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:
Ueber
vom
Archivar Lisch zu Schwerin,
mit
Zeichnungen und Beiträgen von F. W. Kretschmer zu Berlin.
M it einer Steindrucktafel.
E
s finden sich in Meklenburg so häufig
Bracteaten mit einem mittelalterlichen
Capital=
, daß man versucht sein muß, sie
für meklenburgische Münzen zu halten, um so
mehr, da ihr Typus ganz der ziemlich
eigenthümliche Typus der meklenburgischen
Bracteaten ist. In Meklenburg werden diese
Bracteaten gewöhnlich dem ersten
meklenburgischen Herzoge Albrecht (1329 - 1379)
zugeschrieben, was allerdings zu dem Typus der
Zeit paßt. Aber es ist in der Münzgeschichte
Meklenburgs unerhört, daß Münzen allein den
Anfangsbuchstaben des regierenden Münzherrn zum
Gepräge erhalten hätten. Nach Anklam, wie wohl
geschehen ist, können die Münzen unmöglieh
gesetzt werden, da Anclam im Mittelalter, sicher
auf Münzen, nur Tanglim heißt, und auch
Bracteaten von dieser Stadt mit einem T vorkommen.
In Schweden werden ebenfalls häufig Bracteaten
mit einem gleichen
gefunden, welches nach den
bisherigen Beobachtungen hier auch häufig
gekrönt ist. Diese werden dem Könige Albrecht,
der (1363 - 1389) König von Schweden war, einem
Sohne des meklenburgischen Herzogs Albrecht,
zugeschrieben. Von diesen schwedischen
Bracteaten haben die meisten, namentlich die
gekrönten, einen rein schwedischen Typus, und es
läßt sich allerdings nicht leugnen, daß sie dem
genannten Könige ange=
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hören konnten, da in Schweden öfter Münzen den Anfangsbuchstaben der Münzherren zum Gepräge erhielten.
Ferner werden in Meklenburg und Pommern öfter
Bracteaten von dem Typus der meklenburgischen
=Bracteaten gefunden, welche auf
den ersten Blick diesen sehr ähnlich sehen, aber
doch in der Bildung des
und in Beizeichen viel
Eigenthümliches haben.
Die Forschung hat durch die Aehnlichkeit der Gepräge und die Verschiedenheit des Typus der in Frage stehenden Münzen viel Schwieriges. Mehrere glückliche Funde von Münzen und Urkunden werden hoffentlich die Sache bedeutend weiter fördern oder doch wenigstens der Untersuchung bestimmtere Richtung geben.
Der König Albrecht ließ nach der Bracteatenzeit
des 14. Jahrhunderts zuerst groschenartige
Münzen (Oertuge) schlagen, welche in der
Umschrift seinen Namen führen und zum
Münzzeichen sein Brustbild oder ein Zeichen
seiner Herrschaft: drei Kronen oder ein
gekröntes S; diese Münzen waren zu Kalmar, Lund
und Stockholm geprägt; vgl. Lelewel Numism. III,
p. 51, und Pl. XIII, Nr. 58 und 59, Joachim
Groschen=Cabinet, Fach VI, Nr. 9 und 10, Evers
Mecklenb. Münzverf. II, S. 25. Es ist hiebei
schon auffallend, daß sich unter seinem Namen
keine Münzen von andern bekannten Münzstätten
finden, und keine Bracteaten von ihm mit andern
Münzzeichen, als mit einem
, finden sollen.
Wir sind nun der Meinung, daß die
=Bracteaten zwar zur Zeit des
Königs Albrecht geschlagen sind, aber ihr
Münzzeichen
nicht von dem Namen des Königs,
sondern von der schwedischen Münzstätte
rosia (Westeräs), welche eine
Hauptmünzstätte war, herrührt. Der lateinische
Name für Westeräs im Mittelalter ist bekanntlich
Arosia; so heißt es z.B. in einem zur Zeit des
Königs Albrecht in Schweden geführten
Ausgaberegister auf Pergament im
Großherzoglichen Archive zu Schwerin:
Item circa Thome apostoli rege manente Aros' Zvaerm X mr. de hospicio.
Item solui Degnar ciui Aros' VII mr. dn.
