur noch hinzugefügt, daß die Verbannung nicht von langer Dauer war. Davout, der seine Truppen in der Stärke von angeblich 30 000 Mann zwei Lager, bei Neumühlen und Wittenförden, hatte beziehen lassen, verharrte dort eine Zeit lang in einer den Zeitgenossen unbegreiflichen und für Zaghaftigkeit angesehenen Unthätigkeit, umschwärmt von den leichten Truppen des Wallmoden'schen Corps, die seine Verbindung mit der Außenwelt auf das äußerste beschränkten. Es ist wahrscheinlich daß er, wenn es Oudinot gelang sich Berlins zu bemächtigen, nach dem in französischen Händen befindlichen Stettin durchgebrochen wäre, in welchem Falle dann die Nordarmee des Kronprinzen von Schweden zwischen zwei Feuer gerieth. Diesen Plan durchkreuzte der Sieg der Alliierten bei Großbeeren. Als Davout über diesen endlich sichere Nachricht erhielt und erkannte, daß damit seine Stellung in Meklenburg unhaltbar geworden war, räumte er in der Nacht vom 2. zum 3. September Schwerin und zog sich an die Stecknitz zurück, sein Hauptquartier in Ratzeburg nehmend; gleichzeitig verließ General Loison Wismar und warf sich nach Lübeck, worauf sogleich in Schwerin die deutsch=russischen, in Wismar die schwedischen Truppen einrückten. Am 8. September kehrten der herzogliche Hof und die Regierung in das Land, zunächst nach Rostock, zurück. Nachdem dann die Franzosen am 12 November die Stellung an der Stecknitz verlassen hatten und am 17. Ratzeburg von den Schweden besetzt war, am 5. Dezember Lübeck von den Franzosen und Dänen geräumt und durch die schwedisch=meklenburgischen Truppen in Besitz genommen, endlich am 7. Dezember das russisch=schwedische Armeekorps aus Meklenburg nach Holstein vorgerückt war, siedelte am 8. der Hof wieder nach Ludwigslust, die Landesregierung am 11. nach Schwerin über. Friedrich Ludwig hatte inzwischen thatsächlich den Oberbefehl über


1) Irrige Nachricht. In der Schlacht von Dresden am 26. und 27. August wurden die Verbündeten geschlagen und zum Rückzuge gezwungen.
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die aktive Landsturmbrigade (Landwehr) übernommen und war mit ihr am 7. Dezember für kurze Zeit (bis zum 18. Dezember) nach Bergedorf und Schwarzenbek marschiert, kam aber nicht ins Gefecht, während die Fußjäger am 6. Oktober bei Schlagbrügge, beide Jägerregimenter am 10. Dezember bei Sehestedt sich mit Ruhm bedeckten. Der eigentliche Landsturm, den auf 15 000 Mann zu bringen die Regierung durch Wallmoden und den Kronprinzen von Schweden wiederholt gedrängt wurde, trat überhaupt nicht in Thätigkeit.

Eine ernstere militärische Aufgabe stellte dem Erbprinzen beim Beginn des Jahres 1814 der weitere Fortgang des Krieges gegen Frankreich. Ihm war am 24. Januar eine Tochter geboren worden; mit der Meldung dieses Ereignisses an den Herzog verband er die Bitte, es möge "nur eine ganz kleine Taufe" stattfinden, und zwar möglichst bald, da er sonst wohl nicht zugegen sein könne, denn er war dazu ausersehen, die meklenburgische Brigade bei der Armee des Kronprinzen von Schweden auf dem Feldzuge nach dem Niederrhein zu führen. Die Taufe der Prinzessin, die den Namen Helene erhielt und dereinst als Herzogin von Orleans die Augen der ganzen Welt auf sich richten sollte, fand in der That schon am 30. Januar statt. Am 15. Februar verließ der Erbprinz Ludwigslust und traf am folgenden Tage in Hannover bei seinen Truppen ein, mit denen er am 7. März bei Düsseldorf den Rhein überschritt. Freilich war es keine lohnende Aufgabe, die den meklenburgischen Soldaten und ihrem fürstlichen Führer in diesem Feldzuge zufiel: ihre ganze Thätigkeit beschränkte sich auf die Blockade der Festung Jülich vom 24. März bis zum 22. April, an welchem Tage sie durch dänische Truppen abgelöst wurden um über Aachen nach Verviers zu marschieren. Immerhin hatte Friedrich Ludwig, der sein Hauptquartier zu Aldenhoven am linken Ufer der Roer genommen hatte, bei einem Ausfall der Belagerten am 5. April Gelegenheit, achtungswerthe soldatische Eigenschaften zu bethätigen. Ueber seine ganze Wirksamkeit in diesen Tagen schrieb einer seiner Offiziere: "Die Aufmerksamkeit und Thätigkeit unseres, von uns Allen im höchsten Grade geliebten Erbprinzen ist eine erfreuliche Erscheinung und um so mehr zu bewundern und zu ehren, als er in dem Kriegshandwerk nur erst kurze Zeit gelebt hat." 1 )

Inzwischen hatte am 31. März Paris kapituliert, der Feldzug nahte seinem Ende. Nach dem Einrücken seiner Brigade in


1) Francke a. a. O. S. 416.
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Verviers und dessen Umgegend am 25. April übergab Friedrich Ludwig das Kommando an den Obersten von Both und gieng mit seinen Brüdern nach Paris. Als dort am 30. Mai der Friede unterzeichnet war, erhielt am 4. Juni die Brigade den Befehl, den Rückmarsch nach Meklenburg anzutreten. An ihrer Spitze überschritt der Erbprinz am 9. Juli die Elbe bei Boizenburg, am 11. zog er in Schwerin, am 17. in Rostock ein, wo am 21. die Auflösung der Brigade erfolgte. Friedrich Ludwig verabschiedete sich von seinen "geliebten Kriegskameraden" in einem schönen Tagesbefehl vom 21., 1 ) in dem es u. A. heißt: "Se. Herzogl. Durchl. haben die Gnade gehabt, mir zu versprechen, daß, wenn jemals unseres theuren Vaterlands Ruhe und Unabhängigkeit einen neuen Kampf erfordern könnte, Sie mich wieder mit ihnen vereinigen würden."

Dieser Fall, den der erwähnte Tagesbefehl als "glücklicherweise nicht vorauszusehen" bezeichnete, trat gleichwohl mit der Rückkehr Napoleon's von Elba ein. In dem neuen Kriegszuge gegen Frankreich übernahm Friedrich Ludwig, dem inzwischen am 2. Mai seine Gemahlin wieder einen Sohn, Magnus genannt, geboren hatte und der nun, seit am 14. Juni das Haus Meklenburg die Großherzogliche Würde angenommen hatte, Erbgroßherzog war, wieder den Oberbefehl über die Truppen, unter denen sich diesmal statt der aufgelösten beiden Jägerregimenter drei Bataillone Landwehr befanden. Am 1. Juli hielt Friedrich Ludwig Heerschau in Schwerin, am 8. rückte die Brigade aus, um zum Armeekorps des Generals von Kleist zu stoßen. Der Verlauf des Feldzuges gestaltete sich für die Meklenburger womöglich noch unbefriedigender als im Jahr zuvor, er brachte ihnen ermüdende Märsche und Verpflegungsschwierigkeiten zur Genüge, aber bei der ihnen zugewiesenen Blockade von Montmedy und der Belagerung von Longwy keine Gelegenheit zur Erringung von Waffenruhm. "Bis jetzt haben wir Mecklenburger," schrieb Friedrich Ludwig am 25. August aus Thonelle vor Montmedy, "außer einem beschwerlichen Dienste und einer sehr mangelhaften Verpflegung, welche an einigen Hunger gränzt, eben keine Heldenthaten vollbracht; doch entbehren de bonne grâce ist auch schon etwas." Am 18. September wurde Longwy übergeben, am 3. November trat die Brigade den Rückmarsch an, am 12. Dezember standen die Truppen in Ludwigslust in Parade vor dem Großherzog und rückten dann in die ihnen bestimmten Quartiere


1) Abgedruckt bei Francke a. a. O. S. 428 f.
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ab. In einem Erlaß an den Obersten von Both 1 ) legte Friedrich Ludwig den Oberbefehl nieder. "Ich trenne mich nicht von meinen lieben Waffenbrüdern," heißt es darin, "ohne das Gefühl des herzlichen Dankes für alle mir von ihnen in dem nun beendigten Feldzuge bezeigte Liebe und Anhänglichkeit. Ew. Hochwohlgeboren wollen dies den Chefs und Offizieren, den Unteroffizieren und Soldaten in meinem Namen bekannt machen, und die Versicherung hinzufügen, daß die Zeit, wo ich sie zu befehligen die Ehre hatte, stets ein Freudenreiches Andenken für mich bleiben wird, so wie ich es mir zur Pflicht rechnen werde, jede Veranlassung zu ergreifen, einem Jeden von ihnen dienen und nützlich sein zu können."

So war die Kriegszeit, von deren einem Theile das Tagebuch ein so anschauliches Bild bietet, beendet und Friedrich Ludwig konnte, wie er es gewünscht hatte, "zu seinen gewöhnlichen Berufsgeschäften zurückgehen."

 

Vignette

1) Bei Francke a. a. O. S. 459 f.
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III.

Zur

Urgeschichte des Geschlechts von Pritzbuer.

Von

cand. hist. Erich Gritzner in Steglitz.

~~~~~~~~~~~~~~~~

I m 32. Bande der Jahrbücher hat der Geh. Archivrath Dr. Lisch gelegentlich anderer Forschungen es unternommen, auf Grund vier damals schon erschienenen vier ersten Bände des Meklenburgischen Urkundenbuchs und des Codex dipl. Pomeraniae Kosegartens Licht in das vielfach von Sagen durchwobene Dunkel der Urgeschichte der Familie von Pritzbuer zu bringen. Allein einige fehlerhafte Interpunktionen, die ihm Schwierigkeiten bereiteten, und eine vorgefaßte Ansicht, von der er sich nicht zu befreien vermochte, verhinderten den sonst so scharfblickenden Forscher, ein klares Bild der etwas verwickelten Verhältnisse zu gewinnen. Zudem sind seit dem Jahre des Erscheinens des Lisch'schen Aufsatzes (1867) durch das Pommersche Urkundenbuch theils verbesserte Lesungen bereits bekannter Urkunden, theils ganz neue Urkunden auf den Plan getreten.

