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Königin von Dänemark und Norwegen;
mit
Rückblick auf das frühere Verwandtschaftsverhältniß
zwischen
dem dänischen und meklenburgischen Regentenhause.
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte 1 )
von
Dr. E. C Werlauff,
Ober=Bibliothekar und
ordentlichem Professor der Geschichte
. zu Kopenhagen,
aus dem Dänischen übersetzt
von
A. G. Masch,
Gymnasial=Lehrer zu Neu=Ruppin.
D er Theil des nördlichen Deutschlands, welchen die Oder, die Elbe und die Weser begrenzen, ward schon vom 6. Jahrhundert an von slavischen Völkern, den Wilzen, Obotriten, Polabiern und Wagriern bewohnt, die aber erst einige Jahrhunderte später durch ihr Abhängigkeits=Verhältniß zu Carl dem Großen hi=
erschien als Einladungsschrift zur Universitätsfestlichkeit bei der Vermählung des Kronprinzen Friederich Carl Christian von Dänemark mit der Herzogin Caroline Charlotte Mariane von Meklenburg=Strelitz am 10. Junii 1841, alsSophia af Meklenborg, Dronning til Danmark og Norge; med Tilbageblik paa de tidligere Slaegtskabsforhold mellem det danske og meklenborgske Regentghuus. Et Bidrag til Faedrelandets Historie af Dr. E. C. Werlauff, Conferentsraad, Overbibliothekar, ordentlig Professor i Historien, Commandeur af Dannebroge og Dannebrogsmand, Ridder af Nordstiernen.
Seitdem ist diese Abhandlung noch einmal gedruckt in: Historisk Tidsskrift udgivet af den danske historiske Forening, III, 1842 p. 1.Indbydelsesskrift til Universitetsfesten i Anledning af deres Kongelige Höiheders Kronprinds Frederik Carl Christian og Kronprindsesse Caroline Charlotte Marianes höie Formaeling. Kjöbenhavn, 1841.
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storisch bekannt wurden. Dies hörte nach und nach unter Carls Nachfolgern zwar auf, in der That aber ward nur die schwächere und entferntere Herrschaft der fränkischen Regenten gegen die nähere und drückendere Uebermacht der sächsischen Herzoge vertauscht.
In den jetzigen meklenburgischen Ländern hatten damals von den genannten Völkern die Obotriten und Wilzen ihren Sitz. Diese Völker standen bald in einem feindlichen, bald in einem freundschaftlichen Verhältnisse zu ihren Nachbaren und Stammverwandten, den Polabiern im jetzigen Lauenburgischen, den Wagriern im östlichen Holstein. Im Norden vor diesen Völkern erstreckte sich die jütische Halbinsel; dem Lande der Obotriten grade gegenüber lagen in einer Entfernung von wenigen Meilen die dänischen Inseln. Grundverschieden waren die Bewohner dieser Lande an Ursprung, Sprache, Religion und Sitten, aber lange standen beide Völker auf einer und derselben Entwickelungs=Stufe; denn fehlte den Slaven auch nicht eine frühere eigenthümliche Cultur, so war dagegen das Licht des Christenthums früher zu den Dänen gedrungen; Natur und Lage bildeten überdies beide, Dänen und Slaven, zu Seefahrern. In der ersten Periode unserer historischen Zeit finden wir einen Verkehr verschiedener Art zwischen diesen Völkern. Früher mögen sie durch Handel und Seeräuberei sich einander kennen gelernt haben. Lange vorher ehe die christliche Lehre beim Volke selbst Eingang fand, hatten aber einzelne slavische Regenten sie angenommen und waren dadurch veranlaßt, Zuflucht bei ihren Glaubensverwandten in Dänemark zu suchen. Doch war es vorzüglich der Länder gegenseitige Lage, nach der alten Erfahrung, daß das Meer Völker mehr verbindet, als trennt, die einen ununterbrochenen, freundlichen oder feindlichen Verkehr fast unumgänglich herbeiführten, und dieser Verkehr übte wieder zu allen Zeiten einen wirksamen und bedeutenden Einfluß auf beider Völker Stellung und Verhältniß. Das ganz Mittelalter hindurch war, bei den steten Volksbewegungen, den nie festen Grenzen zwischen den Staaten und dem ziemlich rechtlosen Zustande, das Verhältniß der Dänen und Slaven öfter feindlich als freundlich; beide Zustände wechselten häufig und nicht selten lagen sie fast neben einander. In einer frühern Periode trafen politische Reibungen in den Ländern der Wagrier und Polabier oft mit den gemeinschaftlichen Interessen bei den Bekehrungs= und Eroberungs=Plänen der fränkischen und sächsischen Regenten zusammen. Seeräuberei und Plünderung der Küsten ward zugleich mit friedlichem Handel getrieben. Späterhin als die dänischen Könige
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ihre Macht jenseit der Ostsee auszubreiten versuchten, konnten die obotritischen Länder zwischen Nordalbingien und Pommern, zwei Hauptzielpuncten der dänischen Eroberungsversuche, dem Schicksale nicht entgehen, mit in das Bereich derselben hineingezogen zu werden, wie es denn vielleicht jene Länder selbst waren, die den dänischen Königen zunächst Veranlassung zu ihren Ansprüchen nach außen gaben. Nachdem dieses künstliche, selbst von dem Oberhaupte des deutschen Reichs anerkannte Gebäude unter Waldemar II. zusammengestürzt war, blieben doch in der Lehnshoheit oder in höherer Stellung anderer Art Ueberbleibsel zurück, welche dänische Könige hinsichtlich der [S. 2.] meklenburgischen Länder sich anmaßten und welche auch dann nicht aufhörten, als diese Länder von 1348 an ein erbliches Herzogthum im deutschen Reiche auszumachen begannen, sondern, wenn auch mehr dem Namen nach, als in der That, noch bis zur Zeit Waldemars Atterdag dauerten.
Dieses Verhältniß, das schon an und für sich zu keinem dauernden guten Vernehmen führen konnte, hinderte dessen ungeachtet nicht, daß nicht bisweilen Annäherungen friedlicher und freundlicher Art, sowohl zwischen Herrschern, als Völkern, in gewissen Beziehungen Statt gefunden hätten. Eheliche Verbindungen knüpften sich zwischen beiden Regentenhäusern; meklenburgische Fürsten erhielten dadurch feste Besitzungen in Dänemark; Klöster wurden von Dänen im Meklenburgischen gestiftet oder dotirt. Daß Rostock und Wismar Privilegien und Handelsvortheile von dänischen Königen erhielten, kann dagegen weniger in Betracht gezogen werden, wenn von Verhältnissen zwischen Dänemark und Meklenburg die Rede ist, da jene Hansestädte sich für ganz selbstständig und unabhängig von den Landesherren hielten, in deren Grenzen sie lagen.
Nachdem Dänemark die veralteten politischen Forderungen an Meklenburg aufgegeben hatte, bildeten sich, wie der Zeitgeist fortschritt, neue Berührungen mit stetigern und fruchtbringendern Resultaten, nämlich wissenschaftliche. Die Universität zu Rostock, 60 Jahre älter als die kopenhagener, ward häufig von dänischen Studirenden besucht; selbst nachdem Dänemark und Norwegen eine eigene Universität erhalten hatten, wählten auswärtig studirende Dänen und Schweden vorzugsweise die Hochschule zu Rostock, so wie man wieder vom 17. Jahrhundert an rostocker Studenten beständig auf der kopenhagener Universität antrifft, vielleicht weil in der größern Hauptstadt mehr Gelegenheit zum Privatverdienst war, als in der kleinern Universitätsstadt. Daß rostocker Gelehrte nicht selten zu Leh=
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rerstellen an unserer Universität oder zu weltlichen Aemtern in Dänemark berufen, daß mehrere dänische Bücher in rostocker Officinen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts oder später gedruckt wurden, daß namentlich ein rostocker Buchdrucker berufen ward, das bedeutendste Werk, welches damals herauskam, die von Christian III. veranstaltete dänische Bibelübersetzung, zu drucken, darf auch nicht unbemerkt bleiben; und hierin hatte zweifelsohne die Nähe des Landes keinen geringen Antheil.
So ist also nicht allein in politischen Verhältnissen und dem Privatleben der Regenten, sondern auch in mercantilischen und wissenschaftlichen Richtungen die Geschichte Dänemarks und Meklenburgs 1000 Jahre hindurch tief und genau verbunden. Jedes dieser Verhältnisse bietet Gelegenheit zu lehrreichen Untersuchungen, zu denen die Materialien nicht fehlen und von welchen man interessante Ergebnisse erwarten könnte. Zeit und Umstände haben jedoch dem Verfasser nicht erlaubt, als Gegenstand dieser Gelegenheitsschrift irgend eine Untersuchung zu wählen, die ein tiefes Erforschen der Quellen forderte. Dagegen hat er als zweckmäßig angesehen, sich auf diejenige Art der bezeichneten Verhältnisse zu beschränken, bei welchen die Gedanken im gegenwärtigen Augenblicke vorzugsweise verweilen müssen, und deren bedeutendes historisches Interesse man nicht verkennen kann, nämlich bei den Verwandtschaftsverhältnissen, welche 8 Jahrhunderte hindurch die dänischen und meklenburgischen Regentenhäuser vereinigt haben.
Unter diesen Verhältnissen giebt es eine Ehe, die besonders des Historikers und Vaterlandsfreundes Aufmerksamkeit verdient, die Friederichs II. und bei dieser, wie überhaupt bei den 16 letzten Jahren des Lebens und der Regierung dieses Königs, wird keiner ohne tiefe Bewunderung seiner edlen, hochherzigen und liebenswürdigen Gemahlin verweilen können. Wäre Sophie von Meklenburg auch nicht Christians IV. Mutter gewesen: ihr langer, ehrenvoller Wittwenstand, ihr ehrwürdiges Alter und ihre ganze Persönlichkeit würden sie stets als einen [S. 3.] der hervortretendsten Charaktere in unserer vaterländischen Geschichte gezeigt haben. Doch die Zeit erlaubt uns auch nicht, Sophie auf ihrer langen, ehrenvollen Lebensbahn zu folgen. Nur die erste und kürzeste, obgleich die in mehrerer Hinsicht wichtigste Periode ihres Hierseins vermögen wir hier zu umfassen, indem wir versuchen, sie als Gemahlin, Theilnehmerin der königlichen Würde, zärtliche Mutter und verständige Erzieherin ihrer Kinder darzustellen.
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I.
Svend Estrithsen (1047-76), der Stammvater des dänischen Königshauses, war der erste König, der sich schon mit einem Fürsten der jetzigen meklenburgischen Länder verschwägerte 1 ). Gottschalk, der Sohn eines slavischen Fürsten, hatte in Knud des Gr. Heere gedient, nahm die christliche Lehre an, heirathete Sigrid, Svends Tochter, und stiftete ein Reich, welches das Land der Wagrier, Polaben und Obotriten, oder das östliche Holstein, Lauenburg und Meklenburg umfaßte 2 ). Er fiel in einem Aufruhr seiner heidnischen Unterthanen 1066, welche darauf, ohne das Erbrecht seiner Söhne anzuerkennen, sich dem Fürsten von Rügen Kruko unterwarfen, der nach der Eroberung Nord=Albingiens, dem wendischen Reiche eine größere Ausdehnung gab. Heinrich, Gottschalks Sohn, ungefähr 1059 geboren, der seit des Vaters Tode seine meiste Zeit bei seinen mütterlichen Verwandten in Dänemark zugebracht hatte, stieß Kruko vom Throne und heirathete seine Wittwe, Slavina 3 ). Um dem eigentlichen slavischen Reiche den nationalen Umfang zwischen der Elbe, Oder und Ostsee zu sichern, verwandelte er die unmittelbare Herrschaft über Nord=Albingien in ein freundschaftliches Bündniß, aber zugleich scheint es, daß er seine Länder unter einem höhern Titel 4 ) beherrscht habe. Er bekriegte seinen Mutterbruder, den dänischen König Niels, der ihm sein mütterliches Erbe in
*) Die lateinischen Buchstaben bezeichnen die Anmerkungen des Originals.
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Dänemark vorenthielt; es gelang ihm jedoch zuletzt, mit Hülfe seines Geschwisterkindes Knud Lavard, für dieselbe Vergütung zu erhalten.
Da Heinrich an der Tüchtigkeit seiner jüngern Söhne, zur Regierung zweifelte, scheint er seinem ebengenannten Verwandten eine Art Aufsicht oder Vormundschaft über sie übertragen 5 ) und ihn sogar, falls sein Stamm aussterben sollte, [S. 4.] zum Beherrscher seines Landes ernannt zu haben 6 ). Nach seinem Tode 1126 7 ) traten seine Söhne, Sventepolk und Knud, die Regierung an, bekriegten sich aber untereinander, und schon 1129 existirte kein Nachkomme Heinrichs mehr 8 ). Knud Lavard erhielt nun die Königswürde über die wendischen Lande, theils vielleicht in Folge einer früheren Uebereinkunft mit Heinrich, theils durch Belehnung des Kaisers Lothar 1129 9 ); ob das Verwandtschaftsverhältniß hiebei auch in Betracht gekommen sei, muß als unentschieden betrachtet werden 10 ). Inzwischen ist es höchst wahrscheinlich, daß Waldemars Ansprüche an
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diese wendischen Länder, ja sogar die nachherigen Bestrebungen der folgenden dänischen Könige, die Oberherrschaft zu erhalten, größtentheils auf ein vermeintliches, ihnen als Nachkommen von Knud Lavard zustehendes Recht sich gegründet haben mögen. In den zwei Jahren, die er nach seiner neuen Würde noch lebte, mußte er einen Aufruhr seiner heidnischen Unterthanen bekämpfen, welcher von zwei eingebornen Häuptlingen Pribislav und Niclot geleitet ward.
