zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 279 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VI.

Die Civitas der Slaven

und

Funde aus Feldberg.

~~~~~~~~~~~~~

G. Oesten=Berlin berichtet in den Verhandlungen der Berliner anthropologischen Gesellschaft (Sitzung vom 11. Januar 1890) über diesen Gegensand das Nachfolgende, dessen vom Autor beantragte Mittheilung an dieser Stelle der Herausgeber nicht für unangebracht gehalten hat.

Man mag zu den von Oesten gezogenen Nutzanwendungen auf die Möglichkeit der Existenz des alten Rethre in der Feldberger Gegend stehen, wie man will, auf alle Fälle ist die Betrachtung des Begriffs einer Civitas bei den Slaven von allgemeinem Interesse für Meklenburg als unzweifelhaftem Sitze derartiger slavischer Gemeinwesen. Ob Oestens Deutung der Worte immer die richtige ist, bleibe dahin gestellt. Namentlich die Einbeziehung der mit cum eingeleiteten Worte S. 283 in den Begriff der civitas, anstatt der Parallelisirung mit diesem Begriffe, ist anfechtbar.

Oesten's Bericht lautet:

"Herbord's Leben Otto's von Bamberg, des Apostels der Pommern, bietet reichen Stoff zur Beurtheilung der Frage: Wie hat man sich in Gestaltung und Ausdehnung diejenige Besiedelungsform der slavisch=heidnischen Volksstämme vorzustellen, welche von den Geschichtsschreibern der deutschen Vorzeit stets mit civitas bezeichnet und wofür von den Uebersetzern stets das Wort Stadt gewählt worden ist. Eine Stadt, im christlich=deutschen Sinne seit Heinrich I., gab es zu Otto's Zeit im heidnischen Slavenlande nicht. Dies geht aus Herbord's Beschreibung der Bekehrungszüge des Bamberger Bischofs zuverlässig hervor, so mannigfaltig

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 280 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auch sonst die Siedelungen der Wenden, welche Otto von Bamberg in Pomeranien sah und besuchte, und die dafür gewählten Bezeichnungen waren. Die Hauptform war die civitas. Außerdem aber gebraucht Herbord zur Bezeichnung der verschiedenen Gebilde: castellum, castrum, vicus, viculus, villa, palatium, tectum, curtis, moenia, curia, munitio, praesidium, locamunita etc., auch metropolis (von Stettin). Urbs nennt Herbord Städte in christlichen Landen, so Nemecia (Nimptsch, die Stadt des Herzogs von Polen und Gnesen). Im Pommerland wird diese Bezeichnung nur einmal angewendet bei Timina (Demmin). In dieser civitas, heißt es, kannten sie niemand, nur den urbis praetectum von der früheren Reise her, der sie auch freundlich aufnimmt und zu ihrer Wohnung einen Platz neben der Stadt in der alten Burg (juxta civitatem in veteri castello) bestimmt. Hier erscheint offenbar die urbs als ein Theil der civitas. Außerdem gebraucht Herbord das Wort urbs nur noch einmal bei Hologasta (Wolgast), das er sonst stets civitas nennt. Der Zusammenhang, in dem die Bezeichnung hier gebraucht ist, schließt die Annahme nicht aus, daß dort mit urbs ebenfalls ein besonderer Theil der civitas gemeint sei.

Bei der ersten Reise ins Pommerland 1124 nimmt Bischof Otto seinen Weg über Braga (Prag), Milecia (Milletin), Nemecia (Nimptsch), durch die Bisthümer Breslau, Kalisch, Posen, nach Gnesen, wird hier von dem Herzog Boleslaw für den Zug nach Pommern ausgerüstet und gelangt über das castrum Uzd (Uscz a. d. Netze) durch einen schrecklichen Wald in das heidnische Pommerland; zunächst nach dem castrum Pirissa (Pyritz). II. 11. Auf dem Wege nach Pirissa finden die Pilger viculos paucos, von kriegerischer Verwüstung zerstört, und machen ihre ersten Bekehrungen. Vor Pirissa, welches nur ein castrum, keine civitas ist, finden sie 4000 Heiden zu einem Feste versammelt und schlagen dort auf einem geräumigen platze vor der Burg auch ihre Zelte auf.

