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VIII.

Miscellen und Nachträge.


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1.
Canzler=Insignien im Mittelalter.

Die Würde eines Canzlers war im Mittelalter die höchste im Staate und entspricht der Würde eines Ministers oder Regierungs=Präsidenten. Das ganze Mittelalter hindurch war das Canzler=Amt in den Händen von Geistlichen, weil diese allein im Besitze der Gelehrsamkeit und der erforderlichen technischen Fertigkeiten waren. Die Canzler=Würde an den kleineren Höfen Deutschlands entstand im 14. Jahrhundert aus der Nachahmung dieser Würde am kaiserlichen Hofe, wie in Norddeutschland alle Hofämter, wie die eines Marschalls, Kämmerers, Truchsessen u. s. w., in dieser Zeit den kaiserlichen Hofämtern nachgebildet wurden. Im 12. und 13. Jahrhundert gab es dem Range und Titel nach keine Canzler; tüchtige, gewandte Geistliche, oft aus edlen Geschlechtern, dienten als "Schreiber, Notarien, Protonotarien" an den fürstlichen Höfen und beriethen und entwarfen nicht allein die fürstlichen Urkunden, sondern fertigten sie auch aus. Als aber im 13. Jahrhundert die Geschäfte sich mehrten und ein größeres Schreiber=Personale erforderlich war, ward ein fähiger Mann an die Spitze der Canzlei (Canzler) gestellt, um die Staatsgeschäfte mehr zu leiten. Die Räthe der Fürsten waren nach, wie vor, Ritter, welche in den fürstlichen Urkunden als Zeugen oder Räthe (consiliarii, secretarii) auftreten; zur endlichen Bestimmung der fürstlichen Entscheidung war aber der vertraute Canzler beiräthig, welcher auch die Staatsurkunden entwarf, jedoch nicht mehr ausfertigte, sondern die Geschäftsführung in der fürstlichen Canzlei und überhaupt alle fürstlichen Geschäfte nur leitete. In Meklenburg behauptete der Canzler lange diese Stellung; erst im 17. Jahrhundert ward Geschäftstheilung eingeführt.

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Die eigentlichen Insignien oder Amtszeichen des Canzlers waren die fürstlichen Siegel, welche der Canzler nothwendig allein und mit Verantwortlichkeit führen mußte, indem in den ersten Jahrhunderten des Mittelalters die Schreibkunst in den höhern Ständen wenig verbreitet war und ein Mann vorhanden sein mußte, der sich im Namen des Fürsten von der Richtigkeit der ausgestellten Urkunden zu überzeugen hatte.

Um die Mitte des 14. Jahrhunderts (1339-1351) war Barthold Rode Protonotarius am meklenburgischen Hofe des Fürsten Albrecht; dieser wird wohl zuerst Canzler genannt. Ihm folgte Bertram Bere aus der im 16. Jahrhundert ausgestorbenen adelichen Familie, welche drei Schwanenhälse im Wappen führte. Sein Nachfolger war der Magister Johannes Cröpelin (in einem und demselben Jahre "protonotarius, cancellarius, kenzeler, schriver" genannt). Von diesem besitzt das großherzogliche Archiv noch einige Conceptbücher auf Papier, eines von Baumwollen=, ein anderes von Linnen=Papier, wie es scheint. Diese Bücher beweisen unzweifelhaft, daß die Insignien des Canzlers in Führung der fürstlichen Siegel bestanden. Der Canzler Bertram Bere hatte im J. 1358 eine Urkunde entworfen, aber nicht ausgefertigt; als sie ausgegeben werden sollte, nahm der Canzler Johann Cröpelin eine Abschrift von derselben in sein Conceptbuch auf, jedoch mit dem alten Datum aus Bertram Bere's Amtsführung:

In cuius rei testimonium sigillum nostrum presentibus est appensum. Datum anno domini M°CCC°LVIII°, feria quarta infra octauas corporis Christi,

und hing das fürstliche Siegel an dieselbe, bemerkt jedoch bei dem Concepte, obgleich der Canzler Bertram Bere die Urkunde noch hätte besiegeln müssen, so habe er doch auf besondern Befehl seines Herrn in dem Jahre, als er dieses Conceptbuch angelegt, das fürstliche Siegel angehängt:

Licet ista littera debuisset per dominum Bertrammum Beren sigillasse anno quo supra, tamen ex iussu et mandato speciali domini mei eam sigillaui feria quinta infra Penthecostes anno quo registrum incepi.

Das Conceptbuch legte Johann Cröpelin im J. 1361 an:

Incipit registrum, inchoatum per Johannem Cröpelin, protonotarium illustris principis domini Alberti ducis Magnipolensis etc., sub anno in-

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carnationis domini M°CCC°LX primo, sabbato ante dominicam Palmarum.

Es geht hieraus unwiderleglich hervor, daß der Canzler das fürstliche Siegel führte. Es soll damit nicht gesagt sein, daß der Canzler nach neuern constitutionellen Ansichten für die Verhandlungen verantwortlich gewesen sei, denn die meisten fürstlichen Urkunden beweisen, daß die Urkunden auf fürstlichen Befehl besiegelt wurden (scriptum sigillo nostro duximus oder iussimus communiri); aber er war für den rechtmäßigen Gebrauch des Siegels und die Richtigkeit der besiegelten Urkunde nach den voraufgegangenen Verhandlungen verantwortlich. Die Führung des Siegels durch den Canzler dauerte das ganze Mittelalter hindurch; noch zur Zeit der Reformation ließ sich der Herzog Heinrich der Friedfertige auf einer Reise von seinem Canzler Caspar von Schöneich einige "Presseln", d. i. Siegelbänder oder Siegeldecken mit aufgedruckten Siegeln zur Ausstellung von Urkunden nachsenden. Die Fingereindrücke auf der Rückseite der Wachssiegel aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind wahrscheinlich von des Canzlers eigener Hand zum Zeugnisse der richtigen Anhängung; denn die Anhängung und Ausprägung der Wachssiegel war gewiß ein mühsames, mechanisches Geschäft, welches der Canzler wohl nicht eigenhändig verrichtete. Es läßt sich zwar nicht beweisen, daß die Fingereindrücke eine bestimmte Bedeutung gehabt haben; aber die Beobachtung an vielen tausend Urkunden führt am Ende darauf, daß eine gewisse Regelmäßigkeit hierin herrschte, die nicht zufällig sein kann. Und in schwierigen Zeiten, z. B. in den ersten Zeiten nach einer unruhigen fürstlichen Vormundschaft, ließen die Fürsten beständig ihr kleineres Secretsiegel, welches sie persönlich führten, da sie es auf Reisen bei sich hatten, wenn auch der Canzler nicht gegenwärtig war, statt der Fingereindrücke auf die Rückseite der Siegel setzen. Diese Besiegelung der Urkunde und die Bezeichnung der Rückseite der Siegel mit Fingereindrücken ist im Mittelalter wahrscheinlich das, was man "Hand und Siegel" nannte.