Nach Knuds Tode, 1131, theilten diese die wendischen Länder unter sich. Pribislav erhielt Wagrien und Polabien, Niclot das Land der Obotriten. Der erste, ganz gewiß ein Brudersohn Heinrichs 11 ), verfolgte die Christen und führte längere Zeit mit seinen Nachbaren, besonders den Nordalbingiern, einen Krieg, der mit dem Ende des wagrischen Reiches aufhörte und Polabien zu einem deutschen Staate, unter dem Namen der Grafschaft Ratzeburg, umwandelte. Pribislav verschwindet ungefähr mit dem Jahre 1156 aus der Geschichte; ob er Nachkommen hinterlassen habe, weiß man nicht.
Niclot, der wie Pribislav an seiner Väter Glauben hielt, setzte den Krieg mit den Dänen und Heinrich dem Löwen nicht unglücklich fort, fiel aber 1160 im Kampfe mit [S. 5.] ihnen. Da das gesammte meklenburgische Fürstenhaus seine Ahnen von ihm, oder richtiger von seinem Sohne Pribislav herleitet, so ist seine Herkunft ein Gegenstand älterer und neuerer Untersuchungen gewesen, die aber nur auf Vermuthungen hinauslaufen oder auf verschiedene Erklärungen des Ausdrucks, mit welchem Helmold, hier der einzige Quellenschriftsteller, nachdem er Pribislav als fratruelem Henrici bezeichnet hat, den Niclot als majorem terrae Obotritorum (I. c. 49.) aufführt. Unter dem Ausdrucke major verstehen die Schriftsteller des Mittelalters im allgemeinen einen höhern Grundbesitzer Dynasten); aber es fehlt auch nicht an Stellen, wo er gebraucht wird, Personen von fürstlicher Herkunft zu bezeichnen 12 ). Fügt man als historisch erweis=
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lich hinzu, daß wenn auch nicht ein strenges Erblichkeits=Princip, doch eine größere oder geringere Rücksicht auf das herrschende Fürstengeschlecht deutlich durch die ganze älteste Geschichte des obotritischen Landes geht; sehen wir ferner als ausgemacht an, daß Pribislav diesem Fürstengeschlechte angehörte, so bleibt es immer wahrscheinlich, daß Niclot, der mit ihm zugleich zum Regenten erwählt ward, ihm auch nicht ganz fremd gewesen ist, entweder als Sohnessohn von Gottschalks ältestem Sohne Buthue 13 ), oder in irgend einem andern Verhältnisse, welches näher zu bezeichnen Helmold sich nicht hat die Mühe geben wollen oder welches er vielleicht selbst nicht einmal gewußt hat. Wie viele Verwandtschaftsverhältnisse jener Zeit, selbst einer spätern, liegen nicht noch im Dunkeln 14 )!
Von Niclots ehelichen oder dergleichen Verhältnissen weiß man nichts 15 ); er hinterließ jedoch drei Söhne, Pribislav, Wartislav und Prislav. Der letzte würde historisch ganz unbekannt geblieben sein, wenn die dänischen Geschichtsquellen nicht von ihm und seinen Nachkommen Kunde bewahrt hätten. Von diesen weiß man nun, daß Prislav schon bei des Vaters Lebzeiten das Christenthum angenommen hatte und deshalb nach Dänemark flüchten müßte, wo er Catharina, eine Tochter Knuds Lavard, ehelichte. Hier erhielt er auch Belehnungen von Waldemar I. und muß wenigstens bis 1164 16 ) gelebt
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[S. 6.] haben. Zwei Söhne kennt man von ihm. Knud starb 1183 17 ) hier in Dänemark, vermuthlich ohne Nachkommen 18 ), und Waldemar ein Jahr später als Kanonikus am St. Genofeva=Kloster zu Paris 19 ). Daß er auch Töchter sollte hinterlassen haben, beruhet nur auf unbegründeten Vermuthungen 20 ).
Pribislav führte gleich seinen Vorgängern mehrere Jahre Krieg mit dem sächsischen Herzoge Heinrich dem Löwen, welcher sich zuletzt mit ihm aussöhnte und ihm das obotritische Reich übertrug. Vermuthlich nahm zu derselben Zeit, ungefähr 1164, Pribislav die christliche Lehre an; 1170 stiftete er ein Kloster in Alt=Doberan 21 ); 1171-72 folgte er Heinrich dem Löwen auf einer Wallfahrt ins heilige Land; 1178 soll er gestorben sein. Zuverlässige Nachrichten von einer Ehe Pribislav's giebt es nicht. Die ältern, eben nicht kritischen meklenburgischen Schriftsteller nehmen an, daß er drei Mal vermählt gewesen sei: mit Pernille, Tochter Knuds Lavard, Herzogs von Schleswig, mit Woislava, Tochter eines norwegischen Königs Borwin, und mit Mathilde, Tochter des polnischen Fürsten Boleslav. Die erste Angabe muß unbezweifelt aus einer Verwechselung mit der Ehe seines Bruders Prislav herrühren, die dritte von
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dem Sohne Heinrich Borwins, dem auch, obgleich unrichtiger Weise, eine polnische Gemahlin zugesellt wird. Was die zweite betrifft, so hat man schon einen etwas besseren Beweis, da der älteste meklenburgische Chronikenschreiber, Ernst v. Kirchberg, der seine Chronik 1378 schrieb, berichtet, Pribislav sei 1164 mit einer norwegischen Königstochter Woyslava - deren Vater nicht von Ihm, sondern von neueren Quellen Borwin genannt wird - verheiratheten worden, die ihn zum Christenthume bekehrte, nach der Geburt Heinrich Borwins 1172 starb [S. 7.] und in Alt=Doberan begraben ward. Bei diesen chronologischen Angaben muß hier ein Irrthum sich eingeschlichen haben, da nämlich Heinrich Borwin 1178, als sein Vater starb, sowohl verheirathet, als mündig war. Daß aber die Sage von einer Woizlava als Stifterin des Klosters Alt=Doberan (claustri fundatrix, richtiger, als derjenigen, die die Stiftung veranlaßte und beförderte, welche historische Quellen dem Pribislav selbst zuschreiben,) und als Landesbeherrscherin (terrae domina) älter sein muß, als Kirchbergs Chronik, geht aus einigen in neuester Zeit entdeckten Inschriften des erwähnten Klosters hervor 22 ).
Daß kein norwegischer König Borwin existirt hat und Woizlava kein norwegischer Name war, bedarf keines weitern Beweises. Nehmen wir indeß an, daß etwas Factisches dennoch hier zum Grunde liegen muß, so kann man sich denken, daß Pribislav vermählt gewesen sei mit einer Tochter des Buris, des Sohns von Heinrich Skadelaar, (Svend Estridsons Enkel), dessen mütterliches Geschlecht aus Norwegen stammte, dessen slavischer Name in einen andern ähnlichen verwandelt ward, wie der norwegische Name der Tochter in das slavische Woizlava (Kriegsehre), und dessen Sohn nachher die Namen des Großvaters mütterlicher Seite und des Eltervaters in den Namen Heinrich Borwin vereinigte, 23 ). Wenigstens fehlt es nicht an dergleichen Verunstaltungen des Verwandtschaftsverhältnisses, indem die Schriftsteller die Identität der Personen und des Landes unrichtig auffaßten 24 ). Könnte jene Muthmaßung je zur historischen Gewißheit erhoben werden, so würde
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die Abstammung des meklenburgischen Fürstenhauses von dem Stammvater des dänischen dadurch bewiesen sein. Auf der andern Seite wäre es wohl denkbar, theils wegen der chronologischen Schwierigkeiten, die jene Erklärung an sich hat, sowohl in Hinsicht des Alters Heinrich Borwins, als des dänischen Buris 25 ), theils wegen gänzlichen Stillschweigens Helmolds und des lübecker Arnold hierüber, daß, selbst in den älteren Quellen der meklenburgischen Geschichte, eine Verwechselung der Gebrüder Pribislav und des an eine dänische Herzogstochter vermählten, in seinem Vaterlande nur wenig gekannten Prislav, [S. 8.] statt gefunden habe, wobei man zugleich annehmen muß, daß die ganz slavischen Namen Borwin und Woizlava willkührlich untergeschoben seien 26 ). Meklenburgs neuere Geschichtschreiber, Rudloff und v. Lützow, scheinen diese Ansicht zu adoptiren, indem sie weder von Woizlava, noch sonst von der Ehe Pribislav's sprechen 27 ). Wer nun Heinrich Borwins Mutter war, weiß man nicht gewiß; aber ist er von mütterlicher Seite auch nicht mit dem dänischen Königshause verwandt gewesen, so war er wenigstens doch damit verschwägert, da der dänische König Knud VI. und er Schwiegersöhne des Herzogs von Sachsen, Heinrichs des Löwen, waren.
Als Heinrich der Löwe dem Pribislav das obotritische Land übertrug, ward Schwerin ausgenommen und zu einer Grafschaft gemacht, die in späteren Zeiten den meklenburgischen Landen einverleibt ward. Von jener Grafschaft war die einzige, - man kann sie eine meklenburgische Fürstentochter nennen, - welche im Mittelalter in das dänische Königshaus verheirathet ward, Ida, die Tochter des Grafen Gunzel II. von Schwerin. Sie ehelichte den Grafen Niels von Halland, den natürlichen Sohn Waldemars II., und zu ihrer Mitgift ward die halbe Grafschaft nebst Schloß verschrieben. Als nun Graf Niels ungefähr 1219 starb, nahm Waldemar II. von der Hypothek für seinen unmündigen Enkel und im Falle dessen
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Ablebens für sich Besitz 28 ). Des Königs Verfahren bei dieser Gelegenheit, sein immer deutlicher hervortretender Plan, mit den übrigen an die Ostsee grenzenden slavischen und deutschen Ländern sich auch das schwerinsche Land zuzueignen, brachte den Grafen Heinrich, den Oheim der inzwischen auch verstorbenen Gräfin, nach seiner Heimkehr von einer Wallfahrt und nachdem er vergebens in den König gedrungen, ihm das Land seiner Väter wiederum zurückzustellen, zu dem dreisten und verzweifelten Schritte, 1223 den König und dessen ältesten Sohn gefangen zu nehmen. Diese Katastrophe stürzte Dänemarks Principat im Norden, obgleich die folgende Zeit darthut, daß dessen Oberherrschaft über mehrere norddeutsche Länder, namentlich die meklenburgischen, bei dieser Gelegenheit nicht ganz aufhörte. Uebrigens ging Nielsen's und Ida's Geschlecht hier in Dänemark sehr tragisch zu Grunde. Der Enkel, Graf Jacob von Halland, trat als ein Haupttheilnehmer in der Verschwörung gegen Erich Glipping (den Blinzler) auf; seine zwei einzigen Söhne wurden 1314 hingerichtet.
Die meklenburgischen Historiker sind darüber einig, daß der Enkel Borwins I., Heinrich oder Borwin III., Herr zu Rostock († ungefähr 1278), zum zweiten Male 29 ) mit einer dänischen Prinzessin, Sophia (bei andern Margarethe), entweder einer Tochter Erichs Plovpenning, oder Abels, verheirathet gewesen sein soll 30 ). Mehrere Gründe machen [S. 9.] indessen wahrscheinlich, daß vielmehr der genannten Könige älterer Bruder Waldemar, gekrönter König und Mitregent seines Vaters, ihr Vater gewesen sei, und man kann
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annehmen, daß nach diesem Heinrich Borwins zweiter Sohn genannt ward 31 ).
Unter den verschiedenen Linien, in welche die meklenburgischen Länder im Mittelalter getheilt waren, verdient die werlesche unsere besondere Aufmerksamkeit. Nicolaus I., der ältere Bruder Heinrich Borwins III., stiftete sie 1237: sie blühete 200 Jahre (bis 1436), und ein Abkömmling dieser Linie gründete einen neuen, über den ganzen Norden verbreiteten Herrscherstamm. Der Enkel des Stifters, Nicolaus II. (ungefähr 1284), heirathete ungefähr 1293 Richiza oder Rixa, die Tochter Erichs Glipping, mit welcher er in ihrem vierten Jahre verlobt und welche nachher im Kloster Dobbertin erzogen ward 32 ). Zur Mitgift bekam er viele Güter in Dänemark, auch, wie es scheint, Falster und Mön 33 ), und sein Ansehen ward durch diese Ehe nicht wenig vermehrt. Er soll am 27. Octbr. 1308 34 ) gestorben sein, und hinterließ zwei Kinder, einen Sohn Johann, welcher dem Vater in der Regierung über den Werle=Parchimschen Antheil († 1352) folgte, und eine Tochter Sophia. Diese ward 1310 mit dem schwedischen Herzoge Magnußen verlobt, und nachdem diese Verlobung 1311 wieder aufgehoben ward 35 ) und ihr Vater sich verpflichtet hatte, sie nicht ohne Einwilligung ihres Onkels, des Königs Erich Menved, zu verheirathen 36 ), ehelichte sie den Grafen Gerhard den Großen von Holstein 37 ). Durch den ältesten Sohn dieser Ehe, Heinrich (den eisernen), ward Sophia von
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Werle, oder richtiger ihre Mutter, Richiza von Dänemark, Stammmutter des oldenburgischen Königshauses. Unter anderen Verhältnissen hätten Abkömmlinge von Richiza's Sohn, Johann von Werle=Parchim (Goldberg), möglicher Weise den dänischen Thron besteigen können.
