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und
von
E ine Meile nördlich von der Stadt Wittenburg, zwischen dieser und der Stadt Gadebusch, nicht weit von der Sachsen=Lauenburgischen Grenze, liegt, im Gebiete des ehemaligen Bisthums Ratzeburg, das Dorf Döbbersen auf einem hohen Vorsprunge über einer weit gestreckten Niederung, welche hier auch einen Bach und See einfaßt. Hoch hervorragend beherrscht dieses Dorf eine Kirche, welche in vieler Hinsicht sehr merkwürdig ist.
Die Kirche gehört zu den sehr saubern, harmonischen, tüchtigen, jungromanischen Ziegelbauten aus großen Ziegeln, wie sie vorherrschend im Sprengel des Bisthums Ratzeburg gefunden werden. Die Kirche besteht aus Chor, Schiff und Thurm. Alle drei Theile sind im Innern von Anfang an für den Kirchenraum eingerichtet und gewölbt.
Der Chor ist vierseitig. Der Ostgiebel ist ganz glatt, ohne Blenden, Friese und sonstige Verzierungen. Die Fenster sind verhältnißmäßig weit und hoch. Die östliche Altarwand hat ein etwas größeres Fenster, welches mit einem Rundstabe aus abwechselnd rothen und schwarz glasurten Ziegeln eingefaßt ist. Die Seitenwände haben an jeder Seite zwei von einander getrennte, etwas kleinere Fenster, welche ohne Verzierungen einfach schräge eingehen. Alle 5 Fenster sind im reinen Rundbogen gewölbt und in den Wölbungen geputzt. In der Nordwand ist eine kleine Pforte (für die Geistlichkeit),
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ebenfalls aus abwechselnd rothen und schwarz glasurten Ziegeln aufgeführt, welche ebenfalls rund gewölbt ist; sie ist jedoch an einer Seite etwas versunken und dadurch hat es den Anschein, als wenn der Bogen etwas zugespitzt wäre; sie ist aber ursprünglich rundbogig gewesen. Die beiden Seitenwände haben unter dem Dache einen Fries gehabt, welcher aus einem doppelten Zahnschnittfriese über einander und einer Ziegelstromschicht dazwischen besteht. Von diesem hübschen Friese sind jedoch nur noch an den Ecken einige Ueberreste vorhanden; die Hauptmasse, welche vielleicht schon etwas hinfällig gewesen ist, ist aber bei der jüngsten Restauration durch eine kümmerliche Hohlkehle ersetzt, welche aus modernen kleinen Ziegeln mühsam und schlecht mit dem Hammer ausgehauen ist. Diesen Fries haben auch andere aus dem Ende des 12. Jahrhunderts stammende, alte, romanische Ziegelkirchen im Lande; so z. B. hat das Schiff der uralten, ganz romanischen, schönen Ziegelkirche zu Lübow bei Wismar einen solchen Fries, welcher aus einer Stromschicht und einem einfachen Zahnschnittfriese darüber besteht; eben so hat die Kirche zu St. Georg vor Ratzeburg an dem mit dem Chor des Domes zu Ratzeburg gleichalterigen Schiffe einen ähnlichen Fries von zwei Stromschichten über einander und einem Zahnschnittfriese darunter. - Im Innern ist der Chor von einem (rundbogigen) romanischen Gewölbe bedeckt, dessen Kappen nur in Näthen zusammenstoßen und noch nicht von Rippen gehalten werden.
Das Schiff, welches keine Pforte hat, ist auch viereckig. Es hat in jeder Seitenwand auch zwei von einander getrennte, einfach schräge eingehende Fenster, welche jedoch im Uebergangsstyl leise gespitzt sind. Eben so sind die beiden großen Bogenöffnungen des Schiffes in der Ost= und Westwand, der Triumphbogen und der Thurmbogen, welche zum Bau des Schiffes gehören, im Uebergangsstyle gespitzt. Das Gewölbe des Schiffes ist aber romanisch, ohne Rippen, und dem Chorgewölbe ganz gleich. Das Schiff hat unter dem Dache einen Fries gehabt, welcher aus einer doppelten Stromschicht besteht, ist aber fast ganz verloren gegangen.