Hiernach scheint Riedel in den "Märkischen Forschungen, II, 1, S. 62, nicht Recht zu haben, wenn er meint, daß "die Aufbewahrung des markgräflichcn Siegels keinem bestimmten Beamten übertragen gewesen, sondern der Person der Fürsten vorbehalten geblieben sei". Die Formeln in den Urkunden beweisen für diese Ansicht nichts, da die Urkunden auch im Namen der Fürsten geschrieben wurden. Es fehlt nur an bestimmten Aeußerungen darüber, wer die Urkunden besiegelt habe. Die meklenburgischen Urkunden sind den märkischen in der Form

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gleich, und doch besitzen wir nur die vorstehende Aeußerung, ohne welche wir keinen bestimmten Schluß machen könnten, über die Besiegelung der Urkunden.

Das Datum der Urkunden scheint sich nach dem Vorstehenden auf die schriftliche Ausfertigung, nicht auf die Besiegelung derselben zu beziehen.

G. C. F. Lisch.     


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2.
Gude manne.

Der Ausdruck "gude manne" kommt in den Urkunden des Mittelalters zu häufig vor und ist für die Entwickelung des meklenburgischen Staatsrechts von zu großer Wichtigkeit, als daß nicht eine möglichst scharfe Bestimmung des Begriffs willkommen sein sollte. Grimm in seinen Deutschen Rechtsalterthümern, I, S. 294, hat den Begriff noch nicht scharf festsetzen können; er sagt: "gude man heißen im 15. und 16. Jahrh. auch edelleute, die keine ritter waren; es scheint Benennung ehrenwerther männer unter edlen und freien." Ohne Zweifel ist aber der Begriff zu verschiedenen Zeiten verschieden und Grimm scheint nur von der Geltung desselben in der ältesten Zeit, vor dem 13. Jahrhundert, geleitet worden zu sein. In Norddeutschland scheint aber der Begriff vorzüglich im 14. Jahrhundert am bestimmtesten ausgeprägt zu sein und am häufigsten vorzukommen.

Das Wort "man" bezeichnet in dieser Zeit im staats= und lehnrechtlichen Sinne bekanntlich einen Vasallen (vasallus, fidelis, = lieber getreuer); dies bedarf keines Beweises und keiner Ausführung, da das Wort in dieser Bedeutung sowohl im Rechte, als in der Dichtung zu häufig vorkommt. Das Wort man ist in diesem Begriffe ein lehnrechtlicher und gebührt der Person von dem Grundbesitze.

Mit dem Worte ritter (miles) oder knappe (famules) wird eine bestimmte kriegerische Würde und ein Ordensverhältniß, später zugleich ein erblicher Stand bezeichnet. Zwar ist der Ritter oder Knappe zugleich Vasall (man); aber nicht jeder Vasall, Lehnträger, ist Ritter; es giebt selbst Schulzen= und Mühlenlehne. Ward auch im Verlaufe der Zeit die ritterliche Herkunft (Ritterbürtigkeit) Bedingung der Ritterwürde, so hat doch der Begriff des Ritterthums mehr staatsrechtliche Natur, wenn er auch im Lehnrecht bedeutendes Gewicht hat.

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Nun fehlt es aber in den wendischen Ostseeländern im Mittelalter (1200-1500) an der Ausprägung eines Begriffes für eine andere persönliche Würde, welche in der That bestand, eines Begriffes für Adel, d. h. für den Begriff einer vornehmen Herkunft, abgesehen von Lehn und Ritterdienst, also für den Geburtsstand. Während der Christianisirung und Germanisirung dieser wendischen Ostseeländer am Ende des 12. Jahrhunderts bildete sich in Deutschland der Ritterstand aus und wanderte in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ausgebildet in Meklenburg ein. Es bestand in den Wendenländern ein alter, hoher Adel oder Dynastenstand, dessen Mitglieder die Ritterwürde annahmen. Da nun die Ritterwürde im Mittelalter eine höhere Geltung hatte, als der persönliche Adel, da selbst regierende Fürsten sich mit dem Titel eines Ritters schmückten, so trat der Begriff des Adels so lange hinter den Begriff der Ritterwürde zurück, als diese noch wirklichen, innern Werth hatte: so lange es noch Ritter giebt (1200-1500), gilt der Ritterstand mehr, als der Adel; sobald die Ritterwürde mehr bloßer Titel wird, das Ritterthum nicht mehr allgemein bedeutsame Ordenssache ist und die Ritter so selten werden, daß sie sich leicht aufzählen lassen, antiquirt der Begriff des Ritterthums und der Begriff des Adels tritt wieder hervor.