Aber schon vor dieser Periode hatten sich, wie es schien, bereits nähere Aussichten für das rneklenburgische Haus eröffnet, den Fürstenhut mit der dänischen Königskrone zu vertauschen. Die älteste Tochter Waldemars Atterdag, Margarethe (geb. 1345), ward, kaum 5 Jahre alt, mit Herzog Heinrich (Suspensor), Bruder des schwedischen Königs Albert, verlobt, beide Söhne von Albert, dem ersten Herzoge von Meklenburg, und Euphemia, Schwester des schwedisch=norwegischen Königs Magnus Smeck. Da sie in demselben Jahre starb, trat ihre jüngere Schwester Ingeborg (geb. 1347) an ihre Stelle, und die Hochzeit [S. 10.] ward 1362 gefeiert 38 ). Ein Sohn und drei Töchter waren die Frucht dieser Ehe, und da Waldemars Atterdag ältester Sohn Christoph 1363 starb, ward Albert von Meklenburg als präsumtiver Thronfolger angesehen. Nach dem Tode der Mutter 1370 ward im folgenden Jahre zwischen dem dänischen Könige und Herzog Albrecht ein Uebereinkommen getroffen, wodurch das Recht des jungen Albert zum Throne anerkannt ward, wenn der König keine männlichen Leibeserben hinterlassen sollte 39 ). Dies traf bei Waldemars Tode 1375 ein; doch die Partei für Albert war in Dänemark nur schwach, obgleich Kaiser Carl IV. seine Forderungen unterstützte 40 ). Durch seiner Mutter Einfluß ward Oluf, der Sohn Margarethens, der jüngern Tochter Waldemars, 1376 zum dänischen Könige gewählt, und durch einen Vergleich zwischen den meklenburgischen Herzogen und dem dänischen Machthaber die Wahlfreiheit der Stände anerkannt, Oluf bestätiget, zugleich aber auch die Zusicherung gegeben, daß Albert, dem Tochtersohne
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Waldemars, diese Wahl an seinen Rechten nicht schaden solle, alles nach dem nähern Erkenntnisse der ernannten Schiedsrichter 41 ). Diese Rechte scheinen jedoch weder gefordert, noch erfolgt zu sein, und eine praktische Anerkennung der Rechte der dänischen Königstöchter und ihrer Nachfolger zum Throne war also das einzige wichtige Ergebniß dieser ganzen Verhandlung. Als Alberts Großvater väterlicher Seite 1379 gestorben war, legte er den Königstitel nieder, führte bloß den Namen eines Erben von Dänemark, so wie er auch fortfuhr, das dänische Wappen in seinem Siegel zu gebrauchen 42 ). Er selbst starb ohne Erben 1388, ein Jahr nach Oluf, seinem Geschwisterkinde und Mitbewerber um den Thron. Wenige Jahre nachher kam indessen die dänische Krone auf die weibliche Linie dieses Hauses, als Erich von Pommern, ein Sohn Marias, der Schwester Alberts, die an den Herzog Wratislav von Pommern verheirathet war, den Thron bestieg und sein Schwestersohn Christoph von Bayern nach ihm folgte.
Das Wahlrecht, welches 1376 von den Reichsständen bestätigt worden war, ward von ihnen geltend gemacht, als der letztgenannte König ohne Leibeserben gestorben war (1448). Sie wählten den Grafen Christian von Oldenburg, einen Sohn Dietrichs des Glücklichen und Hedewigs 43 ), die im fünften Gliede aus Nikolaus des Ersten von Werle [S. 11.] Ehe mit Richiza, Tochter Erichs Glipping, herstammte. So wurden durch das meklenburgische Fürstenhaus die Dänenkönige der oldenburgischen Dynastie an den alten Königsstamm gebunden, welcher fünf Jahrhunderte das Reich beherrscht hatte.
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Läßt sich jene Abstammung zwar unwiderruflich beweisen 44 ), so treten doch immer noch Zweifel auf, ob nicht politische mehr als verwandtschaftliche Rücksichten die Wahlen zu einer Zeit geleitet haben, wo kein bestimmtes Successionsgesetz existirte, und überhaupt ob jene die mehr als anderthalb Jahrhunderte alten Verhältnisse so ganz klar und richtig erkannt haben. Gleich allen Studien waren damals auch die genealogischen sehr unvollkommen, die dazu nöthigen Quellen sehr mangelhaft, und historische Kritik gab es nicht. Die Art und Weise, wie Herzog Adolph selbst seines Schwestersohns Christian des Ersten Abstammung aus dem alten dänischen königlichen Geschlechte herleitete 45 ), beweiset eben so wenig, als die Erklärung des norwegischen Reichsrathes über Christians Verwandtschaft mit dem alten norwegischen Königsstamme, daß jenes gewiß ziemlich verwickelte Verhältniß richtig aufgefaßt worden.
II.
Sophia, die erste meklenburgische Prinzessin, die in das oldenburgische Königshaus eintrat, kam nicht als eine ganz Fremde her. Durch ihre Mutter nicht nur, sondern auch durch andere Verwandte stand sie dem Königshause nahe. Ueber dieses Verhältniß, welches gewiß nicht ohne Einfluß, sowohl auf die Wahl des Königs, als auch auf ihre eigene Stellung und ihr Auftreten in der folgenden Zeit war, sind die wesentlichsten Momente hier vorangeschickt.
Herzog Albert der Schöne, im 5ten Gliede von dem ersten Herzoge Meklenburgs stammend, war bekannt als der schönste und stärkste unter den Fürsten seiner Zeit, tapfer und thätig, doch mehr in einer abentheuerlichen, als nützlichen Weise.
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Verlobt 1521 und vermählt 1524 mit Anna von Brandenburg, Tochter des Kurfürsten Joachim I. und Elisabeth, Schwester Christians II., hatte er schon lange der Sache seines unglücklichen Mutterbruders sich eifrig ergeben gezeigt. Hauptsächlich wohl dieser Verwandtschaft wegen wählte ihn Lübeck 1535 zum Anführer seiner Kriegsmacht im Norden, und eine Partei in dieser Hansestadt bot ihm und seinem älteren, ver= [S. 12.] ständigeren Bruder Heinrich, die drei nordischen Kronen an, die, wie Albert wenigstens glaubte, ihnen ohne Schwierigkeit zu Theil werden mußten 46 ). Bekanntlich schlug diese Hoffnung fehl. Obgleich aber Christian III., sowohl während Kopenhagens Belagerung, deren Schrecken der Herzog mit seiner Gemahlin theilen mußte 47 ), als auch bei der darauf folgenden Capitulation dem Herzoge viel Aufmerksamkeit und Schonung gezeigt hatte; obgleich dieser ferner während seiner 11 übrigen Lebensjahre nicht im Stande war, von dem Schwager Christians II., dem Kaiser Carl V., etwas anderes als Verheißungen und leere Hoffnungen für die in diesem Kriege von ihm selbst aufgewandten bedeutenden Kosten zu erhalten, eine Forderung, welche als Erbschaft auf seine Nachkommen überging und beim
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westphälischen Frieden noch zur Sprache kam 48 ), fuhr er dennoch fort, selbst nachdem er mit Christian III. verschwägert worden war, zum Theil wohl wegen seiner Ergebenheit für den Katholicismus, die Pläne des Kaisers gegen die nordischen Reiche, namentlich gegen Dänemark, zu unterstützen. Da sein zweiter Bruder jung starb und des ältesten, Heinrich des Friedlichen, Nachkommenschaft schon im zweiten Gliede erlosch, so war er es allein, der das meklenburgische Fürstenhaus in seinen verschiedenen Linien fortpflanzte.
Die erste dieser ehelichen Verbindungen, die drei Jahrhunderte hindurch dieses Fürstenhaus so nahe mit dem dänischen Königsstamme verknüpfte, ward 1543 geschlossen, als Alberts Brudersohn, Herzog Magnus, Bischof von Schwerin, Elisabeth, Friedrichs I. zweite Tochter, heirathete. Nach Alberts Tode (1547) ehelichte sein ältester Sohn, Johann Albrecht I., (1555) Anna Sophia, Tochter des ersten Herzogs von Preußen, Markgrafen Alberts von Brandenburg, und Dorothea's, Friedrichs I. Tochter. Magnus' Vetter Ulrich, Herzogs Albert jüngerer Sohn, ward sein Nachfolger in der Ehe mit Elisabeth, so wie Herzog Christoph, Bischof von Ratzeburg, Ulrichs jüngerer Bruder, sich 1573 mit Elisabeths, damals 45 Jahre alten, Schwester Dorothea ver= [S. 13.] mählte 49 ). Herzog Johann, Johann Albrechts Sohn, vermählte sich 1588 mit Sophia, einer Tochter Herzog Adolphs, Sohnes Friedrichs, I., des Stammvaters des holstein=gottorpschen Hauses, und so wurden in einem Zeitraume von
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45 Jahren fünf Ehen zwischen vier weiblichen Nachkommen Friedrichs I. und Fürsten des meklenburgischen Hauses geschlossen, aus welchem in derselben Zeit eine Fürstentochter in das dänische Königshaus überging und Stammmutter eines ausgebreiteten und glänzenden Geschlechts ward.
Von den genannten Personen muß Elisabeth, Friederichs des ersten Tochter uns vor Allen interessiren, theils wegen ihrer eigenen Persönlichkeit, theils als Mutter einer so ausgezeichneten und bedeutenden dänischen Königin, auf deren Erziehung und Bildung sie einen so entschiedenen Einfluß übte, auf welche ihr Geist, ihre ganze Eigenthümlichkeit sich vererbt zu haben scheint.
Elisabeth ward am 14. Octbr. 1524 geboren; ihre Mutter war Sophia von Pommern. Erst 9 Jahre alt, als ihr Vater starb, soll sie, obgleich ihre Mutter noch bis 1568 lebte, ihre Erziehung vorzüglich von Christian III., ihrem Halbbruder, erhalten haben 50 ). In ihrem 19ten Jahre ward sie mit Herzog Magnus, einem gelehrten Fürsten und dem ersten Bischofe von Schwerin, der sich verheirathete 51 ), vermählt; aber, schwächlich von Gesundheit, starb er nach 7 Jahren (1550) ohne Leibeserben. Seine Wittwe ging zurück nach Dänemark 52 ), wo sie sich 6 Jahre später (1556) mit Herzog Ulrich vermählte 53 ), dem Geschwisterkinde und Nachfolger
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ihres Gemahls in der schweriner Bischofswürde. Die einzige Frucht dieser Ehe war Sophia.
Elisabeths Aeußeres wird als schön und anmuthig beschrieben; auch Herzog Ulrich soll, wie sein Vater, durch Schönheit und würdigen Anstand sich unter den deutschen Fürsten der Zeit ausgezeichnet haben 54 ). Nach dem einstimmigen [S. 14.] Zeugnisse der Zeitgenossen, dessen Wahrhaftigkeit nicht mit Grund zu bezweifeln ist, vereinte sie die besten Eigenschaften des Herzens und des Verstandes. Fromm und gottesfürchtig, las sie täglich in der Bibel und in Luthers Schriften und ging fleißig zur Kirche. Mit dem Gedanken an ihren Tod war sie ganz vertraut und schon bei ihren Lebzeiten hatte sie Sarg und Grabkleider fertig. Sie war mäßig in Essen und Trinken und nahm nicht gerne neue Moden an. Dürftigen Kranken, besonders Wöchnerinnen, half sie mit Geld und Arzenei; arme, hoffnungsvolle Studenten unterstützte sie von ihrem Leibgedinge. Ihr Hof war eine Schule der Arbeitsamkeit, Sparsamkeit und strenger Sittlichkeit; junge adelige Fräulein, besonders solche, die ihr nicht in guten Verhältnissen und Umgebungen zu leben schienen, nahm sie zu sich, sorgte für ihre Erziehung und Bildung, hielt sie zur häuslichen Arbeit, besonders zum Spinnen und Weben an und trug dann Sorge, durch eine passende Heirath ihre Zukunft zu sichern. Gegen ihre Untergebenen zeigte sie Freundlichkeit mit Ernst verbunden. Durch ihre haushälterische Thätigkeit erleichterte sie ihres Gemahls Regierungsbürde in wichtigen Stücken und machte sich hoch verdient um sein Land. Nicht allein die zu ihrem Leibgedinge gehörenden Güter kannte sie, sondern auch mit den Schlössern und Höfen des Herzogs machte sie sich genau bekannt; sie verbesserte Ackerbau und Viehzucht, pflanzte Wälder, legte Stutereien an, die sehr nützlichen Einfluß auf die meklenburgische Pferdezucht hatten, und sorgte für die Instandehaltung der Wege. Im Sommer stand sie zeitig auf und besuchte, begleitet von wenigen Hofdamen, die nahen Höfe, um nachzusehen, ob das Gesinde zur rechten Zeit bei der Arbeit und Alles in Ordnung war; die Frauen und Töchter der Bauern mußten auch für sie spinnen. Alle herzoglichen Höfe wurden durch sie mit Betten und Hausgeräthe versehen, welches herbeizuschaffen, wenn der Hof umherreiste, sonst den Unterthanen auflag. Sie interessirte sich eifrig für alle vorkommenden Bauten; die Domkirche zu Güstrow ward durch ihr Bestreben
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ausgebaut und mit prachtvollen genealogischen Monumenten des meklenburgischen Fürstenhauses geschmückt; eben so die Klosterkirche in Doberan, in welcher die alten Fürsten ihre Ruhestätten hatten, die aber nach der Reformation verfallen war; mehrere Klöster für adelige Wittwen und Jungfrauen, Hospitäler, Armenhäuser und Schulen ließ sie theils erbauen, theils im Stande halten und verbessern 55 ). So bewahrt das meklenburgische Land noch viele Andenken von dem heilbringenden Wirken dieser edlen Frau.
Elisabeth hatte die Freude, ihre einzige Tochter glücklich mit dem Sohne eines Bruders vermählt zu sehen , dessen Andenken ihr lieb und theuer war. Ihr Verhältniß zum Schwiegersohne und dessen Hause werden wir in der Folge kennen lernen. Im Jahre 1586 starb sie während eines Besuches in Dänemark. Ihre Leiche ward wenige Tage darauf nach Meklenburg hinübergeführt und in der Domkirche zu Güstrow beigesetzt. Ein prachtvolles Mausoleum daselbst zeigt sie, Herzog Ulrich und seine andere Gemahlin, Anna von Pommern, knieend, in Lebensgröße aus weißem Marmor 56 ).