Herbord, der gelehrte Scholasticus, schreibt, was Sefried, Begleiter Otto's und Augenzeuge, erzählt. So anziehend die Schilderungen sind, so kann ich bei denselben nicht verweilen, vielmehr aus denselben nur das heraussuchen, was geeignet ist, ein Licht auf die Art und Form der Wohnstätten zu werfen.

Von Pirissa kommen die Pilger nach der civitas Camina (Kamin), wo sie 40 Tage bleiben, II. 19, den Herzog Wratislaw und seine Gemahlin bekehren und eine Kirche bauen.

Nicht bloß aus der Stadt (de civitate), sondern auch vom Lande (de rure) strömt das Volk nach der Kirche. In Kamin

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 281 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lassen die Reisenden ihre Pferde und Lastthiere zurück, die von dem Herzog auf Weidegründe des Landes gesandt werden, und gehen zu Schiffe über Seen und Meerbusen nach Julina (Wollin). Dies ist eine große und feste Stadt (civitas magna et fortis), die Einwohner derselben sind grausam und barbarisch.

Die Pilger verlassen daher vor der Stadt die Schiffe, warten das Dunkel der Nacht ab und ziehen alsdann unbemerkt in den Ort und dort in den Hof und das Haus (curtim et moenia) des Herzogs. In den einzelnen Städten (civitatibus) besitzt der Herzog ein palacium. In Julina bestand dasselbe aus einem großen Gehöft mit mehreren Gebäuden. Das Hauptgebäude, Stupa oder Pirale, war sehr fest aus ungeheuren Balken und Brettern zusammengefügt. In diesem Gebäude bergen sich der Bischof Otto, seine Kleriker mit den Schreinen, Packsätteln, dem Gelde und den Kostbarkeiten vor dem Angriffe der Heiden, der am andern Tage stattfindet, als der Einzug der Karawane ruchbar geworden ist. Es wird derselben schließlich gestattet, abzuziehen. Die Straßen der Stadt (civitatis) waren sumpfig und schmutzig, und wegen des Schmutzes waren Brücken hergerichtet und überall Bretter gelegt. Der Durchzug gestaltet sich schwierig. Sie erreichen endlich die Brücke über den See (die Dievenow) und ruhen, nachdem sie die Brücke abgebrochen, drüben zwischen Tennen und Scheunen (inter areas et loca horreorum), II. 23, waren also auch hier noch innerhalb des Bereiches der civitas. Otto bleibt hier 7 Tage und verhandelt mit den Julinern. Sie erklären schließlich, sich zum Christenthum bekehren zu wollen, wenn die Stettiner dies thäten. Denn diese civitas, sagten sie, sei die älteste und vornehmste im Lande der Pomeranen und die Mutter der Städte. Als Otto dann später nach der Bekehrung Stettins nach Julin zurückkehrt, wurde die ganze Stadt und Landschaft (tota civitas et provincia) dem Christenthum gewonnen. Zwei Monate lang hat Otto ununterbrochen zu taufen und zwei Kirchen werden in Julin gebaut.

Es war also die civitas Julin von erheblicher Ausdehnung, sie war offen und weitläufig gebaut, da sonst unmöglich eine ganze Karawane, auch nicht unter dem Schutze der Dunkelheit, unbemerkt hätte hineinziehen können.

Von Julin fährt Otto mit seinen Begleitern zu Schiffe nach Stettin. Auch hier ziehen sie nach Anbruch der Nacht in den Hof des Herzogs (curtim ducis, II. 25). Die civitas Stetin war von allen Seiten von Sumpf und Wasser umgeben, sie war die Hauptstadt (metropolis) von ganz Pommern, sie hatte Hauptstraßen (capita platearum) und Stadtviertel oder Vorwerke (vicos,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 282 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

II. 33). Es gab einen Marktplatz, auf dem wöchentlich zweimal Markttag gehalten wurde und über welchen sie während desselben das Kreuz trugen, II. 25. Auf dem Marktplatze befanden sich hölzerne Stufen (gradus lignei, III. 17), von denen die Herolde und die Obrigkeit zum Volke zu sprechen pflegten. Mitten auf dem Marktplatze wird später eine Kirche gebaut, II. 35.

