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haben durch sichere und umfassende Entdeckungen in der neuesten Zeit vollkommene Bestätigung gefunden.
In den zahlreichen Landseen Meklenburgs, welche
größtentheils flache Ufer haben, hatten sich
während dreißigjähriger scharfer Beobachtungen
nie Spuren von alten menschlichen Anlagen
gezeigt. Dagegen waren aus den noch zahlreichern
Torfmooren und Moderlagern des Landes sehr
häufig viele Geräthe aus Stein und Bronze, oft
neben viel Holz, zu Tage gefördert. Diese fast
in jedem Monat der wärmeren Jahreszeit
alljährlich sich wiederholende Erscheinung hatte
wohl die Aufmerksamkeit erregt, war aber, trotz
vielfacher Besprechungen, unerklärt geblieben.
Da wurden seit dem Jahre 1857 und früher in der
Schweiz die Pfahlbauten entdeckt. Aber alle
Bemühungen, in Meklenburg zur Erkenntniß
ähnlicher Anlagen zu kommen, blieben fruchtlos,
und ich kam schon auf den Gedanken, daß
Meklenburg gar keine Pfahlbauten gehabt habe,
weil das Land genug lose Erde und Wasser
besitzt, um auch in den ältesten Zeiten feste
und sichere Wohnsitze durch Einschüttung von
Erde ins Wasser zu bilden, wie die jüngern
Wenden sie gebauet haben. Als aber bei
gesteigerter Theilnahme die Moorfunde im Lande
sich mehrten und bei größerer Aufmerksamkeit in
neuerer Zeit die Funde von uralten
Thiergehörnen, von denen viele von
Menschenhänden angearbeitet waren, häufiger
wurden, nahm ich den Gedanken an Pfahlbauten
wieder auf. Im Herbst des Jahres 1861 machte ich
öffentlich darauf aufmerksam, daß Meklenburg
wahrscheinlich auch Pfahlbauten habe, und bat
dringend um scharfe Beobachtung der Torfmoore
(vgl. Quartal=Bericht des Vereins f. meklenb.
Geschichte, 1861, October, die gleichzeitigen
Zeitungen und Jahrbücher des Vereins
. XXVII, S. 171). Als hierauf im
Jahre 1862 die Auffindung von angearbeiteten
Thiergehörnen größere Ausdehnung annahm, ließ
ich nicht nach, den um die Auffindung von
Alterthümern für den Verein schon lange mit
Eifer und Erfolg bemühten Sergeanten Herrn Büsch
zu Wismar aufzufordern, ein scharfes Augenmerk auf
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die Moore bei Wismar zu richten. Und schon im
Anfange des Jahres 1863 hatte dieser den ersten
Pfahlbau zu Gägelow bei Wismar entdeckt, welcher
oben in den Jahrbüchern des Vereins
., S. 120, beschrieben
ist. — —
Das fortschreitende Glück vergrößerte den Reiz, und schon im Mai 1864 entdeckte Herr Büsch eine große Pfahlbau=Anlage in einem großen Torfmoore bei Wismar in der Nähe des Stadtgutes Müggenburg, welche am 6. Juli 1864 bei einer gemeinschaftlichen Untersuchung sicher erkannt ward. Hier liegt noch der ganze Pfahlbau der Steinperiode mit allen dazu gehörenden Alterthümern in sehr großer Anzahl. Aber sowohl die Erkenntniß, als auch die Gewinnung der Ueberreste ist außerordentlich schwierig und erfordert viel Umsicht und Mühe. Die folgende Schilderung der Lagerungs=Verhältnisse wird beweisen, daß ein alter Pfahlbau nur unter sehr günstigen Umständen entdeckt und nicht so leicht an einzelnen Pfählen im klaren Seewasser erkannt werden kann. Das ausgedehnte Moor bei Wismar ist ungefähr 16 Fuß tief. In der Tiefe liegt auf Thon eine 10 Fuß dicke Schicht von wasserhaltigem, jedoch festem, torfartigem, schwarzem Moder. Bis zur Höhe dieser untersten Schicht, welche in uralten Zeiten den Spiegel eines Sees gebildet haben wird, reichen die Pfähle der Pfahlbauten, und innerhalb der Pfahlringe und neben denselben liegt auf dem Grunde der gesammte Hausrath der ehemaligen Bewohner. Diese unterste Moder= oder Pfahlbautenschicht wird von einer ehemaligen Rasenschicht von etwa 1 Fuß Dicke bedeckt, welche nichts enthält. Auf dieser Mittelschicht, welche schon in grauer Vorzeit die im tiefen Grunde stehenden Pfahlbauten mit Vergessenheit verhüllt hat, ist eine reine Torfschicht von etwa 5 Fuß Dicke gewachsen. Diese oberste Schicht hat einst ein großes Erlenbruch getragen, von welchem noch außerordentlich viel wohl erhaltenes Wurzelholz in dem Torfe steht. Diese Schicht bietet oft viele wohl erhaltene vollständige Knochen von versunkenen Thieren, z. B. die Knochen eines Pferdes mit eisernen Hufeisen, also Alterthümer des christlichen Mittelalters. Beide Hauptschichten begegnen sich in der dünnen Mittelschicht, eben so auch die Pfähle von den Wohnungen der Steinzeit von unten herauf und die Pfahlwurzeln des Erlenbruches von oben hinab. Aber auch dieses Erlenbruch ist längst spurlos verschwunden und die Oberfläche des Moores bildet jetzt ein ebenes festes Weideland, welches gegenwärtig zur Torfgewinnung bis auf den Thongrund ausgestochen wird.