Das Wesen des Adels hört aber durch das Vorwalten des Ritterthums im Mittelalter nicht auf. Vielmehr scheint im Mittelalter die Formel: "gude man" das zu bezeichnen, was jetzt die Form Adel bezeichnet. Die "guden manne" sind also: "gute Vasallen", zum Unterschiede von Vasallen (man) überhaupt, d. h. Vasallen höhern Geburtsstandes, rittermäßige Vasallen, welche wieder adelicher Herkunft oder durch Erhebung in den Ritterstand adelichen Ranges waren: das was englisch mit gentleman bezeichnet wird. Der Beweis wird schwierig, da, so häufig die Formel selbst vorkommt, es doch an erklärenden Umschreibungen fehlt. Am bedeutsamsten scheint das Vorkommen des Begriffes in dem nachstehenden Auszuge aus dem Land frieden zwischen Pommern und Meklenburg vom 21. April 1371 (gedruckt in Lisch Urk. z. Gesch. des Geschl. von Maltzahn, II, S. 223) zu sein:

Wêre ouk dat desser misdeder iênnich wêke tŏ ênem andern heren eder gûden manne eder eyn slot eder stad, de in dessen vrede nicht ensint, vnd de misdeder dâr heget vnd entholden worde, wêre dat de sulue misdeder vt des heren lande vnd slote eder vt des

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guden mannes slote eder veste eder vt der stad iênghen mannen, de binnen dessen vreden sint, schâden totôghen des heren eder der gûden lûde eder der stede, de de misdedere entholden, de vs den schâden tŏ thiet, scole wi alle viende werden, beide wi heren, man, stede, land vnd lûde alle, de in desse vrede sint, - - vnd vser eyn schal sik - - van dem andern nummer vrêden, - - eir de here vnd de gûden lûde eder de stede de de misdeder vntholden, dem misdeder vorlaten hebben. - - - - Vortmer der heren vogede scôlen vorantwerden ere frunt vnd ere dênere, de se in der heren dênst vôren edder hehben vnd eyn ander gût man, de vp synen eyghen sloten vnd vesten sittet, scal den heren vnd ouk den steden, de in dessen vreden sint, syne vrund vnd dêner, de he in synem brôde hebben wil vnd vorantwerden wil, bescreuen geuen. - - Welk misdeder âuer vse belêghene man nicht enis, - - ieghen den scal men dessen vôrbenômeden vreden - -volvolgen in alre wys; wêre âuer iênnich misdeder de van vsem vôrbenômeden ohime iênnich gůt tŏ rechte tŏ lêne hebben scal, de scal dat gůt van vsem ôhem to lêne êschen.

Hier werden offenbar: "gude man" und "man" überhaupt oder "belêghene man", d. i. (belehnte) Vasallen, unterschieden. Lehnträger konnte auch ein nicht rittermäßiger Mann sein. Im Allgemeinen werden als Hauptgegenstände: heren (Fürsten), man (Vasallen) und stede (Städte) unterschieden. Der gude man aber wird neben die heren gestellt und als solcher bezeichnet:

"(gut man,) de up synen eyghen sloten vnd vesten sittet".

Der "gut man" hatte also eigene, feste Burgen (des guden mannes slote eder veste). Und hiemit scheint es klar ausgedrückt zu sein, daß der "gut man" ein rittermäßiger Vasall war, da der Bürger, wenn er auch Lehn besaß, doch keine eigentlichen Ritterlehen hatte und nicht auf seiner Burg saß, da von den gewöhnlichen Lehen, d. h. solchen, welche nicht Ritterlehen waren, keine Ritterdienste geleistet wurden.

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"Gude man" scheinen auch in dem rostocker Landfrieden vom 13. Junii 1283 (in Lisch Urk. z. Gesch. des Geschl. von Maltzahn, I, S. 68) diejenigen zu sein, welche hier lateinisch

"potiores et meliores de parentela militum et armigerorum siue famulorum"

(die Vornehmern und Bessern von der Verwandtschaft der Ritter) genannt werden, wenn es heißt:

"si miles est, armiger siue famulus quin que pociores et meliores de tota pa rentela sua et amicis assumet, et sic ipse sextus existens, se ab obiectis huius expurgabit".

Hier ist offenbar von den Geburts= und Familienverhältnissen rittermäßiger Männer die Rede, und wenn auch pociores et meliores de parentela nicht gradezu durch gude man übersetzt werden kann, so werden doch beide Formeln einander ziemlich nahe liegen.

G. C. F. Lisch.     


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3.
Söldner im Mittelalter.

Söldner werden im Mittelalter sehr selten erwähnt. In einer Original=Urkunde des Klosters Dobbertin vom J. 1349, myddewekens vor ligdmissen, verkauft der Fürst Johann von Werle an Gert Butzel und seinen Sohn Gert das Dorf Butzelsdorp mit allem Rechte und Eigenthum:

"vor ses hunderth marck lubescher penninghe, de he vns to vnsen solderen mith redeme ghelde vntwurren heft, do wy dat orloghe hadden ghehat mith deme herteghen van Stedtyn, mith iungheren Niclawese van Wenden vnseme vedderen vnde mith greuen Otten van Zweryn".

G. C. F. Lisch.     


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4.
Nordische Verhandlungen im J. 1363.

Die nordischen Verhandlungen des J. 1363, in welchem der meklenburgische Prinz Albrecht König von Schweden ward, sind in hohem Grade wichtig. Von nicht geringer Be=

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deutung war für die Begebenheiten dieses Jahres der Friede, welchen die Hansestädte Pfingsten (21. Mai) 1363 zu Nyköping mit dem Könige Waldemar von Dänemark schlossen (vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 462, und v. Lützow Mekl. Gesch. II, S. 198). Die Friedensurkunde ist in den Rostocker Wöchentl. Nachr. 1754, St. 20, S. 78 flgd. abgedruckt. Durch einen Zufall ist mir die hiedurch wieder gerettete Handschrift aus dem rostocker Archive, nach welchem der Abdruck besorgt ist, in die Hände gekommen. Diese gleichzeitige Handschrift auf Papier enthält das Concept der Friedens=Urkunde, ohne Datum, wie der Abdruck; über der Urkunde steht aber von einer gleichzeitigen Hand, jedoch mit anderer Dinte, geschrieben:

Anno domini M °CCC°LXIII° in festo penthecostes in Nykopinghe.

