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V. Zur Geschlechter= und Wappenkunde.


Die stammverwandten Familien

von Holstein und Kruse,

von

G. C. F. Lisch.

Es kann nach den Forschungen der neuesten Zeit wohl nicht mehr bezweifelt werden, daß in der Regel alte adelige Familien, welche gleiches Wappen und nahe liegende Wohnsitze haben, von einem und demselben Stammvater herkommen, auch wenn sie verschiedene Namen führen. Es reden in der alten Zeit viele Anzeichen dafür: solche Familien pflegen häufig denselben Besitz zu haben oder nahe bei einander zu wohnen, gegenseitig für sich zu bürgen und zu zeugen und sonst viel gemeinschaftlich zu handeln und sich beizustehen. Urkundenbeweise für die Stammverwandtschaft gleich beschildeter und behelmter Familien sind aber äußerst selten; in Meklenburg ist es bis jetzt nur gelungen, die Stammverwandtschaft der Familie Hahn und v. Dechow, welche dasselbe Wappen führen, urkundlich zu beweisen: vgl. Lisch Geschichte des Geschl. Hahn, I, S. 41 flgd.

Zu den Familien, deren Stammverwandtschaft jetzt auch urkundlich nachgewiesen werden kann, gehören die Holstein und Kruse, von denen die Familie Holstein noch blühet, die Familie Kruse aber im J. 1848 ausgestorben ist.

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Die Familie v. Holstein war im Mittelalter sehr mächtig und bewohnte mehrere Jahrhunderte lang die außerordentlich große und feste Burg Ankershagen bei Penzlin, von welcher noch ungewöhnlich ausgedehnte Ruinen zeugen (vgl. Jahrb. VIII, S. 124, und XXVI, S. 213).

Die Familie Kruse war ebenfalls sehr angesehen und saß auf der nicht weit von Ankershagen belegenen Burg Varchow.

Beide Familien führten in alten Zeiten einen längs getheilten Schild, in dessen rechter Hälfte ein Flügel, in der linken Hälfte eine ganze und eine halbe Rose stehen. Der Helm trägt, gewiß als uraltes Gnadenzeichen der meklenburgischen Fürsten, einen Stierkopf, zwischen dessen Hörnern der Flügel aus dem Schilde steht. In neuern Zeiten ist die Stellung umgekehrt geworden, indem die Rosen in der rechten Hälfte, der Flügel in der linken Hälfte steht. Beide Familien scheinen sich dadurch zu unterscheiden, daß die v. Holstein einen silbernen, die Kruse einen schwarzen Flügel haben; sonst sind die Färbungen gleich. Ob diese Verschiedenheit sehr alt ist, läßt sich noch nicht beweisen; es kommt jedoch öfter vor, daß selbst verschiedene Linien einer und derselben Familie gleiches Namens sich durch verschiedene Färbung irgend eines Wappenstückes unterscheiden.

Die Familie v. Holstein hat wohl ohne Zweifel den Namen davon, daß sie aus dem Lande Holstein stammte; daher führen die Glieder derselben in alter Zeit immer den Namen Holste, oder lateinisch Holtsatus. d. h. nach alter Redeweise: der Holsteiner. Es gab in Meklenburg mehrere, theils adelige, theils Patricier=Familien mit dem Namen Holstein (vgl. z. B. Jahrbücher XI, S. 176); hier sind aber nur die Holstein auf Ankershagen gemeint, welche mit den Kruse immer und unveränderlich dasselbe, oben beschriebene Wappen führen.

Der Stammvater dieser Familie ist mehr als wahrscheinlich Heinrich Holstein ("Hinricus Holtsatus"), welcher im Gefolge des Fürsten Borwin I. von Meklenburg schon am 24. Junii 1218 bei der Bewidmung der Stadt Rostock und am 7. Junii 1222 bei der Stiftung des Klosters Tempzin vorkommt.

Schon im Anfange des 14. Jahrhunderts erscheinen die Familien Holstein und Kruse, wie sehr viele alte Familien, im östlichen Meklenburg mit dem alten, festen Güterbesitze, welchen sie in der Folge lange Zeiten hindurch behaupteten.

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Die Familie Kruse erscheint schon am 13. Juli 1326 im Besitze von Varchow, als "Eckhard, Reiner und Dietrich "Krusen zu Varchow" die Kapelle zu Lehsten gründeten, und darauf am 22. März 1342 nach einer Urkunde des Klosters Broda ("Reynekinus et Thydericus fratres dicti Krusen, filii domini Reynekini Crusen, quondam militis pie memorie, commorantes inmvilla Verchowe").