Um nun hier zur Erkenntniß eines Pfahlbaues zu kommen, muß die ganze Moder= und Torfmasse bis zur Tiefe
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von 16 Fuß bis auf den Grund ausgegraben werden, was bei dem stark andrängenden Grundwasser und den langen heftigen Regengüssen in der ersten Hälfte des Monats Juli große Schwierigkeiten hatte. Am 6. Juli und in den folgenden Tagen lag aber das Pfahlwerk eines runden Hauses von ungefähr 14 bis 16 Fuß Durchmesser klar frei. Die Pfähle von Eichenholz sind jetzt etwa 10 Fuß hoch und ungefähr 6 bis 7 Zoll dick und stehen gegen 2 Fuß weit von einander entfernt. Das Holz ist schwarz und von dem Moder schwer zu unterscheiden; es ist beim Aufdecken weich, wie Moder, und zerbricht oft bei der geringsten Berührung, jedoch erhärtet es wieder an der Luft. Auf den jetzigen oberen Rasendecken des Moores liegt außerordentlich viel Holz von diesen schwarzen Pfählen, welche hier in sehr großer Anzahl gestanden haben. In und bei dem oben erwähnten runden Pfahlfundamente sind in kurzer Zeit bis jetzt schon außerordentlich viele Alterthümer der Steinzeit gefunden, nämlich diele Pfähle von Eichenholz, einige auch an der Oberfläche verkohlt, 14 Keile aus Feuerstein, 2 Schmalmeißel aus Feuerstein, 1 Säge aus Feuerstein, 4 angearbeitete Feuersteinblöcke zu Geräten, 10 Feuersteinspäne zu Messern, viele Splitter und Stücke von Feuerstein, eine Streitaxt aus Diorit, 2 ausgeschliffene schöne Schleifsteine aus Altem Rothem Sandstein, 2 kugelförmige Reibsteine aus feinkörnigem Granit und altem Sandstein, 1 linsenförmiger Glättstein aus Thonschiefer, 1 runde Mühlsteinplatte aus Lava, viele Gefäßscherben, Holzkohlen, viele vollständige Haselnüsse, vollständige und angearbeitete Hirschgeweihe, abgehackte Hirschhornenden zu Geräthen, außerordentlich viele zerhackte und gespaltene Thierknochen, Rehgeweihe, Stierhörner, Schafhörner, viele Thierzähne der verschiedensten Art, ganze Schädel von kleinern Thieren, z. B. ein Hundeschädel und ein Biberschädel, und Anderes. Beim Fortschritt der Torfarbeit im jetzigen und in den künftigen Jahren werden die Alterthümer sich ohne Zweifel sehr mehren, da es scheint, als wenn die Graoung erst bis gegen die Mitte der runden Pfahlfundamente vorgeschritten ist.
Die Pfahlbauten von Wismar sind also zweifellos festgestellt. Es werden jetzt bei scharfer Beobachtung unter ähnlichen Verhältnissen wie zu Gägelow und zu Wismar mit der Zeit noch mehr Pfahlbauten in Mecklenburg entdeckt werden. — — — — — — — — — — —
Schwerin, den 11. Julii 1864.
G. C. F. Lisch.