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II.

Tagebuch

des Erbprinzen

Friedrich Ludwig von Meklenburg - Schwerin

aus den Jahren 1811 - 1813.

Herausgegeben von Dr. Carl Schröder.


D as erst vor Kurzem wieder aufgefundene Tagebuch des Erbprinzen Friedrich Ludwig, welches dessen im Nachfolgenden abgedruckte Aufzeichnungen aus der Zeit vom 29. Mai 1811 bis zum 31. August 1813 enthält, ist ein in rothes Leder mit Goldpressung gebundenes und mit einer grünen Schutzdecke versehenes Heft in Querfolio. Auf der Innenseite des Deckels trägt es eingeklebt die Firma Decle, Successeur de Simon, Tient Magasin de Papiers et Crayons, à Paris, place d'Jéna, No. 8, en face de la colonnade du Louvre. Nach einem Vorsetzblatt folgt ein Blatt, auf dem ein in Wasserfarben ausgeführtes, 29 X 20 cm großes Bild aufgeklebt ist, das Innere eines im Empirestil möblirten Zimmers mit kleinem Alkoven darstellend; auf einem Stuhl mit hoher Lehne vor dem Kamin sitzt eine in weiß gekleidete junge Dame mit blondem Haar, vielleicht die Geberin des Buches. Dann folgen 30 Blätter weißen Schreibpapiers, 14 Blätter farbigen Zeichenpapiers und 6 Blätter mit Notenlinien. Beschrieben sind (ohne Seitenzahlen) 24 Blätter, und zwar Bl. 1 - 16 a vierspaltig, 16 b - 23 a fünfspaltig, 23 b und 24 wieder vierspaltig; die Spalten sind mit Bleistift gezogen. Der Rest des Buches ist leer.

Der am 29. Mai 1811 in diesem Buche seine Erlebnisse aufzuzeichnen begann, stand, wie hier einleitend bemerkt sei, 1 )


1) Die nachfolgenden Zeilen wollen nur lose Beiträge zur Biographie des Erbprinzen sein. Ueber einzelne Abschnitte von Friedrich Ludwigs Leben hat L. von Hirschfeld eingehend gehandelt in seinem Werke "Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg=Schwerin, und seine Vorgänger" I, S. 34 ff., sowie in einzelnen Abschnitten des Buches "Von einem deutschen Fürstenhofe" (  ...  )
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damals im 33. Lebensjahre, konnte aber schon auf ein vielbewegtes Leben zurückblicken. Geboren zu Ludwigslust am 13. Juni 1778 als drittes, aber erstes lebendes Kind des Prinzen Friedrich Franz und seiner Gemahlin Luise, einer Prinzessin von Sachsen=Gotha=Roda, erhielt Friedrich Ludwig, nachdem er den Händen weiblicher Pflege entwachsen war, 1784 einen Instruktor in der Person des Theologen Moritz Joachim Christoph Passow 1 ), dem 1785 der Jurist Josua Friedrich Passow 2 ) und 1786 zur Ausbildung in der französischen Sprache der in Neuchatel geborene Daniel Heinrich Jeanrenaud an die Seite traten. 1785, in welchem Jahre sein Vater als Nachfolger seines kinderlosen Oheims, des Herzogs Friedrich, den Thron bestieg, wurde ihm der Oberstleutnant Friedrich Wilhelm von Lützow 3 ) als Gouverneur beigegeben. Am 30. September 1792 fand die Konfirmation des Erbprinzen statt, wenige Tage darnach, am 4. Oktober, bezog er die Universität Rostock, begleitet von seinem Gouverneur und dem Instruktor Josua Friedrich Passow.

Mit dem Gange, den seine Erziehung bis dahin genommen hatte, war der Erbprinz in reifen Jahren nicht durchweg einverstanden. Am 4. Dezember 1816 schrieb er an den Gouverneur seines Sohnes Paul Friedrich, den Legationsrath von Schmidt:

"Zu meiner Freude sehe ich, lieber Freund, daß sich unsere Ge=


(  ...  ) (vgl. besonders "Brautwerbung des Erbprinzen Friedrich Ludwig" I, S. 69 ff. und "Ein Thronerbe als Diplomat" II, S. 265 ff.; auch der Aufsatz "Aus dem Tagebuch einer Hofdame" I, S. 193 ff. enthält einschlägiges Material). Auf diese hier nur flüchtig berührten Mittheilungen sei ausdrücklich verwiesen. Etwas ausführlicher dargestellt habe ich nur die bei Hirschfeld ganz übergangenen oder lediglich erwähnten Ereignisse in Friedrich Ludwigs Leben: die Bildungsreise 1795/96, die Memeler Zusammenkunft 1802, den Aufenthalt in Oesterreich 1805. Das Material für meine Darstellungen boten mir die Akten des Großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archivs.
1) Moritz Joachim Christoph Passow, geb. 23. Mai 1753 in Hagenow als Sohn des Präpositus Friedrich Josua Passow, besuchte die Schule zu Lüneburg, studirte in Halle, wurde Hauslehrer beim Amtmann Witzenhusen in Marnitz 1779 Rektor in Ludwigslust, Instruktor der Kinder des Prinzen Friedrich Franz, 1784 Hofdiakonus, 1792 Hofprediger, 1794 Superintendent in Sternberg, 1818 Oberhofprediger in Ludwigslust und starb daselbst 28. Februar 1830.
2) Josua Friedrich Passow, Bruder des vorigen, geb. zu Hagenow 27. Januar 1758, wurde 1798 erster Beamter in Crivitz (als Nachfolger des verstorbenen Amtshauptmanns Schlüter) und erscheint als solcher zuletzt 1821 im Staatskalender.
3) Friedrich Wilhelm von Lützow, ein Bruder des Oberhofmeisters August von Lützow (s. unten Anm. zum 11. Juli 1811), war gleich diesem im württembergischen Militärdienst gewesen. Nach Beendigung seiner Funktionen als Gouverneur des Erbprinzen erwarb er 2. Dezember 1797 Renzow (A. Wittenburg) und starb vor 24. August 1802.
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danken oft begegnen. Ich war im Begriff Sie zu befragen, ob Sie es nicht angemessen hielten einen kleinen Anfang zu machen, meinem Sohne mehrere Freiheit zu gestatten, und nun leget mir Ihr Brief vom 20ten November ganz dieselbe Frage vor. Ich erinnere mir sehr deutlich, daß man es mit mir nicht so gemacht hat, und daß man Unrecht hatte. Bis zu dem Tage, daß mein Hofmeister mich verließ, ich war 19 Jahre alt, war ich unter steter Aufsicht und konnte nicht allein über die Straße gehen. Dies war ohne Zweck, denn ich hörte, sah und that Manches mit doppeltem Eifer, was mir weit weniger interessant geschienen haben würde, wenn ich nicht gerade, der mir darin gelegten Schwierigkeiten wegen, eine doppelte Neugierde daran gefunden hätte. Nachtheiliger indessen als dies, ist es mir geworden, daß ich dadurch nicht den Grad von Selbstständigkeit erlangt habe, der dem Manne ziemt; noch heute wenngleich ich nahe an die 40 bin, betreffe ich mich oft auf einer Unentschlossenheit, die ich Zaghaftigkeit nennen mögte, und die ich nur mit Mühe überwinde. Ich glaube, daß es einem jungen Menschen vortheilhaft ist zuweilen seine Handlungen selbst zu bestimmen und nicht immer sich von Anderen leiten zu lassen; einem jungen Prinzen scheint dies noch nothwendiger, daß er aus eigener Erfahrung lerne, wie es in der Welt zugeht und sich selbst zu führen lerne. Der Fürsten Schicksal ist es ohnehin so oft und so viel durch die Augen Anderer sehen zu müssen. Gehet er in einigen Jahren auf die Universität, so wird es selbst lächerlich gegen Andere ihn in großer Abhängigkeit zu erhalten, und erst dann anzufangen ihm mehr Freiheit zu gestatten, würde dann auch den Nachtheil haben, daß er unbekannt mit den Menschen und der Welt sich in manchen Lagen und Vorkommenheiten nicht zu benehmen wissen würde. Fast alle jungen Leute, wenn sie das väterliche Haus verlassen, müssen sich allein durchhelfen, und wenn nur der fond gut ist, so giebt gerade das Alleinstehen dem Charakter eine gewünschte Festigkeit." Und über den allzu frühen Besuch der Universität schrieb er an denselben am 20. Dezember 1815: "Ganz gewiß werde ich meinen Sohn nicht vor dem 20ten Jahre eine Universität beziehen lassen, den Nachtheil des Gegentheils habe ich nur zu sehr an meinem eigenen Beispiele erfahren, und fühle davon täglich die unangenehmen Folgen."

Im Herbst 1795 schloß der Erbprinz seine akademischen Studien ab und trat eine größere Bildungsreise an. "Nach drey auf der Universität zu Rostock recht glücklich und, wie ich hoffe, nicht ohne Nutzen zugebrachten Jahren beschloßen meine guten

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Aeltern mir auf einige Jahre eine Reise durch die merkwürdigsten Länder Europens thun zu laßen" - so beginnt sein am 30. November 1795 angefangenes Reisejournal. "Ich hoffe daß diese interressante Reise nicht allein meinen, einem jeden jungen Menschen eigenen Trieb die Welt zu sehen befriedigen wird, sondern ich hoffe mit göttlichem Beistande meine Kenntnisse zu erweitern, aufmerksam auf alles was sich mir darstellen wird zu achten, und nach Vollendung dieser meiner Pilgerjahre durch die mir zu erwerbenden Kenntniße, einst meinem Vaterlande nützlich zu werden."

Der Prinz verließ Schwerin am 2. Dezember. Er reiste unter dem Namen eines Grafen von Grabow; seine Begleiter waren sein Gouverneur, der nunmehrige Oberst von Lützow, und sein zum Justizrath ernannter Instruktor Josua Friedrich Passow. Die Reise gieng - um nur die Hauptstationen zu erwähnen - über Lüneburg nach Braunschweig, dann nach Hannover, Göttingen, Cassel, Eisenach, Gotha, Meiningen, Hildburghausen, Coburg, Rudolstadt (von wo ein Abstecher nach Schleiz gemacht wurde), Weimar, Dessau, Leipzig, Dresden, Freiberg, Chemnitz, Prag, Wien, München, Regensburg, Nürnberg. Dann traf den Prinzen eine Einladung seiner Base, der meklenburg=strelitzischen Prinzessin Therese, die seit 1789 mit dem Erbprinzen Carl Alexander von Thurn und Taxis vermählt war und in Dischingen in Schwaben residierte. Dieser Einladung folgte Friedrich Ludwig frohen Herzens; er verlebte eine Reihe beglückter Tage im Verwandtenkreise und trennte sich nur schwer von der ihm sehr zusagenden fürstlichen Familie, um seine Reise durch die Schweiz nach Italien fortzusetzen. In Schwäbisch=Gmünd aber setzten die politischen Ereignisse seinen "Pilgerjahren" ein Ziel. Moreau hatte bei Kehl den Rhein überschritten, die Franzosen überschwemmten Schwaben. So kehrte der Prinz nach Dischingen zurück und erbat und erhielt von seinem Vater die Erlaubniß zur Heimkehr, die auf einem Umwege bewerkstelligt wurde. Als die Thurn und Taxis'sche Familie Dischingen flüchtend verließ, gieng Friedrich Ludwig nach München, von da ins Salzkammergut und dann über Linz, Prag, Carlsbad, Leipzig und Dessau in die Heimath zurück: am 18. August 1796 traf er in Ludwigslust ein und schloß sein Journal mit den Worten: "Gewiß fühle ich ganz meine Glückseligkeit jetzt wieder in Mecklenburg im Kreise der Meinigen zu seyn."

Lernbegierig wie er war hatte Friedrich Ludwig ein offenes Auge für alles Neue, was sich ihm darstellte. In Lüneburg

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sah er die erste Chaussee (die Meklenburg erst 1826 erhalten sollte), in Eisenach die erste Straßenbeleuchtung durch Laternen, die mitten über der Straße hängend an Stricken und Rollen befestigt waren - eine Einrichtung, deren die Stadt Schwerin erst 1823 theilhaft wurde -, am Königssee nach so vielen künstlichen den ersten natürlichen Wasserfall und vermerkte das alles als sehr interessant in seinem Tagebuch, für welches er einen größeren Kreis von Lesern im Auge gehabt zu haben scheint, denn es heißt einmal bei der Beschreibung des Aufenthaltes in Wien: "Ich fange an zu merken, daß die Begebenheiten meines journals so ziemlich alltäglich werden, und sich oft repetiren, ein Beweis daß wir nunmehr lange genug in Wien gewesen sind und so ziemlich alles gesehen haben. Ich bitte also die Leser dieser Zeilen um Verzeihung und danke ihnen für ihre Geduld so weit es gelesen zu haben, bitte aber zugleich um dieselbe auch in Zukunft." Jenseit Cassel zerbrach sein Reisewagen und "da auf einer jeden Station ein anderer Wagen genommen werden mußte, so habe ich denn auch erfahren wie es thut auf der ordinairen Post zu fahren. Man hat jedoch allenthalben bedeckte Postwagen, eine Sache die uns in Mecklenburg beinahe gänzlich mangelt, und die doch für Reisende so nothwendig ist." Wo er Werkstätten, Fabriken, wissenschaftliche oder Wohlthätigkeitsanstalten u. dergl. besichtigte, war er ein aufmerksamer Beobachter und suchte in seinem Reisejournal das Gesehene bis ins Einzelne genau zu beschreiben, so die Salzwerke in Lüneburg, in Hallein, in Reichenhall und ein Bergwerk in Freiberg, die Ateliers für das Bemalen und Brennen des Fürstenberger Porzellans in Braunschweig, die Geschützgießerei in Hannover, die Sternwarte auf dem Seeberge bei Gotha, die Fabriken in Chemnitz, die Breitkopf'sche Druckerei und die Armenschule in Leipzig - "ich wünschte in meinem Vaterlande einst eine so eingerichtete Schule zu sehen, woran es uns noch fehlt", bemerkt er dabei -, das Taubstummeninstitut, die chirurgische Akademie und die Porzellanmanufaktur in Wien u. s. w. Auffällige Gebräuche bezw. Mißbräuche verfehlt er nicht als solche zu verzeichnen: "Ein sonderbarer Gebrauch in Wien ist es, daß wenn man irgendwo zu Mittage oder zu Abend gebeten wird, am anderen Morgen der Portier und die Bedienten kommen und sich höflichst ein Trinkgeld ausbitten, das der angenommenen Norm nach 2 Gulden an den Portier und 1 Ducaten an die Bedienten beträgt. Dies heißt sein diner theuer bezahlen, jedoch den ennui hat man dabei gratis, denn derselbe ist bei solchen grossen diners unvermeidlich und im

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vollen Maaße. Ich gestehe daß ich diesen Gebrauch sehr sonderbar und für die Hausherren selbst nicht sehr ehrbringend finde, denn es sieht doch offenbar aus als wenn man seine Leute nicht hinlänglich besolden könnte, allein vielleicht gehört dieses zum guten Ton, denn man findet es häufig genug in der grossen Welt, daß man du haut und du bas gewöhnlich vereiniget findet."

So empfänglich der Erbprinz für landschaftliche Schönheit ist, so bringt er doch dem Gebirge nur geringe Sympathie entgegen. "Dieses ist die erste Berggegend, die mir wirklich gefallen hat", schreibt er über das Schwarzathal, "ich ziehe sonst bis jetzt unsere vaterländischen Ebenen vor." Und selbst im Salzkammergut bekennt er: "Freilich haben die Berge etwas imponirendes, großes und schönes, aber auf mir machen sie eben keinen großen Eindruck, da ich die flachen Gegenden ungleich lieber habe." An den zahlreichen Höfen, an denen er sich vorstellte, wurde Friedrich Ludwig durchweg freundlich, zum Theil herzlich aufgenommen, und er war dankbar dafür. Aber er wahrte sich auch den Höfen gegenüber die Freiheit des Urtheils, dem er gelegentlich einen für seine Denkungsweise bezeichnenden Ausdruck gab. In Braunschweig ist ihm der Herzog [Carl Wilhelm Ferdinand] "ohnstreitig - ein bei Fürsten seltener Fall - der interressanteste Mann an seinem Hofe." Er erwähnt rühmend, wie der Herzog die Liebe aller seiner Unterthanen genieße; in Cassel dagegen, wo die vielen zwecklosen Prachtbauten das Bedauern des jugendlichen Reisenden erregen, sei der Landgraf Wilhelm IX. von Niemandem geliebt, von Allen gefürchtet. In Hannover kommt es ihm "sonderbar vor, einen Hof ohne Herrn zu sehen. Obgleich letzterer fehlt, so fehlt es dennoch nicht an der strengsten etiquette, welches dem Hofe sowie im allgemeinen den Gesellschaften eine unangenehme Steifigkeit giebt." Strenge Etikette war dem Prinzen durchaus zuwider. Von dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen, der im übrigen als "ohnstreitig einer der besten Regenten Teutschlands" gepriesen wird, heißt es: "Zu beklagen ist es, daß er so sehr an die Etiquette klebt und dadurch sich abhalten läßt einen jeden zu sprechen, denn es hält ausserordentlich schwehr ja es ist beinahe ohnmöglich selbst ihm Sachen vorzutragen. Er ist nur immer mit dem Adel umgeben und hört nur ihn, und erfährt also oft wohl nicht die Beschwehrden der Unterthanen, denen er sonst sicher immer gleich auf der Stelle abhelfen würde." Weit behaglicher als in Dresden fühlte sich der Prinz beim Landgrafen Ludwig X. von Hessen=Darmstadt, der, von den Franzosen aus seinem Lande vertrieben, in Eisenach, im

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Lande seines Schwagers Carl August von Weimar, eine Zuflucht gefunden hatte. "Mittags aßen wir an Hof", berichtet das Reisejournal, "oder vielmehr beim Landgrafen von Darmstadt, denn man sieht auch keine Spur von Etiquette und Hof bei ihm; der Landgraf, seine Gemahlin, seine Famielie und die ganze kleine Gesellschaft leben völlig wie Privatleute, und machen gleichsam nur eine Famielie aus. O möchten doch so manche Fürsten Teutschlands diesem Beispiele folgen, alsdann würden sie erst finden was wahre Glückseligkeit ist, die sie jetzt so fälschlich oft in dem Glanze ihres Hofes und der Zahl ihrer Höflinge suchen." -

Im Jahre 1797 wurde der Erbprinz volljährig und erhielt nunmehr seinen eigenen Hofstaat in Ludwigslust. Sein Kavalier wurde der Kammerherr Detlof Joachim von Oertzen. 1 ) Am 25. Januar 1799 begab sich Friedrich Ludwig mit seinem Bruder Carl nach St. Petersburg und vermählte sich dort am 23. Oktober desselben Jahres mit Helene Paulowna, der am 24. Dezember 1784 geborenen Tochter des Kaisers Paul. Am 15. Februar 1800 fand in Schwerin, am 17. in Ludwigslust der feierliche Einzug des jungen Paares statt. Die in Petersburg verlebte Zeit ist für den Erbprinzen von höchster Bedeutung geworden: sie war sein erstes politisches Lehrjahr und hat nach seiner eigenen Aeußerung seiner weiteren Entwicklung die Richtung gewiesen.

Die Karnevalszeit des Jahres 1801 verlebte das erbprinzliche Paar am königlichen Hofe in Berlin; hier knüpften sich enge Bande der Freundschaft zwischen der Königin und der Erbprinzessin, wie auch Friedrich Ludwig und der König einander sehr werth wurden. Für das Frühjahr war ein Besuch in Petersburg geplant, Kaiser Paul hatte für die Ueberfahrt ein russisches Kriegsschiff zu schicken verheißen. Je mehr sich Helene Paulowna gesehnt hatte, ihre Eltern wiederzusehen, um so schwerer wurde sie betroffen durch die Nachricht vom Ableben ihres Vaters am 23. März, die der neue Zar selbst seinem Schwager mittheilte. Daß Kaiser Paul einem Mordanschlage zum Opfer gefallen war, verschwieg man seiner Tochter, erst viel später wurden die Einzelheiten jener Schreckensnacht bekannt. Die Reise nach Rußland wurde indessen durch diesen Todesfall nicht beeinträchtigt; Helene Paulowna fühlte sich gedrängt, sich in die Arme ihrer Mutter zu werfen, zudem hatte Kaiser Alexander den Erbprinzen eingeladen, bei der Krönung in Moskau gegenwärtig zu sein.


1) S. über ihn unten Anm. zum 30. Mai 1811.
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Da er kein Schiff zur Verfügung stellte, mußte die Reise, die am 11. Mai angetreten wurde, auf dem beschwerlicheren Landwege gemacht werden. Der Krönung am 27. September wohnten aber der Erbprinz und seine Gemahlin nicht bei, sie verließen Petersburg schon vorher, nahmen unterwegs einen längeren Aufenthalt in Potsdam und waren am 17. Oktober wieder in Ludwigslust.

In Petersburg wie in Potsdam entfaltete Friedrich Ludwig eine eifrige politische Thätigkeit im Sinne einer Verständigung zwischen Rußland und Preußen, der eine persönliche Begegnung der Herrscher beider Länder das Siegel aufdrücken sollte. 1 ) Bei dieser Begegnung, welche die Isolierungstendenzen des Ministers Kotschubei empfindlich durchkreuzte, weshalb er auch in seinem Aerger den Vermittler Friedrich Ludwig mit einem derben Scheltwort belegte - bei dieser Begegnung, die im Juni 1802 in Memel stattfand, war der Erbprinz zugegen, dessen flüchtig hingeworfene Aufzeichnungen aus diesen Tagen hier eine Stelle finden mögen.

ce 3 de Juin 1802.

Arrivé à Königsberg à 9 heures du soir, descendus à l'hôtel allemand. Souper avec Dolgorouky et Chykoff, qui va voyager en Europe pendant quelques années.

ce 4 Juin.

Visites faites et reçues le matin, dîner chez moi avec la société d'hier soir. A 5 heures l'après - midi arriva le roi qui descendit au quartier général à Kalthoff à un quart de lieue de la ville, tout près du Camp. J'allai incessamment lui faire ma cour, j'attendis un instant pendant que le roi donna le mot et ses ordres pour demain aux généraux. Ensuite Sa Majesté me fit entrer avec tous ceux qui étaient venus lui faire leur cour. Après un quart d'heure d'audience nous fûmes congédiés, et le roi me fit signe de rester, et m'ordonna de passer la soirée avec lui. Il daigna me dire les choses les plus flatteuses et amicales, et m'entretint de sa joie de faire la connaissance de l'empereur. C'était bien son coeur qui parlait, et assurément jamais entrevue entre deux grands souverains ne se ferait avec plus de joie réciproque que celle - ci. Un instant après


1) Vgl. H. Ulmann: Russisch=Preußische Politik unter Alexander I. und Friedrich Wilhelm III. bis 1806. Leipzig 1899. S. 1 ff., besonders 23 ff.
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la reine arriva ainsi que les princes Henry et Guillaume frères du roi. Nous prîmes le thé, allâmes nous promener dans une salle de bois qu'on a préparée pour les grands dîners, le quartier du roi ne consistant que dans deux chambres excessivement étroites. Nous soupâmes ensuite. La société consistait dans Leurs Majestés, les deux princes, la dame d'honneur comtesse Moltke, les trois aides de camp généraux Kökeritz, Holzman, Bölzig, l'aide de camp Jagow, les deux chambellans Schilden et Buch et les gouverneurs des princes, Schliefen et Schak. Après le souper la reine prit congé du roi, et j'eus l'honneur d'accompagner en voiture Sa Majesté en ville au château. Les princes demeurent dans des maisons près de celle du roi. Tout autour de l'habitation du roi, que sur tout le passage de la reine il y avait une foule de monde immense, et partout brillait la joie de voir ses souverains, si tendrement chéris, à si juste titre.

ce 5 Juin.

A 6 1/2 au quartier général à cheval avec les généraux russes. La revue spécielle était superbe, a duré jusqu'à 10 heures et demie. Après, les ordres pour demain. Dîner à midi où se trouvait aussi la reine. A 4 heures fête sur l'eau, suivie d'un bal à la Bourse, nouveau et joli bâtiment, et illummation, le général Courbière a reçu l'aigle noir.

ce 6 Juin.

A 6 1/2 comme hier au quartier général, revue, les soi - disant Schulmanoeuvres qui ont fort bien réussi. Une pluie très - forte. Dîner comme hier, à 4 heures de l'après - midi, cour chez la reine, après thé dansant chez le grand - maréchal comte Döhnhoff. A minuit je pars pour Memel, avec Both, en prenant la route du Strand où le roi a ordonné de préparer des relais pour moi. Oertzen est déjà parti ce midi en prenant la route de Tilsit.

ce 7 Juin.

Parti la nuit à 12 de Königsberg, des relais à chaque mile, arrivé à Memel à 6 heures du soir, je loge chez un marchand nommé Schonenburg, j'ai un appartement charmant très - élégamment meublé. Je suis servi de la part de la cour. Je loge à côté de la maison du consul danois, où logeront Leurs Majestés prussiennes. J'ai soupé chez Massow. On

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me dit que le prince Henry de Wurtemberg 1 ) est incognito ici, et qu'il veut se rendre à Polangen pour parler l'empereur.

ce 8 Juin.

J'ai été voir le matin la maison du négotiant où logera l'empereur, elle est charmante et bien meublée, elle a encore un charmant jardin. A midi j'ai dîné chez M. de Thumen commandant de Memel avec les généraux, nous sommes passés après le Haff pour recevoir Leurs Majestés prussiennes qui sont arrivées à 6 heures de l'après - midi. Elles ont fait leur entrée en bateaux, et sont allées de cette manière jusqu'à l'hôtel préparé pour leur réception. La reine me fit confidence que le roi se trouvait dans un grand embarras, craignant que Bonaparte eût fait des siennes, pour brouiller les deux jeunes monarques à leur entrevue. Il y a quelques jours, que le roi reçut un courrier avec les indemnisations projetées, un second l'engage de la part du consul, de parler de tout ceci à l'empereur, à l'instant d'après en arrive un autre, pour le prier de ne faire mention de rien à l'empereur, mais de faire comme s'il recevait tout cela de sa part, et comme arrangé par lui. Un troisième l'avertit qu'il y avait un officier français en chemin, pour porter des lettres à l'empereur et au roi du consul. Sa Majesté prussienne n'a point été en doute sur la duplicité de ces procédés, et se propose, de faire un aveu net et sincère à l'empereur dès le moment de son


1) Prinz Heinrich von Württemberg, jüngster Bruder des Herzogs (späteren Königs) Friedrich, geb. 1772, stand im preußischen Militärdienst, den er, damals Oberst, einmal wegen seiner Schulden und sodann darum hatte verlassen müssen, weil er sich 1798 morganatisch vermählt hatte mit der Schauspielerin Caroline Alexei, der Tochter eines Gutsbesitzers in Ludwigsdorf bei Strehlen in Schlesien, die später zur Gräfin von Urach erhoben wurde. Prinz Heinrich lebte damals unter dem Namen eines Grafen von Sontheim in Berlin. Es war gewagt von ihm, sich dem Kaiser Alexander (seinem Neffen, denn des Prinzen Schwester war die Kaiserin Maria Feodorowna, die Gemahlin Kaiser Paul's I.) zu nähern, denn sein Bruder, der regierende Herzog, hatte am 20. Mai einen Sonderfrieden mit Frankreich geschlossen und dadurch die Pläne Rußlands durchkreuzt. Die infortunes, die er dem Kaiser klagte, waren zweifellos seine Schulden und die Unmöglichkeit, nach seiner Verheirathung eine Stellung zu erhalten. Diese ganzen Verhältnisse mußten auch dem Könige von Preußen ein Wiedersehen peinlich machen und es begreift sich daher, daß man den Prinzen zu verhindern suchte, sich dem Könige vorzustellen. (Gütige Mittheilungen des Herrn Archivraths Dr. Schneider in Stuttgart.)
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arrivée pour prévenir toute mauvaise impression qu'on pourrait avoir l'intention de suggérer.

Aprés que le roi eut fini de donner ses ordres aux généraux je suppliai Sa Majesté de m'accorder un moment d'audience, où je mis sous ses yeux tous les papiers concernants la désagréable histoire Suédoise, et réclamer en cas [de] besoin sa protection pour nous. Sa Majesté fut également indignée du procédé et elle eut la grâce de m'assurer qu'elle serait charmée de faire pour nous tout ce que les circonstances lui permettraient de faire. 1 )

Je soupai encore avec Leurs Majestés, et puis me mis en voiture, pour aller à la rencontre de l'empereur.

ce 9 Juin.

Je courus toute la nuit et arrivai vers 7 heures du matin à Oberbartau en Courlande, où l'empereur devait arriver pour dîner, je m'arrêtai donc là jusqu'à son arrivée, qui n'eut lieu qu'à 4 heures passées de l'après - midi. Notre joie fut extrême de nous revoir. Après le dîner nous continuâmes notre route pour Polangen. Chemin faisant l'empereur fit ses affaires, du moment qu'elles furent finies, il me fit entrer dans sa voiture, et nous arrivâmes ainsi ici. D'abord après le prince Henry de Wurtemberg se fit annoncer. L'empereur lui fit dire, combien il trouvait son arrivée singulière et osée, après il le fit venir, le prince pleura beaucoup, et représenta toutes ses infortunes à l'empereur, qui avec sa bonté ordinaire trouva bientôt des moyens de consolation pour lui. On soupa ensuite, je restais encore longtems chez l'empereur qui m'ordonna d'écrire au roi pour l'assurer de toute son amitié, et lui dire qu'il viendrait sous le nom du comte de Russie. La suite de l'empereur est, le comte Kotschubey, le comte Tolstoi, grand - maréchal, le chambellan et sénateur Nawaschoff, et les aides de camp généraux prince Dolgorouky, prince Volconsky, et comte Lieven, encore le médecin Wely. Comme


1) Damals schwebten zwischen Meklenburg und Schweden die Verhandlungen über die Abtretung der Stadt und Herrschaft Wismar, die gewissermaßen ein Nachspiel bildeten zu der peinlichen Auseinandersetzung zwischen dem meklenburgischen und dem schwedischen Hofe wegen Verlöbnißbruches, dessen sich König Gustav IV. Adolf gegen die Prinzessin Luise Charlotte, älteste Tochter des Herzogs Friedrich Franz, schuldig gemacht hatte. S. die Darstellung bei L. von Hirschfeld "Eine fürstliche Entlobung im vorigen Jahrhundert" in "Von einem deutschen Fürstenhofe" I, S. 1 - 68.
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il a été stipulé qu'à cette entrevue il n'y aurait pas question de politique, l'empereur craignait qu'on pourrait interprêter mal l'arrivée de Kotschubey, il m'a donc chargé de dire au roi qu'il l'avait pris ainsi que Nawaschoff comme secrétaires avec, qu'il les avait choisis, connaissant leur probité et leur honnêteté.

ce 10 Juin.

Le fameux courrier est arrivé de Bonaparte, il a voulu donner sa lettre lui - même, Kotschubey lui a dit que cela n'était pas d'usage, il a répondu qu'il avait bien donné une au roi de Prusse, malgré tout cela il a fallu donner la lettre, il a dit qu'il devrait en faire le rapport au 1 er consul, et l'on a prié de ne point se gêner. L'empereur lui a parlé après avant de partir très - froidement un instant. Le prince Henry de Wurtemberg a encore demandé un cordon à l'empereur. Malgré tout ce que nous avons fait, nous n'avons pu le dissuader de se présenter au roi. Cela se fera demain à midi, après il partira.

A 9 1/2 nous sommes partis de Polangen, j'étais dans la voiture de l'empereur. A la frontière, le général de cavallerie comte Kalckreuth, le lieutenant général comte Kuhnheim, le général major Treskow, et le major comte Döhnhoff out reçu l'empereur, ces messieurs sont destinès pour son service. Un détachement d'huzards qui s'est relevé tous les quarts de miles, a accompagné la voiture. A demi - chemin le chambellan Schilden est venu complimenter de la part de la reine. Comme on s'est approché du Camp qui est à quelque distance de la ville, on a tiré constamment le canon. Le roi est venu avec les princes ses frères Henry et Guillaume à la rencontre de l'empereur, qui aussitôt est descendu de voiture, et est allé embrasser le roi. Les premiers compliments finis, les deux souverains et nous autres sommes montés à cheval, et c'est ainsi que l'entrée s'est faite, précédée par un escadron de cavallerie, et puis la garde bourgeoise de Memel à cheval. Les rues étaient bordées de troupes en parade, on est descendu chez le roi, où la reine a reçu son auguste gaste en grande parure. On est resté ensemble jusqu'au dîner, et alors la connaissance de Leurs Majestés était déjà si bien faite, comme si elles s'étaient connues depuis longtems. On a présenté à l'empereur toutes les personnes de la cour et

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les étrangers. Après le dîner l'empereur s'est retiré chez lui et a prié le roi, de dispenser les personnes destinées à son service, il a également renvoyé la garde d'honneur d'une compagnie de grenadiers, qui se trouvait à la porte de sa maison, il a fait donner 200 ducats aux soldats, et des boites d'or aux officiers. Dans l'après - dîner l'empereur a eu la bonté de faire des visites, sous le nom de comte de Russie aux généraux et à toute la suite du roi, de même qu'aux dames de la reine. Le roi et les princes sont venus faire visite à l'empereur, ce dernier a envoyé le cordon de Saint - André aux deux frères du roi. A 7 heures l'empereur s'est rendu chez la reine, où on a pris le thé, causé et puis soupé à de petites tables. Je suis au pinacle du bonheur que ces souverains se conviennent si parfaitement bien, l'un et l'autre m'en ont beaucoup parlé. Les Russes se sont montrés ce soir comme ils le sont toujours, faux et impertinents, non par leur conduite extérieure, mais j'ai eu occasion d'entendre leurs propos.

ce 12 Juin.

Le 11 matin manoeuvre. Le roi a salué l'empereur à la tête de la cavallerie avec l'épée, et après de même avec l'infanterie. Après l'empereur est allé déjeuner chez la reine avec moi, il n'y avait que la roi. Dîner comme de coutume, le prince Henry de Wurtemberg a eu la Sainte - Anne, a dîné chez le roi et partira demain. Le soir Leurs Majestés et aussi la reine ont été à cheval au Camp et puis se sont promenés en ville, la soirée était très - gaie ainsi que le souper. Passé la nuit à écrire. Ce matin manoeuvre, qui a fort bien réussi. On s'est promene à cheval au port, accredité (?) du colonel anglais. Après déjeuner comme hier chez la reine, dîner et le soir la fête de la bourgeoisie, savoir un bal dans une maison fort bien arrangée, et le soir la ville était illuminée.

le 13 Juin.

Le matin à 7 1/2 manoeuvre, après on est resté chez la reine jusqu'à 1 heure. Dîner comme toujours, au soir un petit bal chez le roi, qui a été des plus amusants et qui a duré jusqu'à 1 heure la nuit passée. L'empereur a repris Alopeus à son service, ce que je compte parmis les événements heureux. Mon jour de naissance.

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le 14 Juin.

Il n'y avait pas de manoeuvre, j'ai écrit, après j'ai été voir la princesse Alexandre de Wurtemberg avec l'empereur qui est arrivée hier soir avec son mari 1 ) qui m'a fait l'honneur de passer chez moi. Après jusqu'à 1 heure chez la reine. Dîner comme toujours. Le prince et la princesse de Wurtemberg y étaient. La reine a pris des crampes assez fortes après table, on a cherché Wely médecin de l'empereur. L'après - dîner la princesse Alexandre a été chez moi, après j'ai écrit chez Schilden, et après chez la reine pour le thé, promenade à cheval et en voiture au Camp et à la mer. La famille et les princes ont soupé seuls à cause de l'incommodité de la reine, et on a été d'une gaieté folle.

le 15 Juin.

Comme il a plu toute la nuit, la manoeuvre n'a commencé qu'à 10 heures passées, jusque là l'empereur a passé la matinée chez Leurs Majestés, de même après la manoeuvre, puis dîner. L'après - dîner il y a eu une cour de congé chez l'empereur. Il a donné le cordon bleu à Kalkreuth, et de superbes cadeaux à tout le monde. Le roi en a fait de même, pour la suite de l'empereur, Kotschubey a reçu l'aigle noir. Après nous avons été avec l'empereur chez la princesse de Wurtemberg, et puis toute la soirée chez Leurs Majestés. Nous avons encore fait un tour à cheval au Camp. Après le souper, la cour russe a pris congé du roi, et la prussienne de l'empereur. Celui - ci est encore resté longtems chez Leurs Majestés prussiennes, et il a eu une longue conversation seul avec le roi. A minuit j'ai accompagné l'empereur chez lui et j'ai encore causé tout un tems avec lui. -

Helene Paulowna schenkte ihrem Gemahl zwei Kinder: den am 15. September 1800 geborenen Prinzen Paul Friedrich und die Prinzessin Marie, die, geboren am 31. März 1803, sich 1825 mit dem Prinzen Georg von Sachsen=Hildburghausen


1) Prinz Alexander von Württemberg, Bruder des Prinzen Heinrich (s. oben), geb. 1771, war russischer General und Gouverneur von Lief= und Kurland. Seine Gemahlin Antoinette war eine Prinzessin von Sachsen= Coburg=Saalfeld. Demselben Hause entstammte Charlotte Sophie, die Mutter des Herzogs Friedrich Franz.
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(späteren regierenden Herzog von Sachsen=Altenburg) vermählte. Die Geburt dieser Tochter aber sollte die Erbprinzessin nicht lange überleben: sie starb am 24. September 1803.

Auch die Blätter unseres Tagebuches geben Zeugniß davon, ein wie inniges Andenken Friedrich Ludwig seiner geliebten ersten Gemahlin bewahrte. Seinem Schmerze sich lange hinzugeben, gestatteten ihm weder die wirrenreiche Zeit, noch die Pflichten des Thronerben. Mit größtem Eifer widmete er sich politischen Studien und arbeitete mit solchem Erfolge sich ein in die Verwaltungsgeschäfte, daß der Herzog nach dem Tode des Kammerpräsidenten von Dorne nichts besseres thun konnte, als den Erbprinzen zu dessen Nachfolger zu machen: am 21. März 1806 wurde Friedrich Ludwig zum Präsidenten des Kammer= und Forst=Collegii ernannt - der erste Fall, wo ein Mitglied der fürstlichen Familie in die Reihe des höheren Beamtenthums eintrat.

Im Jahre zuvor hatte der Erbprinz eine längere Erholungsreise in die Schweiz gemacht. Den Hinweg hatte er über Gotha, Weimar und Stuttgart genommen; in dem lieblichen Wilhelmsthal, wo die herzoglich weimarische Familie die Sommermonate zu verbringen pflegte, traf er mit der Prinzessin Caroline Luise zusammen, die einige Jahre später seine zweite Gemahlin werden sollte. 1 ) Auf der Rückreise stellte er sich in Wien dem Kaiser Franz vor und fand bei ihm eine überaus freundliche Aufnahme; sein Kavalier von Oertzen konnte dem Herzoge melden, "daß vielleicht nie ein deutscher Reichsfürst mit mehrerer Auszeichnung in Wien aufgenommen, wie Durchlaucht der Erbprinz." Auf Einladung und als Gast des Kaisers machte er einen interessanten Ausflug nach Presburg, um dort der Eröffnung des ungarischen Landtages am 18. Oktober beizuwohnen.

Um diese Zeit sah man in Wien der Ankunft des Kaisers von Rußland entgegen und der Erbprinz war entschlossen, Wien nicht eher zu verlassen als bis der Zar wieder abgereist sei, "que je crois sous tous les rapports si utile et nécessaire de voir," wie er seinem Vater schrieb; "je crois que cela serait prudent de Lui parler personnellement de l'avenir, et une occasion si favorable ne se retrouve pas si aisément." Doch nahmen die Dinge zunächst eine andere Wendung: die Kapitulation von Ulm am 17. Oktober 1805 öffnete den Franzosen den Weg nach Wien und am 7. November mußte Friedrich Ludwig dem Herzoge melden, "daß ich morgen frühe um 6 Uhr


1) S. Lily von Gizycki: Deutsche Fürstinnen, S. 25.
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Wien verlassen werde. Die Umstände werden immer trauriger und man darf wohl nicht mehr zweiflen, daß in wenigen Tagen die Franzosen hier seyn werden. Sie können leicht denken welch eine confusion hier herscht, alles flüchtet, reiset ab, es ist ein Jammer mit anzusehen." Unterm 11. November theilte er dann aus Brünn mit: "Bis Presburg bin ich zu Wasser die Donau hinunter gefahren, und dann unter tausend Schwierigkeiten bis hierher, wo ich gestern Abend endlich anlangte."

Bis zum 15. blieb der Erbprinz "in einem erbärmlichen Wirthshause" in Brünn, in dessen Umgegend sich die österreichische und die russische Armee sammelten, um vereint dem heranrückenden Napoleon eine entscheidende Schlacht zu liefern. Dann fuhr er mit dem Erzherzog Anton nach Olmütz, wohin das kaiserliche Hauptquartier verlegt war, und wo die Begegnung des Kaisers Franz mit dem Zaren stattfinden sollte. Ueber dieses mehrmals bestimmt angekündigte und ebenso oft wieder hinausgeschobene Ereigniß, dessen Augenzeuge zu sein ihm vergönnt war, berichtet, als es endlich wirklich stattgefunden hatte, Friedrich Ludwig unterm 18. November:

"Wie ich heute morgen erwachte ließ mir Se. Majestät der Kaiser sagen, daß ich sogleich zu Ihnen kommen sollte, weil Sie dem Kaiser von Rusland bis zur ersten Post entgegenfahren wollten. Der Kaiser fuhr mit dem Prinzen Ferdinand v. Würtemberg, dem Graf Cobenzl und meiner Wenigkeit. In Sternberg der ersten Post warteten wir eine ganze Zeit, bis daß es hieß daß der Kaiser v. Rusland zu Fuß ankäme, welcher einer Herunterfahrt wegen abgestiegen war. Sogleich ging ihm der Teutsche Kaiser entgegen, und Sie begegneten sich in der Strasse, wo Sie Bekanntschaft machten. Der Kaiser von Rusland empfing mich mit seiner gewöhnlichen Güte. Wir waren beide so gerührt, daß keiner ein Wort reden konnte. Sie können leicht denken theuerster Vater welche Gefühle mein Herz erschütterten. Als man im Wirthshause ankam, blieben die 2 Kaiser eine lange Zeit allein zusammen, nachher rief mich der Kaiser v. Rusland in ein anderes Zimmer, wo er mir denn unendlich viel Gutes und Liebes sagte und über manche Gegenstände mit mir sprach. Ich fand ihn in allem gerade den nähmlichen wie sonst, welches mich denn unendlich glücklich machte. Hierauf stiegen die beiden Kaiser, der Pr. v. Würtemberg und ich im Wagen und gegen Mittag kamen wir unter dem Donner der Kanonen hier an. Um 3 Uhr ging der Russische Kaiser zur Teutschen Kaiserinn und dann ging es zur Tafel. Da der Kaiser nicht zu Abend speiset

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so war heute Abend nichts bei Hofe, sondern er arbeitete den ganzen Abend bis ganz spät in seinem Zimmer.

So eine confusion wie hier herscht ist gar nicht glaublich, ich glaube beim Turmbau zu Babel war es ohngefähr so, alles gehet drüber und drunter. Schenkt uns der Himmel einige Tage Ruhe so wird es vielleicht besser gehen. . . . Der Kaiser von Rusland ist ausserordentlich zufrieden und dankbar für die Aufnahme seiner Truppen in Mecklenburg. 1 ) General Tolstoy hat ihm gesaget, daß wenn sie in Rusland wären, so könnten sie nicht besser versorgt seyn, als wie sie es bei uns gewesen wären.

d. 19ten November.

Heute den ganzen Morgen haben die beiden Kaiser zusammen gearbeitet, und wie man sagt eine so interressante conversation zusammen gehabt, daß der Russische, die Thränen im Auge herausgekommen ist. Er hat dem guten braven Teutschen Kaiser aufs neue ausharrenden Beistand gelobet. Heute Nachmittag nach Tafel habe ich eine lange Unterredung mit dem Russischen Kaiser gehabt, in welcher ich denn deutlich gesehen habe, daß er noch immer der alte gegen mir ist. Dringend habe ich ihm Mecklenburgs jetziges und künftiges Schicksahl empfohlen und ich halte mich seiner gütigen Gesinnungen und deren heilsamen Folgen gänzlich überzeugt. Der Kaiser hat mir nochmahls seine Zufriedenheit über die Behandlung seiner Truppen in Mecklenburg bezeiget. . .

Nun mein theuerster und gnädigster Vater komme ich an der wichtigsten Stelle meines Briefes, welche ich einzukleiden verlegen sein würde, wenn Ihre Denkungsart, Ihr Herz mir nicht Bürge wären, daß Sie Ihrem Sohne verzeihen werden, wenn er ohne Zeit zu haben Ihre Billigung einzuhohlen, einen raschen Entschluß fasst, den ihm die Ehre und die heissesten Gefühle seines Herzens zur Pflicht zu machen scheinen.

Das Schicksahl hat mich auf eine wunderbare und gewiß nicht vorauszusehende Art hieher geführt. Morgen nehmen die Armeen 1 Meile von hier eine position und wahrscheinlich kömmt es übermorgen zu einer Schlacht, die entscheidend sein dürfte. Im Fall der Anschein zu einem günstigen Erfolge ist, so werden


1) Russische und schwedische Truppen waren im dritten Koalitionskriege, den England, Rußland, Schweden und Oesterreich gegen Napoleon führten, vom 20. Oktober 1805 an bis in den Dezember hinein von der schwedisch=pommerschen Grenze auf mehreren Etappenstraßen durch Meklenburg ins Hannoversche gezogen. Nach einer von Meklenburg mit Schweden und Rußland geschlossenen Konvention wurden diese Truppen hier im Lande für baare Bezahlung verpflegt.
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beide Kaiser zur Armee gehen. Glauben Sie nun daß es sich für einen Prinzen von Mecklenburg, einem Russischen General, 1 ) einem Schwager des Kaisers schicket sich in demselben Augenblicke im Wagen zu setzen und ruhig nach Hause zu fahren? Nein bester lieber Vater das ist ohnmöglich, das würden, das könnten Sie nicht billigen. Ich verstehe nichts vom Militair, kann nicht einmahl die Russische Sprache, also effectif zu dienen bin ich ausser Stande, allein den Kaiser den ich wie einen Bruder liebe überall zu folgen das kann ich, um die Erlaubniß habe ich ihn gebeten und sie erhalten. 2 ) Es ist vielleicht die einzigste Gelegenheit meines Lebens dem guten lieben Kaiser einen redenden Beweis meiner innigen Anhänglichkeit zu geben, und sicher schade ich dadurch dem Interesse meines theuren Vaters und meiner Kinder nicht. In Ihren Augen schmeichle ich mich gerechtfertiget zu seyn, ob aber das liebe mütterliche Herz meiner theuren Mutter so bald befriediget seyn wird ist eine andere Frage. Ich bitte Sie recht kindlichst ihr vorzustellen, daß ich ja gar keine Gefahr dabei laufe, mithin nicht einmahl den Anstrich einer heroischen Handlung haben kann, 2 wichtige Personen wie die beiden Kaiser exponirt man nicht, ich verlasse den Russischen nicht, risquire also sicher nichts. Ist nur im geringsten der Anschein daß die Sachen übel enden könnten so setzen sich sicher die Monarchen dem nicht aus, die Flucht ergreifen zu müssen, und mein Plan bleibt blos project. in diesem letzten Falle gehet der Russische Kaiser gar nicht zur Armee, in jedem aber bleibt er nur wenige Tage bei der Armee, weil er nach Petersburg zurückkehret. Länger wie 8 Tage glaube ich nicht daß dieses meine Rückkehr verzögern wird, und dann kehre ich froh und heiter in die heimische friedliche Wohnung zurück, und ziehe nimmer wieder im Kriege . . . . . In kurzem


1) Friedrich Ludwig hatte vor seiner Vermählung 1799 den Rang eines Generalleutnants in der russischen Armee erhalten und es war ihm ein Regiment verliehen worden. Vgl. L von Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe I, S. 103. 106.
2) Ganz ähnlich heißt es in einem Briefe Friedrich Ludwigs an den Oberhofmeister von Lützow von demselben Tage: Je sais que pour ce qui regarde le service militaire je suis absolument inepte, aussi certainement je n'y pense pas, mais je suis bienportant, j'ai deux bras Meclembourgeois, certainement le coeur allemand, et je ne veux pas quitter d'un pas mon Empereur de Russie, le frère d'une épouse idolatrée, c'est me rendre digne de la revoir, que de ne point le quitter dans un jour comme celui - là. J'ai demandé la permission de suivre et de m'attacher à sa personne et l'Empereur a daigné recevoir mon offre comme une marque de mon zèle et de mon attachement pour Lui.
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hoffe ich Ihnen sagen zu können, daß ich Zeuge eines Tages war der Oestereich und unseren so wahrhaft edlen Kaiser rettete, der einen verrätherischen übermüthigen Feind demüthigte, und Hoffnung zu glücklicheren Zeiten gab."

Am folgenden Tage schrieb der Prinz:

". . . . Meine Entschliessung den Russischen Kaiser zu begleiten scheinet hier nicht zu mißfallen und jedermann sagt mir etwas darüber. Der Teutsche Kaiser hat mir heute Mittag so viel Schmeichelhaftes und Ehrenvolles darüber gesagt, daß ich es nicht wiederhohlen mag, er hat mir sogar seine Pferde angeboten. Ich sage Ihnen das alles bester Vater um mich einigermassen zu entschuldigen im Fall Sie ungnädig auf mich seyn sollten. Das ist das erste mahl in meinem Leben daß ich so etwas so gerade zu für mich selbst vornehme und ich bin himmelangst Ihnen mißfallen zu haben, versichern Sie mich doch bald des Gegentheils durch ein paar gnädige Zeilen. Ich sehne mich nach denselben unaussprechlich . . ."

Die so zuversichtlich für unmittelbar bevorstehend gehaltene Entscheidungsschlacht fand zunächst noch nicht statt, ja schien in weite Ferne gerückt zu werden. "Gestern noch glaubte ich an einer nahen Schlacht," schrieb Friedrich Ludwig am 24., "und heute denke ich das Gegentheil. Die Franzosen ziehen sich mit starken Schritten zurück. Heute Nachmittag ist die Avantgarde von 10 000 Mann unserer Armee aufgebrochen und vorwärts marschieret, morgen oder übermorgen wird wohl auch das corps d'armée nachfolgen. Allem Vermuthen nach wird Bonaparte kein entscheidendes Treffen wagen, und es wird bis in die Gegend von Wien wohl nichts bedeutendes vorfallen. Wegen dem Bleiben und Gehen des Russischen Kaisers ist noch nichts entschieden, allein wahrscheinlich gehet er zur Armee. Ich komme dadurch in eine embarrassante Lage. In der allgemeinen vom Kaiser selbst gehegten Ueberzeugung, daß hier bei Ollmütz eine Schlacht vorfallen würde, hielt ich es nach allen meinen Gefühlen für durchaus nothwendig den Kaiser um die Erlaubniß zu bitten ihm folgen zu dürfen, und hielt mich gewissermaassen auch Ihrer Einwilligung gnädigster Vater überzeuget. nun sind aber die Umstände ganz geändert, mein eigentlicher Zweck ist verfehlt und es hat den Anschein als ob es eine ordentliche Wintercampagne werden wollte. Diese mitzumachen fehlt es mir an manchen nöthigen Dingen - wenngleich ich heute Pferde für meinen Wagen erhalten habe -, und überdem weis ich nicht ob Sie es billigen würden, und manche Umstände kommen zusammen die

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mir dieses äusserst beschwehrlich machen würden. Ich befinde mich in der That in einer gewissen Verlegenheit. Indessen da man aus allem heraus findet so denke ich, komme auch ich wohl auf eine oder andere Art heraus, in wenigen Tagen hoffe ich, Ihnen die Entscheidung dieses allen melden zu können . . . . . Wenn gleich ich bisher nicht im Heldengeruche gestanden habe, so kann ich doch nicht leugnen daß ich gerne eine Schlacht mitgemacht hätte zumahl eine wo der Erbfeind der Christenheit, jetzt nicht mehr der Türke sondern der Franzose sein Theil erhalten hätte. Daß dieselbe glücklich ausfallen würde daran zweifelt niemand . . ."

Unterm 26. meldet dann der Erbprinz: "Heute kann ich Ihnen die Entscheidung meines Schicksahls mittheilen und Ihnen sagen daß in kurzem ich das Glück haben werde Sie wieder zu sehen. Die Armeen marschieren heute Abend, der Feind ziehet sich immer weiter zurück. Die beiden Kaiser gehen heute Abend auch mit. Weitläuftig habe ich gestern Morgen mit dem Russischen darüber gesprochen, welcher mir gesagt hat, daß er gewiß ganz das Motif meines ersten Entschlusses gefühlt und erkannt habe, da nun aber die Gelegenheit verfehlt sey und ich auch nicht die entfernteste Verbindlichkeit habe ihm zu folgen, so möchte ich überlegen ob meine übrige Lage und Pflichten es mir erlaubten oder nicht. Nachdem ich dieses alles überlegt habe glaube ich aus diesen und hundert anderen Ursachen besser daran zu thun morgen frühe meine Rückreise nach Mecklenburg anzutreten . . . . Auch der Teutsche Kaiser hat mir gesagt daß er von meinem Entschlusse sehr zufrieden sey . . . "

Am 27. November reiste also Friedrich Ludwig von Olmütz ab, und kehrte über Berlin nach Meklenburg zurück; am 5. Dezember traf er in Schwerin ein. Es war ihm erspart geblieben, Zeuge der völligen Niederlage zu sein, welche die verbündeten Armeen am 2. Dezember in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz erlitten. -

Im Jahre 1806 wurde auch das bis dahin einer glücklichen Ruhe genießende Meklenburg in den Strudel des Verderbens hineingerissen. Nach der Schlacht bei Jena drangen fliehende preußische Truppen in das neutrale Land, verfolgt von Bernadotte, Soult und Murat; das Blücher'sche Korps mußte am 7. November bei Ratkau die Waffen strecken, an demselben Tage wurde der preußische General von Usedom bei Wismar vom General Savary geschlagen. Die Sieger, die im Lande übel gehaust hatten, zogen zwar wieder ab, aber am 27. November rückte die Vorhut des

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8. französischen Korps unter General Michaud in das westliche Meklenburg ein und wurde der Regierung in Schwerin eine Note des bei den niedersächsischen Ständen beglaubigten französischen Ministerresidenten Bourrienne übergeben des Inhalts, daß Meklenburg von Frankreich nicht fürder als neutrales Land anerkannt, sondern wegen der Unterstützung, die es den Feinden Frankreichs geleistet habe, so betrachtet werde, als wenn es mit denselben gemeinschaftliche Sache gemacht habe. So rächten sich die unseligen Truppendurchmärsche vom Herbst 1805. Am 28. nahm Michaud auf Befehl des Marschalls Mortier im Namen des Kaisers der Franzosen Meklenburg=Schwerin in Besitz. Der Herzog eilte alsbald nach Berlin, um womöglich das Unheil abzuwenden - vergebens: der Grimm des Kaisers gegen Meklenburg war gerade damals so groß, daß Talleyrand sich nicht getraute, den vertriebenen Herzog bei sich zu empfangen, noch auch dessen Berliner Gesandten eine Audienz zu gewähren. 1 ) Am 7. Dezember kehrten der Herzog und der Erbprinz, der seit dem 10. November in Berlin geweilt hatte, nach Ludwigslust zurück; am 13. traf General Laval als Gouverneur des Landes in Schwerin ein, am 8. Januar 1807 verließ der Herzog, der am 22. Dezember von Laval einen Ausweisungsbefehl erhalten hatte, mit seiner Gemahlin, dem Erbprinzen und dem Prinzen Gustav sein Land und begab sich nach Altona auf dänisches Gebiet.

Es waren nicht die von Friedrich Ludwig mit den französischen Behörden in Hamburg geführten diplomatischen Unterhandlungen, es waren auch nicht die von namhaften Geldspenden unterstützten Verhandlungen der meklenburgischen Stände mit dem feilen Bourrienne, was nach Verlauf einiger Monate zur Wiedereinsetzung des Herzogs führte, vielmehr war dieses glückliche Ereigniß dem mächtigen Willen des Kaisers Alexander zu danken, der in Tilsit bei Napoleon die Rückgabe Meklenburgs an den Herzog durchsetzte. Schon am 5. Juli erhielt Laval die betreffenden Befehle, ein an demselben Tage in Altona eintreffender russischer Kourier überbrachte ein Schreiben des Zaren an den Erbprinzen mit der Nachricht von dem Geschehenen. Am 11. Juli zog Herzog Friedrich Franz wieder in Schwerin ein; sein Thronerbe war schon am 8. nach Petersburg abgereist, um dem Zaren des Herzogs Dank für seine Intervention auszusprechen. Unterwegs, in Marienburg, wurde Friedrich Ludwig am 14. Juli dem nach Paris


1) Vgl. F. von Müller: Erinnerungen aus den Kriegszeiten von 1806 bis 1813. Braunschweig 1851. S. 81 ff.
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zurückreisenden Kaiser Napoleon vorgestellt. 1 ) Zwei Tage darauf, am 16., sah er in Memel den König und die Königin von Preußen, bei denen er auch auf der Rückreise am 12. August, ebenfalls in Memel, einen Tag verweilte.

Es war nicht lediglich die Abstattung des Dankes, was dem Erbprinzen in Petersburg oblag, vielmehr war er von seinem Vater beauftragt, dem Kaiser Alexander die Berechnung der dem Herzogthum Meklenburg=Schwerin durch den Krieg und die Okkupation verursachten Schäden und Kosten zu unterbreiten und eine Entschädigung dafür, sei es durch Geld, sei es durch Gebietsvergrößerung, für welche Lauenburg und Schwedisch=Pommern in Frage kommen könnten, anzuregen. Doch hielt der Kaiser die der Erfüllung dieser Wünsche entgegenstehenden Schwierigkeiten für sehr groß und gieng über das allgemeine Versprechen, vorkommenden Falles sich für Meklenburg zu verwenden, nicht hinaus. Uebrigens meinte er, Napoleon werde wohl den Beitritt Meklenburgs zum Rheinbunde verlangen und setzte hinzu: "Alors je serais le premier à vous le conseiller."