Es wird sich daher verlohnen, das gesammte Material noch einmal nachzuprüfen und mit dem neu hinzugetretenen zu vergleichen und in Beziehung zu setzen, und das soll der Zweck der nachfolgenden Studie sein. Vielleicht läßt sich jetzt doch ein günstigeres Ergebniß über die älteste Geschichte der von Pritzbuer aus dem Quellenmaterial feststellen.

Zum ersten Male erscheint in Meklenburg der Name Pritzbuer in der Form Priceburh in einer Urkunde vom

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1. Mai 1262 (M. U.=B. II, Nr. 947). Hier tritt ein Knappe des Namens als Zeuge im Gefolge des Fürsten von Werle auf. In einer zweiten vom 25. September 1270 (Nr. 1199) tritt derselbe als "miles", als Ritter auf, zusammen mit einem Bruder, der gleichfalls Ritter ist, aber ohne Namen gelassen wird ("Priscebure et frater suus"). Letzterer erhält bei dem gemeinsamen Auftreten 16. April 1273 (Nr. 1283) den Vornamen "Johannes" und beide den Zusatz "dicti de Robele", d. h. in Röbel wohnend; im selben Jahr am 23. April (Nr. 1284) werden beide genannt "filii domini Jeroslai" (eine Bezeichnung, an die später anzuknüpfen ist), und ferner am 29. April 1273 (Nr. 1285) nur einfach "Priseburius et Johannes frater suus" bezeichnet. 1274, 13. Januar (Nr. 1314) tritt Priscebur allein ohne seinen Bruder in Röbel auf. - Soweit befinde ich mich mit Lisch im Einklang. Allein schon die nächste Urkunde stellt mich seiner Ansicht entgegen: diese Urkunde, datirt Röbel, 5. Juni 1274 (Nr. 1327), nur überliefert im Havelberger Kopialbuch, führt Lisch dazu, anzunehmen, daß der hier genannte Prizbur nicht identisch sei mit dem obigen: denn hier würde neben ihm als "frater eius" genannt "Sabellus de Redichsdorp". - Nun vergleiche man diese Verbindung (Prizbur et frater eius) mit den andern in der Zeugenreihe: es steht direkt davor: "Henricus et frater eius de Holdorp." Hier ist der Name des Bruders ebenso ausgelassen worden, wie das auch in der Urkunde Nr. 1199 (1270) der Fall war: "Priscebure et frater suus." In letzterer Urkunde müßte man dann auch den aus "frater suus" folgenden Namen Harnet Bere mit Priscebur verbinden, analog wie oben Lisch es mit Zabel Restorf that. Nun ist aber ein Pritzbur Behr (nach Lisch, Gesch. des Geschl. v. Behr) nicht nachweisbar. Andererseits ergiebt auch schon die Zeugenreihe der voraufgehenden Urkunde (Nr. 1314), daß Priscebur und Zabel Restorf keine Brüder waren, sonst wären sie hier nicht durch sieben andere Personen getrennt genannt, sondern der Zusammengehörigkeit halber ebenso nahe aneinander gerückt. 1 ) Lisch ist zu seiner falschen Auffassung nur durch Wigger's Abdruck der


1) Zabel Restorf erscheint, wie Lisch selbst anmerkt, von da an nur noch als brandenburgischer Vasall und hat laut Cod. dipl. Brandenb. von Riedel (vergl. Register) in einer Urkunde von 1263 noch vier Brüder und zwei Schwestern, keiner der Brüder aber heißt Pritzbur. - Die Weglassung der Namen ist gar nicht sehr selten, so auch 1254 (II, 731) Harnith dictus Bere et fratres sui; 1230 Her. comes de Orlamunde et frater suus (I, 374); 1194 Heinricus de Reken et frater eius (I, 156).
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Urkunde vom 5. Juni 1274 im Meklenburgischen Urkundenbuch (II, 1327) verleitet worden, wo unbegreiflicher Weise bei den Worten "Prizbur et frater eius, Sabellus de Redichsdorp" das in Wigger's Vorlage, dem Codex dipl. Brand. Riedels, stehende Komma weggelassen wurde. Setzt man das Komma wieder ein, so fällt auch die Vermuthung Lisch's, daß wir es hier mit einem andern Ritter des Namens Pritzbur, einem Gliede der älteren Familie von Restorf, zu thun haben.

Lisch sagt nun in der angeführten Abhandlung weiter, nachdem er bemerkt hat, daß die Brüder Pritzbur und Johannes 1 ) (laut Urkunde Nr. 1284) die Söhne des Ritters Jeroslaus sind, letzterer sei ein Bruder des Ritters Unislaus, und alle diese könnten wohl dem Geschlecht derer von Havelberg zugeschrieben werden. Diese letzten beiden Behauptungen sind durchaus anfechtbar. Schon das Register zu Bd. 1 - 4 des Urkundenbuches macht zu der Bezeichnung "Bruder" bei Unislav und Jeroslav und ebenso zu ihrer Zugehörigkeit zur Familie von Havelberg ein Fragezeichen. Wie Lisch aus dem zufälligen Nebeneinanderstehen des Unislav und Jeroslav und wohl auch daraus, daß beide Kastellane von Röbel sind, auf ein verwandtschaftliches Verhältniß der beiden, wo ein sonstiger urkundlicher Beweis fehlt, schließen kann, ist unverständlich. Ein sicherer Beweis vom Gegentheil ist der Umstand, daß, während bis 1244 Unislav voransteht, seit 1249 Jeroslav zuerst genannt wird. Brüder werden stets in der ihnen dem Alter nach zukommenden Reihenfolge genannt. Daß Lisch die angeführten Personen der Familie von Havelberg zuwies, kann nur aus dem Umstande erklärt werden, daß er noch in keiner Weise die in Nr. 377 transsumirte Urkunde vom Jahre 1230 für unecht hielt, obschon damals schon schwere Bedenken gegen die Jahreszahl geltend gemacht waren. Aus dieser Fälschung entnahm nun Lisch die drei Gebrüder Pritzbur, Johann und Gerslav als "heeten Havelberge". 2 ) Der letztere, Gerslav, ist nun überhaupt nicht anderweitig in dieser Zeit nachweisbar. Der Name ist bei der augenscheinlichen Verstümmelung des echten Textes durch Zusammenziehen der Zeugenreihe aus der von Dr. Wigger (II, Nr. 1284 Anm.) mit Recht als Vorbild angesehenen Urkunde (Nr. 1284) vom 23. April 1273 wohl durch den Passus "filii


1) Ueber Jaroslav s. später.
2) In Jahrb. II, 97 verwendete Lisch nur Hans und Gerslav für die Familie von Havelberg und quälte sich mit dem falsch verstandenen Wopen ab, einen Wohnort darunter suchend.
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domini Jeroslai" entstanden, während das "heten Havelberge" dem Familiennamen der gleich folgenden Brüder Heinrich und Berthold von Havelberg entnommen ist. Trotzdem nun Wigger in der Note zur Urkunde (Nr. 1284) die Urkunde von 1230 (Nr. 377) als offenbare Fälschung des Klosters Broda gekennzeichnet und überzeugend nachgewiesen hat, und namhafte andere Forscher (Klempin, Pomm. U.=B. I, S. 214 und Kratz, Gesch. des Geschl. v. Kleist I, S. 721) sich diesem Urtheil angeschlossen haben, hiermit aber auch die Zugehörigkeit der Brüder Prizbur und Johann zu den von Havelberg hinfällig wird, findet sich dennoch in fast allen neueren die Familie von Pritzbuer mitbehandelnden Arbeiten die alte Behauptung: daß die Pritzbuer und Havelberg stammverwandt sind. 1 )

Haben wir so die Brüder Prizbur und Johann und ihren Vater Jeroslaus hoffentlich endgültig der Familie von Havelberg entrissen und als Vorfahren der Familie von Pritzbuer gerettet, so fragt es sich, ob sich denn über Jeroslaus hinaus dieses Geschlecht in Meklenburg nicht weiter verfolgen läßt. Allerdings wird es sich dabei nicht vermeiden lassen, daß wir den gesicherten Boden des urkundlichen Beweises etwas verlassen und uns auf das Gebiet der Vermuthungen begeben, aber es sind doch immer noch solche Vermuthungen, die in sich den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit tragen, so daß wir berechtigt sind, für sie, solange das Gegentheil nicht bewiesen werden kann, den Charakter der historisch erwiesenen Thatsache zu beanspruchen.

Jeroslaus tritt zuerst 1239 (Urkunde Nr. 499) beim Fürsten von Werle in Meklenburg auf, wird 1241 (Urkunde Nr. 523) "miles de Robele" und 1242 (Urkunde Nr. 541) als "castellanus de Robele" bezeichnet. Aus dieser doch sehr verantwortungsvollen Stellung der Burgmannschaft und aus dem Umstand, daß er schon im dritten Jahre seines Auftretens in Meklenburg Ritter genannt wird, kann man wohl auf ein schon höheres Alter des Jeroslaus schließen, zumal er schon nach dem Jahre 1257 nicht mehr erscheint. Vor dem Jahre 1239 aber findet sich in Meklenburg von einem Knappen Jerolaus keine Spur. Dagegen


1) z. B. noch in der äußerst werthvollen Arbeit des Dr. Crull: Ueber die Wappen der meklenburgischen Geschlechter (in Meklenb. Jahrb., 52. Jahrg., 1887, S. 101). Die dort gelieferte, an sich sonst sehr zusagende Erklärung der schwierigen Frage, woher sich das Wappen des Geschlechts gänzlich verändert hat: nämlich daß der geköpfte Doppeladler der Pritzbuer ans den Havelberg'schen gestürzten Flügen entstanden sei, wird nach obigem Ergebniß leider auch hinfällig.