Das Thurmgebäude ist ebenfalls viereckig und von Anfang an mit zur Kirche gezogen und mit zum Kirchenraum bestimmt. Es ist im Innern ebenfalls von einem romanischen Gewölbe ohne Rippen bedeckt, wie die beiden andern Theile der Kirche, und durch Fenster hinreichend erhellt. Die Schiff= und Thurmgewölbe sind gleich hoch, das Chorgewölbe ist etwas niedriger. Das Thurmgebäude hat eine ganz eigen=
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thümliche Einrichtung. In der Nordwand liegt die einzige große Hauptpforte der Kirche (für die Gemeinde.) Diese Hauptpforte ist, wie die kleine Chorpforte, aus abwechselnd rothen und schwarz glasurten Ziegeln im Rundbogen aufgeführt und gewölbt. Darüber ist ein großes Rundbogenfenster, und neben demselben sind zwei rundbogige Blenden. Ueber diesem Fenster ist ein aus einer doppelten Stromschicht gebildeter Fries, welcher in gleicher Linie unter dem Dache des Schiffes fortgesetzt gewesen, hier aber fast ganz verschwunden ist. Die Südwand des Thurmgebäudes hat ein dem nördlichen Fenster entsprechendes Rundbogenfenster. Die
Westwand des Thurmes ist in den jüngsten Zeiten durch styllose Vorblendungen gänzlich entstellt.
So erscheint die ganze, stattliche Kirche wie aus Einem Gusse, obwohl sie aus drei verschiedenen Theilen besteht. Alle drei Theile haben übereinstimmende Eigenthümlichkeiten:
1) alle drei Theile haben keinen Granitsockel, sondern die Ziegelmauern wachsen, wie dies bei romanischen Ziegelkirchen gewöhnlich der Fall ist, aus der Erde empor;
2) alle drei Theile haben, jeder für sich, auch das Thurmgebäude, an allen Ecken Lissenen, welche den romanischen Baustyl zu charakterisiren pflegen;
3) alle drei Theile sind mit gleichen romanischen Gewölben bedeckt, welche noch keine Gewölberippen haben;
4) alle drei Theile haben gleich gebildete Friese, welche in gleichen oder angemessenen Linien liegen.
Ritter hat schon im J. 1840 die Kirche, als sie restaurirt ward, untersucht und im Jahresbericht VI., S. 84 beschrieben, jedoch noch nicht ganz genau und kunstgerecht. Er führt außerdem noch an, daß sich beim Abkratzen der überkalkten und bei der Restauration wieder übertünchten Wände die bischöflichen Weihkreuze fanden, welche verschiedenartig gemalt waren; leider giebt er nicht an, ob die in den verschiedenen Theilen vorgefundenen Kreuze unter sich gleiche Farben hatten. Außerdem berichtet er, daß ungefähr in der Höhe der Weihkreuze mittelalterliche, kugelige, blaugraue Töpfe (zur Erleichterung des Mauerwerks) in die Seitenwände, mit der Oeffnung nach innen, eingemauert sind, in denen jedoch nichts gefunden ward; jetzt sind die Topfmündungen zugemauert.
Wir haben hier also einen vollständig ausgeführten romanischen Ziegelbau in so großer Sauberkeit, wie sie nur an romanischen Ziegelkirchen, namentlich des Bisthums Ratzeburg, vorkommt.
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Und doch sind die Fenster und Bogen des Schiffes, welches zwischen zwei ganz romanischen Bautheilen liegt, im Uebergangsstyle leise gespitzt. Es läßt sich daher nur denken, daß die Kirche an der Grenze zwischen dem rein romanischen und dem Uebergangsstyle gebauet ward.