Von Interesse sind die Friedensverhandlungen, welche auf der zweiten Hälfte des Bogens niedergeschrieben sind und nicht nur manches in ein helleres Licht setzen, sondern auch einen Blick in die Verhandlungsweise der damaligen Zeit gönnen. Hinter der Urkunde enthält die Handschrift zuerst die Protocollirung der Verhandlungen:

Anno domini M °CCC°LXIII° in festo penthecostes in Nycopinghe.
Negocia in Dacia.
  1. Primo Rycmannus, notarius regis Dacie, petiit ex parte domini sui, vt nuncii ciuitatum consulares transirent Vordynborgh ad placitandum regi in occursum.
  2. Postea misit rex suas apertas litteras nunciis ciuitatum, vt illic transirent, in quibus eos in exitu et reditu securauit.
  3. Post hec misit ad eos aliam litteram apertam, in qua constituit plenipotentes suos commissarios, cum dictis nunciis consularibus placitare.
  4. Item dominus Hermannus Ossenbrůgghe, consul Lubicensis, egit hec negocia ad reges Swecie et Norwegie, que explicauit dictis ciuitatibus, videlicet
        primo: de refectione dampnorum ciuitatibus per ipsos facienda;
  5.     2°: permutacione Godlandie et Olandie;
  6.     3°: de emenda, quam placitauit inter regem Dacie et ciuitates, vti ipsis asscripsit;
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  1. Super hec iidem reges Swecie et Norwegie petierunt, cum ipsis obseruari diem placitorum in Suderkopynghe per ciuitates, vbi de omnibus causis in festo beati Jacobi responsum asserebant dare eisddem ibidem.
  2. Item de captiuis Prutzie, ad quos dominus Mathias Ketelhut respondebat, quod ipsos captiuasset pro hereditate sua paterna.
  3. Item feria sexta incipiebantur placita inter regem et ciuitates.
  4. Item de littera aperta domini archiepiscopi Lundensis, pro qua monitus fuit dominus Vicko Molteke.
  5. Item Johannes Hoyecinch conductus est in quamcunque primo aduenerit ciuitatem per quindenam.
  6. Item negocium Nicolai Vemerlyngh.

Hierauf folgt auf der zweiten Hälfte des Bogens:

Negocia comitis Hinrici.

Dit is dat antworde, dat des kônynghes râd van Denemarken (hus) van greue Hinrikes weghene vnde Clawes sînes brôders heft ghegheuen, dat greue Hinrich vnde syn brôder vnde de kônyngh vnde de synen von syner weghene vnder en tůschen sunderghe dâghe hebbet ghewyssent, dâr se zyk wol ane bewêten, vnde we hebben ôch sunderghe dâghe wyssent, dâr wy vns an beyden tzyden wol ane bewêten; wil greue Hinrich vnde greue Clawes vnde de ere den kônyngh vnde de syne gherghen vmme schuldeghen van der dâghe weghene, de ghewyssent synt, vmme welk ghebrek, dâr willet se gherne tho antworden.
Vortmer van syner suster weghene antworden se aldůs: dat ên echtescop ghemâket wêre vnde geschên tůschen des kônynghes sône van Sweden vnde des kônynghes dochter van Denemarken, dâr ertzebyskope, leyen vnde pâpen hebbet ôuer wesen, dâr see ghetrůwet worden, vnde ifte des kônynghes dochter van Denemarken ghestoruen wêre, êr se in syn bedde ghekômen wêre, so hadde de mâghetshop tůschen des kônynghes dochter van Denemarken vnde greue Hinrikes sůster dogh also grôt ghewesen, dat he se na der ee nicht moghte ghenômen hebben,

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de sulue greue Hinrikes sůster wart vtghesant, de echtteskop to stôrende; des drêf se god vnde dat yeghenwedder to deme bêde des ertzebiskoppes van Lunden, de vôre ôuer desser echteskop ghewesen hadde. Des behêlt de byscop greue Hinrikes sůster, de desse vôrbenômeden echteskop breken wolde, vppe dat yeghen god vnde de ee nicht ghedân worde, men nu desse echteskop tůschen des kônynghes sône van Sweden vnde des kônynghes dochter van Denemarken gheschên is, so hôpe wy, dat de byskop dâr by wol dû(m) schole: dâr wil wy to helpen, so wy best môghen.
Vortmer vmme Wlf Rychstorpe, de is hîr vp gheschůttet, dat he hadde wol XVIII brêue vnde êne credencien to deme kônynghe van Sweden vnde syme sône vnde eres rykes râde, de em gheantwordet wêren van greue Hinrike; dâr ynne stund, dat hertoghe Albert van Mekelenborch, de marchgreue van Mytzen vnde de ertzebyscop van Meydeborgh vnde andere heren de wêren mid em ên, vnde na deme kônynghe van Denemarken hebben gheswôren vnde lôuet steden vrede vnde vruntzscop, so is Wulf dâr vp gheholden, also langhe bet men irvâren kan, ver syn bôdescop wârheyt hebbe ed der nicht.
Vortmer vmme de van Prutzen, dâr antworden se aldus tu, dat de kônyngh hadde ghesant her Mathies Ketelhude to deme hômêstere vnde lêt ene schuldeghen, dat be vnde de syne hadden gûd ghegheuen dâr tho, dat me dat ryk to Denemarken vorderuen scholde, dâr antworde he aldus tho, dat he des nicht ghedân hadde, men he vnde syne stede hadden ênen tollen ghesat van den pund [gůt] IIII or penninghe enghels, de sê tho bevretende tho des mênen kôpmannes behûf, vnde anders nicht, vnde hîr tho syne dâghe ghenômen tuschen deme kônynghe vnde deme hômêstere, vnde hôpen, dat se syk wol vorênen schôlen.
Vmme de osterschen stede vnde de van westen antworden se aldůs, wo we iw, de vnse nâbere syn, tho vronden môghen hebben,

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de stede van osten vnde van westen, willen se vns yerghen vmme schuldeghen, wy willen en wol antworden.

