zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 202 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Gewölbmalereien in der Kirche zu Zurow.

Vgl. Jahrb. XVI, S. 300.

Als im Sommer 1862 die Kirche zu Zurow "renovirt" ward, kamen am Gewölbe Malereien zum Vorschein, von denen Herr Pastor Köpke daselbst dankenswerthe Anzeige machte. Eine demzufolge angestellte und, so weit noch möglich, ausgedehnte Untersuchung ergab Folgendes. Die aus dem 14. Jahrh. stammende gothische Kirche war ursprünglich nicht getüncht, sondern zeigte in den Wänden, Gurten und Rippen die schone tiefrothe Farbe der Ziegel. Die Gewölbekragsteine hatten allem Anscheine nach eine hellgrane Farbe. Der Putzgrund der Kappen war gegen die Schildbogen mit einem 3 Zoll breiten Streifen abgesetzt und zwar so, daß der Streifen neben dem einen Schenkel schwarz, neben dem andern grün war und daß von jedem Kragsteine zwei gleichgefärbte Streifen abgingen. Die Näthe der Kappen waren durch eine schwarze Linie hervorgehoben, die in den Gewölben des Chores über dem Scheitel der Schildbogen in ein Kreuz mit verkürztem unteren Balken endigte. In einem Abstande von 1 1/2 Zoll von den ebengedachten Streifen und den Rippen und Gurten lief ein mit den gewöhnlichen Blättchen besetzter 1 1/2 breiter grauer Streifen hin, der neben dem Scheitel der Gurte jederseits in einer Lilie abschloß; gegen die Schlußsteine der Gewölbe hin ist die graue Farbe vielleicht in ein blasses Roth übergegangen. Die drei inneren Kappen des Chorschlußgewölbes nun enthielten die oben gedachten figurlichen Darstellungen 1 ).

Auf der mittleren Kappe war eine aus einem orangefarbenen, einem schwarzen, einem weißen und einem grünen Streifen zusammengesetzte, nach unten parabolisch gespitzte Ellipse (Mandorla) gemalt, in welcher der Salvator auf einem aus Grün, Weiß und Orange und aus Schwarz zusammengesetzten Regenbogen thronte, die beiden Hände erhoben, und angethan mit einem grünen Gewande und schwarzgrauen Mantel, um


1) Der Herr Maler Canow zu Wismar, welcher diese Malereien restaurirt hat, hat dem Vereine saubere Zeichnungen von denselben geschenkt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 203 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

das Haupt einen Nimbus, Von der rechten Seite seines Mundes ging ein grüner Lilienstengel aus, von der linken ein Schwert. An die Mandorla schlossen sich in gleicher Farbe Bogen, welche die geflügelten Symbole der Evangelisten enthielten.

Auf den beiden seitlichen Kappen waren je zwei auf grünen Brinken knieende, anbetende Figuren dargestellt, auf jeder Hälfte eine. Auf der inneren Hälfte der nördlichen Kappe sah man eine weibliche Figur, mit einem Nimbus um das Haupt, in röthlichem Gewande, mit einem weißgrauen, grün gefutterten Mantel, auf der äußern Hälfte einen Kriegsmann, Kopf und Hals mit einer Kappe bedeckt, bekleidet mit einem schwärzlichen engen Rock mit weiten Aermeln, einen Gürtel um die Hüften; unter dem Rocke sah das Panzerhemd hervor und die Beine waren mit Schienen bekleidet. Vor ihm stand ein dreieckiger Schild, dessen vordere Hälfte ein rothes Rad mit 3 2/2 Speichen und dessen hintere Hälfte drei Strale oder Pfeile enthielt, und über demselben ein Helm mit schwarzgrauer Decke und geziert mit einem Pfeile, der auf seiner Spitze ein Federbüschel trug. Ueber dieser Darstellung zog sich ein Spruchband hin, auf welchem man las:

leue moder gades bidet

Die Schrift war aber verkehrt, von der Rechten zur Linken laufend, also wohl mit einer Schablone aufgetragen, was auch bei dem eben beschriebenen Wappen der Fall gewesen zu sein scheint, da die v. Stralendorf sonst die Pfeile vorne und das Rad hinten führen. Allerdings sind aber auch noch zwei andere Beispiele von dieser ungewöhnlichen Anordnung bekannt 1 ), beide jedoch aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, und es wäre auch möglich, daß der Maler sich geirrt hätte, indem er einen Siegelstempel in Gedanken hatte. Unterhalb dieses Bildes war in Grün ein o mit einer grünen Krone darüber gemalt.