In der That hatte Bourrienne schon zu Anfang des Monats August der Schweriner Regierung mitgetheilt, der Kaiser Napoleon wünsche den Beitritt des Herzogs. Friedrich Franz war dazu bereit, aber er gedachte seinen Eintritt in den Rheinbund an gewisse Bedingungen zu knüpfen, zu denen die Ertheilung der großherzoglichen Würde und die erwähnte Entschädigung durch Geld oder Gebiet gehörten. Die Verhandlung über diese Punkte übertrug der Herzog dem Erbprinzen, der am 22. August wieder bei seinem in Doberan weilenden Vater eingetroffen war. Nebenbei sollte Friedrich Ludwig versuchen, das Land von der drückenden französischen Besatzung zu befreien.

Am 10. Oktober 1807 trat der Erbprinz die Reise nach Paris an, wo er am 23. eintraf. Begleitet wurde er vom Minister von Brandenstein, von seinem Kavalier, dem Kammerherrn von Oertzen, und dem Kammerherrn von der Kettenburg 2 ); zur Führung der Korrespondenz mit den französischen Behörden war ihm außerdem der meklenburgische Geschäftsträger im Haag, Baron von Bosset, beigegeben. Erst am 1. Mai 1808 konnte Friedrich Ludwig, der inzwischen am 1. Januar seine Mutter durch den Tod verloren hatte, Paris verlassen. Der Aufenthalt


1) Nicht in Elbing und nicht im Herbst und nicht auf der Rückreise von Petersburg, wie L. v. Hirschfeld: Friedrich Franz II., Bd. I, S. 10 sagt.
2) S. über diesen unten zum 13. Januar 1813.
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daselbst hatte des Interessanten und Lehrreichen genug geboten; er hatte dem fürstlichen Unterhändler vollauf zu thun gegeben, und doch waren die Ergebnisse seiner Bemühungen gering gewesen: am 22. März war die Urkunde über den Beitritt Meklenburgs zum Rheinbunde unterzeichnet worden, aber sie wies dem Herzoge den Sitz im Fürstenkollegium an, von einer Gebietserweiterung oder einer Geldentschädigung war nicht die Rede. Nur die Zurückziehung der französischen Besatzung und der Erlaß einiger Kontributionen war durchgesetzt worden. Indessen darf man annehmen, daß damit das Maß des überhaupt Erreichbaren voll war. Jedenfalls säumte der Herzog nicht, unterm 5. April seinem Sohne für dessen ganzes Benehmen bei den Unterhandlungen, für seinen unermüdeten Eifer und seine Gewandtheit seine volle Zufriedenheit und seinen Dank auszusprechen.

Der Herzog ließ sich durch die geringen Erfolge seines Sohnes in Paris nicht entmuthigen, er hoffte zu gelegener Zeit doch noch zu erreichen, was ihm dieses Mal mißlungen war. Die Gelegenheit dazu schien sich zu bieten, als im Herbst 1808 zu Erfurt eine Begegnung zwischen dem Zaren und dem Kaiser Napoleon stattfand. Zu diesem prunkvollen Hoftage hatte der Protektor alle Souveräne des Rheinbundes geladen. Herzog Friedrich Franz wünschte nicht dem Gewalthaber, der ihm so viel Leides zugefügt hatte, persönlich zu begegnen; der Umstand, daß seit dem 1. September die Stände auf dem Convocationstage zu Rostock versammelt waren, bot ihm eine erwünschte Entschuldigung. Aber er sandte an seiner Statt den Erbprinzen, der seinen achtjährigen Sohn Paul Friedrich mit sich nahm, um denselben dem Zaren, seinem Oheim, vorzustellen; erfreut berichtete er dem Herzoge: "Mit Wahrheit kann ich sagen, daß der liebe kleine Mensch sich ganz vortrefflich aufführt" und "S. Majestät sind ausserordentlich mit meinem Sohne zufrieden, welches mich denn sehr glücklich macht."

Noch vor der Ankunft in Erfurt, am 26. September in Weimar, überreichte Friedrich Ludwig dem Grafen Romanzow, dem russischen Minister des Auswärtigen, eine Denkschrift zur Mittheilung an den Zaren, in welcher nochmals Rußlands Vermittelung in Betreff der bekannten Wünsche des Herzogs erbeten wurde. In Erfurt verhandelte der Prinz darüber mit dem Zaren wie mit dem französischen Minister Champagny. Am 29. September schrieb er dem Herzoge: "Ich habe die frohe Ueberzeugung, daß unsere Sachen gut stehen und daß die Zeit kommen wird wo wir es angenehm empfinden werden," und noch

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am 10. Oktober meinte er: "Ich halte es gar nicht für ohnmöglich, daß ich Ihnen bald etwas angenehmes zu berichten haben werde, welches mich sehr glücklich machen würde." Aber er verließ doch schließlich Erfurt, ohne seine und seines Vaters Wünsche erfüllt zu sehen.

Wenn berichtet wird, daß Friedrich Ludwig noch in späteren Jahren nicht gern in die Erfurter Tage erinnert werden wollte, so kann der Grund dafür wohl nur in der gänzlichen Ergebnißlosigkeit seiner Mission gesucht werden. Denn abgesehen davon hatte der Prinz keinen Grund zur Klage. Kaiser Alexander behandelte ihn mit brüderlichem Wohlwollen und zeichnete ihn geflissentlich aus; Napoleon war ungewöhnlich artig gegen ihn, lud ihn in kleinem Kreise zu Tische und setzte seinen Namen mit auf die Liste der Theilnehmer an dem berühmten Hasentreiben auf dem Schlachtfelde von Jena am 7. Oktober; über das Benehmen von Napoleon's Umgebung schrieb Friedrich Ludwig am 29. September: "Auffallend ist es, mit welcher zuvorkommenden Höflichkeit ich hier von allem was Französisch ist, behandelt und begegnet werde": Champagny bat ihn "einmahl für allemahl zum Essen", Berthier "überhäufte ihn mit Freundschaft", Talleyrand "nahm ihn sehr gütig auf", Soult war voller Aufmerksamkeit, - "überhaupt gehet es mir sehr gut" schrieb er dem Herzoge.

Ueber seine Audienz bei Napoleon berichtete der Prinz am 28. September: 1 ) "Heute morgen um 11 Uhr habe ich die Ehre gehabt Sr. Majestät dem Kaiser Napoleon aufzuwarten, welcher ausserordentlich gnädig mich empfing, mir sagte daß es ihm lieb sey mich wiederzusehen, mich nach dem Wohlseyn meines gnädigsten Vaters frug, ob ich schon heute morgen den Kaiser Alexander gesehen habe u. s. w. Ich sagte Sr. Majestät, wie dankbar mein gnädigster Vater für die ihm und seinem Lande bewiesenen Wohlthaten wäre, wie man alles thäte was man könnte um seinen Pflichten genau nachzukommen, worauf Se. Majestät mir sagten wie sie sich freueten, daß einmahl alles was uns belästiget habe, geendiget sey. Sie sagten noch zu zweien mahlen, wie der Handel wohl sehr bei uns leide. Ich konnte dies nicht anders wie bejahen, setzte aber hinzu, wie dies ein allgemeines Uebel sey, dessen Beendigung wir auch noch Sr. Majestät zu danken haben würden.


1) v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, S. 371, hat von diesem Berichte nur wenige Worte wiedergegeben.
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Auch sagte ich dem Kaiser daß ich meinen Sohn mitgebracht habe um ihn dem Russischen Kaiser vorzustellen, daß ich es aber wohl nicht wagen dürfe ihn auch Sr. Französischen Majestät zu präsentieren da er noch kein militairisches Kleid trage. Der Kaiser frug nach seinem Alter und sagte ich würde ihm doch wohl militair werden lassen und setzte lachend hinzu c'est un petit conscript. 1 ) Der Kaiser frug ob er im Vorzimmer sey, worauf ich aber erwiederte daß ich dies mir nicht habe unterstehen können. Alle Umgebungen des Kaisers, der Fürst von Benevent und alle übrigen wahren sehr höflich gegen mir." -

In Weimar hatte Friedrich Ludwig bei seinem Schwager, dem Erbprinzen Carl Friedrich gewohnt. Dessen Schwester Caroline trat ihm hier näher, er sah erfreut, wie die Prinzessin an seinem Sohne Gefallen fand, und der Gedanke, in ihr seinen Kindern eine zweite Mutter zu geben, mag schon damals in ihm entstanden sein. Aber erst 1810 warb er um ihre Hand, am 10. Januar verlobte er sich mit "diesem edlen Wesen, geboren um alles Schöne und Große sich als die ihm bestimmte Sphäre anzuweisen," wie Caroline von Wolzogen, die Schwester von Schiller's Gattin, die Prinzessin nennt. Tage reinen Glückes waren damit für den Erbprinzen wieder angebrochen. "Sie werden mich nicht wiederkennen," schrieb er bald nach der Verlobung an den Erzieher seines Sohnes Paul, "so froh bin ich geworden. Ich glaubte kein Glück mehr für mich auf dieser Erde, allein die Vorsehung hat mehr als mütterlich an mir gehandelt. Ihr sei mein heißester Dank." Die Vermählung fand am 1. Juli in Weimar statt, am 17. desselben Monats zog das hohe Paar in Ludwigslust ein, wo der Erbprinz mit seinem Famlienhaushalt den linken Flügel des Schlosses bewohnte.

Versuchen wir zum Schluß uns das Bild des Prinzen zu zeichnen, wie es uns aus seinen eigenen Aufzeichnungen, sowie aus Schilderungen und Urtheilen von Personen, die ihm nahe standen, entgegentritt. "Wohlgestaltet und von würdevoller Haltung, in den feinen Zügen des Angesichtes und im Blick der klaren blauen Augen, im Ausdruck des sinnigen Ernstes und zugleich des freundlich entgegenkommenden Wohlwollens" - so beschreibt ihn Gotthilf Heinrich Schubert, der 1816 Lehrer der Prinzessin Marie und des Prinzen Albrecht wurde und berichtet, wie er den Erbprinzen beim jedesmaligen Sehen immer lieber


1) Es ergiebt sich hieraus, daß die Darstellung bei L. v. Hirschfeld: Friedrich Franz II. etc. . I, S. 41, unrichtig ist.
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gewann; er rühmt seine reiche Begabung an Geist und Gemüth, seine gereifte Gesinnung und setzt hinzu: "Er dachte weit über das, was ihm als gegenwärtig vor Augen lag, hinaus; in seinem Herzen, welches immer das Gute meinte, trug er heilsame Gedanken für sein zukünftiges Wirken zum wahren Wohl seines Volkes, zum Gedeihen des Landes. Ein Zug, gleichwie des inneren Schmerzes, gab seinem sonst heiteren Wesen öfters eine ernste Haltung." 1 ) "Mir scheint der Erbprinz schöne Regententugenden zu haben," schreibt Henriette von Knebel 2 ) an Frau von Schiller. "Er hat bey Verstand und Thätigkeit einen glücklichen Ueberblick und urtheilt richtig. Seine Verwandten sind sehr von ihm zufrieden und haben Achtung für ihn." Sie bemerkt, daß der Herzog eigentlich die Regierung ganz seinem Sohne überläßt. 3 ) "Den Prinzen sehe ich nicht anders als einen sehr verständigen Haushalter seines Landes und Hauses," heißt es ein anderes Mal. 4 ) Ohne militärische Neigungen, der Jagd nicht mehr ergeben als es seine Stellung mit sich brachte, dem am Hofe seines Vaters sehr beliebten Spiele abhold, fand er seine volle Befriedigung in rastloser ersprießlicher Arbeit auf allen Gebieten der Verwaltung und im Kreise seiner Familie als liebevoller sorgsamer Gatte und als zärtlicher Vater, der sich in Sehnsucht nach seinen "enfants angéliques" verzehrte, wenn er von ihnen getrennt war. Mehr als geräuschvolle Festlichkeiten liebte er die stillen Abende, wo er am Theetisch seiner Gemahlin aus einem guten Buche vorlesen konnte: "ich gestehe," schrieb er schon in jungen Jahren in sein Reisejournal, "daß ich diese Art des amusements weit allen Hofplaisirs vorziehe," und nach dem Zeugniß seiner Gemahlin Caroline las er sehr gut. 5 ) Er war ein Freund der Musik und des Schauspiels, bei Dilettantenvorstellungen im Ludwigsluster Schloß übernahm er selbst gern eine Rolle. 6 ) Sophie von Campenhausen 7 ), die Hofdame seiner ersten Gemahlin, rühmt seine Galanterie, obwohl sie unter seinen Neckereien gelegentlich zu leiden hatte; 8 ) auch Henriette von Knebel fand ihn "ausnehmend


1) G. G. v. Schubert: Der Erwerb aus einem vergangenen und die Erwartungen von einem zukünftigen Leben. 3. Bd. 1. Abth., S. 18. 45. 59.
2) S. über sie unten zum 14. Juni 1813.
3) L. von Gizycki: Deutsche Fürstinnen, S. 53.
4) Aus Karl Ludwig von Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette. Herausgegeben von H. Düntzer. Jena 1858. S. 502.
5) L. von Gizycki a. a. O. S. 49.
6) L. von Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe I, S. 257.
7) Vgl. über diese unten zum 8. September 1811.
8) L. von Hirschfeld a. a. O. S. 210. 234. 244.
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artig." 1 )Sein gehaltenes, zuweilen schwermüthiges Wesen hinderte ihn doch nicht, sich auch einmal einer ausgelassenen Lustigkeit hinzugeben, bei einer Maskerade in Frauentracht zu erscheinen und "zum Todtlachen" zu sein, 2 ) oder beim Empfang einer angenehmen Nachricht zu tanzen und zu springen. 3 ) Die große Leutseligkeit, "die vertrauliche Art und Sprache und die Liebe und Achtung, mit denen der Herzog sowohl als der Erbprinz mit ihren Leuten umgehen," gefielen Henriette von Knebel außerordentlich 4 ); doch scheint es, daß der Prinz auch aufbrausen konnte, wenigstens spricht er in einem Briefe an seinen Vater (28. Januar 1814) von "meiner Ihnen bekannten Wuth und Heftigkeit".

Bei seinem ausgesprochen sanguinischen Temperament neigte Friedrich Ludwig dazu, den Dingen die günstigste Seite abzugewinnen, und unterlag daher mancher Selbsttäuschung. Die unbestimmten, vorsichtigen Aeußerungen Napoleon's, der ihm anscheinend wohlwollte, nahm er leicht für Zusagen; auf die vielen Beweise persönlicher Freundschaft, die ihm der Zar gab, baute er größere Hoffnungen als Alexander zu erfüllen willens oder vielleicht auch im Stande war; die Artigkeiten, welche die französischen und russischen Staatsmänner ihm brieflich oder mündlich sagten, schätzte er offenbar zu hoch, wenn er sie als Zeichen der Geneigtheit, auf seine Wünsche einzugehen, ansah. Sicheres, selbstbewußtes Auftreten verfehlte nicht auf den Prinzen Eindruck zu machen, er gerieth leicht in den Bann kräftiger Persönlichkeiten, wie sie ihm in Davout, Bernadotte u. A. entgegentraten. Seine offene, vornehme Gesinnung ließ ihn solchen Männern unbedingtes Vertrauen entgegenbringen; wenn der Leser des Tagebuches, dessen Abdruck nunmehr folgt, zuweilen den Eindruck empfängt, daß diesem ritterlichen Vertrauen nicht durchweg mit gleicher Ehrlichkeit begegnet worden ist, so wird er daraus gegen den Erbprinzen höchstens den Vorwurf - wenn es einer ist - erheben dürfen: daß unter seinen vielen glänzenden und liebenswerthen Eigenschaften Menschenkenntniß vielleicht nicht an erster Stelle stand.



1) Aus K. L. v. Knebels Briefwechsel etc. . S. 508.
2) L. v. Hirschfeld a. a. O. S. 242.
3) Aus K. L. v. Knebels Briefwechsel etc. . S. 512.
4) ebd. S. 509.
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Ludwigslust d. 29sten May 1811.

Dies Geschenk von Freundes Hand widme ich meinen Erinnerungen.

Der heutige Tag war trübe für mich, ich erhiehlt in selbigen so manchen neuen Beweis der unglücklichen Lage meines Vaterlandes.

Der Herzog schrieb am General Hastrell 1 ) cheff des conseil special in Hamburg, um sich Aufklärung über von französischer Seite in Rostock u. Wismar gemachter arretirungen einiger Kaufleute zu erbitten. 2 ) Es ist ein beugendes Gefühl dergleichen Gewalthätigkeiten in seinem eigenen Lande von Fremden ausüben zu sehen.

d. 30sten May.

Froh war der Anfang meines Tages denn ich sahe meinen Oertzen, 3 ) meinen besten Freund, nach Entfernung von mehreren


1) General Baron d'Hastrel, chef d'état - major du corps d'observation de l'Elbe.
2) Von Arretierungen Wismarscher Kaufleute ist sonst nichts bekannt. - Der am 20. Mai verhaftete Rostocker Kaufmann war der dänische Konsul Mann; man beschuldigte ihn unerlaubter Korrespondenz, durchsuchte und versiegelte seine sämmtlichen, auch offiziellen Papiere und führte ihn unter Gensdarmeriebegleitung nach Frankreich ab. Vgl. Joh. Georg Rist's Lebenserinnerungen. 2. Aufl. Bd. II, S. 120.
3) Detlof Joachim von Oertzen, aus dem Hause Roggow, hat den besten Theil seines Lebens dem Dienste des Erbprinzen und seines Hauses gewidmet. Geboren 1771, war er Offizier in meklenburgischen Diensten gewesen und 1791 Kammerjunker geworden, hatte 1792 den Militärdienst verlassen, 1793 die Universität Göttingen bezogen, wo er geschichtliche und kameralistische Studien betrieb, und war 1795 in den wirklichen Hofdienst getreten, 1797 zum Kammerherrn und zugleich zum Kavalier beim Erbprinzen ernannt worden. In dieser Stellung hat er seinen jungen Herrn in allen wichtigen Phasen von dessen Leben begleitet. 1809 war er vom Herzoge an den damals in Wien weilenden Kaiser Napoleon gesandt worden und hatte 1810 bei der zweiten Besetzung Meklenburgs durch die Franzosen in seiner Ernennung zum Herzoglichen Kommissarius die Oberaufsicht über die schwierige Vertheilung derselben in die angemessenen Distrikte und Ortschaften des Landes nebst ihrer Verpflegung erhalten. 1812 wurde er Hofmarschall; mit diesem Titel erscheint er im Staatskalender seit 1814 ats erster Kavalier an der Spitze des Hofstaates des Erbgroßherzogs und der Erbgroßherzogin. Diplomatische Aufträge führten ihn 1815 nach Paris, 1818 nach Kopenhagen. Inzwischen war der Erbgroßherzog 1816 zum zweiten Male Wittwer geworden; die Verhandlungen über seine Wiedervermählung mit der Prinzessin Auguste von Hessen=Homburg 1818 wurden durch Oertzen geführt. 1816 und 1818 war er zweiter, 1819 erster Landtagskommissarius; in letzterem Jahre wirkte er als Großherzoglicher Bevollmächtigter beim Elbschifffahrtskongreß in Dresden. Nach dem Tode Friedrich Ludwigs am 29. November 1819 erbat er die Befreiung von den Staatsgeschäften, um sich zum Besten der verwaisten fürst= (  ...  )
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Wochen wieder. Allein der übrige Tag war bitter. Das Conseil und die Regierung waren vereinget worden, um über den Indult zu deliberiren, den die Stände durch eine Deputation erbeten haben. Diese so unendlich wichtige Frage, welche über das Wohl und Wehe so vieler Menschen entscheidet ward verneinend entschieden. 1 ) Ich selbst habe meine Stimme dagegen gegeben, da ich glaube daß im entgegen gesetzten Falle der Credit des Landes nur noch mehr gelitten hätte. jedoch sind Vorkehrungen getroffen worden um den auszubrechenden Concursen vor der Hand wenigstens Einhalt zu thun, und nächstdem in kurzer Frist eine bessere Concursordnung einzuführen. Da alle diejenigen welche nicht mehr zahlen können den Indult sehnlichst wünschten um sich noch einige Zeit hinzuhalten, so ist es leicht sich deren Trauer


(  ...  ) lichen Kinder ganz seinen eigentlichen Dienstobliegenheiten widmen zu können, starb aber schon am 15. Februar 1820. Genaueres über Oertzen, auch seine wissenschaftlichen Arbeiten, s. bei Saß in Bd. IV der Urkundlichen Geschichte des Geschlechts von Oertzen (Schwerin 1886) S. 163 ff.
1) Es war nicht das erste Mal, daß man in Meklenburg ein Heilmittel gegen den Geld= und Kreditmangel in einem Generalindult suchte. Nach den Nöthen des siebenjährigen Krieges war auf den Landtagen der Jahre 1766 und 1767 viel über die Mittel zur Abhülfe verhandelt worden, im Jahre 1768 hatte eine Kommitte sich besonders mit diesem Gegenstande beschäftigt, und der Landtag dieses Jahres griff zu einem Indult, der bis 1776 in Kraft blieb. Nach dem Einbruch der Fanzosen und der Plünderung des Landes im Herbst 1806 hatte die Schweriner Regierung am 13. Dezember, der Herzog Karl von Strelitz am 6. Januar 1807 zu einem vorläufig einjährigen Indult Zuflucht genommen, der bis zum Ablauf des Jahres 1808 verlängert wurde. Das Bedenkliche dieses Mittels veranlaßte den Herzog und seine Räthe die Landesdeputation, die zur Erbittung eines erneuerten Generalindults 1811 am Hoflager in Ludwigslust erschien und am 30. Mai in Audienz empfangen wurde, abschlägig zu bescheiden. Der Indult wurde nicht bewilligt, indessen wies die Regierung zur Verhütung neuer Konkurse und zur Rettung derjenigen Schuldner, die überhaupt noch zu retten seien, unterm 1. Juni die Gerichte an, bis auf weitere Verfügung "mit Eröffnung formeller Konkurse gegen Grundeigenthümer Abstand zu nehmen." Als dann im weiteren Verlaufe der "Franzosenzeit" die beständigen Einquartierungen und Truppendurchzüge das Land völlig erschöpft hatten, 1811 die Ernte schlecht ausfiel und die Zahlungseinstellungen sich bedenklich häuften, wurde doch in Strelitz schon am 7. August 1811, in Schwerin am 10. Januar 1812 wieder ein Generalindult bewilligt, für welchen nunmehr auch der Erbprinz stimmte (s. unten zum 20. Dezember 1811). Die Patentverordnung vom 10. Januar 1812 verfügte "die einstweilige allgemeine Sistirung aller bereits vor Antonii 1812 schuldig gewordenen zinstragenden Capitalien, sowohl für gesammte öffentliche Cassen, als für Privatschuldner, ohne Rücksicht auf geschehene Entsagung, mit Aufhebung aller bisherigen Indultgesetze, bis dahin, daß durch zweckmäßigere Einrichtung und Verbesserung der Hypothekenbücher und des Concursverfahrens, für die Sicherheit und Möglichkeit der Befriedigung der Gläubiger mit mehrerer Wirksamkeit gesorgt werden kann." Gedauert hat der Generalindult bis Trinitatis 1828.
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u. Unglück zu denken. Dies erreget schreckliche Gefühle, allein der Staat darf nicht das interresse einzelner, selbst vieler, dem, des ganzen vorziehen.

d. 31sten May.

Nichts besonders bemerkenswerthes vorgefallen, als, der Frl. v. Oertzen gemachte Heyrathsantrag. 1 )

d. 1sten Juni.

Diese Sache hat heute zu manchen explicationen Gelegenheit gegeben, und in manchen Betracht mir unangenehme Augenblicke gemacht.

Diese Nacht 12 Uhr feierte ich das Todtenfest, meiner Frau Helene Pavlowna an ihrem Nahmenstage, in der Begräbniß Capelle 2 ) in meinem Garten. Trauriges Geschäft welches mir die schmerzhaftesten Erinnerungen gab. Meine gute liebe Frau Caroline war dabei zugegen. Mein Herz fühlt lebhaft diesen Beweis Ihrer Freundschaft und Liebe.

d. 2ten Juni.

Diesen Nachmittag hatten wir ein starkes Gewitter, von einem schrecklichen Sturm begleitet.

Mein Oertzen ist heute wieder fort ! ! !

d. 3ten Juni.

Nichts zu bemerken.

d. 4ten Juni.

Nach Schwerin gereiset. Der Landrath Oertzen von Roggow 3 ) kam zu mir, wir sprachen lange zusammen über die unglückliche


1) Ida von Oertzen, Tochter des Landraths Jaspar von Oertzen auf Roggow, geb. 1795, war Hofdame der Erbprinzessin Caroline Luise. Den Heirathsantrag machte der Forstmeister Carl von Behr auf Blücher. Die Vermählung fand statt am 8. August 1812 (vgl. unten zum 9. August 1812). Seit 1850 Wittwe, starb Ida von Behr am 17. Februar 1859 zu Schwerin. S. Saß a. a. O. S. 183.
2) Die Begräbniß=Kapelle, etwa 1 km westlich vom Schloß, jetzt unter dem Namen "das Mausoleum" bekannt, wurde 1804 begonnen, der Bau aber durch die Kriegsereignisse unterbrochen und erst 1808 vollendet. In der Kapelle, an deren Architrav die Inschrift "Helenen Paulownen" steht, haben außer Friedrich Ludwig und seinen drei Gemahlinnen auch mehrere andere Glieder des fürstlichen Hauses ihre Ruhestätte gefunden, zuletzt 1897 der Großherzog Friedrich Franz III. Nach dessen Beisetzung ist die Kapelle zu einer Basilika umgebaut worden. Vgl. E. Saubert: Der Großherzogliche Schloßgarten zu Ludwigslust. Ludwigslust [1899]. S. 81 ff.
3) Jaspar von Oertzen, älterer Bruder von Detlof Joachim (s. oben), geb. zu Roggow 26. September 1768, wurde auf dem Pädagogium zu Bützow (  ...  )
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Lage des Vaterlandes. Der Abschlag des Generalindults schmerzte ihn auch tief. Er soll jetzt um einen Privatindult für den Landkasten antragen. Wegen der Heirath seiner Tochter denkt er ganz wie meine Frau u. ich denken, daß Frl. Oertzen noch viel zu jung ist um sich schon für das Leben entscheiden zu können u. Hr. v. B[ehr] noch zu wenig kennet. Sie wird sehr glücklich seyn daß Ihr Vater morgen nach Llust reiset ihm ihr engelreines Herz ausschütten zu können. Die edlen väterlichen Gesinnungen des Mannes haben mich erfreuet und gerühret.

d. 5ten Junius.

Des Morgens Kammersession gehalten. 1 ) Mittags den fr. Chargé d'affaires und die Officiers der fr. garnison zu Mittag bei mir gehabt. 2 ) Abends nach Ludwigslust zurückgekehret.

d. 6ten Junius.

Landrath v. Oertzen ist den Morgen lange bei mir gewesen. Der Privatindult für den Landkasten wird bewilliget werden.


(  ...  ) vorgebildet, trat 1784 in den oldenburgischen Militärdienst, übernahm 1791 das väterliche Gut Roggow und erhielt den Titel Hofjägermeister, wurde 1802 Landrath und starb 2. März 1835. Vermählt war er seit 1792 mit Luise, Tochter des Oberforstmeisters von Pentz, geb. 1772, gest. zu Ludwigslust 26. Juni 1840. Genaueres s. bei Saß a. a. O. S. 157 ff.
1) Der Erbprinz war vom Herzog nach dem Tode des Kammerpräsidenten von Dorne zu dessen Nachfolger ernannt und am 21. März 1806 als Chef und Präsident des Kammer= und Forst=Kollegiums eingeführt worden.
2) Der französische Chargé d'affaires Desaugiers jeune war seit dem 28. April 1811 in Schwerin angestellt. Seine Instruktion s. Correspondance de Napoléon I. Tom. 21 p. 510 s. - Die französische Garnison in Meklenburg=Schwerin bildete die Division Friant, welche im April 1811 die bis dahin (seit August 1810) im Lande stehende Brigade d'Alton von der Division Morand abgelöst hatte. Sie bestand aus dem 2. leichten Infanterie=Regiment und dem 43., 48. und 111. Linienregiment nebst der zugehörigen Artillerie und Sappeurs; außerdem stand im Lande, in den Grenzstädten vertheilt, gleichfalls unter Friant's Befehlen, die leichte Kavalleriebrigade des Generals Bordesoulle. Friant's Hauptquartier war in Rostock. (Vgl. Correspondance de Napoléon I. Tom. 21 p. 506 s.) Der Ersatz der Brigade durch eine Division war eine schwere Mehrbelastung für das Land. Zur "Sublevation der mit ungleich grösserer Anzahl fremder Truppen bequartirten Städte und Ortschaften in vergrössertem Maaße" mußte unterm 31. Mai "unter veränderten Grundsätzen und Bestimmungen, eine nochmalige viermonatliche Steuer (1. Jun. bis 30. Sept.) mit Verstattung einer Compensation der Portionen" ausgeschrieben werden; der am 1. Januar 1807 zur Aufbringung der dem Lande aufliegenden Kriegslasten und außerordentlichen Ausgaben errichteten Landeskreditkommission wurde der unmittelbare Exekutionszwang beigelegt. - Der Erbprinz bewohnte, wenn er in Schwerin war, das altstädtische Palais.
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Die Entscheidung der Heirath v. Frl. v. Oertzen wird noch 2 Jahre aufgeschoben werden. Bis dahin sind beide Theile ungebunden.

d. 7ten Junius.

Es ist die Antwort von General Hastrelle auf den Brief vom 29sten May gekommen, alles sey auf Anzeige der police Imperiale geschehen, einige Kaufleute wären unschuldig befunden, der K. Mann in Rostock sey sehr gravirt man erwarte weitere instruktionen aus Paris. Ueber das eigenmächtige Verfahren weiter keine Entschuldigungen, als daß am Ende des Briefes gesagt wird, comme les comunications au cabinet du Duc devoient se faire diplomatiquement, il ne restoit au general, qu'a offrir l'homage de son respect. Das ist erbaulich.

Dem F. v. Eckmuhl habe ich heute einen auf der Rostocker Post aufgefangenen englischen Kaufmannsbrief der von Schweden kam zugesandt. 1 )


1) Die durch Dekret Napoleon's vom 21. November 1806 verfügte Kontinentalsperre, die am 8. Dezember dess. J. auch auf den okkupierten Theil von Meklenburg ausgedehnt wurde, bestimmte: "Alle Communication, Verbindung und Handels=Verkehr mit dem Großbritannischen Reiche wird schlechterdings und ohne Ausnahme dergestalt verboten: daß keine Correspondenz mit den britischen Inseln verstattet ist, sondern alle aus England kommende, oder an einen Engländer adressirte, oder in englischer Sprache geschriebene Briefe und Pakete auf den Posten angehalten, alle aus Großbritannien, dessen Fabriken und Colonien herkommende, oder einem Engländer gehörende Kaufmanns=Waaren in Beschlag genommen, hingegen die aus den britischen Häfen kommende Schiffe in den hiesigen nicht zugelassen werden sollen." (Die gleiche Behandlung wurde unterm 29. Juli 1810 auch über die nordamerikanischen Schiffe, "wegen des Misbrauchs ihrer Flagge durch die Engländer," verhängt. Die Einfuhr aller Kolonialwaaren auch aus Schwedisch=Pommern wurde unterm 19. Juni 1810 untersagt.) Die Uebersendung des englischen Kaufmannsbriefes durch den Erbprinzen an den Fürsten von Eckmühl erklärt sich wohl daraus, daß Friedrich Ludwig als Kammerpräsident auch Chef des Postwesens war. Davout war Generalgouverneur des Département des Bouches de l'Elbe, eines der drei Departements, welche Napoleon durch Dekret vom 10. Dezember 1810 aus einverleibten deutschen Ländern (beträchtlichen (Stücken von Westphalen und Hannover, dem Herzogthum Oldenburg und den Gebieten der Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck) gebildet hatte, und befehligte die armée d'Allemagne; er hatte sein Hauptquartier in Hamburg, wo er am 9. Februar 1811 eingetroffen war. Der Kaiser hatte seinem Statthalter "le langage le plus pacifique" anbefohlen (s. Comte Vigier: Davout, Maréchal d'Empire, Duc d'Auerstaedt, Prince d'Eckmühl, 2. éd., Paris 1898, II p. 58) und nicht wenige Stellen unseres Tagebuches bezeugen, daß Davout vielfach bemüht war, das Loos Meklenburgs, das am Erbprinzen allezeit einen beredten Anwalt hatte, etwas erträglicher zu gestalten.
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d. 8ten Junius.

Nichts von Bedeutung vorgefallen.

d. 9ten Junius.

Heute ward das Fest der Taufe des Königs von Rom gefeiert. 1 ) Halb 12 Uhr ging der Hof in Staat in die Katholische Kirche 2 ) wo ein Hochamt und Tedeum gehalten ward. Die in Schwerin anwesenden Franzosen waren eingeladen worden und zugegen. Mittags großes diner, Abends cour, Spiel und souper, nachher Illumination um das Bassin.

In Hamburg hatte man denoncirt daß 200 Matrosen von unseren Küsten aus sich zu der Englischen Flotte geflüchtet hätten. Desaugiers bekam einige Staffeten. Es ist leicht gewesen den Ungrund zu beweisen und man hat an Desaugiers desfalls eine Note gegeben wovon er sehr zufrieden war u. meinte daß dergleichen falsch befundene Nachrichten für die Folge nützlich seyn könnten.

d. 10ten Junius.

Von Bodien 3 ) sind traurige Berichte in Betreff der matrosenaushebungen 4 ) eingegangen. Ueberall siehet und höret man nichts als Verzweiflung. Welch ein Unglück in einer Zeit zu leben, wo man Nahmen und That zu schreienden Ungerechtigkeiten hergeben muß.


1) Der König von Rom war am 20. März 1811 geboren. Nach einem Tagesbefehl des Fürsten von Eckmühl erhielten am Tauftage alle französischen Truppen doppelte Portionen an Speisen und Getränken (s. die Verordnung vom 30. Mai in den Mecklenburg=Schwerinschen Anzeigen, 45. Stück vom 5. Juni 1811).
2) Die kleine, auf einer Insel im Schloßgarten gelegene, der heil. Helena gewidmete katholische Kirche, auf Kosten des Herzogs durch Joh. Christ. Heinr. von Seydewitz gebaut, war am 30. November 1809 eingeweiht worden.
3) Johann Caspar von Boddien, geb. 1772, trat 1788 als Sekondlieutenant in das Infanterie=Regiment von Gluer, wurde 1797 Stabskapitän, 1801 als Major zur Leibgarde zu Pferde versetzt, 1808 Kommandant zu Ludwigslust und Adjutant des Herzogs, 1812 auch Inspekteur der Gensd'armerie, 1813 Oberst, 1822 Generalmajor und Generaladjutant, 1840 Chef der Gensd'armerie, und starb zu Ludwigslust 9. Mai 1845.
4) Die Ausschreibung einer Matrosenstellung zum Dienst der französischen Marine aus den drei Seeküstendistrikten Ribnitz, Rostock und Wismar war unter dem 20. April 1811 ergangen. Es war die zweite: schon im November 1810 waren aus den Städten Rostock und Wismar Matrosen verlangt worden. Diesmal galt es in den deutschen Küstenländern insgesammt 3000 Seeleute auszuheben. Am 1. März 1811 schrieb Napoleon an Davout: "Mon cousin, j'ai besoin de 3000 marins . . . Prenez des mesures pour me procurer ces marins à Hambourg, à Lubeck, à Bremen, à Varel, à Papenburg, etc." Unterm 25. März wurde der Befehl wiederholt. Correspondance de Napoléon I. Tom. 21 p. 429. 517. Von den 3000 Matrosen sollte Meklenburg 600 liefern. ebd. p. 510.
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d. 11ten Junius.

Gottlob nichts vorgefallen.

d. 12ten Junius.

Bodien ist heute auf ein paar Stunden hergekommen um über die MatrosenAngelegenheit neue Befehle einzuhohlen. Er macht eine gräßliche Beschreibung von dem Zustande des Fischlandes und der Verzweiflung welche dort herscht. Man wird jetzt suchen die noch an der Zahl von 200 fehlenden Matrosen aus Wismar zu bekommen um wenigstens die FamilienVäter des Fischlandes noch zu retten.

d. 13ten Junius.

Der Herzog war so gnädig heute meinen Geburtstag zu feiern. Das Schweizerhaus 1 ) war hübsch decorirt, Abends eine kleine illumination. Der fr. chargé d'affaires war da, seine Frau ward bei Hofe präsentirt.

Wir haben heute die glückliche Nachricht erhalten, daß alle differenzen zwischen Rusland und Frankreich beigelegt sind, 2 ) also von da her Friede und Ruhe bleiben. So Gott will wird auch das glücklichen Einfluß auf unser Vaterland haben.

Meine herliche Frau hat mir einen Ofenschirm von ihr selbst gestickt, geschenket. Er enthält oben den Nahmen meiner theuren Helene in Blumen. Das Bouquet zeigt in Blumen die Haupttugenden Ihres Charackthers an. 3 ) So eine feine attention kann nur ein Engel wie Sie ist, haben. Ich habe keine Worte mein dankbares Gefühl auszudrücken.


1) Das Schweizerhaus im Ludwigsluster Schloßgarten war für die Herzogin Luise 1789/90 erbaut worden und wurde von ihr bis zu ihrem Tode (1. Januar 1808) mit Vorliebe bewohnt. C. Saubert a. a. O., S. 101 f.
2) Die nur scheinbar beigelegten Differenzen zwischen den Verbündeten von Tilsit waren entstanden einmal durch die rücksichtslose Einverleibung von Oldenburg, welches Rußland stets wie ein Familienbesitzthum betrachtet hatte und gegen die Kaiser Alexander energisch Verwahrung erhob; sodann dadurch, daß Alexander das Ansinnen Napoleon's, die neutralen Schiffe in seinen Häfen (es waren meist amerikanische) in Beschlag zu nehmen, rundweg ablehnte, ja am 31. Dezember 1810 ohne Vorverhandlung mit Frankreich einen neuen Zolltarif erließ, der den Verkehr mit Kolonialwaaren sehr erleichterte, dagegen die Einfuhr französischer Waaren und Weine belastete. Vgl. Oncken: Das Zeitalter der Revolution, des Kaiserreichs und der Befreiungskriege II, 466 ff.
3) Vgl. über diesen Ofenschirm den Brief von Henriette von Knebel an ihren Bruder im Briefwechsel Beider a. a. O. S. 535.
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d. 14ten Junius.

Diesen Morgen bin ich einige Stunden mit dem Hofmarschall v. Mecklenburg 1 ) beschäftiget gewesen. Am Fürsten v. Eckmühl habe ich geschrieben um die Aufhebung der Kornsperre nach Preuß. Pommern zu bewürken. 2 )

d. 15ten Junius.

Ich bin diesen Morgen einige Stunden in Schwerin gewesen privatgeschäfte zu besorgen.

d. 16ten Junius.

Fürst v. Eckmuhl hat mir über den aufgefangenen Englischen Brief geantwortet, und verlangt, daß man die Papiere des Rostocker Kaufmanns an welchen er adressiret gewesen untersuchen möge.

d. 17ten Junius.

Eine Unpäßlichkeit meiner Frau war die Ursache daß wir beide heute zu Hause blieben.

d. 18ten Junius.

Heute war ich recht krank.

d. 19ten Junius.

Kammerherr v. Buch seine jüngste Tochter 3 ) ward diesen Nachmittag getauft, meine Frau stand Gevatter und ließ das Kind ins Kloster Malchow einschreiben.


1) Ludwig Hermann von Mecklenburg erscheint im ersten Staatskalender von 1776 als Hofjunker, wurde 1777 Kammerjunker, 1784 Kammerherr und nach dem Tode des Herzogs Friedrich, 1785, Hofmeister von dessen Wittwe, der Herzogin Louise Friderike, in welcher Stellung er bis zum Tode der Herzogin (2. August 1791) blieb. 1801 wurde er Hofmarschall des Erbprinzen und der Erbprinzessin. Er starb 29. Oktober 1812 (s. unten zu diesem Tage).
2) Das Verbot der Kornausfuhr nach Pommern hatte die französische Militärbehörde in Rostock in den ersten Tagen des Juni erlassen. Oertzen meldete das am 8. der Regierung und berichtete zugleich, er sei bei Friant deswegen vorstellig geworden, dieser aber habe ihm geantwortet: er könne darin nichts thun, da er nur Ordre zu befolgen, nicht zu ertheilen habe; wolle der Herzog dies geändert haben, so müsse man sich durchaus an den Fürsten von Eckmühl wenden, welcher allein hier helfen könne. Daraufhin bat der Minister von Plessen den Erbprinzen, mit Davout in Verhandlungen einzutreten, die denn auch den gewünschten Erfolg hatten, denn die Kornsperre wurde alsbald aufgehoben. (Archiv=Akten.) Daß Davout von der ganzen Maßregel wirklich keine Kenntniß gehabt haben sollte, wie er behauptete, ist nach den Worten Friant's kaum anzunehmen.
3) Carolina Christina Leopoldina Friedrika v. Buch war am 9. Juni geboren. Der Kammerherr (seit 1800) Helmuth Ludwig Theodor v. Buch, vermählt mit Eleonore geb. v. Mecklenburg, wurde 1821 Reisemarschall und starb zu Ludwigsust 6. Januar 1830. Sein Gut Mierendorf hatte er 1798 verkauft, das Gut Spoitgendorf 1806 im Concurse seinen Gläubigern abtreten müssen.
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In den Papieren des Rostocker Kaufmanns ist nichts unrechtes gefunden worden.

d. 20sten Junius.

Fürst Eckmuhl hat mir sehr höflich geantwortet daß er nichts von der Kornsperre nach Preußisch Pommern wisse, daß es ein Mißverständniß seyn müsse, er mich bäte ihm details zu geben, worauf er sogleich Befehle ertheilen wolle, daß die Sperre aufgehoben u. für die Zukunft es nicht wieder vorfallen solle.

d. 21sten Junius.

Ich habe heute dem Fürsten Eckmuhl die gewünschte Auskunft gegeben.

d. 22sten Junius.

Das war ein guter Tag, mein lieber Oertzen kam wieder auf einige Tage zu mir.

d. 23sten Junius.

Da ich morgen zeitig nach Schwerin muß und der Herzog morgen Abend nach Doberan reiset so habe ich diesen Abend Abschied von ihm genommen.

Die Garde 1 ) soll auf mehrere Monathe zum größten Theil beurlaubt werden da es dringend nöthig ist Ersparungen zu machen.

d. 24sten Junius.

Nach Schwerin gefahren, allerlei TerminsAngelegenheiten besorgt und die Explication mit dem Kammerdirektor 2 ) gehabt, welche aber glücklich geendiget hat. Ich hoffe sie soll gute Folgen haben.


1) Die (Grenadier=) Garde (ein Bataillon zu drei Kompagnieen) war auf Befehl des Herzogs vom 25. März 1810 gebildet worden. Im Gegensatz zu den ausgehobenen Mannschaften des Kontingents=Regiments (die Konskription war durch das provisorische Regulativ vom 25. Februar 1809 eingeführt) bestand sie aus geworbenen Leuten. Die Garnisonen waren für den Stab und die 1. Kompagnie Ludwigslust, für die 2. und 3. Kompagnie Schwerin. Vgl. Frhr. v. Langermann und Erlencamp und v. Voigts=Rhetz: Geschichte des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier=Regiments Nr. 89. Schwerin 1895. S. 48 ff.
2) Conrad Wilhelm Brüning. Er erscheint im Staatskalender zuerst 1778 als Amtmann in Doberan, seit 1782 als Kammerrath, 1792 als Geheimer Kammerrath, 1800 als Kammerdirektor; in dieser Stellung starb er am 11. Dezember 1814 "im 63sten Jahr seines Alters, im 38sten seiner dem Herzoglichen Hause geleisteten Dienste" (Todesanzeige in den Mecklenburg=Schwerinschen Anzeigen 1814, 100. Stück, S. 1710). 1803 hatte er an den Verhandlungen mit Schweden, die zum Malmöer Vertrag führten, theilgenommen. - Brüning war ein Sohn des Georg Ludwig Brüning, der, am 4. Mai 1718 zu Celle geboren, 1776 Kammerrath und Amtmann in Meklenburg war, seit 1779 als Geheimer Kammerrath in Schwerin erscheint und am 6. Juni 1791 verstorben ist.
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d. 25sten Junius.

Des Morgens Kammersession gehalten wo nach langen Debatten die Anlegung eines Landgestütes 1 ) beschlossen worden, um den Landmann etwas mit der Pferdezucht aufzuhelfen. Der traurigen Zeiten wegen wird es nur zuerst mit 6 - 8 Hengsten angefangen werden.

Zu Mittag war ich wieder in Ludwigslust.

d. 26sten Junius.

Nichts vorgefallen.

d. 27sten Junius.

Mein Oertzen ist diesen Morgen wieder abgereiset. Abends habe ich interressante Briefe aus Paris erhalten. Die Matrosenangelegenheit wird sich wohl arrangiren, allein zur Freilassung des Handels zur See ist leider wenig Hoffnung und dies allein kann uns doch nur vom Untergange retten.

d. 28sten Junius.

Minister von Plessen 2 ) ist heute nach Schwerin gereiset um dort Einrichtungen zu machen wie es mit den Ausgaben der Cassen gehalten werden soll.


1) Ein fürstliches Gestüt hatte schon lange (die ersten sicheren Nachrichten stammen aus Carl Leopolds Zeit, aus dem Jahre 1715) bestanden, und zwar in Redefin, 1795 aber wurde es aufgelöst und Redefin an den Amtsverwalter Harmes in Hagenow verpachtet. 1803 trat Harmes die Pachtung an den Oberjägermeister von der Lühe ab; dieser gründete ein neues Gestüt, wurde aber 1810 veranlaßt, die Pachtung zum Zweck der Gründung eines Staatsgestüts an das herzogliche Marstallamt in Ludwigslust abzustehen. Die Errichtung eines eigentlichen Landgestüts in Redefin erfolgte 1812; mit der Leitung desselben wurde der Oberstallmeister von Bülow betraut. S. Flaum: Das Großherzoglich Mecklenburg=Schwerinsche Landgestüt Redefin. Leipzig 1893. S. 12 ff.
2) Leopold von Plessen, einer der bedeutendsten Staatsmänner Meklenburgs, geb. 1769 zu Raden bei Güstrow, trat 1790 als Referendar in den preußischen Staatsdienst, den er aber bald verließ, wurde 1793 Auditor bei der Kammer in Schwerin, 1802 Comitialgesandter am Regensburger Reichstag, kehrte nach dessen Auflösung 1806 nach Meklenburg zurück, begleitete den Herzog nach Altona, wurde 1807 Kabinettsminister, 1808 zweiter Minister, vertrat Meklenburg auf dem Wiener Kongreß, war 1815 - 20 meklenburgischer Gesandter beim Bundestage, wurde 1836 erster Minister und Geheimeraths=Präsident und starb 25. April 1837. Genaueres über ihn s. in der Allgemeinen deutschen Biographie Bd. 26 S. 272 ff. und besonders bei L. v. Hirschfeld: Ein Staatsmann der alten Schule (Von einem deutschen Fürstenhofe. Bd. II, S. 1 - 263).
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29sten Junius.

Kaufmann Schünemann aus Rostock kam diesen Abend von Hamburg und bat mich, mich für den unglücklichen Kaufmann Mann aus Rostock zu verwenden, welcher mit Gensdarmes von Hamburg nach Frankreich geführet worden ist. Gerne will ich es thun, allein ich fürchte es hilft nichts.

30sten Junius.

Diesen Abend bin ich mit meiner Frau u. Kindern nach Schwerin gefahren.

d. 1sten Julius.

Heute ist der erste Jahrestag meiner Hochzeit. Meine Seele ist mit Dank gegen Gott erfüllt, und inniger Liebe gegen meine Frau die Trost und Freude über mein Leben verbreitet.

Wir wünschten heute meiner Großtante Ulrique 1 ) Glück zu ihrem 88sten Geburtstage, und assen zu Mittage bei ihr. Abends war bei uns assemblée.

d. 2ten Julius.

Diesen Morgen war session in der Kammer. Abends 6 Uhr verliessen wir Schwerin um nach Llust zurückzukehren.

d. 3ten Julius.

Meine Frau war heute sehr leidend. Ein Blitzstrahl zündete diesen Nachmittag das Viehhaus in Redevin an, obgleich ein GewitterAbleiter darauf befindlich war. Es verbrannte auch 100 Fuder Heu.

Die französischen Regimenter hier im Lande sollen doch umquartiert werden. Der Herzog hat nun am General Friant geschrieben um diese neue Plage für Mecklenburg abzuwenden.

d. 4ten Julius.

Eben nichts besonderes vorgefallen.

d. 5ten Julius.

Ich habe heute den Eger Brunnen angefangen. In Preussen ist der Indult auch aufgehoben worden welches mir sehr lieb, und hoffentlich die hiesigen Indultspartisans zur Ruhe bringen wird.


1) Die Herzogin Ulrike Sophie, Tochter Christian Ludwigs II., geb. 1. Juli 1723, ward am 27. Februar 1728 zur Regentin des Klosters Rühn erwählt, leistete auf dasselbe aber am 5. Juni 1756 gegen eine Entschädigung Verzicht. Sie wohnte im Neustädtischen Palais zu Schwerin, wo sie am 17. September 1813 gestorben ist.
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d. 6ten Julius.

Nun ist auch der andere Kaufmann Mann nach Hamburg abgeführet worden.

Es gehet ein Gerücht als wenn Kaiser Napoleon nach Hamburg u. Lübeck kommen werde. Das könnte glückliche Folgen für jene Gegenden und für mein armes Vaterland haben.

d. 7ten Julius.

Wir waren in grosser Gesellschaft nach Grabow gefahren. Es ward dort der letzte Tag des Scheibenschiessens gefeiert.

Ich habe einige Hoffnung meine Güter 1 ) an einen reichen Hamburger zu verkaufen. Wie wollte ich dem Himmel danken, wenn es zu Stande käme!

d. 8ten Julius.

General Friant hat dem Herzog sehr höflich wegen der Umlegung der Truppen geantwortet. Er will beim F. v. Eckmuhl anfragen. Da es aber scheint daß der Plan lediglich von ihm herrühret, so wird es wohl nach unseren Wünschen gehen, allemahl hat er schon versprochen daß es nicht eher als nach völlig beendigter Aerndte geschehen soll.

d. 9ten Julius.

Jeder Tag hat seine Plage, so auch der heutige. Das Regiment Lanciers welches in Boitzenburg formiret worden, 860 Mann u. 400 Pferde stark soll in Schwerin in garnison kommen. Das ist nicht auszuführen. Wir haben dem Herzoge vorgeschlagen deshalb am F. v. Eckmuhl zu schreiben und meinen Oertzen mit dem Briefe nach Hamburg zu senden.

d. 10ten Julius.

nichts vorgefallen.

d. 11ten Julius.

Gestern Abend wie ich schon zu Bette war, ward ich durch eine Staffette von Lützow 2 ) aus Paris geweckt, welche mir die


1) Der Erbprinz hatte 1802 dem Kammerherrn Conrad Philipp Baron von Stenglin die Vogtei Plüschow im Amt Grevesmühlen abgekauft, bestehend aus den Gütern Plüschow, Barendorf, Boienhagen, Friedrichshagen mit Overhagen, Jamel, Meierstorf mit Sternkrug, und Testorf. Der Verkauf kam nicht zu Stande. Die Vogtei Plüschow wurde 1822 incameriert und ist jetzt Hausgut.
2) Der Oberhofmeister August von Lützow war meklenburgischer Gesandter in Berlin, daneben aber vielfach mit außerordentlichen Aufträgen beschäftigt. Sohn des Oberstallmeisters von Lützow 1757 in Schwerin (  ...  )
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glückliche heißersehnte Nachricht brachte, daß die Kornausfuhr ungesäumt wieder erlaubet werden würde und zwar unter französischen Licentzen 1 ) die zwischen 16 u. 20 Franken für die Schiffslast kosten werden, dafür kann man hinfahren wohin man will, selbst nach England, aber Rückfrachten dürfen ohne besondere Erlaubniß nicht eingenommen werden. Man hat jedoch Hoffnung die Erlaubniß nordische Produckte zurückbringen zu dürfen zu erhalten. Wie sollen wir Gott genug für diese Gnade danken, welche uns dem Untergange entreißt.

Diesen Morgen habe ich dem Herzoge einen Husaren mit dieser frohen Nachricht geschickt. Minister Plessen hat durch den Landrath von Oertzen den in Rostock versammelten Convent davon benachrichtigen lassen. Dies wird eine glücklichere Stimmung erregen.

Die französische Infanterie ist heute von Schwerin abmarschieret dagegen aber das Regiment Lanciers eingerükket, welches mehr als doppelt so stark ist u. 400 Pferde bei sich hat. welche neue Last!

Die Hoffnungen meine Güter oder doch wenigstens die grössere Hälfte derselben zu verkaufen vermehret sich. In 14 Tagen wird es entschieden seyn.


(  ...  ) geboren, war er mit 14 Jahren in die herzoglich württembergische Pagerie eingetreten, vier Jahre darauf Leutnant bei dem in Stuttgart garnisonierenden Regiment der Garde zu Pferde geworden, hatte bei Ausbruch des Bayerischen Erbfolgekrieges den württembergischen Kriegsdienst mit dem preußichen vertauscht und als Hauptmann den Krieg mitgemacht. Nach dem Frieden von Teschen 1779 wurde er Kavalier des in preußischen Diensten stehenden Prinzen Friedrich von Württemberg (des späteren Königs Friedrich I.), der sich kurz zuvor mit einer braunschweigischen Prinzessin vermählt hatte und ein Dragonerregiment in Lüben kommandierte. Lützow führte hier den Hofhalt des jungen Paares. Als sich 1781 der Prinz mit dem König Friedrich II. von Preußen entzweit hatte und in Begleitung seines Schwagers, des Großfürsten (späteren Kaisers) Paul, und dessen Gemahlin eine Reise nach Frankreich und Italien antrat, fungierte Lützow als Reisemarschall beider Paare und gieng 1792 mit dem inzwischen zum Gouverneur von Finland ernannten Prinzen nach Petersburg, kehrte aber 1793 nach Meklenburg zurück, wo er Kavalier der Gemahlin des Thronfolgers Friedrich Franz und nach dessen Regierungsantritt 1795 deren Oberhofmeister wurde. Dieses Amt bekleidete er auch weiterhin, als er 1794 zum außerordentlichen Gesandten in Berlin ernannt worden war. 1799 begleitete er den Erbprinzen Friedrich Ludwig auf dessen Brautfahrt nach Petersburg, wohin er auch späterhin, 1806/7 und 1808, in besonderer Mission gieng. 1803 schloß er mit Schweden den Malmöer Vertrag ab, 1808 - 13 war er "mit außerordentlichen Aufträgen" in Paris. Seinen Berliner Posten bekleidete Lützow bis zum Juni 1835, zog sich dann nach Ludwigslust zurück und starb daselbst am 18. Dezember desselben Jahres 1835.
1) Licences=Pässe.
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d. 12ten Julius.

Ich habe diesen Morgen dem Duc de Bassano 1 ) einen ausführlichen Bericht über die Matrosenangelegenheit gemacht und vorgestellet wie es nicht möglich sey, zur Zeit mehr als die gestellten 350 Matrosen zu liefern. Ich hoffe es wird guten Erfolg haben. Dem Fürsten von Eckmuhl habe ich eine Abschrift dieses Briefes gesandt und ihn gebeten sich gleichfalls dafür bei dem Kaiser zu verwenden.

Einem diesen Nachmittag eingegangenen Briefe vom Herzoge zufolge hat derselbe noch nicht nach Hamburg wegen der Einquartierung des Regiment Lanciers in Schwerin geschrieben.

13ten Julius.

Der Postdirektor Goldbek in Lentzen hat mir geschrieben daß er authorisirt sey mit dem hiesigen Generalpostdirektorio 2 ) in Unterhandlung wegen einer ComunicationsPost zwischen Lenzen,


1) Maret, Herzog von Bassano, war seit dem Aril 1811 Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Mit Maret, damals Ministre - Secrétaire d' État, hatte der Erbprinz schon 1808 in Paris genauere Beziehung gehabt, wenn v. Hirschfeld (Von einem deutschen Fürstenhofe II, S. 349) recht vermuthet, daß der ungenannte, wohlwollende Rathgeber, von dem Friedrich Ludwig in seinen Berichten an den Herzog spricht, Maret war.
2) Das General=Postdirektorium war auf Grund der Verordnung vom 4. März 1810 gebildet; der Erbprinz, der als Kammerpräsident auch Chef der Postverwaltung war, hatte einen ganz wesentlichen Antheil an dieser Einrichtung. Vgl. Moeller: Geschichte des Landes=Postwesens in Meklenburg=Schwerin (62. Jahrg. der Jahrbb. d. Vereins f. mekl. Gesch. u. Alterthumskunde. Schwerin 1897), S. 260 ff. - General=Postmeister wurde (neben seinen sonstigen Aemtern) Ludolf Friedrich von Lehsten, geb. 27. Juli 1760 auf dem Familiengut Dölitz (A. Gnoien) als ältester Sohn des Landraths Christian Detlov Friedrich v. L. (gest. 1797). Er erhielt seine Schulbildung in Stuttgart, studierte in Jena und trat 1785 als Kammerjunker und Amtsauditor in den meklenburgischen Staatsdienst, wurde 1786 zweiter Beamter in Warin, 1787 mit dem Titel Drost erster Beamter in Rehna, 1791 Kammerherr, 1792 alleiniger Beamter in Wredenhagen, 1799 Landdrost, 1805 Kammerrath, 1821 Oberlanddrost und Kammervizedirektor, am 26. März 1830 Oberkammerherr, suchte im September 1830 um Enthebung von seiner Stellung als General=Postmeister nach, wurde am 1. November 1830 Kammerdirektor und starb kurz darauf am 25. November. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: "Von dem allgemeinen Nutzen einer Verwandlung der Domänen in Bauergüter" (Stuttgart 1780) und "Geprüfte Grundsätze der Armenversorgung, Sicherheitsanstalt und eines Landarbeitshauses für die Herzogthümer Mecklenburg=Schwerin und Güstrow" 1. (einziger) Theil. Schwerin u. Wismar 1802. S. den Nekrolog im Freimüthigen Abendblatt 13. Jahrg. (1831) S. 161 ff.
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hier u. Lübtheen anzufangen, er früge aber erst bei mir an, ob er solche Anträge machen dürfe. 1 )

d. 14ten Julius.