Und hiezu stimmt die merkwürdige Baugeschichte der Kirche. Das Dorf mit einer Kirche ("cum ecclesia") stand schon im J. 1226, wie weiter unten nachgewiesen werden wird. Die Pfarre mit der Kirche bestand schon um das Jahr 1230, da sie in dem Ratzeburger Zehntenregister aufgeführt wird ("In parrochia Dobersche. Dobersche ecclesia"; vgl. Mekl. U. B. I., S. 367). Diese Kirche ist aber nicht mehr vorhanden, sondern hat der so eben beschriebenen, schönen Kirche Platz machen müssen. Glücklicher Weise besitzen wir grade von dieser Kirche noch die Weihungs=Urkunde. Als nach Schröder's Pap. Meklb. I., S. 660, im J. 1725 der bisherige Altar in der Kirche zu Döbbersen weggebrochen ward, fand man in demselben folgende alte Schrift, welche Schröder mitgetheilt erhielt und abdrucken ließ:
Nos Fridericus dei gratia Razeburgensis episcopus
consecravimus hanc ecclesiam et hoc altare in
honorem sancte Crucis, beate Marie virginis,
Viti . . martyris . . et omnium sanctorum, anno
domini M. CC(X)LV, II. kalend. Julii, pontificatus
nostri anno quinto.
Die Jahreszahl 1245 ist ohne Zweifel falsch gelesen, da Bischof Friedrich von Ratzeburg 1250-1257 regierte; es ist also ohne Zweifel 1255 (MCCLV statt MCCXLV) zu lesen (vgl. Meklbg. U. B. II. Nr. 752) Es geht aus dieser Urkunde hervor, daß der Bischof Friedrich die Kirche und den Altar zu Döbbersen am 30. Juni 1255 weihte und zwar zu Ehren des Heil. Kreuzes, der Jungfrau Maria und des Heil. Veit.
Diese Urkunde ist für die meklenburgische Baugeschichte eine der allerwichtigsten, da das merkwürdige Gebäude, auf das sie sich bezieht, fast noch ganz unverändert vorhanden ist. Es geht daraus hervor, daß man in Meklenburg noch im J. 1255 romanisch bauete, während daneben der Uebergangsstyl schon eine große Ausdehnung hatte. Es mag sein, daß in Döbbersen noch ungewöhnlich spät romanisch gebauet ward und daß man in dem Ratzeburgischen Sprengel, wo in alter Zeit der Ziegelbau blühte, noch lange gern den beliebten würdigen Baustyl beibehielt, während man im östlichen Meklenburg schon ein Vierteljahrhundert früher den Uebergangsstyl
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mit wenigen romanischen Anklängen durchführte, z. B. in Neukloster seit 1219 und in Güstrow seit 1226. Jedenfalls haben wir in Döbbersen ein Beispiel, daß noch in der Mitte des 13. Jahrhunderts Verständniß des romanischen Styls herrschte. Die Kirche zu Döbbersen liegt in den letzten Zeiten des romanischen Styls und in den ersten Zeiten der Ausbreitung des Uebergangsstyls.
Forscht man nach den Ursachen der für eine Landkirche ungewöhnlich saubern Ausführung dieses Baues, so könnte man auf den Gedanken kommen, daß die in dem Bisthume Ratzeburg blühende Baukunst die Veranlassung gewesen sei. Es liegt aber ein anderer Grund näher, welcher triftiger ist.
Das Dorf Döbbersen gehörte in alter Zeit dem Kloster Zeven, im Erzstifte Bremen, zwischen Bremen und Stade. Zeven war ein uraltes Nonnenkloster Benedictiner=Ordens, welches am Ende des 10. Jahrhunderts zu Heslingen gegründet und im Jahre 1141 nach dem nahe gelegenen Zeven verlegt und 1158 von dem Kaiser Friedrich I. bestätigt ward (vgl. Bremer Geschichtsquellen, von v. Hodenberg III. Das Zevener Urkundenbuch. 1858). Dieses Kloster besaß seit früher Zeit das in der Grafschaft Schwerin liegende Dorf Döbbersen mit der Kirche. Wann und wie das Kloster diese Besitzung erworben habe, ist leider nicht bekannt. Vielleicht war es eine uralte Schenkung der Grafen von Schwerin; am 8. Junii 1199 war der Hamburger Propst Hermann, ein Graf von Schwerin, gegenwärtig, als der Erzbischof Hartwig II. von Bremen dem Kloster Zeven gewisse Freiheiten verlieh (vgl. v. Hodenberg a. a. O. S. 15).