In dem Bogen liegt ein loser Viertelbogen Papier mit folgenden Verhandlungen, von einer gleichzeitigen, jedoch andern Hand geschrieben:

Dit scal me zegghen den schônevâren, dat de stede des ênghedreghen hebben, dat de schêlinghe, de dâr steyt twischen den van Rozstokke vnde den van deme Sunde van der schlachtinghe wegen, de vnder en schach vppe Schone, schal in gŏde stân, bet de stede nv nêghest to zâmende kômen, vnde dat zyk mâlk dâr ane bowâre by lyue vnde by gôde, vnde datzyk mâlk in lyke vnde in rechte nôghen lâte vnde ôk nynen crych enmâke, dat de stede ân bezwârnizze môghen vmbe kômen.
Vordmer vmbe de lûde, de bynnen der stad edder in des stâdes êghendôme lûde dôet slâen, dâr schalme vmbe spreken in dem raade.


Dit scal men zegghen den Norwegensvaren, dat de kônyngh van Norwegen vnde de Normannes clâghent, dat me dâr ind land vôred vnde bringht lâkene, de valsch vnde tŏ kort zyn, vnde ôk valsch vnde snôde meel, dat zyk m[âlk] dâr vôre wâre, dat he dâr ind land nyn gôed envôre, dâr he nicht vul mede dôen mach.
Ok clâghent de konyngh vnde de Normannes ôuer mannigerleye walt vnde schlachtinghe, de dâr schût, dâr nicht ôver gerichtet enwert, vnde dat de lûde, de de walt vnde schlachtinghe dôen, werden mid macht wech ghevôret. Hiir vmbe hebben de stede sprôken vnde synt des ên worden vnder zyk: Dêde iênich côpman efte sciphere edder schipman wald edder schlachtinghe in Norwegen, dat me dâr schal rechtes ôver pleghen, vôrde iênich scyphere den man, de se walt vnde schlachtinghe ghedân hadde, witliken wech van dem lande, de schal dat wedden vnde beteren na der stad rechte, dâr he inne beclâghet wert.


G.C. F. Lisch     

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5.
Der Taufkessel zu Gadebusch.

In Jahrb. III, S. 129 ist die bronzene Fünte oder Taufe zu Gadebusch beschrieben, welche nach der Inschrift einen "Herrn Heinrich Koppelman zum Gründer" hatte ("Orate deum pro domino Hinrico Coppelmann fundatore). Dieser war ohne Zweifel ein Priester, da er Herr genannt wird. Er war im J. 1450 schon gestorben. Im J. 1474 war aber wieder ein "her Hinrik Koppelman vicarius in kerspel kerken to Gadebusz". Daher mögen denn auch wohl die a. a. O. S. 128-130 angeführten Monogramme h und k auf den Priester Heinrich Koppelman den Aelteren deuten, der die ganze Ausstattung des Chors besorgt haben wird, welche mit der Restauration der Kirche im J. 1842 verschwunden ist.

G. C. F. Lisch.     


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6.
Zur Geschichte der Johanniter Comthurei Kraak.

Nach Jahrb. I, S. 23 u. 27, ist während des Streites über die Dienste und die Besetzung der Comthurei Kraak vom J. 1504-1521 kein Comthur von Kraak bekannt gewesen. In einem vom Canzler Caspar von Schöneich geschriebenen, wie gewöhnlich von demselben nicht datirten Concepte eines Befehls der Herzoge Heinrich und Erich in einer reinen Privatschuldsache wird im J. 1507 oder 1508

"Er Hans Glawbitz Comptor zu Crakaw"

aufgeführt. Die Schrift stammt ohne Zweifel aus der ersten Zeit des Canzlers. Caspar von Schöneich ward nach 4. März 1507 Canzler (vgl. Jahrb. IV, S. 95); der Herzog Balthasar, welcher nicht mehr genannt ist, starb am 7. März 1507; der Herzog Erich starb am 24. Dec. 1508. Also war Hans Glaubitz sicher im J. 1507 oder 1508 Comthur von Kraak.


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7.
Der Ritter Friederich Spedt.

In Leuckfeldi antiquit. Michaelsteinenses, p. 110 ist eine Vollmacht abgedruckt, durch welche der Administrator der Abtei Michaelstein, Ernst, Graf von Blankenburg,

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den Ritter Friederich Spedt (vgl. Jahrb. I, S. 33 flgd.) am 29. Nov. 1557 beauftragte, für ihn einige Geschäfte zu Rom beim Pabste auszurichten, namentlich wegen seiner Minderjährigkeit, wegen seiner Residenz, u. s. w.; vgl. p. 69. Er nennt ihn hierin:

strenuum nobilem et equitem auratum Fridericum à Sped et S. Petri et Pauli militem Romanaeque Curiae Comitem Palatinum et Protonotarium.

G. C. F. Lisch.     


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8.
Des Herzogs Johann Albrecht I. Reisen zum Kaiser.

1.