Eine im Großherzogl. Geheimen= und Haupt=Archive zu Schwerin aufgefundene Urkunde 1 ) wird diese Ansicht begründen helfen. Das einzige Silberbergwerk Schwedens ist das Bergwerk Salberg oder Sala bei Westeräs am
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Mälar=See. Dieses Bergwerk mußte im 14. Jahrhundert nicht allein königliche Domaine, sondern sogar Eigenthum der königlichen Familie, damals des Königs Albrecht und seines Vaters, des Herzogs Albrecht, sein. Denn am 27. Februar 1375 überließ zu Stockholm der Herzog für sich und für seinen Sohn (van des irlüchtegen vorsten wegen konyngh Albrechtes van Sweden vses leuen sones, ok van vser eghene wegen), den König, dem Ritter Hans von Hanow 1 ) die Münze auf dem Silberberge (Salberg) bei Arosia (de munte vpp dem sůluerberghe, de in dem stichte to Westarhus beleghen is), um hier durch einen Münzer schwedische Pfennige nach stockholmer Währung schlagen zu lassen, unter der Bedingung, daß er von jeder löthigen Mark so viel Prägeschatz an den Herzog und den König zahle, als der stockholmer Münzer, und daß er zu jeder Zeit den Fürsten oder deren Abgeordneten Rechenschaft von der Ausmünzung gebe; der Münzer ward in fürstlichen Schutz genommen, wie überhaupt im Mittelalter die Münzer zu den unmittelbaren fürstlichen Kammer=Beamten gehörten.
Da nun Silberbergwerk und Münze zu Westeräs dem Herzoge Albrecht von Meklenburg und dem Könige Albrecht von Schweden eigenthümlich gehörten, so ist es glaublich, daß die Münze, so lange sie verpachtet war, nicht mit dem Gepräge eines bestimmten Fürsten oder Landes, sondern nur mit dem Zeichen der Münzstätte Münzen schlug: daher auch kommt es, daß die A=Bracteaten aus dieser Zeit einen norddeutschen Charakter haben und daß sie so häufig in Meklenburg gefunden werden, da der Prägeschatz in ausgemünztem Gelde wahrscheinlich zum Theil nach Meklenburg ging. Das quantitative Verhältniß der Münzen eines bedeutendern Fundes wird eine klare Anschauung geben. Im J. 1827 wurden im südlichen Meklenburg bei dem Dorfe Kolbow nicht ferne von der Stadt Grabow in einem gehenkelten Topfe aus blaugrauem, festgebranntem Thon, wie dergleichen im 13. und 14. Jahrhundert in Norddeutschland allgemein in Gebrauch waren, gegen 1000 Bracteaten aus dem 14. Jahrhundert gefunden; es waren darunter von
Meklenburg und Werle (Stierkopf) | 650 |
Stralsund (Stral) | 67 |
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Demin (Lilie) | 19 |
Stettin (Greifenkopf) | 16 |
Colberg? (zwei gekreuzte Pfannhaken) | 25 |
Perleberg? (sechsspeichiges Rad? Stern?) | 33 |
Westeräs (A) | 120 |
Unkenntliches Gepräge | 70 |
Alle Bracteaten hatten einen glatten Rand und waren, wie alle ältern meklenburgischen Bracteaten, stark im Bleche, ungefähr 12löthig und das Stück ungefähr 1/32 Loth kölln. schwer. Kleinere Funde gaben ein ähnliches Resultat.
Es ist nun die Frage, welche Münzen, außer den oben genannten mit des Königs Namen und Brustbilde, zur Zeit des Königs und Herzogs Albrecht während der Zeit der Verpachtung der Münze nach Westeräs (Arosia) gehören. Zur Veranschaulichung legen wir hieneben eine Zeichnung 1 ) der verschiedenen Münzen vor, welche bei dieser Untersuchung in Betracht kommen können.
Wahrscheinlich gehören dahin die groschenähnlichen, zweiseitigen Münzen (ganze und halbe Oertuge) Nr. 11, 12 und 13
Diese Münzen führen ohne weitere Zeichen im
Averse den Namen der Münzstätee Arosia und im
Reverse das schwedische Wappen und den Namen des
Schutzheiligen von Schweden. Möglich ist es
freilich, daß sie unter einem spätern Herrscher
nach dem Könige Albrecht geschlagen sind; aber
es ist wohl unzweifelhaft gewiß, daß sie aus der
Münzstätte zu Westeräs während der Verpachtung
stammen. Von Einfluß auf die Untersuchung ist
es, daß sie alle ein
innerhalb der Umschrift Moneta
Arosiensis tragen. Diese Münzen sind wohl häufig
verkannt und nach Abo gesetzt; Lelewel a.a.O.
scheint sie gar nicht zu kennen und sie mit
andern ähnlichen Münzen Abo zuzuweisen. Das
R
in
ROSI
SIS ist freilich oft etwas eng
gezeichnet, aber doch klar und deutlich zu
erkennen; vgl. Groschen=Cabinet a.a.O. Nr. 19,
24, 28, 30. Uebrigens
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ist es außer allem Zweifel, daß auch zu Abo schwedische Groschen, freilich mit ähnlichem, jedoch vielfach abweichendem Gepräge, geschlagen wurden.