Die Familie v. Holstein besaß in demselben Jahre 1342 das Gut Zierzow bei Neu=Brandenburg ("Joachim et Vicke fratres dicti Holzste, famuli filii domini Arnoldi Holzste, quondam militus felicis recordacionis, commorantes in villa Cyrizsowe"). Die Familie wird seit der deutschen Gründung im Besitze des Gutes gewesen sein, denn am 2. Febr. 1352 verkauften die Brüder Joachim und Vicke Holstein das Gut, wie es seit der ersten Gründung gelegen und von ihren Vorältern besessen war ("sicut bona a primeua sui plantacione sunt sita et radicata et quemadmodum nos nostrique parentes ac progenitores bona eadem hactenus possedimus"). Ein hervorragendes Glied dieser Familie war der Ritter Heine Holstein (1317 † 1342), welcher in der Zeit 1328-1337 als Vogt zu Penzlin vorkommt und wahrscheinlich auch im Pfandbesitze der Vogtei war.

Damals waren die v. Holstein wahrscheinlich noch nicht im Besitze von Ankershagen. Das Dorf Ankershagen ist wohl sicher von der Familie von Anker gegründet und aus Wald (Hagen) urbar gemacht. Diese Familie v. Anker hat Namen und Ursprung mehr als wahrscheinlich von dem Dorfe Anker in Sachsen=Lauenburg, ungefähr eine Meile westlich von Ratzeburg. Am 1. Mai 1266 ward die Kirche zu Ankershagen geweihet, welche als Filial von Freidorf von dem Ritter Eckhard v. Ankershagen gebauet und bewidmet war (vgl. Mekl. Urk.=Buch II, Nr. 1080). Dieser Ritter Eckhard v. Ankershagen (oder besser v. Anker) ist wohl der Gründer des Gutes Ankershagen und der Stammvater der Familie v. Anker in Meklenburg. Man hat wohl geglaubt, die Holstein seien die Gründer von Ankershagen und die v. Anker ein Zweig der Familie v. Holstein. Aber dies kann nicht der Fall sein. Die Familie v. Anker war eine eigene Familie, kommt aber in Meklenburg sehr selten vor. Im J. 1328 erscheint in einer Brodaer und im J. 1342 in einer Wanzkaer Urkunde ein Knappe Eckhard von Anker, welcher einen Schild mit einem stehenden Schiffsanker im Siegel führt, welches die Umschrift hat:

Umschrift.
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Nicht lange hernach wird die Familie von Anker in Meklenburg ausgestorben und das Gut Ankershagen in den Besitz der v. Holstein übergegangen sein, um so mehr, da im J. 1342 die Holstein und Kruse 32 Hufen und ihren Hof in Zierzow, also wohl das ganze Gut, verkauften. Uebrigens wird in alter Zeit nur das Dorf mit dem Namen Ankershagen belegt; der Hof oder die Burg, welche eine ganze Strecke von dem Dorfe entfernt ist, führte seit dem 16. Jahrh. gewöhnlich den Namen Wickenwerder (Vickenwerder?).

Der bisherige Stammbaum der Familien v. Holstein und Kruse ist noch sehr mangelhaft und unrichtig. Ich gebe hier nach sicheren Originalquellen eine Tafel, welche die Verwandtschaft während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, also der Entwickelungszeit dieser Familien, darstellt und für diese Zeit auf Richtigkeit, jedoch nicht auf Vollständigkeit Anspruch macht.

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Stammtafel.
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Die Stammderwandtschaft der beiden Familien v. Holstein und v. Kruse wird nun nicht allein durch die Gleichheit ihrer Siegel, sondern auch durch ausdrückliche Urkundenzeugnisse bestätigt.