III.
[S. 15.] Sophia von Meklenburg, UIrichs und Elisabeths Tochter, ist in Wismar am 4. Septbr. 1557 geboren 57 ). Von ihren früheren Jugendjahren weiß man nichts; aber auf ihre Erziehung und Bildung können wir von ihrer Mutter Charakter und ihrem eigenen späteren Wandel schließen. Unsere Aufmerksamkeit zieht sie erst seit der Zeit auf sich, wo sie, noch nicht volle 15 Jahre alt, den Thron des Zwillingsreiches bestieg. Die lange Reihe von fast 60 Jahren, welche die
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Vorsehung ihr vergönnte, für ihr neues Vaterland zu wirken, zerfällt in zwei Zeiträume. Im ersten lernen wir sie kennen als Gemahlin und regierende Königin, im zweiten als Wittwe, Verwalterin beträchtlicher Güter, als des Königs und Landes weise Rathgeberin; ihr mütterliches Wirken umfaßte beide Zeiträume und endete erst mit ihrem Leben.
Friedrich II. entschloß sich erst zur Ehe, nachdem er sein 37stes Jahr vollendet und 13 Jahre regiert hatte. Die Ursache, warum er diesen für das Volk und die Dynastie gleich wichtigen Schritt länger als irgend einer seiner Vorgänger auf dem Throne aussetzte, soll vornehmlich der Krieg mit Schweden gewesen sein, der erst durch den Frieden zu Stettin 1570 endigte. Ob nun, so lange des Königs Mutter, die verwittwete Königin Dorothea, lebte, andere Hindernisse und Bedenklichkeiten, z. B. das doppelte Leibgedinge, im Wege gewesen, ist unbestimmt; gewiß ist, daß er einen Monat nach dem Tode seiner Mutter (7. Octbr. 1571) seinen Entschluß gefaßt hatte 58 ). Daß aber außer den erwähnten ostensiblen Gründen noch einige nicht allgemein bekannte Ursachen vorhanden gewesen sein müssen, daß Friedrich II. so lange unverheirathet blieb, gehet deutlich aus folgender bemerkenswerthen Stelle in A. S. Vedels Leichenpredigt auf den König hervor (fol. C. I.), die in wörtlicher Uebersetzung also lautet:
"Indessen hatte Sr. Gnaden auch in ein gottselig Bedenken genommen, daß es nun beinahe hohe Zeit sei, daß S. G. zur Ehe nehme eine gottesfürchtige Person von gutem Stamme und guter Herkunft, damit Gott der Allmächtige segnen möge S. G., daß er hinterlasse Leibeserben und auch den, der nach ihm zu seiner Zeit vorstehen könne Land und Reich. Was für Anschläge hiezu gemacht wurden, wissen die am besten, die dabei gebraucht wurden und nun mehrentheils bei dem Herrn sind. Es muß aber Jedermann, zu Gottes heiligen Namens Ehre und zu Anderer gottseligem Nachstreben, bekannt sein, daß wenn Sr. K. Majestät nicht Gott den Allmächtigen mehr zu Rathe gezogen, als Menschen, und Gott Sr. G. durch einige wenige fürnehme getreue Räthe nicht ernstlich hätte ermahnen lassen, man überzeugt sein kann, daß es etwas anders gekommen sein würde,
postquam materno justas a funere curas
rex revocat, primis iterum sese ignibus infert,
conjugio animum advertit.
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"als es, Gott Lob, nachher kam. Ein Beispiel, daß der= jenige, welcher ernstlich sich auf den allmächtigen Gott im Himmel verlässet, nie zu Schanden wird, sondern wunderbar, wie Gott mit seinen Heiligen zu thun pflegt, auf den rechten Weg geführt wird, vor den Augen aller seiner Feinde."
Es ist klar, daß Vedel besser unterrichtet gewesen ist, als er es für rathsam gefunden hat drucken zu lassen. Ohne [S. 16.] Zweifel werden die Gedanken an die Neigung sich heften, die, nach dem Berichte Neuerer, der König für eine Tochter seines Hofmeisters, während er in Malmö residirte, nachherigen Reichs=Hofmeisters Eiler Hardenberg, gefaßt hatte, und die er sogar hätte heirathen wollen, wenn der Vater selbst es nicht abgewehrt hätte 59 ). Für dies vermeintliche Factum, oder richtiger Mährchen, giebt es keine Auctorität, so wie mehrere Umstände für die Unwahrscheinlichkeit sprechen, wenigstens so, wie es von den genannten Verfassern dargestellt ist. Herr Eiler Hardenberg, welcher von 1544-51 Gulland zu Lehn gehabt hatte und 1552 in Dänemark war, ward 1554 wiederum Lehnmann auf Malmöhuus und zugleich des Prinzen Hofmeister, d. h. der, welcher seinem Hofhalte in Malmö vorstand. Bei der Krönung des Königs 1559 ward er Reichshofmeister und erhielt die Ritterwürde; 1562 ging er an der Spitze einer Gesandtschaft nach Rußland. Bei dieser Gelegenheit mochte er sich aber des Königs Mißvergnügen zugezogen haben, denn von diesem Jahre an erhielt er davon wiederholte Beweise in stets ernsteren, ungnädigeren Briefen, bis er denn am 3. Julii 1563, wegen Altersschwäche, wie es hieß, im Grunde aber in halber Ungnade, seinen Abschied als Reichshofmeister und Reichsrath erhielt und ein halbes Jahr nachher gestorben sein soll. Wedel hat also Unrecht, wenn er sagt: "er war S. G. Hofmeister bis zu seinem Sterbetage 60 )." Allgemein giebt man ihm zwei Töchter, Mette und Kirstine: jene starb auf Gulland, diese in Dänemark gegen 1570, beide sehr jung. Sollte der König nun an eine Ehe mit letzterer gedacht haben, so
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müßte es doch wohl vor 1562 gewesen sein, wo die Ungnade des Vaters begann, die man aber auch als durch dessen Nichteinwilligung entstanden sich denken kann; doch hatte damals der Krieg mit Schweden noch nicht begonnen und noch weniger konnte man dessen lange Dauer vorhersehen, daß also von dieser Seite keine Nothwendigkeit für den König vorhanden war, seine Verheirathung noch 10 Jahre auszusetzen. Nach den bisher bekannten Quellen muß man also diese Sage als nicht aufgeklärt betrachten, obgleich man auch nicht denken kann, daß sie jedes historischen Grundes baar gewesen sein sollte. Und hat Vedel nicht auf diesen Vorfall gedeutet, so hat er an eine Ehe Friederichs II. mit Maria Stuart gedacht, die gleich nach des Königs Regierungsantritt auf der Bahn gewesen sein soll 61 ).
[S. 17.] Nach reiflicher Ueberlegung zog der König es endlich vor, sich nach Meklenburg, dem nächsten fremden Fürstenthume, zu wenden, dessen Regentenhaus mit dem dänischen verschwägert war, dessen damals regierender Herzog Ulrich, vereint mit seinem älteren Bruder Johann Albrecht, in dem Kriege mit Schweden sich so freundlich gegen Dänemark gezeigt hatte und unverdrossen Theil genommen an der schwierigen Vermittelung zwischen dem Könige und den schleswig=holsteinschen Herzogen in Betreff des schleswigschen Lehnsverhältnisses. Im November stellte sich der Herzog nebst Gemahlin und Tochter auf des Königs Einladung ein. Sie nahmen den nächsten und gewöhnlichsten Weg über Falster, wo der König auf Nyköping=Schloß sie empfing und wobei die Prinzessin Gelegenheit hatte, die Gegenden kennen zu lernen, die einst so viel Bedeutung und Werth für sie erhalten sollten. Nachdem sie sich hier einige Tage mit der Jagd vergnügt hatten, begaben sie sich über Lolland und Wardingborg nach Seeland, wo sie besonders auf Friedrichsborg sich aufhielten; nach Kopenhagen kamen sie das Mal nicht 62 ). Der König lernte die anmuthige Sophia kennen 63 ), die einige Monate vorher ihr 14. Jahr erreicht hatte, und seine Wahl, von welcher er gegen
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seine Umgebungen bisher nichts geäußert hatte 64 ), ward von ihm bei sich bestimmt. Die Prinzessin erhielt den Antrag und die Eltern gaben ihre Einwilligung; nur hegte man in Folge der Zeitansichten einige Bedenklichkeiten wegen des nahen Verwandtschaftsverhältnisses, da, wie angeführt, des Königs Vater und die Mutter der Prinzessin Halbgeschwister, sie selbst also Geschwisterkinder waren. Der König sandte deshalb seinen Hofprediger und Vertrauten, Niels Kolding, nach Kopenhagen, um das Bedenken des Bischofs und der theologischen Fakultät einzuholen, und erst als er mit der einstimmigen Erklärung, daß die gewünschte Verbindung zulässig sei, zurückkam, ward die Verlobung bekannt gemacht und die Vermählung zum nächsten Sommer hier in Dänemark festgesetzt 65 ). Nach einigen Wochen reiste der Herzog mit seiner Familie der vorgerückten Jahrszeit wegen zu Lande zurück; der König [S. 18.] begleitete sie durch Fühnen nach Kolding, von wo sie durch die Herzogthümer in ihre Heimath zogen.
Zum Vermählungsfeste im Sommer 1572 fand sich hier in Kopenhagen eine zahlreiche und glänzende Versammlung ein 66 ). Zuerst, am 4. Juli, kam die Braut mit ihrer Mutter und weiblichem Gefolge 67 ), kurz darauf der Braut Vater mit dem Schwager des Königs, dem Kurfürsten August von Sachsen, und der Kurfürstin Anna, des Königs Schwester, von Warnemünde über Falster. Dann kamen zwei der schleswig=holsteinschen Herzoge, nämlich des Königs Onkel, Johann der Aeltere, und dessen Bruder, Johann der Jüngere, nebst ihren Gemahlinnen, desgleichen die Gesandten fremder Fürsten und, der Gewohnheit gemäß, die Gesandten der Hansestädte,
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welche köstliche Brautgeschenke brachten. Auch viele Adelige des Reichs denen es angesagt worden war, stellten sich mit ihren Frauen und Töchtern ein, und vierzehn Tage währte es, bevor alle Hochzeitsgäste versammelt und die nächsten Vorbereitungen geschehen waren.
Die Hochzeit ward am Sonntage, dem 20. Juli, auf dem Schlosse zu Kopenhagen gefeiert, die Trauung von dem deutschen Hofprediger Christoph Knopf verrichtet. Die Krönung der Königin fand am Tage darauf in der Frauenkirche statt, wo alle dänischen Krönungen von der Reformation an bis zur Souveränität geschehen sind. Das bei ähnlichen Gelegenheiten gewöhnliche Ceremoniell, die unter ihrer Last sich beugenden Tafeln auf dem Schlosse und der Flotte, die sogenannte "Fechtschule" (ein eigentliches Turnier oder "Rennen und Stechen" fand nicht statt), die bei Fredriksborg, Kronborg und an anderen Stellen veranstalteten Jagden bieten keinen uninteressanten Beitrag zu den Sitten und der Hofgeschichte damaliger Zeit, können aber um so mehr hier übergangen werden, da es an umständlichen Beschreibungen aus damaliger Zeit nicht fehlt 68 ).
Bereits vor der Ankunft der Königin waren die nöthigen Bestimmungen hinsichtlich ihrer Stellung und Rechte hier im [S. 19.] Reiche, wenn sie den König überleben sollte, getroffen.
Aehnliche Geschenke vertheilte der König an das meklenburgische Gefolge; fünf von den herzoglichen Räthen erhielten goldene Ketten mit des Königs Bild; Ryge P. Oxe's Levnet S. 264. Endlich wurden auch mehrere Verbrecher aus den Gefängnissen entlassen. Joh. Slangendorpii oratio funebris in obitum Friderici II, recitata in academia Hafniensi (Hafn. 1588. 8.) fol. D. I."skiönne Krandse vor giordt udaf puurt Guld
af Perler og Aedelstene vore de fuld."
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Zu ihrem Leibgedinge wurden ihr Laland und Falster ausgesetzt, mit Ausnahme der Handelsstädte Naskow, Saxkoping, Nystadt und Stubköping, des Fleckens und Klosters Maribo, und behielt die Krone sich die Landeshoheit, den Zoll und die Accise, die Roßdienste des Adels, u. a. m. vor. Der Adel auf den Inseln behielt seine Freiheiten und Privilegien; die Aemter wurden nach alter Gewohnheit von eingebornen Adeligen besetzt; von den Beständen (Substanz) der Güter sollte nichts veräußert, Holz nur zum Bedarf gefällt werden. Ihre Kleinodien, ihre fahrende Habe und ihr baares Geld, nach dem darüber aufgenommenen Verzeichnisse, ihr eventuelles Erbtheil nach dem Ableben der Eltern und endlich was sie aus ihrem jährlichen Einkommen ersparen oder selbst erwerben könnte, sollte ohne Ausnahme ihr allein gehören. Verheirathe sie sich wieder, so solle das Leibgedinge an die Krone zurückfallen, ihre eingebrachte Mitgift ihr wieder ausgeantwortet werden. Sterbe sie ohne Leibeserben, so behalte der König oder dessen Nachkommenschaft ihre Mitgift; alles übrige ihr Zugehörende falle an ihre Erben. Zur Mitgift erhielt sie 30,000 Thaler, eine anständige Aussteuer ungerechnet 69 ).