Nichts anzumerken.

d. 15ten Julius.

Der Herzog hat mir geschrieben und seine große Freude wegen der Nachricht über die Kornausfuhr mitgetheilet.

Der F. v. Eckmuhl hat auch bewilliget daß die neue Umquartirung der Truppen nicht statt finden soll, auch daß ein Theil unserer Truppen auf eine Zeit lang beurlaubet werde um den Seestädten Erleichterung zu verschaffen. Der dritte Theil ist beurlaubet worden. Eine grosse Ersparniß bei jetzigen Zeiten, und glücklich fürs Land in diesem Augenblick der Aerndte wo es an Arbeitern mangelt.

Der Convent hat wieder eine Vorstellung mit Erneuerung des Gesuchs um einen allgemeinen Indult eingereicht. Die Schrift ist gut und anständig abgefaßt. Noch vermag ich nicht einzusehen wie es zu bewilligen stehet, allein mehreres wie bisjetzt geschehen muß statt finden um die bedrückten und noch sufficienz leisten könnenden Güterbesitzer zu retten.

d. 16ten Julius.

Nichts neues vorgefallen.

d. 17ten Julius.

Gleichfalls nichts besonderes sich zugetragen.

d. 18ten Julius.

Heute war der Geburtstag meiner lieben Frau, recht froh haben wir ihn zugebracht, 2 ) mehrere Schweriner waren herausgekommen, auch Desaugiers und die Frau.

Mein Oertzen kam auch, da muste ich wohl heiter seyn. Gott segne ihn.


1) Der unmittelbare Postverkehr zwischen Preußen und Meklenburg, den früher die von Berlin bis Hamburg (über Lübtheen, Boizenburg und Lauenburg) gehenden preußischen Posten vermittelt hatten, war zerstört, seit der Kurs Hamburg=Lenzen in französischen Händen war (Lenzen war das preusische Grenzpostamt) und auch auf der Strecke Ludwigslust=Lenzen französische Post gieng. Diesem Uebelstande abzuhelfen bezweckte der erwähnte Antrag des preußischen Generalpostdirektors. Der Kurs Ludwigslust=Lenzen neben der französischen Post ist thatsächlich eingerichtet worden, allerdings erst 1812 und als meklenburgische Post. Moeller a. a. O. S. 295.
2) S. über die Feier des Geburtstages der Erbprinzessin den Brief von Henriette von Knebel a. a. O. S. 554 f.
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d. 19ten und 20sten Julius.

Ganz ruhig dahingebracht. Minister von Plessen ist nach Doberan gereiset, aus Paris ist die Bestätigung der Ausfuhr zur See eingegangen.

d. 21sten Julius.

Mein Oertzen ist wieder abgereiset. -!

d. 22sten Julius.

In der Societät 1 ) war heute Abend meiner Frauen und meinem Geburtstag zu Ehren ein Ball, ich bin eine Stunde dort gewesen.

d. 23sten Julius.

Allerhand unangenehme Geschäfte habe ich heute mit dem Banquier Herz aus Hamburg abgemacht.

d. 24sten Julius 1811.

Lützow hat mir heute eine Depesche gesandt mit der unangenehmen Nachricht, daß es doch noch nicht ausgemacht sey, ob für uns Mecklenburger Licenzen werden ertheilt werden. Ich werde mich wohl hüthen diese Nachricht kund werden zu lassen weil sonst meinen lieben Landsleuten wieder aller Muth benommen wird. Dem Herzog von Bassano habe ich sogleich einen weitläuftigen detaillirten Brief geschrieben, um ihn zu bitten dem Kaiser diesen dringenden Wunsch vorzulegen.

d. 25sten Julius.

Nichts zu bemerken vorgekommen.

d. 26sten Julius.

Nach Schwerin gefahren. Dort einen Brief von Lützow erhalten der den traurigen Eindruck des letzten, Gottlob verlöscht, indem er die sichere Nachricht bringt daß den alliirten Schiffen erlaubt sein soll unser Korn zu exportiren, und daß wir selbst Licenzen bekommen werden.

d. 27sten Julius.

Des Morgens den Besuch des Officiercorps des Regiments Lanciers empfangen. Cammersession gehalten, um 2 Uhr nach Mittag wieder nach Ll. zurückgekehret.


1) Die noch heute bestehende Societät in Ludwigslust war 1795 gegründet zum Zweck der "Erholung von Geschäften und anständigen Genusses erlaubter Vergnügungen". Die Gesellschaft erfreute sich der besonderen Gnade des Fürstenhauses. S. O. K[aysel] und A. R[ische]: Die Ludwigsluster Societät 1795 - 1895. Ludwigslust 1895.
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d. 28sten Julius.

Lützow hat mir diesen Abend den Inhalt des K. Decrets eingesandt, welches namentlich für Mecklenburg und Dantzig die Kornausfuhr erlaubt. Uebrigens wird es nicht gedruckt auch nichts darüber publiciret werden.

d. 29sten Julius. d. 30sten Julius.

Nichts sehr Bemerkenswerthes vorgefallen.

d. 31sten Julius.

Wir haben den heutigen Tag recht angenehm in Friedrichsmoor zugebracht.

d. 1sten August.

Am 6ten dieses Monathes verläßt das 111te Regiment das Land. Der Admiral Verhuel 1 ) ist in Rostock gewesen. Minister von Plessen hat eine privatUnterredung von einer Stunde mit ihm über die MatrosenAngelegenheit gehabt und ist sehr zufrieden davon.

d. 2ten August.

Wir feiern heute das traurige Andenken des ersten Jahrestages des Todes meiner theuren Großmutter! 2 )

d. 3ten August.

Lützow berichtet daß der Duc de Bassano ihm mündlich die Erlaubniß zur freien Kornausfuhr angezeiget, und ihm gesaget habe, daß er ihm in den ersten Tagen einen officiellen Brief darüber schreiben würde.

d. 4ten August.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 5ten August.

Der F. v. Eckmuhl hat dem Herzoge sehr höflich geantwortet, daß er alles was in seinen Kräften stehe thun wolle, um das Land zu erleichtern. Er hoffe Ende dieses Monathes den Lanciers cantonnements ausser Mecklenburg geben zu können, und habe auch befohlen daß ein Regiment Infanterie abmarschieren solle das ist das 111te.


1) Vizeadmiral VerHuell, Graf von Sevenaar, befehligte seit Ende 1810 die französischen Seestreitkräfte an der Nord= und Ostsee=Küste.
2) Charlotte Sophie, Wittwe des 1778 gestorbenen Erbprinzen Ludwig, geb. Prinzessin von Sachsen=Coburg=Saalfeld, starb zu Schwerin 2. August 1810.
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d. 6ten August.

Nichts zu bemerken.

d. 7ten August.

Es ist ein adjutant des F. v Eckmühl mit einem alten Hamburger Seeman angekommen, welche 30 ausgeschossene Matrosen 1 ) abliefern und die übrigen im Lande untersuchen sollen. So hat er gesaget und viel von nachzuliefernden geredet. Er ist am Minister Plessen gewiesen. 4 Bataillons Infanterie welche zu den hier cantonierenden Regimentern gehören rükken am 11ten ins Land. Ein trauriger Besuch.

d. 8ten August.

In der Hamburger Zeitung ist bekannt gemacht daß der Douanen - director Eudel 4 Licenzen für Mecklenburg erhalten habe. Sie sind schon in Rostock beim dasigen Douanencheff angekommen. 2 )

d. 9ten August.

Bin ich nach Schwerin gereiset. Der französische Officier soll selbst die Matrosen ausheben. Freilich wieder ein Eingriff in unsere Rechte, allein man wird sich nun selbst von der Unmöglichkeit überzeugen, und im schlimmsten Falle haben wir nicht nöthig selbst wieder neue Gewalthätigkeiten zu verfügen. Um guten Willen zu zeigen hat der Herzog dem Officier eine offene Order an alle Behörden an den Küsten gegeben, ihm zur Ausführung seines Geschäftes behülflich zu seyn.

d. 10ten August.

Diesen Morgen Kammersession gehalten. Dem französischen Obristen der Lanciers eine visite gemacht. Zu Mittag wieder nach Ludwigslust zurückgekehret.


1) Es war begreiflich, daß die französischen Behörden bei der Abnahme der gestellten Matrosen wählerisch vorgiengen. Hatte doch Napoleon in seinem Befehl an Davout (s. oben zum 10. Juni 1811) ausdrücklich betont: "de marins et non pas de portefaix, de marins et non pas de mousses, de marins et non pas de la canaille du quai de la Ferraille." Und im P. S. hatte er wiederholt: "N'envoyez que de bons marins; ce n'est pas des hommes que je veux, mais des marins ayant beaucoup navigué."
2) Die französische Douanenlinie längs der Ostsee von Ribnitz bis Lübeck war im Oktober 1810 eingerichtet; sie wurde im Oktober 1811 auch auf die schwedisch=pommersche und die preußische Landesgrenze von Ribnitz bis Dömitz erstreckt. Inspecteur der Kaiserlichen Douanen in Rostock war 1811 Fradin. Die Licenzen für Rostocker und Wismarsche Schiffe zur Kornausfuhr nach England wurden gegen eine Abgabe von 30 und 15 Francs für die Tonne Weizen und Roggen ertheilt.
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d. 11ten 12ten u. 13ten August.

Nichts merkwürdiges aufzuzeichnen. In Grabow hat sich ein westphälischer Douanen Controleur gestern erschossen.

Die Schanzen in Warnemünde 1 ) sollen mit neuen Werken vermehret werden. Wieder eine Ausgabe von mehreren tausend Thalern.

d. 14ten August.

Nichts neues vorgefallen.

d. 15ten und 16ten August.

Die in Rostock angekommenen 4 Licenzen sind schon alle genommen worden, noch fehlt es aber an Matrosen die Schiffe zu bemannen.

d. 17ten August.

Nichts zu bemerken.

d. 18ten August.

Lützow hat 3 eigenhändig vom Kaiser Napoleon unterzeichnete Licenzen eingesandt welche ihm durch den Minister Duc de Bassano zugestellt worden. Die Erlegniß für selbige soll der Herzog einnehmen. Das ist etwas neues und angenehmes.

Da die Ruhr 2 ) sehr im Lande um sich greift, so wünscht der General Friant andere cantonnements für die Infanterie, es giebt aber keine mehr als wo jetzt die Cavallerie stehet. Vielleicht daß es gelingt letztere bei dieser Gelegenheit los zu werden. Ich habe deshalb heute auf Befehl des Herzogs an den F. v. Eckmühl schreiben müssen.

Der Bestand der fremden Truppen hier im Lande ist anjetzt 10,567 Mann und 3588 Pferde; die zahlreichen Durchmärsche nach Stettin ungerechnet.


1) Unterm 8. April 1811 war eine Verfügung zum Bau je einer Schanze und eines Blockhauses vor dem Hafen von Warnemünde und zu Wendorf bei Wismar auf Landeskosten ergangen.
2) Die Ruhr=Epidemie war zuerst in und bei Sternberg und Gadebusch ausgebrochen und hatte sich von da weiter verbreitet. Unterm 19. August wurden alle Kreisphysici aufgefordert, "sowohl zur Hülfleistung der Kranken, als zur möglichsten Abwendung weiterer Verbreitung gehörige Vorkehr zu treffen und wöchentlich davon zu berichten". Unterm 26. erließ die Regierung eine "öffentliche Bekanntmachung der Behandlung und des Verhaltens der Ruhrkranken, die nicht sogleich die Hülfe eines geschickten Arztes haben können."
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d. 19ten August.

Wir waren heute auf einem Kinderball bei Bodins welcher sehr heiter gewesen wäre, wenn nicht der kleine hübsche Carl kurz vorher sehr krank geworden wäre.

Lützow berichtet sehr gütige Aeußerungen des Kaisers bei Ertheilung der Licenzen.

Auf die Matrosenangelegenheit scheint keine Antwort zu erfolgen, ich hoffe aber noch immer wir kommen noch gut aus der Sache hinaus.

d. 20sten August d. 21sten August.

Nichts neues. Der kleine Bodin scheint das kalte Fieber zu bekommen.

d. 22sten August.

Herr von Lützow hat die Erlaubniß erhalten auf Urlaub von Paris zurückzukommen.

d. 23sten August.

Ich bin heute mit meiner Frau nach Schwerin gereiset. Auf Befehl des Fürsten von Eckmühl beziehet die sämmtliche Infanterie der Division Friant, also auch das im Strelitzischen befindliche regiment ein Lager bei Rostock am 6ten Septemb. um besser die recruten exerciren zu können. 1 )

Dies macht wieder ungeheure Kosten. Ein ganzer Tannenwald wird abgehauen um die Baraken damit zu bauen. Eine große Menge Stroh gehöret auch dazu, nun ist das vorige und dies Jahr ein grosser Mangel daran. Man wird nichts übrig behalten um die Cavallerie damit zu versehen. Die Verproviantirung des Lagers wird auch viel Vieh kosten und so dem Akkerbau unersetzlichen Schaden thun, wenn nicht irgend eine Erleichterung eintritt. Minister von Brandenstein 2 ) hat mich ersucht


1) Das Lager nicht nur für die Infanterie, sondern auch für die Artillerie der Division Friant lag zwischen Bramow und Kayen=Mühle.
2) August Georg von Brandenstein, 1755 zu Wolfenbüttel geboren, studierte in Göttingen, trat 1774 als Hofjunker in meklenburgische Dienste und wurde bald darauf Auditor bei der Justizkanzlei in Schwerin, 1780 Kanzleirath und 1782 Justizrath. Beim Regierungsantritt des Herzogs Friedrich Franz 1785 zum Kammerherrn ernannt, wurde er 1788 Regierungsrath, 1800 Geheimrath und zweiter Minister. Als solcher begleitete er 1807/8 den Erbprinzen nach Paris. 1808 wurde er an Stelle des zurücktretenden Grafen Bassewitz Geheimraths=Präsident und starb in dieser Stellung am 12. April 1836. 1795 - 1801 war er Besitzer von Raguth (A. Wittenburg), (  ...  )
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deshalb nach Hamburg zum Fürsten v. Eckmühl zu reisen, sehr gute Gründe haben mich bewogen es abzulehnen. Dagegen aber gehet der Landdrost von Lehsten nach Hamburg mit einem Briefe von mir in welchem ich den Marschall dringend aufs neue ersuche die Cavallerie aus dem Lande zu ziehen. Gott gebe guten Erfolg.

d. 24sten August.

Den Morgen Kammer Session gehalten, Abends in Lankow bei Rantzows zugebracht. 1 )

d. 25sten August.

Dem Gottesdienst in der Schloßkirche beigewohnet, dann wieder nach Llust zurückgekehret. Abends sehr interressante Depeschen über die Lage der bekanntesten Weltangelegenheiten von Lützow erhalten.

d. 26sten August.

Ich habe den Befehl des Herzogs erhalten durch den Oberhofmeister von Lützow noch um 6 Licentzen für den hiesigen Handelsstand bitten zu lassen.

d. 27sten August.

Heute ist die Nachricht eingegangen, daß der Kaiser Napoleon nach Wien gereiset ist, um durch die Vermittelung des Oestereichischen Hofes die Irrungen mit Rusland beizulegen.

d. 28sten August.

Nichts besonderes vorgefallen, als daß mir Herr von Lehsten geschrieben, daß er sehr gut vom Fürsten v. Eckmuhl aufgenommen worden, und Hoffnung zu reussiren habe.

d. 29sten August.

Herr v. Lehsten ist von Hamburg sehr zufrieden zurückgekehret. Fürst v. Eckmühl hat alle Bedürfnisse für das Lager


(  ...  ) 1802 erwarb er Ganzow, 1811 auch Frauenmark (A. Wittenburg), veräußerte aber 1825 beide Güter wieder. Als Schriftsteller ist er mit einigen Schriften über die Schiffbarmachung der Elde (1792. 1794) aufgetreten. S. den Nekrolog im Freimüthigen Abendblatt, 18. Jahrgang (1836) Nr. 930, S. 913 ff.
1) Der Oberstallmeister Franz Friedrich von Rantzau war Besitzer des Erbkrugs in Lankow. Er erscheint im ersten Staatskalender 1776 als Kammerjunker und Hofkavalier des Prinzen Friedrich Franz und seiner Gemahlin, wurde 1777 Kammerherr, 1782 Hofmeister, war 1785 - 1796 Oberstallmeister und starb am 27. November 1819.
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um die Hälfte des geforderten heruntergesetzt, auch die rationen der Cavallerie sehr heruntergesetzt. 200 Chasseurs verlassen gleich das Land, meinen Brief wegen Zurückziehung der ganzen Cavallerie, hat er dem Kaiser vorgeleget und erwartet darüber Befehle, hat aber gute Hoffnung gegeben.

Die Reise des Kaisers nach Wien ist ein falsch Gerücht gewesen.

d. 30sten und 31sten August.

Nachmittags nach Friedrichsmoor geritten, auf die Hirschjagd gegangen, die Nacht dort zugebracht, um 4 Uhr Morgens wieder auf die Jagd gegangen. Nachmittags nach Llust zurückgekehret.

Diesen Abend ist Minister von Plessen von Doberan wieder zu Hause gekommen.

d. 1sten September.

Nichts zu bemerken.

d. 2ten September.

Diesen Abend war eine bedeutende Mondfinsterniß.

d. 3ten September.

Nachmittag bin ich nach Schwerin geritten. Den Abend recht vergnügt in einer ganz kleinen Gesellschaft beim französischen Chargé d'affaires zugebracht.

d. 4ten September.

Morgens Kammerfession gehalten dann gleich fortgeritten, so daß ich um 1 Uhr Mittags wieder in Ll. war.

d. 5ten September.

Schillers Glocke von Romberg componiret ward diesen Abend sehr gut von der Capelle 1 ) aufgeführet.

d. 6ten und 7 September.

Mit meiner Frau in der Lewitz zur Hirschjagd gewesen, wo wir sehr vergnüget waren. Abends bei der retour hieher nach Ll. war der Comet 2 ) ganz besonders schön zu sehen.


1) Die herzogliche Hofkapelle bestand aus 4 Hofsängern, 6 Hofsängerinnen und 22 Hofmusikern. Dirigent war damals Eligio Celestino, einer der besten Geigenvirtuosen seiner Zeit, geb. 1739 in Rom, seit 1781 bis zu seinem Tode, 14. Januar 1812, Konzertmeister und (nach Rosetti's Tode 1792) auch Orchesterdirigent in Ludwigslust.
2) Der berühmte Komet 1811 I, der nach Argelander's Berechnung erst nach fast 3000 Jahren wieder sichtbar sein wird.
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Sehr sonderbares Benehmen eines Mannes aus der Gesellschaft. Ich habe mich sehr geärgert.

d. 8ten September.

Der Herzog ist diesen Mittag wieder von Doberan hieher zurückgekommen. Ministerinn von Plessen 1 ) hat diesen Abend sehr unvermuthet eine fausse couche gemacht. Bei ihrer nicht starken Gesundheit ist das recht unglücklich.

d. 9ten September.

Lützow hat heute berichtet daß der Kaiser Napoleon anfang dieses Monaths nach Holland und wahrscheinlich auch nach Hamburg reisen würde.

Das Lancier Regiment hat heute Schwerin und das Land verlassen.

d. 10ten September.

Nichts vorgefallen.

d. 11 - 12ten September.

Mit dem Herzoge in Friedrichsmoor auf der Hirschjagd zugebracht.

d. 13ten September.

Morgens noch auf die Jagd gewesen, einen Hirsch geschossen. Zu Mittage wieder in Ludwigslust gewesen. Lützow hat Paris am 4ten verlassen um auf Urlaub hieher zu kommen.

d. 14ten September.

Der Fürst von Eckmühl wird nach Rostock kommen 2 ), der Herzog hat den Oberschenken von Forstner 3 ) mit allem nöthigen


1) Sophie von Plessen, geb. von Campenhausen. Sie war die Tochter eines livländischen Edelmannes, des Freiherrn Balthasar von Campenhausen, als Hofdame der Erbprinzessin Helene Paulowna mit nach Meklenburg gekommen und seit 24. Mai 1802 mit dem Minister von Plessen (s. oben zum 28. Juni 1811) vermählt. 1822 - 1824 fungierte sie als Oberhofmeisterin der Erbgroßherzogin Alexandrine. Sie starb zu Doberan 21. September 1835.
2) Vgl. den Brief Davout's an Friant vom 29. September, in dem er seine Reise nach Rostock ankündigt: "Je désire ne pas me trouver au milieu des cérémonies . . . Ne faites connaître, par conséquent, ni au duc de Mecklembourg, ni à qui que ce soit, ma prochaine arrivée. Démentez - la, au contraire." Correspondance du maréchal Davout, par Ch. de Mazade. Tome III, p. 267.
3) Wilhelm Joachim Jaspar Freiherr von Forstner, Sohn des Oberhofmeisters und Wirklichen Geheimen Raths Carl Freiherrn von F. (gest. 1789), war 1776 Kammerjunker, wurde 1777 Kammerherr, 1796 Oberschenk und starb 26. Januar 1813 (s. unten zu diesem Tage). 1797 - 1801 besaß er das Gut Randin (A. Grevesmühlen).
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dorthin gesandt um ihm die Honneurs zu machen, er soll im Palais logieren, sobald ich weis daß er angekommen ist, so werde ich hinreisen um ihm die visite zu machen.

Das Gerücht erneuert sich, daß der Kaiser Napoleon auch auf seiner Reise nach Holland und Hamburg hieher nach Mecklenburg kommen wird um das Lager bei Rostock zu sehen.

d. 15ten September.

Heute ist meinen lieben Sohn Paul sein Geburtstag, er wird 11 Jahre alt. Gott segne und erhalte mir dies theure Kind an welches ich alle Hoffnungen meines Lebens knüpfe.

d. 16ten September.

Meinen Kindern habe ich heute einen kleinen Ball gegeben. Die ganze Jugend des Ortes war da. Glücklich waren die Kinder.

Der Oberhofmeister von Lützow ist heute auf Urlaub von Paris angekommen. Er glaubt auch daß der Kaiser Napoleon bis Rostock gehen könnte.

d. 17ten September.

Nach Redevien zur Hirschjagd gefahren und diesen Abend einen 12Ender Hirsch geschossen.

d. 18ten September.

Den ganzen Morgen gejagt, den Nachmittag nach Llust zurückgekehrt.

d. 19ten September.

Klapperjagd in der Guritz. Abends nach Schwerin gefahren mit dem Oberhofmeister von Lützow.

d. 20sten September.

Morgens Kammersession gehabt. Nachmittags nach Llust zurückgekehret. Gegen den nunmehr befohlenen Verkauf der Domainen 1 ) stehet eine grosse Cabale auf. Ich fürchte es wird zu unangenehmen Auftritten Veranlassung geben. Die gute Sache wird und muß doch obsiegen.

d. 21sten September.

Auf der Warlower Klapperjagd gewesen.


1) Meistbietend verkauft werden sollten "zum Besten der Gläubiger der Schulden=Tilgungs=Casse" die ehemals ritterschaftlichen, dann incamerierten Domanialgüter Friedrichsruhe mit Goldenbow, Frauenmark (und zwar letzteres nach Umständen entweder mit Friedrichsruhe zusammen oder allein) und Woserin mit Schlowe. Der Zuschlag sollte nicht anders erfolgen, als wenn mindestens für Friedrichsruhe und Goldenbow 93 000, für Frauenmark 38 000, für Woserin mit Schlowe 134 000, zusammen für alle 265 000 Thlr. N. 2/3 geboten würde. (Archiv=Akten.)
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d. 22sten September.

Nichts anzumerken.

d. 23sten September.

Pichersche Jagd. Mittags eine sonderbare Unterhaltung.

d. 24sten September.

Heute vor 8 Jahren starb meine geliebte Helène. Tag der Trauer und schrecklichen Erinnerungen. Morgens und Abends dem Gottesdienst in der Kapelle beigewohnt.

d. 25sten September.

Jagd in Neuenkrenzlien. sehr glücklich geschossen.

d. 26sten September.

Viel unangenehme Geschäfte gehabt.

d. 27sten September.

D. j. Mecklenburg 1 ) ist den Abend gekommen.

d. 28sten September.

Jagd in Altenkrenzlien.

d. 29sten September.

Der Herzog ist so gnädig gewesen heute in ein arrangement zu willigen, welches mich hoffentlich aus dringenden durch die Zeitumstände entstandenen Verlegenheiten ziehen und so einen wesentlichen Einfluß auf meine Ruhe und Gesundheit haben wird.

d. 30sten September.

Auf die Jagd gewesen . . . . . 2 )

Den Abend ist der Prinz Heinrich von Anhalt Köthen Pleß 3 ) angekommen.

d. 1ten October.

nichts besonderes vorgefallen.

d. 2ten October.

Den Morgen ist die Nachricht von der Ankunft des Fürsten v. Eckmühl in Rostock eingetroffen, um 12 Uhr Mittags bin ich von Ludwigslust abgereiset, um 1 Uhr Nachts in Rostock angekommen.


1) Vielleicht ist der Fritz Mecklenburg gemeint, von dem in der Anmerkung zum 26. Mai 1812 die Rede sein wird.
2) Hier sind zwei Zeilen des Textes unterdrückt.
3) Prinz Heinrich (geb. 1778), Sohn des Fürsten Friedrich Erdmann, der 1765 von seinem Großvater mütterlicherseits, dem Reichsgrafen Erdmann von Promnitz, die Standesherrschaft Pleß geerbt hatte. Die Linie Anhalt=Köthen=Pleß starb 1841 aus.
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d. 3ten October.

Bei meinem Aufstehen meinen geliebten Oertzen wiedergesehen. Nachher mich bei dem Marschall melden lassen, statt dessen kam er selbst zu mir und blieb anderthalb Stunden, eine sehr interessante conversation. Nachher der Fürstinn 1 ) meine visite gemacht. 1/2 1 Uhr Mittags zum maneuvre geritten. wieder eine lange Unterredung mit dem Fürsten, nachher ins Lager. Um 6 Uhr in einer kleineren Gesellschaft beim Fürsten gegessen.

Wenig Hoffnung die Truppen los zu werden, jedoch einige Cavallerie. Die Matrosenangelegenheit wird hoffentlich beendiget seyn. Aufs neue gänzlich über die Fortdauer unserer politischen Existenz beruhiget. Ich bin in alten Stükken sehr gut aufgenommen worden.

d. 4ten October.

Des Morgens den Generals Friant u. Grandeau 2 ) visite gemacht, sowie der Generalin Fallois. 3 ) Der Fürst hatte mich einladen lassen mit ihm u. seiner Frau nach Warnemünde zu fahren hin zu Wasser, zurück im Wagen. Mit schwehrem Herzen habe ich das dort erbaute fort gesehen, welches wir bezahlen müssen. Mittags ein grosses Diner beim Marschall.

d. 5ten October.

Morgens gegen 7 Uhr beim Marschall gewesen und ihm ein memoire über die ganze hiesige Lage gegeben, in welchem


1) Die Fürstin von Eckmühl, Aimée, geb. Leclerc, seit dem 12. Brumaire an X (3. November 1801) mit dem General Davout verheirathet, war die Tochter eines reichen Bürgers von Pontoise. Ihre Erziehung hatte sie in dem berühmten Institut der Madame Campan, der ehemaligen Kammerfrau der Königin Marie Antoinette, in St. Germain erhalten; ihre Mitschülerinnen waren u. a. Caroline Bonaparte und Hortense Beauharnais, mit der letzteren, der späteren Königin von Holland, verband sie eine enge Freundschaft. Durch ihren Bruder, den Divisionsgeneral Victor Emanuel Leclerc (gest. 1802 zu San Domingo), den ersten Gatten von Pauline Bonaparte, war sie mit dem Kaiser Napoleon verschwägert; ihre eigene Vermählung mit Davout war Napoleon's Werk. Die ältere Schwester der Fürstin von Eckmühl war die Gattin des Generals Grafen Friant. S. Vigier: Davout I, 102 ss.
2) Grandeau kommandierte eine Brigade der Division Friant.
3) Generalmajor Joseph von Fallois befehligte das Kontingents=Regiment, welches Meklenburg als Staat des Rheinbundes zu stellen hatte. Es bestand aus 2 Bataillonen zu je 6 Kompagnien in einer Gesammtstärke von 1900 Mann. Der Stab lag in Rostock. - Fallois, bisher in preußischen Diensten, hatte am 6. Juni 1809 als Oberst das Regiment übernommen und war 1810 zum Generalmajor aufgerückt, wurde 1813 Kommandeur der Infanterie=Brigade und nahm 1815 den Abschied.
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ich um Zurückziehung der meisten Truppen aus dem Lande bitte. Dies hängt freilich nicht von ihm ab allein er hat die Ueberzeugung erhalten daß es so nicht länger gehet, er hat versprochen dem Kaiser hierüber zu schreiben und einige Hoffnung gegeben, daß wenn die Truppen nicht zurück gezogen würden, der Kaiser vielleicht monathlich eine gewisse Summa zum Unterhalt der Truppen dem Lande zur Hülfe geben dürfte.

5 Escadron Cavallerie mit dem Generalstab sind ins Strelitzische verleget worden 1 ) welches allemahl eine Hülfe für uns ist.

Von dem prefect der Elbmündungen 2 ) ist auf einmahl der Dom in Ratzeburg, nebst den zugehörigen Gebäuden in Besitz genommen worden. Ich habe es für Pflicht gehalten mit dem Marschall davon zu reden, welcher die Sache noch nicht recht kannte. Er hat mir aufgetragen ihm ein memoire darüber zu geben, und dem G. v. H[astrel] zu schreiben daß wenn er die Sache nicht selbst beilegen könne er am Kaiser fofort schreiben würde.

Beinahe den ganzen Tag haben wir in der Rostocker Haide gejagt. Eine sehr schlechte Jagd. Desto mehr Gelegenheit habe ich gehabt lange und viel mit dem Marschall über die Angelegenheiten des Landes zu reden. Er hat mir so viele Beweise von Freundschaft und Zutrauen gegeben daß ich es nicht genug erkennen kann. 3 )


1) Meklenburg=Strelitz war bis dahin ohne französische Garnison gewesen.
2) Baron de Coninck Qutrive.
3) In diesen Tagen wird es gewesen sein, daß zwischen dem Erbprinzen und Davout auch eine Angelegenheit verhandelt wurde, deren zwar das Tagebuch nicht gedenkt, über die wir aber anderweitige Andeutungen besitzen. Davout, der den Auftrag hatte, ebenso wie der französische Gesandte in Berlin Graf Saint=Marsan, Preußen zu überwachen, hatte in einer seiner Unterredungen mit dem Erbprinzen auch über die Verhältnisse Preußens gesprochen, hatte ihm "les sentiments les plus propres à calmer les inquiétudes de la Prusse" ausgedrückt und den Wunsch geäußert, daß der Erbprinz den Inhalt dieses Gespräches vertraulich nach Berlin melde. Darauf bezieht sich ein Brief Friedrich Ludwigs an Davout vom 28. Oktober (abgedruckt bei Vigier: Davout II, 62 s.):
Prince, j'ai eu l'honneur de prévenir Votre Excellence, il y a quelques jours, que j'avais réussi à faire parvenir àBerlin, par une occasion convenable ce qu'Elle m'avait témoigné désirer y être connu. Aujourd'hui je me trouve à même de pouvoir vous assurer, Prince, que j'ai à me louer du zèle qu'y a mis la personne que j'en avais chargée.
On vient de lui écrire ce qui suit:
Le Roi a appris avec une véritable satisfaction le contenu de la conversation du Prince héréditaire avec le prince d'Eckmühl. Il l'envisage comme une nouvelle preuve des dispositions bienveillantes (  ...  )
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6ten October.

Des Morgens bin ich beim Marschall gewesen um ihm die Briefe zu comuniciren welche ich nach Strelitz in seinem Auftrage geschrieben habe sowohl wegen der Angelegenheit von Ratzeburg als auch wegen der nach dem Strelitzischen zu verlegenden cavallerie. Dann mehrere Generals besuchet. 1/2 2 Uhr mit dem Marschall zum Maneuvre und ins Lager geritten, zu Mittage beim General Friant gegessen. Abends 1/2 11 Uhr nach Doberan abgereiset.

7. 8ten October.

Gestern Morgen kam der Marschall mit seiner Frau nach Doberan. ich empfing Sie in meines Vaters Hause, 1 ) nach dem Frühstück fuhren wir nach dem Bade, von wo aus die Fürstinn nach Doberan zurückkehrte alles zu besehen. wir Männer hiehlten eine Klapperjagd ab die aber nicht schön ausfiel. Um 1 Uhr ward gegessen, worauf unsere Gäste über Wismar 2 ) nach Lübek abreiseten Ich verließ auch sogleich Doberan fuhr die Nacht durch und war heute Morgen 1/2 6 Uhr wieder in Ludwigslust.


(  ...  ) de l'Empereur envers la Prusse, et, quoiqu'il en fût déjà persuadé, les paroles du Maréchal n'en ont pas moins fait une impression extrêmement agréable sur son esprit. Tout préparatif quelconque a été décommandé chez nous, la défiance n'existe plus, je me flatte que de part et d'autre elle est bannie pour jamais.
Veuillez agréer, Prince, l'hommage réitéré de la très haute considération avec laquelle j'ai l'honneur d'être, Prince, de Votre Exellence le très humble et très obéissant serviteur,
Frédéric Louis,
Prince héréditaire de Mecklembourg - Schwerin.
Eine Aeußerung, die Davout in Rostock gethan hatte und die in weiteren Kreisen übel aufgenommen worden war, erregte auch Napoleon's Mißfallen: "Les Allemands", schrieb er an Davout am 2. Dezember 1811, "se plaignent que vous ayez dit à Rostock que vous sauriez bien empêcher l'Allemagne de devenir une Espagne; que, tant que vous y commanderiez, on n'oserait rien entreprendre. Ces propos font un mal réel. Il n'y a rien de commun entre l'Espagne et les provinces d'Allemagne . . . Il est donc très - fâcheux qu'on entretienne les généraux de ces chimères, et qu'on laisse circuler dans le pays des comparaisons qui ne peuvent faire que du mal, sans produire aucun bien." (Correspondance de Napoléon I er . Tom. 23, p. 44s.)
1) In dem 1806 - 1810 erbauten Palais.
2) Ueber den Empfang, den der Kommandant von Wismar Davout bereitete, schrieb dieser aus Wismar an Friant am 7. Oktober Abends: "Mon cher général, j'ai trouvé beaucoup de lumières dans les maisons d'ici, les troupes sous les armes formant la haie etc. (  ...  )
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Das resultat meiner Reise ist, daß ich die Ueberzeugung habe, daß der Marschall den Zustand des Landes würdiget und den Wunsch hat ihn zu erleichteren und sich bestimmt beim Kaiser

dahin verwenden wird daß derselbe etwa 50/m Thlr. Monathlich zur Hülfe giebt.

5 Escadron cavallerie u. ein Generalstab sind wir auch los.

Meine Schwägerin von Weimar 1 ) ist mit einer Tochter am 30sten niedergekommen.

9ten October.

nichts zu bemerken.

d. 10ten October.

Beinahe den ganzen Tag in Neustadt zugebracht. Die herzoglichen Mittglieder der Creditcommission 2 ) haben einen Bericht gemacht um den Vorschlag zu hintertreiben die fremden Truppen


(  ...  ) J'ai pris des renseignements au sujet des illuminations, et j'ai su que c'était par les insinuations du commandant de la place.
C'est certainement un bon serviteur de notre souverain. Ses services et ses blessures le prouvent; mais il n'est pas propre à être détaché, la tête lui tourne, de la position où il se trouve; il met des exécutions militaires et fait mille extravagances par excès de zèle.
Il faut, dans quarante - huit heures, le faire rentrer au camp avec sa compagnie. Il est inutile de le remplacer; nommez pour commander la place un officier mecklembourgeois de la garnison parlant français, et donnez - lui des instructions pour les passages, etc."
Im Uebrigen war Davout nicht sehr befriedigt von seinem Aufenthalte in Meklenburg: "il règne un assez mauvais esprit dans le Mecklembourg" schrieb er am 11. November an Friant. Correspondance de Davout, III, p. 270. 282.
1) Die Erbprinzessin von Sachsen=Weimar, Maria Paulowna, war die jüngere Schwester von Friedrich Ludwigs erster Gemahlin Helene Paulowna. Da seine zweite Gemahlin Caroline Luise die Schwester des Erbprinzen Carl Friedrich von Sachsen=Weimar war, so bestand eine doppelte Verschwägerung mit dem Weimarischen Hause. Die am 30. September 1811 geborene Prinzessin Marie Luise Auguste Catherina war die spätere Kaiserin Augusta.
2) Die am 1. Januar 1807 eingesetzte Allgemeine Landes=Kreditkommission hatte "die Anschaffung und Bezahlung der durch den Krieg hervorgebracht werdenden Bedürfnisse und Ausgaben des ganzen Landes, mit alleiniger Ausnahme der Naturalverpflegung fremder Truppen, auf den gemeinschaftlichen Credit der in solidum dafür verhafteten Domainen, Ritterschaft und Städte beider Herzogthümer, des Fürstenthums Schwerin und der Herrschaft Wismar, zu besorgen." Sie bestand aus 6 Mitgliedern, von denen 2 ("von Seiten der Domainen") vom Herzog ernannt, 2 von der Ritterschaft (je eines für das Herzogthum Schwerin und für das Herzogthum Güstrow) und 2 von der Landschaft (je eines wegen des Meklenburgischen und wegen des Wendischen Kreises) gewählt wurden. Die beiden "herzoglichen Mitglieder" waren damals der Kammerdirektor Brüning und der Landdrost von Wendland.
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durch fournisseurs erhalten zu lassen, und nach Beendigung des Lagers die Naturaleinquartirung wieder eintreten zu lassen. Meiner Meinung nach wäre dies letztere der völlige ruin des Landes, da es wohl keinem Zweifel unterworfen ist daß der Bequartirte viele vexationen und doppelte Kosten hat, als wenn er ein bestimmtes an sublevation geben muß, welches schon jetzt troz der Einquartirung geschiehet. Ueberdem hat mir auch der Fürst von Eckmühl klar erwiesen, daß in seiner Militairdivision der Mann nur 4 Schillinge zu unterhalten kostet, und wir berechnen 8 Schilling für einen jeden.

Der Herzog hat befohlen daß es so wie dort in Zukunft gehalten werden soll.

Ueber den Auffenthalt des Marschalls in Wismar sind Berichte eingegangen, die aufs neue seine edle und rechtliche Denkungsart beweisen. Auch meiner ist vortheilhaft gedacht worden, welches mich sehr freuet.

d. 11ten October.

Der Herzog von Strelitz hat mir auf meinen Brief aus Rostock geantwortet, scheint aber die Sache aus einem falschen Gesichtspunkt anzusehen. Der Brief hat mich gekränkt da er mir Absichten beizulegen scheint die mir ganz fremde sind. Er verbreitet sich lange über den Schaden den es brächte wenn beide Häuser nicht gemeinschaftlich handelten, wünscht daß in Zukunft alles so verhandelt werden möchte, und will meine Ansichten darüber wissen. Ich habe ihm sehr offen darauf geantwortet, wie dies ganz meine Meinung sey, daß bisher es aber für uns zu bedauern gewesen daß es nicht immer so gehalten worden, weil seit einem Jahre wir Schweriner so viel Lasten ertragen hätten, ohne Anspruch auf Strelitzische Hülfe zu machen und ohne daß solche uns angeboten worden sey. Den ganzen Brief habe ich Punkt für Punkt gründlich beantwortet, und glaube nicht daß eine replique darauf erfolgen kann.

d. 12ten October.

Auf die Klapperjagd gegangen.

d. 13ten October.

nichts vorgefallen.

d. 14ten October.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

d. 15ten October.

Nach Schwerin gereiset, viel gearbeitet.

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d. 16ten October.

Morgens Cammersession gehalten, nach Tische nach Ludwigslust zurückgekehret.

d. 17ten October. 18ten October.

Nichts anzumerken. Jagd. 1 )

d. 20sten October.

Sehr leidend an Kopfschmerzen gewesen.

d. 21sten October. 22sten u. 23sten October.

Nichts sehr merkwürdiges vorgefallen. Die Herzoglichen Mittglieder der CreditCommission möchten gar zu gerne die neue Bestimmung wegen der MagazinVerpflegung der fremden Truppen umstoßen, und thun alles ihrige dazu. Es soll Ihnen aber nichts helfen.

d. 24sten October.

Jahrstag meiner Hochzeit mit meiner ersten lieben Frau . . . .

d. 25sten October.

Herr K[ammer] D[irector] B[rüning] bezeiget sich sehr feindselig gegen mich und suchet das vom Herzoge bewilligte Arrangement in meinen Angelegenheiten zu hintertreiben. Ich fürchte wir werden zu unangenehmen persönlichen explicationen kommen.

d. 26sten. 27sten. 28sten October.

Nichts von besonderer Bedeutung vorgefallen.

d. 29sten October.

mit meiner Frau nach Schwerin gereiset.

d. 30sten October.

Cammersession gehalten.

d. 31sten October.

Der Conferenz mit dem Ministerio, der Regierung, der Creditcommission, den Deputirten des Landes und der Cammer beigewohnt, wegen Einrichtung der neuen MagazinVerpflegung der Truppen und der Aufbringung der dazu gehörigen fonds. 2 ) Nun wird die ganze Angelegenheit in guter Ordnung kommen.


1) Der 19. October fehlt.
2) Unterm 31. Oktober 1811 ergieng derBefehl an "alle Behörden, welchen die Einforderung des außerordentlichen Contributions=Edicts vom 9. August 1810 aufgetragen war, . . . daß sie, zum Behuf der unverzüglich aufzu= (  ...  )
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Der K[ammer] D[irector] B[rüning] hat in meiner Privatangelegenheit klein beigegeben, es ist daher zu keiner eigentlichen explication gekommen, indessen hat es doch Gelegenheit gegeben sich zu verständigen.

Des Abends wieder nach Llust zurück gekehret.

d. 1sten November.

Nichts besonderes zu bemerken.

d. 2ten und 3ten November.

nichts neues vorgefallen, als daß wieder von einer bevorstehenden Entrevue der Kaiser Alexander und Napoleon die Rede ist. Wahrscheinlich aber ist es nur ein leeres Gerücht.

4ten und 5ten November.

nichts neues vorgefallen.

d. 6ten November.

Heute ist der Herzog zur Saujagd gereiset, fürs erste nach Schwerin.

d. 7ten November.

Diesen Abend ist ein kleiner Ball gewesen. 1 )

d. 9ten November.

Nach Schwerin gereiset.

d. 10ten November.

Eine vergebliche Saujagd bei Pampow gemacht und nach Llust zurückgekehret.

d. 11ten November.

Die Creditcommission auf Anstiften von Brüning hat abgehen wollen d. h. nur die Schulden vom Jahre 6 - 7 besorgen, sich aber nicht weiter mit der Verpflegung der Truppen abgeben wollen, alles aus Verdruß über die mißglückte Hintertreibung der


(  ...  ) bringenden Kosten zur Verpflegung der cantonnirenden fremden Truppen durch Lieferung aus Magazinen statt ihrer bisherigen Verpflegung von den Wirthen, und um die ganz erschöpfte Sublevations=Casse in den Stand zu setzen hierzu die nöthigen Vorkehrungen mit Erfolg treffen zu können, unmittelbar und sofort nachdem dieses zu ihrer Wissenschaft kommen wird, das gedachte außerordentliche Contributions=Edict . . allenthalben zur Hälfte ohne Abzug erheben, und den Betrag längstens binnen 8 Tagen zu Unserer allgemeinen Landes=Receptur=Casse nach Rostock einsenden." Mecklenburg=Schwerinsche Anzeigen, 1811, November 6.
1) Der 8. November fehlt.
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MagazinVerpflegung. Der commission ist aber ein anderes bedeutet worden, und es wird so bleiben wie es ist. In Augenblikken wie die jetzigen so zu halten ist höchst unpatriotisch und unter aller Kritik.

d. 11ten u. 12ten November.

Nichts vorgefallen.

d. 12ten November.

Ueber die Gesundheit meines Vaters habe ich heute keine vortheilhaften Nachrichten erhalten.

d. 13ten November.

Ich bin heute nach Muchow gewesen, fand aber meinen Vater weit besser wie man mir gesagt hatte, er war selbst auf der Jagd die sehr glücklich ausfiel.

d. 14ten November.

Nach Ludwigslust zurückgekehret.

d. 15ten und 16ten November.

Es werden aufs neue ungeheure Forderungen zu den fortificationen in Warnemünde und Wismar gemacht. Die Strohlieferungen sind auch viel grösser wie die Vorschriften, trotz den Befehlen des Marschalls Eckmühl ist auch noch nicht so viel Cavallerie abmarschirt wie versprochen worden. Wegen alles dieses habe ich heute eine Staffette am Fürsten von Eckmühl gesandt.

d. 17ten November.

Heute ward Fräulein von Oertzen ihre Heirath oder vielmehr Verlobung mit dem Cammerjunker von Behr declariret. 1 ) Möge sie so glücklich werden wie sie es verdient. Abends war ein kleiner Ball.

d. 18ten November.

Nichts anzumerken.

d. 19ten November.

Der Herzog ist heute auf einige Tage zurück gekommen. Am General Friant ist wegen der neuen Cantonnements der Truppen in den Städten nach Aufhebung des Lagers geschrieben und ein Projekt zur dislocation zu weiterer Beförderung am Fürst von Eckmuhl eingereicht worden.


1) Vgl. oben zum 31. Mai, 1. 4. 6. Juni 1811.
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d. 20sten November.

Am 30sten rükken 2 Regimenter Spanier in Rostock ein um den Winter über das Lager zu hüthen. 1 ) Dies läßt hoffen daß das Lager aufgehoben wird. Andere Anstalten lassen auf baldigen gänzlichen Abmarsch der Division schliessen. Ist es gleich eine traurige Vorbedeutung eines ausbrechenden Krieges, so wird doch dieses für den Augenblick wenigstens eine unendliche Erleichterung für Mecklenburg seyn.

d. 21sten November.

Heute ist der Herzog nach Jasnitz abgereiset zur Jagd.

d. 22sten November

bin ich nach Schwerin gereiset.

d. 23sten November.

Morgens Kammersession gehalten. Nachmittags nach Llust zurückgekehrt. Heute ist der Contrakt mit den Lieferanten für die fremden Truppen abgeschlossen worden. 5 3/4 ß für den Mann.

d. 24sten November.

Der Fürst von Eckmühl hat mir heute sehr verbindlich und gewährend auf meinen Brief vom 16ten geantwortet. Am Schlusse versichert er mir noch daß er dem Kaiser Bericht über den Nothzustand unseres Landes gemacht habe, und es ihm aufs neue vorstellen würde.

d. 25 u. 26sten November.

Nichts bedeutendes vorgefallen, als daß dem Herzoge das Definitifrescript wegen dem Verkauf der Domainen vorgeleget worden ist. 2 )


1) In Napoleon's Befehlen an Davout (Correspondance de Napoléon I. Tom. 22, p. 541. 23, p. 151) sowie in Davout's Briefen an Friant ist immer nur von einem für Rostock bestimmten spanischen Regiment die Rede. Davout mißtraute den Spaniern; er fürchtete, sie würden den Einflüsterungen von Emissären oder unzufriedenen Bewohnern von Rostock Gehör schenken und sandte gemessene Verhaltungsmaßregeln an Friant. Correspondance de Davout, III, p. 281 ss. 296.
2) Schon unterm 18. November war bekanntgegeben worden: "Da die festgesetzte Verloosung bei der von Uns errichteten Schulden=Tilgungs=Commission Unsern an diese Commission gewiesenen Gläubigern zwar die successive Erhebung ihrer Capitalien sichert, allein sie nicht so schnell befördert, als Wir es wünschen: so sind Wir auf Mittel bedacht gewesen, einen schnelleren Abtrag dieser Capitalien auf einem andern Wege zu befördern, und haben beschlossen, zuerst die von Uns Selbst acquirirten ehemaligen ritterschaftlichen Güter Woserin, Friedrichsruhe, Frauensmarck cum pertinentiis meistbietend (  ...  )
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d. 27sten November.

Heute ist die Nachricht eingegangen daß das Lager bei Rostock zwischen den 1sten und 10ten December aufgehoben werden wird. Alsdann rükken die Truppen ins cantonnement in die

Städte, wo sie magazinmässig verpflegt werden. 130/m Rthlr. wird es monathlich kosten.

d. 28sten November.

Ich habe heute am F. v. Eckmühl geschrieben um zu bewürken daß ein Bataillon Spanier nach dem Strelitzischen verlegt werde, und eine Abminderung an den Strohrationen zu erlangen.

d. 29sten November.

Da der Cammerdirektor fortfährt der Betreibung meiner PächterAngelegenheit Zögerungen in den Weg zu legen, so habe ich ihm heute einen starken Brief geschrieben, u. ihn gebeten mir zu erklären ob er sich nicht entschliessen könne mit Ueberzeugung die Sache zu befördern, wiedrigenfalls ich den Herzog bitten würde, ihn der Verlegenheit zu überheben gegen seine Ueberzeugung in meinen Angelegenheiten zu decretiren.

d. 30sten November.

Nichts besonderes vorgefallen. Anzumerken habe ich noch vergessen, daß am 27sten der Oberhofmeister von Lützow nach Paris zurückgekehrt ist. Er ist über Berlin gegangen um dort sein rappelschreiben als Gesandter zu übergeben weil es nicht höflich für den König von Preussen ist, daß ein bei ihm accreditirter Gesandter, Jahrelang in anderen Geschäften abwesend ist.

Mittags nach Friedrichsmoor zum Herzoge gereiset.

d. 1sten December.

Heute Abend ward dem Herzoge gemeldet daß ein Adjutant vom General Friant in Llust sey der Briefe von demselben abzugeben habe. Da morgen Jagd ist, so befahl mir der Herzog hinzureisen und selbige in Empfang zu nehmen. Die Nacht um 1 Uhr kam ich hier an.


(  ...  ) in der Art zu verkaufen, daß das Kauf=Pretium zu 9/16tel mit Schulden=Tilgungs=Casse=Papieren bezahlet werden, und diese Papiere sodann quitirt der Schulden=Tilgungs=Commission zurückgegeben werden sollen, um sie zu cassiren." Mecklenburg=Schwerinsche Anzeigen, 1811, Dezember 4. Vgl. oben zum 20. September 1811.
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d. 2ten December.

Morgens um 9 Uhr empfing ich den Adjutanten capitaine Gobert. Der Brief von Friant am Herzoge enthiehlt den DislocationsPlan für die französischen Truppen wenn sie das Lager verlassen werden, der Augenblick ist noch nicht bestimmt. Der Zweck der Sendung war eigentlich mir einen Brief vom Fürsten von Eckmühl zu bringen der blos personel für mich war, und in welchem der Marschall Aufschlüsse über eine gewisse Angelegenheit von mir begehrte.

Interressanter für das Land war aber ein anderer Brief vom F. v. Eckmühl den ich ebenfalls heute bekam, die Antwort auf meinen Brief vom 28sten. Er saget mir daß er meine angeführten Gründe so treffend finde, daß er sofort dem General Friant beföhle, in den ersten Tagen dieses Monathes ein französisches Bataillon ins Strelitzische zu verlegen. Er habe diese Gelegenheit aufs neue benutzt um dem Kaiser die unglückliche Lage beider Herzogthümer zu schildern. Den Morgen habe ich mit Beantwortung der Briefe zugebracht, dann frühstükte ich mit dem Adjutanten. Nachmittags ritt ich zur Jagd um dem Herzoge Bericht zu machen. Da ich ihn aber nicht mehr fand, so ritt ich nach Friedrichsmoor und kam Abends 8 Uhr wieder zu Hause.

Späterhin habe ich noch den Major von Both 1 ) nach Neubrandenburg zum General Bordesoulle 2 ) gesandt um mit ihm


1) Karl von Both, geb. 1778 zu Ludwigslust als ältester Sohn des Hausmarschalls und Kammerherrn Ludwig Hartwig von Both, trat in hannoversche Militärdienste und machte einen Theil der französischen Revolutionskriege mit, hatte aber das Unglück, in Kriegsgefangenschaft zu gerathen. Nach dem Frieden und seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft trat er in meklenburgische Dienste als Kammerjunker und Leutnant der Garde zu Pferde und wurde schon im Alter von 22 Jahren Major. Später begleitete er den Prinzen Adolf auf mehrjährigen Reisen bis 1809, in welchem Jahre die Garde zu Pferde aufgelöst wurde. Both wurde nun 1810 Chef der 1. Kompagnie der neu errichteten Grenadier=Garde, 1812 Kommandeur des Grenadier= Gardebataillons, welches er in den Feldzügen 1813/14 führte, 1813 Oberst, 1815 mit der Führung der Brigade beauftragt, 1818 Generalmajor, 1821 Chef der Brigade, 1837 Generalleutnant, schied 1839 als Gouverneur von Schwerin aus dem aktiven Dienst und starb 28. März 1860. - Er war zweimal vermählt: in erster Ehe seit 1810 mit Christine Adolfine Elisabeth von Bülow, Tochter des Hofmarschalls Bernhard Joachim von Bülow, die am 2. Dezember 1812 starb (s. unten zu diesem Tage); in zweiter Ehe seit 1816 mit Johanna Freiin von der Tann, einer Hofdame der Erbprinzessin Caroline.
2) Bordesoulle kommandierte die 2. leichte Kavalleriebrigade (1. und 3. Chasseurs).
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die Verpflegung und das cantonnement des hier im Lande bleibenden regiments Cavallerie zu arrangiren, nach dem neuen Plan.

Der Kammerdirektor hat mir einen langen Verantwortungs=Brief geschrieben, der mich aber keinesweges seiner Unschuld überzeuget, welcher aber allemahl den Effect beweist den mein Brief gemacht hat. Die Sache wird nun betrieben.

d. 3ten December 4ten u. 5ten December

nichts besonders bemerkenswerthe vorgefallen.

d. 6ten December.

Diesen Mittag bin ich nach Schwerin gefahren.

d. 7ten December.

Morgens Cammersession. Der K[ammer] D[irektor] war so demüthig daß es mich geärgert hat. Zu Tische wieder in Llust gewesen.

d. 8ten December.

Lützow hat eine Estaffette aus Berlin mit der Nachricht gesandt, daß der Minister der auswärtigen Angelegenheiten 1 ) ihn habe hohlen lassen, um ihm zu sagen daß der König ungerne sein rappelschreiben annehmen würde und wenn dasselbe keinen anderen Grund habe als Lützows lange Abwesenheiten, dieses gar nichts mache u. der König wünsche daß Lützow den Befehl erhalten möge das rappelschreiben nicht zu übergeben. Dabei sind die verbindlichsten Sachen für uns gesaget worden und geeussert wie der König die attentionen erkenne welche man hiesiger seits auch in den Zeiten des Unglücks für ihn gehabt habe, welches Betragen sehr von dem anderer teutschen Fürsten sich auszeichne. Wie natürlich hat der Herzog dem Könige geschrieben um ihm zu danken und Lützow bleibt Gesandter trotz seiner Abwesenheit in Paris.

d. 9ten December

nichts vorgefallen.

d. 10ten December.

Heute ist des Herzogs Geburtstag gefeiert worden, durch cour, Diner und Ball, es waren viele Menschen hier.

d. 11ten December.

Landdrost v. Lehsten der gestern als Generalpostmeister Generalmajors Rang bekommen hat, habe ich meine Meinung


1) Graf Hardenberg.
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ernstlich über seinen künftigen Schwiegersohn Dorne 1 ) gesagt, welcher sich in ein bedeutendes Spiel mit gewissen Personen eingelassen hat, welches mir in keinem Betrachte gleichgültig seyn kann. Ich denke die Erinnerung wird gute Früchte tragen.

Der Herzog von Strelitz u. der Erbprinz haben zum Geburtstage kommen wollen, alles war schon eingerichtet, allein die Geschäfte bei der vermehrten Einquartirung haben es verhindert. Dagegen hat er einen gar lieben Brief am Herzoge geschrieben und der Erbprinz an mir.

d. 12ten December

nichts besonderes vorgefallen. Major v. Both ist nach Hamburg zum F. v. Eckmühl gesandt worden.

d. 13 December.

Der alte Abbé Sabatier de Castres 2 ) welcher sich länger hier aufgehalten hat, ist heute über die westphälische Gränze gebracht worden da er ein unruhiger Kopf und überführt worden ist sich den Franzosen als Spion bei uns angeboten zu haben. Fürst v. Eckmühl ist so gut gewesen mir die Beweise davon zu liefern.

d. 15ten December.

Major Both ist sehr zufrieden wieder gekommen. Der Marschall F. Eckmühl hat alles bewilliget was der Herzog gewünscht hat. Die Cavalerie bekömmt die cantonnements die hiesigser Seits vorgeschlagen worden, die rationen an Heu und Stroh werden abgemindert so wie wir gebeten, wegen der Douaniers wird auch strenge Ordnung gehalten werden.


1) Ludwig von Dorne, ältester Sohn des 1806 gestorbenen Oberkammerherrn und Kammerpräsidenten Ludwig von Dorne, geb. 1784, wurde 1810 Kammerherr, bald darauf Accessist beim Generalpostdirektorium, 1813, nach seiner Vermählung mit Elisabeth von Lehsten (einer Tochter des General=Postmeisters von Lehsten, s. oben zum 13. Juli 1811), Postdirektor in Wismar als Nachfolger des am 29. Mai verstorbenen Postdirektors Seidenschnur, 1816 Oberpostamtsdirektor zu Güstrow und bekleidete dieses Amt bis 1848, wo er in den Ruhestand trat. Er starb 20. September 1858.
2) Antoine Sabatier, nach seinem Geburtsorte Castres gewöhnlich Sabatier de Castres genannt, geb. 1742, war ein talentvoller, ehrgeiziger und zeitweilig einflußreicher, aber charakterloser und etwas anrüchiger Litterat. Seit 1803 lebte er in Altona, wurde aber 1811 in Folge eines Zerwürfnisses mit Davout genöthigt, Altona zu verlassen und nahm seinen Aufenthalt in Ludwigslust. Er starb zu Paris 1817. S. Nouvelle biographie générale tome 42 p. 958 ss.
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d. 16ten December.

