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7.
Der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg, genannt mit der Plate.

Der meklenburgische Fürst Heinrich führt gewöhnlich den Beinamen "der Löwe". Die bekannte Quelle hiefür ist Kirchbergs Chronik, in welcher es Cap. 138 (oder in Westph. Mon. ined. IV, Cap. 136, pag. 783 heißt:

Von Mekelnburg her Hinrich
der junge stark vnd wyslich
sich hielt recht als eyn lewe irkant,
dar vm her lewe wart genant;
dem gab zu wybe syn tochtir recht
von Brandenborg margreue Albrecht.

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Die gleichzeitige rostocker Chronik (von 1310-1314) in Schröter Beiträgen zur meklenb. Geschichtskunde S. 1.) giebt ihm nicht allein denselben Beinamen, sondern setzt auch noch den: "mit der Plate" hinzu:

,,Hinrick, here van Mekelenborch, den men den louwen edder mit der platen plach tho nomende".

Der Beiname mit der platen, der noch nicht in die allgemeinen Geschichtswerke übergegangen ist, muß durchaus charakteristisch sein. Es ist die Frage, was das Wort bedeute und woher der Fürst den Beinamen trage. Daß der Ausdruck einen Mann mit einer kahlen Platte oder Glatze auf dem Kopfe bedeuten könne, wie man wohl behaupten hört, ist völlig unerweislich und unstatthaft.

Das Wort die plate (schwach weiblich declinirt) heißt im Mittelhochdeutschen: ein plattes Stück Metall oder Stein und ein massiver Brustharnisch aus Einem Stücke geschmiedeten Eisens. Kirchberg in seiner Chronik Cap. 87 gebraucht das Wort auch und erläutert es ziemlich klar; er redet von Rittern, welche gewesen seien

glich zugemachit rechte,
als ob sy weren knechte;
dar vnder warin seszig man,
dy hattin alle platen an,
dy warin alle ritter
vnd futerden sunder czitter
dar ubir rocke geczogin;
des wart Nyclot betrogin; - -
Dem sper vant her eyn widerstan;
der man hatte eyne platen an.

Der Sinn ist hier völlig klar; zugleich geht aber aus der Stelle auch hervor, daß die Plate eigenthümliche Wehr des Ritters sei. Eben so heißt es in Herbort's Trojan. Krieg, herausgegeben von Frommann, 1837, v. 1399 flgd.:

Ir werdet baz enphangen.
Des hup er vf die stangen,
die sin sper solde sin
vnde stach in durch den schild sin.
Des schildes buckel zubrach;
durch den halsperg er in stach
ingein der brust vf die platen,
die quam im zu sulchen staten,
wen sie da engegen was,

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daz er des stiches genas;
die plate bestunt den sper vor.
Da erholte sich Nestor.

Man vgl. Ziemann MHD. WB. bei dem Worte plate und Dufresne Glossar. med. latin. s.v. plata.

Die Platen oder Brustharnische, über welche gewöhnlich ein kurzer Rock (Wappenrock) getragen ward, waren wohl nur seltenere Rüstungsstücke der Ritter; häufiger wurden auch von diesen Waffenhemden getragen, welche im Mittelalter pancier (Panzer, mittellatein. panceria) genannt wurden; dies waren Hemden von sehr festen Geweben oder von Leder, Schuppenpanzer oder sehr häufig Ringpanzer. Schon im 13. Jahrhundert werden z.B. die Markgrafen von Brandenburg auf ihren Siegeln im Ringpanzer abgebildet. Im 14. Jahrhundert kamen die seltenern platen fast ganz außer Gebrauch und wurden fast nur Turnierzeug, endlich gar nur Symbol des Ritterstandes. So heißt es in Faust Limp. Chr. zum J. 1350 (in Ziemann MHD. WB. unter dem W. pancier):

"in diser Zeit vergiengen die platen in disen landen und die reisigen leute, herren, ritter, etc. . fürten alle schuppenpanzer und hauben. Die unterwammes unter iren schauben hatten enge arme, und in dem gewerbe waren sie benähet und beheftet mit stücken von panzer, das nannten sie musisen".

Mit diesen schriftlichen Nachrichten stimmen auch die Alterthümer überein, indem noch nie Platen, sondern nur Ringpanzer, auch unter abgebrannten Burgen, gefunden sind: vgl. Jahresber. V, S. 142 u. 93.

Der Fürst Heinrich der Löwe erhielt also den Beinamen mit der platen ohne Zweifel entweder deshalb, weil er in der Regel einen Brustharnisch zu tragen pflegte, oder vielmehr um den kriegerischen Sinn dessen, der fast immer siegreich in den Waffen lebte, zu bezeichnen: Heinrich im Harnisch.

Von der Gewohnheit, im Harnisch zu gehen, erhielt auch die rügische Familie von Platen (jetzt mit den 2 mit Köpfen gezierten Flügeln im Wappen) den Namen; der muthmaßliche Stammvater, in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, hieß hieß: Marquardus cum plata (vgl. z.B. Rudloff Urk. Lief. Nr. XXXIV, und Dähnert Pomm. Bibl. IV, S. 4), dessen Name häusig in der lateinischen Uebersetzung: Marquardus cum thorace, d.i. Marquard mit der

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platen, auch Marquardus cum platha genannt (vgl. z.B. Dähnert Pomm. Bibl. IV, S. 12 u. V, S. 309), vorkommt. Die stargardische oder strelitzische Familie von Plate (welche einen Schild mit einem Querbalken, wie die von Peccatel, zum Wappen hat) heißt ursprünglich von Plote und trägt ihren Namen von dem stargardischen Gute Plote oder Plathe. Die brandenburgische Familie von Plote oder Plate, (aus Plathow stammend?) ist von dieser wohl ganz verschieden, da sie, nach einigen Resten alter Siegel, eine Lilie, wie noch heute die Familie von Plathow, zum Wappen hat; Riedel klärt hierüber (in Mark Brandenb. I, S. 225) nicht auf, da ihm damals wohl noch nicht alte Siegel zu Gebote standen.

G. C. F. Lisch.