Das Kloster Zeven erscheint schon im Jahre 1226 im Besitze von Döbbersen. Als der Erzbischof Gerhard von Bremen im Jahre 1226 dem Kloster den Besitz der demselben gehörenden Güter bestätigte, wird unter diesen auch Döbbersen mit der Kirche im Bisthum Ratzeburg aufgeführt:
"Doberse cum ecclesia in episcopatu Racenborg."
(vgl. v Hodenberg a. a. O. S. 17, Nr. 15, und Meklenb. U. B. I., Nr. 320). Zu derselben Zeit besaß das Kloster auch 8 Hausstätten ("areas") in der Stadt Lübeck, welche es im Jahre 1226 an das Domcapitel daselbst verkaufte (vgl. v. Hodenberg a. a. O. Nr. 16 und Lübeck. U. B. I., Nr. 38, S. 50).
Mehr Nachrichten über den Besitz dieses Dorfes sind
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nicht bekannt. Es wird um das Jahr 1230 in dem Ratzeburger Zehntenregister und am 30. Juni 1255 in der Weihungsurkunde der Kirche genannt (vgl. oben), ohne daß des Klosters Zeven gedacht wird. Am 23. April 1283 bestätigte der Graf Helmold von Schwerin der Pfarre zu Döbbersen die oberste Fischwehr in dem Fischteiche ("gurgustrum supremum in piscina") daselbst, welche seine verstorbenen Vorfahren ("progenitores pie memorie") derselben geschenkt hatten (vgl. Meklenb. U. B. III., Nr. 1678).
Dies sind alle alten Nachrichten, welche über Döbbersen vorhanden sind. Im Jahre 1335 werden als bischöflich ratzeburgische Vasallen von den Zehnten des ganzen Dorfes Döbbersen die Brüder v. Ritzerow aufgeführt (vgl. Schröder Pap. Mekl. I., S. 1152):
"Item Otto et Bertoldus milites et Didericus armiger fratres dicti de Ritzerow de tota villa Doberschen et de dimidia decima omnium villarum suarum, quas habent, exceptis illis de quibus episcopus vel prepositus recipiunt decimas".
Das Kloster Zeven wird aber nirgends mehr erwähnt. Wahrscheinlich veräußerte dasselbe früh den Besitz, wie überhaupt die auswärtigen Klöster ihre Besitzungen wieder verkauften, nachdem die durch sie verbreitete Bildung feste Wurzel gefaßt hatte, namentlich im 15. Jahrhundert, und nachdem ihre Mission erfüllt war. In späteren Zeiten gehörte das Patronat der Kirche den Landesherren, Herzogen von Meklenburg. Noch zur katholischen Zeit, 1515 am Sonntage Reminiscere, bat Heinrich v. Bülow zu Stintburg den Herzog Heinrich von Meklenburg, dem Priester Arnold Eggerd die Präsentation zur Pfarre Döbbersen zu verleihen, und im Kirchen=Visitations=Protolle vom Jahre 1534 heißt es: "Dobersche, mit der Kapellen to Boddin dar in horende, dat is
"ein Furstenlehn, besittet Johannes Lindenbeke, vorlent von Hartich Albrecht binnen acht Jaren".
Im 13. Jahrhundert wird aber das Kloster Zeven den Besitz des Dorfes Döbbersen gehabt und ohne Zweifel die im Jahre 1255 geweihete Kirche erbauet haben, da Styl, Größe und Tüchtigkeit des Baues für einen mehr als gewöhnlichen Bauherrn sprechen. Hiefür reden denn auch klar die Heiligen, denen die Kirche im Jahre 1255 geweihet ward. Die Kirche zu Döbbersen ward zu Ehren des heiligen Kreuzes, der heiligen Jungfrau Maria, des heiligen Märtyrers Veit und aller Heiligen geweihet (vgl. oben S. 6).