Das Lager ist aufgehoben und die Truppen rükken in die cantonnementsStädte. Am F. v. Eckmühl habe ich weitläuftig heute in der Angelegenheit geschrieben über welche er Aufschlüsse von mir haben wollte.

d. 17ten December.

Heute ist mein Schwager der Erbprinz von Weimar angekommen. meine Frau ist sehr glücklich darüber.

d. 18ten December.

Wir feierten heute den Geburtstag meines Bruders Adolph. 1 )

d. 19ten December.

General Bordesoulle macht einige Schwierigkeiten wegen der neulich vom F. v. Eckmühl erwürkten Verfügungen.

d. 20sten December.

Die Stände haben aufs neue so dringend und mit guten Gründen um Ertheilung eines Indults gebeten. Leider ist es seit dem Frühjahr so viel schlimmer hier im Lande geworden, daß selbst die vota der Regierung dieser Maaßregel beistimmen. Das gehet nicht an, daß einzelne Cassen als der Landkasten, SchuldentilgungsCassa etc. . Indult bekommen, während daß man die Particuliers zum Zahlen zwingt. Die Sistirung der Capitalabträge muß also allgemein seyn. Sie wird indessen nur als ein interimisticum bewilliget werden, bis daß die neuen Einrichtungen zur Verbesserung oder vielmehr Errichtung eines gehörigen Hypothekenwesens und anderer CreditEinrichtungen getroffen sind. Als conditio sine qua non wird jedoch den Ständen gesetzt werden daß vor Ertheilung des Indults, erst die Summen zur Unterhaltung der fremden Truppen zur Zinszahlung der öffentlichen Cassen festgestellt werden. Auch aus dem etwanigen Ueberschusse bei diesen Erhebungen sollen noch capitalia bei der Schuldentilgungs 2 ) und CreditcommissionsCassa abgetragen werden.


1) Jüngster Sohn des Herzogs Friedrich Franz, geb. 1785, gest. 8. Mai 1821. Vgl. über ihn L. v. Hirschfeld: Friedrich Franz II. Bd.I, S. 64 f.
2) Die Schulden=Tilgungs=Kommission, eröffnet am 19. Juni 1809, war bestimmt zum Abtrag der Rentereischulden an Kapital und Zinsen aus den dazu auf 30 Jahre angewiesenen Fonds von jährlich 150 000 Thlr. aus der allgemeinen Landes=Rezeptur=Casse und von 85 000 Thlr. aus gewissen Domanialämtern.
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Obgleich ich bewandten Umständen nach nun mehr selbst für diese Maaßregel stimmen muß, so thue ich es nur mit blutendem Herzen, weil selbige die schrecklich unglückliche Lage unseres Landes bezeichnet und ich allemahl einen indult, als ein verzweiflungsvolles Mittel betrachte. Gott wende doch einmahl einen Gnadenblick auf mein armes Vaterland.

d. 21sten 22sten December

nichts vorgefallen.

d. 23sten December.

Habe mich heute sehr über die völlig unzweckmäßigen Ausfertigungen der Regierung an den Ständen in der Indultssache geärgert. Sie sind geändert worden.

d. 24sten December.

WeinachtsAbend, mithin grosse Freude bei meinen lieben Kindern.

d. 25sten December.

Das Andenken des Geburtstags meiner theuren ersten Frau gefeiert ! ! ! ! !

d. 26sten December.

Nichts vorgefallen.

d. 27sten December.

Mit meiner Frau und meinem Schwager nach Schwerin gereiset.

d. 28sten December.

Morgens Kammersession gehalten. Abends eine kleine Gesellschaft bei mir gehabt. Des Nachts durch Feuerlärm geweckt. es brannte ein grosses Haus in der Vorstadt ab. Die Franzosen haben sehr thätig und gut sich bei dem Löschen betragen.

d. 29sten December.

Des Abends einen großen Ball auf dem Schloß gehabt, welcher sehr lustig war.

d. 30sten December.

Nachmittags nach Ludwigslust zurückgekehrt.

d. 31. December.

Das Jahr ganz stille beschloßen.

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d. 1sten Januar 1812.

Das neue Jahr mit der schmerzhaften Erinnerung an dem Todestage meiner lieben Mutter angefangen. In die Kirche gewesen, wo zum ersten mahle die Fürbitten für die glückliche Niederkunft meiner Frau gehalten wurden.

d. 2ten Januar. nichts vorgefallen.

d. 3ten Januar.

Mein Bruder Carl 1 ) ist an einem hitzigen Nervenfieber ohne alle Hoffnung gewesen, und hat auch noch nachher einen Anfall von der SchleimSchwindsucht gehabt. Nach den heute erhaltenen Briefen ist er aber Gottlob in der vollkommensten Besserung.

d. 4ten Januar. nichts vorgefallen. TodesTag meiner lieben Schwester Louise.

d. 5ten Januar.

Ist mein lieber Oertzen auf einige Tage hergekommen.

d. 6ten Januar.

Da zwey Esquadrons Cavallerie, wie es scheint ohne höhere Ordre aus dem Lauenburgischen nach Boitzenburg gekommen sind so ist am F. v. Eckmuhl geschrieben worden und um Abstellung gebeten.

d. 7ten Januar nichts vorgefallen.

d. 8ten Januar.

Es get das frohe Gerücht, als wenn die fremden Trupen uns verlassen würden was Gott geben wolle.

d. 9ten Januar nichts besonderes vorgefallen.

d. 10ten Januar.

Mein Schwager ist diesen Morgen wieder nach Weimar zurückgekehrt, auch mein Oertzen ist wieder abgereiset.

d. 11ten Januar u. 12ten Januar.

Lützow schreibt aus Paris, daß die Anstellung von Gesandten bei den Fürsten Teutschlands keine Veränderung in der jetzt


1) Herzog Carl, geb. 2. Juli 1782, gest. 22. Mai 1833, trat 1799 in den russischen Militärdienst und war 1812 Generalmajor und Chef eines Grenadierregiments.
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bestehenden Etiquette machen würde u. daß man wohl nicht dort Gegengesandte annehmen werde, mithin bleibt seine Lage dort noch die nehmliche. 1 )

d. 13sten Januar.

Nach Schwerin gereiset.

d. 14ten Januar.

Kammersession gehalten, dann nach Llust zurückgekehrt.

d. 15ten Januar 16ten u. 17ten Januar.

Alle Tage krank gewesen.

bis zum 24sten Januar.

Immer noch das nehmliche. Ich habe heute wieder den Major v. Both nach Hamburg gesandt und dem Marschall Fürsten von Eckmühl vorgestellt wie es beinahe ganz unmöglich werde die Truppen länger zu unterhalten und daß wir bäten den Kaiser dahin zu bewegen daß er wie in Danzig die Truppen auf eigene Kosten unterhalten lassen möge.

d. 25sten Januar.

Eben gehet die officielle Nachricht ein, daß die ganze Division Friant morgen das Land verläßt. Dagegen aber heißt es [daß] die Division Compans wieder einrückt. Andere Cavallerie und ein Regiment infanterie ist würklich auch schon eingerückt. Die Diviesion Friant gehet nach Schwedisch Pommern. Ich habe gleich eine Estaffette dem Major Both nachgesandt, damit er zu bewürken suche, daß wir eine Abminderung der Truppen, oder wenigstens doch nur einigen Aufschub gewinnen um uns ein wenig ausruhen zu können.

d. 26sten Januar.

Zwey Regimenter Infanterie sind schon von der Division Compans eingerükt.

d. 27sten Januar.

Wahrscheinlich ist die cavallerie auch abmarschiert, die beiden CavallerieRegimenter welche gestern durch Schwerin gekommen sind sollen nach Stettin bestimmt seyn. Hoffentlich also bekommen wir keine wieder.


1) Lützow war, wie oben (zum 11. Juli 1811) bemerkt, in Paris nur "mit außerordentlichen Aufträgen"; das formelle Gesandtschaftsrecht gestand Napoleon nur den Königen und Großherzogen des Rheinbundes zu, nicht den Herzogen und Fürsten. Vgl. L. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe, II, S. 305.
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d. 28sten Januar. Nichts vorgefallen.

d. 29sten Januar.

Die Cavallerie ist zwar abmarschiert, allein die neue hat sie wieder ersetzt, auch ist das dritte Regiment der Division ins Land gerükt.

Mein Oertzen ist heute auf einige Tage zu mir gekommen.

d. 30sten Januar.

Major Both ist noch nicht zurük, einen Privatbrief hat er mir geschrieben, um mich von einer höchst unangenehmen Unterredung mit dem Marschall zu unterrichten.

d. 31sten Januar.

Meine lieben Bruders Gustav Geburtstag. 1 )

d. 1sten Februar.

Mein Oertzen ist heute wieder abgereiset.

d. 2ten Februar.

Major v. Both ist diese Nacht von Hamburg wiedergekommen allein ohne eine Antwort mitzubringen. Vielleicht daß sie noch durch die Post erfolgt.

d. 3ten und 4ten Februar.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 5ten Februar.

Der französische Chargé d'Affaires Herr Desaugier hat heute mündlich dem Minister von Brandenstein die Anzeige gemacht daß der Kaiser u. Protektor verlange daß am 15ten dieses Monathes unser Contingent complet u. marschfertig an einem Orte versammlet seyn sollte (pret a entrer en campagne) allein dabei ein grosses Geheimniß verlangt. 2 )


1) Herzog Gustav, geb. 1781, trat 1797 ins preußische Militär, machte den Befreiungskrieg als Major im freiwilligen Jäger=Regiment zu Pferde mit, setzte aber seine militärische Laufbahn nicht fort, sondern verbrachte viele Jahre auf Reisen, meist in Italien und lebte dann in Ludwigslust, wo er sich die Villa Gustava baute und 10. Januar 1851 starb.
2) Unterm 10. Januar 1812 hatte Napoleon dem Fürsten von Eckmühl Nachrichten über die Organisation der Großen Armee gegeben und hinzugefügt: "Tout le monde sera rendu à son poste et prêt à marcher au 15 février." Correspondance 23 p. 164. Der Ausdruck "entrer en campagne" ist einem Briefe Napoleon's an Davout vom 26. Oktober 1811 entnommen (ebd. 22 p. 533) Wie auch der Befehl zur Geheimhaltung der Marschordre auf den Kaiser zurückgeht ("Tout cela doit être très - secret", ebd. 23 p. 218).
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d. 6ten Februar.

Die behufigen Befehle hiezu sind heute ertheilet. Man hat aber dem Cheff General Fallois nur von einer Besetzung Pommerns gesprochen, u. die Einberufung der Beurlaubten unter dem Vorwande, daß bei nahem Abmarsch der Franzosen, alles wieder vollständig zur Besetzung des Landes seyn müßte. Dies wird das Geheimniß bewahren und Desertion u. Austreten verhindern.

7ten und 8ten Februar.

nichts besonderes vorgefallen.

d. 9ten Februar.

Heute waren die ersten Anzeichen von der nahen Niederkunft meiner Frau.

d. 11ten Februar 1812.

Nach zwölfStündigen sehr schwehrem Leiden kam diesen Mittag um halb zwölf Uhr meine geliebte Frau mit einem gesunden starken Sohne nieder. 1 ) Dem Himmel sey tausend mahl Dank meine theure Frau erhalten zu haben, welche anjetzt sehr wohl ist, und unser Glück durch unser Kind vermehrt zu haben.

d. 12ten Februar.

Meine Frau ist heute auch sehr wohl u. hat eine sehr gute Nacht gehabt. Major von Bodien ist diesen morgen nach Strelitz u. Berlin gesandt worden um den dortigen Höfen die Geburt meines Sohnes anzuzeigen. Kammerherr Rantzow ist mit dieser frohen Nachricht nach Weimar abgegangen.

d. 13ten u. 14ten Februar.

Fortdauernd geht es gut mit meiner lieben Frau. Gott sey tausendmahl gedankt.


1) Der am 15. März getaufte Herzog Albrecht, hoch begabt und dichterisch veranlagt, starb nach langen Leiden 18. Oktober 1834. - Von einem Geschenk, welches der Herzog seinem Enkel bald nach dessen Geburt gemacht hatte, erfahren wir aus einem vom Erbprinzen nach der Geburt der Herzogin Helene (24. Januar 1814) unterm 27. Januar 1814 an seinen Vater gerichteten Briefe: "Meine Frau leget sich unterthänigst zu Füßen und bittet Sie lieber Vater, ihr doch noch vor der Taufe . . . so einen Wunderfaden um den Hals ihrer Tochter zu verehren, wie Sie für Albrecht einen geschenkt haben, und welchem meine Frau mit allen Gläubigen das leichte Zähnekriegen zuschreibt." (Geheimes und Haupt=Archiv.)
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d. 15ten Februar.

General Graf Compans hat von dem General Fallois einen Plan verlangt um mit unseren Truppen unsere Küsten zu besetzen. Dieser ist sofort eingereichet und gut befunden worden, die Küsten sind sofort besetzt worden. In dieser Maaßregel liegt viel erwünschtes.

d. 16ten Februar.

Heute ist in der Kirche das Tedeum für die Geburt meines Sohnes gesungen worden. Ja wohl, Herr Gott, dich loben, dich danken wir.

d. 17ten Februar.

Der General Compans hat verlanget daß unsere Aertzte sich in den französischen hospitälern routiniren mögten um beim Abmarsch der Division die zurückbleibenden Kranken besorgen zu können.

d. 19ten Februar.

Der Abmarsch des Bataillons aus Grabow diesen morgen läßt hoffen daß die übrigen Truppen uns auch bald verlassen werden.

d. 22sten Februar.

Die 2 Bataillons aus Schwerin sind auch abmarschiert.

d. 23sten Februar.

F. v. Eckmuhl hat durch den Cheff seines Etat majors der Regierung schreiben lassen daß auf Befehl des Kaisers 1500 Pferde für die Armee hier im Lande ausgehoben werden, und am 15ten März in Hanover seyn sollten. 1 ) Sie sollen zu den


1) Schon am 23. Juni 1811 hatte Napoleon an Davout geschrieben: " . . la France est épuisée de chevaux. Il faudrait vous occuper sérieusement à faire des achats dans le Hanovre, le Mecklenburg et le Holstein." Und am 30. Dezember dess. J. ergieng an Davout der Befehl: "Allez de l'avant; vous pouvez, sans avoir besoin d'autorisation, lever 6,000 chevaux de cavalerie légère, si vous les trouvez. La France est épuisée de chevaux. On dit qu'il y en a beaucoup dans le Jutland et dans le Holstein; faites les achats; on ne saurait trop en avoir, car je suis décidé à mettre ma cavalerie sur le meilleur pied. Je ne regretterai pas un ou deux millions pour cela. Comme mon intention est d'envoyer ma cavalerie légère à Hanovre, il n'y a pas d'inconvénient à ce que vous poussiez les livraisons à Hanovre, à Magdebourg et à Hambourg jusqu'à 2,000 chevaux." Correspondance 22 p. 282. 23 p. 141. Die "Ausschreibung einer Lieferung von 1500 Remonte=Pferden aus den Domainen, ritterschaftlichen und übrigen Landgütern, welche für die K. K. französische Cavalerie und Artellerie März 8 - 15 zu Hannover, gegen baare Bezahlung, geliefert werden" erfolgte am 24. Februar.
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nehmlichen Preisen wie an den Fournisseurs der Armee bezahlet werden, das Drittheil der ganzen Summa ist bereits schon durch Anweisungen gezahlt. Das wäre schon ganz gut da dadurch eine bedeutende Summa Geld in's Land kömmt, allein der Termin bis zum 15ten März ist sehr kurz um so mehr da die Drohung dabei ist daß wenn sie an diesem Tage nicht alle in Hanover wären, sie gewaltsam im Lande ausgehoben und nicht bezahlet werden würden.

Die Mittglieder der Regierung sind in wenig schonenden Ausdrükken persönlich für die Ausführung dieser Maaßregel verantwortlich gemacht worden welches denn eine unerhörte Sache ist, allein leider muß man sich heut zu Tage vieles gefallen lassen wovon man sonst keinen Begriff hatte. Uebrigens sind alle Maaßregeln getroffen, u. ich hoffe die Sache wird gehen.

Der F. v. Eckmühl hat die attention gehabt mich von dieser Aushebung in einem sehr höflichen Brief zu preveniren.

d. 27sten Februar.

Bodien ist von Berlin u. Strelitz heute sehr zufrieden von seiner dortigen Aufnahme wiedergekommen.

d. 28sten Februar.

Heute kam mein lieber Oertzen wieder, und wird nun wohl bei mir bleiben.

d. 29sten Februar.

Rantzow kam heute wieder von Weimar, wo grosse Freude über die Niederkunft meiner Frau ist.

d. 1sten März.

Morgen rückt die ganze Division Morand 10,000 Mann stark in Schwerin und die umliegende Gegend ein und gehet übermorgen weiter nach Demmin hier durchs Land.

d. 2ten März.

Der Rest der Division Compans hat nun auch das Land verlassen. Die Batterien zu Warnemünde u. Wismar sind nun auch unseren Truppen, so wie das Lager bei Rostock übergeben worden. Bis zur völligen completirung des Contingents ist eine Abtheilung der Garde nach Rostock zur Verstärkung gesandt. 1 )


1) Die vorgeschriebene Stärke von 1900 Mann für das Kontingents=Regiment, von denen 100 Mann vorerst ein Depot bilden sollten, war nicht vorhanden, die Ausrüstung und Bekleidung der Mannschaften ließ sehr zu (  ...  )
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Wir haben heute die Nachricht bekommen, daß der Marschall Fürst von Eckmühl mit seinem Etatmajor morgen in Schwerin eintrift. Ich gehe also morgen dahin.

d. 5ten März 12. Schwerin.

Der Marschall ist erst heute Mittag um 12 Uhr eingetroffen, gerade im Wirthshause abgestiegen. Wir haben uns wechselseitig besuchet, und er war wie immer freundlich und zutraulich mit mir. Er war sehr zufrieden mit der Pferdelieferung, versicherte, es dem Kaiser melden zu wollen, der gewiß zufrieden seyn würde, bewilligte auch einen verlängerten Termin zur völligen Ablieferung.

Unser Contingent macht partie der armée des Marschalls, 1 ) u. marschiert am 12ten nach Stettin. Der Fürst sagte mir je Vous donne bien ma parolle que j'aurai soins de Vos gens comme des miens propres. Auf sein Wort kann man sich verlassen.

Eine beträchtliche menge Artillerie gehet noch am 10ten durch Schwerin und dann folgen noch 14 000 Mann confederations Truppen, welche nach Schwedisch Pommern gehen. Etwas wird wohl davon an unseren Küsten bleiben.

Der Marschall reisete gleich wieder ab.

d. 6ten März.

Heute morgen habe ich Cammersession gehalten und den Forstrath Eggers 2 ) in dieser qualität im collegio eingeführt. Gleich darauf kehrte ich nach Lluft zurück.


(  ...  ) wünschen. Trotz Einziehung von Urlaubern, Abgaben der Garde und Artillerie, Einstellung der Zöglinge der aufgelösten Rostocker Militärschule erreichte das Regiment doch nur eine Stärke von 48 Offizieren und 1652 Mann. S. Freih. von Langermann und Erlencamp und von Voigts=Rhetz: Geschichte des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier=Regiments Nr. 89 S. 51 f.
1) Das Kontingent bildete einen Theil der 4. Division (Dessaix) des von Davout befehligten 1. Corps der Großen Armee.
2) Hans Chistian Eggerß, geboren zu Ludwigslust am 26. Februar 1784 als Sohn des Stallmeisters Georg Friedrich E., besuchte 1800 - 1802 die Forstakademie zu Dillenburg, ward 1807 Oberförster zu Klueß bei Güstrow, 1812 Forstrath in Schwerin, 1823 Oberlandforstmeister, trat 1837 in den Ruhestand und starb zu Schwerin 1858. Seit 1821 -50 besaß er das Gut Borkow bei Sternberg. Er veröffentlichte: "Kurze Anweisung zur Köhlerei" (1808) und eine Reihe von Aufsätzen in den von Busch herausgegebenen "Mecklenburgischen Blättern", in Raabe's "Wiedergeborenem Mecklenburg", im "Mecklenburgischen gemeinnützigen Archiv" und im "Archiv für Landeskunde".
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d. 8ten März.

Der Marschall hat dem Herzoge sehr artig aus Güstrow geschrieben um ihm anzuzeigen daß unser Contingent zu seiner Armee gehöre und am 12ten nach Stettin marschieren sollte.

d. 9ten März.

Ein Regiment Bergsche Infanterie und viele Artillerie gehet heute durch Schwerin. Die folgenden Tage kommt auch noch eine große Menge Artillerie.

d. 10ten März.

Das Darmstädsche und Badensche Contingent gehet jetzt durchs Land nach Schwedisch Pommern. Ersteres commandirt der Prinz Emil 1 ) von Darmstadt. Er war heute Mittag hier zu Tische. Ein schöner liebenswürdiger Mensch von 21 Jahren.

d. 12ten März.

Heute Mittag war der Graf von Hochberg 2 ) welcher die Badenschen Truppen commandiret hier. Er ist ein Sohn des verstorbenen Großherzoges zweiter Ehe.

d. 13ten März.

Es sind fr. Seits indireckte Anträge gemacht worden bei den PostBureaus in Rostock, Wismar u. Boitzenburg zur Beförderung der Militaircorrespondenz französische employes anzustellen u. jedem derselben aus den Postcassen über 4/m francs jährlichen Gehalt zu geben. Die Sache ist aber hiesiger seits abgelehnet worden.


1) Emil, Prinz von Hessen, geb. 3. September 1790 als jüngster Sohn des Landgrafen Ludwig X. (späteren Großherzogs Ludwig I.), machte im Hauptquartier und unter den Augen Napoleon's 1809 den Feldzug gegen Oesterreich mit, führte die hessische Division nach Rußland, focht mit Auszeichnung in den Schlachten des Jahres 1813 und wurde nach der Entscheidung bei Leipzig gefangen und als Kriegsgefangener nach Berlin gebracht. Nachdem inzwischen auch das Großherzogthum Hessen sich vom Rheinbunde losgesagt hatte, führte der Prinz das hessische Korps in den Kriegen 1814 und 1815. Er starb 30. April 1856. S. Allg. deutsche Biographie, Bd. 6, S. 80 f.
2) Wilhelm Ludwig August Prinz und Markgraf von Baden, der fünfte Sohn des Großherzogs Karl Friedrich (gest. 11. Juni 1811), der zweite aus dessen Ehe mit der Reichsgräfin von Hochberg, geb. 8. April 1792, schon 1808 Oberst und Regimentsinhaber, machte 1809 im Hauptquartier des Marschalls Massena den Feldzug gegen Oesterreich mit und kommandierte als Generalmajor 1812 die badischen Truppen im russischen Kriege. Er starb 11. Oktober 1859. S. Fr. v. Weech: Badische Biographieen I, 27 f.
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d. 15ten März.

Heute war die Taufe meines Sohnes, welcher den Nahmen Albrecht erhiehlt. Es waren viele Fremde zugegen unter andern der Staatsminister Graf Bernstorff aus Copenhagen. 1 )

d. 16ten März.

Meine Frau hat die Windblattern bekommen, welches wir als sehr wohlthätig für ihre Gesundheit betrachten.

Die Hessischen Truppen haben contre ordre erhalten und gehen nach Stettin anstatt nach Schwedisch Pommern.

Das Schwedische Militair daselbst ist entwafnet worden, eine fregatte welche selbiges an Bord nehmen sollte ist zurückgewiesen worden.

In Testorff einem meiner Güter ist das Viehhaus abgebrannt, 2 Menschen, 150 Stück Vieh, 16 Pferde sind verbrannt, sowie eine Menge Korn. Das ist sehr unglücklich. Die Vorsehung sendet jetzt viel auf einmahl. Doch, sie wird ja auch wieder helfen.

d. 17ten März.

Den ganzen Tag bin ich recht krank gewesen. In Rostock commandirt jetzt ein General Durutte. 2 ) es scheint ein sehr braver Mann zu seyn. wir sollen ihm auf Antrag des Marschalls 3000 livres Tafelgelder monathlich geben.

d. 23sten März.

In Remplin beim Graf von Hahn 3 ) sind beim Durchmarsch 3 Franzosen vom 9ten Regiment leichter cavallerie desertirt,


1) Christian Günther Graf von Bernstorff war damals nicht mehr Minister: im April 1810 hatte er seine Entlassung erbeten, hatte aber 1811 den Posten eines dänischen Gesandten am Wiener Hofe angenommen und verbrachte vor seiner Uebersiedelung nach Wien den Winter 1811/12 auf seinem Gute Dreilützow. Vgl. Gräfin Elise von Bernstorff I, 104. 117. 123 f.
2) Divisionsgeneral Baron Durutte, bisher Kommandeur der 31. Division. Am Tage vor dem Abmarsch des Kontingents=Regiments, am 11. März, fand eine Musterung beider Bataillone auf dem Neuen Markt zu Rostock durch Durutte statt, bei welcher er sich sehr mißfällig über den Anzug, besonders die Fußbekleidung, aussprach. v. Langermann und Erlencamp und v. Voigts=Rhetz a. a. O. S. 54.
3) Landmarschall Graf Karl von Hahn auf Remplin, geb. 1782 zu Remplin, gest. 25. Mai 1857 zu Altona, der berüchtigte "Theatergraf". 1813 gerieth er in Konkurs und rettete sich vor den ihn verfolgenden Gläubigern, indem er in russische Kriegsdienste trat und sich Tettenborn auf dessen Zuge nach Hamburg anschloß. (S. unten zum 15. März 1813.) Ueber seine Thätigkeit in Hamburg s. Joh. Georg Rist's, des dänischen Generalkonsuls in Hamburg, "Lebenserinnerungen" 2. Aufl., Bd. II, S. 182. Im Uebrigen s. über sein Leben Lisch: Geschichte und Urkunden (  ...  )
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und wie dem Marschall F. v. Eckmühl angezeiget worden, [sollen] Bediente des Grafen v. Hahn ihnen Kleider gegeben haben um zu entwischen. Der Marschall hat den Graf v. Hahn arretiren u. nach Stettin führen lassen, wo er bleiben soll bis daß sich die Deserteurs wieder eingefunden. Dieses ist dem GeheimenrathsPräsidenten durch den General Durutte eröffnet worden. Der Graf Hahn hat vor seiner Abreise am Herzog geschrieben und um seine intercession gebeten. Dies Verfahren ist sehr willkührlich und greift so sehr in die Rechte des Herzogs ein, daß derselbe dem Fürsten geschrieben u. ihm gebeten den Graf Hahn zur Untersuchung und etwanigen Bestrafung auszuliefern, wenn aber keine Beweise gegen ihn persönlich sich ergäben, so möge er ihn frey lassen, da es ohnmöglich scheine daß ein Herr für alle Handlungen seiner Bedienten haften könne. Wolle der Marschall die beschuldigten Leute nahmhaft machen und die eingezogenen indicia comuniciren so werde der Herzog nach aller Strenge gegen diese Leute verfahren.

d. 24sten März.

Unsere Küsten werden nun von zwey Bataillons Hessen Darmstädtscher Guarde bewacht, ohngefähr 1600 Mann. Sonst sind gottlob keine fremden Truppen im Lande.

d. 26sten März.

Unsere Truppen sind am 18ten in Stettin angekommen u. am 28sten nach Custrin marchirt wo die Division Desaix stehet zu welcher sie gehören. Das Strelitzer Contingent ist dem unsrigen vom Marschall F. v. Eckmühl als drittes Bataillon zugegeben worden. General v. Fallois commandirt nun beide. Noch sind die Strelitzer in Stettin, da sie preussische Gewehre haben und solche gegen französische umgetauscht werden sollen.

d. 2ten Aprill.

Unsere Truppen stehen nun in der Gegend von Custrin in cantonnements auf dem Lande.


(  ...  ) des Geschlechts Hahn IV, 324 ff. und Allgemeine deutsche Biographie Bd. 10 S. 369 ff. - Wenn Fr. Ad. Meyer ("Characterzüge aus dem Leben des Grafen Carl Hahn=Neuhaus." Hamburg 1858) S. 49 ff. recht berichtet, wäre der Graf den Franzosen gegenüber schon 1807 in eine ähnliche verzweifelte Lage gekommen, weil er verwundete preußische Offiziere in seinem Schlosse verborgen und verpflegt hätte, doch sind Meyer's Aufzeichnungen mit Vorsicht zu benutzen.
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d. 6ten Aprill.

Am 1sten sind unsere Truppen aus der Neumark aufgebrochen und nach Posen und Gnesen in Pohlen marschiert. Ich habe von ohngefähr einen Brief von einem bedeutenden Manne dortiger Gegend gelesen, welcher die größten Elogen auf Fallois macht und die strengste Mannszucht rühmt, welche er habe halten lassen.

Schon vor mehreren Tagen hat der Herzog vom Marschall Fürsten von Eckmühl die Antwort erhalten, daß wenn nicht des Kaisers Befehle ihn den Marschall die Pflicht auflegten diejenigen Personen welche der embauchage oder anderer Vergehen gegen Franzosen und deren allirte verdächtig wären arretiren und vor eine militairische commission zu stellen, der Herzog sich überzeuget halten könnte daß er sich begnüget haben würde ihm die Sache des Grafen von Hahn anzuzeigen und die Untersuchung und eventuelle Bestrafung seiner Gerechtigkeit zu überlassen. Hahn sey angekommen, er werde ihn verhören lassen u. dann sehen was er weiter thun könnte.

d. 7ten Aprill.

Es heißt heute Graf Hahn sey wieder in Remplin angekommen auf freien Fuß. Erst soll er vor der commission militaire befraget worden seyn, dann zum Marschall gebracht, welcher der Sache gar nicht erwähnet, von einigen indifferenten Dingen geredet und ihn dann entlassen hat.

d. 10 ten Aprill.

Graf Hahn ist hier gewesen um sich beim Herzoge für seine intercession beim Marschall zu bedanken.

Seine Unterredung mit dem Marschall war ganz besonders. Je n'ai rien contre Vous war die Anrede mais j'ai du faire un exemple a cause des frequentes desertions en Mecklembourg, dann viel von den schlechten Wegen, 1 ) qu'il y avait de la mauvaise volonté, que le ministre ecrivait des pages d'excuses, parlait d'impossibilites etc., que quand on n'avait pas de pinnes et de sable qu'il fallait les faire venir du voisin. Das Contingent sähe noch nicht gedient aus.


1) Ueber die Wege klagt Davout auch in einem Briefe an Berthier aus Stettin vom 23. März 1812: "Le parc de réserve a perdu plus de 100 chevaux de Minden à Stettin; il est vrai que les chemins sont horribles, sourtout dans le Mecklembourg." Correspondance de Davout III, 334.
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Den Sommer würden englische Emissairs kommen 1 ) wenn man die nicht anhiehlte oder Aufstände kämen, so würde er das Land mit vielen Truppen belegen die sonst nicht kommen würden, dites cela au Duc, au ministre et a Vos compatriotes. Das war ein erbauliches entretien.

d. 11 ten Aprill.

Herr Desaugiers hat eine Note gegeben worinn es heißt daß die Militairstraße über Gadebusch, Schwerin, Sternberg, Güstrow, Teterow und Stavenhagen gehen solle. Se. Majestät der Kaiser wünschten daß der Herzog commandanten in den Städten ernennen sollte, welche dort ales nöthige besorgen und täglich mit dem Fürsten von Neuschatel correspondiren sollten.

Dieses ist sogleich bewerkstelligt worden.

Unsere Husaren werden nun in gensdarmes verwandelt, 2 ) welche Einrichtung in manchem Betracht nützlich ist.

400 Mann Bergsche Lanciers sind noch ins Land geleget worden.

d. 21 sten Aprill.

Unsere Unterhandlungen mit Hessen Darmstadt in Betreff der Rente von 10,000 fl. welche uns auf die RheinOctroy im letzten Reichsdeputatsschluß zugebilliget werden, sind nunmehr abgeschlossen. 3 ) Für Ueberlassung dieser Rente zahlt uns Darmstadt


1) Napoleon befürchtete sogar eine englische Landung in der Ostsee während des russischen Feldzuges. Von Witebsk aus schrieb er am 6. August an den Kriegsminister General Clarke, Herzog von Feltre: "Un débarquement ne peut avoir lieu que du côté de Lübeck, dans le Mecklenburg ou dans la Poméranie suédoise. . . . Il est donc convenable que le général Heudelet reconnaisse lui - méme Lübeck et le Mecklenburg, ait sa division dans sa main et s'entende avec le général Morand pour pouvoir promptement se secourir." In einem Schreiben an denselben vom 10. August kommt er noch einmal darauf zurück und erwägt die Möglichkeit daß "la descente avait lieu dans la 32 e division militaire ou dans le Mecklenburg."
2) Die "Errichtung einer berittenen Gensdarmerie, zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern des Landes, und zur schnelleren Ausübung der Polizei=Gesetze, mit Anweisung der Stand=Orte für die sechs verschiedenen Brigaden zu Ribnitz, Warin, Hagenow, Grabow, Güstrow und Wredenhagen" erfolgte erst unterm 28. November. Inspekteur der Gendarmerie wurde der Oberst von Boddien.
3) Diese Rente sollte einen Ersatz bilden für den Wegfall zweier Domherrnstellen des Hochstifts Straßburg, die im Westfälischen Frieden dem Herzog Adolf Friedrich als magerer Entgelt für die Abtretung Wismars zugesprochen und, wenngleich erst nach langen Streitigkeiten mit dem Straßburger Magistrat, von seinen Söhnen eingenommen worden waren. Als 1681 Frankreich die Uebergabe Straßburgs erzwungen hatte, entzog es den evangelischen Dom= (  ...  )
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90,000 Rthlr., jetzt gleich 10 000 Rthlr. baar, und so fort jedesmahl 10,000 Rthlr. am 9ten December jedes Jahres. Bis zur gänzlichen Abtragung des stipulirten Capitals sind alte Darmstädtische Verschreibungen als Pfand versetzt worden die 50 procent mehr als die Summa werth sind, und ausserdem werden uns 6 procent jährliche Zinsen gegeben.

d. 23sten April.

Unsere Truppen sind nunmehr in Danzig. Sie haben 21 Tage ohne Rasttag marschiert.

d. 28sten April.

Der General Durutte welcher die fremden Truppen hier im Lande commandirte ist zu einer anderen Bestimmung abberufen worden. Das ist schade denn es ist ein braver Mann. An seiner Stelle kömmt ad interim der Brigadegeneral Turaire, 1 ) bis daß ein Divisionsgeneral ankömmt, welcher aus Toulouse erwartet wird.

Der Oberstallmeister von Bulow ist von Hanover wiedergekommen. Die Pferdelieferung ist glücklich beschaft und das Geld dafür baar eingenommen.


(  ...  ) herren sofort ihre Einkünfte. Obwohl nun den späteren Friedensschlüssen von Nimwegen, Ryswyk und Rastatt die Bestimmungen des Osnabrücker Traktats, soweit sie sich auf die Restitution der evangelischen Canonicate bezogen, ausdrücklich zu Grunde gelegt wurden und obwohl im Rastatter Vertrag 1798 noch eine besondere Bestätigung der Restitutionsakte erfolgte, so kam es doch thatsächlich nicht zur Ausführung dieser Verbindlichkeiten: die Einkünfte der sechs eingezogenen evangelischen Stellen verblieben widerrechtlich den katholischen Mitgliedern des Capitels. Verschiedene beim Reichstag angebrachte Vorstellungen der Herzoge blieben unberücksichtigt. Nach der Einziehung des Hochstifts Straßburg 1789 ließ der Herzog Friedrich Franz durch seinen Regensburger Gesandten von Plessen die Angelegenheit abermals anregen; es erfolgte wirklich eine Beschwerde des kaiserlichen Gesandten in Paris, aber der bald darauf ausbrechende Krieg unterbrach die Verhandlungen. Erst bei den Berathungen, die dem Reichsdeputationshauptschluß 1803 voran giengen, kam der Anspruch auf die beiden Straßburger Canonicate - daneben die Forderung eines Ersatzes für die dem Lübecker Stadtgebiet zugeschlagene kleine Halbinsel Priwall - zu einer wenngleich nur vorübergehenden Erledigung: § 9 der Schlußakte sicherte dem Herzoge neben kleinen Berichtigungen an der Lübecker Grenze eine immerwährende Rente von 10000 Gulden aus dem Rheinschifffahrts=Octroi. Seit Errichtung des Rheinbundes war diese Rente nicht mehr gezahlt worden. S. von Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 306 f.
1) Der Name kann kaum anders als Turaire gelesen werden. Einen Brigadegeneral dieses oder eines ähnlichen Namens weist der Almanach Impérial für 1812 nicht auf, dagegen erscheint im Almanach für 1813 ein Brigadegeneral Baron Triaire.
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Heute ward des Oberstallmeisters Verlobung mit der Hofdame meiner Frau Fräulein von Bulow 1 ) gefeiert.

d. 5ten May.

Heute ist der erste Anfang mit Verkauf von Domainen gemacht worden. Das Gut Frauenmark ist für 22 100 Rthlr. einem Manne aus der Gegend von Cassel in der Licitation zugeschlagen worden. 2 ) Man hätte 900 Rthlr. mehr bekommen können wenn die Jagd nicht reserviret worden wäre, allein leider ist dies nicht bewilliget worden. 9/10tel des Kaufgeldes werden vorschriftsmässig in Schuldentilgungscassapapieren und 1/10tel in baarem Gelde bezahlet.

d. 16ten May.

Da man heute bestimmt erfahren daß der französische Kaiser in Dresden angekommen, 3 ) so hat mir der Herzog befohlen dorthin zu reisen ihm meine Aufwartung zu machen. Ich reisete daher diesen Abend 1/2 12 Uhr ab.

d. 19ten May Dresden.

Nach einer ununterbrochenen glüklichen Reise bin ich um 2 Uhr diesen Nachmittag hier eingetroffen, und gleich nach meinem Schwiegervater dem Herzog v. Weimar gegangen, der mich auch sehr gütig aufnahm u. so gut sein will mich in seinem Hause aufzunehmen 4 ) da ich nur ein einziges Stübchen hier habe bekommen können.


1) Louise von B. aus dem Hause Camin, geb, 17. Oktober 1785 zu Schwerin als Tochter des Geheimraths und Oberhofmarschalls Bernhard von B. (gest, 1826). Die Vermählung fand am 12. Juni 1812 statt. - Der Oberstallmeister Vollrad von B., geb. 1771, trat 1785 als Kadett in das hannoverische Cavallerie=Regiment "Königin" und machte in demselben den Feldzug in den Niederlanden mit. Nach Auflösung der hannoverischen Armee nach Meklenburg zurückgekehrt, ward er Adjutant des Pinzen Adolf, 1805 Chef des herzoglichen Marstalls und 1810 Oberstallmeister, welche Stellung er bis zu seinem 1840 erfolgten Tode innehatte.
2) Vgl. oben zum 20. September und zum 25. u. 26. November 1811. - Als Besitzer von Frauenmark nennt der Staatskalender für 1813 den Dr. Heinrich Christ. Gerke.
3) Napoleon war am 15. Mai in Dresden angekommen. Wenn Flathe: Geschichte des Kurstaats und Königreichs Sachsen III, S. 75 bei der Schilderung des Einzuges des Kaisers sagt: "Hinter dem Kaiser . . . die Herzöge von Weimar, Koburg, Anhalt=Dessau und Meklenburg" so ist das, wie wir sehen bezüglich des Herzogs von Meklenburg ein Irrthum.
4) Der Herzog von Weimar war am 14. Mai in Dresden eingetroffen und wohnte mit seinem Gefolge Moritzstraße 754. S. die "Dresdner Anzeigen" vom 16. Mai 1812 Sp. 884.
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Ausser dem Kaiser und der Kaiserinn v. Frankreich sind der Kaiser und die Kaiserinn v. Oestereich hier sowie die Königinn v. Westphahlen 1 ) u. der Großherzog v. Würzburg. 2 )

Den Nachmittag habe ich mit visiten und Anmeldungen zugebracht. Den Fürsten von Neuschatel 3 ) habe ich persönlich gesprochen. Er war wie immer sehr freundschaftlich mit mir. Der hiesige Minister der auswärtigen Verhältnisse Graf von Senft 4 ) empfing mich sehr artig.

d. 20sten May

Diesen Morgen war ich beim lever des Kaisers v. Frankreich 5 ) der mich sehr gnädig empfing. Nachher hatte ich eine lange Privataudienz beim oestereichischen Kaiser welcher unendlich gnädig war und mir interressante Dinge über die jetzigen Zeitläufte sagte. Mittags habe ich dem hiesigen Könige, Königinn u. übrigen Famielie aufgewartet, welche alle überaus gütig waren. Den Abend war opera in grosser galla. Dort sahe ich die beiden Kaiserinnen zum erstenmahle. Die Music war sehr schön. Ich habe eine angenehme conversation mit dem Duc de Bassano gehabt, welche mir bewiesen hat daß man mit uns Mecklenburger sehr zufrieden ist, und fühlet was wir geleistet und gelitten haben.

d. 21sten May.

Den Morgen beim Lever. Gegen Mittag hatte ich audienz bei der Kaiserinn von Oestereich gehabt. es ist eine seltene Frau,


1) Katharina, Tochter des Königs Friedrich von Württemberg, seit 23. August 1807 mit König Jerome vermählt. Der Erbprinz hatte ihre Bekanntschaft schon 1807 in Fontainebleau gemacht.
2) Ferdinand, zweiter Sohn des Kaisers Leopold II., folgte 1791 seinem Vater als Großherzog von Toscana. Für das im Frieden von Luneville abgetretene Großherzogthum erhielt er kraft einer am 2. Dezember 1802 zwischen Oesterreich und der Französischen Republik abgeschlossenen Convention das in ein Kurfürstenthum umgewandelte Erzstift Salzburg, mußte dasselbe aber nach dem Frieden von Presburg (26. Dezember 1805) an Bayern abtreten und erhielt dafür Würzburg, welches nach dem Beitritt zum Rheinbunde (1806) als Großherzogthum anerkannt wurde.
3) Berthier, Fürst von Wagram und Neuchâtel, damals major général de la Grande Armée.
4) Graf Senfft von Pilsach, seit dem September 1809 "nach eingeholter Erlaubnis des Kaisers Napoleon" Cabinetsminister für die auswärtigen Angelegenheiten, "kein blinder Anhänger Napoleon's, aber ein ausgesprochener Gegner Preußens." Allg. deutsche Biographie Bd. 34 S. 26 f.
5) Während seines Aufenthaltes in Paris waren dem Erbprinzen am 3. November 1807 die Entrées verliehen worden, d. h. das Recht, bei den Levers und Couchers des Kaisers zu erscheinen. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 322.
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so viel Verstand u. Liebenswürdigkeit findet man selten vereiniget. Der Kaiser v. Oestereich war so gnädig den H. v. Weimar und mich ganz en particulier in seinem cabinet anzunehmen. Die conversation war sehr interressant. Nachher war ich bei der alten Prinzeß Elisabeth 1 ) und zuletzt bei der Königinn von Westphalen, nachdem ich vorher der Kaiserinn v. Frankreich vorgestellt worden war.

Mittags das heißt um 8 Uhr war ich beim französischen Kaiser zur Tafel eingeladen. Nach Tische redete der Kaiser viel mit mir über manche Gegenstände, sagte auch freundliche Dinge über das was wir von den vielen Truppen gelitten hätten. Das wichtigste war daß er mir sagte daß im Fall eines Krieges mit Rusland wir meinen Bruder Carl 2 ) nach Hause kommen lassen müsten. Ich erwiederte daß der Herzog es schon von ihm verlangt habe. Er meinte das genüge noch nicht. Ich sollte an Carl u. den K. von Rusland schreiben weil er nicht zugeben könne daß ein Prinz aus einem confederirten Hause die Waffen gegen ihn trage. Er versichere mir daß bei der ersten Bataille er ihn seines Ranges als Prinz von Mecklenburg u. des Rechts der succession verlustig erklären würde. Verschiedene mahle wiederholte er es mir mit Lebhaftigkeit. Ich versicherte wie wir alles dazu thun würden, ich hoffe aber daß im Falle er es nicht thäte er es dem Herzoge und uns nicht entgelten lassen würde. Keinesweges sagte er ein jeder ist Herr seiner Person. Nachher ward gespielt. Ich ward zur Whistpartie der französischen Kaiserinn gezogen, mit dem Könige von Sachsen u. der Prinzeß Marianne. 3 )

d. 22sten May.

Wieder beim Lever. Dann besuchte ich die Bildergallerie, die GipsAbgüsse von Mengs u. die Rüstkammer.

Gegen 2 Uhr fuhr ich zum Duc de Bassano um ihm ein projeckt zu einem Briefe am K. v. Rusland mitzutheilen. Er fand den Brief sehr zweckmässig und übernahm die Besorgung, so wie die dessen den ich an Carl schreibe. Nachmittags machte ich visiten unter andern beim Fürsten von Neuschatel wo ich


1) Tochter Friedrich Augusts II., Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen, geb. 1736, unvermählt.
2) S. oben zum 3. Januar 1812.
3) Schwester des Königs, geb. 1761, unvermählt.
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wie ich hoffe die Abschaffung der Tafelgelder für die fremden officirs in Mecklenburg bewürkt habe. 1 )

d. 23sten May.

Diesen Morgen beim Lever ließ uns teutschen Fürsten der Kaiser Napoleon sagen daß er uns die entrée particuliere ertheilte. Dem zu Folge sind wir diesen Abend in den Privat Cirkel des Kaisers gegangen, wo gespielt ward.

Ich habe heute einige Besuche gemacht und dann die Antiken und die porcellanSammlungen im Japanischen palais besehen.

Der König von Preussen ist vom K. N. invitirt worden hieher zu kommen, man erwartet ihn in 2 bis 3 Tagen.

d. 24sten May.

Diesen Morgen war chasse und cour beim Kaiser Napoleon, Abends ein schönes Concert im grossen Opernsaal. Derselbe ist sehr schön. Es war eine schöne fete. Ich bin heute eine Zeit lang bei der Königin v. Westphalen gewesen. Das liebste am heutigen Tage war mir ein Brief von meiner lieben Frau. Den Nachmittag war ich auf der Bildergallerie, wo ich den Kaiser u. die Kaiserinn von Oestereich sprach.

d. 25sten May 1812.

Nach dem Lever bin ich nach Tharant gefahren welches eine der schönsten hiesigen Gegenden ist, man kömmt durch den ganzen Plauischen Grund. Meine HauptAbsicht war dort den Doctor Lapp wegen meiner Gesundheit zu consultiren. Er meinte daß eine cour in Carlsbad und Eger ganz nothwendig sey. Ich habe mich dazu entschliessen müssen, so sauer es mir auch wird mich länger von den meinigen zu trennen.


1) Durch Tagesbefehl des Fürsten von Eckmühl vom 24. April 1811 waren die Tafelgelder festgesetzt und zwar bezogen: der Divisionsgeneral 1500, die Brigade=Generäle 700, die Colonels 300, die Majors 200, die Bataillons= oder Eskadronschefs 160, die Sous=Inspecteurs aux revues 300, die Kriegs=Commissaires 200, die Adjoints der Kriegs=Commissaires 130, der Directeur, Inspecteur, Central=Zahlmeister und die bei einem Hospital zur Verrichtung des Dienstes en chef angestellten Gesundheits=Beamten 130, der Inspecteur der Douanen 130, der Controleur der Douanen 100 Franken monatlich. S. Mecklenburg=Schwerinsche Anzeigen 1811, Beylage zum 41. Stück, Mittwoch den 22. May.
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d. 26sten May.

Diesen Morgen war ich beim Lever des Kaisers von Oestereich. Um 10 Uhr hatte die Kaiserinn von Oestereich die Güte den Herzog von Weimar und mich anzunehmen, wir waren eine Stunde bei ihr. Nachher ging ich zum Großherzog von Würzburg. Der König von Preussen war angekommen. ich ging gleich hin. Er war sehr gerührt mich wiederzusehen zum ersten mahle seit dem Tode der Königinn. Die beiden Kaiser haben einer nach dem andern ihm die erste visite gemacht. Nach 12 Uhr hatte ich wieder Privataudienz beim Kaiser von Oestereich.

Nachmittags besahe ich den Marcolinischen, Prinz Antonschen und den Brühlschen Garten. Abends war wieder cercle beim französischen Kaiser, wo derselbe mir viel artiges über meine Frau sagte. 1 ) Vom östereichischen Kaiser hatte ich schon gehört daß er ihm unendlich viel gutes von ihr gesaget hatte. Der Kaiser von Oestereich ist so gnädig gewesen mir Adelsbriefe für den Oberlieutnant Mecklenburg 2 ) und den gouverneur meines Sohnes Geheimen Canzleyrath Schmidt 3 ) zu ertheilen.


1) Vgl. Aus K. L. von Knebel's Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette S. 608 f. "Damit Du es aber ja noch einmal wissest", schreibt Knebel, "so hat er zu dem Erbprinzen von Mecklenburg, den er sehr wohl empfangen, in Dresden gesagt: Que fait la Princesse? C'est un vrai trésor pour Vous et pour Votre famille. Und nachher soll er von dem Erbprinzen gesagt haben, daß er ihn zu seinem Vortheil verändert fände, und fügte hinzu: Voilà ce que peut faire une bonne femme! . . Obige Geschichte hat der Herzog in großem Zirkel erzählt." Vgl. ebd. S. 611: "Noch muß ich mir sagen, daß die gute Meinung, die Napoleon von dem Charakter unserer Prinzessin gefaßt hat, hauptsächlich vom Marschall Davoust herrühren soll, der ihm ein so vortheilhaftes Portrait von ihr gemacht hat."
2) Fritz Mecklenburg, ein natürlicher Sohn des Herzogs Friedrich Franz, am 24. Januar 1790 zu Luwigslust geboren, trat 1809 als Cadet beim österreichischen 6. Dragoner=Regiment Graf Riesch ein und zeichnete sich bei Regensburg, Aspern und Wagram aus. Schon 1810 war er Oberleutnant. 1812 wurde er unter dem Namen Mecklenburg von Kleeburg geadelt (später meist nur von Kleeburg genannt). 1813 focht er bei Dresden und Leipzig, wurde nach der Schlacht bei Leipzig Ordonnanz=Offizier beim Fürsten Schwarzenberg, 1814 Rittmeister im Ulanen=Regiment Fürst Schwarzenberg, trat 1816 ins preußische Heer über, wo er erst bei den Garde=Ulanen, seit 1817 bei den Garde=Husaren diente und 1820 zum Major aufrückte, und wurde 1821 Major in dem damals gegründeten meklenburgischen Dragonerregiment. 1833 Oberstleutnant, 1841 Oberst, führte er das Regiment bis 1846, wo ihm der Abschied bewilligt wurde. 1859 erhielt er Charakter als Generalmajor und starb, ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen, am 5. Mai 1864. Vgl. den Nekrolog im Norddeutschen Correspondenten 1864 Nr. 140.
3) Friedrich Schmidt, geb. 26. April 1779 als Sohn des Präpositus Friedrich Traugott Schmidt in Waren, wurde auf dem Gymnasium in Güstrow (  ...  )
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d. 27sten May.

Den Morgen war ich erst beim lever dann bei meinem lieben Könige von Preussen. Seine Anwesenheit macht hier viel sensation. Hunderte von Menschen stehen stets unter seinem Fenster, wie er ankam rief das Volk Vivat, und schwang die Hüthe in der Luft.

Den Nachmittag habe ich die Bibliothek, NaturalienCabinet u. Kunstkammer besehen. Den Abend versammlete man sich bei dem Könige von Sachsen. Der Kronprinz von Preussen ist auch diese Nacht angekommen.

d. 28sten May.

Heute Morgen zum lever, dann zum Könige von Preussen, mit welchem wir in die Katholische Kirche gingen die Messe zu hören u. die Frohnleichnamsprocession mit anzusehen. Den Nachmittag fuhr ich mit dem H. v. Weimar in den grossen Hofgarten. Abends bei Hofe wo der Kaiser Napoleon Abschied nahm, er gehet die Nacht um 4 Uhr fort. Gegen mich war er sehr gnädig.

d. 29sten May.

Der Kaiser und die Kaiserinn von Oestereich sind den Morgen abgereiset, einen Augenblick zuvor habe ich noch die Freude gehabt sie zu sprechen. Nachmittags fuhr ich mit dem Herzog v. Weimar nach Brisnitz, 1 ) wo man eine herrliche Aussicht auf die Elbe, Dresden und den Königsstein hat. Abends war ich bei der französischen Kaiserinn, wo ich auch Abschied von dem Könige von Preussen nahm der morgen Dresden verläßt.


(  ...  ) vorgebildet hörte in Rostock und Berlin theologische und naturwissenschaftliche Vorlesungen, besuchte die école polytechnique in Paris und wurde dann Erzieher im Hause des moldauischen Fürsten Murusi, der ihn bei Ausbruch des russisch=türkischen Krieges 1806 mit politischen Aufträgen nach Berlin entließ. Nach einem Aufenthalt in England, der die Verwirklichung seines Projektes einer unterseeischen Schifffahrt bezweckte, nach Berlin zurückgekehrt, sollte Schmidt in den preußischen Staatsdienst treten, folgte aber schließlich dem Rufe des Erbprinzen Friedrich Ludwig, der ihn zum Gouverneur des Prinzen Paul Friedrich machte. In dieser Stellung verweilte er mit seinem Zögling 1814 - 18 in der Schweiz, begleitete ihn auf die Universitäten Jena und Rostock, 1821 nach Petersburg und Paris, 1822 nach Wien. Nach der Vermählung des Erbgroßherzogs Paul Friedrich (25. Mai 1822) trat Schmidt, der 1820 zum Geh. Legationsrath ernannt war, in den Ruhestand. Er starb zu Ludwigslust 17. März 1864. Vgl. den Nekrolog (von Danneel) im Norddeutschen Correspondenten 1864 Nr. 155 und 156.
1) Wohl Prießnitz. Eine Ortschaft dieses Namens gibt es nicht; gemeint wird sein der romantische Prießnitz=Grund am rechten Elbufer oberhalb Dresdens.
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d. 30sten May.

Die meiste Zeit des Tages habe ich mit Abschiedsvisiten an den verschiedenen Höfen zugebracht, zu Mittage beim Fürsten Esterhasi gegessen. Um 8 Uhr bei der Kaiserinn v. Frankreich. Nach Tafel war ein sehr hübsches kleines concert.

d. 31sten May.

Den Morgen um 5 Uhr verließ ich Dresden und langte 4 Uhr Nachmittags über Seste Peterswalde und Abisau hier 1 ) an. Ich reisete zugleich mit dem Grafen Metternich und seiner Frau, mit welchen ich den Abend zubrachte. Fr. v. d. Rekke 2 ) ist hier, ich habe sie besucht. Die ganze Gegend von Dresden bis hier ist göttlich, auch der hiesige Garten den ich besehen sehr hübsch.

d. 1sten Juni.

Teplitz verließ ich diesen Morgen um 8 Uhr. Die Wege waren so greulich schlecht daß ich nur bis diesen Abend 2 Stationen machen konnte, Brüx und Saatz wo ich die Nacht bleibe. Saatz ist eine Kreisstadt. Die Gegend war fortdauernd herrlich. Auf der ersten Station passirte ich Dux welches dem Grafen v. Wallenstein einem Nachkommen des Herzogs von Friedland gehört. Der höchst sonderbare und ekelhaft schmutzige Mann verwendet nichts auf die Erhaltung dieser schönen possession, alles ist verfallen und in der größten Unordnung und besonders in dem größten Schmutze. Im Schloß ist doch ein schöner Saal mit Famieliengemählden und den Thaten des Friedländers geschmückt. Seinen Titel als H. v. Mecklenburg findet man an manchen Orten angebracht. Man zeigt auch die Lanze mit welcher er zu Eger ums Leben gebracht ward. Der Garten ist groß und schattig, sonst nicht merkwürdig.

d. 2ten Juni.

Diesen Abend um 6 Uhr bin ich über Podersahm, Buchau und Libcowitz hier 3 ) angelangt und logiere sehr schön bei der Wittwe Gerber am Markte, und zahle nur einen Ducaten täglich für die ganze erste Etage des Hauses.


1) d. h. in Teplitz. Die wohl nach dem Hören wiedergegebenen Namen der Stationen zwischen Dresden und Teplitz sind Zehista, Peterswald, Arbesau.
2) Elisa von der Recke, geb. Reichsgräfin von Medem, Stiefschwester der Herzogin Dorothea von Kurland, eine der berühmten Frauen ihrer Zeit, auch als Schriftstellerin und Dichterin bekannt.
3) d. h. in Karlsbad. Die Stationen zwischen Teplitz und Karlsbad: Podesam, Buchau, Liebkowitz sind nicht in richtiger Reihenfolge gegeben: Liebkowitz liegt zwischen Podesam und Buchau.
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Es sind fast noch gar keine Fremde hier. Der Doctor Mitterbacher ein hiesiger sehr geschickter Artzt, will nicht daß ich die cour vor übermorgen anfange.

d. 3ten Juni.

Meinen Morgen habe ich mit einem herrlichen Spaziergange auf den Hirschsprung und den umliegenden Bergen zugebracht. Um 1 Uhr zu Mittag gegessen, um 4 Uhr ins Theater gegangen wo man ein ächt wienerisches Stück gab. Hernach noch ein wenig spazieren. Um 1/2 10 Uhr soll ich auf Befehl des Artztes schlafen gehen. Von Bekannten habe ich noch niemand wie den Russischen Kammerherrn Rönne gefunden. Ueberhaupt ist noch gar keine Gesellschaft hier u. man hat alle Musse seiner Gesundheit u. der schönen Natur zu leben.

d. 4ten Juni.

Diesen Morgen 6 Uhr fing ich meine cour mit 4 Bechern aus dem Theresienbrunnen an. Ich machte dort Bekanntschaft mit dem Fürsten v. Hohenlohe Bartenstein, 1 ) dem Grafen Zichy u. seiner Frau gebohrenen Lodron. Bis zu Tische machte ich einen Spaziergang nach der Papiermühle. Mittags aß Geheimerath Goethe aus Weimar mit mir, sein interressantes Gespräch würtzte das Mahl. 2 ) Nach Tische empfing ich Besuche u. machte auch welche am Nachmittage, unter andern bei der Gräfinn Woronzoff gebohrenen Ismailoff die aus Petersburg kenne.