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hat schon G. Kratz (in seiner Geschichte des Geschl. v. Kleist 1873) darauf hingewiesen, daß dieser Jeroslaus vielleicht erst nach Meklenburg eingewandert und identisch mit einem Gleichnamigen in pommerschen Urkunden ist. Dieser pommersche Jeroslaus oder Jaroslaus wird zuerst 1224 als Zeuge des Herzogs Barnim I. (Klempin, Pomm. U.=B. I, Nr. 219) zusammen mit seinem Vater Prisnobor erwähnt und läßt sich dort 1229, 1234 und 1235 mit diesem zusammen nachweisen (Pomm. U.=B. I, Nr. 257, 302, 311). Von dieser Zeit aber tritt der Vater Prisnobor (auch Priznibor, Prisnibor, Priscebur geschrieben) stets allein auf bis 1240.

G. Kratz weist mit Recht darauf hin, daß um diese Zeit der Verkehr zwischen den Gegenden von Stettin, wo der Vater Prisnobor ansässig war, und Röbel, wo Jaroslaus zuerst in Meklenburg 1239 erscheint, ein sehr belebter war, und daß viele Edle bald in Pommern, bald in Meklenburg auftreten (wie das Beispiel der Gebrüder Lippold, Theodericus und Harnith Behr dies urkundlich nachweist). Der leitende Faden aber, um die in pommerschen und meklenburgischen Urkunden zeitlich nach einander auftretenden beiden Jaroslaus zu identifiziren, und damit die Herkunft des meklenburger Jaroslaus aus Pommern festzustellen, ist der Name des Vaters des pommerschen Jaroslaus Prisnobor (Priznibor etc. .), und vor Allem die Form Priscebur (M. U.=B. I, Nr. 401; Pomm. U.=B. I, Nr. 264). Da der älteste Sohn des Jaroslaus in Meklenburg Priscebur genannt ist und es damals allgemein üblich war, den ältesten Sohn mit dem Namen des väterlichen Großvaters zu belegen, so folgt hieraus mit Nothwendigkeit, daß der jüngere Priscebur einen gleichnamigen Großvater haben muß. Da ein solcher in Meklenburg vor 1239 urkundlich nicht nachweisbar ist, dagegen aber in pommerschen Urkunden ein solcher auftritt, so ist, glaube ich, damit die Herkunft des meklenburger Jaroslaus aus Pommern zur höchsten Wahrscheinlichkeit erhoben. 1 )

Der Vater des Jaroslaus, Prisnobor, wird 1219 als camerarius des Herzogs Bogislaw II. von Pommern genannt (Pomm. U.=B. I, Nr. 196); in einer Urkunde aus nahezu gleicher Zeit in Stetin (ebda. Nr. 197). 1228 tritt er zweimal mit dem Beisatz de Stetin (ebda. Nr. 250, 251), 1235 und 1236 wieder als camerarius de Stetin auf (ebda. Nr. 311, 328). Ein


1) Dieser Schlußfolgerung nach hat auch schon das Register zum Pomm. U.=B. I. Bd. die in Frage stehenden Personen so angeordnet.
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Mal nur tritt er um 1232 in einer Originalurkunde des Schweriner Archivs als Priscebur castellanus de Stetyn uns entgegen (Pomm. U.=B. I, Nr. 264; M. U.=B. I, Nr. 401), während er ein anderes Mal 1235 als vir nobilis in Stetin bezeichnet wird. Ohne weitere Bezeichnung erscheint er 1220 (Nr. 199), 1235 (Nr. 312), 1237 (Nr. 339) und 1240 (Nr. 373). Nach diesem Jahr wird er nicht mehr erwähnt, dagegen werden 1267 (Pomm. U.=B. II, Nr. 843) und 1268 (Pomm. U.=B. II, Nr. 862) als "filii Prisnibori" die Ritter Pribislaus und Dubeslaus im Gefolge der pommerschen Herzöge genannt, welche G. Kratz in seiner Gesch. des Geschl. v. Kleist als Stammväter der Familien von Kleist und von Woedtke nachzuweisen versucht hat. Ich verweise, ohne näher auf diese Darlegung einzugehen, auf die betreffende Arbeit. 1 )

Prisnobor tritt nun stets ohne jede Bezeichnung seiner Abstammung auf, doch dürfte, analog der obigen Auseinandersetzung, für seinen Sohn Jaroslaus, als seinen Aeltesten, ein Großvater Jaroslaus zu beanspruchen sein. Ein solcher wird nun, allerdings ein einziges Mal, am 13. November 1175 (Pomm. U.=B. I, Nr. 66) in Treptow als "camerarius" beim Fürsten Kasimir von Pommern erwähnt. Wenn man bedenkt, daß Prisnobor ein Mal mit der damals seltenen Bezeichnung "vir nobilis" (Pomm. U.=B. I, S. 244), dann 1220 als erster Laienzeuge und unter lauter Zeugen aus dem Herrenstande, den "Zupanen", steht, er selbst das wichtige Amt eines Kämmerers und Kastellans bekleidet, so muß schon sein Vater eine hervorragende Stellung am pommerschen Fürstenhofe eingenommen haben. Der Kämmerer Jariszlav von 1175 (der auch zeitlich ganz gut mit Prisnobor zusammengebracht werden kann, insofern dieser schon um 1175 - sein ältester Sohn Jaroslav tritt 1224 schon als Zeuge auf! - geboren sein muß) besitzt nun diese hervorragende Stellung wie der Sohn. Denn das Kämmereramt war nach slavischer Sitte kein Hof=, sondern ein Verwaltungsamt, welches direkt nach dem ersten des Kastellans im Range folgte und sicherlich nur mit dem bedeutendsten Manne der Kastellanei besetzt wurde.


1) Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, daß 1276 in Barnims I. Gefolge ein Ritter Prisniborizs erscheint (Pomm. U.=B. II, 1044); Lisch druckte in seinen Behrschen Urkunden (und danach M. U.=B. IV, 2706); Prisiborizs. Die Urkunde ist nur in zwei Transsumten durch Kopialbücher auf uns gekommen. Da vor ihm Dubislaus steht, so halte ich für wahrscheinlich, daß Dubislaus Prisniborizs als eine Person und Prisniborizs als Patronymikon aufzufassen ist.
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Ueber diesen Kämmerer Jarislav hinauszugehen, dürfte wohl unmöglich sein. Die wahrscheinliche Stammreihe der älteren Generationen ist bisher also folgende:

Stammbaum

Nachdem wir so den Stammvater und die Herkunft des Geschlechts gefunden haben, wollen wir im Folgenden vom ersten des Namens Priscebur in Meklenburg, von dem die Untersuchung ausging, aus abwärts die Stammlinie verfolgen.

Wir sahen zuletzt, daß die Brüder Priscebur und Johannes, die Söhne des Ritters Jaroslaus, zusammen 1277 (M. U.=B. Nr. 1437) vorkamen. Nach dieser Zeit wird Johannes nicht mehr erwähnt, dürfte also, wenn er nicht nach dem Vorbild seines Vaters ausgewandert ist, ziemlich jung gestorben sein. Dagegen erscheint der "dominus" Priscebur (Pritzebur) noch häufig, so 1282, 1284, 1285, 1292 und 1293, im letzten Jahre als Führer eines Geleites, welches einem brandenburgischen Vasall Conrad Wolf vom Fürsten von Werle gestellt wurde. Nach diesem Jahr tritt der Ritter jedoch nicht mehr auf. Denn meines Erachtens kann er nicht, wie Lisch vermuthet, identisch sein mit dem am 13. Oktober 1299 (M. U.=B. Nr. 2576) an letzter Stelle in der Zeugenreihe genannten Ritter Hinricus Pryssebur (NB. des ersten, der aus dem Vornamen Priscebur

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einen Eigennamen gemacht hat!), noch mit dem am 6. Juli 1300 (Nr. 2618) erwähnten, gleichfalls an letzter Stelle stehenden Ritter Pryscebur de Kelle. Vielmehr darf man diese beiden jungen Ritter, die als Knappen vielleicht in anderer Herren Dienst gestanden haben mögen, ohne Zweifel als seine ältesten Söhne bezeichnen. Wohl der letzte von diesen wird identisch sein mit dem stets unter den letzten der Zeugen aufgeführten Ritter Priscebur in den Urkunden vom 1. September 1302 (Nr. 2819), vom 9. Juni (Nr. 2938), 22. Juni (Nr. 2939) und 24. September (Nr. 2959) des Jahres 1304. Ein anderer, dritter Sohn ist zweifelsohne der in der Urkunde (Nr. 3024) vom 20. September 1305 zuerst als fürstlicher Marschall und erster unter den Knappen auftretende Prissebur, welcher (in Nr. 3064) 1306 als letzter unter den Rittern, und zwar noch in der Eigenschaft als Marschall, genannt wird. Er wird auch der Ritter Pritzebur in der Urkunde (Nr. 3178) vom 9. August 1307 sein. Vielleicht kann man auch noch, und zwaar als ältesten Sohn, der analog wie oben nach seinem väterlichen Großvater genannt ist, den 1291 (Nr. 2110) auftretenden Ritter Jerizlaus in Röbel beim Fürsten von Werle als Sohn des Ritters Priscebur d. Ae. hinzu nehmen. Dieser erscheint nur dies eine Mal, ist anscheinend also jung, vielleicht im Kriege, gestorben. Nach 1307 hören wir nichts mehr von diesen vier muthmaßlichen Söhnen des Priscebur des Aelteren; sie scheinen mithin bald darnach gestorben zu sein; denn auch die für die weitere Forschung äußerst wichtige Urkunde (Nr. 3680) vom 17. März 1314 nennt sie nicht mehr. In dieser Urkunde wird von den Fürsten von Werle der Verkauf von Besitzungen bei Poppentin an das Kloster Malchow seitens der Gertrud, Wittwe des Ritters Priscebur, bestätigt. Diese Wittwe kann nur die des nach 1293 verstorbenen Priscebur des Aelteren sein, denn sie hat zwei erwachsene Söhne Johann und Vicco, Knappen. Diese haben ferner zwei "patrueles", eine Bezeichnung, die man für diese Zeit wohl richtig mit "Neffe" deutsch wiedergeben kann. Der ältere dieser patrueles ist zwar Knappe, muß aber noch sehr jung sein, da ihm die Koseform des Namens Priscebur - Prisceko - beigelegt wird (vergl. einen gleichen Fall unten); der zweite scheint noch unmündig, da nicht einmal sein Name genannt ist. Ich halte nun dafür, daß Johann und Vicco die jüngsten Söhne des Priscebur des Aelteren und der Gertrud sind und deren patrueles die später auftretenden Söhne eines der drei ältesten Brüder. Zur Uebersicht des bisher Gewonnenen diene die zusammenfassende Tafel am Schluß.