Der Herzog Johann Albrecht I. führte in kleinen Taschenkalendern eigenhändig Tagebücher und ein solches auch über seine Reise nach Ungarn im J. 1560, ebenfalls in einem kleinen Taschenkalender, über die Tagereisen und Ausgaben; außerdem sind noch umfänglichere wissenschaftliche Arbeiten über die Beobachtungen auf dieser Reise vorhanden, namentlich ein großes Diarium von des Herzogs eigener Hand (bei den Reichstags=Acten, Vol. 2). In dem kleinen Tagebuche sind während der Reise (vom 12. Julii bis 14. Septbr.) nur Ortsnamen und Entfernungen aufgezeichnet, außerdem auch einige interessante Begebenheiten:

1560.
Julii  21.   Wittenberge. Da das begrebnis Lutheri et Philippi besehen in der Schloskirchen.
Julii 29.  Gen Praga.
30.  Die 2 tage alda still gelegen beim Ertzhertzog
31.  Ferdinand, der mir vill gutts erzeiget.
Aug.  1.  Von Praga mitt dem Ertzhertzogen vff der jagt, da ich 4 hirs vnd 1 phasan geschossen.
7.  Bis Wien in Osterreich. Dem Hern sey Dank.
11.  Bin ich von der kay. Maj. gehort worden.
12.  Hab ich die feste Wien inwendigk vnd den 8 auswendig gesehen.
16.  Von Preßburgk bis Wien.
18.  Hatt die kays. Maj. mir einen Hirs geschicket, der die beiden Hinderschenkel zerbrochen. 
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Aug.  19.   Hab mitt der kays. Maj., kö. w. vnd Ertzhertzog ich gessen
20.  Mit der kays. Maj. gejagt.
29.  Von Wien.

In der Ausgabe=Rechnung heißt es hiezu:

147 Thaler ausgeben vnd dem Joannes kuchenschreiber lassen zustellen, davon der kays. Maj. Stalmeister zu Zerunggelder vor die 2 türkische Roß, so Ihr Maj. mir g. verehret, 54 Thaler bekomen. Actum Wien am 26. Augusti.

300 goldfl. für ketten dem Zazio vnd Seldio, Wien am 24. augusti.

250 Thaler dem Graffen Bernhardt von Hardeck, davor ehr mir vngerische stutten kauffen wirdet. Actum im Vffsein von Wien am 29. Augusti.

150 Thaler Peter Schreibern geben zu ablegung der kutzen von Wien, auch zerung, die wilden herausserzubringen von Wien.

2.

Ueber eine andere Reichstagsfahrt des Herzogs Johann Albrecht zur Wahl und Krönung des Königs Maximilian zu Frankfurt a. M., über welche ein ausführlicheres Tagebuch des Herzogs in Rostock. Monatsschrift II, 1793, S. 321 flgd. gedruckt ist, berichtet ein anderes kleines, eigenhändiges Tagebuch:

1562.
Oct. 23.  Ist die ko. M. zu Behmen Maximilianus, dem wir entgegengeritten, ankommen zu Franckfordt.
24.  Den Tag ist die kai. Mai. zu Franckf. ankomen.
26.  Den tag hab ich die kai. Mai. angeredet.
Nov. 5.  Den tag hab ich den konig Maximilianum vnd alle Chur= vnd fürsten geistlich vnd wedlich zu gaste   gehabt. 
8.  den Tag hatt vns alle die kai. Mai. zu gaste gehabt.
9.  haben wir alle vnd vornemlich die kai. Mai. bei Brandenburgk Curf. essen.
12.  hab ich etzliche keyserische vnd königische Rette zu gast gehabt
15.  Haben wir vnd die kai. Mai. ko. w. vnd konigin mitt dem H. z. Julich gessen.
27.  hab ich sampt den protestirenden Chur= vnd fürsten die recusation schr. gein das Concilium kai.    Mai. lassen überantworten.
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Nov. 28.  hab ich die Churfursten . . . . . . vffen rathaus
29.  mit Julich gessen und dem von Lotringen entgegen geritten.
30.  Ist des Maximiliani kronung geschehen zu Frankfurt am Meine.
Dec. 1.  hatt man nach dem ringe gerantt.
2.  hatt vns all die kai. Mai. zu gast gehabt.
3.  die ko. Mai. hatt vns geladen.
4.  Von Franckford bis Butzbach.

G. C. F. Lisch.     


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9.
Die Fürstl. Meckl. Apologia vom J. 1630,

von
G. C. F. Lisch.

Der Verfasser dieser berühmten Schrift, welche die Herzoge Adolph Friederich und Johann Albrecht zu ihrer Vertheidigung an den Kurfürstentag nach Regensburg sandten und zu Lübeck am 26. Mai 1630 im Druck erscheinen ließen, ist noch nicht mit Bestimmtheit ausgemittelt, wenn auch alle Zeichen und Andeutungen darauf hinausgehen, daß sie von dem Rathe, nachherigen Canzler Johann Cothmann verfaßt sei. V. Lützow III, S. 252, Note 1. eröffnet für diese Ansicht neue Archiv=Quellen, hält jedoch dafür, daß des Herzogs Adolph Friederich Secretair Simon Gabriel zur Nedden, der die Apologie nach Regensburg überbrachte, bei der Ausarbeitung derselben thätig gewesen sei. Daß v. Lützow in der Hauptsache Recht, zur Nedden jedoch keinen Theil an dieser Schrift hat, untergeordnete Dienstleistungen etwa ausgenommen, geht aus folgenden Bemerkungen aus des Herzogs Adolph Friederich eigenhändig geführten Tagebüchern hervor:

          1630 A. St. 19. Januar. Item Johan Cotman wegen seines herrn vorbracht wegen einer protestation zu vertigen wegen der Erbhuldigung eins an die Landschafft, eins an Kaiser vnd einß coram notariis et testibus.
20 Februar haben mit D. v. hagen scharff geredet wegen vnser apologia.

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1 März haben an den Sindicum Schabbelt mit eigen handen geschrieben vnd ihn ersuchet, mir schrifftlich auff zu setzen, wie die Apologia bequem abzufaßen zu meiner Information.
10 April Mein Bruder, Otte Pren, Johan Cotman zu mir komen vmb 2 Vhre. Ich habe Otte Tanken den Sindicum bey mir hatt vnd haben zusammen verlesen die apologia, welche Cotman abgefaßet, habe sie gutt befunden.
22 Junii habe meinen Secretarium Simon Gabriel zur Nedden mit vnser apologia nacher Regenßburgk abgefertiget.