In civitate Stetin gab es ferner 4 Continen: eine derselben war der wunderbar schmuckreich und kunstreich gebaute Tempel mit dem Bilde des Triglav, die anderen 3 Continen waren Versammlungshäuser und enthielten nur Tische und Bänke. 900 Familienväter gab es in der Volkreichen Stadt, ohne die Kinder und die Weiber und die übrige Menge. In Stettin, innerhalb der civitas, stand auch eine mächtige und dicht belaubte Eiche, und unter derselben floß eine liebliche Quelle, welche das Volk, als von einer Gottheit bewohnt, für heilig hielt. Ebenso ist eines heiligen Nußbaumes auf einem Acker neben einer Brücke in Stettin gedacht, den Otto umhauen will, wobei er in große Gefahr geräth. Die Bäume bleiben schließlich auf vieles Bitten der Bürger ihrer Annehmlichkeit und Nützlichkeit wegen ungefällt, II. 31, III. 22. Auch ein heiliges schwarzes Roß wurde innerhalb der civitas gehalten, II. 32.

Als der Bischof eines Tages den Besuch einer Frau von großer Ehre und Macht erwartet, geht er aus dem Hause (tecto), in dem er wohnt und setzt sich mit seinen Klerikern vor demselben auf einen Rasenhügel. Sie sehen die Frau von ferne herankommen. II. 27.

Aus der Gesammtheit dieser Angaben muß man die Anschauung gewinnen, daß die civitas Stetin nicht eine von Mauern eingeschlossene Stadt, sondern ein räumlich ausgedehntes, landschaftlich offen und breit gelagertes Gemeinwesen darstellte, dessen Unzugänglichkeit allein durch die natürliche Lage gewahrt war.

Von Stettin werden noch zwei in der Nachbarschaft belegene und zum Stettiner Gau (ad pagum Stetinensem) gehörige Burgen (castella) besucht, Gradicia (Garz a. d. Oder) und Lubin (Lübzin am Dammschen See). In jeder der Burgen (per castellum utrumque) wird ein Altar erbaut und geweiht. Dann geht die Reise zu Schiffe wieder nach Julin, wo nun die Bekehrung der ganzen Stadt und Landschaft anstandslos vor sich geht. II. 36.

Von Julin wieder aufbrechend, gelangen die Pilger nach Clodona (Klötikow a. d. Rega), wo sie eine besonders große und kunstreich gebaute Kirche errichten. Nach Ueberschreitung des Flusses bei Clodona, der Rega, finden sie eine durch Feuer und Schwert zerstörte Stadt von großem Umfange und ausge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 283 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dehnt (civitatem magnam quidem ambitu et spaciosam II. 37). Es ist die durch Boleslaw zerstörte civitas Nacla, von der es II. 5 heißt, daß die Trümmer und Brandstätten derselben an verschiedenen Orten von den Eingeborenen gezeigt wurden. So vergänglich die Baumaterialien der Slaven, Holz und Lehm, sind, so ist Brandschutt doch gegen Verwitterung sehr widerstandsfähig; dieser sowohl, wie Topfscherben würden noch heute der örtlichen Nachforschung zuverlässigen Aufschluß über die Lage, Ausdehnung, zerstreute Bauart der im Jahre 1121, nämlich 3 Jahre vor dem Besuch derselben durch Otto von Bamberg, bei Klötikow auf dem rechten Ufer der Rega zerstörten civitas Nacla geben * ).

Der Zug bewegt sich nun nach Colobrega (Colberg) und von dort nach dem eine Tagereise (35 km) entfernten Belgrada (Belgard). In beiden Orten fügt sich Alles bereitwillig der neuen Lehre.

Als dies geschehen war, heißt es in dem Bericht, schien es ihm (Otto) gut, die 4 noch übrigen Städte mit ihren Gauen, Dörfern und Inseln (4 quae supererant civitatibus cum pagis, viculis et insulis suis) Uznoimia (Usedom), Hologasta (Wolgast), Gozgaugia (Gützkow) et Timina (Demmin) für jetzt unbesucht zu lassen, weil die Zeit zurückrief u. s. w. Wer noch im Zweifel sein kann, wie man sich die normale Gestaltung einer slavischen civitas vorzustellen hat, wird es aus dieser kurzen Notiz entnehmen. Sie war gauartig ausgebreitet und umfaßte Einzelansiedelungen auf festem Lande und auch auf Inseln.