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Eine große Lücke, welche sich in dem Zeitraum von 1314 bis 1333 für die weitere Forschung findet, insofern der Name Pritzbur nicht ein einziges Mal vorkommt, vermehrt die an sich schon bedeutenden Schwierigkeiten, ganz sichere Resultate zu erzielen. Sie läßt die Vermuthung wach werden, daß in diesem Zeitraum auch die letzten Söhne des alten Ritters Priscebur, die erwähnten Knappen Johann und Vicco, die (nach Nr. 3715) als fratres dicti Pritzebur zuletzt am 2. Oktober 1314 als Zeugen der Fürsten von Werle in Güstrow erscheinen, mit Tode abgingen und nur Kinder im jugendlichsten Alter nebst denen der drei älteren Brüder zurückließen. So erklärt sich wenigstens am wahrscheinlichsten das gänzliche Fehlen des Namens Pritzbur in den Zeugenlisten der Herrn von Werle. Wie gesagt, erst das Jahr 1333 (Urkunde Nr. 5386 vom 2. Januar) macht uns wieder mit einer Anzahl Familienmitgliedern bekannt. Da verkaufen Gerslav von Walow, Pryscebur von Karghow (Karchow), Pryscebur von Kelle und Dubeslaus von Kelle Fischereigerechtigkeiten im Kölpinsee, und es stehen unter den Zeugen die Knappen Prysceko de Grabenisze und die Brüder Hinricus und Hennekinus Priscebur de Poppentin. Die Verkäufer besaßen die Gerechtigkeiten zur gesammten Hand, sind daher wohl, wenn nicht alle Brüder, so doch Vettern, sicherlich aber alle der späteren Familie von Pritzbuer zugehörig. 1 ) Die beiden auf Kelle ansässigen Pryscebur und Dubeslaus darf man ohne Zweifel dem Ritter Pryscebur von Kelle als Söhne zuweisen, und sind diese vielleicht identisch mit den 1314 auftretenden Prysceko und dessen unbenannten Bruder; Gerslav von Walow und Pryscebur von Karghow vielleicht dem Marschall Prissebur. Denn für die Brüder Heinrich und Henneke Pritzbur auf Poppentin möchte ich den Ritter Heinrich Pryssebur als Vater mit Beschlag belegen aus mehreren Gründen: 1) besaß schon der alte Ritter Pryscebur Poppentin, wie aus dem Verkauf seiner Wittwe hervorgeht. Heinrich war wenigstens nach dem Auftreten wohl der älteste Sohn, wenn wir von dem als sehr jung und kinderlos verstorben angenommenen Ritter Jeroslaus als ältesten Sohn absehen, und wird dies Hauptgut auf seine Söhne vererbt haben; 2) trägt der älteste der 1333 erwähnten Poppentiner Brüder und ebenfalls auch sein 1358 auftretender Sohn den Namen Heinrich, woraus man wohl auf einen Träger dieses in dem Zweige forterbenden Namens als Vater schließen darf.


1) Pryscebur de Kelle besaß z. B. auch in Walow Güter, wie aus seiner Schenkungsurkunde (Nr. 5598) an die Johanniskirche zu Altröbel am 11. Juni 1335 hervorgeht, ebenso wie der darnach benannte Gerslav von Walow.
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Der durch die Koseform (wie oben) als noch jugendlich gekennzeichnete Knappe Prysceko von Grabenitz nennt sich seit 1344 Priscebur von Grabenitz und späterhin 1346 und 1347 (Nr. 6722) Bruder eines Heinrich Priscebur von Grabenitz und dieser wieder in derselben Urkunde von 1347 einen Sohn des verstorbenen Knappen Vicco von Grabenitz. Außerdem tritt seit 1345 noch als Sohn von Vicco's älterem Bruder Johannes und als Stiefsohn einer Hanna von Vietgest ein Knappe Johann (Hennekin) Priscebur von Küz auf. Alle genannten, mit Ausnahme der nicht wieder auftretenden Gerslav von Walow, Pryscebur von Karghow und des nur noch einmal 1335 mit Pryscebur von Kelle erwähnten Dubeslaus, nennen sich in den folgenden Urkunden untereinander "patrui". Diese Bezeichnung darf man nun in dieser Zeit ebenso wie oben den Ausdruck "patrueles", nicht in der streng klassischen Bedeutung "Oheim" durchweg auslegen. Sie bedeutet vielmehr ein sehr wechselndes Verwandtschaftsverhältniß und wird am häufigsten für die Söhne von Brüdern, also Vettern, angewandt (ein Wort, welches ja mit "patruus" eines Stammes ist). Für unsere Betrachtung paßt dieser Verwandtschaftsgrad nun bei der Anwendung auf die einzelnen Familienmitglieder ausgezeichnet, wenn man nach der obigen Darlegung sie alle von Brüdern abstammen läßt.

Es mögen noch einige Vermuthungen über die Frauen der letzten Generation gestattet sein. Die zweite Frau des Knappen Johannes Pritzebur, Hanna de Vitegast (Nr. 6591) oder morans in Vitegast (Nr. 6618) ist schon erwähnt. Ihr Stiefsohn ist nach diesen Urkunden Johannes Priscebur de Kuz. Dieser tritt nun in einer Urkunde vom 23. April 1346 (Nr. 6646) unter den "amici" d. h. Verwandten des Gotemar Gamm auf, welcher mit deren Zustimmung Hebungen aus seinem Gute Goldewin an diesem Tage verkauft, und zwar ist obiger Johannes der einzige nicht zum Geschlecht der Gamm Gehörige unter diesen "compromissores" des Verkäufers. Ferner steht er in einer andern Urkunde vom 16. Februar 1347 (Nr. 6727) unter den "amici" und "compromissores" des Heinrich, Sohnes des Zubbekin Gamm, welcher ebenfalls Hebungen aus Goldewin verkauft. Diese engen Beziehungen zu den Gamm lassen es wahrscheinlich erscheinen, daß Henneke's Mutter, also des Knappen Johannes Pritzebur erste Gattin, aus dem Geschlechte der Gamm stammte.

Eine andere verwandtschaftliche Beziehung ist zwischen den Brüdern Pritzbur de Grabenitz und dem Knappen Conrad Bune festzustellen, als dessen compromissor der ältere Grabenitzer

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21. Oktober 1346 (Nr. 6685) erscheint. Andererseits steht Conrad Bune ebenso als compromissor in der Verkaufsurkunde des jüngeren Heinrich Priscebur von Grabenitz, des Sohnes von Vicko, (Nr. 6723) vom 26. Januar 1347 und zwar hier mitten zwischen andern Mitgliedern der Pritzbur. Mithin dürfen wir wohl als Mutter dieser beiden Pritzbur auf Grabenitz und Gattin des Knappen Vicko Pritzbur de Grabenitz eine Tochter des Geschlechts der Bune annehmen.

Eine dritte verwandtschaftliche Verbindung dürfen wir zwischen dem vor 24. Februar 1358 verstorbenen älteren Priscebur de Grabenitz, hier zuerst mit dem Vornamen Hennekin belegt, und dem zum Vormund seiner unmündigen Kinder bestellten Knappen Heyno Pinnowe, alias dictus Wagel (Nr. 8459 und 8471) suchen, so daß dieser letztere der Schwager des Verstorbenen, und die Mutter seiner Mündel also eine Pinnow genannt Wagel war.

Die Gesammtgenealogie würde also bis zum Jahre 1360 ungefähr so, wie die am Schluß stehende Tafel sie zeigt, sich als wahrscheinlich darstellen.

Fassen wir zum Schluß das Ergebniß kurz zusammen, so ergiebt sich: die Schwierigkeit in der Erforschung der Urgeschichte des Geschlechts besteht lediglich in dem Umstand, daß die Familie nach wendischem Gebrauch keinen eigentlichen Stammnamen bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts führt. Man ist also allein auf Analogieschlüsse angewiesen, die immerhin ein leidlich richtiges Bild zu geben im Stande sind. Man kann demnach für sicher halten, daß die Familie aus Pommern stammt, dann nach Meklenburg übergesiedelt ist, daß sie nicht stammverwandt ist mit den von Havelberg, noch mit den von Restorff, und daß die Träger des wendischen Vornamens Priscebur alle ein und derselben Familie, der späteren mit diesem Eigennamen, angehören.

Da es nun nicht mehr anzunehmen ist, daß es eine Urkunde giebt, welche bisher im Meklenburgischen und Pommerschen Urkundenbuche übersehen sein dürfte, die über die Urzeit des Geschlechts eine weitere Klarheit verbreiten könnte, so muß sich der Forscher mit dem Wenigen bescheiden, was ihm ein glücklicher Zufall erhalten hat, und aus ihm herauslesen, was herauzulesen ist. Hoffen wir, daß diese Studie der Wahrheit um ein Weniges näher gekommen ist.

 

Vignette
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Stammbaum
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LXV. Herbst 1900.

Jahresbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Inhalt: Geschäftliche Mittheilungen. Anl. A: Verzeichnis der Ein= und Ausgetretenen, Anl. B: Auszug aus der Rechnung für den Jahrgang 1898/99. Anl. C: Zuwachs der Vereinsbibliothek. Anl. D: Zuwachs der Bildersammlung 1899/1900.

D ie Mitgliederbewegung war im abgelaufenen Jahre, was den Zuwachs an neuen Mitgliedern anbetrifft, ungemein lebhaft. Im Kreise der Ehrenmitglieder und korrespondirenden Mitglieder ist keine Veränderung eingetreten. An ordentlichen Mitgliedern hatten wir im Beginn des Jahres 509. Davon sind im Laufe des letzten Geschäftsjahres ausgeschieden durch den Tod 15, durch freiwilligen Austritt 17, dagegen sind dem Vereine neu beigetreten 71, so daß wir das Jahr mit der beträchtlichen Zahl von 548 ordentlichen Mitgliedern abschließen, die bisher größte Zahl in den 65 Jahren des Bestehens.