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Unter diesen Schutzheiligen ist der H. Veit, dem die Kirche besonders geweihet ward, vorzüglich merkwürdig, da das Vorkommen des H. Veit wohl in dem Bisthume Schwerin erklärlich wäre, aber nicht so leicht im Bisthume Ratzeburg, also wohl besondere Veranlassung haben wird. Das Kloster Zeven war dem Heil. Veit geweihet und ohne Zweifel eine Pflanzung des uralten Veit=Klosters Corvey. Die oben erwähnte Urkunde über den Zevener Hausbesitz in Lübeck (vgl. S. 7) ist 1226 zu Zeven in dem Chore des Heil. Veit gegeben ("Acta hunc hec anno dominice incarnationis MCCXXVI., in choro sancti Viti in Tzevena". Vgl. v. Hodenberg a. a. O. S. 18, Nr. 16). Ja, am 17. Juni 1231 schenkte das Kloster Corvey zur Ausbreitung der Ehren seines Patrons, des H. Veit, dem Kloster Zeven auf dessen Bitte "Reliquien vom Sarkophage des Märtyrers" ("reliquias de sarcofago martyris"), zu deren Abholung der Propst Dietrich mit Gefährten von Zeven nach Corvey gekommen war (vgl. v. Hodenberg a. a. O. S. 18, Nr. 17). Seitdem wird die Kirche zu Zeven oft die Kirche des Heil. Veit genannt (z. B. "ob reverentiam beate virginis et "sancti Viti; beato Vilo et ecclesie in Zcievena" u. s. w.). Auf dem Siegel des Klosters Zeven, abgebildet bei v. Hodenberg a. a. O. S. 2, ist dargestellt, wie der Heil. Veit, mit der Ueberschrift VIT9, von der Jungfrau Maria empfangen wird. Es ist daher sehr erklärlich, daß die Kirche zu Döbbersen 1255 dem Heil. Veit geweihet ward
Es ist schließlich von geschichtlichem Werth die Beantwortung der Frage zu verfolgen, aus welcher Veranlassung das Kloster Zeven in den Besitz des Dorfes Döbbersen kam. Es ist nicht wahrscheinlich, daß das Kloster ein einsames Dorf in weit entfernter Gegend sollte gekauft haben. Viel glaublicher ist, daß das Kloster das Dorf geschenkt erhielt. und zwar schon früh zur Zeit der ersten Grafen von Schwerin und wegen der Verdienste des Klosters um das eroberte und neu cultivirte Land. In dem Bisthume Schwerin ging die klösterliche Cultur von dem Cistercienser=Orden aus, dem der meklenburgische Apostel Bischof Berno, vom Kloster Amelungsborn, angehörte. Daher war das von ihm gestiftete erste Mönchs=Kloster Doberan ein Cistercienser=Kloster und eben so das erste Nonnenkloster Sonnenkamp oder Neukloster ebenfalls ein Cistercienser=Kloster; eben so gehörte das etwas später gestiftete, Döbbersen ganz nahe gelegene, unter dem besondern Schutze des Grafen von Schwerin stehende, Nonnenkloster Zarrentin zum Cistercienser=Orden. Der Cistercienser=Orden
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folgte zwar im Allgemeinen der Regel des Heil. Benedict, hatte aber seine besondern Regeln.
