Johann Gottlieb Pistorius.
Zu gleicher Zeit mit v. Penz und v. Gamm
arbeitete der Land=Syndicus, Rath Johann
Gottlieb Pistorius zu Neu=Brandenburg auf diesem
Felde. Pistorius, "in der Geschichte des
Vaterlandes vollkommen bewandert und einer der
gelehrtesten Alterthumsforscher in
Meklenburg", bereitete eine Geschichte
aller adeligen Familien vor, welche
ausführlicher, kritischer und gründlicher werden
sollte, als alle bisherigen. Pistorius war ein
scharfsinniger, wissenschaftlicher, ernst und
vaterländisch gesinnter Mann, welcher außer der
meklenburgischen Landeskunde in seinen
Mußestunden Naturkunde und Münzkunde trieb. Er
war im Jahre 1708 zu Friedland geboren und ward
im Jahre 1756 stargardischer Land.Syndicus (vgl.
Journal von und für Deutschland, 1784, Stück 6,
Juni, S. 639, und Jahrbücher des Vereins für
meklenb. Geschichte XIX, S. 169). Im Jahre 1766
war von seiner Geschichte des meklenburgischen
Adels der erste Theil, die Geschichte des
Geschlechts v. Warburg, fertig und die rostocker
"Berichte von gelehrten Sachen" von H.
F. Taddel forderten am 29. October 1767 auf
diese damals schon unter der Presse befindliche
Geschichte zur Subscription auf. Im Jahre 1767
war auch der größte Theil dieser Geschichte
gedruckt. Aber "Undankbarkeit und Mangel an
Theilnahme" sollen ihn, einen sehr scharf
blickenden und daher auch wohl empfindlichen
Mann, an der Fortsetzung verhindert haben, so
daß selbst der Geschichte der v. Warburg noch
der Titelbogen und der Schlußbogen fehlt (vgl.
Nugent's Reisen durch Mecklenburg, aus dem
Englischen übersetzt, 1781, I, S. 244). In dem
Bülowen=Buch, 1780, wird S. 17 gesagt: Pistorius
"hat den besten Willen geäußert, sich durch
Beschreibung Meklenburgscher Familien verdient
zu machen. Er hat auch würklich mit dem
Geschlechte von Warburg den Anfang gemacht und
dadurch bei Lieb=
habern der Adelshistorie den Wunsch erreget, daß
er nicht so bald ermüden möge. Es scheinet aber,
als ob er durch den Beifall dieser wenigen sich
nicht belohnt genug gehalten." Auch in den
Genealogischen Nachrichten der Familie von Koß,
1789, wird gesagt: "Land=Syndicus und Rath
Pistorius zu Neu=Brandenburg hat auch den Anfang
gemacht, Mecklenburgische Familien zu
beschreiben." Pistorius starb schon im
Jahre 1781. Es ist daher anzunehmen, daß sein
Nachlaß nicht sehr reich und umfassend war, da
er nach allen Andeutungen wegen Mangel an
Theilnahme, welche freilich bis dahin alle
Arbeiter gedrückt hatte, die Arbeiten ruhen
ließ. Dennoch wird er gewiß manche interessante
Sammlung hinterlassen haben, welche nach seinem
Tode wahrscheinlich in den Besitz des Ministers
v. Gamm gekommen sind, wie mehrere in v. Gamm's
Nachlaß gefundene Sammlungen von Briefen an
Pistorius mit dessen Bemerkungen zu beweisen scheinen.
Die Hoinckhusen=Penz=Gamm'schen Arbeiten,
welche in einem innern und historischen
Zusammenhange stehen, sind jetzt im
großherzoglichen Staats=Archive zu Schwerin
vereinigt. Freilich sind alle solche
Bestrebungen des 18. Jahrhunderts für die ältern
Zeiten nicht zuverlässig, da die Archive sehr
schwer zugänglich waren und es den Arbeitern
damals an ausreichender Gelehrsamkeit und Kritik
fehlte. Dennoch ist das Material als Grundlage
sehr anerkennenswerth und für das 17. und 18.
Jahrhundert äußerst wichtig.