1) Fürst Ludwig Aloys von Hohenlohe=Bartenstein, geb. 18. August 1765, übernahm 1798 die ihm von seinem Vater abgetretene Regierung, übergab 1806 seine unter württembergische Hoheit gezogenen Lande seinem Sohn und zog sich nach Presburg zurück. Nach der Restauration der Bourbonen trat er, der in der österreichischen Armee den Rang eines Feldmarschallleutnants hatte, in französische Dienste, wurde nachgehends Marschall und Pair von Frankreich und starb am 31. Mai 1829.
2) Der Verkehr des Erbprinzen mit Goethe in den Karlsbader Tagen war lebhafter, als es unsere Blätter vermuthen lassen. Goethe's Tagebücher (Weimarische Ausgabe, Bd. 4) aus dem Juni 1812 enthalten darüber folgende Notizen:
2. Den Erbprinzen von Mecklenburg aufgesucht, ohne ihn zu treffen. . .
4. Früh am Brunnen, woselbst ich den Prinzen von Mecklenburg traf . . . Mittags bey dem Erbprinzen von Mecklenburg . . .
5. . . . Bey Graf Zichy und dem Prinzen von Mecklenburg . . .
6. . . . Erbprinz von Mecklenburg und Kammerherr von Oertzen bey mir . . .
8. . . . Auf der Wiese angetroffen den Prinzen von Mecklenburg, Gräfin Zichy und Gefolge. Mit ihnen bis zu den Buchen des Puppischen Saals . . (  ...  )
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Meinen Abend brachte ich auf einem köstlichen Spaziergange nach dem Eisenhammer zu.

d. 5ten Juni.

Diesen Morgen habe ich 5 Becher getrunken, spazieren gegangen und die Bonsteten 1 ) besucht. Nachmittags eine Spazierfarth nach Dahlwitz einer fayence fabrique gemacht wo sehr hübsche Sachen zu unglaublich wohlfeilen Preisen gemacht werden.

d. 6ten Juni.

Brunnen getrunken, viel spazieren gegangen, visiten gemacht u. in die Comedie gegangen.

d. 7ten Juni.

Ein Tag gleicht hier so ziemlich dem anderen und die Beschäftigungen desselben gleichfalls. Mittags habe ich beim Grafen Zichy gegessen, Nachmittags in die Comedie.

d. 8ten Juni.

Ganz so wie gestern nur habe ich bei der Gräfinn Woronzoff gegessen.

d. 9ten Juni.

Den Mittag mit einer Gesellschaft im Postmeister 2 ) gegessen welches ein hiesiger Vergnügungsort ist, nacher nach dem Hammer gegangen wo ich der Gesellschaft Caffée gab.


(  ...  ) 9. . . . Mittags auf dem Posthofe mit Graf Zichy, Prinz von Mecklenburg etc. . Nach Tische auf dem Hammer Caffee getrunken . . .
10. . . . Mittags zum Prinzen von Mecklenburg mit Dr. Mitterbacher. . .
12. . . . Spaziergang mit dem Erbprinz von Mecklenburg, Acerenza und von Oertzen . . .
16. . . . Zu dem Prinzen von Mecklenburg . . .
17. . . . Promenade mit dem Prinz von Mecklenburg. Mittags bey demselbigen mit Frau von Recke und Tiedge . . .
23. Früh Brief. An die Frau Erbprinzeß von Mecklenburg, einige Zeichnungen beygelegt. . .
25. Wiederkunft des Prinzen von Mecklenburg. Ich war bey Herrn Kammerherrn v. Oertzen, um ihm das Packet an die Erbprinzeß zu übergeben. . . Traf ich den Prinzen von Mecklenburg unterwegs. Spaziergang mit ihm. Mittheilung einiger Briefe von Weimar und Ludwigslust . . .
Die Erbprinzessin schrieb um diese Zeit an Frau von Schiller: "Der Meister in Karlsbad ist öfters mit meinem Sposo und ist mild und liebenswürdig." Vgl. [Urlichs] Charlotte von Schiller und ihre Freunde I, 632 Anm.
1) Die Gattin des bekannten schweizerischen Schriftstellers Karl Victor von Bonstetten.
2) Posthof.
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10ten Juni.

Geheimerath v. Goethe u. den Docktor Mitterbacher zu Tische gehabt. Schon um 8 Uhr zu Bette gegangen da mir nicht ganz wohl war.

11ten Juni.

Bei Graf Zichy gegessen. Abends beim Fürsten Hohenlohe zugebracht, der morgen abreiset. Es ist ein sehr braver Mann.

5 Becher Theresienbrunnen u. 2 Becher Neubrunnen getrunken.

12. Juni.

Zu Hause gespeiset, sehr viel ausgegangen.

d. 13sten Juni.

Wie gewöhnlich viel gestiegen, Brunnen getrunken. Mittags mit einer Gesellschaft im Sächsischen Saal gespeiset. Ich habe einen Brief vom Grafen v. Metternich erhalten, welcher mich im Nahmen des Kaisers und der Kaiserinn von Oestereich nach Prag einladet. Ich freue mich ausserordentlich über diesen Beweis der Gewogenheit des Kaisers.

d. 14ten Juni.

Beim Grafen Zichy gegessen, sonst wie immer. Die Gesellschaft mehret sich ein wenig.

d. 15ten Juni.

5 Becher Theresienbrunnen u. 3 Becher Neubrunnen getrunken. Zu Hause allein mit Oertzen gegessen. Nachmittags nach dem Hammer gefahren, und den sogenannten Schloßberg bestiegen der wegen seiner Basaltfelsen merkwürdig ist.

d. 16ten Juni.

In Gesellschaft im Bolzeschen Garten gegessen, nachher eine sehr interresante Fahrt nach Ellenbogen gemacht, einer kleinen Kreisstadt, die sehr merkwürdig schöne Umgebungen hat. Ich sahe dort einen Meteorstein von ungeheurer Grösse der vor Jahrhunderten herabgefallen war. In dieser abendtheuerlichen Gegend schrieb Spiesz 1 ) seine Romane u. Gespenstergeschichten.


1) Der Schauspieler und Dichter Christian Heinrich Spieß, Verfasser zahlreicher, seinerzeit ungewöhnlich beliebter Ritter=, Räuber= und Geisterromane, verbrachte die letzte Zeit seines Lebens (gest. 1799) auf der Herrschaft Bezdekau bei Klattau in Böhmen als Gesellschafter des Grafen Künigl.
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d. 17ten Juni.

Die ganze Nacht war ein sehr heftiges Gewitter von einem Wolkenbruche begleitet. Diesen Morgen stieg die Töpel so hoch daß man eine Ueberschwemmung befürchtete. Das gab einen grossen Lärm in der Stadt, jedermann räumte die unteren Etagen aus, um sich in die öberen flüchten zu können. Nach einer Stunde aber war die Besorgnis vorüber und das Wasser fiel wieder. Es hat aber doch auf den Feldern u. Dörfern vielen Schaden gethan, auch 2 Menschen sind beim Gehen über einen Steg verunglükt.

Den Mittag assen Fr. v. d. Rekke, Tiedge 1 ) u. Herr v. Goethe bei mir.

d. 18ten Juni.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 19ten Juni.

1 Becher Theresienbrunnen, 4 Becher Neubrunnen getrunken, meine hiesige Cour beendiget, bei Graf Zichy gegessen. Eingepackt u. Abschiedsbesuche gemacht. 1/2 10 Uhr Abends nach Prag abgereiset.

d. 20sten Juni.

Diesen Abend um 1/2 6 Uhr in Prag angekommen und noch eine Promenade durch die Stadt gemacht. Die Stationes zwischen Carlsbad und hier sind: Buchau, Lipcowitz, Hersädel, 2 ) Rentsch, Schlaan, Strzedocluk, Prag, in allem 16 1/2 Meile.

d. 21sten Juni.

Schon um 7 Uhr Morgens ausgegangen und eine Menge Kirchen besucht. Die herrliche Aussicht vom Ratschin gesehen. Um 9 Uhr beim Grafen Metternich Caffee getrunken. Ich erfuhr dort daß mein Schwager der Erzherzog Palatinus 3 ) hier sey, gleich ging ich zu ihm. Die Freude uns so unvermuthet wieder zu finden war wechselseitig recht groß. Um 1 Uhr machte ich der Kaiserinn v. Frankreich meine Aufwartung und ging dann


1) Tiedge lebte in unzertrennlicher Freundschaft und völliger Gemeinschaft mit Frau von der Recke.
2) Horosedl.
3) Erzherzog Joseph, Palatinus von Ungarn, hatte 1799 acht Tage nach der Vermählung Friedrich Ludwigs mit Helene Paulowna deren ältere Schwester Alexandrine geheirathet, dieselbe aber schon 1801 durch den Tod verloren.
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zum Pr. Anton von Sachsen und seiner Gemahlinn, 1 ) wo ich den alten würdigen Herzog v. Teschen 2 ) u. alle Erzherzöge fand. Nachmittags besuchte ich eine Fürstinn v. Hohenlohe und die Feldmarschallin Bender 3 ) welche beide vor 18 Jahren 4 ) mich mit so viel Güte aufgenommen hatten. Um 8 Uhr speisete ich beim oestereichischen Kaiser und Kaiserinn. Sie waren unbeschreiblich gütig. Gegen 10 Uhr ging es auf einen Freyball im grossen Spanischen Saal, der wunderschön u. prächtig erleuchtet war, neben bei war noch ein anderer grosser Saal. 3500 Entreebillets waren ausgetheilt worden u. dennoch fehlte es nicht an Platz. Wie der Hof fort war, ging ich noch mit dem alten Fürst Ligne 5 )u. Graf Metternich zur Fr. v. Brignole dame du palais der Kaiserinn v. Frankreich, wo wir noch ein paar Stündchen verplauderten.

d. 22sten Juni.

Morgens dem armen Kurfürsten von Hessen 6 ) aufgewartet, nacher nach Bubnitz einem öffentlichen Spatziergange in einer angenehmen Gegend gefahren, dann die Erzherzöge besucht, und lange Zeit bei meinem Schwager gewesen. Nachmittags die Stadt durchlaufen, auch noch einige Kirchen besehen, Abends bei der Kaiserinn v. Frankreich gespeiset, nachher war Spiel und Musick.

d. 23sten Juni.

Den Morgen um 7 Uhr bin ich mit meinem Schwager u. seinen Brüdern nach der neu eingerichteten Schwimmschule für das Militair gewesen welches sehr interressant ist. Ein Major


1) Prinz Anton von Sachsen, Bruder und Nachfolger des Königs Friedrich August, war in zweiter Ehe seit 1787 mit Maria Theresia, Kaiser Leopold's II. Tochter, vermählt.
2) Herzog Albert von Sachsen=Teschen, Sohn Friedrich August's, Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen, Schwiegersohn des Kaisers Franz I. Er stand 1812 im 74. Lebensjahre.
3) Wittwe des österreichischen Feldmarschalls Freiherrn von Bender (gest. 1798).
4) Richtiger: vor 16 Jahren. S. oben die Einleitung.
5) Fürst Carl Joseph von Ligne, österreichischer Feldmarschall, einer der geistreichsten und witzigsten Männer seiner Zeit, "das Schooßkind aller Höfe Europa's", auch als Schriftsteller hervorragend. Geb. 1735, starb er 1814 während seiner Anwesenheit auf dem Wiener Kongreß.
6) Wilhelm I., der erste Kurfürst von Hessen (seit 1. Mai 1803; früher als Landgraf von Hessen=Kassel Wilhelm IX.), lebte, nachdem er 1807 durch Napoleon entthront war, erst in Schleswig, seit Juli 1808 in Prag.
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Pfuhl 1 ) ich glaube vormals in Preussischen Diensten dirigirt die Anstalt. Nachher frühstükten wir zusammen beim Erzherzog Anton. 2 ) Gegen 10 Uhr gingen wir sämtlich in Frack u. Stiefeln zum Kaiser mit welchem u. den beiden Kaiserinnen wir eine sehr angenehme Landreise machten. Zuerst ging es nach St. Ivan einem ehemahligen EinsiedlerKloster welches ganz von Felsenschluchten umgeben ist. 3 ) Dort ward zu Mittage gespeiset. Nach Tische ging man durch die Kirche wo ein Amt gehalten ward in die Catacomben, wohin die ersten Christen dieser Gegend sich vor ihren Verfolgern verbargen, und die durch das Leben u. den Tod des heiligen Einsiedlers Ivan, der dort lebte u. starb berühmt geworden sind. Die Reise ging darauf nach dem Carlstein, einem festen auf Felsen vom Kaiser Carl dem IVten aus dem Hause Luxelburg erbauten Schlosse. Man sah sich gleichsam in die Ritterzeiten versetzt. Spuren der alten Größe u. Pracht waren noch sichtbar, indessen graues Alter u. Unverstand haben das meiste zerstöret.

Erst um 11 Uhr Abends kehrten wir nach Prag zurück wo bei der Kaiserinn von Frankreich soupirt ward. Mit innig gerührtem Herzen nahm ich von der in der That so äusserst guten KaiserFamielie Abschied, und verließ Prag um 1 Uhr Nachts.

d. 24sten Juni.

Da ich äusserst schlecht gefahren worden bin so kam ich erst um Mitternacht in Carlsbad an.

d. 25sten Juni.

Den Morgen nahm ich von meinen Carlsbader Bekannten Abschied, sah noch meinen Vetter Friederich v. Gotha 4 ) der vor


1) Ernst Heinrich Adolf von Pfuel, ein Freund Heinrichs von Kleist, erst in preußischen, seit 1810 in österreichischen, 1812 in russischen Diensten, 1813 im Tettenborn'schen Korps, 1815 wieder im preußischen Heere angestellt, später General der Infanterie, Ministerpräsident und Kriegsminister, gest. 1866. S. über sein vielbewegtes Leben die Allgemeine deutsche Biographie Bd. 25 S. 705 ff.
2) Bruder des Kaisers Franz II.
3) Ehemaliges Benediktinerstift im felsigen Thale der Beraun, östl. von der Stadt Beraun.
4) Es bestanden mehrfache verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Häusern Meklenburg und Sachsen=Gotha: die Gemahlin des Herzogs Friedrich Franz, Luise, war die Tochter des Herzogs Johann August von Sachsen=Gotha=Roda, und die Tochter des herzoglichen Paares, Luise (gest. 1801), war die erste Gemahlin des Herzogs August von Sachsen=Gotha, des Bruders des hier erwähnten Prinzen Friedrich.
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einigen Tagen angekommen ist, reisete um 1 Uhr Mittags ab und kam den Abend gegen 8 Uhr hier in Franzensbrunnen bei Eger an. Ich wohne beim Chirurgus Kubitz. Nur zwey Stationen sind von Carlsbad hieher, nehmlich von da bis Zwoda 1 ) u. von dort hieher. Franzensbrunnen ist eine neu angelegte Colonie, ohngefähr bis jetzt nur 20 aber hübsch gebauete Häuser. Die Gegend ist ziemlich flach u. Schatten findet man nur in einem sehr kleinen neu angepflanzten Wäldchen, an einer Seite der Strasse, woraus der Ort bestehet, auf der anderen ist der Quell.

d. 26sten Juni.

Den Morgen habe ich den Brunnen zu trinken angefangen. Gesellschaft ist beinahe noch gar keine hier. Noch habe ich niemanden gesehen wie den Commandanten Major Baron Vapimont, ein feiner artiger Mann und den Artzt Doctor Poeschmann der mir wohl gefällt. Ich bin zu Fuß bis kurz vor Eger gewesen, welche Stadt eine kleine Stunde von hier lieget. Eine Chaussee führt dahin, ich ging den Fußsteig durch Korn u. blühende Kleefelder.

d. 27sten Juni.

Brunnen getrunken, Bekantschaft von dem alten Grafen Radzinsky 2 ) u. seiner Frau, und der Frau v. Alopeus 3 ) aus Stutgard gemacht. Das erste Bad genommen. Hernach in den Feldern herumgestiegen. Nachmittags einige Besuche gemacht, wieder gegangen u. den Abend sehr angenehm bei Fr. v. Alopeus zugebracht.

d. 28sten Juni.

Heute war so übles Wetter daß an keine promenade zu denken war. Brunnen u. Bad abgewartet, visiten empfangen u. gemacht. Der Kurfürst von Hessen ist heute angekommen. Abends wieder bei Fr. v. Alopeus zugebracht. Nachher hatte ich noch die Freude Herr und Frau von Spiegel und Herrn von Seebach aus Weimar zu sehen, welche hier durch nach Carlsbad reisen.

d. 29sten Juni.

Das Wetter ist immer gleich schlecht, an kein Ausgehen zu denken. meinen Abend bei Fr. v. Alopeus zugebracht.


1) Zwodan.
2) Graf Philipp Raczynski, polnischer Generalmajor.
3) Gemahlin des russischen Diplomaten David von Alopeus, der seit 1811 Gesandter am württembergischen Hofe war.
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d. 30sten Junius.

Den Morgen nach dem Bade eine promenade nach einem alten Krater eine halbe Stunde von hier gemacht. Man kann hier interressante mineralogische Bemerkungen machen. Ich ging mit einem Grafen von Sternberg 1 ) einem liebenswürdigen interessanten Manne. Den Mittag aß er bei mir. Den Abend wieder bei Fr. v. Alopeus so wie immer geschehen wird zugebracht.

d. 1sten Juli.

2ter Jahrestag meiner Hochzeit folglich meines Glückes. So schlechtes Wetter daß an aus gehen nicht zu denken war.

d. 2ten Juli.

Hofdame Frl. v. Barner 2 ) kam heute von Bareuth mich zu besuchen. Das war recht freundschaftlich u. hat mich sehr gerührt.

d. 3ten Juli.

Immer noch so schlechtes Wetter. Frl. Barner aß den Mittag bei mir. Den Abend ist meine Cousine die Fürstinn v. Sondershausen 3 ) angekommen dessen ich mich sehr gefreut.

d. 4ten Juli.

Den Tag meistens mit der Fürstinn von Sondershausen zugebracht. Der Herzoginn v. Bärenburg u. dem Kurprinzen von Hessen 4 ) besucht die angekommen sind um ihren Vater zu besuchen. Abends war die Gesellschaft zum ersten mal im Saal versammlet.

d. 5ten Juli.

Den Nachmittag ist der Kaiser von Oestereich angekommen u. die Kaiserinn von Frankreich. Die Bewohner hiesiger Gegend sahen zum ersten male ihren Kaiser, das war eine große Freude. Ich habe zuerst den Herrschaften auf der Promenade aufgewartet


1) Kaspar Maria Graf von Sternberg (geb. 1761, gest. 1838), bedeutender Naturforscher, namentlich Botaniker. S. Allgemeine deutsche Biographie Bd. 36 S. 118 f.
2) Friederike Luise von Barner wurde 1799 Hofdame der Herzogin=Mutter Charlotte Sophie, der Wittwe des Herzogs Ludwig, und blieb in dieser Stellung bis zum Tode der Herzogin (2. August 1810).
3) Wilhelmine Friederike Caroline, geb. Prinzessin von Schwarzburg=Rudolstadt, seit 1799 mit dem Fürsten Günther Friedrich Carl vermählt.
4) Kurprinz Wilhelm (als Kurfürst Wilhelm II.), geb. 1777, war seit 1797 vermählt mit Prinzessin Auguste von Preußen, Schwester des Königs Friedrich Wilhelm III. - Die Schwester des Kurprinzen, Marie Friederike, war seit 1794 Gemahlin des Fürsten Alexius von Anhalt=Bernburg.
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und nachher den Abend bei der Kaiserinn v. Frankreich zugebracht u. da gegessen. Der Ort war hübsch illuminirt.

d. 6ten Juli.

Den Morgen ganz zeitig sind die Majestäten wieder abgereiset. Auch meine Cousine v. Schwarzburg setzte ihre Reise nach Carlsbad fort.

Nachmittags im Saal gewesen dann zu Fr. v. Alopeus.

d. 7ten Juli.

Immer noch Regen. Den Nachmittag bei der Herzoginn v. Anhalt gewesen, dann so wie gestern u. alle Tage.

d. 8ten Juli. Nichts anzumerken, es sey denn daß ich bei Raczinskys zu Mittage gegessen habe.

9ten Juli. Den Nachmittag zu Fuß nach Eger gewesen, sonst so wie alle Tage.

d. 10ten Juli.

Mittags einen piquenic gehabt, mit den Personen die ich am meisten hier kannte. Nachmittags Abschiedsvisiten gemacht, im Saal, u. Thee bei Frau v. Alopeus getrunken.

d. 11ten Julii 12. Schlaitz.

Den Morgen beim Brunnen Abschied genommen von allen meinen Bekannten, um 9 Uhr Franzensbrunnen verlassen, des Nachts um 1 Uhr hier angekommen, obwohl es nur 10 Meilen sind, 3 nach Asch 3 nach Hof 2 nach Gefäll u. 2 nach Schlaitz.

d. 12ten Julius.

Um 9 Uhr diesen Morgen ging ich zu meinem Vetter dem Fürsten u. seiner Gemahlinn, wohin auch dessen Mutter meine gute alte Großtante kam, 1 ) wir brachten den Morgen zusammen zu. Mittags 12 Uhr ward nach alter Väter Sitte zu Mittag gespeiset, nach Tische fuhr ich mit dem Fürsten nach der Heinrichsruhe, einem hübschen pavillon in einem angenehmen Hein. Um 4 war Concert u. Thée, nachher ward Boston gespielt u. um 1/2 8 zu Abend gegessen, worauf ich Abschied nahm.


1) Der seit 1784 regierende Fürst Heinrich XLII. von Reuß=Schleiz war seit 1779 vermählt mit Karoline Henriette, geb. Prinzessin von Hohenlohe=Kirchberg. Seine (Stief=) Mutter Christiane Ferdinande, Wittwe des Fürsten Heinrich XII., war eine Tochter des Grafen Wilhelm Moritz von Isenburg=Philippseich.
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d. 13ten Julius Weimar.

Den Morgen um 4 Uhr verließ ich Schlaitz. Die Wege waren so unglaublich schlecht, so daß ich erst um 7 Uhr den Abend hier ankam. Es sind nur 7 Meile 2 bis Neustadt 3 1/2 bis Jena 1 ) u. 2 1/2 bis Weimar. Ich ward aufs Gütigste u. Liebreichste von meiner verehrten SchwiegerMutter lieben Schwägerinn u. Schwager empfangen.

d. 14ten Julius.

Den Morgen brachte ich mit meinen lieben Verwandten zu u. fuhr mit meiner Schwägerinn nach Belvedere ihre Kinder zu besuchen die dorten wohnen. Vor Tafel kam der französische Gesandte Baron St. Aignan zu mir, dann war Diner. Nachmittags machte ich dem Minister Voigt u. dem Gesandten visite. Abends war Thee, Spiel u. Souper bei Hof, ich ging mit meiner Schwägerin u. einem Theil der Gesellschaft spazieren, da es endlich einmahl gut Wetter geworden ist.

d. 15ten Julius bis zum 17ten Julius.

Am 15ten Morgens 8 Uhr frühstükte ich noch bei Frau von Schiller 2 ) mit Fr. v. Wollzogen ihrer Schwester, machte dann einer Freundinn meiner Frau Besuch u. brachte den größten Theil des Morgens bei meiner Schwägerinn und Schwiegermutter zu, besuchte noch das attelier des Malers Jagemann 3 ) aß bei meiner Schwägerinn und verließ Mittags gegen 2 Uhr Weimar um nach dem geliebten Mecklenburg zurückzukehren. Ich bin Tag und Nacht gefahren und am 17ten 1/2 11 Uhr Abends hier in Ludwigslust eingetroffen, sehr sehr glücklich mich wieder mit meiner Frau u. meinen Kindern zusammen zu finden. Von Weimar hieher sind . . . Meilen, nemlich: 4 )


1) In Jena machte der Erbprinz einen Besuch bei Knebel. S. Aus K. L. von Knebel's Briefwechsel etc. S. 619.
2) Frau von Schiller war eine intime Freundin der Erbprinzessin. Vgl. den Briefwechsel beider bei [Urlichs] Charlotte von Schiller und ihre Freunde I, 535 ff. und einzelne Briefe bei Lily von Gizycki: Deutsche Fürstinnen. S. 50 ff. An diesem Tage schrieb Frau von Schiller an die Erbprinzessin: "Ich bin seit sechs Uhr aufgestanden, sitze wohl geputzt am Schreibtisch und erwarte um acht Uhr den durchlauchtigen Gemahl, dessen Artigkeit ich hoch preise, daß er zu mir kommt."
3) Ferdinand Jagemann, geboren zu Weimar am 24. August 1780, Schüler der Weimarer Akademie und Füger's in Wien, hat sich durch seine Bildnisse (Karl August, Goethe, Wieland, Schiller auf der Todtenbahre, u. a.) und Historienbilder (Luther auf dem Reichstage zu Worms, u. a.) einen Namen gemacht. Er starb zu Weimar 9. Januar 1820.
4) Zum Nachtragen der ausgelassenen Meilenzahlen sind 3 Zeilen freigelassen.
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d. 18ten Julius Ludwigslust.

Heute ist meiner lieben Frau Geburtstag, wir haben ihn recht mit frohem Herzen gefeiert, es waren mehrere aus Schwerin hier.

d. 19ten Julius. nichts besonderes zu bemerken als daß Frl. v. Oertzen uns heute Lebewohl gesagt hat da sie uns morgen verläßt. Gott gebe ihr so viel Glück wie sie es verdienet und wir aufrichtig es ihr wünschen.

d. 20sten Julius.

Frl. Amelie v. Lutzow 1 ) welche an Frl. v. Oertzens Stelle Hofdame wird, hat heute ihren Dienst angetreten.

d. 21sten 22sten Julius

nichts anzumerken.

d. 23sten Julius.

Nach Schwerin gereiset.

d. 24sten Julius.

Morgens Kammersession gehalten, nachmittags nach Llust zurückgekehrt.

d. 25sten u. 26sten Julius

nichts besonderes vorgefallen.

d. 27sten Julius. Doberan.

Heute Morgen 1/ 4 Uhr bin ich mit meiner Frau von Ludwigslust abgereiset u. über Sternberg und Butzow hieher nach Doberan gereiset wo wir gegen 8 Uhr Abends ankamen. Meinen Vater habe ich die Freude gehabt recht wohl u. stark geworden vorzufinden.

d. 28sten Julius.

Den Morgen haben wir das Bad angefangen. Unter andern habe ich die Bekantschaft des hier im Lande commandirenden Generals Graf Lagrange 2 ) erneuert, den ich schon aus Frankreich kannte.

Den Abend war ein Théedansant im Saal.


1) Amélie von Lützow blieb Hofdame der Erbprinzessin bis zu deren Tode (20. Januar 1816).
2) Adélaïde Blaise François le Lièvre de la Grange, Marquis de Founrilles, Divisionsgeneral, war inspecteur général de gendarmerie gewesen, hatte seit April 1812 kurze Zeit die 2. Reservedivision der Großen Armee geführt und dann die Stellung in Meklenburg erhalten. Im August 1812 erhielt er die 1. Reservedivision. S. über ihn die Nouvelle biographie générale Tom. 28 p. 841 ss.
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d. 29sten Julius.

Des Morgens gebadet, spatzieren geritten, Abends in die Comedie. 1 )

d. 30sten Julius.

Wie gestern, nur daß wir des Abends mit einem grossen Theil der Gesellschaft auf dem Jungfernberge Thee getrunken haben u. dann spatzieren gegangen sind.

d. 31sten Julius.

Gebadet u. um 1 Uhr mit meiner Frau nach Rostock gefahren und alles dorten merkwürdige besehen.

d. 1sten August.

Gebadet, geritten, Abends Thée dansant im Saal.

d. 2ten August. 2 )

Nichts anzumerken. Abends war Thée bei uns im Garten, worauf spatzieren gegangen ward.

d. 3ten August.

Mittags hatten wir ein kleines diner bei uns. Abends waren wir im Theater.

4ten August.

Abends gab der Herzog einen Thée am Bade.

5ten August.

Kleiner Ball im Saal.

6ten August.

Abends im Theater gewesen.

d. 8ten August.

Heute hatten wir das schöne Concert der berühmten Harfenspielerinn Demoiselle Longhi. 3 )

d. 9ten August.

Meine Frau und ich sind heute in Roggow gewesen zum Kirchgang unserer lieben Frl. v. Oertzen welche gestern Herrn v. Behr geheirathet hat.


1) Direktor der Truppe in Doberan war Karl Becker.
2) Hier und an den folgenden Tagen steht irrthümlich Juli statt August.
3) Carolina Delfina Longhi, geb. in Neapel, kam 1812 zuerst nach Deutschland, vermählte sich in demselben Jahre mit Karl Möser (s. die folg. Anmerk.) und verließ 1825, wahrscheinlich von ihrem Manne geschieden, Berlin, um nach Italien zurückzukehren. Ueber ihre weiteren Schicksale ist nichts bekannt. Vgl. v. Ledebur: Tonkünstler=Lexikon Berlins S. 381.
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d. 10ten August.

Grosser Ball im Saal.

d. 11ten August.

Thee in der Allee auf dem Kampe.

d. 12ten August.

Der berühmte violinist Möser 1 ) gab heute ein sehr schönes concert. Mademoiselle Longhi spielte auch wieder himmlisch die Harfe.

d. 13ten August.

Ein Herr Pärrisch 2 ) aus Hamburg u. der Graf Adolph Bassewitz 3 ) hatten eine Wette gemacht, daß ersterer 4 trockene Semmel in eben der Zeit essen wollte, wenn letzterer vom Bade nach Doberan ritt. Die ganze Gesellschaft versammelte sich das mit an zu sehen, u. Herr Pärrisch gab den Damen ein dejeuner. Graf Bassewitz gewann, er hatte nur 7 1/2 Minute geritten. Für das gewettete Geld ward Abends ein sehr hübscher Ball gegeben.

d. 14ten August.

Ich war mit einer Gesellschaft nach Rostock gefahren um da zu Mittage zu essen. Bei meiner Ankunft erfuhr ich daß der Marschall Augerau 4 ) zu dessen armee die hier an den Küsten stehenden Truppen gehören den Abend dort ankommen würde. Kurz darauf sandte der Herzog mir den Befehl da zu bleiben um ihn zu empfangen und im palais zu logieren. Der Nachmittag ging mit Vorbereitungen hin, der Abend mit erwarten. Der Marschall kam erst um 10 Uhr an und da er nicht angekleidet war so fuhr er im Wirthshause vor, wo ich ihm einen kurzen Besuch machte. Ganz spät soupirte ich mit General


1) Karl Möser war damals (seit 1811) Konzertmeister und erster Violinist an der königlichen Kapelle in Berlin. S. Allgemeine deutsche Biographie Bd. 22 S. 390.
2) Wohl ein Sohn des Hamburger Großkaufmanns John Parish. Vgl. über diesen Allgemeine deutsche Biographie Bd. 25 S. 172 f.
3) Wohl der Kammerherr Graf Adolf von Bassewitz, damals Besitzer von Gneven (A. Crivitz).
4) Marschall Augereau, Herzog von Castiglione, kommandierte seit dem Juli 1812 das XI. Korps der Großen Armee. Unter seinem Befehl standen die französischen Garnisonen in Mecklenburg, Schwedisch=Pommern, Berlin und den drei Oderfestungen Stettin, Küstrin und Glogau. Sein Hauptquartier war in Berlin.
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Lagrange u. General . . . . 1 ) der sein Nachfolger ist, weil ersterer eine Division in Stettin erhalten hat.

d. 15ten August.

Den Morgen um 10 Uhr machte mir der Marschall seinen Besuch, den ich nachher erwiederte, er war sehr artig, u. versprach mir alles zum besten des Landes zu thun, eine correspondenz zu diesem Zweck mit mir anzufangen u. s. w. Er bewilligte daß das Korn welches wir nach Stettin haben liefern müssen zurückgeführt werden könne, um den hiesigen Bedarf damit zu bestreiten. Er setzte seine Reise nach Wismar u. Berlin fort. General Lagrange hat sich bei dieser Gelegenheit wieder wie ein wahrer Freund benommen, ich hätte nicht mehr von einem Mecklenburger erwarten können. Von Rostock fuhren wir nach Warnemünde wo der Herzog ein grosses diner gab u. zur See mit meiner Frau anlangte. Abends war hier in Doberan ein grosser Ball.

d. 16ten August.

Mittags aß Lagrange bei mir welcher diesen Abend uns zu unserem grossen Leidwesen verläßt. Nachmittags tranken wir Thee in der Allee, und Abends war Vauxhall.

d. 17ten August.

Machten wir eine partie nach dem Dietrichshäger Berge.

d. 18ten August.

Den Abend gab ich einen Thée in Althoff von wo wir zufusse nach Hause gingen.

d. 19ten August.

Heute ist die Nachricht von dem gestern erfolgten Tode des guten Generals Moltke 2 ) eingegangen. Den Abend tranken wir Thee auf dem Büchenberge.

d. 20sten August.

Den Mittag war ich auf ein Männerdiner im Saal, Abends im Schauspiel.


1) Der Name ist undeutlich geschrieben; er könnte Bochan oder Brehan gelesen werden, doch verzeichnet der Almanach impérial für 1812 und für 1813 keinen General des einen oder des anderen Namens.
2) Generalmajor Adolf Friedrich von Moltke trat 1778 als Cornet bei der Leibgarde zu Pferde ein, wurde 1779 Leutnant und stieg in dieser Truppe bis zum Obersten auf; 1810 - 11 war er Chef der Grenadier=Garde.
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d. 21sten August.

Den Abend gab Herr Pärrisch aus Hamburg einen Ball, wo wir Abschied von der hiesigen Gesellschaft nahmen, da wir morgen frühe abreisen.

d. 22sten August. Pluschow.

Den Morgen um 1/2 7 Uhr haben wir Dobberan verlassen, in Wismar beim Landrath von Vieregge 1 ) zu Mittag gegessen, und sind gegen 5 Uhr hier angekommen. Bald darauf langten auch unsere Kinder an und wir sind sehr glücklich wieder mit ihnen vereiniget zu sein. Albrecht hat vor 3 Tagen seinen ersten Zahn sehr leicht bekommen.

d. 23sten August.

Morgens in die Kirche gewesen, sonst nichts vorgefallen.

d. 24sten August.

Den morgen ist Frau v. Plessen 2 ) mit Frl. v. Bose 3 ) angekommen. Nachmittags einen Besuch vom Landrath v. Both 4 ) u. seinem ältesten Sohn gehabt.

d. 25sten August.

nichts anzumerken.

d. 26sten August.

Fr. v. Plessen u. Frl. v. Bose sind diesen morgen wieder abgereiset. Mittags besuchten mich auf ihrer Durchreise nach Grapenstieten der Hausmarschall v. Both und der Kammerjunker von Both. 5 )


1) Adam Otto von Vieregge auf Steinhausen (A. Bukow).
2) Die Gemahlin des Ministers von Plessen; s. oben zum 8.September 1811.
3) Caroline von Bose, die unzertrennliche Freundin der Henriette von Knebel (s. unten zum 14. Juni 1813), war durch diese auch mit der Erbprinzessin befreundet und hatte sie nach Meklenburg begleitet. Vgl. Goethe's Briefe an Frau von Stein. Herausgegeben von Schöll, 2. Aufl. von Fielitz II, 447. 669. Lily von Gizycki: Deutsche Fürstinnen S. 45.
4) Karl Anton von Both, getauft zu Wolfenbüttel 30. Mai 1746, herzoglich holstein=oldenburgischer Hofmarschall a. D., Besitzer von Grapen=Stieten, Rambow und Scharfstorf, gest. zu Grapen=Stieten 23. August 1820.
5) Ludwig Hartwig von Both, getauft zu Wolfenbüttel 28. August 1748, war schon 1776 Kammerherr, wurde 1784 Schloßhauptmann, 1804 Hausmarschall und starb zu Ludwigslust 10. Februar 1821. Er war bis 1784 Besitzer von Dönkendorf und Nienhagen (A. Grevesmühlen) und besaß 1789 - 1802 Dersenow (A. Wittenburg). - Der Kammerjunker von Both war der spätere Kammerherr Karl Ulrich Hartwig, geb. 25. August 1779 als Sohn des Besitzers von Kalkhorst Friedrich Wilhelm von Both, gest. zu Kalkhorst 8. Januar 1834.
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d. 27sten August.

Herr Pastor Stein 1 ) aß den Mittag bei mir. Nachmittags besuchte mich mein Nachbar Herr Ladiges von Barnekow. 2 ) Abends kam der Oberhofmeister v. Hinzenstern aus Sternberg, 3 ) sonst zu Weimar, um einige Tage bei uns zu bleiben.

d. 28sten August.

Es hat fast den ganzen Tag geregnet welches denn in der Aerndte sehr unangenehm ist. Ich habe die noch üblere Nachricht erhalten daß 10,000 Mann Franzosen im Lande einrükken u. der Marschall Augereau Duc de Castiglione sein Hauptquartier in Güstrow nimmt, habe aber gegründete Hoffnung daß diese Last nicht lange dauern wird.

d. 29sten August.

Der Graf Bernstorff und seine Frau 4 ) von Wedendorff haben heute den Tag bei mir zugebracht. Den Abend bekam ich von Grevismühlen aus französische Einquartirung von 1 officier u. 75 Mann, ohne daß der Magistrat mich davon hätte benachrichtigen lassen. Ich habe dem Bürgermeister 5 ) einen derben Brief geschrieben um zu erfahren wer die Vertheilung gemacht und wem ich diese insolenz zu danken habe.

d. 30sten August.

Wir sind diesen Morgen nach Kalkhorst 3 Meilen von hier zum Kammerherrn von Both 6 ) gefahren, wo wir zu Mittage gegessen haben. Von dort aus machten wir eine tour nach


1) Johann Matthias Stein, Pastor in Friedrichshagen (damals erbprinzlichen Patronats), geb. 1759 in Rostock, Pastor seit 1786, gest. 1. März 1825.
2) Ditmar Friedrich Ladiges, 1823 geadelt, gest. 12. Oktober 1834, 76 Jahre alt. Außer Barnekow bekam er noch Krönkenhagen und Ziphusen.
3) Hintzenstern war Erzieher des Prinzen Bernhard von Weimar gewesen, hatte sich 1807 durch eine nicht ganz aufgeklärte Indiskretion, die er mit ihm anvertrauten Briefen begangen haben sollte, in Weimar unmöglich gemacht und war nach Cassel gegangen, dort in die Dörnberg'sche Verschwörung gegen König Jerome verwickelt worden, nach Weimar zurückgekehrt und hatte sich schließlich in Sternberg niedergelassen. Vgl. Lily von Gizycki a. a. O. S. 5. 57. 83. 86.
4) Ernst Graf Bernstorff, Königl. Preußischer Kammerherr, geb. 12. Juli 1768, gest. 2. Mai 1840, war seit 1801 vermählt mit America Freiin von Riedesel (geb. 7. März 1780, gest. zwischen 1854 und 1859).
5) Bürgermeister von Grevesmühlen war der Gerichtsrath Fr. Ulrich Aemilius Rudow.
6) Kammerherr und Rittmeister a. D. Friedrich Wilhelm von Both, getauft zu Kalkhorst 28. November 1749, gest. daselbst 27. Dezember 1813.
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Schwansee, ein schönes Gut an der See welches dem Geheimerath Häseler 1 ) gehört. Um 8 Uhr Abends kamen wir nach Hause.

d. 31sten August.

Heute hatten wir vielen Besuch aus Wismar. Die Antwort aus Grevismühlen ist gekommen, dem Bürgermeister gehet es nichts an, das dortige quartieramt hat sich damit entschuldiget daß es meine hiesige Anwesenheit nicht gekannt hätte, welches denn eine grobe Lüge ist, da ich täglich Fleisch und Brod für meinen Hausstand aus dieser ganz kleinen Stadt holen lasse. Ich werde mich deshalb beim Herzoge beschwehren.

d. 1sten September.

Den Morgen sind wir in Barnekow bei Herrn Ladiges gewesen. Mittags war die Bothsche Famielie aus Grapenstieten bei uns.

d. 2ten September.

Meine Kinder sind heute nach der Insel Poel gewesen. Da meine Frau nicht ganz wohl war so sind wir nicht mitgefahren.

d. 3ten September.

Minister v. Plessen ist heute zu uns gekommen. Mittags war auch Hr. v. Müller von Rankendorff 2 ) u. Kammerjunker v. Both da, späterhin kam auch Lieutnant du Trossel. 3 )

d. 4ten September.

Wir sind heute alle in Grapenstieten zu Tische gebeten gewesen.

d. 5ten September.

Den Morgen 6 Uhr habe ich für meine Person Plüschow verlassen um hierher nach Friedrichsmoor zur Hirschjagd zu gehen, wohin auch der Herzog diesen Abend von Doberan her gekommen ist. In Schwerin habe ich mich einige Stunden aufgehalten, um zur Kammersession zu gehen.


1) Groß und Klein=Schwansee waren 1724 - 79 gleichfalls im Besitze des Geschlechtes von Both. 1799 hatte es der Sachsen=Coburgische Geheimerath Gottlieb Häseler gekauft; derselbe wurde 1801 von Kaiser Franz II. in den Adelstand erhoben und 1844 in den meklenburgischen Adel recipiert.
2) Johann Andreas Müller, Accise=Commissär zu Lüneburg (später Königl. Hannoverscher Legationsrath), war 1801 von Kaiser Franz II geadelt. In demselben Jahre. hatte er von Hans Caspar Vorbeck Rankendorf gekauft. 1821 wurde er in den meklenburgischen Adel recipiert. Er starb 16. Februar 1836 zu Lüneburg im 84. Jahre.
3) Louis du Trossel war Premier=Leutnant im 4. Bataillon gewesen, 1810 zum Grenadier=Garde=Bataillon versetzt und war damals Commandanten=Adjutant zu Ludwigslust.
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d. 6ten September.

Den ganzen Tag gejagt.

d. 7ten September.

Ebenfalls u. zwey Hirsche geschossen.

d. 8ten September.

Des Morgens gejagt. nachher zum Ortkrug geritten um dort meine Frau und Kinder auf ihrer Durchreise von Plüschow nach Llust zu sehen. Abends wieder Jagd.

d. 9ten September.

Jagd, nach dem Mittagsessen fuhr ich nach Ludwigslust.

d. 10ten September.

Zu Tische nach Redevien gefahren wohin der Herzog zur Jagd kam.

d. 11ten September.

Jagd.

d. 12ten September.

Jagd. Zu Abend wieder nach Ludwigslust.

d. 13ten September.

Statt der angekündigten 10,000 Mann kommen gottlob nur 3 bataillons ins Land.

d. 14ten September.

Auf die Jagd gewesen.

d. 15ten September.

Heute ward mein Sohn Paul 12 Jahre alt. Gott erhalte ihn mir. Den Abend gab ich den Kindern einen Ball, die sehr froh waren.

Ich bekam ein heftiges Flußfieber welches beinahe die ganze Nacht dauerte.

d. 16ten September.

Auch die 3 Bataillons sind wieder abmarschiert, alles gehet jetzt nach Schwedisch Pommern.

d. 17ten September.

Nach Schwerin gereiset.

d. 18ten September.

Cammersession gehalten, die ganz merkwürdig war. Nachmittags mit dem Oberjägermeister 1 ) nach Friedrichsmoor gefahren, und gejagt.


1) Adolf Hans von der Lühe, 1785 Jagdjunker, 1787 Oberforstmeister, 1791 Jägermeister und 1793 Oberjägermeister. Als solcher erscheint er 1814 zuletzt.
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d. 19ten September.

Gejagt und einen Hirsch geschossen. Mittags wieder nach Ludwigslust.

d. 20sten September.

Es ist die Nachricht von der grossen Schlacht am 7ten eingelaufen 1 ) aber noch keine Details.

d. 21sten September.

Einen unangenehmen Brief erhalten, meine erste Schwiegermutter kann mich nicht in Ruhe lassen. 2 ) Ich habe gehörig die Sache ins Licht gestellt.

d. 22sten September.

Nach Friedrichsmoor gefahren um dort mit dem Graf Schwichelt 3 ) zu jagen.

d. 23sten September.

Des Morgens Jagd, zu Mittag wieder nach Ludwigslust.

d. 24sten September.

Todestag meiner lieben ersten Frau. Unglücklichste aller Erinnerungen für mich.

Den Morgen sprang mir eine Flinte in der Hand, wäre sie an der Stelle gesprungen wo gemeinhin die Gewehre springen, so war meine linke Hand verlohren. So kam ich mit einem heftigen Schmerz dovon. Ich kann Gott nicht genug danken mich so gnädig beschützet zu haben. Den Abend ist der Prinz Solms von Lich 4 ) angekommen.


1) Schlacht bei Borodino, von Napoleon gegen Kutusow gewonnen. Weder an dieser Schlacht noch an dem am 17. August bei Smolensk erfochtenen Siege hatten die meklenburgischen Truppen theilgenommen; dem mangelhaften Zustande des Regiments ist es wohl hauptsächlich zuzuschreiben, daß es nicht wie die anderen deutschen Truppentheile ins Gefecht geführt wurde. S. von Langermann und von Voigts=Rhetz a. a. O. S. 64.
2) Zwischen der Kaiserin=Mutter und dem Erbprinzen bestanden seit Helene Paulowna's Tode Mißverständnisse, an denen Friedrich Ludwig keine Schuld trug. Erst bei einem Besuche der Kaiserin in Weimar im Dezember 1818 fand eine volle Aussöhnung statt. Vergl. von Hirschfeld: Friedrich Franz II. Bd. I S. 57. 88.
3) Jobst Karl Graf von Schwicheldt, geb. 1771, war Kgl. Hannoverscher Drost, Kammerherr und Erbmarschall im Fürstenthum Hildesheim. Das Jahr seines Todes ist unbekannt.
4) Friedrich Alexander, geb. 18. Juni 1763, damals Oberstleutnant im preußischen Heer, gest. als Generalmajor 12. September 1830.
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d. 25sten September.

nichts anzumerken, als die grosse Nachricht von der Einnahme von Moscau ! ! ! 1 ) -

d. 26sten September.

Jagd in der Güritz, wo ich wiewohl ohne Schaden einen Schuß bekam.

d. 27sten September.

nichts vorgefallen.

d. 28sten September.

Jagd.

d. 29sten September.

Der Herzog v. Strelitz hat sich mit seiner Familie zum 3ten October angemeldet. Den Abend kam der Fürst Putbus 2 ) u. seine Frau an.

d. 30sten September.

Jagd bei Warlow.

d. 1sten Oktober.

Jagd bei Glaisin.

d. 2ten October.

Nichts anzumerken.

d. 3ten October.

Um Mittag kam der Herzog von Strelitz, der Erbprinz, Prinz Ernst und die Prinzeß von Solms 3 ) an.


1) Der Einzug in Moskau begann am 14. September.
2) Fürst Malte Putbus, geb. 1. August 1783, gest. 26. September 1854. Der Fürst, damals der angesehenste und begütertste Grundbesitzer in Schwedisch Pommern, war mit dem Erbprinzen befreundet; er hatte, als es sich nach dem Tode des zum Erben des schwedischen Thrones bestimmten, von Karl XIII adoptierten Prinzen Christian von Schleswig=Holstein=Sonderburg (gest. 18. Mai 1810) darum handelte, einen neuen Thronfolger zu wählen, die Aufmerksamkeit auf den Erbprinzen Friedrich Ludwig gelenkt und diesem, offenbar in Folge eines Auftrages von Stockholm aus, die schwedische Thronfolge angeboten, die Friedrich Ludwig aber abgelehnt hatte. Vergl. Spreer: Malte Fürst und Herr zu Putbus. Berlin 1886. S. 20 f. - Die Fürstin Luise, geb. Baronesse von Lauterbach, hatte sich 1806 von ihrem Manne, dem Grafen Veltheim, scheiden lassen, um den Fürsten Malte zu heiraten. Sie starb 27. September 1860.
3) Herzog Carl (geb. 10. Oktober 1741, succedierte 2. Juni 1794, Großherzog 28. Juni 1815, gest. 6. November 1816), Erbprinz Georg (geb. 12. August 1779, Großherzog 6. November 1816, gest. 6. September 1860), Prinz Ernst, Bruder des Herzogs Carl (geb. 27. August 1742, gest. 27. Januar 1814); die (  ...  )
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d. 4ten October.

Mittags cour, grosses diner, Abends concert im goldenen Saal.

d. 5ten October.

Die schöne Jagd bei Neuen Crentzlin.

d. 6ten October.

Jagd bei Techentin, Abends Concert.

d. 7ten October.

Um 3 Uhr Nachmittags sind die Strelitzer wieder abgereiset. Dagegen ist der älteste Prinz Reuss v. Köstritz 1 ) angekommen. Abends hatte ich die traurige Ueberraschung im Moniteur zu lesen, daß mein Bruder Carl am 7ten September blessirt worden sey. 2 ) Da es aber nur noch unbestimmt lautet, so hoffe ich vielleicht noch etwas besseres zu erfahren.

d. 8ten October.

Prinz v. Solms ist den Morgen abgereiset. Hernach war Jagd bei Picher.

d. 9ten October.

Nichts zu bemerken.


(  ...  ) Prinzeß Friederike von Solms, geb. 2. März 1778, Schwester des Erbprinzen Georg und der Königin Luise von Preußen, war in erster Ehe 1793 - 1796 vermählt mit dem Prinzen Ludwig von Preußen, in zweiter 1798 - 1814 mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Solms=Braunfels, in dritter seit 1815 mit dem Herzog Ernst August von Cumberland, späterem (seit 1837) König von Hannover, und starb zu Hannover 29. Juni 1841.
1) Gemeint ist wohl Heinrich LXI, geb. 8. Dezember 1784, der, bis dahin in der österreichischen Armee, durch eigenthümliche Familienverhältnisse veranlaßt, um diese Zeit in das französische Heer trat und als Brigadegeneral in der Schlacht bei Kulm 30. August 1813 fiel.
2) Die in dem Rapport à S. M. l'Empereur et Roi (Moniteur universel 1812 Nr. 271: Dimanche, 27. Sept.) enthaltene Nachricht über die Verwundung des Prinzen Karl lautet: La 2 e division de grenadiers composée des régimens d'Astracan, Fanagoria, Kioff, Moscou, Petite - Russie, Sibérie, commandée par le prince Charles de Mecklembourg, et faisant partie du 8 e corps de Borosdin, se trouvait le 5 septembre à la grande redoute qui fut enlevée le même jour, et où elle a perdu ses pièces, un colonel et plus de la moitié de ses soldats. Les régimens de cette division avaient été au grand complet en arrivant à Smolensk; mais ils n'étaient que de 1,000 hommes, le 5, avant le combat, et ne comptaient que 7 à 800 hommes au plus par régiment, le 7, au matin, lorsqu'ils étaient dans le village qu'ils étaient chargés de désendre, en avant de la batterie du flanc gauche où ils sont venus s'établir. C'est dans cet intervalle que le prince de Mecklembourg fut blessé.
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d. 10ten October.

Jagd bei Altenkrentzlin. Meine Schwägerinn von Holstein 1 ) ist mit einem Sohne niedergekommen.

d. 11ten October

nichts anzumerken.

d. 12ten October.

Jagd bei den Canaltannen.

d. 13sten October.

Der französische Chargé d'affaires hat Nahmens seines souverains verlanget, daß das contingent immer im completten Stande erhalten werden sollte. 2 ) Nach gestern vom General Fallois eingelaufenen Nachrichten ist das Regiment von Willna nach Smolensk 3 ) und wahrscheinlich zur activen armée aufgebrochen.

d. 14ten October.

Jagd bei Altenkrenzlin.

d. 15ten October.

Nach Schwerin gereiset.

d. 16ten October.

Des Morgens Kammersession, Nachmittags nach Ludwigslust zurückgekehrt.

d. 17ten October.

Jagd bei Neustadt, dort gegessen.

d. 18sten October.

Nichts vorgekommen.


1) Die Großfürstin Katharina Paulowna, jüngere Schwester von Friedrich Ludwigs erster Gemahlin, geb. 21. Mai 1788, war seit 30. April 1809 mit dem Prinzen Peter Friedrich Georg von Holstein=Oldenburg vermählt. Der am 26. August 1812 geborene Knabe war der Prinz Peter von Oldenburg, gest. 14. Mai 1881.
2) An dem "completten Stande" fehlte vieles. Bei der Ankunft des Regiments in Wilna im Juli fehlten beim 1. Bataillon 184, beim 2. 153 Köpfe; diesem Abgang standen nur 59 Rekruten gegenüber, die direkt von Schwerin geschickt wurden. S. von Wrochem u. Haevernick: Geschichte des Großh. Meckl. Füsilier=Regiments Nr. 90 S. 68.
3) Das Regiment, das seit dem 3. September dem IX. Armeekorps des Marschalls Victor zugetheilt war, brach von Wilna am 21. September auf und traf am 9. Oktober in Smolensk ein. Ebd. S. 68 ff.
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d. 19ten October.

Jagd bei Altenkrenzlin sollte seyn der Regen aber verhinderte es.

d. 20sten October.

Nichts anzumerken.

d. 21sten October.

Jagd in der Nachbarshaide.

d. 22sten October.

Jagd bei Carstedt.

d. 23sten October.

Nichts zu bemerken.

d. 24sten October.

Jagd in den Hegetannen.

d. 25sten October.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 26sten October.

Jagd bei Loissow.

d. 27sten October.

Der Fürst Putbus und seine Frau sind heute abgereiset.

d. 28sten October

nichts vorgefallen.

d. 29sten October.

Diesen Morgen beim Erwachen erhiehlt ich die traurige Nachricht, daß mein guter Hofmarschall Mecklenburg den Morgen um 5 Uhr an einem innerlichen Schlagflusse, Folge von Brustkrämpfen gestorben war. Das ist ein wesentlicher Verlust für mich, er war so brav und rechtschaffen. Alle meine Geschäfte waren in seinen Händen. Dieser unerwartete plötzliche Todt hat mich unendlich erschüttert. Mein treuer Oertzen hat mir versprochen wenigstens interimistisch die Geschäfte wieder zu übernehmen.

d. 30sten October.

Nach Schwerin gereiset. Abends der Frau von Horn 1 ) der Schwester meines guten Mecklenburgs einen Besuch gemacht. Sein Bruder der Vicedirector der Kanzley kam auch zu mir.


1) Wittwe des Oberstleutnants Berend Gustav von Horn auf Ranzin (Pommern), der am 25. Februar 1798 gestorben war. Sie starb am 4 Mai 1815. - Dietrich Friedrich Wilhelm von Mecklenburg wurde 1785 Kanzleiauditor in Schwerin und erscheint als Vizedirektor der Justizkanzlei daselbst zuletzt 1814.
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d. 31sten October.

Des Morgens Kammersession gehalten, nachmittags wieder nach Llust gefahren. Ich fand zu Hause einen so unglaublich impertinenten Brief vom Drost von Suckow 1 ) vor, daß ich alle contenance nöthig hatte um nicht auf der Stelle es dem Herzoge anzuzeigen und um eine öffentliche Bestrafung anzuhalten.

d. 1sten November.

Ich habe heute dem Herzoge, blos als meinem Vater, von dem gestern erhaltenen Briefe geredet. Er bot mir an Suckow auf die Vestung zu schikken, dies habe ich mir aber verbeten da seine 71 Jahre u. seine 15 Kinder mich jammern, und für jetzt ich keine öffentliche Klage einreichen will.

d. 2ten November.

Dem Suckow habe ich geantwortet wie er es verdienet.

d. 3ten November.

Diesen Morgen 6 Uhr haben wir meinen Mecklenburg zu seiner letzten Ruhestäte begleitet.

d. 4ten November

nichts anzumerken.

d. 5ten November.

Mit dem Herzoge nach Wittenburg gereiset.

d. 6ten November.

Schweinsjagd bei Kogel, Abends nach Wittenburg zurück.

d. 7ten November.

Nach Ludwigslust zurück für meine Person. Es sind traurige Nachrichten von dem eingelaufen was unsere Truppen in der Campagne leiden. Sie sind jetzt nach Moscau. 2 )


1) Joachim August Bernhard von Suckow, geboren zu Schwerin 26. Dezember 1746, wurde 1791 erster Beamter des Amtes Warin, 1792 mit seinen beiden Brüdern in den Adelstand erhoben, erhielt 1798 den Titel Drost, schied 1824 aus dem Dienst und starb zu Doberan 12. März 1827. Er verfaßte "Beiträge zur Verwaltung der Landpolizei in den Herzoglich Mecklenburg=Schwerinschen Landen, mit Rücksicht auf ein zu errichtendes Landarbeitshaus" (Rostock 1801). Ueber sein eigenes Leben, namentlich seine Jugend, hat Suckow, den das Kammer=Kollegium einmal "einen höchst gefährlichen und intriganten Menschen" nennt, selbst eine Anzahl von falschen Angaben verbreitet, die z. Th. auch in dem ihm gewidmeten Nekrolog im "Freimüthigen Abendblatt" (10. Jahrg. [1828] Nr. 509 Beilage Sp. 848) Aufnahme gefunden haben. - 1820 hatte Suckow dem Großherzog die Stiftung eines Ordens der Wendischen Krone vorgeschlagen, welcher Vorschlag aber "ad acta" verwiesen ward. (S. Jahrbb. 58 (1893) Quartalberichte S. 16 f.
2) Das Regiment erhielt in Smolensk den Befehl, gemeinsam mit andern Truppen den Kriegsschatz des Kaisers nach Moskau zu eskortieren, (  ...  )
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d. 8ten November.

Der Herzog von Oldenburg hat uns wissen lassen, daß mein Bruder Carl würklich blessirt sei, jedoch ohne Gefahr.

d. 9ten November.

Den Nachmittag kam der Herzog von der Jagd zurück um einen Tag hier zu bleiben.

d. 10ten November

nichts merkwürdiges vorgekommen.

d. 11ten November.

Der Herzog reisete nach Muchow.

d. 12ten November.

Heute traf die Nachricht ein daß am 14ten October der K. N. mit der Armee, von Moscau den Rückzug nach Smolensk angetreten habe aus Mangel an Lebensmitteln.

Minister v. Oertzen 1 ) aus Strelitz ist angekommen um mit unseren Ministern über den Antheil zu unterhandlen welchen der H. v. Strelitz an dem nun bald auszuschreibenden Landtage nehmen wird.

d. 12ten November.

