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Auf dem zur rostocker Kiesgrube benutzten merkwürdigen Begräbnißplatze von Bartelsdorf bei Rostock ist seit Septbr. 1862 weiter gearbeitet. Im Mai 1863 besuchte ich die Grube wieder, um die weitere Ausdehnung des Begräbnißplatzes zu beobachten und die dort noch gefundenen Altertümer zu retten. Die fernern Aufgrabungen bestätigen die in den Jahrb. XXVIII. S. 301 flgd. ausgesprochenen Ansichten 1 ). Nach den Berichten der beiden angestellten vorsorglichen Tagelöhner aus Riekdahl setzt sich der Begräbnißplatz für unverbrannte Leichen gegen Osten hin fort. Es wurden zu den früher aufgegrabenen 80 Leichen von Sept. 1862 bis Mai 1863 noch 54 Leichen aufgedeckt, so daß die Arbeiter bis Mitte Mai 1863 schon 134 unverbrannte Leichen beobachtet haben. Schädel ließen sich nach der Aussage der Arbeiter nicht retten.
Jedoch sind durch die Aufmerksamkeit der Arbeiter und die besondere Theilnahme des Herrn Kämmereibürgers Ladendorf die bei den unverbrannten Leichen gefundenen Alter=
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thümer gerettet und in die Sammlungen des Vereins gekommen. Unter diesen ist besonders ein Topf merkwürdig, welcher neben einer Leiche stand. Dieser vollständig erhaltene Topf ist aus röthlich gelbem Thon, mit Kies durchknetet, aus freier Hand geformt, etwas rauh auf der Oberfläche, unten auf dem Boden mit einer (schwer erkennbaren) erhabenen, kreuzförmigen Verzierung bezeichnet, von cylindrischer Form, am Rande mit vertieften Parallellinien verziert, nur 4 Zoll hoch und ungefähr eben so weit, ganz ähnlich dem hieneben und früher in Jahrb. XII, S. 437 abgebildeten Gefäße von Bobzin, welcher jedoch leichte Wellenverzierungen statt der Parallellinien am Rande hat. Dies ist unzweifelhaft ein Topf oder Krug zum häuslichen Gebrauche, welcher dem Todten statt eines andern Geräthes mitgegeben ist. Er ist an einer Seite leicht von Ruß geschwärzt. Dieser Topf, sicher keine Begräbnißurne, da eine solche immer größer und sorgfältiger gearbeitet ist, stammt ohne Zweifel aus der Zeit des Unterganges des Heidenthumes in Meklenburg, da auf allen zur Zeit Niklots zerstörten heidnischen Burgwällen Scherben von diesen kleinen, dünnen Krügen mit Parallellinien am Rande, neben denen mit wellenförmigen Verzierungen, in zahllosen Stücken gefunden worden. Der Topf wird sicher aus der Zeit 1160 - 1170 stammen; er stand am Rande des Begräbnißplatzes in einer der ersten Reihen der unverbrannten Leichen.
Es wurden ferner neben den Leichen noch gefunden:
5 eiserne Messer, von denen eines noch mit Resten des hölzernen Griffes und eines mit einer krumm gebogenen Oese am Griffende zum Anhängen;
1 eisernes Messer, welches ungewöhnlich reich gearbeitet ist. Der Griff ist mit rundem Knochen bekleidet, am Griffende sitzt ein Knopf von weißem Stein. Die Scheide der sehr dünnen Klinge ist von Leder, wovon noch ein Bruchstück vorhanden ist; die Enden der Scheide sind mit Bronzestreifen beschlagen gewesen, von denen der obere am Rande mit feinen Zickzacklinien gravirt ist.
Ferner ward gefunden:
1 eiserne große Gürtelspange, am breiten Ende mit großen Bronzenieten geheftet, am schmalen Ende zum Haken umgebogen, 2" breit am breiten Ende und 6" lang, mit vertieften Linien verziert, und
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1 eiserne kleine (Gürtel=)Spange, etwa 2 bis 3" lang, ganz wie die Spange in der Urne mit den zerbrannten Gebeinen (vgl. Jahrb. a. a. O. S. 302).
Da die fortgesetzten Arbeiten in der Kiesgrube dem Vernehmen nach noch immerfort Ausbeute an Alterthümern gaben, so besuchte ich am 13. Julii 1863 den Begräbnißplatz wieder und forschte sonst in Rostock, wodurch ich manche wertvolle Erfahrung gewann. Die Arbeiter waren hinter den von mir methodisch aufgedeckten Räumen ununterbrochen auf Leichen gestoßen, hatten aber aus Mangel an Einsicht und Zeit die Bestattungen nicht genau verfolgt, jedoch bei auffallenden Begräbnissen Beobachtungen angestellt und die Funde aufbewahrt.