Daß der Canzler Johann Cothmann 1 ) der alleinige Verfasser sei, geht schon aus der auch bei v. Lützow a. a. O. citirten Belehnung desselben mit vier Bauhöfen im Gute Bansow, A. Güstrow, (d. d. Güstrow den 11. Dec. 1645) hervor, in welcher der Herzog Adolph Friederich sagt, daß dem Kanzler diese Schenkung gemacht sei, nachdem er

"dem weiland hochwürdigen, hochgebornen Fürsten Herrn Hanß Albrechten Hertzogen zu Mecklenburg etc. . - nicht alleine viele Jahre her getrew vnd redlich gedienet, sondern auch bei Vnsern vnd S. Ld. furgangenen vnrechtmeßigen verstoßung von Vnsern Landen vnd Leutten, mit S. Ld. in das Exilium sich begeben vnd in wehrender solcher Zeit viel beschwerliche müehe vnd arbeit über sich gehabt, vnd sonderlich in verfertigung vnser durch offenen Drueck publicirten außführlichen Apologi einen solchen sonderbahren getreuwen fleiß angewendet, daß wir damit in allen gnaden content vnd friedlich gewesen vnd dauon bey jedermenniglichen ruhm vnd Ehr gehabt haben".

In einem Gnadenbriefe vom 25. Jan. 1637, durch welchen der Herzog Adolph Friederich dem "zu der Gustrowischen Regierung bestalten geheimbten Regiments=Raht vnd Canzler


1) Cothmann war Canzler des Herzogs Johann Albrecht zu Güstrow und wohl unstreitig der gelehrteste und tüchtigste Mann an den Höfen beider Fürsten. Er blieb während des Exils bei seinem Fürsten zu Harzgerode, als Herzog Adolph Friederich zu Reinerz wohnte, und ging später mit beiden Fürsten nach Lübeck. Während der Trennung der beiden fürstlichen Brüder war der Herzog Adolph Friederich sehr mißtrauisch gegen Cothmann, indem er, bei der Schwäche seines Bruders, fürchtete, es möchte für die meklenburgische Sache "eine bernburgische Canzlei", d. h. ein Regiment Cothmanns entstehen. Nur die fürstlichen Damen vermochten es, den Herzog freundlicher gegen den Canzler zu stimmmen.
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Johan Cotman" völlige Freiheit von allen öffentlichen Lasten ertheilt, wird vorzüglich als Grund der fürstlichen Gnade hervorgehoben, daß er

"bei Vnsers geliebten Bruders L. hoch sel. gedechtnuß in vnserm betrubten schweren exilio in vntertheniger lieb vnd trewe vnaußgesetzet vnd bestendig verharret, wie viel beschwer= vnd gefährliche reisen, mühe vnd arbeit er verrichtet vnd auf sich gehabt, vnd waß maßen er sonderlich zu Vnser vnd Vnsers hohen fürstlichen Standes Nahmen, Ehren vnd reputation vnvmbgenglichen defension vnd Verthetigung Vnsere außgangene vnd in offenem truck publicirte Apologiam zu vnser beiderseits gnedigem Contentement dermaßen grundlich vnd wohl abgefasset vnd außgeführet, daß Wir Unß derselben fur Ihrer Kayserlichen Mayt, allen Chur=, Fursten vnd Stenden des Reichs vnd jedermenniglichen mit bestande, ruhmb vnd Ehren haben gebrauchen vnd bedienen konnen".

Noch mehr aber wird dies durch ein feierliches Bekenntniß des Herzogs Adolph Friederich bestätigt. Der Dr. Christoph v. Hagen, Assessor beim Hof= und Land=Gericht zu Güstrow, ein weitschweifiger und peinlicher Mann, hatte auch über die Abfassung einer Apologie berichten müssen; seine Ansichten gefielen aber so wenig, daß ihm sein Referat sogleich zurückgeschickt ward. Als ihn der Herzog Adolph Friederich nach seiner Rückkehr in seine Lande im J. 1632 zum Geheimen=Rathe von Haus aus ernennen wollte, war der Doctor, der gerne in Person eine große Rolle spielen wollte, so unzufrieden mit der Bestallung, daß er sie nicht annahm, sondern allerlei Einwendungen und Vowürfe machte, namentlich auch den Vorwurf, daß er eigentlich die Apologie gemacht habe. Er verscherzte hiedurch das Amt und die fürstliche Gnade völlig und erhielt endlich auf seine vielen Schreibereien am 24. Febr. 1634 folgende Antwort, welche die ganze Angelegenheit völlig aufklärt:

Adolph Friederich etc. .

Vnsern gnedigen gruß zuuor. Ehrnfester vnd hochgelahrter Raht, lieber getrewer. Wir haben auß eurem vnter dato den 1 February anhero gelangten Schreiben mit großer Verwunderung vernommen, daß Ihr Euch nochmals für den authorem vnser in offentlichen truck außgefertigten vnd der Rom. Kay. May. vnd den zu Regenspurg Ao. 1630 versambleten Chur= vnd Fürsten