Bischof Otto kehrte von seiner ersten Pommern=Reise über Polen zurück. Er unternimmt die zweite Bekehrungsreise nach Pommern 3 Jahre später, im Jahre 1127, über Halle. Er geht dort zu Schiffe, kommt, auf dem Elbstrom in die Havel segelnd, an die Gestade Leuticiens und erreicht von Pommern zuerst die civitas Timina (Demmin), wo er, wie bereits Eingangs erwähnt, durch den urbis praefeetum aufgenommen wird. Von hier aus sehen die Pilger den Rauch der brennenden, durch den Herzog Wratislaw verheerten leuticischen Ortschaften. Sie fahren dann auf der Peene in 3 Tagen nach Unznoimia (Usedom). In dieser Stadt (civitate) findet eine Hauptzusammenkunft der Barone und Vornehmen des ganzen Landes und der Befehlshaber der Städte


*) So Oesten; ich bemerke, daß Mon. Germ. Ser. XII, 717 die zerstörte Stadt nicht Naclam civitatem sondern Nadam civ. gelesen und als Damm erklärt wird. Dann stimmt obiges nicht.           Der Herausgeber.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 284 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

(ad praefectis civitatum) statt, in welche der Herzog selbst den Bischof einführt, indem er zugleich in eindringlicher Rede die Bekehrung empfiehlt. III. 4.

Der Zug geht alsdann nach Hologasta (Wolgast), wo nach erfolgter Bekehrung der Tempel des Gerowit zerstört wird.

In civitate Gozgaugia (Gützkow), wohin die Apostel von hier aus gelangen, finden sie einen Tempel von wunderbarer Größe und Schönheit, der erst neuerdings mit großen Kosten gebaut war. Derselbe wird schließlich auch niedergelegt und an seiner Stelle eine Kirche errichtet. III. 7.

Inzwischen war der Herzog Boleslaw von Polen wieder in Pommern eingefallen, weil er erfahren, daß die schon früher bekehrten Städte die Verpflichtungen des mit ihnen eingegangenen Bündnisses, wie die des neuen Glaubens, nicht zu erfüllen gedächten, auch die Befestigungen und Burgen, welche durch Kriegsgewalt gebrochen waren, wieder hergestellt hatten (munitionibus et castris reparatis). Da Boleslav bereits heranrückte, begannen sie, ihre Habe nach festen Orten (loca munita) zu bringen u. s. w. Auch hieraus geht hervor daß die civitates selbst offen waren, aber castra und loca munita besaßen.

Otto zieht in das Lager des Boleslaw, vermittelt Frieden und Abzug, besucht alsdann noch wieder Usedom, Stettin, Julin, befestigt überall das Christenthum, stellt die stellenweise zerstörten Kirchen wieder her und kehrt über Polen nach seinem Bischofsitz Bamberg zurück.

Wenn man aus diesen Aufzeichnungen Herbord's eine recht lebhafte Anschauung der Gestaltung einer slavischen civitas zur Zeit von 1124-1127 gewinnen kann, so wird man mit derselben auch besser verstehen, was man sich unter Adam's von Bremen, etwa 50 Jahre früher genannten, civitas vulgatissima Rethre vorzustellen hat.

Thietmar von Merseburg spricht von dem pagus Riederierun, in dem sich die urbs quaedam Riedegost befindet. Bei Adam entspricht letzterer das templum magnum des Redigast. Mit der richtigen Vorstellung der wirklichen oder möglichen Ausdehnung der civitas wird man kaum noch im Zweifel bleiben können, daß civitas Rethre bei Adam und pagus Riederierun bei Thietmar ein und dasselbe Object bedeuten, und daß beide Bezeichnungen, civitas wie pagus, ihre Berechtigung haben. Man wird sich allerdings von der Vorstellung trennen müssen, daß "undique lacu inclusa" mit "ringsum von einem See umgeben" zu übersetzen sei, also eine Insel bedeute. Diese Uebersetzung hat mindestens keine

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 285 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ausschließliche, vielleicht überhaupt keine Berechtigung. "Undique" heißt nicht "ringsum" und wenn Adam hatte ausdrücken wollen, daß Rethra auf einer Insel, und zwar auf einer Insel gelegen sei, so hatte er wohl einen mehr bezeichnenden Ausdruck wählen können und müssen. Will man aber eine Oertlichkeit sehen, die keine einzelne Insel, in Wirklichkeit aber "undioue lacu profunde inclusa", und dabei zugleich mit wendischer Besiedelung bedeckt gewesen, ist, so darf man nur die Landschaft Carwitz=Feldberg betrachten.