Die anfänglich nicht bedeutende Appanage der Königin ward nachher erhöht. Zuerst erhielt sie aus dem Zolle zu Helsingör 1000 "gute, gangbare und unverfälschte Thaler", welche nach dem königlichen Briefe, Hörsholm, den 23. Aug. 1572, der Zolleinnehmer zu Helsingör jeden Bartholomäi=Tag (24. August) ihr zahlen mußte. Drei Jahre später ward durch ein Schreiben des Königs (Frederiksborg, den 8. März 1575) an denselben Zolleinnehmer, Hans Mogensen, bestimmt, daß sie jährlich 2000 "gute, gangbare und unverfälschte Thaler" haben solle. Unter dem 13. Juni 1581 erhielt derselbe Beamte ferner Befehl, außer jenen 2000 Thalern an jedem St. Johannis=Tage aus derselben Casse annoch 400 alte Thaler "als Handgeld" an sie auszuzahlen. Endlich erhielt der Zolleinnehmer zu Helsingör unterm 6. Decbr. 1584 ein Schreiben, daß, so wie der König seiner Gemahlin vorher 2400 Thaler "zu Handgeld" und verschiedenen Ausgaben für ihren eigenen Bedarf verschrieben, er ihr nun volle 3000 alte Thaler jährlich auf Bartholomäi=Tag bewillige.
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Mit dem Leibgedinge und der Appanage der Königin ward auch zugleich ein Hofstaat für sie eingerichtet. Kurz vor ihrer Ankunft erging am 15. Juni 1572 ein königlicher Befehl an neun Edelfrauen, ihre Töchter oder sonst ihnen verwandte Jungfrauen in das "Frauengemach" der zukünftigen Königin zu senden. Ihre erste Hofmeisterin war Frau Inger Oxe, des verdienten Reichshofmeisters P. Oxe's Schwester und Wittwe Jürgen Brahe's (1565), welcher dem Könige einmal das Leben gerettet hatte, beide unvergeßlich als zärtliche Pflegeeltern des großen Tycho Brahe 70 ), des Letztern Brudersohns. Sie stand diesem Ehrenposten 12 Jahre vor, und als sie Alters wegen abging, ward Frau Beate Bilde, R. R. Otto Brahe's [S. 20.] Wittwe und Tycho Brahe's Mutter, zur Hofmeisterin der Königin ernannt u. s. w.
Als Beitrag zur Charakteristik jener Zeit kann angeführt werden, daß zum Hofpersonale der Königin auch eine Hofzwergin gehörte. Unterm 22. Juli 1584 schrieb der König von Lundegaard (in Schonen) an Absalon Göye zu Lögtved (in Fühnen) wegen "einer kleinen Zwergin, eines Predigers Tochter dort in Unserm Lande Fühnen" bei einer Frau Anna, Nachgebliebenen des Peter Lauridsen (Straale) zu Torpe oder Torpegaard, sie an den Hof zu senden, da die Königin "nach einer solchen verlustigt sei und der König gnädigst sich versehe, daß vorgemeinte Frau und des Mädchens Vater sich nicht weigern würden oder Unserm gnädigsten Willen und Begehr es versagen, besonders da Wir gnädigst gesinnt sind, sie, wenn es ihre Gelegenheit sein könnte, anständig zu unterhalten." (Fyenske og smaalandske Tegnelser 71 ).
In ihrer ungefähr 16jährigen Ehe ward Sophia Mutter von sieben Kindern: 1) Elisabeth, geboren auf Koldinghuus am 25. August 1573. 2) Anna, geboren auf Skanderborg am 12. December 1574. 3) Christian (IV.), geboren auf Frederiksborg am 12. April 1577. 4) Ulrich, geboren auf Koldinghuus am 30. December 1578. 5) Auguste, geboren ebendaselbst am 8. April 1580. 6) Hedwig, geboren auf
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Frederiksborg am 5. August 1581. 7) Hans, geboren auf Haderslevhuus am 26. Juli 1583.
Die Geburt dieser sieben Kinder außerhalb Kopenhagen an verschiedenen Orten erinnert an die Zeit, wo unsere Könige, [S. 21.] obgleich sie lange schon eine feste Residenz hatten, sich dennoch bald auf dem einen, bald auf dem andern Schlosse aufhielten, theils wegen der damaligen Regierungs=Einrichtung und Verwaltung, theils um sich Kunde zu verschaffen von dem Verhalten und Bedarf jeder Provinz, theils vielleicht der Jahreszeit wegen. Die Königinnen aber, namentlich Sophia, scheinen bei vorgenannten Veranlassungen doch die Schlösser in der Provinz der hauptstädtischen Königsburg vorgezogen zu haben, vielleicht der gesundern Luft und Ruhe wegen, vielleicht aber auch um einer jeden Provinz gleich viel Aufmerksamkeit zu bezeigen. Als einen andern charakteristischen Zug führen wir an, daß außer den bestellten Hebammen mehreren adeligen Frauen befohlen ward, sich auf dem betreffenden Schlosse einzufinden, wenn die Königin ihre Niederkunft erwartete, damit "Ihro Liebden einige gute und verständige Frauen um sich haben möge, von welchen J. L. in solchem Anliegen Rath und That erwarten könne 72 )". Vermuthlich ist auch die Königin Mutter bei der Tochter Entbindung meist zugegen gewesen. Gewiß wenigstens weiß man es bei der Geburt Christians und Hedwigs 73 ).
Da die ersten Kinder des königlichen Paares Töchter waren und die Machthaber aus früheren, schwer erkauften Erfahrungen es für nöthig fanden, jedem Successionsstreite, wenn
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der König ohne männliche Leibeserben sterben sollte, vorzubeugen, stellte der Reichsrath ungefähr 1575 eine Erklärung aus, daß in diesem Falle des Königs älteste Tochter gewählt werden und der, welchem sie sich vermählen würde, die Krone haben solle 74 ): eine bemerkenswerthe Bestimmung, welche, wenn sie auch als einzelne Ausnahme kein eigentliches Erbprincip bestimmt, doch allemal beweiset, daß die Betreffenden in keinem Falle aus dem königlichen Hause zu gehen wünschten. Diese Zusage aber ward überflüssig, als Christian 1577 geboren ward.
Christian IV. war gewiß der letzte dänische König, dessen Geburt auf eine übernatürliche Weise verkündet sein soll. "Im Nachherbste (1576)" - erzählt man - "kam ein alter, einfältiger Bauer von Samsöe herüber zu den allgemeinen "Herrentagen", die damals zu Kallundborg gehalten wurden, meldete sich bei Hofe und berichtete, daß zu verschiedenen Malen in dem Felde am Strande auf Samsöe, wo er wohne, ein schmuckes, schönes Weibsbild, das an den Füßen aber wie ein Fisch gestaltet gewesen, zu ihm gekommen sei, und ernstlich und strenge ihm anbefohlen habe, zum Könige hinzuziehen und ihn wissen zu lassen, daß, da Gott seine Königin gesegnet, sie nun mit einem Sohne schwanger sei, der sein Leibeserbe in Dänemark, zur königlichen [S. 22.] Krone erhoben und ein vorzüglicher Herr unter allen Königen und Fürsten in dieser Nordwelt werden werde; und da Sünde und Bosheit, Völlerei, Hurerei, Hochmuth und Unbändigkeit fast in seinen Reichen überhand nehme, so solle er zu Ehr und Dank des hohen Herrn und Gottes, welcher ihn so segne, das mit Fleiß und Ernst abschaffen, auf daß Gott seine große Wohlthat und Langmuth nicht in desto größeren Zorn und Strafe umkehre 75 )." Späterhin sagte der Bauer dies vor dem Könige selbst aus, auf welchen die Prophezeihung einen ernstlichen Eindruck machte, und welcher dann dem Bauern "einen fürstlichen Zehrpfennig verehrte und nach Hause zurückzukehren befahl". Als aber der Bauer nach der Taufe des Prinzen sich wieder bei Hofe einfand, auf vorgeblichen Befehl der Meerfrau seine Ermahnungen wiederholte, dem Hofprediger und mehreren Edelleuten sehr umständlich das Aussehen derselben beschrieb, erzählte, was sie von ihrem Namen und ihrer Wohnung gesagt habe, und
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daß ihre Mutter dem Könige Waldemar Atterdag Margarethens Geburt verkündigt u. a. m., faßte der König Argwohn gegen den neuen Bußprediger, der übrigens kein Betrüger zu sein schien, ließ ihn wegweisen und verbot ihm wiederzukommen. "Als er abgereiset war", - fügt Resen hinzu =, "stritten im Pöbel Gelehrte und Ungelehrte viel und weitläuftig über dieses Meerweib. Viele vermeinten, sie sei des Bauern eigene Erdichtung; andere ließen sich hören, Gott sei ein wunderbarer Gott in seinem Thun und habe nicht allein das Erdreich, sondern auch Luft und Meer mit seinen Geschöpfen vielfältig erfüllt, die ihren Schöpfer kennten, ihm dienten, ihn ehrten".
Das Factische, was diese Sage vielleicht veranlaßt haben kann, läßt nach so manchem verflossenen Jahrhundert sich nicht ermitteln 76 ); man muß sie indessen nicht zu den Wundern rechnen, mit welchen die Vorzeit die Geburt merkwürdiger Personen gerne verband, da die Prophezeihung vor letzterer geschah, sondern sie eher als einen Ausdruck des allgemeinen Verlangens ansehen, mit welchem das Volk der Geburt eines Königssohnes entgegen sah 77 ).
Was man recht innig wünscht, hofft man auch gerne. Nach einem derzeitigen, wohl unterrichteten Schriftsteller 78 ), ward durch das ununterbrochene Wohlbefinden und gute Aussehen der Königin, durch ihre stets heitere Stimmung, ihre Lust zum Reisen u. s. w. die allgemeine Erwartung geweckt, daß sie einen Prinzen gebären werde. Der König selbst theilte diese Hoffnung, indem er bemerkte, daß das Erstgeborne seiner
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Eltern eine Tochter, wie seine beiden ältesten Kinder, gewesen [S. 23.] sei. In frommer Erwartung der Erfüllung seiner Wünsche, suchte er schon vorher Freude um sich zu verbreiten, indem er den Bauern in Kopenhagens Lehn ihre bedeutenden Steuerrückstände erließ. Die Zubereitungen zur bevorstehenden Niederkunft entsprachen den allgemeinen Hoffnungen. Da die zwei ersten Kinder in Jütland geboren waren, so wählte er diesmal die Hauptprovinz Seeland und dort namentlich Frederiksborg, einen ruhigen und im Frühjahr zwischen Wäldern und Seen sehr heitern und gesunden Ort. Die Mutter der Königin ward ersucht, zugegen zu sein, und sie kam den 19. März nach Frederiksborg; hier erfolgte die glückliche Niederkunft den 12. April 1577, Nachmittags 4 Uhr 79 ), und fast nach Verlauf eines Jahrhunderts ward den Reichen zum ersten Male eines regierenden Königs ältester Sohn und präsumtiver Thronfolger geboren 80 ).
Für äußerst wichtig und folgenreich hielten die königlichen Eltern diese Begebenheit, und sie zeigten es durch die ungewöhnliche Pracht und Festlichkeit, welche am heil. Dreifaltigkeits=Sonntage (2. Juni) in Unserer Frauen Kirche zu Kopenhagen die Taufe des Prinzen, am Tage nach dem Kirchgange der Königin zu Frederiksborg begleitete 81 ). Auch die Wahl jenes Ortes bezeichnet etwas Ungewöhnliches, da keines der andern Kinder Friederichs und Sophiens in der Hauptstadt getauft worden war. Unter den Gevattern befanden sich des Königs Schwiegerältern und sein Onkel, Herzog Hans; der Königin Mutter hielt den Prinzen zur Taufe. Nach der Kirchenfeier folgte Tafel, Tanz, Feuerwerk, "Fechtschule" und Jagd, nebst anderm "löblichen Zeitvertreib", die ganze Woche hindurch. Eine umständliche Beschreibung der ganzen Festlichkeit mit allen die Zeit
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und deren Geist charakterisirenden Lustbarkeiten gehört nicht hierher, nur eine dürfen wir nicht vorübergehen, daß nämlich am zweiten Tage des Festes nach der "Mahlzeit" einige der Hochgelehrten (Professoren an der Universität) "mit ihren Studenten aufgefordert wurden, eine Comödie sehen zu lassen, die zu agiren ihnen befohlen war, und ward die Historie von Susannä Unschuld angenommen und anmuthiglich agiret. Dienstag Nachmittag sind die vorigmal befohlenen Hochgelehrten wiederum aufgefordert worden und haben gespielt den merkwürdigen Sieg, welchen König David über den mächtigen Riesen und Philister Goliath erfochten, worauf [S. 24.] der Krieg der Pygmäen mit den Kranichen 82 )" "aufgeführt ward". Die Vorstellung begann stets Nachmittags 1 Uhr; der Schauplatz war im Schloßgarten unter freiem Himmel 83 ), und zu bemerken bleibt noch, daß die Väter und Söhne der Universität die Probe ihres scenischen Talents mit lohnendem Beifalle des Hofes und aller Anwesenden nicht in der Muttersprache, sondern - lateinisch, ablegten 84 ).
Von den Tauffesten der anderen königlichen Kinder hat man nicht so umständliche Nachrichten. Man hat aber Grund, anzunehmen, daß sie, mit Ausnahme der Taufe der Erstgebornen, der Prinzessin Elisabeth 85 ), und der fünften Prinzessin, Auguste, den 29. Juni 1580, zu welcher letzteren mehrere deutsche Fürsten zu Gevattern gebeten waren 86 ), mit weit ge=
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ringerem Pomp begleitet gewesen sind. Christian ausgenommen, ward jedes der königlichen Kinder auf seinem Geburtsschlosse getauft. Die Zeit, welche sie ungetauft blieben, war verschieden, 2 Monate bis 14 Tage; ersteres geschah nur mit Prinzessin Elisabeth (geb. am 25. Aug. 1573, getauft am 25. October), letzteres mit Prinz Ulrich (geb. am 30. Decbr. 1578, getauft am 11. Jan. 1579).