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des Heil. Rom. Reichs vbergebener Apologiae rühmen vnd außgeben vnd vnß dessen wieder vnser, vnser Rähte vnd menniglichs wissen zu persuadiren Euch unterstehen dürfftet. Wir empfinden solches mit gantz vngnedigem mißfallen vnd erachten eure deßwegen eingeschickte weitleufftige vnnutze schrifft der würdigkeit nicht, daß sie von vnß beantwortet werden solte, Befehlen Euch derwegen hiemit gnedigs ernsts, daß Ihr obgenante vnsere von dem Ehren festen und Hochgelahrten vnserm geheimbten Raht Johan Cothman ohn einige eure hulff vnd zuthun loblich vnd wol außgefertigte Apologiam, wie nicht allein wir vnd vnsers freundlichen vielgeliebten Bruders L. vnd vnser beiderseits Rähte, sondern auch die vornembste gelahrte leute in Lübeck Ihme dessen ein ruhmbliches zeugnuß geben konnen, mit eurer vnnutzen feder vnd reden vnangefaßet laßet vnd euch davon daß geringste nicht zuschreibet, sondern dessen versichert seid, da es diesem vnserm mandato zuwieder vorsetzlich vnd ehrsuchtiger weise von euch ferner geschehen solte, daß wir solches dergestalt an euch zu anden vnd zu eiffern wissen werden, daß ihr darauß vnsern fürstlichen ernst zu erspuren haben sollet.
Was eure bestallung anbelanget, lassen wir es bei voriger vnser erklerung bewenden, Inmaßen euch auch in Vnser Regierungs=Cantzlei in euren Schuldforderungssachen auf gebuhrliches anhalten die Justitz nicht soll verweigert werden. Wornach ihr euch zu richten und geschieht hieran etc. . Datum Schwerin den 24. Febr. Ao. 1634.
An
D. Christoph vom Hagen.


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10.
Ueber den Charakter des Herzogs Christian I. Louis,

von
G. C. F. Lisch.

Der Charakter des Herzogs Christian I. Louis ist in vielen Beziehungen eben so auffallend, wie seine Stellung zum Lande einzig in ihrer Art in der Geschichte Meklenburgs dasteht. Sein Wirken ist wohl vertheidigt, da seine guten

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Absichten und ein guter Grundzug in seinem Willen nicht zu verkennen sind; aber seine Handlungsweise wirft stets wieder einen Schatten auf ihn, so oft und gerne man geneigt sein möchte, seine guten Absichten anzuerkennen; schon sein Verhältniß zu seinem Vater, dem ausgezeichneten Herzoge Adolph Friederich I, muß dahin führen, in der Beurtheilung seines Charakters sehr vorsichtig zu sein. Das Leben der Herzoge Christian I. Louis, Friederich Wilhelm, Carl Leopold und Christian Ludwig II. ist aber für die Geschichte und Verfassung des Vaterlandes von der allergrößten Wichtigkeit; bei der Schwierigkeit, das bedeutende Material zu ihrer Geschichte zu übewinden, und bei dem Mangel gründlicher und erschöpfender Darstellungen ihres Lebens muß jedoch jeder zuverlässige Fingerzeig als eine bedeutende Bereicherung unserer Geschichte betrachtet werden.

Eine solche Bereicherung gewährt die folgende Mittheilung, welche hier gemacht wird, da zu einer umfassenden Würdigung der Regierungszeit des Herzogs Christian Louis wohl fürs erste noch keine Aussicht vorhanden ist. In der so eben erschienenen (nur für die wenigen Subscribenten gedruckten) "Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart" (für den Abdruck seltener Geschichtsquellen), VI, 1843, S. 470, enthaltend die "Briefe der Princessin Elisabeth Charlotte von Orleans an die Raugräfin Louise, 1676-1722", herausgegeben von Wolfg. Menzel, steht ein Brief der Princessin Elisabeth Charlotte von Orleans, welche den Charakter des Herzogs Christian auf eine treffende Weise schildert. Die Princessin, eine Tochter des Kurfürsten Carl Ludwig von der Pfalz, war im J. 1671 gegen ihren Willen mit dem Herzoge Philipp von Orleans, Bruder des Königs Ludwig XIV. von Frankreich, vermählt und mußte in ihrer Stellung den Herzog genau kennen. W. Menzel sagt, S. VIII, über diese Princessin:

"Die Princessin besaß einen hellen Verstand und große Munterkeit. Sie war stets um die Person Ludwigs XIV, der sie hoch in Ehren hielt. Nach seinem Tode beherrschte ihr eigener Sohn als Prinz=Regent das französische Reich. Bei so viel Geist und in einer solchen Stellung war sie von allem unterrichtet, was am Hofe vorging. Ihre Schreibseligkeit aber bewog sie, von allen Hof= und Staatssachen an ihre Verwandten und Freunde, namentlich in Deutschland, zu schreiben, was ihr oft Unannehmlichkeiten zuzog".

Der Brief lautet also:

St. Clou, den Mittwoch 28 Aug. 1720.

Der Hertzog Von mecklenburg wen Er In gedancken saß undt man Ihn fragte woran Er dächte sagte Er

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je donne audiance à mes pensées seine Zweyte gemahlin Konte Es beßer thun, den sie hatte mehr Verstandt als Er, Es war doch Eine wunderliche sach mitt dießem Herrn, Er war woll Erzogen, Konte über die maßen woll sprechen Man Konte Ihm Kein unrecht geben wen man Ihn hörte aber In alles was Er that war arger als Kein Kindt Von 6 Jahren thun Könte, Er Klagte mir Ein mahl sein leydt Ich andtwortete nichts drauff, Er fragte mich warumb Ich nicht andtwortete, Ich sagte blat herauß (waß solle Ich E. L. sagen sie sprechen über die Maßen woll, aber sie thun nicht wie sie reden undt ihre ganze conduitte ist Erbarmlich, undt machen In gantz frankreich außlachen) Er wurde böß undt ging weg, aber Ich sagte Ihm dießes weillen Er wenig tag Vorher dem König Eine audientz gefordert hatte der König meinte Er hatte von affairen mitt Ihm Zu tractiren, ließ Ihn In sein Cabinet allein Kommen so sicht Er den König ahn undt sagt sire je vous trouve cru depuis que je n'ay eüe l'honneur de vous voir der König andtwortete, je ne croyes pas estre en age de croitre (den der König war damahlen 35 Jahr alt) darnach sagte Er sire vous aVes bien bonne mine tout le monde trouve que je vous ressemble mais que j'ay encore mellieure mine que vous, der König lacht und sagt cela peust bien estre damit ging Er wider weg, war daß nicht Eine schönne audientz - - -