Der Begräbnißraum mit den verbrannten heidnischen Leichen lag gegen Westen nach der Stadt Rostock hin und war in seiner größern mittlern Ausdehnung bei der Eröffnung der Kiesgrube zerstört. Ich fand aber an dem einen Ende des Begräbnißplatzes nach der Chaussee (Norden) hin noch 2 Urnen mit verbrannten Knochen (vgl. Jahrb. XXVIII, S. 302). In der Nähe dieser letzten Urnen fand ich selbst am 13. Julii 1863 zwischen den ersten Reihen der unverbrannten Leichen noch eine verbrannte Leiche, welche ohne Urne nur in einer kleinen Grube im Sande gegen 2 Fuß tief vergraben und mit einem großen Steine unterhalb der Erdoberfläche bedeckt war.
Im Sommer 1863 fanden die Arbeiter am entgegengesetzten südlichen Seitenende des Brandkirchhofes nach dem Hofe Bartelsdorf hin noch Alterthümer aus der Brandzeit, welche sie aufbewahrten und mir überlieferten, nämlich:
eine große, grobkörnige, hellbraune Urne, etwas rauh im Aeußern, mit sehr vielen goldfarbigen Glimmerfünkchen durchsprengt, ohne Verzierungen, 12" hoch und weit, zum Theil zerbrochen, jedoch noch in einer Vorderansicht erhalten, mit den Gebeinen eines erwachsenen Menschen. In der Urne lag eine große, breite Gürtelspange aus Eisen mit eisernen Nieten.
Nicht weit davon fand sich noch
eine große, feinkörnige, dunkelbraune und schwärzliche Urne, ebenfalls etwas rauh im Aeußern, in der obern Hälfte zerbrochen, mit den Gebeinen eines erwachsenen Menschen, und in derselben
ein Messer aus Eisen.
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Auf dem Raume mit den unverbrannt begrabenen Leichen wurden andere beachtenswerthe Entdeckungen gemacht.
Die Arbeiter fanden immerfort unverbrannte Leichen und sammelten bei denselben noch
5 Sargnägel aus Eisen, welche alle sehr verbogen sind, so daß man auf eine große Unvollkommenheit der Geräthe, namentlich auf Unbekanntschaft mit Bohrwerkzeugen, und auf große Härte des Holzes schließen muß.
Bei einer unverbrannten Leiche fanden die Arbeiter
eine Perle aus weißem, weichem Stein.
Von Wichtigkeit war der Fund, welchen der Herr Dr. Ernst Kühl zu Rostock auf dem Begräbnißplatze machte und dem Verein überlieferte. Dieser fand
über den unverbrannten Gebeinen eines erwachsenen Menschen, welcher
ein Messer aus Eisen in lederner Scheide bei sich hatte,
die unverbrannten Gebeine eines jungen im Zahnwechseln stehenden Menschen, wahrscheinlich Mädchens, welches 2 gleiche bronzene Armringe bei sich hatte, von der Art wie schon früher dergleichen auf diesem Begräbnißplatze gefunden sind. Diese Armringe, ungefähr 2 3/4" im innern Durchmesser, sind von Bronzeblech und hohl, an den Enden offen und an einem Ende durch die Enden stumpf geschlossen, am andern Ende auf die Außenseite in einer doppelten Windung zurückgebogen, so daß die Enden nicht zum Ineinanderhaken gedient haben können. Dies sind also die charakteristischen Ringe aus dem Ende der Heidenzeit in den südbaltischen Ländern. Die Ringe von Bartelsdorf sind mit vertieft eingetriebenen Zickzacklinien und dazwischen stehenden durchgeschlagenen Puncten verziert. Der eine Ring ist dicker, als der andere, aber beide sind ähnlich verziert. Auf beiden sind Stücke von ziemlich feiner Leinewand angerostet. Wahrscheinlich dienten diese Ringe zum Schmuck des Oberarmes, da sie für den Unterarm eines ganz jungen Mädchens wohl zu weit sind und da ein Schlüsselbein und das Gaumenbein grünlich gefärbt sind, die Ringe also beim Zusammenfallen der verwesenden Leiche wohl nach dem Kopfende hin gesunken sind.