Es gehört zur Charakteristik des häuslichen Lebens nicht allein im Mittelalter, sondern auch in neuerer Zeit, daß Eltern in höheren Stellungen ihre Kinder in andern untergeordneten oder in verwandten Häusern pflegen und erziehen ließen, wie denn ein solches Opfer von Seiten der Eltern entweder in pädagogischer Hinsicht oder durch politische Gründe gebracht ward. [S. 25.] Auch in unserer Landesgeschichte finden wir Beispiele 87 ). Unter diesen geht uns vorzüglich an, daß Friederichs vier älteste Kinder von ihrer frühesten Kindheit an der Aufsicht der Mutter der Königin anvertraut wurden und daß diese namentlich den kaum 2 Monate alten Christian mit nach Meklenburg nahm 88 ). Ungeachtet die Eltern überzeugt sein
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mußten, daß die Kinder bei den zärtlichen und einsamen Großältern die väterliche und mütterliche Sorgfalt nicht vermissen würden 89 ), konnten sie doch zuletzt die Lieben nicht länger entbehren, die sie beinahe von Geburt an nicht bei sich gehabt hatten; auch machte der Reichsrath besonders hinsichtlich des ältesten Prinzen dem Könige deshalb Vorstellungen. Am 12. April 1579, dem Tage, wo Christian sein zweites Jahr vollendete, schrieb der König seinem Schwiegervater, daß er wenigstens seine drei ältesten Kinder wieder bei sich sehen möchte; das vierte, Prinz Ulrich, damals ein Vierteljahr alt, war also vermuthlich gleich nach seiner Geburt an den meklenburgischen Hof gekommen. Die königlichen Kinder wurden von Warnemünde zu Schiffe abgeholt 90 ).
Daß mit Aufopferung eigener Freuden die Vater= und Königs=Pflichten den Eltern der Mutter übertragen wurden, zeugt von dem herzlichen und vertrauensvollen Einverständnisse beider Häuser, von dem glücklichen innern Verhältnisse des königlichen Ehepaares und von dem besondern Einflusse der Königin auf die Angelegenheiten der Kinder von deren frühestem Alter an. Daß aber von der Zeit an, wo diese in der väterlichen Heimath versammelt wurden, jene eine bedeutende Stimme bei Allem hatte, was deren Erziehung und Bildung betraf, können wir theils aus ihrem eigenen Charakter schließen, theils aus der Art und Weise, wie die Kinder im reiferen Alter auf den hohen Schauplatz traten, den die Vorsehung ihnen anwies.
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Derzeitige wahrhafte Quellen bekräftigen dies. "Sobald", [S. 26.] sagt Vedel in seiner Leichenpredigt, die zugleich eine höchst anziehende Charakteristik Friederichs II. giebt, "die königlichen Kinder etwas zu Jahren und Alter gekommen waren, wurden feine, gelehrte und verständige Männer berufen, welche sowohl die jungen Fürsten, als die Fräulein unterrichten und zur wahren Gottesfurcht anhalten sollten. Ja, was ist das, wenn Zuchtmeister und Präceptor ihrerseits aufbauen sollen und die Eltern es wieder niederreißen wollen durch Verzärtelung und Nachlässigkeit ihrerseits! - Deshalb dürfen wir nicht verschweigen, daß Ihre Fürstliche Gnaden soviel Fleiß und Aufsicht mit Mund und Hand, mit gutem Unterrichte und zeitiger Strafe auf ihre liebenswürdigen Kinder verwendet hat, als nur irgend ein Bürger oder Edelmann aufs höchste und beste an seinen Kindern. Damit hat Ihro Gnaden Ihrem Amte völlig genüget und Ihren lieblichen Kindern die pflichtmäßige, gebührende Erziehung gegeben". Die verständige Königin erkannte, - eine der Gedächtnißreden über sie bezeugt es 91 ), - daß die Könige ihrem Reiche nicht geboren werden, wie der Bienenweisel, in einem Bienenstocke, ausgezeichnet durch gewisse äußerliche Kennzeichen, sondern daß Erziehung hier das Wesentlichste sei und daß deren Wirkungen für die ganze Folge sich zeigen, entweder zum Glück oder zum Unglücke des Volkes, welches zu beherrschen sie berufen wurden. Ihr wohlthuender Einfluß mußte besonders hinsichtlich ihrer zwei ältesten Söhne von Wichtigkeit sein, namentlich Christians, des künftigen Lenkers des Reichs, der, drei Jahre alt, vom Reichsrathe bereits zum Thronfolger erklärt war, und in dieser Eigenschaft in seinem siebenten Jahre die Huldigung empfangen hatte. Der edle und anspruchslose Friedrich erkannte selbst, daß ihm der Grad der Geistesbildung fehle, den man damals schon einem Regenten nothwendig erachtete, obgleich er diesen Mangel durch vortreffliche Eigenschaften des Herzens und durch Tapferkeit ersetzte. "Waren Se. Gnaden auch nicht sonderlich bewandert im Lateinischen oder in andern fremden Sprachen oder im Bücherwissen" - sagt A. S. Vedel - so ist das ersetzt durch fürstliche Tüchtigkeit und gute, christliche Sitten. Und in Wahrheit, in diesen beiden Fällen ist es ungleich besser, daß junge Fürsten von Kind an zu wahrer Gottesfurcht und guten Sitten angehalten werden, als daß sie mehrere Sprachen lernen und darüber die Gottesfurcht
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und die Ausübung der Tugend versäumen. . . . . Hiebei aber muß nicht vergessen werden, daß Gelehrsamkeit und Wissen einen Fürsten oder König mehr zieren als Gold, Perlen und Edelgestein; denn die geben nur ein äußerliches Ansehen, das Andere aber erfreuet und schmücket das Herze, so es Verstand und Erfahrung giebt, und wenn gleich ein Prinz oder Fürst jung ist an Jahren und Alter, so wird er doch alt und klug durch Gelehrsamkeit und kluge Künste, absonderlich durch das Lesen von Historien, welche Anweisung geben, wie ein Herr Land und Leuten vorstehen soll". Alles was wir von Christians Erziehung wissen, zeigt genügend, daß sein Vater - und in dieser, wie in anderer Hinsicht können wir beide Eltern für einverstanden halten - nicht bloß eifrig [S. 27.] strebte, dem Sohne die Bildung zu verschaffen, welche Zeit und Umstände ihm nicht vergönnt hatten, sondern auch ernstlich darauf sah, daß Lehrer und Vorgesetzte ihn in nöthiger Zucht hielten und vor allen Dingen ihm nicht seinen eigenen Willen ließen.
Diese älterlichen Bestrebungen wurden durch die glückliche Wahl der Hofmeister und Lehrer kräftig unterstützt. Heinrich Rammel, ein pommerscher Edelmann, des Königs deutscher Kanzler, ward zum Hofmeister erwählt. In ihm fand man alle Eigenschaften vereint, welche eine solche Stellung erforderte, wie alle Zeitgenossen anerkannten, und obgleich man wohl lieber einen Edlen des Reichs auf diesem wichtigen Posten gesehen hätte, so ist doch allenthalben zugestanden, daß seine ausländische Herkunft durchaus keinen hemmenden Einfluß auf Christians Bildung zum dänischen und norwegischen Könige gehabt hat 92 ). Nach dem Tode des Königs mußte er wohl diesen Posten einem dänischen Adeligen abtreten 93 ), aber die feste Freundschaft zwischen ihm und dem Kanzler des Königs, N. Kaas, diesem edlen Vaterlandsfreunde, dauerte fort und beweiset eben so sehr sein ungeheucheltes Interesse für den Staat, der ihn aufnahm, als
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die Achtung, in welcher er während der Minderjährigkeit Christians IV. bei den Machthabern stand, die seinen Rath annahmen und befolgten, und seine Ernennung zum Reichsrathe bei der Krönung 1596 zeugt für seine politische Tüchtigkeit 94 ).
[S. 28.] Auch der eigentliche Lehrer Christians, Zuchtmeister, wie er genannt ward, Meister Hans Mikkelsen, der 1582 angestellt ward und bis zur Mündigkeit des Königs verblieb, scheint dem wichtigen Berufe ganz vollkommen gewachsen zu sein. Zu Christians gründlicher Religionskenntniß, zu der Fertigkeit, mit welcher er lateinisch (vom 7. Jahre an), italiänisch und französisch sprach, hat genannter Mann wohl den Grund gelegt; in den mathematischen und mechanischen Studien, die er nachher bis zu einem Grade hoher Meisterschaft sich aneignete, erhielt er die Anleitung anderer Lehrer 95 ). Als der elfjährige Königssohn beim Tode des Vaters zum Throne berufen ward, versprachen seine Bildung und Entwickelung die glänzendste Hoffnung für die Zukunft. "Wenn nicht alle Merkmale täuschen", sagt Vedel ferner (fol. B. 1), "so sieht man bereits, daß Se. Gnaden unser erwählter Prinz zu einem ausgezeichneten Wissen in allen guten Künsten kommen wird; ja, schon ist S. G. so weit gekommen, daß er nicht länger für ein Kind gehalten werden kann, sondern täglich aufwächst und zunimmt in Weisheit und Gnade vor Gott und den Menschen, wie auch an Jahren und Alter. Zu welchem Vorsatze S. G. Ihro Gnaden die Frau Mutter und die zu Dänemarks Reich verordneten Regenten und Rath durch alle die guten und rathsamen Mittel, die daran und dazu gehören, verhelfen werden." Die Folge der Zeit bewies, daß die Königin auch als Wittwe die Erwartungen des Volkes vollkommen erfüllte. Erkennen also die ehemals vereinigten Reiche in Christian IV. stets einen ihrer verständigsten und kraftvollsten Regenten, so muß man auch nicht
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vergessen, wie viel man in dieser Hinsicht der hohen Mutter schuldigt, und nicht übersehen, welchen bedeutenden Antheil sie namentlich an seiner Erziehung hatte 96 ).
Nicht mindere Sorgfalt ward auf die Erziehung des jüngern Sohnes, Herzogs Ulrich, verwendet und mit nicht geringerem Glücke. Beide Brüder hatten ihren eigenen Lehrer, aber beide wurden dennoch zusammen erzogen und waren zu einer und derselben Zeit zu Soröe 97 ); Ulrich ward in seiner Kindheit schon wegen seines guten Kopfes gelobt, beide ihres vortrefflichen Gedächtnisses wegen 98 ). Als jüngerer Prinz mit ferneren Aussichten zum Throne, aber mit früher Hoffnung auf ein auswärtiges Bisthum, welches er auch erhielt, scheint er späterhin durch Studiren, Reisen und Aufenthalt auf fremden Universitäten sich eine ungewöhnliche Bildung erworben zu haben 99 ).
[S. 29.] Der jüngste Sohn, Herzog Johann, bei des Vaters Tode noch nicht 5 Jahre alt, ist, wie man vermuthet, allein von der Mutter während ihres Wittwenstandes erzogen worden.
Von der Töchter Erziehung sind weniger Nachrichten vorhanden. Daß sie von Kind auf zum fleißigen Lesen in der Heiligen Schrift angehalten wurden, können wir ohne ausdrückliches Zeugniß annehmen 100 ); aber interessant ist es, wie Sophiens Charakter und eigenthümliche Neigungen sich bei ihren Söhnen und Töchtern wieder kund gaben, wie man in ihr selbst denn auch die Mutter leicht wieder erkennt. Sophiens Neigung zum Reisen und ihre lebendige Baulust hatte Christian IV. gemein mit seiner jüngsten Schwester Hedwig, Kurfürstin von Sachsen 101 ); die dritte Schwester, Auguste, Herzogin von Schleswig=Holstein, zeichnete sich aus durch
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Einfachheit in Kleidung und durch stetige Reisen: aber die strenge Oekonomie der Mutter scheint bei den Töchtern ein wenig zu weit gegangen zu sein 102 ). Von allen Töchtern Sophiens scheint aber die zweite, Anna, Königin von Großbritannien, allein der Mutter an Verstand und kräftigem Willen gleich gewesen zu sein. Wohl loben einige englische Historiker sie als fromm und tugendhaft 103 ), von mehreren wird sie aber getadelt wegen ihres übertriebenen Hanges zur Pracht und zu Vergnügungen 104 ) und wegen zu thätiger Theilnahme an den politischen Bewegungen und Intriguen, die derzeit am englischen Hofe herrschten. Daß zwischen ihr und Jakob I. kein gutes Verständniß waltete, erklärt sich leicht, da sie einen Gemahl übersah, welcher weder bei Verwandten, noch bei Unterthanen besondere Achtung genoß oder fordern konnte. Merkwürdiger würde es sein, wenn die Tochter so streng protestantischer Eltern die katholische Lehre angenommen hätte 105 ); doch ist dies wohl nur eine Erdichtung, veranlaßt durch ihre Vorliebe für die spanischen Interessen und das Wohlwollen, welches sie vielleicht aus politischen Gründen den Katholiken bewies 106 ).
