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2. Alterthümer des christlichen Mittelalters und der neuern Zeit.

Alterthümer von der Burg Wolken.

Nachtrag zu Jahrb. XIII, S. 389.

Unmittelbar hinter dem Bahnhofe Bützow, auf der Bahnstrecke von Bützow nach Schwaan, überschreitet die Eisenbahn den Nebel=Fluß, welchem hier zum Bau der Brücke ein neues, grades Bett gegraben ist, indem der Fluß früher hier eine große Krümmung bildete. Hindurch ist jetzt links an der Bahn vor dem Flusse vor der Brücke eine Halbinsel entstanden, welche den Dienstgarten des Herrn Bahnmeisters Winkenwerder bildet. Das Nebelthal besteht vom mittlern Laufe an aus weiten Wiesen. Die jetzige Halbinsel, oder vielmehr Insel, welche durch das Abschneiden der Flußkrümmung entstanden ist, liegt ganz nahe dem jetzigen Hofe Wolken, von welchem man früher durch die Wiese auf die alte Burg Wolken ging, welche in der jetzt abgeschnittenen Krümmung der Nebel, früher am rechten Ufer derselben, (jetzt zwischen der Brücke und dem Bahnhofe) lag. Diese alte Burg Wolken, welche nicht sehr weit vom festen Lande und doch fest genug lag, war im 13. und 14. Jahrh. eine Burg der rittermäßigen Familien v. Babbe und v. Trechow, welche Vasallen der gewöhnlich zu Bützow residirenden Bischöfe von Schwerin und Burgmänner der bischöflichen Burg zu Bützow waren. Vor dem Bau der Eisenbahn hieß dieser Burgplatz bei Wolken der fürstliche Berg und diente zur Lagerung von Holz aus landesherrlichen Forsten, welches von hier zu Wasser transportirt ward. Schon beim Bau der Eisenbahnbrücke im J. 1847 ward ein kreisförmiges Fundament von einem Thurme gefunden, aus welchem Ziegel, Kohlen, Topfscherben und eiserne Lanzen= und Pfeilspitzen ausgegraben wurden.

Eine gleiche Erscheinung ward im Jahre 1862 beobachtet, als die Eisenbahnbrücke reparirt ward. Der Herr Winkenwerder, dessen Garten beim hohen Wasserstande mitunter zum Theil überfluthet ward, ließ nicht weit von dem neuen Bette

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der Nebel einen großen, tiefen Graben ziehen, um die hieraus gewonnene Erde zur Erhöhung des Gartens zu benutzen und den Schutt von der Brückenreparatur in die Tiefe des Grabens zu werfen. Ich beaugenscheinigte, aufmerksam gemacht durch den Herrn Eisenbahn= Baumeister Langfeld zu Rostock, mit dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow die Arbeit am 17. Sept. 1862, als sie grade im vollen Gange war. Es standen in dem Graben, der wohl gegen 10 Fuß tief war, eingerammte, starke Pfähle aufrecht, jedoch nicht sehr zahlreich und nicht nahe bei einander. Aber neben denselben lagen mächtige Schichten von horizontal gestreckten, dünnen Baumstämmen ("Ellernschleten"), welche zum Theil zu starken Lagen Holzerde vergangen, zum Theil aber noch nicht vermodert waren. Diese Art, auf sumpfigem Boden auf "Ellernschleten", statt Steinfundamenten, zu bauen war im Mittelalter nicht selten; für den Bau eines Theils der Stadtmauern und Thorthürme von Stralsund ist diese Bauart (1446) verbürgt und am Schlosse zu Schwerin ward dieselbe Erfahrung gemacht (vgl. Jahrb. XV, S. 161). Genauere Beobachtungen über die Größe und Richtung dieser Fundamente konnten nicht gemacht werden, da der Graben, wenn auch sehr breit, doch nicht breit genug und in der Tiefe mit Wasser gefüllt war.

Ich fand außer dem Holze viele Scherben von blaugrauen Töpfen, Ziegel, Thierknochen in der ausgeworfenen Erde liegen, auch ein zusammengeschmolzenes Glasgefäß, welches auf den Brand der Burg zu deuten scheint.

Der Herr Baumeister Langfeld, welcher die Aufgrabung zuerst beobachtet hatte, erwarb als Geschenk für den Verein folgende Alterthümer, welche der Herr Bahnmeister Wickenwerder auch freundlichst abtrat:

1) den Rand von einem großen, ovalen Gefäße aus festem, blaugrauem Thon, 11" und 8" weit in der Mündung; daß das Gefäß durch Brand und Druck die ovale Form sollte erhalten haben, ist wohl nicht denkbar, da der Thon zu fest und spröde ist;

2) einen Topf von blaugrauem Thon, 5" hoch, an einer Seite zerbrochen;

3) eine mit Reifen gedrechselte hölzerne Schale, zerbrochen;

4) einen dünnen, keilförmigen Schleifstein aus Gneis, 11" lang;

5) einen flachen, runden Schnallenring von Messing, 2" im Durchmesser, auf einer Hälfte der Oberfläche mit einer

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eingegossenen erhabenen Inschrift, welche noch nicht hat entziffert werden können. Fast sicher zu lesen zu sein scheinen die Buchstaben:

Inschrift

Die in () eingeklammerten Buchstaben sind wohl deutlich, aber nicht ganz rein. Das Ganze scheint:

Inschrift

zu lauten. Ich bin aber durchaus nicht im Stande, diese Buchstaben zu deuten. Die Schriftzüge gehören der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts oder dem Anfange des 14. Jahrh. an.

6) Knochen von Hausthieren aller Art.


Die Burg Wolken muß in alter Zeit große Festigkeit gehabt und den Bischöfen von Schwerin oft als Zufluchtsort gedient haben. So z. B. ist aus dem oben mitgetheilten wismarschen Kämmerei=Register ersichtlich, daß in der bewegten Zeit der Vormundschaft der Söhne Heinrichs des Löwen die Burgemeister und Rathmänner der Stadt Wismar, wo die Vormundschaft ihren Sitz hatte, häufig zu Unterhandlungen nach Wolken reiseten, z.B. 1330 (nach Mai 1): Bis versus Wolken V m. - Dominica prima Aduentus domini versus Wolken III m.- 1333 (nach Mai 1): Reysa versus Wolken per dominum Wysen II m. - Versus Wolken dominus Wyse XXVI s. - Versus Wolken per dominum Wysen XXIX s. (vgl. oben S. 95 und 101).

G. C. F. Lisch.