Als der Ritter Heine Holstein, auf dem Schlosse zu Penzlin wohnhaft, eine neu gestiftete Vikarei in der Klosterkirche zu Broda am 26. Jan. 1337 mehrte und ordnete, bezeugten und besiegelten zu Penzlin die darüber ausgestellte Original=Urkunde "seine Vettern Joachim Holstein und "Reineke und Thideke Krusen, Brüder" ("To tughe hebbe ick Heyne Holste, ridder, wanachtich vppe deme slote to Pentzelyn, vnde myne vedderen Jachim Holste, Reyneke vnde Tideke brodere gneheten Krusen, knapen, vnse ynghezeghele heten henghen vor dessen bref"). Hier werden Joachim Holstein und Rehneke und Thideke Krusen ausdrücklich Vettern des Ritters Heine Holstein, also auch Vettern unter sich, genannt. Die Sache kann nicht zweifelhaft sein, da in der Originalurkunde ganz klar der Plural "myne vedderen" ( Schrift. ) steht. Auch würden die Kruse keine Veranlassung gehabt haben, die Urkunde mit zu besiegeln, wenn sie nicht Lehnsvettern der Holstein gewesen wären.

Am 2. Febr. 1342 verkauften, vielleicht zum Ankaufe von Ankershagen, die Brüder Joachim und Vicke Holstein 23 Hufen, von denen sie 6 unter eigenem Pfluge hatten, und ihren befestigten Wohnhof in Zierzow, wie sie und ihre Vorfahren das Gut seit der ersten Gründung besessen, an den Bürger Siegfried von Bresen in Alt=Treptow, und in einer andern spätern Urkunde leisteten Reineke und Dietrich Kruse, Brüder, Eckhard Holstein, Sohn des Ritters Heine, ferner Conrad v. Lankow zu Bresen, Heine Voß zu Calübbe und Berthold Düring zu Zierzow mit den Brüdern Joachim und Vicke Holstein dem Käufer Gewähr; die Kruse waren hiernach also ohne Zweifel Lehnsvettern der Holstein; die drei übrigen Bürgen: Lankow, Voß und Düring waren wohl Seitenverwandte, da z. B. 1350 Berthold Düring zu Zierzow Oheim der Brüder Holstein genannt wird. Am 22. März 1342 ließen Joachim und Vicke Holstein, Brüder, der Ritter Heine Holstein zu Penzlin, Reineke und Dietrich Krusen, Brüder, und Eckhard Kruse, Hennings Sohn, mit gesammter Hand ("coniuncta manu et in solidum") das Gut vor dem Koster Broda, als der Lehnsherrschaft, dem Käufer auf und das Kloster belehnte diesen; die früher als Mitbürgen aufgeführten Lehnleute werden in dieser Urkunde nur als Zeugen

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aufgeführt. Am 23. Febr. 1345 pachteten die Brüder Joachim und Vicke Holstein von Siegfried von Bresen wieder einen Hof mit 3 Hufen in Zierzow auf 3 Jahre.

Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß die Holstein und Kruse stammverwandt waren, und dies wird auch durch die Siegel bestätigt, welche seit uralter Zeit gleich waren. Ich gebe hier die Abbildung 1 ) der ältesten und zugleich schönsten Siegel beider Geschlechter, so weit sie bekannt geworden sind, nach den Originalurkunden des Klosters Broda, und zwar

Siegel des Ritters Siegel des Knappen
Heine Holstein Reineke Kruse
zu Penzlin. zu Varchow.
1320, Juli 26. 1337, Jan. 26.
Siegel. Siegel.

Wir sehen, daß Geschlechter stammverwandt waren, wenn sie gleiche Wappen führten, obgleich die Namen verschieden waren. Im Gegentheil zeugt die Gleichheit des Namens allein nie für den gleichen Ursprung der Geschlechter. Dies wird ein Beispiel deutlich machen. In dem bekannten Stralsunder Bundesbrief des rügenschen Adels vom 5. Jan. 1316, dessen zahlreiche Siegel der Freiherr v. Bohlen in seiner Geschichte des Geschlechts v. Krassow, 1853, in Abbildungen gegeben hat, wird als Theilnehmer auch ein Knappe "Hinrik Holzste" aufgeführt, dessen Familie bis in's 16. Jahrhundert auf der Insel Rügen zu Garlepow und Teschvitz gesessen war; vgl.