Auf der südlichen Kappe war dem Heilande zunächst ein Bischof mit einem Nimbus und das Haupt in schwarzgrauem Mantel und weißem Unterkleide dargestellt. Mit Schwarzgrau war auch seine Mütze verziert; vor ihm steckte sein Bischofsftab im Boden. Auf der äußeren Hälfte der Kappe sah man eine weibliche Figur in einer Haube, mit einem grünlichen Mantel bekleidet, die den v. Bülowschen


1) Vgl. Lisch M. U. II, 227. Lisch G. v. Oertzen II, Taf. 2.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 204 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schild vor sich und über sich ein Spruchband hatte mit den - recht geschriebenen - Worten:

leue here bidet vor m[p]

Die mittlere Darstellung kommt oft genug vor und ist hinreichend klar, so daß sie keiner näheren Erörterung bedarf, die dagegen bei den übrigen Bildern um so nöthiger ist. Daß die Malereien unmittelbar nach Vollendung des Baues der Kirche, wenn nicht auf dem naßen, so doch auf dem frischen Putze ausgeführt sind, lehrt der Augenschein, und daß die beiden äußeren Figuren niemand anders darstellen als die Urheber des Baues, scheint nach der Sitte des Mittelalters unzweifelhaft. Ferner kann die Malerei nur erst nach 1350 datirt werden, da vorher Gothische Minuskel monumental nicht angewendet ward, aber auch nicht nach 1400, da der Styl der Kirche, der Malerei überhaupt und die Formen von Helm und Schild bestimmt dem vierzehnten Jahrhundert angehören. Zurow war sicher schon 1336 im Besitze der Söhne des Ritters Heino v. Stralendorf des jüngeren, mit Namen Heino, Heinrich und Nicolaus, und der mittlere von diesen ist es, den ich in dem Dargestellten vermuthe. Derselbe wird etwa 1328 volljährig, Ritter ungefähr 1350 geworden und um 1371 gestorben sein. Das ist freilich bis jetzt nicht zu erweisen, daß er eine v. Bülow zur Ehe hatte, aber Grund dies anzunehmen liegt darin, daß zwei seiner Söhne, der Ritter Henning und Hans, Namen führten, die bis dahin nicht bei den v. Stralendorf, wohl aber bei den v. Bülow üblich waren. Vielleicht ist es sogar erlaubt auf Johann V. v. Bülow als Großvater von der Mutter wegen zu rathen, da dieser, gleich wie sein Enkel der Ritter Henning, die Vogtei Krivitz hatte 1 ). Uebrigens war zu gleicher Zeit der Ritter Vicke v. Stralendorf, der Bruder Marquards, mit Gertrud v. Bülow verheirathet 2 ); doch ist an diese hier nicht zu denken, da nähere Beziehungen ihrerseits zu Zurow durchaus nicht bekannt oder wahrscheinlich sind. Dagegen bewährten grade die Söhne des Ritters Heinrich wiederum der Kirche daselbst ein besonderes Interesse, indem der Ritter Henning auf Begehren seines seligen Bruders Vicke zu Ehren der h. Jungfrau und zum Besten aller ihm theuren Seelen und (besonders) seiner Aeltern 1393, September 4, dort eine Vicarei stiftete, welche er mit Einkünften aus Varen dotirte. Wenn dies alles zusammengenommen dafür spricht, daß der Ritter Heinrich


1) Vgl. v. Bülow, G. v. Bülow, S. 45.
2) Vgl. Schröder's P. M. S. 1440, 1460, 1485, 1488, 1503.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 205 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mit seiner Hausfrau die Erbauer der Kirche und die Dargestellten sind, so kann man den Bau und die Malerei zwischen 1350 und 1370 setzen.

Die beiden Heiligen für die persönlichen Patronen der Donatoren anzusehen, liegt nahe; da aber nicht allein die Mutter Gottes und ein h. Bischof auf der 1462 gegossenen Glocke sich ebenfalls finden, sondern auch das alte Siegel der Kirche über dem v. Stralendorfschen Schilde das Bild der h. Jungfrau zeigt, so ist wohl nicht zu zweifeln, daß wir die Patrone der Kirche hier vor uns haben. Es fragt sich aber, welcher Bischof gemeint ist, da derselbe so wenig auf der Glocke, wie hier ein Attribut hat. Die meiste Wahrscheinlichkeit dürfte der h. Nicolaus für sich haben, da dieser ein in unseren Gegenden besonders beliebter Heiliger war und sehr häufig ohne Attribut vorkommt.