Das Kloster Zeven war aber Benedictiner=Ordens und wird um die Einführung dieses Ordens in Meklenburg besondere Verdienste gehabt haben. Schon die Borwine harten, also vor 1225, zu Dobbertin ein Mönchskloster Benedictiner=Ordens gegründet, welches am 28. August 1227 bestätigt ward (vgl. Meklenb. U. B. I., Nr. 343, 386 und 551) und nach Doberan und Dargun das dritte große Mönchsfeldkloster im Lande war. Das Kloster ward aber umgesetzt, indem um das Jahr 1234 Nonnen eingeführt wurden (vgl. Mekl. U. B. I., Nr. 425) und die Mönche nach dem Marien=Kloster vor Stade zurückgingen (vgl. Mekl. U. B. I., Nr. 551) und 21. October 1243 allen Ansprüchen entsagten. Das im Jahre 1141 zu Ehren der heil. Dreieinigkeit, der Jungfrau Maria, der Apostel Petrus und Paulus, des Evangelisten Johannes und des Heil. Veit gestiftete und 1147 außerdem zu Ehren des Heil. Benedict geweihete Mönchskloster vor Stade war aber auch Benedictiner=Ordens (vgl. Lappenberg Geschichtsquellen des Erzstiftes Bremen, S. 188). Am 6. Mai 1218 schenkten der Graf Heinrich von Schwerin und dessen Gemahlin Audacia dem Kloster vor Stade ("monasterio sancte Marie virginis "extra muros Stadenses ordinis sancti Benedicti"; vgl. Mekl. U. B. I., Nr. 242) 3 Hufen in Vellahn. Das Kloster Dobbertin wird noch im 14. Jahrhundert urkundlich wiederholt ein Kloster Benedictiner=Ordens genannt. Bald nach der Stiftung des Klosters Dobbertin, welches freilich im Lande Werle und nicht in der Grafschaft Schwerin lag, ward im westlichen Meklenburg noch das Nonnenkloster Eldena für den Benedictiner=Orden gestiftet.
Auf diese Weise läßt sich klar die frühe Wirksamkeit der Benedictiner=Klöster im Erzstift Bremen auf die Cultivirung Meklenburg's erkennen, und es sich leicht erklären, daß das Kloster Zeven früh das Dorf Döbbersen geschenkt erhielt. Sehr wahrscheinlich waren durch Vermittelung des Klosters vor Stade die ersten Dobbertiner Namen von Zeven gekommen.
Ob der Name Dobbersche ganz wendisch oder von Dobbertin benannt ist, oder vielleicht Dobber=Shê (= guter See) heißt, soll nur eine etymologische Spielerei sein, auf die ich kein Gewicht legen will. (Vgl. Jahrb. VII., B, S. 28.)
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Ueber
die letzten
Herzoge von Holstein=Sonderburg
von
von
D ie letzten Sprossen des sogenannten Zweiges Franzhagen der Herzoge von Holstein=Sonderburg spielten in Meklenburg oft eine so seltsame Rolle, daß sie merkwürdig genug erscheinen, ihnen eine kurze Aufmerksamkeit zu schenken.
Die Anfänge zahlreicher Beziehungen wurzeln in dem benachbarten Herzogshause Sachsen=Lauenburg, welches mit dem herzoglichen Hause Meklenburg vielfach verwandt war. Der Herzog Franz II. von Sachsen=Lauenburg (1581 † 1619), ein bedeutender Kriegsmann, war zuerst mit der Herzogin Margaretha von Pommern, darauf mit der Herzogin Maria von Braunschweig=Lüneburg vermählt und war ein Vater von 19 Kindern, 5 von der ersten und 14 von der zweiten Gemahlin, nämlich im Ganzen 7 Töchtern und 12 Söhnen, unter welche sich das große Vermögen sehr vertheilte. Bei Büchen 1 ) im Kirchspiel Pötrau hatte der Herzog (wahrscheinlich auf der alten Feldmark Volcmarsfeld) ein Schloß in dem Orte Franzhagen, auch wohl Franzgarten genannt.
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Die Herzogin Maria, eine ausgezeichnet tüchtige und erfahrene Frau, ließ im Jahre 1608 bei dem Schlosse eine Hofkirche 1 ) bauen und legte dazu die alte, bekannte Pfarrkirche zu Pötrau mit den Dörfern Witzeze und Bartelsdorf 2 ).
Ein Sohn des Herzogs Franz II. war Franz Albrecht, welcher 1640 mit Christina Margaretha, Tochter des Herzogs Johann Albrecht von Meklenburg=Güstrow, vermählt war, aber schon 1642 im Kriege starb. Die Wittwe ward im Jahre 1650 mit dem Herzoge Christian (Louis) von Meklenburg=Schwerin wieder vermählt, mit welchem sie viel in dem nicht weit von Franzhagen entfernten Stinchenburg (jetzt Stintenburg), welches ihr Vater gekauft und ihr zum Leibgedinge verschrieben hatte, lebte, aber im Jahre 1663 von demselben geschieden.