Kam Minister Brandenstein heraus.

d. 13ten November.

Der Herzog kam auf einige Stunden v. Muchow herein um den Minister v. Oertzen zu sehen.

d. 14ten November.

Mit Strelitz ist vorläufig alles zu unserer Zufriedenheit arrangirt.


(  ...  ) und brach am 31. Oktober auf, gelangte aber nur (18. Oktober) bis Dorogobusch, wo es sich auf die Winterquartiere vorbereitete. S. hierüber sowie über den Zustand des Regiments: von Wrochem u. Haevernick a. a. O. S. 71 ff.
1) August Otto Ernst von Oertzen, geb. 11. September 1777 zu Kotelow als 4. Sohn des Vicelandmarschalls Adolf Friedrich Theodor von Oertzen (gest. 1796), besuchte 1793 - 96 die Ritterakademie zu Brandenburg, studierte dann bis 1798 in Göttingen Jurisprudenz und Kameralwissenschaften, wurde darauf Kanzlei=Auditor in Neustrelitz, 1800 Kanzleirath und Regierungsreferendar, 1804 Regierungsrath und 1810 Minister. Er starb 3. April 1837. Vergl. den vom Grafen Christian von Bernstorff verfaßten biographischen Artikel bei Julius von Maltzan: Einige gute Mecklenburgische Männer. Wismar 1882. S. 145 ff., und Saß in Bd. IV der Urkundlichen Geschichte des Geschlechts von Oertzen S. 474 ff.
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d. 15ten November.

Minister Oertzen ist wieder abgereiset.

d. 16ten November.

Sehr interressante Nachrichten von der Armee eingelaufen.

d. 17ten November.

Bin ich nach Schwerin gereiset, wo auch der Herzog heute hin kam.

d. 18ten November.

Morgens Kammersession gehalten. Den Abend spät ist mein Oertzen von Hamburg und Plüschow zurückgekommen. Ich bin sehr zufrieden mit seinen Ausrichtungen.

d. 19ten November.

Nach Ludwigslust zurückgereiset.

d. 20sten November.

Nichts anzumerken.

d. 21sten u. 22sten November.

Idem.

d. 23sten November.

Ich habe die angenehme Nachricht erhalten, daß mein Bruder Carl völlig wieder hergestellt ist und zu seinen gewohnten Beschäftigungen zurückgekehrt ist.

Unser Regiment hat den Kaiserlichen Tresor von Smolensk nach Moscau bringen sollen. Elf Meilen hinter Smolensk hat es contreordre bekommen. Auf diesem kurzen Wege hat es 7 Tage zugebracht worunter 5 ohne Brod, wegen der unergründlichen Wege. Kein Haus, keinen Menschen haben sie unterwegens gefunden. Sie sind in einem erbärmlichen mitleidswürdigen Zustande.

d. 24sten November bis zum 30sten November.

Nichts besonderes zu bemerken als daß immer neue Nachrichten von dem Rückzuge der Franzosen eingehen. Die hier cantonirenden französischen Truppen sind auch zum größten Theile abmarschirt.

Der Strelitzische Hof hat sich nun definitiv bereitwillig zum Landtage erkläret, und derselbe ist auf den 5ten Januar nach Schwerin ausgeschrieben.

d. 2ten December.

Diesen Morgen ist die vortrefliche Majorin v. Both gebohrene v. Bulow in Schwerin an den Masern gestorben, welche

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sie sich bei der Pflege ihres Mannes der gleichfalls daran krank war zugezogen hatte. Allgemein ist die Trauer. Der unglückliche Mann sah sie vor seinen Augen, ihm gegenüber, als Opfer ihrer Liebe für ihn sterben. Gott nehme sich seiner an. In einer schrecklicheren Lage waren wohl wenige Menschen.

d. 6ten December.

Heute ist der Chevalier, Obrister Ducasse vom Generalstab des Marchals Augereau Duc de Castiglione hier mit einem ausserordentlich höflichen Schreiben des Marschalls eingetroffen. Nach Abmarsch der bisher im Lande stationirenden französischen Truppen wird er als Commandant hier im Lande bleiben. Der Marschall verspricht alle mögliche Erleichterung eintreten zu lassen, u. den Winter über beinahe gar keine Truppen in Mecklenb. zu legen. Mehr wie 2 compagnien werden es nicht seyn. Der Obriste Ducasse scheint ein sehr braver Mann zu seyn der versprochen hat alles für das Land zu thun. Diese Nachrichten haben mich recht aufgerichtet.

d. 8ten December 12.

Diesen Morgen gegen 4 Uhr ist unsere liebe verstorbene Frau von Both von Schwerin hieher gebracht und hier beerdiget worden.

d. 9ten December.

Der alte Suckow hat mir einen reuevollen Brief geschrieben und um Verzeihung gebeten. Die mag ihm denn auch gerne werden. Ich kann niemanden etwas nachtragen.

d. 10ten December.

Wir haben heute des Herzogs Geburtstag gefeiert. Er ist so gnädig gewesen meinen Oertzen zum Hofmarschall bei mir zu machen.

d. 11ten December.

Hofmarschall v. Oertzen ist nach Rostock gereiset um dort wo möglich eine wichtige Angelegenheit für mich zu reguliren.

d. 16ten December.

Nach Schwerin gereiset. Ich habe den armen Major Both zum erstenmale nach seinem Unglükke wiedergesehen. Das war sehr traurig.

d. 17ten December.

CammerSession gehalten, Nachmittags nach Llust zurückgekehret. Hier fand ich die sehr wichtige Nachricht vor daß die

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ganze fr. Armee total geschlagen, beinahe gänzlich vernichtet sey, daß der Kaiser Napoleon eiligst seine Rückreise nach Paris angetreten habe. Die Details sind so ungeheuer wie die Geschichte fast kein Beispiel liefert.

d. 18ten December. 1 )

Heute ist meines Bruders Adolph Geburtstag, welcher durch einen Ball gefeiert wird.

d. 20sten December.

Mein Oertzen ist zurückgekehrt mit neuen mir ganz annehmlichen Vorschlägen. Die Sache will aber Zeit haben zu reifen.

d. 24sten December.

Alle Tage kommen neue Details über die grossen Begebenheiten im Norden. Die Russen sind schon in Preussen.

Heute war der hl. Christabend, mithin unendliche Freude bei meinen Kindern, sogar der kleine freuete sich.

d. 25sten December.

Meiner lieben ersten Frau Geburtstag -! -! -! -

d. 27sten Dec.

Mein Oertzen ist nach Hamburg gereiset.

d. 28sten Dec.

Man bekommt immer mehr Details über die gänzliche Niederlage der Franzosen.

d. 30sten December.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist unser ganzes Contingent aufgerieben oder gefangen worden. Privatbriefe einiger officiers geben beinahe die Gewißheit davon.

Es scheint als wenn einige grosse Mächte ernstliche Maaßregeln nehmen wie dem jetzigen Zustande der Dinge ein Ende zu machen.

d. 31sten December.

Die traurige Bestätigung ist eingegangen, unser Regiment existirt nicht mehr. Nur einige officiers mit 18 Mann u. den Fahnen haben sich gerettet, alles übrige ist geblieben oder gefangen und erfroren. 2 ) Es ist mehr wie schmerzlich wenn man


1) Vom 18. - 25. ist "November" statt "December" geschrieben.
2) Bei v. Wrochem und Haevernick a. a. O. S. 86 wird die Stärke des Regiments, wie es am 21. Dezember in Königsberg einrückte, auf 15 Offiziere, 4 Unteroffiziere und 16 Mann angegeben.
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seine Landesleute so gezwungen einer fremden Sache wegen aufgeopfert siehet.

Die gütige Vorsehung schenke glücklichere Begebenheiten im neuen Jahre und gebe uns den langersehnten Frieden.

1813.

d. 1sten Januar.

Mit heissem Gebete zu Gott fange ich dies neue Jahr an, welches sehr merkwürdig zu werden scheint. Ihm will ich fest vertrauen, mein, der Meinen und meines theuren Vaterlandes Schicksal gebe ich mit kindlichem Vertrauen in seine Hände. Er erhalte und beschirme uns.

d. 2ten Januar.

Der Herzog ist heute nach Schwerin abgereiset.

d. 3ten Januar.

Meine Frau und ich sind heute dem Herzoge nach Schwerin gefolget. Unsere Kinder haben wir leider in LSlust lassen müssen, da die Masern hier in Schwerin immer noch so stark hausen.

d. 4ten Januar.

Mein Paul ist heute zu mir gekommen um die Eröffnung des Landtags mit anzusehen.

d. 5ten Januar.

Um 12 Uhr Mittags begab sich der Herzog in feierlichem Aufzuge in die Domkirche und eröffnete dort den Landtag durch eine Rede vom Thron, welche er vortreflich hielt, worauf die Propositionen 1 ) vom Minister von Brandenstein verlesen wurden u. dann von den Landmarschällen die Antwortsrede gehalten ward. Mittags war ein grosses Diner und Abends grosse Cour. Die ganze Ceremonie des Morgens war schön, passend u. rührend. Mögen die Verhandlungen zum Wohl des gemeinsamen Besten ausfallen.


1) Die Propositionen waren: 1) Bevollmächtigung besonderer Repräsentanten der Landstände zur kräftigeren, wirksameren und geschwinderen Behandlung aller Landesangelegenheiten, zu denen die Stände verfassungsmäßig concurrieren; 2) die Errichtung eines Oberapellationsgerichts; 3) die Bewilligung der ordentlichen Kontribution in ein= für allemal feststehenden Zahlungsterminen; 4) die Einrichtung und definitive Organisation des Kriminalgerichts in allen seinen Verhältnissen; 5) weitere Eintheilung des Landes nach den 6 Militär=Rekrutierungs=Distrikten in polizeilicher und administrativer Hinsicht. - Das Kriminalkolleg in Bützow war 12. Oktober 1812 installiert worden, das Oberappellationsgericht trat erst 1. Oktober 1818 in Parchim in Thätigkeit.
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d. 6ten Januar.

Die Stände haben heute eine grosse Committe erwählet, welche die propositionen in Erwägung ziehen soll. Mittags war wieder grosses Diner bei Hoff, wie nun alle Tage seyn wird. Ich nehme auch alle Abende von 8 Uhr an alle Personen an welche zu mir kommen wollen. Diesen Abend war die Gesellschaft ausserordentlich groß.

Mein Paul ist wieder nach Llust zurückgekehret.

Man hat die Nachricht daß die Franzosen in Spanien eine grosse Schlacht verlohren haben. 1 )

d. 7ten Januar.

Des Mittags diner, Abends haben wir Leute bei uns gesehen, und sind darauf nach der Mascarade gegangen.

d. 8ten Januar.

Meine Frau und ich sind nach Llust gefahren unsere Kinder zu besuchen, wir haben einen recht frohen Tag zugebracht.

d. 9ten Januar.

Zu Mittage wieder in Schwerin eingetroffen, bei Hofe gegessen, Abends Gesellschaft bei uns.

d. 10ten Januar.

Die Stimmung auf dem Landtage ist die beste und alles wird so Gott will gut und zum allgemeinen Besten sich wenden. Mittags Diner bei Hofe Abends Cour.

d. 11ten Januar.

Diner bei Hofe. Abends Thée dansant beim Strelitzischen commissario, Präsidenten von Scheven. 2 )

d. 12ten Januar.

Mittags an Hof. Abends Gesellschaft bei uns. Es sind neue Nachrichten über den immer weiteren Rückzug der Franzosen


1) Die Nachricht von einer Niederlage der Franzosen in Spanien war irrig. Vielmehr hatte Wellington, der nach seinem Siege bei Salamanca (22. Juli) Madrid besetzt hatte (12. Aug.), beim Herannahen großer französischer Heeresmassen Madrid am 30. Oktober wieder räumen müssen und sich nach Ciudad Rodrigo zurückgezogen. Bis zum Frühjahr 1813 lagen beide Heere ruhig in ihren Winterquartieren.
2) Adolf Ludwig Carl von Scheve, einer ursprünglich Lübecker Familie entstammend, wurde Kammerrath in Strelitz, 1798 Kammerdirektor und 1801 Kammerpräsident, welche Stellung er bis 1831 bekleidete. 1804 wurde er in den meklenburgischen Adel rezipiert. Mit seinem Bruder, dem Oberkonsistorialpräsidenten Adolf Friedrich von Sch. zu Berlin, besaß er das Gut Canzow bei Woldegk.
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eingegangen. Die Position an der Weichsel wird verlassen, und versucht die an der Oder zu nehmen.

d. 13ten Januar.

Kammerherr Kettenburg 1 ) hat gestern auch die Masern bekommen, und ist recht übel darann. Tafel bei Hofe, Abends Gesellschaft bei uns, nachher beim Strelitzischen commissarius.

d. 14ten Januar.

Diner bei Hofe, Gesellschaft bei uns, dann Masquarade.

d. 15ten Januar.

Bei meinem Aufstehen erfuhr ich die traurige Nachricht von dem armen Kettenburg seinem Tode, er thut mir sehr leid. Die Masern werden immer böser. Ich habe mich entschloßen meine Frau nach Llust zurückkehren zu lassen da ich nicht gewiß weis, ob sie diese schrekliche Krankheit gehabt hat. Mittags blieben wir zu Hause. Abends war zahlreiche Gesellschaft bei uns.

d. 16ten Januar.

Meine Frau ist diesen Mittag abgereiset, ich komme mir ganz verwaiset vor. Mittags diner bei Hof, Abends Gesellschaft beim Strelitzischen commissario. Oberschenk Forstner hat auch die Masern bekommen, da er schwächlich ist fürchte ich für ihn, vor wenigen Tagen verlohr er seine älteste Tochter daran.


1) Cuno Ludwig von der Kettenburg, geb. um 1775, wahrscheinlich auf dem väterlichen Gute Schwetzin (A. Neukalen), war seit 1798 Kammerherr, hatte lange in Italien, namentlich in Rom gelebt und verkehrte viel in den Kreisen der Erbprinzessin Caroline Luise. Seine Tragödien "Diego" (Berlin 1811) und "Julianus Apostata" (ebd. 1812) verrathen den Einfluß Schiller's; über den "Julianus" äußerte sich Goethe günstig (s. [Urlichs] Charlotte von Schiller und ihre Freunde I, 632 Anm.). Vergl. Goedeke: Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. 2. Aufl. Bd. VI S. 481 und die dort angeführte Litteratur. Nach seinem Tode schrieb die Erbprinzessin über ihn unterm 23. Januar 1813 an Frau von Schiller: "Kettenburg ist nun bestattet und den Elementen schon wiedergegeben und für uns nichts als sein Andenken mehr übrig, und die Werke, die seine besten Lebenstage bezeichneten. Die zeugen von ihm wie er war, manches Gute zusammengetragen, haben eine gute Tendenz und sind doch nichts Ganzes. Er war ein sonderbarer Mensch. Sein Treiben brachte in unseren Kreis ein gewisses Leben; kein Tag verging, wo er nicht etwas interessantes, anregendes sagte, er war der Einzige hier, dessen Geschäft Literatur war und keiner versteht nun das . . . Ich war wohl diejenige, mit der er hier am besten war, ohne daß irgend eine Art von Harmonie des Gemüthes mit ihm hätte stattfinden können - alles das zusammengenommen, erregt in mir eine wunderbare Stimmung von Antheil und doch schmerzenslos." S. Lily von Gizycki a. a. O. S. 95 f. Vergl. auch Aus K. L. von Knebel's Briefwechsel etc. . S. 642 f.
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d. 17ten Januar.

Mittags Diner, Abends cour bei Hofe.

d. 18ten Januar.

Den Tag in Ludwigslust bei meiner Frau u. meinen Kindern froh zugebracht.

d. 19ten Januar.

Die Verhandlungen des Landtages nahen sich ihrem Ende, alles gehet zum Besten. Eine bessere representation der Stände, eine zweckmäßige Eintheilung des Landes in polizeilicher Hinsicht, in Distrikte, die Errichtung eines Oberappellationsgerichtes, Feststellung des Criminalgerichts, sind die Hauptresultate desselben.

Diesen Abend begleitete ich den armen Kettenburg zu seiner letzten Ruhe. Carl Rantzow 1 ) ist heute von Berlin zurückgekommen wohin er gesandt war um dem Marschall Augereau 4 Wagenpferde zu bringen. Die Sendung hat einen guten Effeckt gemacht, alle mögliche Schonung ist uns zugesaget worden.

Der Rückzug der Franzosen wird immer grösser, auch die Oder werden sie verlassen und fürs erste an die Elbe gehen.

d. 20sten Januar.

Ball bei Brandenstein.

d. 21sten Januar.

Diner am Hof, Abends Gesellschaft bei mir, dann masquarade.

Die Russen waren vor einigen Tagen nur noch 18 Meilen von Berlin, die Nachricht ihres einrükkens daselbst kann wohl nicht lange mehr ausbleiben.

d. 22sten Januar.

Der Landtag ist heute geschlossen worden, mit Vergnügen und Zufriedenheit sehe ich auf selbigen zurück, da er ganz gewiß aufs neue das Band zwischen Fürst und Ständen befestiget hat. Den Mittag war diner auf dem Schlos, Abends Cour im Palais.

d. 23sten Januar.

Nachdem beim Oberjägermeister gefrühstükt worden war, fuhren wir um Mittag nach Llust zurück, wo ich die Freude hatte meine Frau und Kinder wohl zu finden.


1) Kammerherr Carl von Rantzau wurde 1811 Stallmeister, 1821 Viceoberstallmeister, war aber schon 1820 zugleich Kavalier des Erbgroßherzogs Paul Friedrich und seiner Gemahlin und fungierte von 1821 - 51 als Hofchef der Erbgroßherzogin Auguste.
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Oberhofmeister von Lützow reiset diese Nacht nach Paris ab. Den Abend bekam ich noch die traurige Nachricht von dem Ableben meines Schwagers des Prinzen Georg von Oldenburg, 1 ) welcher zu Twer an einer Brustkrankheit folge der Strapazen des letzten Feldzuges gestorben ist.

d. 24sten Januar

nichts besonderes anzumerken.

d. 25sten Januar.

Dejeuner bei Fr. v. Boeckler 2 ) wegen ihres gestrigen Geburtstages.

Der König von Preussen hat auf einige Zeit seine residenz nach Breslau verlegt. Der aus 20 Mann ohne die officiers bestehende Rest unseres Contingentes kehrt nun zurück, der Lieutnant Tarnow 3 ) brachte heute diese Nachricht. Die Beschreibung dessen, was diese Unglüklichen gelitten haben, hat mich tief gerührt und betrübt.

d. 26sten Januar.

Diesen morgen um 4 Uhr ist unser guter braver Oberschenk v. Forstner verschieden, so gehet einer nach dem anderen dahin. Er war sehr rechtschaffen, Friede u. Segen mit seiner Asche.

d. 28sten Januar.

Unerwartet hatte ich die Freude heute einen Brief von meinem Bruder Carl zu bekommen, welcher zumal jetzt doppelt interressant ist.

d. 29sten Januar.

Allerhand unangenehme discussionen mit dem französischen Commandanten in hiesigen Landen, über die eigenmächtige


1) Der Prinz war am 27. Dezember 1812 gestorben.
2) Wittwe des Leibarztes der Erbprinzessin Helene Paulowna, Johann von Boecler (geb. 1737 zu Strasburg, Professor an der Universität daselbst, dann Leibarzt des Königs von Polen, später russischer wirklicher Etatsrath, gest. zu Ludwigslust 17. März 1808).
3) Friedrich Tarnow, Sohn des Kommissionsraths Johann David Tarnow in Güstrow und jüngerer Bruder der Schriftstellerin Fanny Tarnow, trat als Fahnenjunker in das meklenburgische Militär, wurde 1797 Sekondlieutenant, 1804 Premierlieutenant, 1813 Kapitän und zum Grenadier=Garde=Bataillon versetzt, 1821 Kommandant von Bützow und 1837 mit dem Charakter als Major pensioniert. Er starb 1863 zu Lehsen bei Wittenburg.
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Rükkehr des Generals Fallois mit dem Reste des Contingentes. 1 ) Die Sache an sich ist mir auch unbegreiflich. Fallois hat sehr scharfe rescripte bekommen und soll sich rechtfertigen. Alles was zum contingent gehört u. übriges militair im Lande, ausser der garde ist zur Disposition des französischen commandanten Ducasse gestellt worden.

d. 30sten Januar

nichts besonderes vorgefallen als eine conversation über die Landtagsangelegenheit.

d. 31sten Januar.

Meines Bruders Gustav Geburtstag.

d. 1sten Februar.

Die aller interressantesten Details über den Rükzug aus Rusland erhalten. Es scheint die Russen marschieren auf Berlin. Der König und die Königl. Famielie sind nach Breslau gegangen. 2 ) Man spricht auch von Friedensnegotiationen, von Unruhen in Frankreich. Fürst Eckmühl soll in der grösten Ungnade bei seinem Herrn gefallen sein. Man versichert bestimmt daß der Fürst von Neuschatel in Posen am Lazarethfieber verstorben sey. 3 )Das sollte mir sehr Leid thun.

Nach heute erhaltenen Briefen ist mein Schwager v. Holstein auch an dieser Krankheit gestorben, welche er sich in Ausübung seiner Pflicht beim Besuch der Hospitäler gehohlt hat.

d. 2ten Februar.

Krank gewesen, den größten Theil des Tages im Bette zugebracht.


1) Die Reste des Regiments lagen zur Zeit der Jahreswende in Tiegenhof zwischen Elbing und Danzig. Am 11. Januar wurde Danzig von Kosaken eingeschlossen. Das Regiment rückte auf die Nachricht hin, daß die Russen in Dirschau stünden, bis zwei Meilen vor Danzig in das Dorf Zalense, von wo aus General von Fallois an den Gouverneur der Stadt einen Boten absandte mit der Anfrage, ob das Regiment sich an der Vertheidigung der Stadt betheiligen solle; im Falle, daß sein Befehl einträfe, würde er nach Anklam zurückmarschieren. Es kam kein Befehl, und nun wurde der Rückmarsch angetreten. Am 22. traf das Regiment in Anklam ein; von hier aus kehrte es in kleinen Abtheilungen möglichst unauffällig nach Meklenburg zurück, um nicht von den Franzosen zu ferneren Kriegsleistungen gezwungen zu werden. Die Fahnen langten am 30. Januar 1813 in Ludwigslust an. S. v. Wrochem u. Haevernick a. a. O. S. 87.
2) Der König hatte Berlin am 22. Januar verlassen und war am 25. in Breslau eingetroffen.
3) Die Nachricht war irrig. Berthier starb erst am 1. Juni 1815.
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d. 3ten Februar. 4ten Febr.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 5ten Februar.

Nach Schwerin gereiset.

d. 6ten Februar.

Morgens Kammersession gehalten, nachher nach Llust zurükgekehrt.

d. 7. 8. 9. 10ten Februar.

Nichts besonderes anzumerken als das neue Concordat zwischen dem Papst u. Kaiser Napoleon. 1 )

d. 11ten Februar.

Meines lieben kleinen Albrechts erster Geburtstag. Ich habe meinen Kindern deshalb auch heute einen Ball gegeben wo sie recht froh waren. Warschau ist am 4ten Febr. an die Russen übergegangen. 2 )

d. 12ten u. 13sten Februar.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 14ten Februar.

Ist der Kammerherr v. Baar 3 ) arretirt worden, welcher des spionirens verdächtig ist.


1) Das sog. Concordat von Fontainebleau vom 25. Januar 1813, Napoleon's zweites Concordat (das erste datiert vom 15. Juli 1801). Der Kaiser hatte dieses Concordat persönlich mit Pius VII verhandelt und abgeschlossen, wider dessen Willen am 13. Februar als Reichsgesetz publiziert und am 25. März für Frankreich und das Königreich Italien mit den erforderlichen Ausführungsrordnungen versehen. Der Papst aber hat es niemals als Concordat anerkannt, sondern stets nur für einen Präliminartraktat erklärt und auch diesen in einem Handschreiben an Napoleon und durch eine Erklärung an die damals bereits zu Fontainebleau wieder versammelten Kardinäle am 24. März zurückgenommen. Vergl. Real=Encyklopädie für protest. Theologie u. Kirche, 2. Aufl., Bd. VIII S. 159.
2) Napoleon hatte Schwarzenberg und Reynier befohlen, Warschau so lange wie möglich zu halten; da aber Schwarzenberg bereits von Wien aus angewiesen war, sich nach Galizien zurückzuziehen, so räumten die Sachsen am 2. und 3. Februar die Stadt, welche dann am 6. von Schwarzenberg an Miloradowitsch übergeben wurde. Vergl. Flathe: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. 3. Bd. S. 100.
3) Nach einem Schreiben des Preußischen Obersten Grafen Golowin, Kreisbrigadiers in Perleberg, an den Amtshauptmann Leuthe in Grabow war dieser Arrestant, der sich Pohlmann nannte, aber eigentlich von Bar hieß ein Mitglied der französischen geheimen Polizei zu Hamburg.
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d. 15ten Februar.

Mein Oertzen ist nach Rostock geschikt worden, weil der französische commandant Obrist Ducasse gewünscht hat mündlich mit jemanden über verschiedene Gegenstände zu reden die er mit hiesigem gouvernement arrangiren möchte.

d. 16ten Februar.

Kammerherr Baar dessen Papiere allerdings verdächtig waren ist heute wieder mit der Weisung entlassen worden sofort sich aus dem Lande zu entfernen.

Oesterreich u. Preussen scheinen eine respectable Stellung anzunehmen, welche endlich doch wohl den Frieden herbeiführen könnte.

d. 17ten Februar.

Nichts anzumerken.

d. 18ten Februar.

Es ist die sichere Nachricht eingegangen daß die Franzosen Berlin evacuiren und daß man die Russen in wenig Tagen dort erwartet, welche bei Schwedt ein vortheilhaftes Gefecht mit den dort anwesenden Westphelingern gehabt haben.

d. 19ten Februar.

Nach Schwerin gereiset. Oertzens Reise nach Rostock ist ziemlich unnöthig gewesen, da von nichts erheblichen die Rede gewesen ist.

d. 20sten Februar.

Kammersession gehalten, nach Llust zurückgekehrt. Die Darmstädtischen Papiere welche wir für unsere Rente auf die Rheinoctroi bekommen haben, sind für 13/m Louisdor verkauft worden. Geheimer Legationsrath Gumpelzheimer 1 ) unser chargé d'affaires in Francfurth hat dieses arrangirt. Er ist angekommen um die Genehmigung seines Handels einzuholen.


1) Christian Gotttieb Gumpelzhaimer, geb. zu Regensburg 1766, studierte in Göttingen und wurde durch Vermittlung eines Oheims, des bei der meklenburgischen Gesandtschaft beim Regensburger Reichstage angestellten Legationssekretärs Regierungsraths Christian Ludwig Becker, 1790 meklenburgischer Gesandtschaftssekretär, vertrat seinen Hof 1797 - 99 in Rastatt, wurde 1805 Legationsrath, war 1811 - 13 beim Großherzog von Frankfurt als chargé d'affaires accreditiert und erhielt 1813 den Titel eines Geheimen Legationsraths. Im Spätjahr 1813 verhandelte er mit Hardenberg, Binder und (  ...  )
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d. 21sten Februar.

Der fr. chargé d'affaires Herr Desaugier ist heute hier gewesen, ich glaube um [zu] sehen was es giebt. Ich glaube daß er daran denkt fortzugehen wenn die Russen ins Land kommen sollten.

Obrist Ducasse mit den Truppen die in Pommern und hier zu Lande sind wird abmarschieren, den Rest unseres Contingentes nimmt er mit. Ich hoffe daß er sein Versprechen halten wird dasselbe an der Gränze zu entlassen. 1 ) Auf seine Bitte ist mein Oertzen zu ihm gesandt worden, um die Truppen aus dem Lande zu führen. Nach allem was er während dieser Zeit für Mecklenburg, bei den fremden Truppen gethan hat, gönne ich ihm wohl die Freude die Letzten heraus zu convoyiren.

d. 22sten Februar.

Die Lentzner Post ist ausgeblieben, man weis nicht warum. Die Nachricht von dem würklichen Einrükken der Russen in Berlin scheint zu voreilig gewesen zu sein, am 20sten Morgens waren sie noch nicht da, aber schon rund herum. Einem Gerücht zufolge wäre der Marschall Victor von ihnen gefangen worden.

d. 23sten Februar.

Die garnison von Schwerin ist heute hier eingerükt NB die Mecklenburgische.


(  ...  ) Humboldt den Beitritt Meklenburgs zur Allianz und begleitete im Januar 1814 den Minister von Plessen in das große Hauptquartier nach Chatillon. Damit war seine diplomatische Thätigkeit beendet. Er starb zu Regensburg 17. Februar 1841, Gumpelzhaimer's beide Gattinnen waren Meklenburgerinnen: 1799 vermählte er sich mit Julie, Tochter des Pächters Haack in Rolofshagen, und nach deren 1802 erfolgtem Ableben 1805 mit ihrer Schwester Agnes die er aber auch schon 1808 durch den Tod verlor. - Von Gumpelzhaimer's zahlreichen Schriften ist die bedeutendste "Regensburg's Geschichte" (4 Bde., Regensb. 1830 - 38); auf Meklenburg beziehen sich "Evangelische Religionsgeschichte des Stifts Straßburg, mit vorzüglicher Rücksicht auf die daselbst erblich gegründeten Domherrenstellen des Herzoglichen Hauses Mecklenburg=Schwerin" (Schwerin 1794) und "Zwei Aktenstücke aus den Deputationsprotokollen vom Jahre 1803, die Herzoglich Mecklenburgischen Domherrenstellen in Straßburg betreffend, als ein Beitrag zum mecklenburgischen Staatsrechte" (Regensburg 1803). Vgl. den Nekrolog im "Freimüthigen Abendblatt" 23. Jahrg. (1841) Nr. 1180 Beil., und Bösner, "Lebensskizze des großherzogl. Meckl.=Schwerin'schen geh. Legationsraths Chr. G. Gumpelzhaimer" in den "Verhandlungen des historischen Vereines von Oberpfalz und Regensburg" 17. Bd. (1856) S. 1 - 22.
1) Am 7. März räumten die Franzosen endgültig Rostock; an demselben Tage hatte Ducasse die in Rostock versammelten Mannschaften des Regiments der Verfügung des Herzogs zurückgegeben. v. Wrochem u. Haevernick a. a. O. S. 90.
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Eben gehet die sehr wahrscheinliche Nachricht ein, daß die Russen am 20sten Vormittags von allen Seiten in Berlin eingerükt sind, die ausmarschirten Franzosen wären den Tag vorher zurückgekommen und es sey ein heftiges Gefecht in der Stadt selbst vorgefallen, bei welchem die Nationalgarde und die Bürger die partie der Russen genommen hätten. Am Nachmittage sey die Sache noch nicht entschieden gewesen. 1 )

Die Garnison v. Stralsund ist in Rostock angekommen, um mit der dortigen ihren Rückzug zu bewerkstelligen.

P. S. Der Abmarsch der Truppen ist plötzlich wieder abbestellt worden.

d. 24sten Februar.

Einige Hundert Cosaquen sind würklich am 20sten Mittags in Berlin gewesen. Die Franzosen haben in den Strassen mit Kanonen auf sie gefeuert. Das Ganze war wohl nur ein manquirter Versuch, weil man auf die Mittwürkung der Einwohner rechnete. Seitdem sind grosse Verstärkungen in Berlin angekommen, an 20/m Mann, der ganze Rest der fr. Armee.

Graf Tschitschagoff stehet mit 4000 Cosakken in der Gegend nahe herum, und erwartet täglich die Ankunft eines Corps von

75/m Mann Infanterie u. 16/m M. regulaire Cavallerie. Es wird nun wohl zu einer entscheidenden affaire kommen.

d. 25sten Februar.

Obrist Ducasse verläßt doch Rostock mit den Truppen u. gehet fürs erste nach Dömitz oder Boitzenburg auf so lange es die Umstände erlauben oder er andere Befehle bekommt.

Man behauptet Graf Tschietschagoff dessen Hauptquartier in Oranienburg ist, habe bei der parole bekannt machen lassen Danzig sey durch Capitulation an die Russen übergegangen. 2 )


1) An diesem Tage hatten sich Tschernitscheff und Tettenborn vereinigt und streiften bis an die Thore Berlins, ja sie hatten die Dreistigkeit, die Besatzung zur Uebergabe aufzufordern. Eine ausrückende Reiterabtheilung wurde von Tettenborn geworfen, seine Kosaken drängten den Fliehenden nach bis zum Alexanderplatz. Das Erscheinen der Kosaken und der Kampf in den Straßen der Stadt steigerte die Aufregung der Bewohner, es fehlte nur wenig zum offenen Aufstand, von den freiwilligen Jägern, die in der Stadt waren, schloß sich eine Anzahl den Kosaken an. Erst am Abend räumten die Russen die Stadt, deren Ausgänge nun von den Franzosen verrammelt wurden.
2) Irrig. Danzig kapitulierte nach langer Belagerung erst 17. November 1813.
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26sten Februar. Mehrere Edelleute hier aus dem Lande welche nach Berlin wollten u. nicht hingekommen sind, sind im Hauptquartier von Zernitscheff gewesen welcher sehr artig war, auch geäussert hat daß er Befehl habe Mecklenburg besonders zu schonen. Die Russische Armee scheint über die Oder gegangen zu seyn, in wenig Tagen wird wohl was entscheidendes vorfallen. 90 Cosaquen sind [in] Neustrelitz u. eben so viel in Neubrandenburg gewesen um einige Pferdelieferanten zu arretiren, welche Geld zum Ankauf von Pferden für die fr. Armee erhalten hatten. Sie wollen entweder das Geld oder die Pferde haben.

d. 27sten Februar.

50 Cosaquen sind hier im Lande in der Stadt Pentzlien gewesen, u. haben aus dem in der Gegend liegenden Hofe Lapitz Pferde weg genommen welche für die Franzosen bestimmt waren. Sie haben sich sonst gut betragen, u. haben die Gränze wieder verlassen.

in Hamburg u. Lubec 1 ) ist ein Volksaufstand gewesen wo viele coups vorgefallen, mehreren Personen hat es das Leben gekostet.

d. 28sten Febr. Ehegestern beim Ausmarsch der Fr. aus Rostock, blieb der Obrist Ducasse noch länger zurück, und ging die Strassen zu Fusse durch. Da hat ihn der Pöbel laut geneckt. Das ist unangenehm, aber des Obristen eigene Schuld, da er alle Maaßregeln um Ruhe zu erhalten verboten hatte. Der Magistrat hat die Bürgerschaft versammlet, zur Ruhe ermahnt und declarirt daß alles beim alten, mithin auch bei dem Handelsverbote bliebe. Nun ist alles ruhig.

Mein Oertzen hat sich heftig mit Ducasse broullirt der den Kopf verlohren zu haben scheint. Für alle Mühe welche mein Oertzen sich gegeben ist das ein schlechter Dank.

d. 1sten März.

Die Berliner Post ist heute ausgeblieben, am Abend aber brachte ein Bote von Lenzen die Briefe. Der Marschall Augereau ist abberufen worden und hat das Commando dem Marschall Gouvion St. Cyr übergeben. 2 ) Alle Tage giebt es affairen


1) Der Volksaufstand in Hamburg war am 24. Februar; s. die Schilderung desselben bei Rist, Lebenserinnerungen II, 160 ff. Ueber den Aufstand in Lübeck am 26. s. Hoffmann: Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck II, 143.
2) Am 25. Februar.
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mit den Cosaquen, bei einem derselben hat eine Kugel dem Vicekönig den Huth vom Kopfe genommen. Dessen Hauptquartier war am 27sten in Tempelberg, das des Marschalls in Charlottenburg. Das Wittgensteinsche corps ging bei Sesen über die Oder, 1 ) aber nur langsam, ein anderes bei Francfurt, Koutousoffs Hauptarmee durch die Ober Lausnitz nach Dresden, ein anderes corps über Crossen gleichfalls nach Sachsen.

mein Oertzen ist wiedergekommen.

d. 2ten März.

Ducasse stehet noch mit seinen Truppen in Wismar.

3ten u. 4ten März.

Alle comunication mit Berlin ist unterbrochen, man erfährt daher auch nichts von den Kriegsbegebenheiten. In Hamburg u. Lubec sind starke Unruhen ausgebrochen, welche vielen Menschen das Leben gekostet haben.

5ten März.

Nach Schwerin gereiset.

6ten März.

Cammersession gehalten, nach Llust zurückgekehrt. Abends kam eine Staffette mit der Nachricht, daß am 4ten ganz frühe die Franzosen Berlin verlassen, 2 ) u. der Vicekönig mit der ganzen noch übrigen Armee. den Weg nach Leipzig genommen habe. Die Russen welche nun über die Oder sind, sind sofort in Berlin eingerükt, wo ein grosser Jubel herscht. Die Kosakken sind der retirirenden Armee gefolgt um sie zu beunruhigen. Auf hier und Hamburg dürfte wohl in den nächsten Tagen ein Corps Russischer Cavallerie marschieren. Man sagt die Russen sind in Dresden. Das Königreich Sachsen soll wie es heißt unter Russischer administration gesetzt werden, da der König den Brief des Kaisers Alexander ganz unbeantwortet gelassen


1) Die Nachricht war verfrüht. Wittgenstein's Vorhut unter dem Generalmajor Fürsten Repnin passierte die Oder erst am 2. März bei Güstebiese. Tettenborn, der die Vorhut Tschernitscheff's führte, war allerdings schon am 16. Februar bei Zellin über die Oder gegangen.
2) Der französische Divisionsgeneral Grenier, der in Berlin befehligte, traf mit den Russen ein Uebereinkommen, demgemäß die Russen nicht vor 6 Uhr am 4. März in Berlin einziehen dürften. Vorher hatten die Franzosen die Stadt verlassen, nur ein französisches Bataillon wurde am Hallischen Thor von den Kosaken überrascht und es kam zum Kampfe.
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hat, in welchem er ihn bittet sein Land nicht zu verlassen 1 ) u. ihm alle mögliche egards verspricht. Heute heißt es soll in Polnisch Wartenberg eine Zusammenkunft des Kaisers v. Rusland u. Königs v. Preussen statt haben. 2 )

Mein Oertzen ist noch diesen Abend nach Rostock abgegangen wohin, Gott weis warum, Ducasse sich wieder mit seiner Truppe gezogen hat, um ihn wo möglich zum Abmarsch zu bewegen, das Gegentheil könnte uns viele unangenehme Begebenheiten herbeiführen.

d. 7ten März nichts vorgefallen.

d. 8ten März. Der französische chargé d'affairesDesaugier ist heute mit Fr. u. Kinder hier angekommen. Aus dem Preussischen hat man Nachrichten daß in den nächsten Tagen 1500 Mann Russischer Cavallerie nach Mecklenburg und Hamburg gehen werden.

d. 9ten März.

Desaugier kann sich zu nichts entschliessen in Betreff der partie welche er zu nehmen hat. Diesen Abend ist er ohne festen Entschluß wieder nach Schwerin gefahren. Wir werden uns wohl hüten ihm irgend einen Rath zu geben, da derselbe auf alle Fälle compromittiren würde.

Eben kommt eine Estaffette von Oertzen an welcher meldet daß General Morand mit seiner Truppe aus Stralsund, 2500 M. Infanterie u. viele reitende Artillerie diesen Abend in Rostock eintrift um sich mit Ducasse zu vereinigen u. so ihre retraite zu bewerkstelligen. Es scheint daß der Marsch auf Lübeck gehet. Unser Contingent kommt nach Schwerin und soll dort im Augenblick auf Urlaub aus einander gehen. Man will wissen daß auf der retraite von Berlin, der Marschall Gouvion St. Cyr mit 1500 Mann gefangen worden ist, daß der König v. Preussen am 16ten nach Berlin zurückkömmt 3 ) u. daß die alliance mit Rusland 4 ) nächstens bekannt gemacht werden wird.


1) Friedrich August hatte bereits am 25. Februar Dresden verlassen und sich nach Plauen begeben.
2) Eine Zusammenkunft beider Monarchen fand erst am 15. März in Breslau statt.
3) König Friedrich Wilhelm kam am 24. März nach Berlin zurück.
4) Am 28, Februar war in Kalisch das preusisch=russische Bündniß unterzeichnet worden.
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d. 10ten März.

Es scheint als wenn die cosaquen sich unseren Gränzen nähern, ich glaube es um so mehr da ich bestimmt weis daß die Russen alle Briefe aus dem Preussischen nach Mecklenburg abzusenden untersaget haben.

d. 11ten März.

Die Russen sind in Perleberg, wo nicht schon morgen, doch gewiß übermorgen gehen sie über unsere Gränze. General Morand mit den Truppen in Pommern, u. Ducasse marschieren jetzt durchs Land, über Wismar Gadebusch nach Ratzeburg, übermorgen sind sie hoffentlich durchs Land. Unser Contingent haben sie Gott sey Dank entlassen, auch unsere Canonen haben sie uns zurückgegeben. Hamburg u. Lübeck ist auch evacuirt worden. Bei Hope ist alles über die Elbe gegangen. 1 ) Das ganze Hamburger Gebiet ist in voller insurrection. In Lauenburg sind diesen Morgen 9 Uhr die Adler abgenommen worden, so wie die Douaniers fort waren.

Desaugier ist immer noch nicht einig über das was er thun soll. Das ist ein erbärmlicher Mensch.

d. 12ten März.

150 Cosaquen sind diese Nacht in Grabow eingerückt. Der Cheff major Lascareff kam diesen Morgen her dem Herzoge seine Aufwartung zu machen. Er hat sich geäussert sie wären gekommen um den Herzog zu befreien, da das Gerücht gegangen sey daß die Franzosen ihn aufheben wollten. Mir hat es recht wohl gethan die Russen wiederzusehen.

d. 13ten. Desaugier ist denn endlich gestern Nachmittag über Lübeck nach Kiel abgereiset. Mein Oertzen ist gestern Abend wiedergekommen. Die Franzosen haben ihren Marsch wieder verändert, und haben sich nach Lübeck gewandt. Ein Gerücht saget daß sie dorten capituliren wollen. Diesen Abend spät kam die Nachricht von Grabow daß der Obrist Tettenborn mit 3 Cavallerieregimentern eingerückt wäre, 2 ) daß alles dieses


1) Hamburg wurde erst am 12. März von den Franzosen geräumt. General Carra St. Cyr, der in Hamburg kommandiert hatte, gieng am 14., General Morand am 16. und 17. über die Elbe. Vgl. Rist a. a. O. S.169 f. - Das Fort Hope lag auf dem linken Elbufer bei Hamburg; es diente als Brückenkopf.
2) Tettenborn, der am 5. März zum zweiten Male in Berlin eingerückt war, hatte den Auftrag erhalten, Hamburg in Besitz zu nehmen und war an der Spitze von drei Kosakenregimentern, zwei Schwadronen Husaren, einem Kommando Dragoner und zwei reitenden Geschützen von Berlin aufgebrochen.
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morgen herkommen würde, u. Tettenborn dem Herzoge wichtige Eröffnungen zu machen habe. Major v. Both ist hingesandt worden um die Sache näher aufzuklären.

d. 14. März 13.

Diesen Morgen 10 Uhr ist der Obrist Tettenborn mit seiner Truppe hier angekommen. Er brachte einen Brief vom Grafen Wittgenstein, welcher sagte Tettenborn sey beauftraget wegen Mittgehung unseres Militairs und der Anwendung der übrigen Hülfsmittel unseres Landes zu negotiien. Man hat ihm bewiesen daß wir uns aus voller Seele und mit allen Kräften den Operationen zur Befreiung Teutschlands anschliessen würden, daß aber erst alles gehörig prepariret und aus einen festen Fuß gestellet werden müste um dieses mit Kraft u. Würde thun zu können. Minister von Plessen wird übermorgen nach Berlin zum Grafen von Wittgenstein und dann weiter ins Hauptquartier des Russischen Kaisers reisen um alles gehörig zu arrangiren 1 ) Ich werde denn auch wohl in einigen Tagen dahin folgen. Die Begebenheiten des heutigen Tages 2 ) werden entscheident für mein Vaterland auf ewige Zeiten seyn. Gott sey ferner unser Schutz und stehe uns bei. Möge Teutschland, möge unser geliebtes Mecklenburg frey werden und es bleiben.

d. 15ten März.

Die Truppen sind schon gestern Nachmittag abmarschirt. Obrist Tettenborn mit seinem Generalstab unter welchem der ausgezeichnete Major von Pfuhl 3 ) gehöret sind diesen Morgen abgereiset um nach Hamburg sich zu wenden. General Morand hat abermals seinen Marsch geändert und ist nach Möln marchiret, gottlob also nun aus unserem Lande. Ohnfehlbar


1) Plessen reiste am 16. März nach Breslau ab, um mit dem Kaiser, den er dort zu treffen hoffte, einen Allianzvertrag abzuschließen. In Berlin erfuhr er, daß der Zar demnächst Breslau verlassen und sich nach Kalisch begeben werde. Er meldete dies nach Ludwigslust und fragte an, ob er nunmehr nach Kalisch reisen solle. Der dadurch veranlaßte Aufenthalt verlängerte sich noch um einige Tage, da die Nachricht von der bevorstehenden Rückkehr des Königs nach Berlin eintraf; am 25. hatte Plessen eine Audienz beim Könige, am 26. trat er seine Reise nach Kalisch an. Der Herzog hatte sich nach Berlin zum Könige begeben wollen, unterließ es aber auf Plessen's Rath, der die Anwesenheit des Landesherrn daheim für nothwendig hielt. Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 27 ff.
2) An diesem Tage sagte sich der Herzog, als der erste der deutschen Fürsten, formell vom Rheinbunde los.
3) Vgl. oben zum 23. Juni 1812.
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aber wird er seinem Schicksahle an der Elbe nicht entgehen. Bei den Russen befand sich auch der tolle Graf Hahn 1 ) und Bassewitz v. Schabow. 2 ) Lächerlicher Eifer der zuerst von den Russen belacht wird. Unter den officieren unserer Garde herrscht auch eine alberne Stimmung. Ich hasse den unzeitigen entusiasmus u. die unreifen Ansichten. Lieutnant v. Scriba u. von Ehlert 3 ) haben den Abschied gefordert, weil sie nicht gleich in activen Dienst kämen. Er ist ihnen auf der Stelle gegeben worden, und es ist gut zwey unnütze Menschen looß zu werden.

d. 16ten März.

Minister von Plessen ist heute nach Berlin und ins Russische Hauptquartier abgereiset. Die Bagage vom Obristen Ducasse und 3 munitions Wagen sind von den Cosaquen genommen worden. Die Schweden sind auf Rügen gelandet.

d. 17ten März.

200 Mann Sachsen vom Morandschen corps sind mit Sack und Pack desertiret und in Perleberg angekommen. Morand heißt es hat sich in Mölln verschantzt.

d. 18ten nichts vorgefallen.

d. 19ten März.

Nach Schwerin gereiset. Die Franzosen sind ohne Verlust über die Elbe gekommen. Viele unserer Pferde sind leider noch bei ihnen.

d. 20sten März.

Kammersession gehalten, nach Llust zurückgekehrt. Die Russen sind in Hamburg.

d. 21sten März.

Den Morgen kam eine Staffette von Plessen aus Berlin, er ist sehr zufrieden von seiner Aufnahme bei Wittgenstein u.


1) Der Landmarschall Graf Carl von Hahn. Vgl. oben zum 23. März 1812.
2) Friedrich Ludwig Henning von Bassewitz hatte Schabow schon 1804 verkauft an den Rittmeister von Müller (s. unten zum 25. März), von dem es 1810 August Wilhelm von der Lühe kaufte.
3) von Scriba III war Sekondlieutenant im Leib=Grenadier=Regiment gewesen, 1808 im 1. Bataillon angestellt, 1809 Premierlieutenant geworden und 1810 in das Grenadier=Garde=Bataillon versetzt. - Friedrich von Elern, 1808 Sekondlieutenant im 1. Bataillon geworden, war gleichfalls 1810 in das Grenadier=Garde=Bataillon versetzt. Vgl. v. Langermann und Erlencamp u. v. Voigts=Rhetz: Geschichte des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier Regiments Nr. 89 S. 568.
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Alopeus. 1 ) Es scheint als wenn noch kein ganz durchgreifender Plan entworfen ist. Ich hoffe Plessen ist es vorbehalten zu grossen und nützlichen Dingen zu würken.

Wir haben die erste Hamburger Zeitung wieder nach alter Art gedruckt erhalten. Die Russen haben einen wahren Triumpfahl Einzug gehalten. Obrist Tettenborn ist vom Volke getragen worden. 2 )

Die Rostocker Studenten haben einen sehr wohl gesetzten bescheidenen Brief am Herzoge gesandt in welchem sie Gut u. Blut dem Staate anbieten, wenn er ihrer zu bedürfen glaubte. Sie haben eine passende Antwort erhalten. 3 )

Diesen Abend sandte Plessen eine zweite Staffette. Er ist sehr zufrieden mit seinen Unterhandlungen mit dem Grafen v. Wittgenstein, und versichert daß wir die vollste garantie für alle Zukunft, in der alliance mit Rusland finden werden.

Wir werden 1200 Mann Infanterie stellen, Ein Freycorps von Fußjägern errichten und einige Hundert Pferde an das Dörenbergische corps abgeben lassen. es werden keine besonderen Pferde verlangt.

Minister v. Plessen begiebt sich ins Russische Hauptquartier, wegen meiner Reise dahin erwarte ich noch weitere Briefe von ihm. Die Schweden sind in Pommern gelandet.

d. 22sten März

nichts vorzügliches vorgefallen.

d. 23sten März.

Diesen Vormittag kam ein courier von Berlin vom Grafen von Wittgenstein, mit einem sehr höflichen Briefe am Herzoge, welcher die Bitte enthiehlt in möglichst wenigen Tagen alles was wir disponibles an Mannschaft officiers u. Unterofficiers


1) Wittgenstein hatte mit seinem Corps 10. März Berlin besetzt. - Der russische Staatsrath Maximilian von Alopeus war vom Freiherrn von Stein, dem Vorsitzenden der Zentralkommission, zum Kommissar für die deutschen Länder nördlich der Elbe bestellt worden. Es ist derselbe Alopeus, der 1797 die Vorverhandlungen über die Vermählung des Erbprinzen mit Helene Paulowna eingeleitet und mit großem Geschick zum Abschluß geführt hatte.
2) Tettenborn's Einzug in Hamburg fand am 18. März statt. S. die Beschreibung desselben bei Varnhagen von Ense, Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens, 3. Aufl., Th. III S. 282 ff. und in Rist's Lebenserinnerungen Bd. II S. 174 ff.
3) Die Adresse der Rostocker Studenten vom 17. März und die Antwort des Herzogs vom 20. sind abgedruckt bei H. v. Boddien: Die Mecklenburgischen Freiwilligen=Jäger=Regimenter. Ludwigslust 1863. S. 3 ff.
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hätten, nach Hamburg gehen zu lassen, um das dorten erricht[et] werdende corps organisiren zu helfen. Nachmittags schrieb Obrist Tettenborn aus Hamburg dringend um ein gleiches. Die Garde wird nun wohl in wenigen Tagen abmarschieren. ein besonderes Zusammentreffen ist, daß am nehmlichen Tage wo die Russen in Hamburg einzogen, die Engländer Cuxhaven eingenommen haben.

Wegen Completirung des Militairs und Errichtung des Freicorps ist auf morgen die in Schwerin anwesende Deputation der Stände hieher berufen worden. Dieselben sind von ächtem Patriotismus beseelet. Heute ist auch der Befehl zur völligen Oeffnung unserer Häfen vom Herzoge gegeben worden. 1 )

d. 24sten März.

Der junge Lützow 2 ) ist heute zu seinem Vater nach Paris geschikt worden um ihn von dem hier vorgefallenen zu benachrichtigen. In dem ihm mitgegebenen Briefe heißt es nur, daß da seine Frau sehr krank sey, so erhalte er die Erlaubniß gleich abreisen zu dürfen. Der arme Lützow könnte sonst in großen Verlegenheiten in Paris gerathen.

d. 25sten März.

Die Deputation der Stände war gestern hier um sich mit ihr definitive über die organisation des Aufgebotes zu bereden. Alles ist vom besten Geiste beseelet. Die behufige proclamation habe ich gemacht 3 ) u. man hat sie aprobiret. Minister Brandenstein und die Deputation sind diesen morgen nach Schwerin zurückkgekehrt. Kurz darauf langten Depeschen von Plesssen an, welcher noch aus Berlin schreibt, daß er auch wünscht daß die Hälfte des Frycorps aus Cavallerie bestehen


1) Kabinetsverfügung an die Kommandanten zu Rostock und Wismar, wodurch alle gegen den Seehandel bis dahin bestandenen Verordnungen und Einrichtungen aufgehoben werden, mit der Bekanntmachung: daß nunmehr der Seehandel mit allen Nationen, außer denen, mit welchen Rußland in Krieg begriffen ist, frei sein soll.
2) Ludwig von Lützow, geb. 25. Juli 1793, studierte in Göttingen und Berlin, machte die Befreiungskriege beim preußischen Gardedragonerregiment mit, trat 1817 in den meklenburgischen Staatsdienst, wurde nach Plessen's Tode 1837 zweiter und 1838 bei Krüger's Abgang erster Minister. Die Annahme des Schiedsgerichts seitens des Großherzogs Friedrich Franz II bewog Lützow und seine Kollegen Ostern 1850 zum Rücktritt. Er starb auf seinem Gute Boddin (A. Gnoien) 13. Mai 1872.
3) Abgedruckt u. A. bei H. Francke: Mecklenburgs Noth und Kampf vor und in dem Befreiungskriege. Wismar 1835. S. 141 ff.
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soll, indem die Strelitzer 4 esquadron angeboten haben. Graf Sacken 1 ) wird unser Freycorps mit dem Rittmeister Müller 2 ) commandiren. Ersterer hat schon einen Contrakt über 500 guter französischer Gewehre in Berlin für unsere Infanterie abgeschlossen. Bald darauf langte auch der Major Lachekareff als courier vom Obristen Tettenborn aus Hamburg an, um den Abgang der Garde zu beschleunigen. Die gehet morgen früh auf Wägen ab, weil die Operationen jenseits der Elbe beginnen sollen. Tettenborn verspricht in kurzen 1000 gute Gewehre für unsere infanterie zu liefern. Das ist sehr angenehm.

So wie Plessen schreibt stehet in diesen Tagen eine Schlacht in der Gegend von Leipzig zu erwarten. Die Franzosen sind 50 000 Mann stark. Von der einen Seite werden die Russen von Dresden aus angreifen u. von Wittenberg aus die Russen und Preussen. Gott gebe seinen Segen zum Siege.

d. 26sten März.

Es gingen diesen morgen allerhand beunruhigende Gerüchte über eine Anzahl Franzosen die in Lentzen angekommen seyn sollten, und mit der dortigen Fähre sich nach Dömitz zu begeben droheten. Es hat sich späterhin dahin aufgekläret, daß das 80 gensdarmen wären welche über die Elbe wollten aber von den Lentzner Bürgern zurückgejaget worden sind. In Dömitz hat der Commandant 3 ) noch ehe er von hier aus Befehl erhalten konnte, sehr gute Anstalten zur Vertheidigung getroffen, Brükken abwerfen lassen, die Bürger aufgeboten u. s. w. Von Seiten des Amtes, 4 ) sind die Dorfschaften aufgeboten worden und haben längst dem Ufer die Elbe besetzt, mit Stangen u. Heugabeln bewafnet.


1) F. L. Graf von der Osten=Sacken auf Bellin (A. Goldberg), geb. 1780 zu Clausdorf im Preußischen, diente im preußischen Regiment Hohenlohe als Leutnant und erhielt als solcher 1800 den Abschied. Seit 1801 war er vermählt mit Amalie Gräfin von Hoym, geschiedenen Fürstin Hohenlohe=Ingelfingen, der Frau seines ehemaligen Regimentsinhabers. Schon am 12. März hatte er sich in einem Briefe an den Minister von Plessen "als der erste Freiwillige" gemeldet. Er starb 2. Februar 1861. Daß er 1800 von Preußen das Grafendiplom erhalten habe, ist unbeglaubigt; als Leutnant erscheint er ohne Grafentitel.
2) von Müller, geb. 1768 zu Gartow (bei Sonnenburg in der Mark), diente in dem preusischen Husaren=Regiment von Usedom, wurde 1801 als charakterisierter Rittmeister verabschiedet, kaufte nach einander Gramzow, Schabow, Striggow, wurde 1810 in den meklenburgischen Adel rezipiert, war dann Spielpächter in Doberan; unterm 23. März hatte er dem Herzog seine Dienste "bei der etwanigen Errichtung eines Regiments Kavallerie" angetragen. Sein Patent als Oberst erhielt er unterm 6. April. Er starb 19. Januar 1824 zu Bützow.
3) Oberst von Roeder.
4) Erster Beamter war der Oberamtmann Friedrich Anastasius Ratich.
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Graf Sakken u. Rittmeister Müller waren heute hier, sie sollen das Jägercorps organisiren.

Den Abend gab die ganze hiesige Gesellschaft dem morgen abmarschierenden Officiercorps der Garde einen sehr hübschen Ball im SchweizerHause.

d. 27sten März.

Diesen Morgeh 6 Uhr marschierte die Garde aus nach Hambourg. Major Both hiehlt eine kurze sehr passende Anrede an die Truppen. Sie marschieren mit grossem Jubel ab. Meine innigsten Wünsche begleiten sie.

Kurz darauf kamen Depeschen von Plessen an mit welchen ich nach Schwerin reisete um mit Minister Brandenstein und der Landesdeputation darüber zu conferiren. Es ist abgemacht worden daß wenn gleich wir die Hälfte des jägercorps beritten machen wir dennoch in 14 Tagen 300 Pferde zum Dörenbergischen corps senden werden so wie es Graf Wittgenstein gewünscht hat. Ein Landsturm an den Ufern der Elbe wird auch organisirt. Oberstallmeister von Bulow wird ihn leiten. Die proclamation zur Stellung zur infanterie u. dem jägercorps ist erlassen. 1 ) Ich habe sie verfertiget.

Am Abend bin ich nach Llust zurückgekehret.

d. 28sten März.