Von dem herzlichen Verhältnisse zwischen den verschwägerten Regentenhäusern haben Stimmen jener Zeit ein glaubwürdiges und ehrendes Andenken bewahrt, und der Geschichtschreiber kann nur mit Theilnahme und Wohlbehagen dabei verweilen. Schon die Erziehung der königlichen Kinder und [S. 30.] deren mehrjähriger Aufenthalt bei den Großältern erwecken eine Vorstellung von einer in höhern Ständen seltenen Vertraulichkeit, die auch aus andern Thatsachen zweifellos
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hervorgeht 107 ). Beide Häuser schienen nur Eine Familie zu sein; der Ton zwischen dem Dänenkönige und dem meklenburgischen Fürstenpaare war wie zwischen Eltern und Kindern. Der König war nur 7 Jahre jünger, als sein Schwiegervater, und 10 Jahre jünger, als seine Schwiegermutter; dafür aber war er auch der Sohn eines lieben und unvergeßlichen Bruders. Im Umgange hörte man nur die Namen Vater, Mutter und Sohn 108 ). Kein Monat ging vorüber ohne Briefe und selten ein Jahr ohne gegenseitigen Besuch 109 ), und die Lage beider Länder bot leicht und sicher die Gelegenheit dazu dar. Von Warnemünde bis Gedsör auf Falster sind nur 7 Meilen, und mit günstigem Winde geschah die Ueberfahrt in wenigen Stunden 110 ). Oft begleitete auch der König seine Gemahlin, und die meisten Besuche hatten durchaus einen Privat=Charakter; die Herzogin war oft bei der Niederkunft ihrer Tochter zugegen; beide Eltern waren auch Pathen. Die Tochter sehnte sich nach ihren Eltern, bei denen ihre Kinder sich oft lange aufhielten, und die Schwiegerältern waren froh, von Zeit
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zu Zeit ihre Tochter in ihrer Heimath zu sehen, umringt von einem stets größer werdenden Kreise von Kindern, auf deren Erziehung und Entwickelung sie selbst einen so wichtigen, wohlthuenden Einfluß hatten 111 ). Oft aber auch wurden bei [S. 31.] solchen Besuchen wichtige Staatsangelegenheiten auf die Bahn gebracht. Nicht wegen seines Landes Umfang, oder wegen der Volksmenge, sondern durch eine für die Zeit ausgezeichnete Bildung und politische Erfahrung, durch seine anerkannte Rechtlichkeit war Herzog Ulrich, den seine Zeit den deutschen Nestor nannte, einer der bedeutendsten protestantischen Fürsten Deutschlands, dessen Rath und Vermittelung bei mehreren Bewegungen der Zeit in Staat und Kirche oft gesucht und benutzt wurden. Der Dänenkönig und der Herzog achteten ihre Interessen genau verbunden; sie strebten deshalb, einig zu sein in ihren Ansichten von der Zeit und deren Ereignissen: sie unterstützten sich gegenseitig. Bei Dänemarks weiter sich erstreckenden Beziehungen und schwierigern Verhältnissen war es natürlich, daß der Herzog seinem Schwiegersohne nützlicher werden konnte, als dieser ihm. Die wichtigste Angelegenheit war unläugbar der so lange zwischen dem Könige und den schleswig=holsteinschen Herzogen obschwebende Streit wegen der Belehnung mit dem Herzogthume Schleswig, welchen der Herzog Ulrich mit des Königs Schwager, dem Kurfürsten von Sachsen, und dem Landgrafen von Hessen schon seit 1567 beizulegen versucht hatten und der endlich 1579 durch den Vergleich zu Odensee geschlichtet ward 112 ). Durch Vermittelung derselben Fürsten ward 1581 zu Flensburg ein Vergleich zwischen dem Könige und seinem Onkel, Herzog Adolph, die Beerbung dessen Bruders, Herzogs Johann des Aelteren, betreffend, abgeschlossen 113 ). Weniger glücklich waren der Herzog von Meklenburg und der Kurfürst von
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Sachsen in der Streitigkeit des Königs und der holsteinschen Herzoge einerseits und der Stadt Hamburg andererseits wegen des Handels auf der Elbe. Der Vergleich kam weder zu Flensburg (1579), noch zu Kiel (1580) zu Stande und ward ausgesetzt 114 ); dahingegen ward Lübeck durch Mitwirkung des Herzogs, als er in Hadersleben beim jüngsten Kinde des Königs 1583 Gevatter stand, mit letzterem ausgesöhnt, und der für Lübeck erhöhte Sundzoll wieder herabgesetzt 115 ).
Der einzige wichtige Anlaß, der dem Könige zur Vergeltung sich bot, wo er thätig für seines Schwiegervaters Interessen sich zeigen konnte, waren die Streitigkeiten zwischen diesem und der Stadt Rostock, die sich größere Freiheiten nahm, als der Herzog dieser reichen, in seinen Grenzen belegenen Hansestadt einräumen konnte, und die, zur Entscheidung dem Kammergerichte vorgelegt, bis ins Unendliche gedauert haben würden. Der König, welcher noch nicht vergessen hatte, wie unfreundlich Rostock gegen ihn im Kriege mit Schweden sich gezeigt, bot dem Herzoge bei seinem Besuche in Dänemark (1583) seine Vermittelung an. Er ließ die rostocker Schiffe im Sunde und in den dänischen Häfen festhalten, verbot ihnen den Handel in seinen Staaten und blockirte Warnemünde mit einer kleinen Flotte. Nachdem die Stadt mit dem Herzoge sich ausgesöhnt hatte, wurden auf seine Fürbitten ihre Schiffe freigegeben und ihr der Handel wieder gestattet 116 ). Einmal veranlaßten auch Gegenstände von umfassenderem politischen Interesse eine Art Congreß in Güstrow; es war 1576 im Sommer, als der König und die Königin, ein Theil des [S. 32.] Reichsraths, der Kurfürst von Sachsen und mehrere deutsche Fürsten sich in Herzog Ulrichs Residenz versammelten, "woselbst die Religionssachen, die schwedischen, liefländischen und viele andere geheime dringende Angelegenheiten verhandelt wurden 117 )". Die Gegenstände für die Unterhandlungen waren vermuthlich die damals hinsichtlich des Religionsfriedens in Deutschland herrschenden Bewegungen, die Unruhen in Schweden bei Einführung der neuen Liturgie, die Streitigkeiten in der deutschen Kirche wegen des Abendmahls, die auch auf die dänische Kirche einwirkten, und endlich die Stellung in
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Liefland, wo zwischen den Dänen und Schweden noch lange nach dem stettiner Frieden die Feindseligkeiten fortdauerten und wo die Russen Reval hart drängten.
Die Mutter der Königin starb während eines solchen Besuches bei ihren Kindern. Im Sommer 1586 reiste das Fürstenpaar mit dem Neffen des Herzogs, Sigismund August, an den dänischen Hof 118 ), und einige Monate schwanden, wie gewöhnlich, unter Gelagen, Jagden, Musik und Ballspiel, Spazierritten und vertrauten Gesprächen hin. Obgleich der König seine Gäste so lange als möglich aufhielt und die Herzogin, welche dieses Mal mehr als je in der Gesellschaft ihrer Tochter und ihrer Enkel froh war, bedeutungsvoll äußerte, daß es ungewiß sei, wann sie sich wieder würden versammeln können, ward dennoch endlich die Abreise auf die letzten Tage des Septembers festgesetzt. Der Abschied der Großmutter von den Enkeln war ernstlicher, als er sonst zu sein pflegte; sie ahnte gewiß, daß sie sie zum letztenmale sehe. Der König und die Königin geleiteten sie nach Gedsör 119 ). Hier wurden sie durch widrigen Wind aufgehalten; die Herzogin ward krank und nach vierzehn Tagen gab sie, umringt von ihrem Gatten, ihrer Tochter, ihrem Schwiegersohne, an ihrem Geburtstage, am 14. Octbr. 1586, ihren edlen, liebevollen Geist auf 120 ).
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Einigkeit, Hingebung und gegenseitige Hochachtung bereiteten Friederich II. und Sophien ein ununterbrochenes eheliches Glück. Es ist nicht die geringste Spur des leichtesten Mißverständnisses, irgend eines Streites zwischen beider Wünschen und Neigungen zu finden, die man bei den 23 Jahren, die sie [S. 33.] im Alter verschieden waren, wohl hätte erwarten können. Nicht unwahrscheinlich ist es, daß die Königin bei ihrem Verstande und ihrer in gewisser Hinsicht geistigen Ueberlegenheit irgend einen Einfluß auf die Regierungs=Angelegenheiten gehabt hat; was wir wissen von ihrem Auftreten nach des Königs Tode, von ihrem öffentlichen Wirken während ihres langen Wittwenstandes, scheint dafür zu sprechen; gewiß ist es aber auch, daß sie ihren Einfluß stets mit Klugheit und Vorsicht angewendet hat, um ihren Gemahl in keiner Art zu compromittiren und das Mißtrauen der mächtigen und stolzen Aristokratie zu wecken. Diese Darstellung des gegenseitigen Verhältnisses des Königspaares, besonders des eben so liebevollen, als klugen Benehmens der Königin gründet sich auf das ausdrückliche Zeugniß mehrerer gleichzeitiger Quellen, und wenn diese auch zu einer Schriftsteller=Classe gehören, die in der Regel wenig Vertrauen genießt, nämlich Leichen= und Gedächtnißredner, so äußern sie sich dennoch über des Königs häusliche und persönliche Angelegenheiten im Ganzen mit so viel Einstimmigkeit, Freimuth und innerem Gepräge von Wahrhaftigkeit, daß sie nur das allgemeine Urtheil aufgenommen zu haben scheinen. Der Verfasser dieses trägt daher kein Bedenken, von einigen dieser Stimmen nach mehr als dem Verlaufe zweier Jahrhunderte die Erinnerung an das glückliche Verhältniß jenes Königspaares erneuen zu lassen. Hören wir zuerst den ehrwürdigen, um unsere Sprache und Litteratur so hochverdienten A. S. Vedel 121 ).
"So hat der Herr ihre Verheirathung und Ehe begonnen in wahrer Gottesfurcht und unter ernstlichem flehen zu Gott nach seiner heiligen und wahrhaften Verheißung gesegnet in vielerlei Weise. Des Königs Majestät hat sein Leben hindurch eine treue, gehorsame und verständige Helferin in Ihro Gnaden gehabt, die niemals ihm entgegen gewesen oder sich mit dem
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"befasset, was zum königlichen Geschäfte gehörte, sondern fleißig Acht hatte auf ihren lieben Herrn, daß sie Alles ihm zu Dank mache mit absonderlicher Geschicklichkeit und Munterkeit und Ihro Gnaden ist sowohl in Wort und Rede, als im Umgange nicht nur eine demüthige Fürstin gewesen, sondern auch ganz verständig, um sich in Zeit und Gelegenheit zu fügen 122 ).
Drei und vierzig Jahre nach dieser Rede Vedels über Friederich II. in der Domkirche zu Riebe hielt der königliche Hofprediger, Christen Jensen, eine Gedächtnisrede über Friederichs betagte Wittwe, als sie zu ihrer Ruhestätte in der Domkirche zu Roeskild gebracht ward. Das eheliche Zusammenleben des Königpaares erhielt hier folgendes Zeugnis 123 ):
"Während ihrer Ehe, Scepter und Krone mit dem Könige theilend, bewies sie in ihrem Verhalten zu diesem, zum Reichsrathe, zum Adel und zu allen andern Ständen so viel Freundlichkeit, Wohlwollen und Klugheit, daß durch ihr Helfen, Rathen und Fördern sie Allen wohl that und Niemand beleidigte: deshalb auch Alle sie ehrten als einen Gott vom Himmel 124 )".
[S. 34.] Mit einer rührenden Wahrheit sprechen, mehr als jedes andere äußere oder symbolische Zeichen 125 ), die Tage=
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bücher 126 ), welche der König eigenhändig geführt hat, die Beweise aus, daß die königlichen Gatten glücklich zusammen lebten, und bezeugen des Königs treue Ergebenheit, mit welcher er an seiner Sophie hing, wie er sie nannte. Aus diesen Tagebüchern, die zwar beinahe nichts weiter enthalten, als die Aufzählung der steten Reisen des Königs von Stadt zu Stadt,
Deutsch:"Hvor Fred og Biisdom de ere tilsammen
Det er stor Lyst, stor Gläde og Gammen.
Den Konge han haver af Fred fit Navn,
Han er hver Mand til Nytte og Gavn.
Sophia det er paa Danske Visdom,
Saa kaldes den Dronning gudfrygtig og from".
Noch muß bemerkt werden, daß Stadagergaard auf Falster, welches der König von L. Wenstermann bekam, von 1574 ab Sophienholm genannt ward; Historisk Tidsskrift, udg. af danske hist. Forening, II. S. 31.Wo Friede und Weisheit zusammen sind, ist große Lust, Freude und Vergnügen. Der König hat vom Frieden den Namen; er ist jedermann zu Nutz und Frommen. Sophia ist auf dänisch Weißheit; so heißt die gottesfürchtige und fromme Königin.
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von Schloß zu Schloß, von Provinz zu Provinz, sieht man, daß er sie fast nie ohne die Königin und einige ihrer Kinder unternahm. Wurden sie getrennt, so war es nur auf einige Tage, und nie unterläßt der König zu bemerken, wo die Königin sich aufhielt und wann und wo sie sich wieder sahen. In diesen einfachen, oft naiven, Bemerkungen heißt sie nie Königin, sondern beständig meine Sophie (mynt Soffye) 127 ). Des Königs Zärtlichkeit auch für seine Kinder leuchtet ebenfalls aus mehr als einem Zuge hervor.