Das Verzeichniß der eingetretenen und ausgeschiedenen Mitglieder ist als Anlage A beigegeben. Den günstigen Abschluß der Mitgliederzahl verdanken wir zumeist dem fortgesetzten Rühren der Werbetrommel durch den Vorstand, der im abgelaufenen Jahre zahlreiche Aufforderungen zum Eintritt im Lande versandte. Dieses Werbewerk soll im nun laufenden Geschäftsjahre fortgesetzt werden; wir hoffen dadurch die Zahl der Mitglieder noch erheblich steigern zu können. Am 24. April 1900 fand nach der neuen Bestimmung der Satzungen die Generalversammlung Abends im Hotel Luisenhof zu Schwerin statt. Erschienen waren 34 Personen; der zweite Präsident, Exzellenz von Bülow, führte den Vorsitz. Den Beginn machte ein Vortrag des Geheimen Oberfinanzraths Balck: zur Geschichte der meklenburgischen Domänen, der vornehmlich der Geschichte der Bauern und des Bauernstandes gewidmet war.

Der darauf vom ersten Sekretär, Geheimen Archivrath Dr. Grotefend, erstattete Bericht über die abgelaufene Zeit des Geschäftsjahres 1899/1900 verbreitete sich zunächst über den

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Personenstand des Vereins. Reiche Ernte habe der Tod unter den Mitgliedern gehalten. Manch alter Freund des Vereins weile nicht mehr unter den Lebenden. Noch heute habe der Vorstand die traurige Pflicht erfüllt, dem langjährigen Vereinsexpedienten, Archivsekretär Jahr, die letzte Ehre zu erweisen. Ihn und alle übrigen Entschlafenen wolle der Verein in ehrendem Gedächtniß halten.

Nachdem der Vortragende dann noch kurze Mittheilungen über die Fortschritte der Arbeiten an dem nunmehr vorliegenden Jahrbuch gemacht hatte, fuhr er wörtlich folgendermaßen fort:

"Am Urkundenbuche ist fleißig weiter gearbeitet worden, der 20. Band ist dem Texte nach bereits seit Ende des vorigen Jahres fertig gedruckt; von den Registern dazu hat bisher nur das Ortsregister des Archivraths von Meyenn gedruckt werden können. Die Beendung des Personenregisters hat durch die Einberufung seines Bearbeiters, des Archivars Dr. Stuhr, einen Aufschub erfahren; der Druck des Sachregisters des Dr. Techen wird sich gleich daran schließen können, so daß dieser Band noch im gegenwärtigen Kalenderjahre zur Ausgabe gelangen könnte.

Am Texte des 21. Bandes, der die Jahre von 1386 bis 1390 enthalten soll, wird eifrig weiter gedruckt. * )

Die Bearbeitung des Registers zu den Jahrbüchern war, wie in früheren Jahresberichten mitgetheilt worden ist, dem jüngst verstorbenen Archivsekretär Jahr übertragen. Die zahlreichen Namenseintragungen des 49. und 50. Bandes haben die Arbeit sehr aufgehalten, der Verstorbene ist leider dahingeschieden, ehe es ihm vergönnt war, die Verzeichnung des 50. Bandes zu Ende zu führen. Doch fehlt daran nicht viel, so daß an eine Vollendung von anderer Hand gedacht werden kann. Wir können alsdann einen Registerband über die 10 Bände von 41 bis 50 den Mitgliedern darbringen.

Hoffentlich gelingt es, auch für die folgenden 10 Bände einen Registermacher zu finden, der mit gleichem Eifer und in gleicher Treue, wie Jahr, seiner Aufgabe gerecht zu werden sucht.

Von der mit pekuniärer und moralischer Unterstützung des Vereins ins Leben gerufenen Sammlung von Volksüberlieferungen des Oberlehrers Wossidlo in Waren konnte den Mitgliedern im laufenden Jahre der zweite Band zu der vereinbarten Ermäßigung von 25 % geliefert werden. Die Kritik, namentlich


*) Bis jetzt sind 20 Bogen, bis zum Ende des Jahres 1387 reichend, gedruckt.
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der streng wissenschaftlichen Kreise, hat sich auch über diesen Band, wie über seinen Vorgänger, auf das Anerkennendste ausgesprochen. Der Verein ist stolz darauf, daß er einem so lobend anerkannten wissenschaftlichen Werke seine Beihülfe zuwenden konnte.

Im laufenden Jahre konnte der Verein wieder bei Ständen, wie Regierungen der beiden Meklenburg sich für eine Weiterbewilligung der gezahlten Unterstützung mit vollem Erfolge verwenden, so daß die Vollendung des Werkes in seinem ursprünglichen Rahmen gesichert erscheint.

Gewiß ein guter Erfolg für den verdienstvollen Herausgeber!

Vermochten wir im letzten Geschäftsberichte nur über zwei Abendsitzungen in Schwerin zu berichten, so können wir im verflossenen Winter, abgesehen von dem heutigen Abend, auf fünf Sitzungen zurückblicken, trotzdem wir erst im Dezember diese Thätigkeit begonnen haben. Wir haben somit seit dem Bestehen dieser Einrichtung die vierzigste Sitzung (mit Ausnahme der Generalversammlungen) erlebt.

Am 19. Dezember 1899 trug Geheimer Regierungsrath Dr. Schroeder vor über Christian Ludwig Liskow (erste Hälfte). Dieser Abend war auch durch die Anwesenheit Sr. Hoheit des Herzogs=Regenten ausgezeichnet.

Am 16. Januar 1900 trug Geheimer Archivrath Dr. Grotefend vor über Handschriften=Erhaltung, Zapon und Verwandtes.

Am 6. Februar vollendete Geheimer Regierungsrath Dr. Schroeder seinen Vortrag über Christian Ludwig Liskow.

Am 6. März sprach Geheimer Oberfinanzrath Balck: zur Geschichte der meklenburgischen Domänen und

am 27. März gab Oberlehrer Dr. Beltz eine Erläuterung seiner vorgeschichtlichen Karten von Meklenburg.

Der diesjährige Ausflug ging, wie vorgesehen, nach Sternberg, Tempzin und Neukloster. Unter zahlreicher Betheiligung hiesiger und auswärtiger Mitglieder, begünstigt durch herrliches Wetter und durch hülfreiche Werkthätigkeit der an den besuchten Orten wohnenden Vereinsmitglieder, verlief der Ausflug in allseitig befriedigender Weise.

Unsere Bildersammlung, die einzige noch gesondert aufbewahrte Sammlung des Vereins, hat kleine, aber nicht uninteressante Fortschritte gemacht (Anlage D). Die Bücherei des Vereins wuchs in hergebrachter Weise (Anlage C) und ist nach wie vor in der Regierungsbibliothek den Mitgliedern zugänglich."

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Die Generalversammlung nahm nach diesem Geschäftsbericht auch den Kassenbericht über das abgelaufene Geschäftsjahr 1898/99 entgegen, entlastete den Kassenführer und nahm die erforderlichen Wahlen zum Vorstand durch Zuruf unter Wiederwahl der abtretenden Herren vor.

Als Ort des Ausflugs für Juli 1900 wurden Rehna und Gadebusch bestimmt.

Zu den Vereinen und Instituten, die mit uns in Schriftenaustausch stehen, sind hinzugetreten im abgelaufenen Jahre:

1. das Schweizerische Landesmuseum zu Zürich,
2. der Rennsteigverein in Hildburghausen,
3. der Altmärkische Museums=Verein in Stendal,
4. der Verein der "Männer vom Morgenstern" in Otterndorf,
5. Rede= und Lesehalle der deutschen Studenten in Prag.

Schwerin, im September 1900.

Der zweite Sekretär:     
F. v. Meyenn.         

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Anlage A.

Verzeichnis
der ein= und ausgetretenen Mitglieder.

1. Neu eingetreten sind:

1. Bankdirektor Kommerzienrath Steiner=Schwerin.
2. Baudirektor Ahrens=Schwerin.
3. Walter Nizze=Blankenberg.
4. Pastor Otto=Brüel.
5. Geh. Kommissionsrath Brecke=Schwerin.
6. Realgymnasiallehrer Lemcke=Güstrow.
7. Generalmajor a. D. v. Amsberg=Schwerin.
8. Schulrath Ribcke=Schwerin.
9. Obersekretär Herbarth=Neiße.
10. Referendar von Lützow=Schwerin.
11. Landbaumeister Dreyer=Schwerin.
12. Gutsbesitzer Friedrich Pogge=Bartelshagen.
13. Universitäts=Professor Dr. Ehrenberg=Rostock.
14. Ober=Zolldirektor Kunckel=Schwerin.
15. Konrektor Jahr=Dömitz.
16. Königl. Staatsarchiv=Stettin.
17. Eisenbahn=Bauinspektor Brüssow=Schwerin.
18. v. Bülow' scher Familienverband.
19. Postmeister Wille=Gnoien.
20. Ober=Zollinspektor Jahn=Wismar.
21. Realschullehrer Saubert=Ludwigslust.
22. Distriktsbaumeister Alban=Waren.
23. Distriktsingenieur Günther=Schwerin.
24. Gymnasial=Direktor Dr. Kühne=Doberan.
25. Ober=Landesgerichts=Präsident Dr. Martini=Rostock.
26. Amtsassessor Dr. Lemcke=Neustadt i. M.
27. Amtmann Peeck=Neustadt i. M.
28. Pastor Peeck=Damshagen.
29. Gymnasial=Professor Roese=Wismar.
30. Universitäts=Professor Dr. Sachsse=Rostock.
31. Pastor Schlichting=Roggenstorf.
32. Amtmann Max Schmidt=Warin.
33. Oberförster von Arnswaldt=Radelübbe.
34. Oberlehrer Mewes=Wismar.
35. Pastor Stelzer=Malchow.

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36. Dr. med. Holtermann=Neustadt i. M.