Major Both hat heute aus Boitzenburg berichtet, daß er gestern Abend dort einen Adjutanten vom Obristen Tettenborn mit der ordre vorgefunden hat den Marsch nach Hamburg so zu beschleunigen, daß die Garde schon heute morgen dort wäre. Das Morandsche corps marschiert wieder auf Bremen, dies wird wohl die Veranlassung dazu seyn. Tettenborn schreibt mir, daß er einem glücklichen resultate entgegen sähe, indem ein allgemeiner Angriff der cosaquen und von 10 000 Mann bewaffneter Bauern befohlen sey.

Oberstallmeister von Bülow ist heute nach Boitzenburg abgereiset um von dort bis Lenzen den Landsturm an der Gränze zu organisiren.

Meinen Oertzen habe ich nach Plüschow geschickt, um in meinen Gütern die proclamation gemeinkundig zu machen, u. so viel Mannschaft wie möglich nach Rostock zu senden. Ich lasse meinen Leuten versprechen die davon Blessirten zu versorgen,


1) Der Aufruf zur Formation eines Jägerregiments zu Fuß und eines Jägerregiments zu Pferde datiert vom 27. März. Abgedruckt bei v. Boddien a. a. O. S. 9 ff. und bei Francke: Mecklenburgs Noth und Kampf S. 149 ff.
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u. die Witwen und Kinder derjenigen die bleiben würden gleichfalls zu versorgen.

In Rostock ist ein unglaublicher Jubel über die Oeffnung der Häven gewesen. Am Tage wo der Befehl dazu ankam ist die Stadt illuminiret worden.

Ich habe am Minister Rosenkranz nach Copenhagen geschrieben um unsere Schiffer für die dänischen Kaper zu sichern.

d. 29sten März.

Lieutnant Dutrossel von der Garde ist heute als courier von Hamburg zum Grafen Wittgenstein hier durchgegangen. Er hat uns gesagt daß unsere Truppen mit grosser Freude in Hamburg empfangen worden sind. Obrist von Tettenborn hat dem officierscorps ein grosses diner gegeben. Das Morandsche und St. Cyrsche corps haben sich jenseits der Elbe vereiniget, und irren umher, da sie ohne Unterlaß von den cosaquen u. den armirten Bauern verfolgt werden. Letztere haben die Bremerleher Schanze eingenommen. Die Sachsen von diesem corps desertiren alle.

Die erlassene proclamation hat schon grossen Effeckt gemacht, es haben sich bereits eine Menge Menschen hier und in Schwerin gemeldet. Der Enthousiasmus ist allgemein. Es gehen auch schon ansehnliche Beiträge an Geld ein. Ich bin recht stolz auf meine Landsleute. Mein Rantzow gehet auch mit.

Graf Rittberg 1 ) hat einige Hundert von den Pferden welche die Franzosen mitgenommen hatten wiedergebracht, ein grosser Theil war verlohren, verkauft, die übrig gebliebenen haben theuer erkauft werden müssen, bis Bremen hatte man sie mitgeschleppt. Alle gewöhnliche infamien haben die Franzosen bei dieser Gelegenheit begangen.

d. 30sten März.

Heute hatte ich die Freude den Lieutnant Kohlen Adjutanten meines Bruders Carls ankommen zu sehen welcher die frohe Nachricht brachte daß derselbe übermorgen ankommen wird indem er vom Kaiser von Rusland den ehrenvollen Auftrag hat unsere Truppen hier zu organisiren. Ich freue mich ausserordentlich darüber.

d. 31sten März.

Meiner lieben Tochter Marie 10ter Geburtstag.


1) Wilhelm Ferdinand Graf von Rittberg, geb. 1765, vermählte sich, nachdem er im schwedischen Kriegsdienst gestanden, 1794 mit Sophie von Güldener und kaufte von seinem Schwiegervater Warbelow (A. Gnoien), wurde 1804 in den meklenburgischen Adel rezipiert, machte 1810 Concurs, erbte später von seiner Frau Fresendorf (A. Güstrow) und starb 1822.
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Das Fest ward recht erhöhet da diesen morgen um 8 Uhr mein Bruder Carl ganz unvermuthet ankam. Worte beschreiben nicht unsere wechselseitige Freude. Es waren gerade 10 Jahre daß er nicht hier gewesen war. Abends war der ganze Ort illuminiret.

Die Einschreibungen zu den verschiedenen corps, gehen einen raschen Gang, grosse Geldbeiträge werden eingesandt. Es ist eine Freude wie die Mecklenburger sich benehmen.

d. 1sten Aprill.

Carl welcher vom Kaiser das Commando unserer Truppen erhalten hat, hat heute einen adjutanten nach Hamburg gesandt um es dem General Tettenborn zu melden, u. befohlen daß einstweilen die Garde bis zur beendigten organisation der ganzen Brigade zur garnison in Hamburg bleiben sollte. Dies ist in jedem Fall sehr glücklich für unser militair daß es nicht in einzelnen Theilen verbraucht wird.

Minister Brandenstein, Landrath Oertzen v. Kittendorff, 1 ) Rittmeister Müller u. Graf Sacken, welche die beiden corps Jäger zu Pferde und zu Fuß commandiren werden sind hier. Sie sind alle über Carls vortrefliches vernünftiges Benehmen hoch erfreuet. Eine Abtheilung des Dorenbergischen corps hat auf der Elbe bei Dömitz mit Korn beladene Fahrzeuge weggenommen u. zwey Dorfschaften an unserem Ufer geplündert. Carl hat einen adjutanten mit Cosaquen hingesandt um die Thäter herzuholen.

d. 2ten Aprill.

Die Nachricht wegen der Plünderung einiger vom Dörenbergischen corps ist falsch gewesen.

d. 3ten Aprill.

Heute ist die sehr glückliche Nachricht eingegangen daß Morand bei Luneburg total geschlagen worden ist. 2 ) 2000 Ge=


1) Gustav Diederich von Oertzen auf Kittendorf, geb. 1772, schon 1792 Landrath, seit 1795 Kammerherr, 1802 - 18 auch Assessor am Hof =und Landgericht in Güstrow, gest. zu Kittendorf 5. Juli 1838. Biographisches über diesen bedeutenden Mann, der auch schriftstellerisch thätig war - er verfaßte "Einige Vorschläge zur Abschaffung der Bettelei im Mecklenburg=Schwerinschen." Neustrelitz 1796 - s. bei Saß a. a. O. VI S. 195 ff. und bei J. v. Maltzan: Einige gute Mecklenburgische Männer S. 178 ff.
2) Morand hatte am 1. April Lüneburg besetzt und für den folgenden Tag der Stadt ein Strafgericht angedroht; an diesem 2. April aber nahm Dörnberg, mit Beukendorf's Detachement vereinigt und durch preußische (  ...  )
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fangene sind gemacht und nicht 1 Mann übrig geblieben welcher die Nachricht davon nach Frankreich bringen kann. General Morand ist selbst gefangen nachdem er zweymahl stark blessirt worden ist. Diese Begebenheit ist äusserst glücklich für unsere Gegenden.

Die verwitwete Herzoginn von Braunschweig ist in London gestorben. 1 )

d. 4ten Aprill.

Heute waren viele Menschen hier von Schwerin. Abends Ball. In Wismar hat der Dänische Consul 2 ) officiel bekannt machen lassen daß von Dänischer Seite die Schiffarth völlig frey sey. Man sagt auch daß ein bedeutendes corps Dänen zu den Russen stoßen wird. Ein Schwedischer adjutant war gestern hier um den Durchmarsch von 20 - 30 000 Schweden anzuhalten welche alles baar bezahlen werden. Die guten Nachrichten folgen eine auf die andere. Gott gebe sein Gedeihen.

Der Ball endigte nicht sehr erfreulich, indem ein Detaschement Russischer Husaren ankam welches auf morgen die Ankunft der Leiche des Majors Grafen Mussin Puschkin meldete welcher in der glänzenden affaire von Luneburg blessirt und heute in Boitzenburg gestorben war. Die Leiche soll hier nach den Gebräuchen der Russischen Kirche begraben werden.

Das Dörenbergische u. Czernitscheffsche Corps ist wieder über die Elbe zurück in hiesige Lande gegangen, da der Marchall Victor Duc de Belluno mit 16 000 Mann von Magdeburg in Anzug ist.

d. 5ten Aprill.

Die Leiche ist diesen Morgen gegen 8 Uhr angekommen und in meiner griechischen Capelle 3 ) niedergesetzt worden. Der Bruder des verstorbenen, Obrist u. Kammerherr begleitete den Leichnam. Seine Trauer ist unbeschreiblich. Der Gebliebene soll ein Mann von seltenen Verdiensten gewesen seyn. Marschall Victor ist vermuthlich abgeschnitten indem bei Dessau u. Wittenberg die Franzosen geschlagen worden sind, u. York oder Wittgenstein


(  ...  ) Truppen verstärkt, die Stadt mit stürmender Hand. Es war der erste ernstere Zusammenstoß, der den großen Krieg eröffnete.
1) Friederike, Prinzessin von Nassau=Oranien, 1790 vermählt mit dem Erbprinzen Carl Georg August, Wittwe seit 1806.
2) Dänischer Vize=Konsul in Wismar war Johann Rose.
3) In dem zur Ruhestätte der Erbprinzessin Helene Paulowna bestimmten, 1804 begonnenen, 1808 vollendeten Mausoleum.
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ihm auf dem Fusse folgen. in wenigen Tagen wird sein Schicksahl wohl entschieden sein.

General Morand ist an seinen Wunden in Boitzenburg gestorben und dort begraben worden. Sämmtliche Gefangene sind diesen Abend in Grabow angekommen, von da sie ihren Weg weiter fortsetzen.

d. 6ten Aprill.

Diesen Morgen ist der Major Mussin Puschkin in meinem Garten nahe an der griechischen Capelle beerdiget worden. Die Ceremonie war äusserst angreifend und rührend, der Schmerz des unglücklichen Bruders war gränzenlos u. hat mich tief erschüttert.

Nachmittags bin ich nach Schwerin gereiset.

d. 7ten Aprill.

Morgens Cammersession gehalten. Mittags nach Llust zurückgekehrt.

Es ist nicht der Marchal Victor sondern der Marschall Prinz von Eckmühl welcher mit 14000 Mann in und um Luneburg stehet.

d. 8ten Aprill.

Russische commissairs haben sich in Grabow eingefunden und allerhand requisitions gemacht. H. M. Oertzen ist deshalb nach Dömitz zum General Czernischeff gesandt worden, welcher dieses abzustellen versprochen hat.

d. 9ten Aprill.

General Czernischeff hat seinen Adjutanten den Kammerherrn v. Botticher den ich diesen Sommer in Eger sah hergesandt um den Herzog zu complimentiren.

d. 10ten Aprill.

General Czernischeff ist diesen Mittag selbst gekommen. ich habe mich sehr gefreuet ihn wiederzusehen. Er hat die angenehme Nachricht mitgebracht daß das yorksche und borstelsche Corps die Franzosen bei Möckern geschlagen haben, 1 ) die Franzosen haben 3000 Mann verlohren. General Grenier u. ein Westphelischer General sind schwehr verwundet worden. Marschall Eckmühl ist auf der retraite nach Magdeburg. Er hat den General Monbrun mit 4000 Mann in Luneburg gelassen, den aber die Cosaquen wohl viel Abbruch thun werden.

Czernischeff verlegt sein Hauptquartier morgen nach Lenzen.


1) Am 5. April.
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11ten April.

Nichts besonderes vorgefallen.

d. 12ten Aprill. Eben so.

d. 13ten April.

Minister v. Plessen ist gestern Nacht von Kalisch wiedergekommen, wo er sehr gut aufgenommen worden ist, man ist dort mit uns zufrieden, man hat ihm neue propositionen mit gegeben, auf welchen ich die Antwort nach Dresden bringen werde, sobald der Kaiser mir von da aus die Erlaubniß zu ihm zu kommen ertheilt haben wird. Alle Teutsche Fürsten werden beitreten, selbst Baiern u. Würtenberg haben sich schon unter der Hand erkläret. An das mitgehen Oestereichs ist auch kein Zweifel mehr.

Mein Bruder Carl ist auch heute von Hamburg zurück gekommen. Unsere Truppen wird er nun nicht commandiren da der Kaiser am Herzoge geschrieben hat, daß der General Graf Wallmoden alle Nordteutsche Truppen commandiren wird. 1 )

d. 14ten April. Die Russen sind nun alle wieder über die Elbe.

d. 15ten April.

Mit meiner Frau u. meinem Bruder Carl war ich heute zum heiligen Abendmale.

Der Minister von Rosenkrantz hat mir in Auftrag des Königs von Dännemark einen sehr freundschaftlichen Brief geschrieben in welchem der König mir wissen läßt daß der Kronprinz von Schweden um in den Besitz des Königreichs Norwegen zu kommen, dem Könige von Dannemark in seinem und seiner alliirten Nahmen Entschädigungen in Teutschland angeboten habe, daß er aufs neue dem Dänischen chargé d'affaires in Stockholm mündlich eröffnet habe, wie es gar keine Schwierigkeiten finden würde die Herzöge von Mecklenburg so reichlich zu entschädigen, daß sie gerne ihr Land an Danemarc abtreten würden. Ausser einer Menge freundlicher Dinge für mich u. die meinigen läßt mir der König seinen Abscheu dagegen wissen über die Völker wie über die Heerden zu disponiren, u. wie er nie darinn willigen würde. wie natürlich habe ich sehr für diese comunication gedankt, u. erklärt daß auch unserer Seits der=


1) S. den Brief des Kaisers, Alexander bei v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 30.
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gleichen nie gutwillig zugegeben werde würde, indem keine Entschädigung in der Welt oder kein Vortheil selbst irgend jemanden von uns bewegen würde unser väterliches Erbtheil u. unser geliebtes Volk zu verlassen, u. wie wir dieses bei jeder Gelegenheit laut u. öffentlich erklären würden. 1 )

d. 16ten April.

Dem Erbprinzen von Strelitz habe ich heute von dem Briefe des Ministers von Rosenkrantz u. meiner Antwort Nachricht gegeben.

Es ist mir gelungen es so weit zu bringen daß 150 Pferde von den 300 welche für das dörenbergische corps bestimmt waren für das hier errichtet werdende Cavallerieregiment verwandt werden. Stallmeister von Rantzow hat selbige heute von Schwerin nach Güstrow abgeholet. Der General Graf Wallmoden hat auf seiner Durchreise durch Dömitz sich schriftlich bei uns gemeldet daß er das commando aller Truppen an der Elbe u. der alliirten bekommen habe.


1) Abgesehen davon, daß schon mehrmals mächtige Fürsten ohne Rücksicht auf die Herzoge über Meklenburg zu Gunsten Preußens verfügt hatten - Peter III von Rußland hatte es Friedrich II angeboten, ebenso Maria Thresia in den Konferenzen zu Braunau im August 1778 für den Fall, daß Preußen ihrem auf bayerisches Gebiet gerichteten Vergrößerungsplane nicht hinderlich sein würde; in Tilsit war Napoleon erbötig, dem König Friedrich Wilhelm III als Entschädigung für die abgenommenen Provinzen das Herzogthum Meklenburg=Schwerin zu geben ("C'est tout ce qu'il Vous faut"), was aber der König rundweg ablehnte - war wiederholt der Plan aufgetaucht, die Herzoge für die Einverleibung Meklenburgs in Preußen durch andere Gebiete zu entschädigen. Man wollte in Schwerin wissen, daß in den geheimen Artikeln der zwischen Preußen und Frankreich am 5. August 1796 abgeschlossenen Konvention der Plan Aufnahme gefunden hatte, den Herzogen für das abzutretende Meklenburg die 1791 an Preußen gefallenen Fürstenthümer Ansbach und Bayreuth zu überweisen. Bei den Verhandlungen, die dem Reichsdeputationshauptschluß vorangiengen, hatte im Dezember 1801 Talleyrand vorgeschlagen, Preußen solle sich mit Meklenburg entschädigen und den beiden Herzogen Münster, die Grafschaft Mark und Cleve als Abfindung gewähren. (Nach Ulmann: Russisch=Preußische Politik unter Alexander I und Friedrich Wilhelm III bis 1806. Leipzig 1899. S. 29 war dabei für Frankreich der Wunsch maßgebend, "direkten Kontakt zwischen sich und Preußen sowie diesem und der holländischen Republik zu vermeiden.") Das darüber wenig erfreute preußische Ministerium schlug die Auskunft vor, in erster Linie den meklenburgischen Fürsten die Sache offen mitzutheilen und nach deren Antwort weitere Entschließungen zu fassen. Ueber die meklenburgische Antwort heißt es in einer Depesche des preußischen Ministeriums vom 11. Januar 1802: "Elle est absolument et décidément négative et les deux princes y déclarent unanimement que dans aucun cas possible ils ne se résoudroient à l'abandon de leurs états." Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe I, 81. II, 294. 303. Häusser: Deutsche Geschichte, 3. Aufl., II, 374.
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d. 17ten April.

Da mein Bruder Adolph auch wünscht mit ins Feld zu gehen so hat der Herzog den Graf Walmoden gebeten welcher auch unsere Truppen unter seinem commando bekömmt, daß er ihn als volontair zu sich nehmen möge. 1 ) Adolph ist deshalb diesen Abend nach Hamburg gereiset.

d. 18ten. 19ten April.

Nichts besonderes anzumerken.

d. 20sten April.

Mit meiner Frau u. meinen Bruder Carl nach Schwerin gereiset. Abends Gesellschaft bei mir. Carl ist hier mit unglaublichem Jubel empfangen worden. Die Stadt war den Abend illuminirt. Täglich höret man neue Beweise des rührenden patriotismus der Mecklenburger. Mein Bruder Adolph ist diesen Morgen von Hamburg sehr zufrieden zurück gekommen. Der General Wallmoden hat ihn in seiner Suite genommen und ist sehr artig gegen ihn gewesen. In einigen Tagen wird er zu seiner neuen Bestimmung abgehen.

d. 21sten April.

Morgens Cammersession gehalten. Mittags speisete die Landesdeputation bei mir, mit welcher anjetzt die Beiträge zum Kriege u. die weiteren Unterhandlungen in Dresden reguliret werden.

Abends Ball beim Minister von Brandenstein.

d. 22sten April.

Gegen Mittag sind wir wieder nach Ludwigslust zurückgekehrt. Ich habe die Freude gehabt daß nachdem ich in den beiden Osterfeiertagen von der Kanzel meine Gutsunterthanen nochmals habe ermahnen lassen sich doch dem Dienst des Vaterlandes zu widmen, 19 derselben sich freiwillig gemeldet haben. 18 sind zum Regimente gegangen, einer wünschte unter die Fußjäger zu gehen. ich habe ihn equipiren lassen.

Diesen Abend nach Tische ist mein Bruder Adolph zur armée abgegangen. Möge Gott ihn segnen und beschützen.

d. 23sten April.

Heute ist ein Schwedischer officier hier gewesen, welcher einen Brief vom General v. Sandels brachte, welcher den nahen


1) Prinz Adolf gehörte als Generalmajor dem meklenburgischen Militär an.
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Durchmarsch von 18000 Schweden anzeigte. Lieutnant v. Both 1 ) ist als courier von Hamburg gekommen und hat Briefe vom General Wallmoden gebracht. Er schreibt sehr artig über Adolph seine Anstellung. Zugleicher Zeit wünscht er, daß das corps cavallerie nicht über 300 Mann vermehrt werden möge, dagegen aber die Infanterie vermehrt werde. Dies soll nun auch geschehen. 2 ) Das corps Jäger zu Fuß hat den Befehl erhalten von Güstrow nach Parchim zu gehen um sich dort völlig zu organisiren. Vielleicht kömmt es nächstens nach Dömitz u. Boitzenburg.

d. 24sten April.

Heute ist die Nachricht eingegangen daß der Obrist v. Benkendorff den General St. Cyr bei Bremen geschlagen, 200 Mann getötet, 100 Gefangene u. die Bagage des Generals St. Cyr genommen hat 3 ) Danzig soll sich ergeben haben, dies bedarf aber noch Bestätigung.

d. 25sten April

nichts anzumerken.

d. 26sten April.

Nicht Danzig sondern Thorn hat sich den Russen ergeben. General Czernischeff ist mit einem Theile seines corps wieder über die Elbe bei Boitzenburg zurückgegangen, weil der Marschall Davoust vorwärts gegangen ist, indem er durch einen Theil des Wittgensteinschen corps gedrängt wird. Czernicheff wird ungesäumt wieder bei Dömitz über die Elbe gehen um ihn in der Flanke zu fallen.

Mein Bruder Gustav hat nun Neapel verlassen und gehet nach Wien, von da wahrscheinlich hieher.

d. 27sten Aprill.

Von verschiedenen Seiten ist heute die Nachricht eingegangen daß Marschall Davoust stärker gegen Lüneburg vordringt, vielleicht die Absicht hat über die Elbe zu gehen. Um hierüber Auf=


1) Carl Julius von Both, früher in preußischen Diensten, 1808 Sekondlieutenant im 2. Bataillon, 1810 in das Grenadier=Garde=Bataillon versetzt, 1834 Major im 1. Musketier Bataillon, 1840 Kommandeur des Grenadier=Garde=Bataillons, 1845 Kommandant von Ludwigslust, gest. 1857.
2) Dagegen traten aber die ständischen Bevollmächtigten mit großer Entschiedenheit und mit Erfolg für die Aufrechterhaltung des mit ihnen entworfenen Planes ein. S. v. Boddien a. a. O. S. 30 f.
3) Die Nachricht von einem Siege Benckendorf's über Carra St. Cyr war irrig.
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klärung zu haben u. um auf jeden Fall vorbereitet zu seyn, habe ich diesen Abend meinen Oertzen zum General Czernicheff gesandt.

Mein Bruder Carl ist diesen Abend nach Strelitz, Güstrow u. Rostock gereiset.

d. 28sten Aprill.

Major Both ist heute morgen von Hamburg gekommen. Graf Walmoden hat ihn geschickt um zu bitten 2 compagnien Jäger und eine Schwadron Cavallerie nach Dömitz zu senden im Fall irgend eine Streifpartie den übergang versuchen wollte. Sämmtliche Russische u. alliirte corps sind wieder diesseits der Elbe. Davoust stehet mit beinahe 20 000 Mann im Hanövrischen, Bremenschen u. s. w. Nach den bei sich gehabten Depeschen eines aufgefangenen Officiers seines Generalstabes denkt er nicht daran über die Elbe zu gehen.

Spandau hat sich ergeben, Zamosk u. Modelin in Pohlen gleichfalls. Die Polnischen Truppen haben eine convention mit den Oestereichern geschlossen, nach welchem sie die Waffen ablegen und nach Brunn gebracht werden um dort das weitere bis zum Frieden abzuwarten.

Gustav hat Neapel verlassen und gehet nach Wien, ich denke er wird nun wohl bei einer oder der anderen Armée als Volontair dienen.

d. 29sten April.

Mein Oertzen hat mir diesen Morgen eine sehr artige Antwort von General Czernitcheff gebracht welcher mich versichert daß nichts zu befürchten ist, daß er ein regiment cosaquen nach Dömitz sendet um einem etwanigen Uebergang einer Streifparthei zu wehren, daß im Nothfall er mit seinem ganzen corps kommen würde, daß alle Posten angewiesen worden mir unmittelbar anzuzeigen was etwa vorfiele.

Obrist v. Müller u. Obrist Graf Sacken sind heute hier um die Befehle wegen ihrer corps zu empfangen. Die Cavallerie gehet nach Parchim, die Infanterie nach Grabow, die gestern gedachten Detaschements nach Dömitz.

d. 30sten April.

Heute ist die angenehme Nachricht eingegangen daß die Schweden in den nächsten Tagen bestimmt kommen u. der Kron=

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prinz gleichfalls am 3ten oder 4ten May in Stralsund eintrift. Geheimerath Bulow 1 ) wird hingesandt ihn zu becomplimentiren.

d. 1sten May.

Nach Schwerin gereiset um den Geheimerath v. Bulow nach Stralsund zu senden. Abends wieder zurückgekommen.

d. 2ten May.

Der Russische Obrist Herr v. Kruse u. mehrere Kosakken officiers sind heute von Dömitz aus hier gewesen. Ihnen zu Ehren ist den Abend getanzt worden.

d. 3ten May.

Nachrichten aus Dresden zufolge ist das Russische Hauptquartier weiter vor nach Zeitz verleget worden. Es stehet nun wohl täglich eine Schlacht zu erwarten. Die Alliance zwischen Oestereich und Rusland ist geschlossen, so wie die zwischen Oestereich u. Engeland. Der König v. Sachsen ist in Prag, man hoft daß er in wenigen Tagen in Dresden zurückkommen wird, und mit für die gute Sache fechten wird. Mit Oestreich soll er schon eine Allianz geschloßen haben. 2 )

Diesen Abend ist hier ein Courier nach Dresden an den Minister von Stein abgesandt worden.

d. 4ten May.

Heute morgen kam eine Compagnie unserer Jäger zu Fuß hier an, welcher hier ein dejeuner im goldenen Saale gegeben ward und dann ihren Marsch nach Dömitz fortsetzte. Herrliche junge Leute vom besten Geist beseelet. Es war mir ein rührender u. erfreulicher Anblick. Auch eine compagnie Jäger zu Pferde rükte ein welche bis auf weiter hier bleibt.

Den Abend kam ganz unerwartet mein Bruder Adolph hier an, welcher noch diese Nacht wieder zum General Wallmoden nach Dömitz gehet. Er brachte einen ziemlich unzufriedenen Brief von Walmoden mit über die Langsamkeit unserer Rüstungen, worinn ich ihm nicht unrecht gebe. Er verlangt daß alles unser Militair nach Dömitz und Boitzenburg gehen soll. Dies wird nun geschehen.


1) Bernhard Joachim von Bülow auf Düssin, geb. 1747, rückte im Hofdienst bis zum Oberhofmarschall auf, gest. 1826.
2) König Friedrich August war am 20. April durch einen geheimen Vertrag zu Oesterreich und der Politik der bewaffneten Vermittlung übergetreten.
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Für mich persönlich war der heutige Tag sehr merkwürdig. Ein sehr unangenehmer Vorfall hat mich tief betrübt.

d. 5ten May.

Graf Walmoden hat heute geschrieben um nähere instructionen wegen der dislocation unserer Truppen zu geben. Das Regiment soll nach Wittenburg u. dort enge cantonnements beziehen. Eine compagnie Jäger soll nach Neuhaus. Die compagnie zu Pferde welche hier ist soll gleichfalls morgen nach Dömitz gehen.

Da Davoust nach Halberstadt zu gehen scheint um entweder sich Magdeburg zu näheren, so wird das Czernicheffsche u. Dörenbergische corps über die Elbe gehen um ihm im Rükken zu agiren.

GhRath Bulow hat aus Stralsund geschrieben daß der Kronprinz erst am 6ten oder 7ten dort ankommen wird, vielleicht noch später da er gewisser Angelegenheiten wegen erst noch nach Gothenburg gegangen sey. Er meldet zugleich daß unverzüglich der Chevalier d'Osson der Legationsrath in Paris war hier ankommen werde mit einer mission am Herzoge. Ich fürchte daß von dem verruchten Tauschprojekte die Rede sein wird. Eher das Leben verliehren als in so etwas willigen.

d. 6ten May.

Die compagnie Jäger zu Pferde ist diesen Mittag auch nach Dömitz aufgebrochen, nachdem ihnen ein dejeuner im goldenen Saal gegeben worden war.

Mein Bruder Carl ist von Güstrow u. Rostock zurückgekommen und macht eine sehr vortheilhafte Beschreibung unserer verschiedenen corps. Als das Regiment durch Sternberg zog um nach Wittenburg zu gehen, so stellten sich 65 Mann dazu, von allen Seiten strömt es herbei.

Die Schweden machen immer keine Anstalten zum Vorwärtsgehen. Man sagt aber daß eine Englische Flotte den Kronprinzen von Schweden an der Erfüllung seiner eingegangenen Verbindlichkeiten erinnern wird.

Den Nachmittag kam ein preussischer gensdarme welcher die glückliche Nachricht überbrachte, daß am 2ten May der König v. Preussen auf den Schlachtfeldern von Lützen einen glorreichen Sieg über Napoleon erfochten habe, 1 ) welcher 2 Marschälle ver=


1) Schlacht von Großgörschen, die aber kein Sieg, sondern eine Niederlage der Verbündeten war. Auf die Nachricht von Napoleon's Siege kehrte der König von Sachsen wieder zu den französischen Fahnen zurück.
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lohren hat, am nehmlichen Tage ward auch der Vicekönig bei Halle von dem Preussischen General Bulow geschlagen. 1 )

Sonntag wird im ganzen Lande ein Tedeum wegen dieser glücklichen Begebenheit gesungen werden.

Der am 25sten April erfolgte Tod des Fürsten Koutousoff am Nervenfieber ist dagegen eine traurige Begebenheit.

Der junge Lützow ist am 5ten April in Paris angekommen. Am 6ten hat Lützow seine Pässe verlangt. Der Duc de Bassano hat geantwortet er müsse erst dem Kaiser rapport davon machen, mais cela frappera. Am 12ten hatte er die Pässe noch nicht.

d. 7ten May.

Das heute morgen eingelaufene Bulletin von russischer Seite war nicht so entscheidend über die Schlacht am 2ten wie das gestrige, und ließ eine zweite nahe Schlacht vermuten. Dies hat sich denn auch vollkommen bestätiget indem diesen Abend die bestimmte Nachricht einer am 3ten entscheidend gewonnenen Schlacht der alliirten Armeen einlief. 20,000 Gefangene und 80 Canonen sind die Tropheen dieses Tages. Marchal Ney ist geblieben, Napoleon ist mit Mühe entronnen. Die Franzosen retiriren nach dem Thüringer Walde. Dem Könige von Preussen sind 2 Pferde unter dem Leibe erschossen worden, so auch dem Prinzen August Ferdinand. 2 ) Der Kronprinz von Preussen ist leicht verwundet, so auch die Generäle Blücher und Scharnhorst. 3 )

Lützow schreibt vom 12ten Aprill daß er seine Pässe erhalten würde, und daß der Duc de Bassano obgleich unser Abfall vom Rheinbunde jetzt in Paris bekannt sey, ihm dennoch sehr freundlich behandelt habe.

Der alte Prinz Ferdinand von Preussen Bruder Friedrich des IIten ist in Berlin gestorben. 4 )

d. 8ten May.

Lützow ist in Dresden angekommen, und hat von daher geschrieben. Die Schlacht am 2ten ist bestimmt gewonnen, jene am 3ten war ein falsches Gerücht. Leider. Vielmehr scheint es,


1) Ungenau. Eine Schlacht lieferte Bülow dem Vizekönige nicht, sondern er nahm das von den Franzosen besetzte Halle mit stürmender Hand.
2) Gemeint kann nur Prinz August. Sohn des Prinzen Ferdinand, sein, geb. 19. September 1779, gest. am 19. Juli 1843.
3) Von allen diesen Nachrichten beruhte nur die Verwundung Scharnhorst's bei Großgörschen auf Wahrheit.
4) Ferdinand, geb. 1730, Vater des 1806 bei Saalfeld gebliebenen Prinzen Louis Ferdinand, gest. 2. Mai.
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als wenn Napoleon Bewegungen gemacht hat, welche die alliirten zu einer rückgängigen Bewegung gezwungen hat.

d. 9ten May.

Heute haben wir das Tedeum wegen der Schlacht am 2ten gefeiert. General v. Dörenberg und eine Menge russischer Officiere waren da. Abends war Ball. Vor der Kirche gab der Herzog dem Schwedischen Envoyé Chevalier d'Osson Audienz.

Napoleon hat durch eine Circularnote allen Höfen des Rheinbundes bekannt gemacht daß wir aufgehört hätten Mittglieder des Rheinbundes zu seyn. 1 )

d. 10ten May.

Heute morgen kam der nach Dresden gesandte courier zurück. Wir haben die Nachricht erhalten daß das Hauptquartier von Dresden nach Bautzen verleget wird und daß der König v. Preussen den Prinzessinnen in Berlin habe rathen lassen diese Stadt zu verlassen.

Mein Bruder Gustav ist diesen Abend zu unserer grossen Freude angekommen, er sagt daß in Berlin alles eingepackt wird, indessen die Prinzessinnen noch nicht abreisen, da bis jetzt die Franzosen noch nicht auf Wittenberg vordringen. Auch wir treffen alle Vorsichtsmaaßregeln um im Fall eines momentanen revers, gleich mit unseren Habseligkeiten nach Hollstein entkommen zu können. General Thielemann hat den Franzosen den Eintritt in Torgau verweigert. Die alliance zwischen Oestereich, Sachsen und Rusland u. Preussen ist geschlossen. 2 ) Dies ist entscheidend für die gute Sache. Es scheint als wenn die Schweden nun auch ernstlich an das Vorrükken denken, die avantgarde ist in Gadebusch. Prinz Carl von Strelitz hat sich bei der Schlacht am 2ten besonders ausgezeichnet.

Gestern wollte der Marschall Davoust mit 14000 Mann die Insel Wilhelmsburg forciren um Hamburg zu nehmen allein unsere Garde u. die Hanseaten haben den Angriff zurück geschlagen und Gefangene gemacht. Die Garde soll sich besonders


1) Zirkularschreiben vom 17. April. Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 33.
2) Irrig. Daß Sachsen in Frankreichs Arme zurückfiel, ist schon erwähnt. Oesterreichs - auch nur bedingter - Beitritt zur Allianz wurde erst am 27. Juni in Reichenbach unterzeichnet.
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ausgezeichnet haben. 1 ) Ein Bataillon unserer Infanterie 2 ) in Wittenburg ist nach Dömitz gegangen, von wo viele cavallerie über die Elbe gegangen sein soll. Mein Oertzen ist dorthin zum Graf Walmoden geschickt worden um das nöthige in diesem critischen Augenblikke mit ihm zu verabreden.

d. 11ten May.

Bei dem Gefechte am 10ten 3 ) bei Hamburg hat sich unsere Garde sehr ausgezeichnet und den größten Antheil an dem Siege gehabt. 5 Mann sind geblieben und 16 verwundet. Der Lieutnant v. Arnim 4 ) der älteste ist im Arme blessirt u. der Hauptmann v. Tarnow durch beide Beine geschossen.

Die Russen sind diese Nacht bei Dömitz über die Elbe gegangen, man hoft auf guten Erfolg.

d. 12ten May.

Oberhofmeister v. Lützow ist diesen Morgen ganz zeitig angekommen. Er bringt recht interressante Nachrichten vom südlichen Teutschland und beruhigende für hiesige Gegenden über die Lage in Sachsen. Noch machen die Franzosen nicht Miene über die Elbe zu gehen, welches militairisch zu wünschen wäre, da sie alsdann gewiß geschlagen würden. Das Tettenbornsche corps ist bei Boitzenburg über die Elbe gegangen.

Seit diesen morgen höret man eine lebhafte canonade vom anderen Elbufer.

d. 13ten May.

Gustav ist als Escadronscheff bei unseren reitenden Jägern eingetreten.

Die Russen sind wieder bei Dömitz zurückgekommen, es war blos eine starke recognoscirung welche sie gemacht haben.

Mein Oertzen ist diesen morgen von Hamburg zurückgekommen, wohin er in meinen Geschäften gereiset war. Gestern hatten die Franzosen Hamburg nehmen wollen, nach langem Wiederstande hatten sie sich der Inseln bemächtiget, und die Gefahr ward groß. Allein die Dänen kamen mit 10 Kanonier=


1) Ueber die rühmliche Thätigkeit der Garde in Hamburg s. v. Langermann und v. Voigts=Rhetz a. a. O. S. 94 ff. und Varnhagen a. a. O. III, 324 ff.
2) Infolge des Aufrufs vom 25. März war ein neues Infanterieregiment zu 2 Bataillonen gebildet worden.
3) Lies: 9ten.
4) Friedrich von Arnim, seit 1. Mai 1810 Sekondlieutenant, 15. Juni 1813 Premierlieutenant, nahm 1815 den Abschied.
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chalouppen und verhinderten den Uebergang, viele Dänische Truppen mit 20 Kanonen sind in und um Hamburg gerückt und so ist die Gefahr vorüber.

Unsere Garde hat sich aufs neue ausserordentlich ausgezeichnet. Es kostet uns aber wieder 42 Mann an Todten blessirten u. verwundeten. Hauptmann v. Bilguer 1 ) ist verwundet und Lieutnant Arnim der 2te 2 ) auf der Stelle geblieben. Die Hanseaten sollen schlecht gefochten haben und davon gelaufen seyn. 3 )

Mein Bruder Carl ist diese Nacht wieder zu Armee gereiset.

d. 14ten May.

General Tettenborn hat dem Herzoge einen Brief voller Lob über das verhalten der Garde geschrieben. Major v. Both welcher sich besonders ausgezeichnet, ist zum Obristen ernannt worden. Der Russische Obrist von Baer welcher nach England geschickt war ist wiedergekommen und heute hier gewesen, er geht ins Hauptquartier. Er sagt Minister Bernstorff sey unverrichteter Sache von England zurückgekehrt, indem immer als erste Bedingung des Friedens die Abtretung von Norwegen an Schweden verlangt wird. Es stehet sehr zu fürchten daß die Dänen nun wieder abtreten, und das ist ein grosses Unglück. 4 )

Geheimerath v. Alopeus mit Frau u. Tochter sind hier angekommen, und wohnen bei uns im Schloß.

d. 15ten May.

Die Russischen Truppen sind alle von Dömitz nach Hamburg marchirt.

d. 16ten May.

Die Nachrichten von den grossen Armeen an der oberen Elbe lauten alle noch ganz gut. Fürst Dolgoroucki welcher nach Copenhagen geschickt war u. nun rapellirt ist, war heute auf seiner Reise nach Berlin hier. Er befürchtet sehr Dänemark werde nun seine Truppen von Hamburg wegnehmen.


1) Louis August von Bilguer, Stabskapitän im Kontingentsregiment, wurde 29. März 1813 zur Garde versetzt, 1821 Major und Kommandeur des Leichten Infanteriebataillons, 1840 Oberst und Kommandant in Güstrow, nahm 1849 seinen Abschied und starb zu Schwerin 1858.
2) Adolf von Arnim war seit 1811 Sekondlieutenant im Grenadier=Garde=Bataillon.
3) Vgl. die Schilderung des Gefechts am 12. bei Rist a. a. O. II, 213 f.
4) Ueber die politische Lage Dänemarks, Bernstorff's und Dolgorucki's Sendungen u. s. w. vgl. Rist a. a O. S. 197 ff.
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d. 17ten May.

Adolph schickte diesen morgen eine Staffette mit der Nachricht, daß die Dänen die ordre bekommen hätten Hamburg zu verlassen, auf 48 Stunden habe man ihren Abmarsch noch aufgestützt, in der Hoffnung die Schweden bis dahin zum vorwärtsgehen bewegen zu können.

Nachmittags kam der russische Obrist Graf v. Pahlen aus Stralsund hier durch, sagte der Kronprinz sey gestern noch nicht da gewesen, man fürchte er käme gar nicht, der commandirende General Adlerkreutz wolle nicht eher marchiren lassen.

Abends kam eine Staffette vom Graf Walmoden an Hr. v. Alopeus, welche die Nachricht von heute morgen bestätigte, von der unglücklichen Lage sprach und daß er Hamburg abandonniren müßte wenn die Schweden nicht kämen, wozu er noch einen Versuch gemacht habe. Alle Hoffnung eines glücklichen Ausgangs schien zu schwinden, als Abends nach Tisch ein reitender Bote von Graevenitz 1 ) von Waschow mit dem Bericht anlangte, der Courier den Walmoden nach Wismar am General Boye gesandt, sey um 1/2 2 Uhr diesen Mittag wieder bei ihm durchgekommen mit der frohen Nachricht eine Stunde nach der Ankunft desselben in Wismar sey General Boye mit allen Truppen aufgebrochen und über Gadebusch nach Hamburg marschieret. Dafür ist Gott nicht genug zu danken.

d. 18ten May.

Ganz hat sich die gestrige gute Nachricht nicht bestätiget. Die in Gadebusch stehenden Schweden sind freilich nach Ratzeburg vorgerükkt und der commandirende General in Wismar hat erkläret daß wenn gleich er keine ordre habe es doch über sich nehmen wolle mit den übrigen Truppen nach Hamburg zu gehen nur müsse er erst über die Gesinnungen der Dänen beruhiget u. gewisse arrangements mit ihnen gemacht haben. Ein Schwedischer officier ist demnach nach Hamburg gegangen. Das Ende dieser negotiation wird das Schicksahl Hamburgs entscheiden.

d. 19ten May.

Eine Staffette von Hamburg von gestern meldet, daß wenn die Schweden nicht kämen, man Hamburg die Nacht räumen müsse, weil die Dänen abzögen. Nun ist aber unterdessen der Schwedische officier eingetroffen u. die Sache möchte wohl noch zu halten sein.


1) Kammerherr Erich Friedrich von Grävenitz auf Waschow (A. Wittenburg).
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So eben kömmt die Nachricht von der bestimmten Ankunft des Kronprinzen in Stralsund am 17ten an u. daß die Schweden ordre zum Marsch bekommen haben. Lieutnant von Koppelow und Lieutnant von Malzahn sind heute aus der Russischen Gefangenschaft zurückgekommen. 1 ) Es sind die einzigsten officiers die beim Leben geblieben sind, alle übrigen sind vor Hunger und Kälte umgekommen, mehrere sind von den Juden ermordet worden.

d. 20sten May.

Eine diesen morgen vom Obrist v. Both angekommene Estaffette meldet daß die Dänen abgezogen sind, und Hamburg nun wohl von den Franzosen ernsthaft angegriffen werden wird. Können sie sich bis heute Mittag halten, so werden die Schweden ankommen können. Gott wolle es geben.

d. 21sten May.

Die Schweden sind glücklich in Hamburg angekommen und die Gefahr ist vorüber.

d. 22sten May.

Mit Herrn v. Alopeus nach Schwerin gefahren um den General Benkendorff u. seinen Bruder den Obersten zu besuchen die beide dorten krank sind. Nachmittags zurückgekehrt. Geheimerath v. Bulow ist von Stralsund zurückgekommen und hat einen Brief vom Kronprinzen am Herzoge mitgebracht der so edel wie freundlich abgefaßt ist. Die Schwedische armée wird sich bei Schwerin Wismar u. Rostock sammlen, alles was sie braucht wird baar bezahlet werden.

d. 23sten May.

Obrist v. Both meldet aus Hamburg daß nunmehr alles gut gehet und die offensive ergriffen werden wird um die Franzosen von Wilhelmsburg zu delogiren.

5 Bataillon Schweden sind da und 40 Englische Canonierchalouppen. Die Beschiessung Hamburgs am 20sten hat wenigen Schaden gethan. Bei der Garde haben wir nur einen leicht blessirten Grenadier gehabt.


1) Carl von Koppelow, früher in preußischen Diensten, 1808 Premierlieutenant im Kontingentsregiment, war 1813 im Infanterieregiment, 1815 Hauptmann beim 1. Landwehr=Bataillon, wurde 1821 zum 1. Musketier=Bataillon, 1832 als Major zum 2. Musketier=Bataillon versetzt, 1834 Kommandeur, 1840 Oberstlieutenant und Kommandeur der Reserve, 1841 Oberst, nahm 1844 den Abschied. - Dietrich Freiherr von Maltzahn wurde 1804 Sekondlieutenant im Grenadier=Regiment von Hobe, trat 1807 in preußische Dienste, machte den russischen Feldzug beim 1. Bataillon des Kontingents=Regiments mit, wurde 1815 Hauptmann bei der Landwehr und nahm 1822 den Abschied.
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d. 24sten May.

Heute kam die glückliche Nachricht daß am 19ten General Barclay de Tolly und der General York ein bedeutendes corps der französischen armée geschlagen und vernichtet haben. Genommen sind 10 Kanonen, ein Divisions ein Brigadegeneral u. 1500 Mann 1 ) Nach Aussage des couriers welcher diese Nachricht nach Berlin gebracht hat, war bei seinem Abgange am 20sten aus dem Hauptquartier eine allgemeine Schlacht engagirt, 2 ) u. alles stand bei seiner Abreise erwünscht.

Man erfährt daß Marschall Ney in der Schlacht am 2ten gefährlich verwundet nach Leipzig gebracht worden, u. da er übler geworden nach Frankreich zurückgebracht ist. 3 )

Heute ist der glückliche Tag an welchem die Oestereicher zuschlagen werden.

Der König v. Sachsen hat auf Befehl seines alliirten Napoleon Prag verlassen u. ist nach Dresden zurückgekehrt 4 ) u. hat seine Minister verabschieden müssen mit Ausnahme v. Marcolini. Minister Senft hat sofort selbst seinen Abschied genommen, so wie der König wieder zu der französischen partie übergegangen ist. Torgau ist auch den Franzosen übergeben. Sachsen wird nach diesem Betragen des Königs von den alliirten feindlich behandelt werden.

d. 25sten May.

Der Sohn des Oberschenks von Forstner welcher in Sächsischen Diensten stand und jetzt den Abschied genommen hat um in die unserigen zu treten, 5 ) ist heute angekommen, er verließ Dresden am 21sten. So wie er saget ist die Schlacht am 20sten noch nicht entschieden gewesen u. hatte am 21sten fortgedauert. Die Franzosen hatten ungeheuer viele Menschen verlohren. Wie der König von Sachsen den unglücklichen Entschluß fasste von Prag nach Dresden zu gehen und wieder die fr. Parthie zu ergreifen,


1) Treffen bei Königswartha. Vgl. Häusser a. a. O. S.142 f.
2) Schlacht bei Bautzen am 20. und 21., die mit dem Rückzuge der Verbündeten endete.
3) Die Nachricht von Ney's Verwundung war irrig.
4) Schon am 12. Mai.
5) Baron Friedrich Peter Carl Gottlieb von Forstner wurde 1808 Leutnant bei der Leibgarde zu Pferde, trat 1810 in sächsische, 1813 wieder in meklenburgische Kriegsdienste Rittmeister bei den freiwilligen reitenden Jägern, Patent vom 25. Mai), verließ dieselben 1814 (Abschiedspatent vom 26. März) und trat in das preußische Heer über. In der preusischen Rang= und Quartierliste erscheint er zuletzt 1841 als Oberst und Kommandeur des 6. Husaren=Regiments.
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nahm der Minister von Senft auf der Stelle den Abschied, so auch alle Generale welche um ihm waren, imgleichen 60 officiers. Der König kam allein in Dresden mit einem einzigsten Adjutanten an. Napoleon hohlte ihn mit 20/m Mann Garden ein, alle Fenster in Dresden waren aber geschlossen u. niemand auf der Gasse. Die Stimmung der Sachsen äusserte sich laut über das Betragen des Königs.

d. 26sten May.

Diesen Morgen 5 Uhr ritt ich nach Parchim um das CavallerieRegiment exerciren zu sehen. Mittags kam meine Frau auch dahin, wir assen bei meinem Bruder Gustav. Abends kehrten wir hier[he]r zurück.

Ueber die Schlacht am 21sten ist heute ein vorläufiger Bericht eingelaufen. Das Centrum u. der linke Flügel der Franzosen ist geschlagen worden, allein der rechte der alliirten vom General Blucher commandirt ist zurückgeworfen worden, so, daß die alliirten einige Meilen rückwärts gegangen sind. Das nähere stehet zu erwarten.

Die Nachrichten heute sind alle nicht tröstlich. Both sandte eine Staffette aus Hamburg, daß der Kronprinz v. Schweden ohne dessen Befehl die Besetzung v. Hamburg durch Schwedische Truppen geschehen war, befohlen habe daß selbige sich zurückziehen sollten. 1 ) Die Dänen hätten gleichfalls sich sogar von Altona zurückgezogen, so daß Hamburg nun von allen Seiten offen wäre, und die Vertheidigung nun wieder der Garde allein überlassen sey. Man werde also die unglückliche Stadt spätestens am Donnerstag verlassen müssen.

Kurz darauf kam eine Staffette von meinem Bruder Adolph welcher meldet daß er mit unserem Regimente und allen disponiblen Truppen nach Hamburg abgehe. Spät Abends kam wieder eine Staffette, vom Schwedischen General Lagerbielke welcher die Schweden bei Hamburg commandirt, nach welcher es scheint als wenn neue Befehle zur Vertheidigung der Stadt angekommen wären. Es ist schwehr aus allem diesen sich zu


1) Der schwedische General Döbeln, der in Wismar stand, war, ohne den Befehl dazu abzuwarten, am 21. Mai mit 2500 Mann in Hamburg eingerückt, um an dessen Vertheidigung theilzunehmen. Er wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode verurtheilt, aber zu Festungshaft begnadigt. Vgl. Rist a. a. O. S. 224 ff. Varnhagen a. a. O. III, 349 ff. IV, 11. - Am 26. zogen die Schweden auf Befehl des Kronprinzen wieder ab.
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vernehmen. Die Vorsehung wird ja sorgen. Der Kronprinz von Schweden hat bei uns darauf antragen lassen daß wir unsere Truppen unter sein commando geben möchten. Es ist ihm geantwortet worden daß so lieb es uns auch sein würde es doch darauf ankommen würde ob General Wallmoden unter seinem commando sey da wir dem Wunsche des Russischen Kaisers gemäß ihm schon unsere Truppen übergeben hätten. Auch wegen einer convention die Verpflegung der Schwedischen Truppen anbetreffend sind unpassende Vorschläge gemacht, u. demnach beantwortet worden. 1 )

Herrn von Alopeus haben wir eine Note gegeben in welcher auf das bestimmteste erklärt wird, daß wir uns nie unter den von Rusland und Preussen bestimmten Verwaltungsrath stellen lassen werden da solches ganz u. gar gegen die feierlich proclamirten principia der Selbstständigkeit u. Unabhängigkeit der Teutschen Fürsten streitet, daß wir einen Antheil an diesem Verwaltungsrath begehren, und daß eine förmliche convention mit uns abgeschlossen werde. Wir haben wohl um so mehr das Recht dies zu verlangen da wir die ersten u. bisjetzt die einzigsten Teutschen Fürsten sind welche troz aller uns nahe liegenden Gefahr uns gegen Frankreich erkläret haben. 2 )

d. 27sten May.

Die Schweden haben würklich Hamburg verlassen und sind bei Boitzenburg angekommen.

d. 28sten May.

Nach Schwerin gereiset. Den Abend kam die Nachricht, die Schweden gingen aufs neue nach Hamburg, man hoffe auf eine Annäherung mit den Dänen. Der Dänische negotiateur Herr v. Kaas welcher ins französische Hauptquartier gehen sollte, hat sich in Haarburg krank gemacht. 3 )

d. 29sten May.

Kammersession gehalten. Mittags nach Llust zurück gekehret. Die gestrigen Nachrichten bestätigen sich, die Schweden sind würklich nach Hamburg gerükt, die hier im Lande befindlichen


1) Die endgültige Konvention mit dem schwedischen Chargé d'affaires d'Ohsson wegen Verpflegung der schwedischen Truppen in Meklenburg und deren Vergütung wurde am 15. Juni ratifiziert.
2) Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 31 ff.
3) Vgl. Rist a. a. O. S. 225.
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marschieren alle. Man sagt sogar der Kronprinz werde nächstens nach Schwerin kommen, um mit seiner ganzen armée über die Elbe zu gehen.

General Woronzoff welcher vor Magdeburg commandirt hat ein Detaschement nach Halle gesandt, und dort 400 fr. Dragoner u. den General Poinçon aufheben lassen.

d. 30sten May.

Die heutigen Nachrichten sagen daß die Franzosen sich an die Elbe zurückziehen wegen Mangel an Lebensmitteln, aus gleichem Grunde die alliirten nach Schlesien. Die Oestereicher werden auf Wagens nach Eger transportirt.

d. 31sten May.

Die Beamten aus Boitzenburg berichten diesen Morgen die traurige Nachricht, daß nachdem die Franzosen den Ochsenwerder genommen hätten General Tettenborn Hamburg evacuirt u. position bei Bergedorff genommen habe. Die Schweden wären nicht nach Hamburg gegangen sondern hätten wieder eine Rückgängige Bewegung gemacht. Jetzt unterhandle die Stadt mit den Franzosen u. sey wahrscheinlich schon in ihren Händen. Gebe Gott daß es nicht alles so seyn möge.

Die unglückliche Nachricht der Räumung Hamburgs hat sich nur zu sehr diesen Abend bestätiget 1 ) Es ist geschehen weil die Dänen sich für die Franzosen erkläret haben. Hamburg ist von ihnen besetzt. Die näheren Details gehen noch ab, besonders ob die Dänen weiter als zur Besetzung Hamburgs cooperiren werden. Bei dem Gefechte auf dem Ochsenwerder hat sich unser Regiment u. die compagnie Jäger ausgezeichnet.

Der Courier welchen Herr v. Alopeus nach dem grossen Hauptquartier gesandt hatte ist diesen Abend wiedergekommen. Dort stehet alles gut, wenn gleich die alliirten sich nach Schlesien zurückgezogen haben.

50,000 Mann Verstärkung haben sie an sich gezogen. General Barclay de Tolly hat das Obercommando bekommen, Graf Wittgenstein commandirt die ganze Cavallerie.

Am 26sten hat General Blucher die Cavalleriedivision Maison bei Haynau vernichtet, 12 Kanonen, eine grosse Menge Gefangene und Bagage genommen. 2 ) In der Schlacht von


1) Sie war am 30. erfolgt.
2) Ungefähr 400 Gefangene und 18 Geschütze, von denen die Sieger wegen mangelnder Bespannung nur 11 fortbringen konnten. Häusser a. a. O. S. 155.
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Bautzen ist der General la Bruyère geblieben u. am anderen Tage bei einem arrieregardegefecht der Marschall Duroc an der Seite Napoleons erschoßen worden.

Alles dies wieget aber nicht das Unglück des Verlustes von Hamburg auf.

d. 1sten Junius.

Es ist beschlossen worden daß ich nach Stralsund zum Kronprinzen von Schweden reisen sollte um mich nach seinen Plänen in der jetzigen crisis zu erkundigen und eventualiter um seinen Schutz für Mecklenburg zu bitten.

Ich reisete um 7 Uhr Abends ab.

d. 2ten Junius.

Nachdem ich Tag und Nacht gereiset hatte, kam ich um 1/2 8 Uhr des Abends in Stralsund an. in Rostock u. Dammgarten hatte ich schon erfahren daß eine Englisch Schwedisch Russische ambassade nach Copenhagen gegangen war. 1 )

Es war durchaus kein quartier zu bekommen. Obristlieutnant von Normann 2 ) war so gut mich in seinem Hause aufzunehmen.

Ich ging gleich zum Herzog von Braunschweig 3 ) welcher vor einigen Tagen hier angekommen ist. So wie der Kronprinz meine Ankunft erfahren hatte ließ er mir durch den General Engelbrecht sagen daß er in jedem Augenblikke mich gerne sehen würde. Ich ging also noch um 1/2 10 Uhr Abends hin, und hatte eine sehr lange und höchst merkwürdige Unterredung mit


1) Am 30. Mai schifften sich die Engländer Thornton und Hope, der russische General Suchtelen und der schwedische Hofkanzler Wetterstedt nach Kjöge ein, um noch eine Unterhandlung mit Dänemark zu versuchen. Sie überbrachten den Vorschlag: Dänemark solle das Stift Drontheim sogleich an Schweden abtreten, mit dem übrigen Norwegen solle dann bis zum Ende des Krieges gewartet werden, wo die Dänen durch Besitzungen in Deutschland entschädigt werden könnten. Diese Sendung, selbst wenn ihre Vorschläge den Dänen erwünschter gewesen wären, kam in jedem Falle zu spät, denn Dänemark hatte sich so eben rückhaltlos den Franzosen in die Arme geworfen. Vgl. Häusser a. a. O. S. 186.
2) Philipp Christoph von Normann, geb. 1754, erscheint 1791 als Kapitän und Regimentsquartiermeister im Psylanderhjelm'schen Regiment zu Stralsund, gestorben 20. April 1825. Er besaß die Guter Niederhof, Eickhof und Neuhof in Vorpommern.
3) Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig=Lüneburg=Oels, geb. 1771, gest. 1815, bekannt durch seinen denkwürdigen Zug durch zahlreiche Feinde von Böhmen bis zur Nordsee 1809. S. über ihn Allgemeine deutsche Biographie Bd. 7 S. 508 ff.
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ihm, in welcher er mir sowohl die Begebenheiten der letzten Zeit so wie seine Lage auseinander setzte. Vorläufig versicherte er mich seines Schutzes für Mecklenburg, bat mich auf morgen zu Tische u. sagte wir wollten alsdann weitläuftiger über unsere Angelegenheiten reden. Wie ich ihm beim Abschiede bat mich morgen Abend mit bestimmten Zusicherungen zu entlassen, erwiederte er, wie er vielmehr mich bäte einige Tage bei ihm zu bleiben, vermuthlich um die Antwort aus Copenhagen u. Nachrichten aus dem großen Hauptquartier zu erwarten.

d. 3ten Junius.

Den Morgen besuchte ich den Feldmarschall Graf Steding den ich noch von Petersburg kannte wo er Ambassadeur war, den General Adlerkreutz, der nehmliche der die revolution gegen den letzten König machte u. jetzt Cheff d'Etat major des Kronprinzen ist, und mehrere andere Personen. Beim Feldmarschall Steding war die Rede von den Geldverlegenheiten in welche man durch den Fall von Hamburg käme, indem die Englischen Wechsel nicht realisirt werden könnten, daß man zwar anjetzt Silberbarren kommen liesse, indessen das Ausmünzen eine neue Schwierigkeit habe, weil die Münze in Stralsund zernichtet sey. Da nun der Mangel an Gelde auch für Mecklenburg von der höchsten Wichtigkeit ist, indem dadurch die versprochene Bezahlung der im Lande stehenden Schwedischen armée aufgehalten wird, so bemerkte ich daß in Schwerin eine Münze sey, wo das Geld füglich geschlagen werden könnte. Dieser Gedanke gefiel und der Feldmarschall sprach beim Diner darüber mit dem Staatssecretair Wirseen, welcher gleichfalls selbige goutirte.