Einem ehelichen Leben, wie dem Friederichs und Sophiens, möchte man hinsichtlich beider Alter eine längere Dauer gewünscht haben und zutrauen können. Des Königs tägliche Lebensweise war der Art, daß sie den Körper abhärten und [S. 35.] stärken konnte. "Im Sommer war er gewöhnlich um 3, 4 Uhr schon auf der Jagd und übte und bewegte seinen Körper mit großer Lust. Er nahm vorlieb mit kalter Küche, Schinken oder Speck und Roggenbrot, und trank dänisches Bier dazu, bis die Zeit ihn wieder nach Hause rief; wenn er nicht unwohl war - und das kam selten - , achtete er keineswegs Gesellschaft mehr, als Genesung und Gesundheit, sondern bezwang und verhielt sich nach der Stärke und Bequemlichkeit 128 ) seiner eigenen Natur". Deswegen war sein Gesundheitszustand auch, wie Vedel (Fol. C. 4.) ihn beschreibt: "Se. Gnaden war stets von Natur ein großer, kerngesunder und reifer Mann und hatte nie eine besonders große Krankheit, die ihn aufs Krankenbett warf, außer daß das viertägige Fieber ihn letzthin ein oder zwei Jahre plagte." Noch viele Jahre würde also der König ohne Zweifel für seines Volkes und seiner Familie Glück haben wirken können, wenn es ihm mehr möglich gewesen wäre, sich von den derzeitigen Gesundheit zerstörenden Gewohnheiten und den schwelgerischen Gelagen, die die Etikette
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beim Empfange fremder Fürsten und Gesandten erforderte und bei so vielfältigen Anlässen so häufig stattfanden, loszureißen und mehr Maaß und Ziel zu halten. "Man meint wohl", sagt Vedel ferner, "daß wenn Se. Gnaden Ursach gehabt haben könnte, wegen täglichen Umganges mit fremden Fürsten, auswärtigen Gesandten und andern guten Männern sich des gewöhnlichen schädlichen Trinkens zu enthalten, was jetzt überall in der Welt unter Fürsten, Herren und dem gemeinen Manne allzusehr im Gange ist, es vor menschlichen Augen und Gedanken scheinen werde, daß Se. Gnaden noch manchen guten Tag länger leben können". So unverhohlen dieser Zug von des Königs Persönlichkeit in mehreren über ihn gehaltenen Leichenpredigten hervorgehoben wird, in welchen seine sonstigen vielen herrlichen und liebenswerthen Eigenschaften mit eben so viel Wahrheit, als Gefühl geschildert werden, zeugt es von einem Freimuthe, der unläugbar dem Zeitalter zur Ehre gereicht, beweist aber auch zugleich, daß man jene Schwachheit für unschuldig, wenn nicht für unumgänglich hielt 129 ). Aehnliche Aeußerungen über fremde Fürsten 130 ) kommen bei ähnlichen Gelegenheiten auch vor, und noch bemerkenswerther möchte man es finden, sogar in den Reden bei Christians III. und Friederichs II. Krönungsfesten, daß die Ordinatoren es nothwendig fanden, die Anwesenden ernstlich zur Mäßigkeit in den bevorstehenden Genüssen der Tafel zu ermahnen 131 ). Aber auf dieser Seite des häuslichen Lebens unserer Väter geschah, wie bekannt, keine [S. 36.] wesentliche Veränderung eher, als weithin im achtzehnten Jahrhunderte; man denke nur an die Schilderungen der Hoffeste Christians IV. und des Czaaren Peter. In Betreff Friederichs II. aber haben die Zeitgenossen ausdrücklich von ihm bemerkt, daß dieser leutselige und gastfreie König bei solchen Gelegenheiten mehr anderer, als seiner eigenen Neigung folgte und selbst in der aufgeregtesten Stimmung nie den gut=
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müthigen und liebevollen Charakter verläugnete, der ihm eine so hohe Popularität verschaffte.
Schon im Sommer 1586, als der König mit den Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg einem Congresse in Lüneburg, betreffend die Stellung der Protestanten, besonders in Frankreich, beiwohnte, schien sein Gesundheitszustand sich verschlimmert zu haben 132 ); doch ein Jahr vor seinem Tode bekam er einen trockenen Husten und fing besonders an zu kränkeln. Auch mögen die häufigen Todesfälle, die in den letzteren Jahren mehrere seiner nächsten Angehörigen ihm entrissen, niederschlagend auf seine Gemüthsstimmung gewirkt haben 133 ). Die Schwester des Königs, die Kurfürstin von Sachsen, war am 1. Octbr. 1585 gestorben; ihr Gemahl, Kurfürst August, am 11. Febr. 1586; sein Onkel, Herzog Adolph, in demselben Jahre am 1. October; seine Tante und Schwiegermutter, Herzogin Elisabeth, am 14. October desselben Jahres; Prinzessin Elisabeth, Herzog Adolphs Tochter, am 13. Jan. 1587 und ihr Bruder, Herzog Friederich, am 15. Juni 1587. Zu einer Zeit, wo ungewöhnliche Naturerscheinungen leicht ängstliche Vorstellungen hervorriefen, sogar bei Personen höheren Standes, ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Mißgeburten, Meteore u. dgl. m., die grade in der letzten Lebenszeit des Königs die allgemeine Aufmerksamkeit rege machten, auch bei Ihm ähnliche Wirkungen hervorbrachten 134 ).
Im Jahre 1588 am 14. Februar vermählte sich zu Sonderburg des Königs jüngerer Bruder, Herzog Hans, zum
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zweiten Male mit Agnes Hedwig von Anhalt, Wittwe des Kurfürsten August von Sachsen. Der König war gegenwärtig mit der Königin, ihren Kindern und einem großen Gefolge, wie auch mehrere Fürsten und Herren eingeladen waren, und gleich nach Neujahr muß er sich auf die Reise begeben haben 135 ). [S. 37.] "Ungeachtet er fast ein ganzes Jahr vorher nicht bei rechter und voller Gesundheit und Stärke gewesen, ihm mitunter auch schwer und lästig im Körper war", war er doch bei der Trauung und der Abendtafel gegenwärtig 136 ). Die übrige Zeit des Hochzeitsfestes hielt er sich ein und begab sich bald nach Hadersleben, wohin er die fremden Fürsten von des Bruders Vermählung zu einer Feier einlud, die er selbst zur Vermählung des Halbbruders der Braut, des Fürsten von Anhalt, mit einer Gräfin von Mansfeld veranstaltete 137 ). An diesem Feste, das einen neuen Beweis von der leutseligen Gesinnung des Königs und der Zufriedenheit gab, die er trotz seiner Krankheit empfand, wenn er Anderen Freude bereitete, konnte 138 ) er persönlich wenig Theil nehmen. Nachdem die Fremden abgereiset waren und das Wetter anfing schön zu werden, glaubte er, daß eine Veränderung seines Aufenthaltsortes und die gewohnte Bewegung sein Befinden bessern würden. Er ging deswegen mit der Königin und den zwei ältesten Prinzessinnen nebst zweien, der fremden Fürsten, den Herzogen Philipp von Grubenhagen und Christian von Anhalt, nach Seeland. Mit stets abnehmenden Kräften und verändertem Aussehen kam er am 6. März da an, konnte aber nicht weiter, als bis Antvorskov, wo die Krankheit mit Husten, Fieber und Mattigkeit zunahm. Nach dem Gebrauche der Arzeneien schien sein Befinden sich zu bessern, aber er verlangte nach seinen andern Kindern, die in Hadersleben geblieben waren, und die Königin mußte selbst, obgleich gegen ihren Willen, hinreisen, sie
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zu holen. Wenige Tage darauf nahm jedoch die Krankheit eine so beunruhigende Wendung, daß der König seinen Zustand nicht verkennen konnte und sich das Abendmahl reichen ließ. Die Königin, an welche nun in aller Eile ein Bote abgefertigt war, kam nach einer schnellen, aber gefährlichen Schifffahrt über den Belt Nachts in Antvorskov an. Als der König nach einem kurzen Schlummer erwachte, stand sie an seinem Lager, pflegte und tröstete ihn, betete für ihn und mit ihm, enthielt sich aber aller Klagen und Aeußerungen ihres tiefen Herzenskummers, da sie wußte, daß ihm diese die Scheidestunde noch schmerzlicher machen würden 139 ). Er starb mit vollkommenem Bewußtsein und mit gottergebenem Muthe am 4. April 1588.
Am 5. Juni erfolgte die feierliche Beisetzung in der roeskilder Domkirche. Der königlichen Leiche unmittelbar folgten der erwählte König mit seinem Großvater m. S., dem Herzoge Ulrich, und den beiden jüngeren Prinzen. Nach dem Gebrauche der damaligen Zeit war die verwittwete Königin nebst dem weiblichen Theile der königlichen Familie und Gefolge die [S. 38.] letzte im langen Trauerzuge. Herzog Hans und ihr Onkel, Herzog Carl von Meklenburg, führten die königliche Wittwe 140 ).
Die traurige Gemüthsstimmung der Königin und die trüben Aussichten, welche ihre Zukunft bot, gehen am deutlichsten aus einem Briefe hervor, den sie wenige Tage nach des Königs Tode an ihren Vater aus Antvorskov schrieb. Mit diesem charakteristischen und selbst in der Form merkwürdigen Briefe soll passend dieser Abschnitt in Sophiens Geschichte geschlossen werden 141 ).
"Hertzliebe Her Fatter, ich habe E. G. Schreiben bei Jochim Bazewitzen 142 ) bekommen vnd darauß für standen das E. G. leider mein elende Schreiben bekommen haben, vnd E. G. ein hertzlich mittleiden mitt mihr tragen, dafür ich E. G. als die Dochter freundt=
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lich dancke. Godt weis wie hertzlich betrobett ich mitt meinen kleinen Kinderen sitze und nun fast keinen trost mehr habe, ach keine Zuflucht ahne zu Godt und zu E. G. Ich hofe E. G. werden mich och in meinem elende darh ich leider in bin nicht fürlassen werden, sonderen mich beistehen, den ich nicht weis wie ich es anfangen sol oder was ich don sol, den ich nich(t) fil mit sonnchen (solchen?) hendelen vmgangen habe vnd och sonst fon keinen sachen weis, den mich der Konigk nichts hatt bei seinen leben wissen lassen fon seinem handel, och begeren E. G. tzu wissen, ob der Konigk och für seinem Abscheitt fürordeninge gedahn hatte wie es mitt mich vnd meine Kinder geholden werden solde nach seinem Dotte, so kan ich E. G. nicht fürhaltten das er sich nirgens angekertt hatt ach fon keinem dinge auf der Welt gesagett, sonderen den dach tzuforen eh er fürscheidett, do hede ihm der Docktter 143 ) vnd Herr Kristoffer 144 ) der Prediger gefragett ob er nicht fürordenen wolde wie es mith mich vnd mitt meinen Kinderen scholde geholden werden, so hette er geanttworttet er konde es nu nicht thun aber er wolde mich vnd die Kinder Godt vnd seine Vnderthanen besellen, er wüste wol die wurden mich vnd meine Kinder nicht fürlassen. Was nu die Rette don werden das wirtt die Tzeit geben. Ich habe Jochim Batzewitzen alles berichtet wie es sich mitt seiner Kranckheitt hatt angelassen vnd was er für ein Ende genommen hatt, der wertt es E. G. wol berichten. Godt weis das mich ein klegelicher Fall ist das ich doch nur begere das ich mochte dott sein den das ich leben sol es ist mich ein hertzlicher trost, das er sonnchen (solchen?) schönen herlich ende genomen hatt vnd hatt geredett bis in sein letzette vnd wahr bei alle seinem Fürstande bis das er fürscheidette. Ich hede nicht gemendet (gemeint?) das mich Godt so hartt straffen solde doch wahr mich wol allezeitt bange dafür ehr ist nicht wol tzufriden gewesen disen gantzen Wintter auch
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"nicht eher soder (seit?) das er von Luneburck kam, das werden sich E. G. wol tzu erinnern wissen wie vbel das er da aus sach die Farfe hatte er bis nu behalten wiewol er nich wolde das er schwach wahr ich leider nu mitt schmertzen wol weis geworden. ich dancke E. G. freundlich für die fürschreibige fan dem rade tzu Lubecke den es mich nu leider wol unütze werden wertt vnd nicht fil in den Henden habe. Was den leinwandt belangett das E. G. gekofett hatt bide ich das E. G. das nach Kopenhagen wollen bringen lassen. was ich E. G. nicht geschrieben habe, das habe ich Batzewitzen mundtlich berichtet vnd will E. G. Godt dem allmechtigen befolen haben vnd bide E. G. mochten sich ach in disem ckreuze messigen das E. G. mich vnd meinen kleinen Kindern zu troste leben mugen da wil ich Godt getrewlich vm bitten vnd will E. G. ihm ach befolen haben. Dattum Anderscho den 14. April Anno 1588.
E. G. getrewe tochter
die
weil ich lebe."
Aufschrift:
Dem hochgebornen Fürsten, vnserm freundtlichen Hertzvielgeliebten Herrn Vatern vnd Geuattern, Herrn Vlrichen, Herzogen zu Mecklenburg, Fürsten zu Wendenn, Graffen zu Schwerin der Lande Rostock vndt Stargardt Herrn.
Folgendes ist vom Herzoge darauf geschrieben:
"Schreiben von unser Dochteren, der Kunniginnen, bei Jochim Bassewitzen, den 20. Aprilis zue Gustrau empfangen."
[S. 39.] Wir haben Sophia von Meklenburg als Gattin, Mutter und Königin kennen gelernt. Umstände gebieten uns, bei ihrem Wittwenstande, dem längsten, den eine dänische Königin verlebte, einem Zeitraume von drei und vierzig Jahren stehen zu bleiben, in welchem ihr Leben und Wirken in mehreren bemerkenswerthen, in des Landes innere Verhältnisse eingreifenden, zum Theil noch nicht völlig aufgeklärten Richtungen sich entfaltete. Sophia's selbstständiges Auftreten, ihre Theilnahme an öffentlichen Angelegenheiten, ihr kräftiges, tüchtiges Verwalten ihrer Güter und das dabei erworbene beträchtlich Vermögen
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und endlich ihr lebendiges Interesse für die Wissenschaft und ihre eigenen wissenschaftlichen Beschäftigungen verdienen in gleichem Grade die forschende Aufmerksamkeit des Historikers und die Bewunderung der Nachwelt. Der weitere Verfolg aber dieses weitläuftigsten und unläugbar anziehendsten Theils ihrer Geschichte in allen ihren einzelnen Momenten verbleibe einer anderen Zeit und Feder.