Ich habe hierauf bereits hingewiesen" (nämlich im Jahrgang 1887 der obenangeführten Verhandlungen, S. 87), "sowie auf die Zusammengehörigkeit der vielen wendischen Besiedelungsstätten hier zu einem größeren Gemeinwesen.

Die Zahl dieser wendischen Besiedelungsstätten hat sich inzwischen bei weiterer Nachforschung noch vermehrte (Folgen Angaben, die ohne die in den Verhandlungen 1887 abgedruckte Karte nicht zu verstehen sind.)

"Das Bild des gesammten Besiedelungssystems hier vervollständigt sich dadurch wieder etwas; es widerspricht sicher ebensowenig der Vorstellung einer wendischen civitas überhaupt, wie sie aus Herbord's Berichten über das nachbarliche Pommern gewonnen wird, als derjenigen, welche man sich von der civitas vulgatissima Rethre Adam's, dem pagus Riederierun Thietmar's machen muß.

Zu dem, was ich früher (1887) über die Lage dieser Landschaft an der Stelle, wo die Gaue der Redarier, Uckrer und Rezenen zusammentreffen, gesagt habe, möchte ich hier hinzufügen, daß diese Annahme dadurch bestätigt wird, daß nach F. Voigt, Historischer Atlas der Mark Brandenburg in der Gegend der Iser Purt die Diöcesan=Grenzen von Havelberg, Stettin und Brandenburg zusammenstoßen.

Die Nachgrabungen, die in den letzten beiden Sommern auf dem Amtsbezirk Feldberg stattgefunden, haben sich, da es der dichten Bebauung wegen störend war, auf dem Amtshofe selbst weitere Aufgrabungen zu machen, auf Baggerungen beschränken müssen, die unter großen Schwierigkeiten und mit geringen Mitteln im See, am nördlichen Ufer der Amtsinsel, in Angriff genommen worden sind. Dieselben mußten durch 1,5 bis 2 m tiefe, schwer zu durchsuchende Schichten von Rohrwurzeln und Schutt hindurchgeführt werden. Die Schuttablagerungen ließen schichtenweise die Aufeinanderfolge der Jahrhunderte bis zur wendischen Zeit deutlich erkennen; in der genannten Tiefe unter Wasser, dem Wasserspiegel der Wendenzeit, wurden wieder feste, eichene Pfähle, einzelne wendische Scherben und Eisentheile, viel Eichenholz und Kohle

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 286 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

gefunden, obwohl ich mich bei diesen, mit den zur Verfügung stehenden ungeübten Kräften und primitiven Einrichtungen schwer zu bewältigenden Arbeiten der thätigen Beihülfe des Herrn H. Sökeland zu erfreuen hatte, gelang es uns doch bis jetzt nicht, mehr als sehr geringe Fleckchen der alten wendischen Oberfläche von dem Darauflagernden frei zu machen. Die dort angetroffenen Pfähle und größeren Holzstückchen sind in ihrer Lage verblieben, sie bestätigen wieder die in allen Aufgrabungen auf dem Amtshof gefundene, überaus intensive Bebauung dieser Insel - dem templum des Radigast."

(Die nun beschriebenen und abgebildeten Fundstücke sind: ein aus der untersten Schicht hervorgeholtes zweispitziges Eiseninstrument, von welchem der Autor sagt: "Ueber die Bedeutung dieses Stückes weiß ich keine Vermuthung auszusprechen", ein bronzener Schlüssel auf dem Amtshof, ein Einsteckkamm auf dem Werder und zwei Handkämme, sämmtlich aus Horn gefertigt, die innen liegenden Zahnlamellen durch zwei gewölbte, verzierte Schalen mittelst eiserner Niete gefaßt auf dem Schloßberg, und zwar alle Stücke vom Autor selbst, ausgegraben.) "Sie sind gegenwärtig mit dem größten Theile der übrigen Fundstücke aus der Wendenzeit von der Feldberger Sammlung an die Großherzogliche Sammlung in Neustrelitz übergegangen, indem erstere so ihrer Bestimmung, als Provincialsammelstelle für die Centralstelle zu schaffen, genügt."

 

Vignette