37. Pastor Koch=Hohen Sprenz.
38. Pastor Pingel=Bützow.
39. Landbaumeister Timm=Grabow.
40. Amtmann Kleffel=Dömitz.
41. Präpositus Lange=Sietow.
42. Dr. med. Lettow=Wustrow i. M.
43. Pastor Tolzien=Grevesmühlen.
44. Medizinalrath Dr. Willemer=Ludwigslust.
45. Wilhelm Bosse=Rostock.
46. Dr. med. Götze=Wismar.
47. Dr. med. Degen=Rehna.
48. Drost Freiherr von Ketelhodt=Wismar.
49. Pastor Klingenberg=Brunshaupten.
50. Pastor Sandrock=Gr. Brütz.
51. Dr. med. Steyerthal=Kleinen i. M.
52. Generalleutnant Freiherr von Maltzahn, Excellenz, Schwerin.
53. Universitäts=Professor Dr. Axenfeld=Rostock.
54. Amtsrichter Wallmann=Teterow.
55. Dr. med. Neumann=Zarrentin.
56. Ober=Amtsrichter Hacker=Röbel.
57. Postdirektor Stüdemann=Plau.
58. Präpositus emer. Eggers=Rostock.
59. Distrikts=Ingenieur Schliemann=Bützow.
60. Schuldirektor Schulenburg=Rostock.
61. Pastor Siegert=Rostock.
62. Konsistorialrath Sostmann=Malchin.
63. Realgymnasiallehrer Kuhlmann=Bützow.
64. Sanitätsrath Dr. Lengefeld=Wittenburg.
65. Landbaumeister Mau=Grevesmühlen.
66. Dr. med. Oertzen=Rostock.
67. Pastor Wolff=Zittow.
68. Bauschuldirektor Bellot=Neustadt i. M.
69. Bezirks=Thierarzt Metelmann=Wismar.
70. Ober=Amtsrichter Huther=Hagenow.
71. Amtsverwalter Wildfang=Hagenow.

2. Gestorben sind:

1. Ackerbauschullehrer Wolfes=Dargun.
2. Oberst a. D. Freiherr von Sell=Schwerin.

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3. Kaufmann Regenstein=Rosario.
4. Kirchenrath Haeger=Crivitz.
5. Generalmajor a. D. von Amsberg=Schwerin.
6. Geh. Hofrath Schlaaff=Waren.
7. Ober=Landesgerichtssekretär Eilmann=Rostock.
8. Baudirektor Ahrens=Schwerin.
9. Sanitätsrath Dr. Walter=Güstrow.
10. Ober=Amtsrichter Danneel=Bützow.
11. Rechtsanwalt Monich=Grevesmühlen.
12. Schulrath Ribcke=Schwerin.
13. Rechtsanwalt Venzmer=Teterow.
14. Archivsekretär Jahr=Schwerin.
15. Brauereidirektor Kühne=Ostorf.

3. Ihren Austritt haben erklärt:

1. Bauschullehrer Ebert=Parchim.
2. Forstmeister von Oertzen=Gelbensande.
3. Verlagsbuchhändler Volckmann=Rostock.
4. Pastor Wilhelmi=Kotelow.
5. Frau von Bassewitz=Schimm.
6. Rechtsanwalt Framm=Rostock.
7. Gutsbesitzer von Barner=Bülow.
8. Oberstabsarzt Dr. Richter=Ludwigslust
9. Rechtsanwalt Kirchner=Schwerin.
10. Hauptamts=Rendant Köhler=Güstrow.
11. Amtmann J. Schmidt=Dargun.
12. Gutsbesitzer Georg Pogge=Bartelshagen.
13. Rentner Ehlers=Schwerin.
14. Superintendent Pentz=Doberan.
15. Bürgerschullehrer Boesch=Parchim.
16. Oberlehrer Flander=Parchim.
17. Buchdruckereibesitzer Willgeroth=Wismar.


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Anlage B.

Auszug aus der Rechnung der Kasse des Vereins
für Mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde
für den Jahrgang 1. Juli 1898/99

Berechnung der Vereinskasse
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Berechnung der Vereinskasse

Schwerin, 30. November 1899.

Schwerdtfeger.      


Anlage C.

Zuwachs der Vereins=Bibliothek. * )

I. Meklenburg.

1) Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock. Bd. III Heft 1. Rostock 1900.

2)* Hübbe (H. W. C.), Zur topographischen Entwicklung der Stadt Parchim. Parchim 1899.

3) Pressentin (W. v.), Geschichte und Stammtafeln der Glieder des Geschlechts von Pressentin (Prestin). Schwerin 1899.

4) Wagner (R.), Bilder aus der mecklenburgischen Geschichte und Sagenwelt. Leipzig etc. . 1900.

II. Allgemeine Geschichts=, Sprach=, Natur=, Kunst=
und Alterthumskunde.

1) Analecta Bollandiana. Tom. XVIII Fasc. 3. 4. - Tom. XIX Fasc. 1. 2. Paris - Bruxelles 1899/1900.

2) Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. Jahrg. 1899. Nürnberg.

3) Der deutsche Herold. 30. Jahrg. Berlin 1899.

4) Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. XXIV. XXV. Norden u. Leipzig 1898/99.

5) Neue Heidelberger Jahrbücher. 8. Jahrg. 2. Heft. - 9. Jahrg. Heidelberg 1898/99.

6) Jahresbericht der Männer vom Morgenstern. Heft 1. Bremerhaven 1898.

7) Korrespondenzblatt des Gesammtvereins der deutschen Geschichts= und Alterthumsvereine. 47. Jahrg. (1899) Nr. 11. 12. - 48. Jahrg. (1900) Nr. 3 - 6. Berlin.


*) Die mit einem Stern versehenen Nummern sind Geschenke der Herren Verfasser.
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8) Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Heft XXI Nr. 1. 2. Hamburg 1899.

9) Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum. Jahrg. 1899. Nürnberg.

10) Montelius (O.), Der Orient und Europa. Einfluß der orientalischen Kultur auf Europa bis zur Mitte des letzten Jahrtausends v. Chr. Deutsch von J. Mestorf. Herausgegeb. von der Königl. Akademie der Schönen Wissenschaften, Geschichte und Alterthumskunde. Heft 1. Stockholm 1899.

11) Monumenta Tridentina. Beiträge zur Geschichte des Concils von Trient, begonnen von A. v. Drussel, fortgesetzt von K. Brandl. Heft 4. 5. München 1897/99.

12) Nachrichten über deutsche Alterthumsfunde 1899. Ergänzungsblatt zur Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1900.

13) Salm=Salm (Alfr. Prinz zu), Die Kriegsrelation Vincart's über das Jahr 1648 im fürstlich Salm=Salm'schen Archiv zu Anholt. Münster i. W. 1898.

14) Schaaffhausen (H.), Anthropologische Studien. Bonn 1885.

15) Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner= und dem Cistercienser=Orden. Jahrg. 20 (1899) Heft 2 - 4. - Jahrg. 21 (1900) Heft 1.

16) Zeitschrift für Ethnologie. 31. Jahrg. (1899) Heft 4 - 6. - 32, Jahrg. (1900) Heft 1. Berlin.

III. Preußen und Hohenzollern.

1) Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, insbesondere die alte Erzdiöcese Köln. Heft 68. 69. Köln 1899/1900.

2) Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. 30. Bd. (1899). Wiesbaden.

3) Archiv der "Brandenburgia". Bd. V. VI. Berlin 1899.

4) Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogthums Lauenburg. 6. Bd. Heft 2. Mölln 1900.

5) Die Bau= und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin. Heft I. II. III. Stettin 1899/1900.

6) Beiträge zur Geschichte des Niederrheins. Bd. XIV. Düsseldorf 1900.

7) Mansfelder Blätter. 13. Jahrg. Eisleben 1899.

8) Brandenburgia. 8. Jahrg. Nr. 4 - 12. - 9. Jahrg. Nr. 1 - 3. Berlin 1899/1900.

9) Codex diplomaticus Silesiae. 20. Bd. Breslau 1900.

10) Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg. 33. Jahrg, (1898). - 34. Jahrg. (1899). Magdeburg.

11) Pommersche Jahrbücher. 1. Bd. Greifswald 1900.

12) Bonner Jahrbücher. 104. Heft. Bonn 1899.

13) Jahrbücher der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. N. F. 25. Heft. Erfurt 1899.

14) Jahresbericht des Düsseldorfer Geschichtsvereins f. d. Vereinsjahr 1899.

15) 76. Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Breslau 1899.

16) Jahresbericht der Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier von 1894 bis 1899. Trier 1899.

17) Jahresbericht der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde über d. J. 1899. Bonn 1900.

18) 31. Jahresbericht des historischen Vereins zu Brandenburg a. d. H. 1899.

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19) Neues Lausitzisches Magazin. 75. Bd. Heft 2. Görlitz 1899.

20) Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins. 1899 Nr. 10 - 12. - 1900 Nr. 1 - 8.

21) Mittheilungen des Anthropologischen Vereins in Schleswig=Holstein. 13. Heft. Kiel 1900.

22) Mitteilungen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. 1898/99. Nr. 4. - 1899/1900. Nr. 1 - 4.

23) Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. 21. Heft. Erfurt 1900.

24) Mitteilungen des Statistischen Amtes der Stadt Dortmund. 3. Heft. Dortmund 1899.

25) Niederlausitzer Mittheilungen. VI. Bd. Heft 2 - 5. Guben 1900.

26) Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück. 24. Bd. 1899. Osnabrück.

27) Mittheilungen über Römische Funde in Heddernheim. III. Frankfurt a. M. 1900.

28) Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Jahrg. 1898. Kassel.

29) Mittheilungen aus dem Stadtarchiv von Köln. 29. Heft. Köln 1899.

30) Mittheilungen des Historischen Vereins für die Saargegend. VII. Heft. Saarbrücken 1900.

31) Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Hohenzollern. 32. Jahrg. 1898/99. Sigmaringen.

32) Monatsblätter. Herausgegeben von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde. 1899.

33) Historische Monatsblätter für die Provinz Posen. I. Jahrg. (1900) Nr. 1 - 7. Posen.

34) Altpreußische Monatsschrift. 36. Bd. Heft 3 - 8. - 37. Bd. Heft 1. 2. Königsberg in Pr. 1899/1900.

35) Roczniki Towarzystwa Przyjaciol Nauk Poznánskiego. Tom. XXVI zeszyt 2 - 4. Poznan 1900.