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Als ich am 25. August 1863 in Rostock war, besuchte ich wieder den Begräbnißplatz zu Bartelsdorf, um den Fortschritt der Arbeit zu beobachten und die Erfahrungen der Arbeiter zu vernehmen.
Verbrannte Leichen in Urnen waren nicht mehr gefunden. Dagegen zeigten sich noch immerfort unverbrannte Leichen unter den früher beobachteten Verhältnissen; jedoch fanden sich Alterthümer immer seltener. Die Arbeiter, welche der Entdeckung der Leichen mit Theilnahme folgen und sich die Zahl merken, geben an, daß sie bis zum 25. Aug. 1863 schon 148 unverbrannte Leichen gefunden hätten.
Vom 13. Julii bis 25. Aug. 1863 hatten sie von den aufgegrabenen unverbrannten Leichen
3 Schädel gerettet, welche in die schweriner Sammlungen gekommen sind.
Von diesen 3 Schädeln haben 2 die Bildung der übrigen hier gefundenen, welche in die öffentlichen Sammlungen zu Schwerin und in Privatsammlungen in Rostock gekommen sind. Alle sind Langschädel von gewöhnlichen Formen, unter sich ähnlich und fast gleich, ohne auffallende hervorragende Theile, mit schmaler, nicht sehr hoher, etwas spitz nach oben auslaufender Stirn. Nur einer von den zuletzt gefundenen 3 Schädeln nähert sich mehr der runden Form; er ist kurz und in allen Theilen mehr aufgetrieben, namentlich ist der obere Theil der Stirn stark nach vorne gedrängt. Diese Form wird aber ohne Zweifel mehr in irgend einer Verbildung oder Krankheit, als in der Race liegen, um so mehr da die Stirnnath vom Scheitel bis zur Nasenwurzel nicht verwachsen ist, sondern oben eine vollständig ausgebildete Nath zeigt, obgleich der Mensch, dem der Schädel angehörte, vollständig ausgewachsen gewesen ist. Der Herr Medicinal=Rath, Leibarzt Dr. Mettenheimer zu Schwerin hat den Schädel untersucht und äußert sich über denselben also: "Den Schädel mit der offen gebliebenen Stirnnath habe ich angesehen. Die Nath ist nur auf der äußern Fläche des Schädels zu bemerken, auf der Innern nicht, wie überhaupt grade an diesem Schädel die Andeutungen der Näthe auf der innern Schädelfläche viel schwächer sind, als gewöhnlich. Der fragliche Schädel scheint, so viel sich nach dem Augenmaaß urtheilen läßt, sehr voluminös zu sein; die Knochen sind sehr dünne. Alle diese "Umstände, im Verein mit der starken Convexität des obern Theiles des Stirnbeins, sprechen dafür, daß das Gehirn im
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Allgemeinen sehr groß war und sehr stark entwickelte Stirnlappen hatte, oder aber dafür, daß in der Jugend ein mäßiger Grad von Hydrocephalus" (Wasserkopf) bestand, "welche die frühzeitige Schließung der Stirnnath auf= "hielt, einer regelmäßigen Weiterbildung der Schädelknochen "jedoch später nicht entgegentrat".
Bei dem einen Gerippe fand sich
ein eisernes Messer mit Holzgriff und bei einem andern
ein eisernes Messer, Bruchstück.
Bei einem Gerippe, von welchem keine Gebeine gerettet sind, fanden sich
zwei Perlen aus weißem, weichem Stein,
wie schon früher (vgl. S. 180) deren eine gefunden ist.
Im Spätherbste 1863 wurden noch mehrere Gerippe bloß gelegt und einige Alterthümer gewonnen:
ein großer Schädel von einem bejahrten Menschen, mit stark abgeschliffenen Zähnen;
ein kleinerer Schädel eines jungen Menschen, mit vollständigen, zarten Zähnen und Unterarmknochen, welche von Bronzerost grün gefärbt sind;
eine eiserne Gürtelspange von ungewöhnlicher Größe und guter Arbeit, leider zerbrochen; sie ist wenigstens 9" lang und oben 3" breit gewesen. Auf der untern Seite sind viele Alterthümer fest angerostet: zwei kleine eiserne Ringe von beinahe 1" Durchmesser, wahrscheinlich zum Einhaken der Spange oder zum Anhängen an den Gürtel, kleine bronzene Spiralringe, ein eisernes Messer u. s. w.
Im Winter 18 63 / 64 bis zum Druck dieser Blätter haben die Erdarbeiten geruhet.