1) Die Kosten für die Zeichnung und den Holzschnitt sowohl dieser beiden Siegel, als des weiter unten folgenden Siegels des Knappen Henneke von Wotenick hat der Herr Ministerial=Rath von Holstein zu Schwerin dem Verein, vorzüglich für das Meklenburg. Urkundenbuch, freigebig geschenkt.
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v. Bohlen a. a. O. Urk. S. 8, Not. 67. Nun führt aber dieser Heinrich Holste ein bei v. Bohlen a. a. O. Tab. III, Nr. 10 d abgebildetes Siegel, welches nicht allein sicher ein völlig abweichendes, freilich auch undeutlich gezeichnetes und nicht zu deutendes Schildzeichen, sondern auch die Umschrift:

Umschrift.

hat. Bohlen vermuthet freilich, Frisus (Friese oderb Frese) könne eine Uebersetzung von Holstein sein; dieser Mißverstand könnte allerdings möglich sein; aber dieses Geschlecht ist sicher nicht mit den Holstein in Meklenburg verwandt, da ohne Zweifel der rügensche Heinrich Holzste denselben Schild führen würde, welchen der genau zu derselben Zeit lebende Ritter Heinrich oder Heine Holstein zu Penzlin führte. Klempin in seinen Matrikeln der pommerschen Ritterschaft, Berlin, 1863, S. 61, Not. 37, macht in seinem Streben, die Gleichheit der Wappen als nicht nothwendig für den Nachweis der Stammverwandtschaft darzustellen, diesen rügenschen Heinrich Holzste als unbestritten zu einem "Urenkel" des im J. 1218 zuerst in Meklenburg auftretenden "Ritters" Heinrich Holstein, also zu einem Mitgliede des meklenburgischen Adelsgeschlechts. Ich glaube aber, daß der hier besprochene rügensche Knappe gar nicht zu dem meklenburgischen Geschlechte gehört, da es diele Familien mit dem Namen Holstein gab.

Dagegen führte die Familie von Wotenick im Festland Rügen, ohne Zweifel nach dem Dorfe Wotenick bei Demmin so genannt, mit den v. Holstein und Kruse ganz gleiches Wappen. An dem Stralsunder Bundesbriefe den 1316 führt der Knappe Hermann Tzwechowitz oder Schweikwitz das bei v. Bohlen a. a. O. Tab. VI, Nr. 26 c abgebildete Siegel, welches im gespaltenen Schilde rechts einen "Flügel mit einem Kopfe, links anderthalb Rosenkränze" zeigt. Das Siegel ist so abgebildet, daß links anderthalb Linienrauten Linienraute. stehen, auf deren Ecken kleine Rosen liegen. Dies ist aber ein ganz anderes Zeichen, als die Holsteinsche Rose. Auch kommt in den Holsteinschen Siegeln kein "Kopf" an dem Flügel vor. Ueberhaupt sind Köpfe an Flügeln auf alten meklenburgischen Siegeln ganz unbekannt. sondern die Knäufe an den Enden der Flügel sind nur mittelalterlich ausgebildete, reine Ornamente. Bohlen a a. O. S. 8, Not. 87, sagt, daß die "Familie Wotenik sich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. des im J. 1316 von Hermann Tzwechowitz geführten "Wappens bedient" habe. Ihm stimmt Klempin a. a. O. S. 67, Not. 49, bei, indem er sagt, daß "vielleicht der Knappe

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Hermann zu Schweckewitz, da eine Familie dieses Namens sonst nicht vorkommt, zu den Woteniks, die mit ihm dasselbe Wappen führten, gehört" habe, und legt bei dieser Gelegenheit einen seiner genealogischen Grundsätze dar: "daß auf die Wappengleichheit nur ein sehr geringes Gewicht gelegt werden könne, da oft die fremdartigsten Familien durch Nachbarschaft, namentlich durch Verschwägerung und Theilhaberschaft an demselben Lehn zum Austausch ihrer Wappen bewogen wurden". Obwohl ich ganz entgegengesetzter Ansicht bin, will ich doch die Stammverwandtschaft der Wotenik mit den Holstein nicht behaupten, kann aber auch die Verwandtschaft mit dem Hermann von Tzwechowitz nicht zugeben, da dieser andere Schildzeichen führt, als die Wotenik, - oder die Zeichnung des Tzwechowitzschen Siegels bei v. Bohlen ist nicht richtig. Schon am 1. März 1335 führte der Knappe "Henneke Woteneke" an einer Quittung für das Kloster Doberan im Archive zu Schwerin das wohl erhaltene, völlig deutliche Siegel, welches hieneben in zuverlässiger Treue abgebildet ist. Dieses hat im gespaltenen Schilde rechts einen Flügel (ohne Kopf) und links anderthalb Rosen, also ganz das Wappen der Holstein und Kruse. Möglich ist es freilich, daß die Gleichheit des Wappens reiner Zufall ist; die Möglichkeit der Stammverwandtschaft dieser Geschlechter läßt sich aber auch recht gut denken 1 ). - Bei dieser Gelegenheit können nicht genug die sorgfältigsten Siegelstudien empfohlen werden, da die bloße Abzeichnung des scheinbar Erkennbaren durch einen unkundigen Zeichner allein bei weitem nicht ausreicht.