36) Maercker (H.), Geschichte der ländlichen Ortschaften und der drei kleineren Städte des Kreises Thorn. 2. Lief. Danzig 1900. (Schriften des Westpreußischen Geschichtsvereins.)

37) Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark VIII. Heft. Landsberg a. W. 1899.

38) Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Bd. X Heft 1. Danzig 1899.

39) Schriften der physikalisch=ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg i. Pr. 40. Jahrg. (1899). Königsberg.

40) Sitzungsberichte der Altertumsgesellschaft Prussia zu Königsberg i. Pr. Vereinsjahr 1886/1900. (21. Heft.) Königsberg 1900.

41) Baltische Studien. N. F. Bd. III. Stettin 1899.

42) Dortmunder Urkundenbuch. III. Bd. 1. Hälfte. Dortmund 1899.

43) Verwaltungs=Bericht über das Märkische Provinzial=Museum für die Zeit vom 1. April 1898 bis 31. März 1899. Berlin 1899.

44) Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. N. F. 24. Bd. Kassel 1899.

45) Zeitschrift des Harz=Vereins für Geschichte und Altertumskunde. 32. Jahrg. (1899). 2. Hälfte. - 33. Jahrg (1900). 1. Hälfte. Wernigerode.

46) Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1899. Hannover.

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47) Zeitschrift des historischen Vereins für den Reg.=Bezirk Marienwerder. 37. Heft. Marienwerder 1899.

48) Zeitschrift für die Geschichte und Alterthumskunde Ermlands. Jahrg. 1898 (XII. Bd. 3. Heft). Braunsberg 1899.

49) Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. 21. Bd. Aachen 1899,

50) Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins. 41. Heft. Danzig 1900.

51) Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde. 57. Bd. Münster 1899.

52) Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens. 34. Bd. Breslau 1900.

53) Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen. XIII. Jahrg. 3. 4. Heft. - XIV. Jahrg. 1. - 4. Heft. Posen 1898/99.

54) Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig=Holstein=Lauenburgische Geschichte. Register zu Bd. 1 - 20. Kiel 1899.

IV. Die übrigen deutschen Staaten.

Hansestädte.

1) Gesammtregister über die Veröffentlichungen des Vereins für Hamburgische Geschichte und des Museumsvereins in Hamburg. Hamburg 1900.

2) Bremisches Jahrbuch. 19. Bd. Bremen 1900.

Oldenburg.

1) Back (F.), Chroniken der Pfarreien der Aemter Birkenfeld und Frauenberg. Birkenfeld 1899.

2) Back (F.), Die "Altburg" bei Bundenbach. Trier 1899.

3) Jahrbuch für die Geschichte des Herzogtums Oldenburg. 8. Bd. Oldenburg 1899.

Anhalt.

1) Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde, 7. Bd. Tl. 8. - 8. Bd. Tl. 1 - 5. Dessau 1898/99.

Sachsen.

1) Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde. 20. Bd. Dresden 1899.

2) Jahresbericht des Königlich Sächs. Alterthumsvereins über das 73. Vereinsjahr. Dresden 1899.

3) Mitteilungen vom Freiberger Altertumsverein mit Bildern aus Freibergs Vergangenheit. 35. Heft (1898). Freiberg i. S. 1899.

4) Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen. V. Bd. Heft 2. Meißen 1899.

5) Raab (C. v.), Regesten zur Orts= und Familiengeschichte des Vogtlandes. II. Bd. 1485 -1563. Plauen i. V. 1898.

6) Die Sammlung des Königlich Sächsischen Alterthumsvereins zu Dresden in ihren Hauptwerken. Lief. 2/3.

7) Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs. Bd. 6. Leipzig 1900.

Thüringen.

1) Aus der Heimath. 3. Jahrg. 2. - 4. Heft. Gotha 1899/1900.

2) Mittheilungen des Vereins für Geschichts= und Alterthumskunde zu Kahla und Roda. 5. Bandes 4. Heft. Kahla 1900.

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3) Mitteilungen des Geschichts= und Altertumsforschenden Vereins zu Eisenberg. 15. Heft. Eisenberg 1900.

4) Schriften des Vereins für Sachsen=Meiningische Geschichte und Landeskunde. 34. 35. Heft. Hildburghausen 1899/1900.

Hessen.

1) Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde. N. F. Bd. II. Heft 2. Darmstadt 1899.

2) Crecelius (W.), Oberhessisches Wörterbuch. 3. 4. Lief. Darmstadt 1899.

3) Joseph (P.), Die Halbbrakteatenfunde von Worms und Abenheim. Frankfurt a. M. 1900.

4) Quartalblätter des historischen Vereins für das Großherzogthum Hessen. 1898. 1899. Darmstadt.

5) Zeitschrift des Vereins zur Erforschung der Rheinischen Geschichte und Alterthümer zu Mainz. IV. Bd. 2./3. Heft. Mainz 1900.

Bayern.

1) Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. 41. Jahrg. Würzburg 1899. - Jahresbericht für 1898. ebd. 1899.

2) Archiv für Geschichte und Alterthumskunde von Oberfranken. Bd. 21 Heft 1. Bayreuth 1899.

3) 59. Bericht über Bestand und Wirken des historischen Vereins zu Bamberg f. d. J. 1898.

4) Jahrbuch des historischen Vereins Dillingen. 12. Jahrg. 1899. Dillingen.

5) Mitteilungen des Historischen Vereines der Pfalz. XXIV. Speier 1900.

6) Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. 13. Heft. Nürnberg 1899. - Jahresbericht über das 21. Vereinsjahr 1898. ebd. 1899.

7) Altbayerische Monatsschrift. Jahrg. I (1899) Heft 1 - 6. - Jahrg. II (1900) Heft 1 - 3. München.

8) Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. 28. Heft. Lindau 1899.

9) Sitzungsberichte der philosophisch=philologischen und historischen Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. 1899 Heft 3. - II Heft 1 - 4. - 1900 Heft 1. München 1899/1900.

10) Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg. 26. Jahrg. Augsburg 1899.

11) Zeitschrift des Münchener Alterthums=Vereins. N. F. XI. Jahrg. München 1900.

Württemberg.

1) Diöcesanarchiv von Schwaben. 17. Jahrg. (1899) Nr. 10 - 12. Stuttgart 1899.

2) Reutlinger Geschichtsblätter. 10. Jahrg. (1899) Nr. 3. 6. - 11. Jahrg. (1900) Nr. 1. 2. Reutlingen.

3) Mitteilungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben. 9. Heft Ulm 1900.

4) Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. N. F. VIII Jahrg. 1899. Stuttgart.

Baden.

1) Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung der Geschichts=, Altertums= und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften. 15. Bd. Freiburg i. Br. 1899.

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Elsaß=Lothringen.

1) Jahrbuch der Gesellschaft für Lothringische Geschichte und Altertumskunde.

10. 11. Jahrg. Metz 1898/99.

2) Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Litteratur Elsaß=Lothringens. 15. Jahrg. Straßburg 1899.

V. Oestereich=Ungarn.

1) Magyar Tud. Akadémiai Almanach 1900. Budapest.

2) Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1899 Juni. Juli. October - December. - 1900 Januar - März. Krakau.

3) Archiv für österreichische Geschichte. Bd. 85. 86. Wien 1898/99.

4) Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. Bd. 29 Heft 2. Hermannstadt 1900. - Jahresbericht f. d. Vereinsjahr 1898/99. ebd. 1900.

5) Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen. 29. Jahrg. Graz 1898.

6) Blätter des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich. 32. 33. Jahrg. Wien 1898/99.

7) Bullettino di Archeologia e Storia Dalmata. Anno XXII Nr. 5 - 12. - Anno XXIII Nr. 1 - 7. Spalato 1899/1900.

8) Carinthia I. 89. Jahrg. Klagenfurt 1899.

9) Archaeologiai Értesitö. Uj Folyam. XIX Kötet 1. - 5. Szám. - XX. Kötet 1. 2. Szám. Budapest 1899/1900.

10) Fontes rerum Austriacarum. 5. Bd. Wien 1898.

11) Jzvestja muzejskega dru_tvaza Kranjsko. Letnik IX. V Ljubljani 1899.

12) Jahresbericht des Geschichtsvereines für Kärnten in Klagenfurt für 1898.

13) Jahresbericht der Königl. Böhm. Gesellschaft der Wissenschaften f. d. J. 1899. Prag 1900.

14) Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. XXIX. Bd. 5. 6. Heft. - XXX. Bd. 1. 3. Heft. Wien 1899/1900.

15) Mittheilungen der k. k. Central=Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst= und historischen Denkmale. 25. Bd. 4. Heft. - 26. Bd. 1. 2. Heft. Wien 1899/1900.

16) Mittheilungen des Nordböhmischen Excursions=Clubs. 22. Jahrg. (1899) 4. Heft. - 23. Jahrg. (1900) 1. - 3. Heft. Leipa.

17) Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. 38. Jahrg. (1899/1900). Prag.

18) Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark. 46. Heft. Graz 1898.

19) Mitteilungen des Kaiser Franz Josef=Museums für Kunst und Gewerbe in Troppau. 2. Jahrg. 1899. Heft 1. Troppau.

20) Mittheilungen des Musealvereines für Krain. XII. Jahrg. 1899. Laibach.

21) Müller (H.), Die Repser Burg. Hermannstadt 1900.

22) Starohrvatska Prosvjeta. God. V. Sv. 2. U Kninu 1899.

23) Rapport sur l'activité de l'Académie Hongroise des Sciences en 1899. Budapest 1900.

24) Scriptores rerum Polonicarum. Tom. XVII. Kraków 1899.

25) Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch=historische Classe. 138. - 140. Bd. (Jahrg. (1898/99). Wien.

26) Topographie von Niederösterreich. V. Bd. 4. Bd. 7. - 9. Heft. Wien 1899.

27) Viestnik hrvatskoga Arkeologičkoga Družtva. N. S. IV (1899/1900). U Zagrebu 1900.

28) Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. 3. Folge. 43. Heft. Innsbruck 1899.

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VI. Italien.

