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Die Kirche zu Wittenburg.

Unter den kirchlichen Gebäuden der kleineren Städte Meklenburgs verdient gewiß die Kirche zu Wittenburg wegen ihres Baues eine Erwähnung. Ist auch das Alter derselben nicht durch Urkunden genau zu bestimmen, da etwanige alte schriftliche Nachrichten darüber in den mehrfachen Feuersbrünsten, die Wittenburg früher betroffen haben, unter denen die vom 22.

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Octbr. 1657 1 ) (welcher Tag noch alljährlich kirchlich gefeiert wird) die ganze Stadt ergriff und auch das Dach der Kirche nebst dem Thurme und den Glocken zerstörte, untergegangen sein: so zeugt doch für ein ziemlich hohes Alter der Styl des Gebäudes.

Die Kirche besteht aus drei Theilen: der kleinen Kirche, dem Schiffe und einem Anbau, welche an Bauart und Höhe der Gewölbe und der Bedachung von einander abweichen.

Das Schiff, als der Haupttheil des Gebäudes, besteht aus dem Hauptschiffe, von 96' Länge und 32' Breite, und aus zwei Seitenschiffen von gleicher Länge, aber nur 16' Breite. Jedes Schiff hat drei Kreuzgewölbe in Rundbogen von einigen 40' Höhe. Die Gurtbogen zwischen den Seitenschiffen und dem Hauptschiffe, so wie zwischen den einzelnen Gewölben des Hauptschiffes sind Rundbogen, doch die zwischen den Gewölben der Seitenschiffe sind Spitzbogen wegen des Verhältnisses zwischen Länge und Breite. Von den Säulen, auf denen


1)

Ueber diesen Brand von 1657 enthält unser Kirchenbuch noch einige Notizen. Die Urheberin des Unglücks war eine Frau, Namens Reusch, der Tradition nach durch Unvorsichtigkeit mit Licht. Das Kirchenbuch sagt:

"1660. 25 Sept. ward der Reuschen (von welcher leider vnse algemeines Statfeuer auskam) ihre tochter begraben".

Ueber die Zeit des Brandes finden sich folgende Angaben:

"1657. 4 Novemb. starb Hanß Schulte, Schneider in Wittenburg, und ward begraben 6. Novemb. ohne Klang, den 14 Tage zuvor in der schrecklichen grossen Feuerßbrunst war unse herliche Kirche mit gar darauf gegangen, auch die glocken mit davon verschmeltzet;"

und im Proclamations=Register:

"1658. 22 Octob. alß an vnserm grossen Buestag (an welchem vor ein iahr unser Wittenburg gantz elendiglich im feuer auffging) ließ sich Jochim Kaven 3 mahl auffbieten".

Dabei scheint die Kirche selbst inwendig ausgebrannt zu sein, denn es heißt:

"1657. Domin. 21 Trin. alß 18 Octob. ließ sich abnennen Hanß Scheel von Seeth auß Holstei und Ancke Thieffen auß Holstein, und machten Hochzeit 2 Nov. zu Lesen, dieweil (durch gottß Verhengnis) die Kirche, leider, gantz abgebrant",

und

"1658. 3 Januar ging in unser abgebranten verwüsteten kirche umß altar dennoch Herman Bulten, gewesenen Bürgerß und schusters alhie Haußfrau, welche sich ietzund auffhalten zum Helm und zu Cörchou haben tauffen lassen".

Das Proclamations=Register weiset bis zum Frühjahr 1659 nach, daß die Copulation auswärts, besonders zu Lehsen (wo wahrscheinlich die Capelle dazu benutzt wurde), oder im Hause der Verlobten (was damals nur bei Anrüchigkeit derselben gewöhnlich war) geschah; erst am Sonntage vor Pfingsten heißt es:

"Dominica Exaudi 1659 ließ sich abnennen Bartheld Hagen - - - und Trine Stormers - - - und machten Hochzeit Montag nach dem Fest der H. Dreyfaltigk. und wurden copulieret hier fürn altar".

Die Glocken wurden im Herbste 1661 auf ihren Platz gebracht, denn

1661 Domini cà 1. Adventus ließ Hanß Rogge begraben sein jüngstes Söhnlein, und war dies die erste leiche, da die beyde neuen glocken bey geleutet wurden"

J. Ritter.     

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die Gewölbe ruhen, sind die beiden westlichen fast viereckig und sehr dick, auch sind die Gurtbogen am westlichen Gewölbe des Hauptschiffes, unter welchem sich die Orgel befindet, bedeutend breiter, weil aller Wahrscheinlichkeit nach über diesem Gewölbe der frühere Thurm der Kirche stand; auch findet sich an der westlichen Außenwand keine Spur eines angebauet gewesenen Thurmes. Die übrigen Säulen bilden Pfeilerbündel mit herunterlaufenden Graden; statt des Kapitäls ist ein Rundstab, auf den die Gurte der Gewölbe herablaufen.