Die bräunlichen Conturen der Malereien waren vollständig erhalten, die Farben aber zum Theil mehr oder minder verblichen, namentlich auf der gesprungenen und ausgebesserten südlichen Kappe, was durch das öftere Uebertünchen ohne Zweifel bewirkt war. Da die Bilder in diesem Zustande aber nicht zu retten waren, so entschloß sich der Herr Landrath v. Stralendorf auf Gamehl in Anbetracht des kunsthistorischen Werthes und der Bedeutung dieser Darstellung für seine Familie dieselben restauriren zu lassen, was nach erhaltener Einwilligung des Patronats von dem Herrn Carl Canow in Wismar mit größter Gewissenhaftigkeit und Treue ausgeführt ist. Neuerungen sind nur darin getroffen, daß die Fleischtheile, welche ursprünglich grau gefärbt und mit Braunroth schattirt waren, ihre natürliche Farbe erhalten haben, da Herr Canow fürchtete bei der jetzigen Decoration der Kirche den ihm gestellten Bedingungen sonst nicht genügen zu können, daß dem o auf der nördlichen Kappe entsprechend ein a auf der südlichen Kappe ergänzt ist, und daß auf die Spruchbänder bei den Evangelistensymbolen die betreffenden Namen geschrieben sind.

Die Glocke von 1462, von welcher oben die Rede war, ist sehr bemerkenswerth. Die Krone derselben ist band= oder tauartig modellirt. Oben um den Hals liest man in einer Zeile:

Inschrift
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 206 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Darunter stehen die in Meklenburg sonst auf Glocke wohl noch nicht beobachteten Namen der "Wetterherren" 1 ):

Inschrift

Der Kranz der Glocke ist mit einer altertümlich modellirten schönen Weinranke verziert. Auf dem Mantel der Glocke sind, erzeugt durch Einritzen in den Mantel aus freier Hand, zwei Bilder 2 ) angebracht, die einem Meister im Zeichnen ihren Ursprung verdanken. Auf der einen Seite sieht man die Mutter Gottes mit dem Christkinde auf dem Arme und vor ihr einen Fuchs, der eine Gans im Maule trägt, auf der anderen Seite einen heiligen Bischof mit erhobener Rechten und vor ihm ein aus Hammer und Zange gebildetes Doppelkreuz, um welches sich eine gekrönte Schlange windet. Diesen beiden Darstellungen wird ohne Zweifel eine parallele und allegorische Bedeutung unterzulegen sein und namentlich dem Handwerkszeuge nicht etwa die eines Attributes, welches den h. Eligius kennzeichnen würde. Da aber dieser hier zu Lande schwerlich sonst vorkommt, das Attribut auch in der Malerei fehlt, so wird an diesen nicht zu denken sein. Das Hauptgewicht wird vielmehr auf der Schlange ruhen, die, wenn anders unsere auf den h. Nicolaus gewendete Vermuthung richtig ist, um so mehr hier an der Stelle war, als dieser Bischof auch sonst, wenn nicht mit einer Schlange, so doch mit einem Drachen (Arianismus?) gefunden worden ist 3 ). - Die Glocke ist nach dem darauf angebrachten Mark von demselben Gießer, der eine zu Thürkow befindliche Glocke vom Jahre 1452 gegossen hat.

Mit Bezug auf die oben angeführte frühere Beschreibung der Kirche sei hier noch bemerkt, daß, nach gefälliger Mittheilung des Herrn Pastor Köpke aus den Kirchenpapieren, der Thurm der Kirche, wie dort richtig vermuthet ist, früher eine Spitze (Helm oder Dachreiter?) gehabt hat, die durch einen Blitzstrahl 1639 entzündet worden ist. Die dort ferner notirten oberen Anker, sind jetzt beseitigt, die inneren Anker sind bei Gelegenheit der durch den eben bemerkten Brand veranlaßten Restauration angebracht. Endlich ist bei der jetzigen "Renovirung" der schöne Eisenbeschlag, namentlich ein künstlich gearbeiteter, geflochtener Thürring aus Eisen, von den Thüren, die zum Theil durch moderne, gestemmte ersetzt sind, entfernt und später in's Antiquarium nach Schwerin versetzt.


1) Vgl. Otte Glockenkunde, S. 81.
2) Der Herr Maler Canow hat dem Vereine Durchreibungen von diesen Glockenbildern geschenkt.
3) Vgl. Hack, Christl. Bilderkreis, S. 366.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Unter den Altargeräthen ist ein geschmackvoll gearbeiteter silberner Krankenkelch aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, welcher auf den 6 Knöpfen des Griffes die Buchstaben

ihecvs

trägt, bemerkenswerth.