Die
=Bracteaten, welche aus der Zeit
des Herzogs und des Königs Albrecht aus der
Münzstätte zu Arosia stammen dürften und in
Meklenburg häufig mit Bracteaten aus der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts gefunden werden,
haben das Gepräge von Nr. 1 und 2, beide aus dem
kolbower Funde in der Großherzoglichen Sammlung,
ohne Beizeichen, mit ungekerbtem Rande, stark im
Bleche und hoch in den Wölbungen, 12löthig, 1/32
Loth kölln. schwer, von meklenburgischem Typus.
Es giebt zwei Hauptgattungen: mit einem graden
und mit einem nach unten gespitzten Querbalken
im
(A oder
). Zu derselben Gattung gehört Nr.
4 mit einem * neben dem
, nach dem Typus des Oertugs Nr. 11.
Dünner und leichter, ungefähr 10löthig, sind
schon die
=Bracteaten Nr. 3 mit gekerbtem
Rande, welche sicher jünger sind. Sie kommen
auch in Meklenburg vor.
Zu den Seltenheiten gehört der Kupferbracteat mit
gekerbtem Rande Nr. 8 in der Großherzogl.
Sammlung zu Schwerin, der durch den Rand von Nr.
3 durch die Bildung des Buchstabens
den Uebergang zu den Oertugen Nr.
11 und 12 bahnt.
Die Bracteaten mit dem gekrönten
, Nr. 9 in der Großherzoglichen
Sammlung zu Schwerin, Nr. 10 in der Sammlung des
Herrn Cappe zu Berlin, haben ein rein
schwedisches, d.h. sehr scharfes, aber flaches
Gepräge und stammen wohl aus der
nichtmeklenburgischen Zeit Schwedens; Krönung
und Beizeichen leiten zu dem Oertug Nr. 13 über.
Manche mögen auch wohl Abo angehören.
Eine besondere Schwierigkeit in dieser
Untersuchung macht eine Gattung von Bracteaten,
welche in Typus und Gehalt den reinen
=Bracteaten Nr. 1 und 2 gleich
sind, aber eine ganz eigenthümliche Bildung des
haben, indem der nach unten
gespitzte Querbalken wenigstens eben so lang,
als die beiden Perpendikulairbalken ausläuft.
Diese Bracteaten sind in Nr. 6 und 7 abgebildet.
Wenn auch schwedische Bracteaten vor uns liegen,
welche in dem gekrönten
der Nr. 9 und 10 ebenfalls einen
lang nach unten gespitzten Querbalken haben, so
glauben wir doch, die Bracteaten Nr. 6 und 7
nicht der Regierungszeit der Albrechte, sondern
der Stadt Stralsund zuweisen zu müssen. Es kommt
bei der Bestimmung dieser Bracteaten nur darauf
an, wie man die Münzen hält: ob der obere
Querbalken des
horizontal oder perpendikulair
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zu stehen kommt. In den frühesten Zeiten münzte
nämlich die Stadt Stralsund Wittenpfennige,
welche im Averse eine Flagge führen, mit der
Umschrift: MO
T
. SV
D
SIS, und im Reverse ein Kreuz, auf
welchem in der Mitte ein Zirkel mit einem
kleinen Stral steht, mit der Umschrift: D
VS. I
.
OMI
. TVO. Derselben Zeit gehören wohl
sicher die vielen Bracteaten an, welche eine
rechtsgekehrte Flagge
und unter deren Fahne das Zeichen
führen, und mehr als
wahrscheinlich auch die meisten der Bracteaten
mit der links gekehrten Flagge, wie sie Nr. 6
und 7 abgebildet sind; bald ist die
Flaggenstange oben und unten mit einem Knauf
verziert, bald steht auf der Spitze der
Flaggenstange der Stral und oft seitswärts ein
Beizeichen. Diese stralsunder Flaggenbracteaten,
von denen auch kleine, flache von ganz anderm
Typus gefunden werden, fordern zu großer
Vorsicht auf. Häufig nämlich sind die Gepräge so
unklar und die Münzen so abgegriffen, daß sich
diese sundischen Pfennige schwer von den
=Bracteaten unterscheiden lassen,
und es gehört oft große Uebung dazu, beide
Gattungen zu unterscheiden, wenn man sie auch so
hält, daß man entweder ein
oder eine Flagge
auf denselben erkennen müßte. Oft
ist bei ganz klarem Gepräge selbst der Typus
zweifelhaft, wie auf dem Bracteaten Nr. 5, von
dem man in der That nicht weiß, wohin man ihn
bringen soll.
Es würden hiernach folgende, einander ähnliche Bracteaten zu unterscheiden sein:
1) schwedisch=meklenburgische
=Bracteaten des Königs Albrecht
von Schweden und des Herzogs Albrecht des Großen
von Meklenburg aus der Münze des
Silberbergwerkes zu Westeräs.
2) rein schwedische
=Bracteaten von Westeräs mit dem
gekrönten
.
3) Flaggenbracteaten der Stadt Stralsund
.