Wappen.

Im Gegensatze zu den bisher behandelten Erscheinungen läßt es sich auch ausführen, daß die Gleichheit des Namens Holstein kein Beweis für die Stammverwandtschaft mit der meklenburgischen adeligen Familie Holstein auf Ankershagen ist.


1) Es ist wohl die Vermuthung ausgesprochen, daß die im J. 1527 ausgestorbene Familie Stalbom mit der Familie Holstein stammverwandt gewesen sei, vermuthlich weil sie auch Antheile in Ankershagen besaß. Aber die Stalbom, welche Gädebehn besaßen und 1398 Chemnitz von den Krusen kauften, führten im Schilde ein halbes laufendes Thier mit hinterwärts gestreckten Hörnern (Hirsch) oder Ohren, also ungefähr ein Wappen, wie die von Lowzow und von Oldenburg.
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Um die Mitte des 13. Jahrhunderts kommt wiederholt (bis 1264) ein Ritter "Eckhardus Holtsate" vor, welcher wohl mitunter irrthümlich für den Stammvater der meklenburgischen Familie Holstein gehalten ist, in welcher im Laufe der Zeit der Vorname Eckhard einige Male wieder erscheint. Aber im J. 1240 versprechen "Eckhard Holtsate (d. i. Holsteiner), "Thetlev, Marquard und Heinrich Brüder genannt von Parkentin den Lübekern Schutz auf den durch ihr Gut Parkentin führenden Landstraßen" ("Eckchardus Holtsate, Thetleuus, Marcquardus et Heinricus fratres dicti de Parkentin"); vgl. Lübek. Urk. B. I, S. 91, Nr. 89. Dieser Eckhard Holstein ist also ohne Zweifel ein Glied der bekannten, im vorigen Jahrhundert ausgestorbenen adeligen Familie v. Parkentin oder Berkentin, nach dem Gute Parkentin, jetzt Barkentin, im Lauenburgischen bei Lübek benannt. Er erhielt den Beinamen Holtsate (= der Holsteiner) gewiß davon, weil er nach dem benachbarten Holstein ausgewandert war, während die meklenburgischen Holfstein wohl davon ihren Namen trugen, daß sie aus Holstein stammten. Noch am 21. Sept. 1319 tritt wieder ein "Detleuus Parkentin Holtste dictus, miles", auf (vgl. Lübek. Urk. B. II, S. 327, Nr. 378), welcher freilich nur ein Helmsiegel führt, welches jedoch die Umschrift hat:

Umschrift.

(vgl. Milde Siegel des Mittelalters, Heft V, Lübeck, 1862, S. 88, Nr. 1). An der oben erwähnten Urkunde vom J. 1240 hängt nun noch, als ein sehr seltener Fall, das Siegel des Ritters Eckhard (von Parkentin) Holtsate, welches Milde a. a. O. Heft V, Taf. 9, Nr. 134, vgl. S. 87, in Abbildung gegeben hat; dieses Siegel ist queer getheilt, oben leer, unten mit vier linken Schrägebalken, und hat die Umschrift:

Umschrift.

Eckhard's Bruder Thetlev, welcher im J. 1264 von dem Bischofe Ulrich v. Ratzeburg den halben Zehnten aus dem Dorfe Parkentin zu Lehn nahm, hat ebenfalls im Siegel einen queer getheilten Schild, welcher aber oben einen mit drei Kleeblättern besteckten, rechten Schrägebalken, unten vier linke Schrägebalken hat (vgl. Schlesw.=Holst.=Lauenb. Urk.=Buch I, S. 87, Urkunde mit Siegelbeschreibung). Die Familie v. Parkentin führte aber späterhin einen queer getheilten Schild unten mit rechter Schrägetheilung, oder auch mit einer rechten Spitze. Wenn nun auch dieses feststehende jüngere v. Parkentinsche Wappen

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mit den alten Siegeln nicht ganz genau übereinstimmt, so scheinen die letztern doch die Elemente des Parkentinschen Wappens zu enthalten. So viel ist aber sicher, daß dieser Eckhard Holstein zu der Familie v. Parkentin gehört und mit der meklenburgischen Familie v. Holstein, welche ein ganz anderes Wappen hat, in keiner Verbindung steht.