Nach Tafel hatte ich wieder eine lange Unterredung mit dem Kronprinzen wovon ich nur hier 2 Hauptmomente bemerken will. Zuvörderst redete ich ausführlich über die Lage Mecklenburgs, u. das resultat davon war daß der Kronprinz mir sein Wort gab uns zu schützen wenn der Herzog den Landsturm im ganzen Lande anordnen wolle. Je défendrais le Mecklembourg comme si c'était la Suède elle même. Da alles kürzlich vorgefallene u. hier nicht füglich auseinander gesetzt werden könnende eine merkliche Spannung zwichen dem Kronprinzen u. Rusland u. Preussen hervorgebracht hatte so schien es mir der allgemeinen Sache so nützlich wie selbst durchaus nothwendig daß etwas geschähe um wieder Einigkeit u. Vertrauen zu begründen. Ich warf den Gedanken einer entrevue mit beiden Monarchen hin, und war glücklich genug daß er eingang fand. Der Prinz schlug

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mir vor deshalb am Kaiser von Rusland und dem Könige von Preussen zu schreiben, und Colberg zum [Orte der] Zusammenkunft zu wählen. Er war so gütig zu verlangen daß ich ihn dahin begleiten sollte. Mehrere triftige Gründe bestimmten mich mich nicht direkte darinn zu mischen, sondern vorzuschlagen deshalb an Herrn von Alopeus schreiben zu dürfen. Der Kronprinz genehmigte es und ich ging nach Hause um den Brief zu entwerfen und ihn zur aprobation vorzulegen. Der Kronprinz war schon zu Bette u. ließ mir sagen daß er mir den Brief morgen Vormittag selbst bringen würde.

d. 4ten Junius.

Schon den morgen hörete ich allerhand Gerüchte, von dem weiteren zurückgehen der alliirten Armee, u. ahndete daß für dies mal aus der Entrevue nichts werden würde. Kurz vor Tische kam der Kronprinz zu mir, u. bestätigte mir diese Vermuthung, sagte mir auch daß er so eben die Nachricht erhalten, daß die negotiation in Copenhagen fruchtlos gewesen u. die negotiateurs noch diesen Abend wieder hier ankommen würden. Alles dies war nicht erfreulich. Ich aß beim Kronprinzen u. hatte nachher wieder eine Unterredung mit ihm, in welcher er mich aufs neue seines Schutzes versicherte.

d. 5ten Junius.

Des Morgens besuchte ich den Russischen von Copenhagen zurückgekommenen General Suchtelen, welcher mir alle Papiere über diese negotiation mittheilte. Auch sahe ich den Englischen Gesandten Thornton u. machte die Bekanntschaft des admirals u. des Generals Hope. Mittags aß ich beim Fürsten Putbus, nach Tische ging ich zum Kronprinzen. Da heute bessere Gerüchte sich verbreitet hatten, so suchte ich das Projekt der entrevue wieder aufleben zu lassen, der Kronprinz willigte ein u. ich sandte eine Estaffette an Hr. v. Alopeus. Spät des Abends habe ich noch beim General v. Suchtelen zugebracht.

d. 6ten Junius.

Den Mittag sahe ich das Westmannländische Regiment durchmarschieren. Der Kronprinz nahm mich mit sich nach Hause, wo ich wieder eine höchst interressante conversation hatte, u. der Prinz mir große Beweise von Zutrauen gab. Nachher fuhr ich mit ihm inn die Stadt u. besahe die angelegt werdenden Festungswerke. Mittags d. h. 1/2 7 Uhr Abends speisete ich wieder bei ihm, nachher war ein Ball beim Fürsten Putbus, und nahm

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Abschied vom Kronprinzen, welcher mich mit den Worten entließ: présentez mes hommages et mes civilités au Duc et dites lui que je défendrais son pays de tous mes moyens, et qu'en cas de besoin j'yrais même au delà des combinaisons militaires et que je ferais le jeune homme pour lui. Ich verlasse Stralsund mit Beruhigung Zufriedenheit und wahrer Bewunderung des ausgezeichnet edlen Characthers des Kronprinzen, würdig den schönsten Zeiten Franz I u. Heinrich des IVten. 1 )

d. 7ten Junius.

Ich verließ Stralsund um 3 Uhr den Morgen u. kam um 1 Uhr Nachts in Llust an.

d. 8ten Junius.

Herr von Alopeus hat sofort einen courier ins Hauptquartier mit dem Projekte zur Entrevue gesandt. Minister Brandenstein ist hier um mit Plessen das Edikt zum Landsturm zu entwerfen. 2 )

d. 9ten Junius.

Den Morgen kam die Nachricht daß der General Bulow den Marschall Oudinot geschlagen hat, 3 ) gleich darauf aber auch die untröstliche eines geschlossenen Waffenstillstandes 4 ) welcher freilich die Gefahr für diesen Augenblick von Mecklenburg entfernt, aber für das Ganze meiner Ansicht nach unglücklich ist, um so mehr da er auf 6 Wochen bestimmt u. die conditionen sehr hart für die alliirten zu seyn scheinen. Es scheint als wenn Friedensnegotiationen eröffnet werden, welche doch gewiß vortheilhafter an den Ufern des Rheins hätten geführt werden können. Doch muß man dies alles erst genauer kennen lernen.


1) Vgl. dazu die Schilderung des Eindrucks, den Bernadotte auch auf Andere machte, bei Rist a. a. O. S. 23 f.
2) Mecklenburg=Schwerinsche Annalen 1813 Juni 9: "Nach der mit dem Kronprinzen von Schweden wegen Vertheidigung der hiesigen Lande mit den unter seinem Commando stehenden Truppen, bei der Besorgnis eines feindlichen Einfalls, genommenen Abrede, soll, bei der Anwesenheit seiner Armee im Lande zum disseitigen Schutze, zu deren Unterstützung, an die Organisirung eines schon vorhin, (8. April) auf Verlangen des Kaisers von Rußland und des Königs von Preußen, zur Vertheidigung des eigenen Heerdes gegen die gemeinschaftlichen Feinde, angekündigten Landsturms, auf alle künftige Fälle, die letzte Hand geleget werden." Die gesetzlichen Vorschriften über die genauere Einrichtung und Anwendung des Landsturms ergiengen unterm 29. Juni.
3) Treffen bei Luckau am 4. Juni.
4) Waffenstillstand von Poischwitz (4. Juni) bis zum 20. Juli. S. die Bedingungen desselben bei Häusser a. a. O. S. 163 ff.
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d. 10ten Junius.

Heute haben wir die Bedingungen des Waffenstillstandes erfahren, sie sind so gräßlich daß man sich nicht genug darüber grämen kann. Gott welche Zukunft, welche Aussichten.

d. 11ten Junius.

Diesen Morgen um 1/2 5 Uhr ritt ich nach Melkhoff um meinen Bruder Gustav zu besuchen, der dort mit seiner Schwadron in quartier lieget. Ich sah das Maneuvre mit an, frühstückte bei meinem Bruder, dann gingen wir zusammen auf dem Rückwege nach Prizier wo wir unsere von Hamburg zurükkehrende Garde im Bivuac fanden. Mit inniger Freude habe ich unsere so ausgezeichnet braven Landsleute wiedergesehen. Zu Mittag war ich wieder in Llust.

Der Herzog erhiehlt einen überaus schmeichelhaften Brief vom Russischen Kaiser, welcher ihm die freundlichsten Dinge über unser Benehmen saget, die bündigsten Versicherungen zur Erhaltung unserer existenz giebt, und selbst Aussichten für die Zukunft eröffnet. Der Umstand daß der Brief am nehmlichen Tage geschrieben ist, wo der Russische General zum ersten mahle zum Napoleon gesandt ward, u. der Ausdruck daß der Kaiser sich der Beharrlichkeit des Herzoges gewiß hiehlt, giebt mir einigen Muth u. Hoffnung daß die Sachen nicht so übel stehen wie wir fürchten. Gott gebe daß ich mich nicht irre.

d. 12ten Junius.

Diesen Morgen marchierte die Garde ein. Mein Bruder Adolph ist wiedergekommen um während des Waffenstillstandes bei uns zu bleiben.

d. 13ten Junius.

Mein Bruder Gustav ist heute zu meinem Geburtstage gekommen.

d. 14ten Junius.

Diesen Morgen 1/4 auf 3 Uhr endigte Gott die unaussprechlichen Leiden unserer vortreflichen Fräulein v. Knebel. 1 )


1) Henriette von Knebel, die Schwester von Goethe's Freunde Karl Ludwig von Knebel, geboren zu Regensburg 1755, war die Erzieherin (seit 1791) und mütterliche Freundin der Prinzessin Karoline Luise. Bei deren Verheirathung hatte Friedrich Ludwig sie und Karoline von Bose (s. oben zum 24. August 1812) veranlaßt, nach Ludwigslust überzusiedeln. Wie hoch (  ...  )
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Meine arme Frau verliehrt an ihr eine zweite Mutter, eine Freundin welche 20 Jahre lang nur für sie lebte. Ihr Andenken wird nie in meiner Seele verlöschen.

Nach den heutigen Nachrichten ist der Kaiser von Oestereich in Böhmen nahe an der Schlesischen Gränze angekommen, mehrere conferenzen haben schon zwischen ihm und dem Kaiser von Rusland u. dem Könige von Preussen statt gefunden. Von Oestereichs guten reinen Gesinnungen ist man überzeuget. Der König hat dem General Lestock in Berlin befohlen, in seinem gouvernement die Landwehr während des Waffenstillstandes aufs thätigste zu exerciren da er nicht glaube daß es möglich sey Frieden zu machen.

d. 15ten Junius. d. 16ten Junius.

Da der Kronprinz v. Schweden ein Embargo auf alle Schiffe in Rostock und Warnemünde geleget hat, so ist deshalb dem Chevalier d'Osson eine Note gegeben worden um dieses zu expliciren.

Ich habe auch gestern dem Kronprinzen das Edickt wegen dem Landsturm gesandt, u. am Staatssecretair Wirseen ein Projekt zum ausmünzen des Schwedischen Silbers in Schwerin geschickt.

Diese Nacht um 12 Uhr ist die liebe Knebeln begraben worden.

d. 16ten Jun.

Der Garde ist heute ein Fest beim Schweizerhause gegeben worden. General Dorenberg u. eine Menge Russischer officiere waren hier, aus dem Hauptquartier welches jetzt in Grabow ist.

Eingegangenen Nachrichten zu Folge hat der Kronprinz von Schweden sich geäussert daß bei dem Waffenstillstand noch nichts verlohren sey, wenn nur nicht Friede gemacht werde, und den General Scioldsbrand ins Hauptquartier gesandt, um den Frieden zu wiederrathen. 10 000 Russen sind heute in Rostock gelandet.

d. 18ten Junius.

Mit Herrn v. Alopeus u. seiner Famielie nach Schwerin gereiset.


(  ...  ) Karoline Luise Henrietten schätzte, zeigt ihr am 19. Juni an Charlotte von Schiller geschriebener Brief (abgedruckt bei L. v. Gizycki a. a. O. S. 99 f.). Henriettens Briefwechsel mit ihrem Bruder (herausgegeben von Düntzer. Jena 1858) ist eine wichtige Quelle für die Kenntniß des Lebens der Erbprinzessin und der Vehältnisse am Ludwigsluster Hofe.
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d. 19ten Junius.

Morgens mit Alopeus nach dem Werder gefahren, dann die Tuchfabrique gesehen. 1 )

Mittags einige Personen zu Tische gehabt, unterandern auch den Schwedischen chargé d'affaires Mons. D'Ohsson.

Der Kronprinz hat auf die Note wegen des Embargos antworten lassen daß es eine Vorsichtsmaßregel gewesen sey, weil Dänische Caper in der See wären. jetzt sey zur Sicherheit der Schiffarth alles zwischen den Schwedischen und Englischen Flotten verabredet, mithin das Embargo wieder aufgehoben worden. Uebrigens hätten die Generale Befehl gehabt es dem hiesigen gouvernement anzuzeigen. Das nennt man une honnête réparation.

Ferner hat der Kronprinz anzeigen lassen, wie die Dänischen consuls in Rostock und Wismar nicht länger zu dulden wären seitdem Danemark sich mit Frankreich alliiret hätte u. die consuls Nachrichten über den Stand der hiesigen armeen gäben. Er trägt darauf an daß der Herzog sie entfernen möge, würde er aber vielleicht vorziehen in der Sache nicht auftreten zu wollen, so würden die Schweden es militairisch abmachen. Dies letztere ist der hiesige Wunsch, auch ist bereits der consul Bökelmann aus Rostock zu den Dänischen Vorposten gebracht worden. 2 )

Herr v. Salviati ist diesen Abend aus dem Hauptquartier zurückgekommen. Wegen der entrevue mit dem Kronprinzen ist keine bestimmte Antwort erfolget. Fürst Wittgenstein wird sich nach Stralsund begeben, u. wahrscheinlich das nähere hierüber dorthin bringen.

Nach allen Nachrichten scheint Gottlob nicht am Frieden zu denken zu seyn. Das ist bei jetziger Lage der Dinge ein Glück. Mit Gewißheit kann man annehmen daß der hohe Kranke der in Dresden ist, u. für welchen unglaubliche precautionen genommen werden, der Kaiser Napoleon ist.


1) Die Tuchfabrik war vor kurzem durch den Kaufmann Mantius errichtet worden. Sie lag an der heutigen Knaudtstraße auf dem jetzt von der Exportbrauerei eingenommenen Grundstück, gieng aber mit dem Beginn des Jahres 1839 ein. Vgl. Fromm: Chronik von Schwerin S. 322. 374.
2) Wilhelm Bokelmann, früher dänischer Konsul in Cadix, dann ohne Amt in Holstein lebend, wurde 1811 an Mann's Stelle (s. oben zum 29. Mai 1811) Konsul in Rostock und nach seiner Entfernung von dort Rist's Nachfolger als dänischer Geschäftsträger in Hamburg. Vgl. Rist a. a. O. S. 121. 240.
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d. 20sten Junius.

Obrist Graf Timann der gerade aus dem Hauptquartier des Grafen Woronzoff kömmt, versichert, daß dorten ein Sächsischer officier angekommen sey, welcher unter Verpfändung seines Kopfes ausgesaget habe daß Kaiser Napoleon der Kranke u. durch den unteren Theil des Gesichtes geschossen sey. General Czernischeff hat diesen officier mit ins Hauptquartier des Kaisers Alexander genommen.

d. 21sten Junius.

General Dörenberg hat uns diesen Morgen hinter Carstedt ein Cavalerie maneuvre von Husaren, cosaquen u. Baschkiren gegeben welches sehr interessant u. amusant war. Mittags assen alle officiers hier.

d. 22sten Junius.

Nichts besonderes anzumerken. ich habe den General Dörenberg in Grabow besuchet.

d. 23sten Junius.

Heute ist die officielle Nachricht eingelaufen daß troz des Waffenstillstandes die Franzosen auf eine schändliche Art am 17ten 3 escadrons der Lützowschen cavalerie auf ihrem Rückmarsche aus Sachsen überfallen, und vernichtet haben. 1 ) Die 4te ward gleichfalls angegriffen konnte sich aber noch durchhauen u. ist bei Havelberg angekommen. Die Geschichte liefert kein Beispiel einer solchen Schändlichkeit. Ich hoffe der Wiederausbruch des Krieges wird die Folge davon seyn.

d. 24sten Junius.

Leider ist kein Wort von der Krankheit des Kaisers Napoleon in Dresden wahr. Er ist nur zu wohl, befestiget Dresden, läßt alle die schönen alleen umhauen, im Marcolinischen Garten wo er wohnt die Wände des Hauses einschlagen um ein Theater bauen zu lassen, wozu er die Truppe von Paris hat kommen lassen. 2 )


1) Ueberfall bei Kitzen, unweit des Lützener Schlachtfeldes. Die Niedermetzelung der etwa 400 Lützower wurde ausgeführt durch die Reiterdivision Fournier und die beiden württembergischen reitenden Jägerregimenter der Brigade Normann, zusammen 4000 Mann.
2) Im Orangeriegebäude des Marcolini'schen Gartens war eine Bühne aufgeschlagen; hier, später auch im Opernhause, spielte die Truppe des Théâtre français vor dem Kaiser, der Königlichen Familie und einem geladenen Publikum. S. Flathe a. a. O. S. 177.
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Ich habe den Morgen das 1ste Bataillon unseres Regimentes welches in Neustadt lieget exerciren sehen.

d. 25sten Junius u. 26sten Ju.

Nichts vorzügliches anzumerken. General Graf Walmoden ist in Grabow eingetroffen und heute hier gewesen.

d. 27sten. nichts vorgefallen.

d. 28sten Junius.

Der Herzog ist heute nach Doberan gereiset.

d. 29sten Junius.

Der Kronprinz v. Schweden welcher seine Truppen hier im Lande mustert, 1 ) ist gestern in Rostock angekommen.

d. 30sten Junius.

Der Kronprinz ist gestern beim Herzoge in Doberan gewesen wo es eine ganz interressante wiewohl sonderbare conversation gegeben hat, von dort ist der Prinz nach Wismar gegangen u. von da wieder nach Pommern.

d. 1sten Julius.

Den Nachmittag bin ich mit meiner Frau nach Schwerin gereiset um unserer Tante Ulrique zu ihrem 91sten Geburtstage Glück zu wünschen.

d. 2ten Julius.

Wieder nach Llust zurückgekehret.

d. 3ten Julius.

Herrn von Alopeus ist heute eine starke Gege[n]note auf diejenige gegeben worden welche er im Nahmen des Verwaltungsraths eingereichet hat. Wir bleiben dabei ihn nicht anzuerkennen. Zugleich ist ihm ein Projekt zu einer convention mit dem Kaiser v. Rusland u. Könige von Preussen zugestellt worden. 2 )

d. 4ten Julius.

Nachrichten aus dem Hauptquartier sagen daß nicht am Frieden gedacht wird.

d. 5ten Julius.

Nunmehr ist der Kronprinz von Schweden nach Trachenberg in Schlesien zu den beiden Monarchen eingeladen worden. Die


1) Die Schweden hatten am 24. in Barnsdorf bei Rostock und in Wendorf bei Wismar ein Lager bezogen.
2) Vgl. v. Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe II, 34.
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entrevue soll am 9ten seyn. 1 ) Dies ist mir ein erwünschtes Zeichen, daß der Krieg wieder anfängt. Einige wollen sogar an die Möglichkeit glauben daß Dannemarc wieder zu die alliirten übergehen wird.

d. 6ten u. 7ten Julius.

Die heutigen Nachrichten lassen keinen Zweifel an den Wiederausbruch des Krieges.

d. 8ten Julius.

Der Schwedische Generallieutnant Vegesack ist heute hier angekommen, mit Aufträgen an Graf Walmoden wegen unserer Truppen, letzterer ist aber nach Berlin u. trift erst in 6 Tagen wieder in Grabow ein. Die Schweden fangen an positionen zu nehmen.

d. 9ten u. 10ten Julius.

Nichts anzumerken. General Vegesack ist wieder abgereiset.

d. 11ten u. 12ten Julius.

Gestern Abend um 7 Uhr bin ich mit einer Frau, meinen Kindern und meinem ganzen Hauswesen nach Doberan gereiset. Die Nacht durchgefahren u. diesen Morgen 1/2 11 Uhr hier angekommen.

Unser erster Abend ist durch eine traurige Begebenheit bezeichnet worden. Herr von Staal v. Holstein, Sohn der berühmten Fr. v. Staal hatte sich um eine elende Kleinigkeit mit einem adjutanten des Generals Benkendorff Nahmens Jorris entzweiet. Sie schlugen auf den Säbel und beim ersten Hau lag Herr v. Staal todt hingestreckt da. 2 ) Diese unglückliche Begebenheit hat wie naturlich große sensation gemacht. Yorris hat sich sogleich geflüchtet.


1) Daß die Trachenberger Konferenz, die am 10. Juli begann, im letzten Grunde der Anregung Friedrich Ludwigs zu danken ist, ist wenig bekannt. - Die Darstellung bei Oncken: Das Zeitalter der Revolution etc. . II, 663 verwischt völlig die Thatsache, daß die Zusammenkunft des Kronprinzen mit dem Kaiser Alexander und dem König von Preußen lange geplant war.
2) Dieses Duell machte seiner Zeit Aufsehen, auch E. M. Arndt (Erinnerungen aus dem äußeren Leben S. 177) erwähnt es. Albert von Staël, der zweite (nicht älteste, wie Arndt behauptet) Sohn seiner berühmten Mutter, die damals in Stockholm lebte, war in schwedische Dienste getreten und hatte, als Husarenleutnant mit einem Auftrage nach Hamburg geschickt, von seinen Vorgesetzten die Erlaubniß erbeten und erhalten, bei Tettenborn zu bleiben. Bei jenem Duell war der Unglückliche von seinem Gegner buchstäblich enthauptet worden. Vgl. Lady Blennerhassett: Frau von Staël III S 361 f.
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d. 13ten Julius.

Den heutigen Nachrichten zu Folge hat der K. Napoleon den Graf Metternich in Unwillen entlassen, es heißt es habe ihm nachher gereuet u. ihn wieder zurückhohlen lassen, Metternich ist aber nicht wieder gekommen, 1 ) u. die Allianz zwischen Rusland Preussen u. Oestereich soll bereits unterzeichnet seyn. 2 )

Mehrere interressante Schweden sind hier, unter andern ein Herr v. Güldensiold den ich schon lange kenne. er giebt sich alle Mühe unter der Hand den üblen Eindruck beizulegen welchen die von Schwedischer Seite vorgenommene gewaltsame Aushebung von Ochsen gemacht hat, bei welcher Gelegenheit es zu unangenehmen Auftritten gekommen ist. 3 ) Es scheint als wenn der Kronprinz sein Unrecht einsiehet u. es gerne wieder gut machen möchte, u. als wenn Güldensiold den Auftrag hätte mit mir darüber zu reden wie es zu repariren sey. Hiezu werden sich Mittel finden lassen.

d. 14ten Julius.

Wir haben heute eine höchst interressante Fahrt nach dem Admiralsschiff Defiance von 74 Kanonen gemacht welches auf der Warnemünder Rhede lieget, und von Admiral Hope commandirt wird, der nehmliche den ich in Stralsund kennen lernte. Er empfing uns ausserordentlich freundlich und höfflich.

d. 15ten Julius.

Einem kleinen Balle beigewohnt.

d. 16ten Julius.

Heute ist die Nachricht eingelaufen daß der Waffenstillstand bis zum 10ten August prolongirt worden ist und dann noch 6 Tage zur Aufkündigung, mithin bis zum 16ten August. Es sollen FriedensUnterhandlungen in Prag stattfinden. Die von Oestereich aufgestellte FriedensBasis wird so angegeben. 4 ) Wiederherstellung Polens wie es 1806 unter den 3 Mächten war.


1) Vgl. über die berühmte Unterredung zwischen Napoleon und Metternich im Marcolini'schen Palais am 26. Juni Oncken a. a. O. II, 649 ff.
2) Am 27. Juni in Reichenbach.
3) Die Ochsenaushebung im Juli scheint namentlich in den Aemtern Meklenburg und Gadebusch vorgenommen worden zu sein. Die Schweden ertheilten dafür Kommissariatsscheine, die später von der Militär=Verpflegungs=Kommisssion in Rostock eingelöst wurden. Einzelne Gutsherren, wie z. B. der Domänenrath Steinmann auf Holldorf, hatten sich widersetzt und den Aushebungskommissar vertrieben.
4) S. den Wortlaut bei Oncken a. a. O. II, 647 f.
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Rückgabe aller Preussischen Provinzen jenseits der Elbe.
Rückgabe von Illirien, Triest u. Fiume an Oestereich.
Freiheit der Hansestädte.
Aufhebung des continentalsistems.
Aufhebung des Rheinbundes. Rückgabe von Oldenburg.

d. 17ten Julius.

Marquis Wellington hat am 21sten Juni die Franzosen bei Vittoria aufs Haupt geschlagen, unter Joseph und Jourdan. 152 Canonen, alle munitions, Schlachtvieh, die Kriegscasse die Fahne des 100sten Regiments, Jourdans Marschallstab, eine Menge Gefangene sind die Trophäen des Tages. Am 25sten verfolgte er sie noch bis dicht vor Pampeluna, von Bayonne sind sie abgeschnitten.

Der Kronprinz von Schweden ist in Stralsund zurückgekommen. Ich bin sehr neugierig wie er den unglücklichen Waffenstillstand aufgenommen haben wird.

Man versichert daß die Franzosen in Lubec alle Kinder von 8 bis 12 Jahren fort ins innere von Frankreich schleppen. 1 ) Solch ein Gräuel schreiet Rache.

d. 18ten Julius.

Meiner Frauen Geburtstag. Gott erhalte mir und meinen Kindern diese beste der Gattinnen und Mütter.

d. 19ten Julius.

Der General Vegesack hat heute einen Brief des Kronprinzen am Herzoge gebracht, in welchem er ihm anzeigt daß nach den in Trachenberg gemachten Verabredungen 100, 000 Mann die verbündete Nordarmee von Teutschland ausmachen würden, die Mecklenburgischen Truppen würden dazu gehören u. der Kronprinz diese Armee als General en cheff commandiren. Er habe den General v. Vegesac zum Divisionsgeneral über unsere Truppen ernannt. Zu gleicher Zeit werden Anträge gemacht daß der Herzog unsere Bataillons bis zu 800 Mann ein jedes verstärken möge.

Es traf sich glücklich daß dieser Brief gerade heute ankam da der Herzog diesen Abend den Minister von Plessen nach Stralsund schikte um über verschiedene Gegenstände mit dem Kronprinzen zu unterhandlen. Die obige Angelegenheit wird


1) Leeres Gerücht.
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daher auch mit abgemacht werden. Ich habe bei dieser Gelegenheit dem Kronprinzen aus vollem Herzen über die Ochsenaushebungsgeschichte geschrieben.

d. 20sten Julius.

Nichts anzumerken.

d. 21sten Julius.

Generallieutnant v. Posse 1 ) hatte heute die große attention seine ganze Division 6000 Mann stark, Infanterie, Cavallerie u. Artillerie von Rostock hieher kommen zu lassen, und uns diesen Abend ein sehr schönes Maneuvre zu geben, welches mir viele Freude gemacht hat.

d. 22sten Julius.

Diesen Nachmittag ist Minister von Plessen von Stralsund zurückgekehrt. Er ist wohl aufgenommen worden und hat gute Geschäfte gemacht. Auf die von Schweden für die Verpflegung der Truppen uns schuldigen Gelder hat er eine abschlägliche Zahlung von 50000 Rthlr. bewirkt. Die OchsenAushebung= Geschichte ist auch arrangirt, der Kronprinz wird den von uns geforderten Preis aus seiner eigenen Tasche bezahlen. Dem Prinzen thut diese Sache sehr leid, er ist in der That falsch berichtet worden. Auf meinem Briefe hat er mir sehr liebenswürdig geantwortet.

Unsere Truppen werden alle in 8 Tagen ins Preussische marschieren, die Armeen fangen an ihre Positionen zu nehmen, ein grosser Theil der hier im Lande stehenden verlassen uns, indessen andere kommen wieder, so daß doch an 18000 Mann zur Dekkung unserer Gränzen bleiben werden. Troz der Unterhandlungen in Prag ist der Wiederanfang des Krieges mir sehr wahrscheinlich. Gott gebe seinen Segen dazu.

Der Kronprinz reiset morgen frühe nach Berlin ab, wohin er sein Hauptquartier verleget. Wir werden auf den Wunsch des Kronprinzen jede unserer infanterie compagnien um


1) Befehligte die zweite Division der schwedischen Armee. Die erste Division unter dem Generalleutnant von Sandels stand zwischen Gadebusch, Schwerin und Wismar; zu ihr gehörten auch die meklenburgischen Truppen. Die dritte Division unter Generalleutnant von Skjöldebrand versammelte sich in Tribsees und Grimmen.
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30 Mann vermehren, 1 ) und 500 Bauern nach Stralsund senden um an den dortigen Festungswerken zu arbeiten da Stralsunds Befestigung von der größten Wichtigkeit für Nordteutschland ist. Wir werden auch 800 artilleriePferde bis zum 8ten August liefern. Die Bezahlung ist auf die Pommersche Kammer angewiesen.

Plessen hat auch mit den englischen Ministern das nöthige wegen Bezahlung der Unterhaltung der sich in Englischem Solde befindlichen Truppen die hier im Lande stehen verabredet.

d. 23sten Julius.

Besonderes ist heute nicht anzumerken.

d. 24sten u. 25sten Julius

nichts anzumerken.

d. 26sten Julius.

Ich bin heute nach Cassow (?) gewesen wo mein Bruder Gustav im quartier stehet um von ihm Abschied zu nehmen, indem das Regiment übermorgen nach Röbel marchieret. Unsere übrigen Truppen sind alle auch schon auf dem Marsche, in die neuen Cantonnements. Ich glaube ihre weitere Bestimmung ist Berlin. Der Kronprinz verlegt sein Hauptquartier nach Demmin.

d. 27sten Julius.

Wellington soll zu Bayonne angekommen, u. jetzt wahrscheinlich schon in Bordeaux seyn. 2 ) König Joseph soll nur mit 10000 Mann nach Frankreich entkommen seyn.

d. 28sten bis zum 2ten August.

Die Nachrichten des Einrükkens der Engländer in Frankreich bestätigen sich. General Moreau ist in Schweden angekommen u. landet nächstens in Stralsund. Eben kömmt die Nachricht daß der Kronprinz v. Schweden sein Hauptquartier nach Wahren verleget, ich werde morgen Abend dahin abgehen.


1) Zu dem Ende wurde unterm 28. eine neue Rekrutenaushebung von 650 Mann, vom 19. Jahre exclusive, bis zum 25. inclusive aus den sämmtlichen Kirchspielen des Landes ausgeschrieben.
2) Diese und die weiterhin gegebenen Nachrichten vom spanischen Kriegsschauplatze sind unrichtig. Den Engländern gelang es erst im Spätherbst, die Grenze Frankreichs zu überschreiten; sein Winterquartier bezog Wellington in Biarritz gegenüber den französischen Truppen, die Bayoune besetzt hielten.
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d. 3ten August.

Heute ist des Königs von Preussen Geburtstag, wir haben den Tag zu feiern ein diner im pavillon gehabt . . . . . . 1 )

Abends war Ball.

Wie ich nach Wahren abreisen wollte, kam die Nachricht daß der Kronprinz in Röbel sey, dort unser Cavallerieregiment mustere, 2 ) u. über Grabow u. Boitzenburg nach Wismar gehe. Ich werde mich also übermorgen dahin begeben. Unsere Truppen haben aufs neue eine andere Bestimmung erhalten. 3 ) Die sämmtliche Infanterie marschirt in die Gegend von Wismar, wahrscheinlich auch die cavallerie, welche von der Division Vegesack getrennt jetzt zur Division Posse stößet.

Man glaubt daß Napoleon am stärksten jetzt hier gegen die Elbe vordringen will.

d. 4ten August.

Der Kronprinz hat aufs neue unser Cavallerieregiment bei der Division Fegesack gelassen. 4 )

d. 5ten August.

Diesen Morgen fuhr ich nach Wismar, kam um 1 Uhr Mittags in dem Augenblikke an in welchem der Kronprinz hieher abfahren wollte. Ich habe aber noch eine lange Unterredung mit ihm gehabt. Ich folgte ihm hieher wo ich auch noch lange mit ihm sprach, und er mir einen sehr interressanten Auftrag gab,


1) Hier sind einige Zeilen des Textes unterdrückt.
2) Die Musterung fand am 3. August bei Leizen unweit Röbel statt. Das Fußjäger=Regiment wurde an demselben Tage bei Plau gemustert. Vgl. v. Boddien a. a. O. S. 71 ff.
3) Nach Francke: Mecklenburgs Noth und Kampf etc. . S. 254 hätte die meklenburgische Brigade die veränderte Bestimmung auf Wunsch des Erbprinzen erhalten. Wäre das der Fall gewesen, so würde das Tagebuch wohl eine darauf bezügliche Bemerkung enthalten.
4) Die Division des Generalleutnants von Vegesack, welche einen Bestandtheil des vom Generalleutnant Grafen von Wallmoden=Gimborn befehligten Korps an der Niederelbe ausmachte und den äußersten rechten Flügel der verbündeten Armeen bildete, bestand nunmehr aus einer schwedischen Brigade unter dem Befehl des Obersten von Bergenstrohla und der meklenburgischen Brigade, kommandiert vom Generalmajor von Fallois und zusammengesetzt aus dem Grenadier=Garde=Bataillon, dem Musketier=Regiment (2 Bataillone), dem Bataillon freiwilliger Jäger, dem reitenden Jäger=Regiment (4 Eskadrons) und einer Fußbatterie (4 Geschütze). Attachiert waren der Division zwei Eskadrons preußischer Husaren unter dem Major von Schill.
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der mir ausserdem ein schmeichelhafter Beweis seines Zutrauens ist. Er setzte darauf seine Reise nach Rostock fort.

d. 6ten August.

Diesen Mittag sandte mir der Kronprinz noch einen Adjutanten mit einem Briefe in Bezug auf den mir gestern gegebenen Auftrag. In Verfolg dessen sandte ich diese Nacht einen sicheren Menschen zur See nach Copenhagen.

d. 7ten August.

General Moreau ist in Stralsund angekommen. Seine entrevue mit dem Kronprinzen ist sehr rührend gewesen. Er begiebt sich ins grosse Hauptquartier.

d. 8ten August.

Es ist die Veranstaltung getroffen worden daß bis zum 16ten wo der Waffenstillstand aus ist 8000 Mann des Landsturms sich aus verschiedenen Punkten, bei Wismar Schwerin, Boitzenburg und Dömitz versammlen werden, um dem Feinde zu zeigen daß das ganze Land zur Vertheidigung auftritt. Napoleon soll provisorisch schon den General Dufour zum gouverneur von Mecklenburg ernannt haben. Das ist impertinent. Auch hat er Mecklenburg an Dannemark angeboten als Entschädigung für das Stift Drontheim, da er wohl durch die Spanischen Begebenheiten beim Frieden doch nachgeben müsse, daß es an Schweden abgetreten würde.

d. 9ten. Wiedrigen Windes halber ist mein Bote nach Copenhagen erst diesen Morgen 2 Uhr von Warnemunde abgegangen.

d. 10ten August.

Der Kronprinz hat nur einen sehr freundlichen Brief geschrieben, und 1000 Gewehre u. 1000 Paar Schuhe für unsere Truppen bewilliget.

d. 11ten August.

Da die Mecklenburgische cavallerie so wie die anderen Truppen in die Gegend von Wismar gerückt sind, so ist der Stab u. die Schwadron meines Bruders Gustav nach Pluschow ins quartier gekommen. Ich bin heute hingereiset ihn zu besuchen.

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d. 12ten August.

In Plüschow geblieben und Abends in Gressow gegessen wo Obrist Both von der Garde cantonnirt, recht froh gewesen.

d. 13ten August.

Diesen Morgen ließ der Herzog unsere sämmtlichen Truppen, mit Ausnahme der Fußjäger welche schon an der Holsteinschen Gränze auf Vorposten stehen, in der Nähe von Plüschow maneuvriren, nachher speiseten wir in Wismar beim Landrath von Vieregge und kehrten Abends nach Doberan zurükke.

d. 14ten August.

Nichts vorgefallen. Die Nachrichten aus Spanien lauten vortreflich. Marschall Suchet soll sich mit seiner Armee zu Gefangenen ergeben 1 ) u. die Engländer 10000 Mann nach Bordeaux eingeschift haben, auch der Friede zwischen England u. America geschlossen seyn. 2 ) Wolle der Himmel daß es sich bestätiget.

d. 15ten August.

Colaincourt hat im Nahmen seines Herrn auf Verlängerung des Waffenstillstandes angetragen, Graf Metternich hat im Nahmen der Alliirten eingewilliget, wenn die Franzosen augenblicklich die Preussischen Festungen räumen würden. 3 ) Napoleons Antwort war noch nicht in Prag angekommen. 4 )

d. 16ten August.

Diesen Abend ist die ersehnte Nachricht eingegangen daß der Waffenstillstand alliirter Seits aufgekündiget und die Feindseligkeiten morgen wieder anfangen. Die Allianz mit Oestereich ist declariret, das Russisch Preussische Hauptquatier ist in Prag, die Armeen sind mit den Oestereichischen vereinigt.


1) Ein Irrthum. Suchet behauptete sich in der Provinz Valencia und zog sich erst gegen Ende 1813 an den Fuß der Pyrenäen zurück.
2) Auch diese Nachricht war falsch. Der Krieg zwischen England und den Vereinigten Staaten wurde erst durch den Frieden von Gent 24. Dezember 1814 beendet.
3) Vgl. Häusser a. a.O. 233.
4) Die Antwort Napoleon's, der an seine Nachgiebigkeit dachte, kam zu spät erst am 11.August. Um Mitternacht zwischen dem 10. und 11. unterzeichneten Anstett und Humboldt die Erklärung, daß ihre Vollmachten zur Unterhandlung erloschen seien. Auch Metternich erklärte jetzt die Frist für abgelaufen und übergab dem französischen Unterhändler Narbonne am 12. ein Manifest, welches Oesterreichs Kriegserklärung motivierte.
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Wie der Kronprinz v. Schweden die Vorposten bei Stettin bereisete, hatte man franz. Seits die Infamie troz des Waffenstillstandes ihn mit einer Bombe zu begrüssen die nicht weit von ihm platzte. Er ließ einen parlamentair aus der Vestung fordern, u. hat denselben gehörig Bescheid gesaget.

d. 17ten August.

Oestereich hat am 11ten an Frankreich förmlich den Krieg erkläret. Die Franzosen haben Lubek u. Travemunde geräumt, 1 ) alle Authoritäten sind fortgegangen u. die Geisseln entlassen. 2 ) Bei Oldeslohe haben sie ein verschantztes Lager bezogen. Ich halte es für eine Kriegslist um das hiesige Armeecorps zu trennen wenn es etwa Lubec besetzen wollte.

d. 18ten August.

Gestern Nachmittag haben die Feindseligkeiten bei Lauenburg angefangen. Die Franzosen haben attaquirt sind aber von den Alliirten zurück geworfen worden. 3 )

d. 19ten August.

Heutige Berichte meldeten daß die Franzosen in Ratzeburg wären und hier ins Land debouschirten. Den Abend aber kam die Nachricht daß es nur ein falscher Lärm gewesen wäre. Allemal ist doch in diesem Augenblikke Mecklenburg bedrohet, und da halte ich es für Pflicht mit für mein geliebtes Vaterland zu kämpfen wenn auch gleich ich eigentlich nicht militair von Metier bin. Morgen will ich mir die Erlaubniß des Herzogs erbitten zu unseren Truppen gehen zu dürfen, wo ich so lange bleiben werde als wie Gefahr für Mecklenburg ist, dann aber gehe ich zu den meinigen u. meinen gewöhnlichen Berufsgeschäften zurück.


1) Die Franzosen waren allerdings abgezogen, aber das dänische Hülfskorps hielt Lübeck bis zum 5. Dezember besetzt. Vgl. Hoffmann a. a. O. II, 148.
2) Am 26. Juni waren 32 Bürger verhaftet und nach Hamburg geführt, ihnen folgten in den nächsten Tagen noch 36, doch wurden auf Fürsprache des dänischen Konsuls in Hamburg und der dänischen Regierung die meisten bald wieder entlassen, die letzten am 19. Juli. Vgl. Hoffmann a. a. O. II, 145.
3) Davout hatte Befehl, gleich nach Ablauf des Waffenstillstandes anzugreifen. Am 17. giengen die Franzosen auf Mölln und Lauenburg vor und erzwangen den Uebergang über die Stecknitz. Tettenborn zog sich hinter die Boize nach Gresse zurück.
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d. 20sten August.

Da der Herzog es mir erlaubt hat, so bin ich den Mittag abgereiset und des Abends in Wismar angekommen, wo ich erfuhr daß die Mecklenburgischen Truppen noch in u. bei Grevismuhlen ständen.

d. 21sten August.

Ganz zeitig reisete ich nach Grevismühlen, besuchte die Garde u. das Regiment welches eine halbe Meile davon standen u. hoffte mit meinen LandesLeuten fechten zu können. Der General Vegesack aber bewies mir daß es jetzt nicht dazu kommen würde indem der Stärke des Feindes wegen man rückwärts eine position bei Schwerin u. Wismar nehmen würde, er mir daher riethe fürs erste nach Doberan zurückzukehren.

d. 22sten August

mit schwehrem Herzen nach Doberan zurückgereiset.

d. 23sten August u. d. 24sten August.

Der Herzog hat beschlossen den Landsturm in Masse aufzubieten, und mich mit den nöthigen Vollmachten dazu versehen ihn anzuführen, er selbst wollte demnächst sich an die Spitze stellen. Er sandte mich deshalb mit dem Generalcommandeur Obristlieutnant von Bassewitz 1 ) ins Hauptquartier des Grafen Wallmoden um mit ihm das nöthige zu verabreden, damit sich der Landsturm unter gehöriger Mitwürkung des Militairs sammlen u. operiren könnte. Gegen Mittag verliessen wir Doberan, u. erfuhren unterwegens durch eine Menge Flüchtlinge, daß die Franzosen u. Dänen unter dem Marschall Davoust, bereits in Schwerin eingerükt wären. 2 ) Ich muste also einen grossen Umweg nehmen, um zum Grafen Wallmoden zu kommen, den ich in Lüblow eine Meile von Llust fand. Durch die Besetzung


1) Ulrich Carl Adolf von Bassewitz auf Schimm und Tarzotw, geb. 27. März 1781, königl. schwedischer Oberstleutnant a. D., gest. 1. Dezember 1866.
2) Davout hatte am 21. Wallmoden bei Vellahn angegriffen und zurückgedrängt; am 23. war Schwerin von den Franzosen und den vom Prinzen Friedrich von Hessen befehligten Dänen besetzt worden. Wallmoden nahm, um die Straße nach Berlin zu sichern, Stellung bei Ludwigslust. Da durch die Besetzung Schwerins die Flanke der Division Vegesack gefährdet war, so gieng diese am 24. in der Richtung Wismar=Rostock zurück. Die Franzosen folgten ihr, noch am 24. ward Wismar besetzt.
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von Schwerin war das ganze Land offen, u. General Wallmoden konnte keine Truppen zur Deckung des Landsturms geben, mithin muste für jetzt es unterbleiben. Ich verließ ihn morgens 6 Uhr, er marschierte nach Wittenburg, in der Hoffnung dort den Feind angreifen zu können. Ueber Parchim u. Güstrow muste ich zurückreisen um keinen Feind zu begegnen. In Güstrow pakten alle englische und andere depots ein, es war ein grosser wirwar Morgens.

d. 25sten August

um 6 Uhr kam ich wieder nach Doberan und fand meine Famielie nach Rostock abgereiset, weil die alliirten im retiriren waren. Ich folgte dahin um wenn keine besseren Nachrichten kämen mit den Meinigen nach Greifswalde reisen zu können.

d. 26sten August.

Den Morgen kam die Nachricht daß General Vegesack mit den Schweden u. Mecklenburgern den Mittag hier eintreffen würde. Kurz darauf kam ein courier, welcher behauptete angenehme Nachrichten an den General Vegesack zu bringen, allein leider trafen der General u. die Truppen ein, mit der traurigen Kunde, General Walmoden sey mit seiner armée zum Kronprinzen abberufen, verlasse also das Land und unsere Truppen zogen sich nach Pommern zurück, da sie dem 30,000 Mann starken Marschall Davoust nicht gewachsen sind. Für uns war also auch kein Bleiben mehr u. die Abreise nach Stralsund u. Rügen ward beschlossen, wie unglücklich wir uns fühlen das geliebte Vaterland verlassen zu müssen! Unsere Truppen weinten fast vor Wuth Mecklenburg ohne Schwertschlag zu räumen um ein fremdes Land zu dekken. Mit diesen peinigenden Gefühlen fuhren wir des Abends um 8 Uhr von Rostock ab, in Sülz der letzten Mecklenburgischen Stadt hatten die Einwohner in später Nacht alle Fenster illuminirt. Die Regierung hat auf Befehl des Herzogs Schwerin verlassen 1 ) und sich zu uns begeben, das KammerCollegium ist auch aufgelöset, damit die Feinde keine autorität vorfinden.

Mir bleibt der Trost daß das Leiden nur vorübergehend seyn, und die Befreiung Teutschlands dennoch erkaufft werden wird.

d. 27sten August.

Um Mittag kamen wir in Stralsund an. Die hiesige Regierung hatte die attention gehabt uns ins hiesige gouvernements


1) Am 22.
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palais zu logieren. Die gute liebe Fürstinn Putbus bot uns einen sicheren Auffenthalt in Putbus auf Rügen an, wohin wir denn auch übermorgen abgehen werden. Heute Abend spricht man von sehr glücklichen Ereignissen sowohl bei der armée des Kronprinzen als der grossen Armee, welches denn auch für uns glüklich sein wird.

d. 28sten August.

Diese Nacht bekam ich eine Staffette vom Obristen v. Both mit der angenehmen Nachricht, daß auf contreordre vom Kronprinzen Graf Walmoden wieder zurük auf Schwerin marchiere, u. daß General Vegesack mit den unserigen wieder auf Bützow u. Wismar vorrükke. An letzterem Orte erwartete Both heute eine affaire. Die vortreflichen Nachrichten von der Armee des Kronprinzen sind vollkommen bestätiget. Er hat die Franzosen geschlagen, General Blucher gleichfalls, 1 ) er stehet schon bei Bautzen, die Oestereicher bei Dresden u. in München. In Spanien ist nun auch Marschall Soult gänzlich geschlagen. 2 )

Nach allem diesen ist unsere Abreise nach Rügen sogleich verschoben worden, unsere Blikke wenden sich wieder nach Mecklenburg.

Den Abend bekam der Herzog einen courier vom Kronprinzen, welcher ihm die glücklichen Ereignisse meldete u. auf schleunige Aufbietung des Landsturms in Mecklenburg antrug. 3 )

Ich ritt diesen Nachmittag um die hiesigen Bevestigungen an welchen auch 400 Mecklenburger Arbeiter schanzen. Sie empfingen mich mit einem Freudengeschrei welches mich tief rührte.

d. 29sten August.

Ich war diesen Morgen mit meiner Frau nach Niederhoff


1) Schlacht bei Großbeeren am 23., Treffen bei Hagelberg am 27. - Schlacht an der Katzbach am 26.
2) Soult, der bei Großgörschen und Bautzen gefochten hatte, war dann nach Spanien gesandt worden, um Wellington's weiteres Vordringen zu hindern. Er brach Ende Juni von neuem in Spanien ein, ward aber am 27. Juli bei Cubiry geschlagen. Ein zweiter Versuch des Vordringens Ende August endete mit seiner Niederlage bei Irun und seinem Rückzuge nach Bayonne.
3) Darauf hin wurde am 29. die erste Klasse des Landsturms aus den vom Feinde nicht besetzten Distrikten Rostock, Güstrow und Waren unter dem persönlichen Befehl des Erbprinzen aufgeboten.
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Zu Frau von Normann gefahren, 1 )welches Gut sehr hübsch ist. Den Abend erfuhren wir, daß das vegesacksche corps den Feind eine meile von Rostock gefunden zu Conow u. ihn mit nahmhaftem Verlust bis hinter Cropelin zurückgeworfen hat. 2 ) Unsere Jäger zu Fuß haben sich besonders ausgezeichnet, 2 compagnien davon haben 2 Bataillon Dänen aus einem Holze vertrieben.

Kammerherr Roeder 3 ) ist heute von Schwerin gekommen. Davoust hatte ihn gesandt um dem Herzoge zu versichern daß er dem Lande keinen Schaden thun würde, wenn derselbe die Rükkehr der Regierung, oder Einrichtung einer centralcommission bewillige, um seine armée gehörig zu verpflegen. Im entgegengesetzten Falle aber wolle er eine Regierung von HusarenUnterofficieren einsetzen, u. von den Schlössern und Domainen des Herzogs solle kein Stein auf einander bleiben.

Auf solche infame propositionen erfolgt natürlich keine Antwort u. Herr v. Roeder wird bei uns bleiben.

Mein Bruder Adolph war auch heute hier in Aufträgen v. Wallmoden gesandt.

d. 30sten August.

Graf Wallmoden hat den Grafen Westphal gesandt um wegen Aufbietung des Landsturms Rüksprache zu nehmen. Es werden große rassemblements bei Rostock, Güstrow u. Goldberg gemacht deren Bewegungen Wallmoden leiten wird. Noch habe ich die Erlaubniß nicht erlangen können hinzugehen. Die Conferenz der Regierung über diese Punkte wird mir ewig merkwürdig bleiben. ich habe mich beinahe krank geärgert über alle den Unsinn den ich gehöret, über den schleppenden trostlosen Gang der Geschäfte.


1) Gattin des zum 2. Juni 1813 genannten Oberstleutnants Philipp Christoph von Normann, geb. Freiin Waitz von Eschen, in erster Ehe vermählt mit dem 1790 gestorbenen Strelitzischen Reisemarschall Peter von Walsleben, gest. 28. August 1838.
2) Gemäß dem Befehl Wallmoden's zum Wiedervorrücken brach Vegesack, dessen Division am 27. bei Rostock bivakiert hatte, am 28. in westlicher Richtung auf, stieß auf die von Franzosen und Dänen gebildete Brigade Lallemand und warf sie bei Retschow zurück.
3) Eberhard von Roeder, später Schloßhauptmann.
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d. 31sten August.

Den Morgen ging die wichtige u. erfreuliche Nachricht ein, daß die Oestereicher u. alliirten die Linien von Pirna erobert u. in Dresden sind. 1 )

Mit dem 31. August, in den Tagen des Stralsunder Exils, bricht das Tagebuch ab. Zur Ergänzung sei hier in Kürze nur noch hinzugefügt, daß die Verbannung nicht von langer Dauer war. Davout, der seine Truppen in der Stärke von angeblich 30 000 Mann zwei Lager, bei Neumühlen und Wittenförden, hatte beziehen lassen, verharrte dort eine Zeit lang in einer den Zeitgenossen unbegreiflichen und für Zaghaftigkeit angesehenen Unthätigkeit, umschwärmt von den leichten Truppen des Wallmoden'schen Corps, die seine Verbindung mit der Außenwelt auf das äußerste beschränkten. Es ist wahrscheinlich daß er, wenn es Oudinot gelang sich Berlins zu bemächtigen, nach dem in französischen Händen befindlichen Stettin durchgebrochen wäre, in welchem Falle dann die Nordarmee des Kronprinzen von Schweden zwischen zwei Feuer gerieth. Diesen Plan durchkreuzte der Sieg der Alliierten bei Großbeeren. Als Davout über diesen endlich sichere Nachricht erhielt und erkannte, daß damit seine Stellung in Meklenburg unhaltbar geworden war, räumte er in der Nacht vom 2. zum 3. September Schwerin und zog sich an die Stecknitz zurück, sein Hauptquartier in Ratzeburg nehmend; gleichzeitig verließ General Loison Wismar und warf sich nach Lübeck, worauf sogleich in Schwerin die deutsch=russischen, in Wismar die schwedischen Truppen einrückten. Am 8. September kehrten der herzogliche Hof und die Regierung in das Land, zunächst nach Rostock, zurück. Nachdem dann die Franzosen am 12 November die Stellung an der Stecknitz verlassen hatten und am 17. Ratzeburg von den Schweden besetzt war, am 5. Dezember Lübeck von den Franzosen und Dänen geräumt und durch die schwedisch=meklenburgischen Truppen in Besitz genommen, endlich am 7. Dezember das russisch=schwedische Armeekorps aus Meklenburg nach Holstein vorgerückt war, siedelte am 8. der Hof wieder nach Ludwigslust, die Landesregierung am 11. nach Schwerin über. Friedrich Ludwig hatte inzwischen thatsächlich den Oberbefehl über


1) Irrige Nachricht. In der Schlacht von Dresden am 26. und 27. August wurden die Verbündeten geschlagen und zum Rückzuge gezwungen.
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die aktive Landsturmbrigade (Landwehr) übernommen und war mit ihr am 7. Dezember für kurze Zeit (bis zum 18. Dezember) nach Bergedorf und Schwarzenbek marschiert, kam aber nicht ins Gefecht, während die Fußjäger am 6. Oktober bei Schlagbrügge, beide Jägerregimenter am 10. Dezember bei Sehestedt sich mit Ruhm bedeckten. Der eigentliche Landsturm, den auf 15 000 Mann zu bringen die Regierung durch Wallmoden und den Kronprinzen von Schweden wiederholt gedrängt wurde, trat überhaupt nicht in Thätigkeit.

Eine ernstere militärische Aufgabe stellte dem Erbprinzen beim Beginn des Jahres 1814 der weitere Fortgang des Krieges gegen Frankreich. Ihm war am 24. Januar eine Tochter geboren worden; mit der Meldung dieses Ereignisses an den Herzog verband er die Bitte, es möge "nur eine ganz kleine Taufe" stattfinden, und zwar möglichst bald, da er sonst wohl nicht zugegen sein könne, denn er war dazu ausersehen, die meklenburgische Brigade bei der Armee des Kronprinzen von Schweden auf dem Feldzuge nach dem Niederrhein zu führen. Die Taufe der Prinzessin, die den Namen Helene erhielt und dereinst als Herzogin von Orleans die Augen der ganzen Welt auf sich richten sollte, fand in der That schon am 30. Januar statt. Am 15. Februar verließ der Erbprinz Ludwigslust und traf am folgenden Tage in Hannover bei seinen Truppen ein, mit denen er am 7. März bei Düsseldorf den Rhein überschritt. Freilich war es keine lohnende Aufgabe, die den meklenburgischen Soldaten und ihrem fürstlichen Führer in diesem Feldzuge zufiel: ihre ganze Thätigkeit beschränkte sich auf die Blockade der Festung Jülich vom 24. März bis zum 22. April, an welchem Tage sie durch dänische Truppen abgelöst wurden um über Aachen nach Verviers zu marschieren. Immerhin hatte Friedrich Ludwig, der sein Hauptquartier zu Aldenhoven am linken Ufer der Roer genommen hatte, bei einem Ausfall der Belagerten am 5. April Gelegenheit, achtungswerthe soldatische Eigenschaften zu bethätigen. Ueber seine ganze Wirksamkeit in diesen Tagen schrieb einer seiner Offiziere: "Die Aufmerksamkeit und Thätigkeit unseres, von uns Allen im höchsten Grade geliebten Erbprinzen ist eine erfreuliche Erscheinung und um so mehr zu bewundern und zu ehren, als er in dem Kriegshandwerk nur erst kurze Zeit gelebt hat." 1 )

Inzwischen hatte am 31. März Paris kapituliert, der Feldzug nahte seinem Ende. Nach dem Einrücken seiner Brigade in


1) Francke a. a. O. S. 416.
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Verviers und dessen Umgegend am 25. April übergab Friedrich Ludwig das Kommando an den Obersten von Both und gieng mit seinen Brüdern nach Paris. Als dort am 30. Mai der Friede unterzeichnet war, erhielt am 4. Juni die Brigade den Befehl, den Rückmarsch nach Meklenburg anzutreten. An ihrer Spitze überschritt der Erbprinz am 9. Juli die Elbe bei Boizenburg, am 11. zog er in Schwerin, am 17. in Rostock ein, wo am 21. die Auflösung der Brigade erfolgte. Friedrich Ludwig verabschiedete sich von seinen "geliebten Kriegskameraden" in einem schönen Tagesbefehl vom 21., 1 ) in dem es u. A. heißt: "Se. Herzogl. Durchl. haben die Gnade gehabt, mir zu versprechen, daß, wenn jemals unseres theuren Vaterlands Ruhe und Unabhängigkeit einen neuen Kampf erfordern könnte, Sie mich wieder mit ihnen vereinigen würden."

Dieser Fall, den der erwähnte Tagesbefehl als "glücklicherweise nicht vorauszusehen" bezeichnete, trat gleichwohl mit der Rückkehr Napoleon's von Elba ein. In dem neuen Kriegszuge gegen Frankreich übernahm Friedrich Ludwig, dem inzwischen am 2. Mai seine Gemahlin wieder einen Sohn, Magnus genannt, geboren hatte und der nun, seit am 14. Juni das Haus Meklenburg die Großherzogliche Würde angenommen hatte, Erbgroßherzog war, wieder den Oberbefehl über die Truppen, unter denen sich diesmal statt der aufgelösten beiden Jägerregimenter drei Bataillone Landwehr befanden. Am 1. Juli hielt Friedrich Ludwig Heerschau in Schwerin, am 8. rückte die Brigade aus, um zum Armeekorps des Generals von Kleist zu stoßen. Der Verlauf des Feldzuges gestaltete sich für die Meklenburger womöglich noch unbefriedigender als im Jahr zuvor, er brachte ihnen ermüdende Märsche und Verpflegungsschwierigkeiten zur Genüge, aber bei der ihnen zugewiesenen Blockade von Montmedy und der Belagerung von Longwy keine Gelegenheit zur Erringung von Waffenruhm. "Bis jetzt haben wir Mecklenburger," schrieb Friedrich Ludwig am 25. August aus Thonelle vor Montmedy, "außer einem beschwerlichen Dienste und einer sehr mangelhaften Verpflegung, welche an einigen Hunger gränzt, eben keine Heldenthaten vollbracht; doch entbehren de bonne grâce ist auch schon etwas." Am 18. September wurde Longwy übergeben, am 3. November trat die Brigade den Rückmarsch an, am 12. Dezember standen die Truppen in Ludwigslust in Parade vor dem Großherzog und rückten dann in die ihnen bestimmten Quartiere


1) Abgedruckt bei Francke a. a. O. S. 428 f.
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ab. In einem Erlaß an den Obersten von Both 1 ) legte Friedrich Ludwig den Oberbefehl nieder. "Ich trenne mich nicht von meinen lieben Waffenbrüdern," heißt es darin, "ohne das Gefühl des herzlichen Dankes für alle mir von ihnen in dem nun beendigten Feldzuge bezeigte Liebe und Anhänglichkeit. Ew. Hochwohlgeboren wollen dies den Chefs und Offizieren, den Unteroffizieren und Soldaten in meinem Namen bekannt machen, und die Versicherung hinzufügen, daß die Zeit, wo ich sie zu befehligen die Ehre hatte, stets ein Freudenreiches Andenken für mich bleiben wird, so wie ich es mir zur Pflicht rechnen werde, jede Veranlassung zu ergreifen, einem Jeden von ihnen dienen und nützlich sein zu können."

So war die Kriegszeit, von deren einem Theile das Tagebuch ein so anschauliches Bild bietet, beendet und Friedrich Ludwig konnte, wie er es gewünscht hatte, "zu seinen gewöhnlichen Berufsgeschäften zurückgehen."

 

Vignette

1) Bei Francke a. a. O. S. 459 f.