1) Bullettino di Paletnologia Italiana. Serie III Tomo V Anno XXV Nr. 7 - 12. - Tomo Vl Anno XXVI Nr. 1 - 6. Parma 1899/1900.

VII. Schweiz.

1) Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde. N. F. 1899 Nr. 1 - 4. - 1900 Nr. 1. Zürich.

2) Argovia. 28. Bd. Aarau 1899.

3) Beiträge zur vaterländischen Geschichte. N. F. Bd. V Heft 3. Basel 1900.

4) Der Geschichtsfreund. 54. Bd. Stans 1899.

5) Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. 24. Bd. Zürich 1899.

6) Jahresbericht der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel über das Vereinsjahr 1898/99. Basel 1899.

7) Schweizerisches Landesmuseum in Zürich. 7. und 8. Jahresbericht 1898 und 1899. Zürich 1900.

8) Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Heft LXIV. Zürich 1900.

9) 10. Neujahrsblatt des Historisch=antiquarischen Vereins und des Kunstvereins der Stadt Schaffhausen 1900.

10) Die Wandmalereien in der Waffenhalle des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich. Zürich 1900.

VIII. Belgien.

1) Annales de la Société Archéologique de Namur. Tome 23 Livr. 1. - Tome XXIV Livr. 1. Namur 1899/1900. - Rapport sur la situation de la Société en 1898.

2) Bulletin de l'Institut Archéologique Liégeois. Tome XXVIII. Liége 1899.

IX. Niederlande.

1) Bijdragen en Mededeelingen van het Historisch Genootschap, gevestigd te Utrecht. 20. Deel. 's Gravenhage 1899.

2) De vrije Fries. IV. Reeks 1. Deel 4. Afl. Leeuwarden 1900. - 71. Verslag der Handelingen van het Friesch Genootschap van Geschied-, Oudheid- en Taalkunde te Leeuwarden, over het Jaar 1898/99.

3) Handelingen en Mededeelingen van de Maatschappij der Nederlandsche Letterkunde te Leiden, over het Jaar 1898/99. Leiden 1899. - Levensberichten der afgestorvene Medeleden etc. ib. 1899.

4) Koninklijk Oudheidkundig Genootschap te Amsterdam. Jaarverslag 1898. 1899.

5) Tijdschrift voor Nederlandsche Taal- en Letterkunde. XVIII. Deel Afl. 3. 4. Leiden 1899.

6) Vereeniging tot Beoefening van Overijsselsch Regt en Geschiedenis. Verslag van de Handelingen der 83. en 84. Vergadering. Zwolle 1899/1900. - Bescheiden betreffende de Hervorming in Overijssel, uitgegeven door J. de Hullu. I. Deventer 1899.

7) Werken uitgegeven door het Historisch Genootschap (gevestigd te Utrecht). III. Serie. Nr. 10. Briefwesseling tusschen de Gebroeders van der Goes (1659 - 1673). 's Gravenhage 1899.

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X. Luxemburg.

1) Publications de la Section historique de l'Institut Royal Grand - ducal de Luxembourg. Vol. 46. 47. 49 Fasc. I. Luxembourg 1898/1900.

XI Dänemark.

1) Aarbøger for Nordisk Oldkyndighed og Historie. 14. Bind 3. 4. Hefte. - 15. Bind 1. 2. Hefte. Kjøbenhavn 1899.

2) Vejledende Arkivregistraturer. III. Finansarkiverne. 1660 - 1848. Generalpostdirektionens Arkiv. 1711 - 1848. Kjøbenhavn 1900.

3) Mémoires de la Société Royale des Antiquaires du Nord. N. S. 1898/99. p. 165 - 296. Copenhague.

XII. Schweden und Norwegen.

1) Bergens Museums Aarbog for 1899. Bergen 1900.

2) Stavanger Museums Aarsberetning for 1891. Stavanger 1892.

3) Annerstedt (Cl.), Bref af Olof Rudbeck d. ä. rörande Upsala Universitet. II. 1670 - 1679., Upsala 1899.

4) Göteborgs Högskolas Årsskrift. V. 1899. Göteborg.

5) Bang (A. Chr.), Dokumenter og Studier vedrørende den lutherische Katekismus' Historie i Nordens Kirker. II. Christiania 1899.

6) Bilder från Skansen. Utgifna af A. Hazelius. 5. - 12. Häftet. Stockholm.

7) Edén (N.), Om Centralregeringens Organisation under den äldre Vasatiden (1523 - 1594). (Akademisk Afhandling.) Upsala 1899.

8) Foreningen for Norsk Folkemuseum. Beretning om Foreningens Virksomhed 1899. Christiania 1900.

9) Forhandlinger i Videnskabs - Selskabet i Christiania. Aar 1899. Christiania 1900

10) Fries (Th. M.), Bidrag till en Lefnadsteckning öfver Carl von Linné. VIII. Upsala 1899.

11) Norske Gaardnavne udgivne af O. Rygh. II. III. IV, 1. Bind. Kristiania 1898/1900.

12) Hacklin (A.), Olavus Laurelius. Hans lif och verksamhet. I. (1585 - 1647.) Luleå 1896.

13) Hall (Fr.), Bidrag till kännedomen om Cistercienserorden i Sverige. I. (Akademisk Afhandling.) Gefle 1899.

14) Hallendorff (C.), Bidrag till frågan om publicerandet af Nordbergs konung Carl XII: s historia. Upsala 1899.

15) Helander (J.), Haquin Spegel, hans lif och gärning intill år 1693. (Akademisk Afhandling.) Upsala 1899.

16) Meddelanden från Svenska Riksarkivet. XXIV. Stockholm 1900.

17) Oversigt over Videnskabs - Selskabets Møder i 1899. Christiania 1900.

18) Sagospelet på Skansens hösten 1899. 2. upplagen. Stockholm 1899.

19) Skrifter udgivne af Videnskabets selskabet i Christiania. 1898 Nr. 1. 6. 7. - 1899 Nr. 1.-5. Kristiania.

20) Skrifter utgifna af Humanistiska Vetenskapssamfundet i Upsala. VI. Upsala 1900.

21) Antiqvarisk Tidskrift for Sverige. XIV. Delen 1. Häftet. Stockholm.

22) Urkunder till Stockholms historia. I. 1. Häftet. Stockholm s. a.

23) Wahlström (L.), Sverges Förhållande till Danmark 1788 - 89. (Akademisk Afhandling.) Upsala 1898.

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XIII. Rußland.

1) Beiträge zur Kunde Ehst=, Liv= und Kurlands. Bd. V Heft 4. Reval 1900.

2) Sitzungsberichte der Gelehrten estnischen Gesellschaft. 1899. Jurjew 1900. - Verhandlungen etc. . 20. Bd. Heft 2. ebd. 1900.

XIV. Amerika.

1) Bulletin of the Chicago Academy of Sciences. Vol. II Nr. 2: Baker (Fr. C.), Preliminary Outline of a new Classification of the Family Muricidae. Chicago 1895.

2) Chicago Academy of Sciences. Annual Report for the Year 1895. Chicago 1896.

Der Bibliothekar:     
Dr. Schröder.        

Anlage D.

Zuwachs der Bildersammlung 1899/1900.

1) Porträt des Kammerdirektor Friedr. Ludw. von Flotow, Lithographie von W. Funke. (Geschenk des Herrn Ministerialsekretär Schwerdtfeger.)

2) Porträt der Kustodin Amalie Buchheim, Photographie. (Geschenk des Frl. Buchheim.)

3) Zwei Photographien mit Szenen aus der 25jährigen Jubelfeier des Mecklenburgischen Kriegerverbandes, 15. - 17. Juni 1900.

4) Eine Anzahl Ansichtspostkarten (Gadebusch, Ludwigslust, Rostock, Wismar).

5) Zwei Ansichten von Plau, Photographien.

Der Bilderwart:     
Dr. W. Voß.         

 

Vignette
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An die Mitglieder.

N ach dem Beschlusse einer früheren General=Versammlung sollen an die Mitglieder des Vereins die vor ihrem Eintritt erschienenen Vereinsschriften zu bedeutend ermäßigten Preisen abgegeben werden.

1. Jahrbücher und Berichte des Vereins etc. .

  1. bei Bezug mehrerer aufeinander folgender Bände: Bd. 3 - 8, 15 - 46, 48 - 62 je 1 Mk.
  2. einzelne Jahrgänge (soweit vorhanden und stets die jeweiligen letzten zwei Jahrgänge) statt 8 Mk. je 3 Mk.

2. Sonder=Abzüge aus den Jahrbüchern:

  1. Wigger, Stammtafel des Großherzoglichen Hauses (zum Aufziehen), aus Bd. 50, (statt 1,50 Mk.) 1 Mk,
  2. Crull, Die Wappen der Geschlechter der Mannschaft, aus Bd. 52, (statt 3 Mk.) 1 Mk.
  3. Techen und Crull, Ueberblick über die Geschichte Wismars und zur Geschichte der Baukunst in Wismar, aus Bd. 56, 40 Pf.,
  4. Stuhr, Die Kirchenbücher Meklenburgs, aus Bd. 60, (statt 2 Mk.) 50 Pf.,
  5. Moeller, Geschichte des Landespostwesens in Meklenburg, aus Bd. 62, (statt 5 Mk.) 1,50 Mk.
  6. Stuhr, Der Elbe=Ostsee=Kanal zwischen Dömitz und Wismar. Mit 2 Karten, aus Bd. 64, 1 Mk.

3. Register   über die Jahrbücher Bd. 1 - 30, 2 Hefte (statt 6 Mk.) zusammen 2 Mk.

- über die Jahrbücher Bd. 31 - 40 (statt 5 Mk.) 1 Mk.

4. Meklenburgisches Urkundenbuch Bd. 1 - 19, statt je 15 resp. 16 Mk., je 3 Mk.

5. daraus: Meklenburgische Siegel, 2 Hefte, statt je 4,50 Mk. je 1 Mk.

6. Crull, Nachricht von einem Todtentanze zu Wismar. 1877. 1 Mk.

Die Bücher müssen direkt von den Vereins=Sekretären bezogen werden.