Die kleine Kirche im Osten des Schiffes ist 48' lang, 32' breit und hat zwei Sterngewölbe mit Rundbogen, einige Fuß niedriger als die Gewölbe des Schiffes. Der Gurtbogen zwischen den Gewölben und der zwischen diesen und dem Schiffe sind spitz. Das Dach über dieser kleinen Kirche ist bedeutend niedriger als das auf dem Hauptgebäude.

An dem mittleren Theile des südlichen Seitenschiffes ist ein Anbau von 32' Länge und Breite, mit einem Kreuzgewölbe von Rundbogen. Die Höhe ist der des Schiffes gleich; der Gurtbogen aber ist spitz; das Dach über diesem Theile am niedrigsten. Dieser Anbau giebt dem Gebäude fast das Ansehen einer Kreuzkirche. In den Wänden desselben sind mehrere Nischen von verschiedener Größe.

Die Fenster, von denen mehrere wegen später angelegter Chöre vermauert sind, haben eine lange, schmale Form, stehen je 2 oder 3 dicht neben einander und sind alle oben durch umfassende Spitzbogen geschlossen. Die einzelnen Fenster der kleineren Kirche sind oben rund, die der Seitenschiffe und des Anbaues endigen im Spitzbogen. Das mittlere Fenster des nördlichen Seitenschiffes besteht aus 2 mal 2 Fenstern; über jedem Paar befindet sich eine Rosette aus 4 Halbkreisen, nach oben von dem Spitzbogen eingeschlossen, und in der Mitte über ihnen eine ähnliche aber größere Rosette, im Innern der Kirche von einem Sechseck eingeschlossen, über welchem der das ganze Fenster umfassende Spitzbogen sich schließt. Auch über den östlichen und westlichen Fensterpaaren der Seitenschiffe sind einzelne Rosetten von der Größe der kleineren.

Von Glasmalereien, die früher in den Fenstern waren, sind fast alle Spuren verschwunden. An Alterthümern besaß die Kirche früher einen Panzer nebst Helm, nur der Helm ist noch vorhanden, der am Visir Spuren von Vergoldung trägt. Die Sage ist, daß es der Harnisch des am Langsteinschen Wege gefallenen Grafen Heinrich gewesen sei. Außerdem besitzt die Kirche einen Taufkessel (Fünte) aus Bronze, 3' 1" hoch. Auf

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einem zum Fuße dienenden terassenförmigen Ringe stehen 4 Knappen von 13 1/2" Höhe, welche den Kessel tragen. Unten steht umher die Inschrift:

Inschrift

Darüber stehen umher 13 Figuren, nämlich Jesus, mit ausgebreiteten Armen und den Nägelmalen in den Händen, und die Apostel, alle von 6 1/2" Höhe. Dann folgt oben die Inschrift:

Inschrift

Der Durchmesser beträgt oben am Rande 2' 10" und die Tiefe des Kessels 1' 9 1/2".

Unter den Thüren der Kirche ist die Hauptthür im Westen; sie hat einen Spitzbogen, ihre geringe Höhe steht aber in keinem rechten Verhältniß zu der Breite, so daß die Meinung nicht unwahrscheinlich ist, als habe sich der Schutt umher so angehäuft, daß das eigentliche Fundament tief unter dem jetzigen Boden liege. Daß der jetzige Boden der Stadt überall wenigstens 8' über den ursprünglichen Anbau erhaben sei, hat sich öfters bei Kellergrabungen ergeben und ist eine Folge der wiederholten Zerstörung durch Feuer, da man stets über dem Schutte die neuen Gebäude errichtete. Bei Anhäufung des Bodens umher ist aber auch der eigentliche Sockel der Kirche bedeckt. Von Außen hat das Gebäude keine andere Verzierung, als einen kleinen Vorsprung nahe unter dem Dache, der in neben einander liegenden Halbkreisen, unten offen, sich nach unten endigt und um das Hauptgebäude läuft.

Von den beiden Glocken, die über dem westlichen Gewölbe des Hauptschiffes hangen, hat die eine die Inschrift:

Durch Gottes hand und feuersbrunst meins vohrgen meisters myh und kunst uernichtet wart gahr iammerlich nunmehr ach Gott erhalte mich und segne dieses meisters handt der grosse myh an mich gewandt und mich aus der feuers glut zwei mal umgus anno 1666. 28 Aprilis.

Dann in zwei Rheihen:

1) Nicolas dehne haubtmann. H. Michael Wulfen. H. M. Matthiae fabrici pastoren. H. Jacob Jammerbruchs. H. Christian Sparenbers burger M.
2) H. Ludewich Wolter. H. Jochim Dorring. H. Heinrich Brockmoller. H. Hans tambsen rahtesuerwanten. Fritz Tebel kircheniurat.

Darunter:

M. Adam Danckwart.
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Die zweite Glocke hat oben zwischen 2 Arabeskenkränzen die Inschrift:

Me fecit Otto Gerhard Meyer in Rostock.

Dann folgt:

Soli Deo Gloria.

Darunter steht das meklenburische Wappen mit der Umschrift:

Von Gottes Gnaden Christian Ludwig H. z. M.

Endlich:

Jacob Bernhard Polchow Superintendens Carl Heinrich Paschen p.t. provisor. Anno 1752.

J. Ritter.