IV. Zur Münzkunde.
Der Münzfund von Schwiesow.
Von dem
Archivrath Pastor Masch
in Demern.
Am 2. November 1861 wurden auf dem Hofe zu
Schwiesow bei Bützow in Meklenburg= Schwerin der
dem alten Schafstalle beim Dungabräumen einige
Zoll unter der Erdoberfläche gegen 1700 kleinere
Silbermünzen
) gefunden und
von der Obersten Verwaltungsbehörde des
großherzoglichen Hausgutes eingefordert, den
Findern vergütet und auf Befehl Sr. K. H. des
Großherzogs der großherzoglichen Münzsammlung
überwiesen. Die Münzen, ungefähr 3 Pfund an
Gewicht, hatten in einem schwärzlichen oder
blaugrauen Kruge gelegen, der leider zertrümmert
ist, von welchem jedoch noch große Ueberreste
eingeliefert sind. Die Münzen selbst waren mit
Grünspan bedeckt, zum Theil auch an einander
gerostet, - die gewöhnlichen Erscheinungen bei
solchen Funden.
Es darf als bekannt vorausgesetzt werden und ist
auch bereits so vielfach ausgeführt und
dargelegt worden, daß man sich hier der weiteren
Begründung überheben darf, wie seit der ersten
Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts die marca
denariorum Slavicensium, auch als moneta usualis
bezeichnet, von der marca denar. Lubicensium
unterschieden ward, und daß die erstere Währung
halb so viel werth gerechnet ward, als die
letztere, und ist dabei auf die bekannten
Untersuchungen von Evers und Grautoff zu
verweisen. Beide Marken waren aber nur
Rechnungsmünze, in welche sich die ausgeprägten
Münzstücke einzufügen hatten.
Bereits sind mehrere Münzfunde, welche die
Lübische Mark repräsentiren, zur Untersuchung
gekommen, so der von
Hagenow (Meklenb. Jahrb. IV, S. 50) und der von
Rüst (Jahrb. XV, 335), und es sind bei ihnen die
geschichtlichen Verhältnisse dargelegt worden;
aber ein Münzfund, welcher die Münzen der
Slavischen (wendischen) Mark in ihrem
Umlaufsverhältnisse und in ihren Formen zur
Anschauung brachte, war noch nicht gemacht, und
das ist das hohe numismatische Interesse das der
vorliegende Münzfund in seiner Totalität hat,
daß wir hier die slavische Mark der späteren
Zeit vor Augen haben, von welcher bisher
allerdings einzelne Gepräge bekannt wurden, ohne
daß man sie so recht eigentlich von dem anderen
Münzfuße geschieden hätte.
Die erste Frage ist nun natürlich nach dem Alter
dieses Fundes, und um dasselbe festzustellen,
dienen die einzelnen Stücke des lübischen Fußes,
die sich darunter gefunden, haben. Es wurden ja
bekanntlich in den Münzrecessen der hansischen
Städte bestimmte Kennzeichen des Gepräges
festgestellt, die mit den Jahren geändert
wurden, also bestimmte Anhaltspunkte geben, und
sind diese Zeichen bei dem Münzfunde von Rüst
nachgewiesen. Hier finden sich nun
Wittenpfenninge von Hamburg und Wismar vor 1379
und den Rostock vor 1381, aber auch von Lübeck,
Hamburg und Lüneburg Münzen, welche in die Zeit
von 1403-1410 fallen, und von Lübeck und Hamburg
Münzen, die entschieden später sind als 1410.
Wir haben demnach die Mitte des 15. Jahrhunderts
als die Zeit, wo diese Münzen im Umlauf waren,
und stimmen damit die Münzen des Königs Erich
von Schweden, der von 1397 bis 1459 regierte.
Wollte man es als bestimmt annehmen, daß die
pommerschen Münzen von Erich II. ausgegangen
sind (vgl. Köhne Beiträge S. 18), so würde man
etwas später kommen, da dieser von 1457-1474
regierte; jedoch haben neuere Forschungen,
welche bei den pommerschen Münzen speciell
angegeben sind, diese Annahme nicht bestätigt.
Führen wir uns nun den Fund in seinem Umfange vor
Augen, so ergiebt sich, daß unter diesen 1650
Stücken die in Rostock geprägten die größere
Zahl ausmachen, daß also diese Stadt ihr
Münzrecht am stärksten ausgeübt hat, während
auch in den beiden andern Meklenburgischen
Städten, die unter dem Einflusse der slavischen
Mark standen, in Güstrow und Gnoien, fleißig
geprägt wurde. Ob diese beiden Städte in dieser
Zeit, eben so wie die pommerschen Städte, die
hier repräsentirt sind, auf landesherrliche
Rechnung prägten, oder auf eigene, wofür die
Inschrift der Münzen spricht, ist noch immer
unentschieden, und trägt auch dieser Fund zur
Entscheidung dieser nicht unwichtigen Frage
nichts bei, die am Ende doch nur aus dem
Archive beantwortet werden kann, das aber nach
Evers nichts darüber enthält.
