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Die Steindämme im Gehölze bei Warlin.

Herr Pastor Sponholz zu Rülow hat bereits im Jahresbericht von 1840, S. 109, einiger bei Warlin gefundener Alterthümer erwähnt, und da mir der Fundort nicht ohne Interesse zu sein scheint, nunmehr aber das Vorhandene durch die Arbeiten an der Chaussee von Neubrandenburg nach Friedland so gut als vernichtet ist, so theile ich meine Beobachtungen darüber dem Vereine mit.

Im Frühjahre 1840 wurde mir eine Münze zur Entzifferuug der Umschrift gebracht, die Chausseearbeiter bei einem Kaufmanne gewechselt hatten, und die, ihrer Angabe nach, im warliner Gehölze gefunden war. Es war ein sogenannter Turnose (Turonus civis) aus der Zeit König Philipps I., also zwischen 1060 und 1108. Dies veranlaßte mich, am 16. April mich nach Warlin zu begeben und den Finder der Münze aufzufragen. Es war ein Steinhauer, Namens Rasch, der mir erzählte, daß er beim Steinsprengen im warliner Busch diese Münze in der Erde gefunden habe, so wie, daß er in der Nähe viele Steindämme und auch alte Töpfe entdeckt habe. Ich untersuchte nun den Ort genauer und wiederholte meinen Besuch am 2. Mai.

Das warliner Gehölz befindet sich nicht weit vom Dorfe Sponholz zu beiden Seiten der alten friedländer Landstraße. Gleich vorne links führt ein Weg durch das Gehölz zu einer Mühle ab; wenn man diesen Weg verfolgt, kommt man an den Abhang des Hügels, an dem entlang ein kleiner Bach läuft. Auf der Platte des Hügels, und zum Theil auch an dem Abhange, hatten die Steinhauer beim Suchen mit der Visitirstange eine große Anzahl Steindämme gefunden, die ihnen ein sehr reichliches Material für die Chaussee lieferten.

Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich die Zahl dieser Steindämme auf mehr als 50 angebe, die weit und breit durch das Gehölz in größerer und geringerer Entfernung von einander bereits aufgedeckt waren. Der jetzt mit Tannen be=

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wachsene Boden ist grandig, und einen Spatenstich tief unter der Oberfläche stößt man schon auf die Steindämme. Sie sind rund gelegt, aus ziemlich großen Steinen, von 1/2 bis 2 Fuß in der Dicke, so daß sie zu heben oft beschwerlich ist; der äußere Ring besteht aus den größten Steinen, die Füllung desselben aus kleineren. Die Größe und Gestalt dieser Steindämme gleicht der Basis eines gewöhnlichen Bauern=Backofens. Unter einigen waren in der Mitte unter einer Steinplatte Urnen mit Asche und Kohlen gefunden worden, von denen zwei kleine Urnen unversehrt heraus gebracht waren, die Herr Pastor Sponholz l. c. beschrieben hat; bei anderen Dämmen lagen die Scherben zertrümmerter Urnen umher. Auch in meiner Gegenwart wurde eine größere Urne gefunden, die aber, von den Wurzeln eines Strauches umwachsen, und unter einem schweren Steine liegend, der nur mit der Brechstange gelöst werden konnte, in mehrere Stücke zerbrach: ihr Inhalt war nur Sand und Asche. Sehr auffallend aber war es mir, daß bei weitem die meisten Steindämme weder Urnen bargen, noch irgend andere Brandspuren zeigten. Zu welchem Gebrauch, hatten sie gedient? - Die Urnen und Urnenscherben sind von der gewöhnlichen Masse, aber sehr grob gearbeitet; nur die in meiner Gegenwart gefundene hat Verzierungen. Ueberhaupt verhalten sich diese Urnen an Masse und Formung zu den in der Burg bei Neubrandenburg gefundenen, wie grobe Bauern=Arbeit zur feineren Arbeit der Städter. Auch müssen sie zum Theil einem sehr starken Feuer von außen ausgesetzt gewesen sein, denn der Bruch der Urnenscherben zeigt an der innern Seite die gewöhnliche braun=graue Farbe, die äußere Seite aber ist durch Feuer wie Ziegelmasse geröthet.

Die Arbeiter hatten auch bei dem einem Steindamm einen Beschlag aus feinem Zinne, oben zwischen den Steinen steckend, gefunden. Er hat die Gestalt eines Fingerhutes, nur etwas weiter und viel kürzer. Auf der äußeren Ründung ist der kaiserliche Doppeladler, mit Krone, Scepter und Reichsapfel, ausgeprägt. Wenn ich nicht irre, ist der Doppeladler erst seit Karl V. Reichs=Insigne. Dieser Beschlag muß also wohl später durch Zufall hierher gerathen sein, wenn man nicht annehmen will, daß überhaupt diese Steindämme und Urnen gar nicht der Wendenzeit angehören, sondern etwa Reste eines Zigeunerlagers aus späterer Zeit sind. Ist bei den Zigeunern Todtenverbrennung jemals Sitte gewesen?

Neubrandenburg, den 26. März 1841.

F. Boll.