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Die Kirchen zu Schwan und Ruchow,
so wie
zu Lüssow, Cambs, Gr. Grenz und Hohen Spreuz.

Diese ungefähr in der Mitte des Landes nahe beisammen liegenden Kirchen sind dadurch interessant, daß sie ohne Zweifel von demselben Baumeister herrühren und einen äußerst reinen, festen und bequemen Bau haben, daher sie sich auch bei Restaurationen und neuen Einrichtungen immer noch als

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sehr praktisch erweisen. Mit Ausnahme der räumlichen Ausdehnungen, welche nach den Bedürfnissen verschieden sind, sind alle diese Kirchen vollkommen gleich. Sie sind keine Kreuzkirchen, sondern haben oblonge Grundformen, ohne Pfeiler und Seitengänge. Sie bestehen aus drei Theilen: einer Hauptkirche in der Mitte in oblonger Form, einer ebenfalls oblongen kleinen oder Chor=Kirche, welche etwas schmaler und im Dache niedriger ist, als die Hauptkirche, im Osten derselben, und einem viereckigen Thurmgebäude im Westen. Wahrscheinlich haben die starken Thurmgebäude sehr hohe, schlanke Thurmspitzen getragen; der Thurm von Lüssow, der vor ungefähr 20 Jahren abbrannte, war wegen seiner Höhe im Lande bekannt, und der Thurm von Ruchow ist noch heute mit einer sehr schlanken, hohen Spitze geziert; die übrigen Kirchen haben freilich ihre hohen Thürme verloren. Das Material ist äußerst dauerhaft; weder Zeit noch Brand haben Gewalt über sie erringen können: sie sind wie neu erbaut. Die Ziegel sind von größtem Format und, wenn auch von uralten Flechten überzogen, dennoch glänzend und fest. Die Ecken sind meistentheils aus behauenen Graniten aufgebauet; außerdem ist der Granit häufig, namentlich an den Thurmgebäuden, angewandt. Das charakteristische Kennzeichen bilden die Fenster. Die Mittelkirche hat immer je drei und drei Fenster, von denen das mittlere höher ist, als die beiden andern, neben einander, ohne durch Bogen verbunden zu sein. Die kleine Kirche mit dem Altar hat an den Längsseiten immer je zwei und zwei gleiche Fenster. Die östliche, im rechten Winkel angesetzte Wand hinter dem Altare hat immer drei Fenster, wie die Mittelkirche; in dem Giebel dieser östlichen Wand ist außer andern Verzierungen ein vertieftes Kreuz gemauert. Alle Fensteröffnungen sind sehr schmal und hoch und verengen sich bedeutend von außen nach innen; ihre Wölbung ist so wenig spitz, daß man sie fast für Rundbogen halten sollte. - Die Thüröffnungen sind im Spitzbogen gewölbt, ebenfalls perspectivisch nach innen sich verengend, mit schmalen Wulsten oder Rippen bedeckt, welche unter den Bogen einfach geschnittene, oft glasurte Kapitälerchen aus Ziegelerde haben. - Die Decken im Innern sind mit Ziegeln gewölbt. Im Allgemeinen haben die Gewölbe die Construction der Spitzbogen; charakteristisch sind jedoch die Gewölbe der Mittelkirche. Mag auch diesen Gewölben die Anschauung des Spitzbogens zum Grunde liegen, so ist durch diese Construction doch dessen Eigenthümlichkeit fast verwischt und dem Rundbogenstyl nahe gebracht. Die Gewölbe sind nämlich nicht durch einen Schlußstein, sondern durch einen flachen,

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kreisrunden, mit einer Rippe umgebenen Schild von ungefähr 5 Fuß Durchmesser geschlossen und die Gewölberippen laufen nur bis an die Rippenbegrenzung dieses Schildes.

In diesen charakteristischen Grundzügen stimmen die Kirchen zu Schwan und Ruchow, die ich persönlich untersucht habe, überein; beide mögen als Muster zu weitern Vergleichungen nach verschiedenen Seiten hin dienen; in dem äußern Bau stimmt nach meiner Beobachtung die Kirche zu Lüssow mit diesen überein. Nach den Mittheilungen des Herrn Gerichtsraths Ahrens zu Schwan sind die Kirchen von Cambs und Gr. Grenz, nach den Mittheilungen des Herrn Hülfspredigers, Rectors Koch zu Schwan ist die Kirche zu Hohen=Sprenz von gleichem Bau.

Nach den Eigenschaften des angewandten Materials, den Fenstern und den Wölbungen scheinen alle diese Kirchen noch aus dem dreizehnten Jahrhundert zu stammen.

Einzelne Abweichungen finden sich allerdings. So z.B. ist es sehr auffallend, daß der Grundriß, die äußere Gestalt, die Wölbung und die Nordseite der Kirche zu Schwan im Geiste des beschriebenen Baues ausgeführt sind, jedoch nicht die südliche Seite; an dieser Seite hat die kleine Altarkirche nur ein Fenster, während gegenüber ein Fensterpaar steht, und die drei Fenster in der Mittelkirche sind an der Südseite durch einen Bogen im Mauerwerke verbunden, an der Nordseite nicht.

Kugler (Balt. Stud.VIII, S. 37) hebt die Kirche zu Tribohm, zwischen Damgarten und Tribsees, welche mit diesen Kirchen gleiche Bauart hat, als ein Gebäude mit Elementen des byzantinischen Styls hervor. Auch die Kirche zu Lassan (das. S. 40) hat einige Eigenthümlichkeiten dieser Bauart.

G. C. F. Lisch.