Hinsichtlich der Gepräge schließt sich diese
Periode der norddeutschen Münzverfassung der
früheren hanseatischen, der Wittenpfennige, in
der Form so entschieden an, daß das Streben,
einen Zusammenhang mit diesen zu erhalten,
unleugbar ist. Es ist ferner das Streben
sichtbar, daß die verschiedenen Münzstätten ihre
Producte unter einander conform gestalten
wollten, wie das Zusammenhalten der Pommerschen
und Rostocker Münzen es an den Tag legt; daß man
letztere als Grundform ansehen muß, ist wohl
gewiß, da Rostock den größten Verkehr bei sich
hatte. - Die Erscheinung, daß von demselben
Typus immer Stempelverschiedenheiten vorkommen,
rührt von der Technik her, die es nöthig machte,
jeden abgenutzten Stempel durch einen neu
geschnittenen zu ersetzen, wo denn die
Münzmeister und Eisenschneider es zweckmäßig
fanden, beim allgemeinen Festhalten der Form
Unterscheidungszeichen anzubringen. Daß darunter
verschiedene Schmelzungen bezeichnet werden
sollen, ist angenommen, für spätere Zeiten auch
gewiß; jedoch um das auch hier bestimmt zu
erweisen, müßten Schmelzproben vorgenommen
werden, welches den Untergang der Stücke zur
Folge hätte, also unthunlich wäre. Auch ist die
Entscheidung dieser Frage nicht eben sehr
wichtig und kann man sie auf sich beruhen lassen.
Indem man den Urtypus, das Kreuz, festhielt,
unterließ man jedoch nicht, das specielle
Zeichen des Prägortes möglichst zur Geltung zu
bringen, obgleich es meistens nur als ein
Beizeichen auftreten konnte, wo es dann
allmählig verschwindet. Man kann wohl mit Recht
diejenigen Münzen, auf denen es erscheint, als
die älteren annehmen. Einzelne Städte haben ihre
Zeichen immer festgehalten, so Rostock den
Greifen, Stralsund und Anklam den Strahl, Demmin
die Lilie, u. s. w.
Im Ganzen haben die Münzeisenschneider besser
gearbeitet, als die Präger. Die Stempel sind
reinlich geschnitten (es haben sich nur einzelne
wenige Stücke gefunden, wo die Buchstaben
versetzt waren), die Buchstaben stehen gut in
den Kreisen und sind auch gut gebildet; das
kommt seltner vor, die Unciale
M
ist allgemein, aber das
, das
und
weisen noch auf die frühere Form
hin. Die Bilder selbst sind gut und die Greife,
die hier so vielfältig vorkommen, heraldich
richtig gebildet. Dagegen sind aber die
Präge=Maschinen ungemein schwach gewesen, oder
vielleicht die Stücke mit dem Hammer geschlagen,
nur wenige von ihnen zeigen vollständig den
Stempel; die Schrötlinge sind nicht völlig rund geschnitten,
auch nicht genau der Größe des Stempels angepaßt
oder dem Stempel genau untergelegt worden.
Beischläge, welche den Stempel theilweise
doppelt zeigen, sind auch vorgekommen. Mit einem
Worte, die ganze Darstellung der Münzen ist eine
im hohen Grade ungenügende und steht der
Münzprägung der früheren Wittenpennige bedeutend nach.
Den Hauptbestand dieses Fundes, denn der
Hohlpfennige wie der doppelten Stücke
(Großpfennige) finden sich unverhältnißmäßig
wenige, bilden die den Wittenpfennigen zu 4
Pfennig der früheren Zeit analogen Stücke,
welche man gewöhnlich, weil sie den späteren
Schillingen an Größe und Werth ähnlich sind, mit
diesem Namen zu bezeichnen pflegt, obgleich er
ihnen zu der Zeit, als sie eigentlich in Umlauf
waren, nicht zukam. Sie wurden zu 1/16 Loth
ausgeschrotet und es finden sich auch einzelne
wohl erhaltene Stücke, die dies Gewicht haben,
jedoch die Mehrzahl ist jetzt leichter und wiegt
nur 1/32 Loth mit einem Ueberschuß von 3-5 Aß,
hat also ungefähr 1/64 Loth verloren. Ob dieser
Verlust nur eine Folge der Abführung im Umlauf
oder der mangelhaften Stückelung, oder der
Reinigung vom Roste durch Säuren ist, mag dahin
gestellt bleiben. Wären sie vollwichtig, so
würden 256 Stück auf die rauhe Mark gegangen
sein; von den Rostocker Münzen gleichen Gepräges
waren so viel vorhanden, daß eine solche Mark
ausgewogen werden konnte, und so gab, um mit dem
alten Ausdruck zu reden, "de Koopmanns
Büdel" 293 Stück, es waren also 37 Stück
erforderlich, um den Abgang zu decken. Es war
somit diese Münze leichter, als die der
Hansestädte, denn von den Wittenpfennigen von
1410 sollten 200 auf die Mark gehen, und sind
auch die hier vorkommenden einzelnen Stücke
dieser Bestimmung gemäß im Gewichte gefunden;
und ebenso ist es auch annähernd ganz richtig,
wenn 1411 die Rostocker, Stralsunder,
Greifswalder und Anclamer Münze um 1/4 geringer
(also zu 3 Pfenning) gegen die Lübische,
Hamburgische und Lüneburger Währung gesetzt ward
(Grautoff III, S. 205).
Um den Feingehalt dieser Münzen, wenn auch nur
annähernd zu bestimmen, wurden 3 7/16 Loth
Bruchstücke und abgeschliffene Münzen dem
Wardein der Stadt Lübeck zum Einschmelzen
gegeben. Die Masse verlor 3/16 Loth und die
gewonnene Zaine ist nach der Strichprobe über
11= und unter 12löthig. - Demnach ist also der
Werth des einzelnen Stückes in Courant des
14Thalerfußes = 1 Schilling 7 1/3 Pfenning.
Die Münzstätten und das Zahlenverhältniß weis't
die folgende Tabelle nach.
Das Gewicht dieser Stücke (mit Einschluß der
geschmolzenen Zaine ist 2 Pfund 30 1/2 Loth.