zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 186 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Zweiter Wendenkirchhof von Neu=Wendorf,

von

G. C. F. Lisch.

In den Jahrbüchern XXVII, S. 181 ist ein Begräbnißplatz aus der Eisenzeit beschrieben, welcher auf dem Gute Neu=Wendorf bei Tessin entdeckt ist und an der Grenze des Gutes Dammerstorf liegt. Nach dieser Entdeckung ist auf diesem Gute ein anderer großer Begräbnißplatz aus der Eisenzeit entdeckt, welcher weit entfernt und fast entgegengesetzt von dem ersten an der Grenze des Gutes Reppelin liegt. Hier stehen in einer Sandscholle die Begräbnißurnen in großer Anzahl unter dem flachen Erdboden eingegraben, ohne äußere Merkmale, in kurzen Entfernungen neben einander. Der zu Neu=Wendorf weilende Oekonom Herr Carl Sibeth hat mit großer Sorgfalt und Ausdauer diesen Begräbnißplatz im J. 1861 aufgedeckt und beobachtet. Die zahlreichen Urnen stehen nicht tief unter der Erdoberfläche, bald im Sande, bald durch umhergestellte Steine geschützt; häufig sind sie mit einem großen Steine zugedeckt, oft liegt auf der Urne ein Stein, welcher kleiner ist als die Oeffnung der Urne; mitunter fehlen Steine ganz. Einige Male wurden auch zwei Urnen übereinander stehend gefunden. Die Urnen sind mit zerbrannten Knochen, Asche und Sand gefüllt. Alterthümer sind in keiner Urne gefunden. Sehr viele Urnen waren zerbrochen oder durch Pflanzenwurzeln zersprengt; andere zerfielen beim Ausgraben. Jedoch ist es dem Herrn Sibeth gelungen, noch 9 Urnen größtentheils unversehrt zu Tage zu fördern. Die Urnen sind theils schwärzlich, theils braun, und haben ganz den Charakter der Urnen der Eisenzeit; die meisten sind groß, schalenförmig, mit scharfem Bauchrande und weit geöffnet; die meisten sind ohne Verzierungen, nur einige haben leicht eingeritzte oder eingeschabte Verzierungen. Zwei kleinere Urnen haben einen kugeligen Bauch und einen hohen engen Hals

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 187 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

und gleichen ganz den häuslichen Gefäßen, wie in Jahrb. XII, S. 348 eines abgebildet ist. Die alten Bewohner dieser Gegend scheinen sehr arm gewesen zu sein, weil sie zu der Beisetzung häusliche Töpfe statt der Begräbnißurnen genommen haben, welche letztern sich durch Gestalt, Verzierung und sorgfältigere Bereitung deutlich von jenen unterscheiden. Merkwürdiger Weise lag um eine hellbraune Urne mit zwei kleinen Henkeln ein vollständiges, unverbranntes, sehr mürbes menschliches Gerippe und in der Urne unverbrannte Menschengebeine, welche nach genauerer Besichtigung aus Stücken vom Beckenknochen und Schenkelhalse und aus Rückenwirbeln bestehen. Diese Erscheinung läßt sich wohl nicht anders erklären, als daß die Leiche in den letzten heidnischen Zeiten unverbrannt auf dem Begräbnißplatze und durch Zufall über einer Urne eingegraben ist und daß die Knochen bei der Verwesung der Leiche theils neben, theils in die Urne gefallen sind.

Im Laufe der Zeit hat der Herr Sibeth die Alterthümer dieses Begräbnißplatzes weiter verfolgt und im J. 1863 auf demselben noch drei eiserne Hefteln und einen kleinen eisernen Ring gefunden.

Der Gutsbesitzer Herr A. Schmidt auf Neu=Wendorf hat die Güte gehabt, sämmtliche Urnen und Alterthümer dem Vereine zu schenken.

G. C. F. Lisch.