Ein anderer Sohn des Herzogs Franz II. von Sachsen=Lauenburg war Franz Heinrich, welcher nach zurückgelegten Kriegsdiensten zu Franzhagen wohnte und nur zwei Töchter hinterließ. Er ließ nach Franzhagen einen großen Kanal graben und erhielt von der bei der Arbeit bewiesenen Sparsamkeit den Beinamen "Franz Drögbrod". Er starb 26. Nov. 1658 zu Franzhagen.
Die ältere Tochter Erdmuth Sophia war 1665 mit dem Herzoge Gustav Rudolf von Meklenburg, einem jüngern Bruder des Herzogs Christian (Louis) von Meklenburg=Schwerin, vermählt. Der Herzog Gustav Rudolf starb im Jahre 1670 zu Tempzin und ward einstweilen in der Kirche daselbst beigesetzt. Nachdem seine Wittwe im Jahre 1689 zu Billwerder gestorben und deren Leiche in die Kirche zu Franzhagen gebracht war, ward auch die Leiche des Herzogs Gustav Rudolf dahin gebracht, und beide Leichen wurden im Herbste 1690 zusammen in dem restaurirten Erbbegräbnisse in der Kirche zu Franzhagen durch die Fürsorge ihrer jüngern Schwester beigesetzt.
Die jüngere Tochter des Herzogs Franz Heinrich von Sachsen=Lauenburg war Eleonore Charlotte, welche mit dem Herzoge Christian Adolf von Holstein=Sonderburg vermählt und durch ihr Erbe Franzhagen die Veranlassung zu der holstein=sonderburgischen Linie Franzhagen ward.
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Die Herzogin Eleonore Charlotte von Sachsen=Lauenburg, die jüngere Tochter des Herzogs Franz Heinrich zu Franzhagen, war am 8. August 1646 geboren und ward am 1. Nov. 1676 mit dem Herzoge
(geb. 3. Junii 1641 † 11. Januar 1702) vermählt. Der Herzog, ein ganz den Wissenschaften lebender Mann, sah sich während schwerer Kriegszeiten im Jahre 1667 genöthigt, seine stark mit Schulden belastete Herrschaft Sonderburg dem Könige von Dänemark abzutreten, und schlug seine Residenz in Franzhagen, dem Leibgedinge seiner Schwiegermutter und der Heimath seiner Gemahlin, auf 1 ). Daher wird seine Nachkommenschaft die holstein=sonderburgische Linie Franzhagen genannt. Während des Lebens dieses herzoglichen Ehepaares starb am 29. Sept. 1689 Julius Franz, der letzte Herzog von Sachsen=Lauenburg. Eleonore Charlotte, welche erst am 9. Febr. 1709 starb, war die letzte ihres Stammes.
Herzog Christian Adolf von Holstein=Sonderburg=Franzhagen hinterließ nach seinem am 11. Januar 1702 erfolgten Tode zwei Söhne: Leopold Christian und Ludwig Carl, welche unter der Obhut ihrer verwittweten Mutter standen.
Nach ihres Gemahls Tode erscheint die herzogliche Wittwe zuerst zu Gadebusch wohnhaft, von wo sie alle ihre Briefe ausstellt; ihr eigentlicher Wohnsitz blieb aber Franzhagen.
Kaum war der Vater todt, als die Söhne sich in vielfache anstößige Liebeshändel verwickelten.
Der älteste Sohn, Prinz Leopold Christian (geb. 25. August 1678), damals 24 Jahre alt, war in den Netzen der Wittwe Anna Dorothea v. Schack, geb. v. Lützow, zweiten Gemahlin des Hartwig v. Schack auf Müssen im Lauenburgischen (zwischen Büchen und Schwarzenbek, nahe bei Franzhagen) und auf Drei=Lützow im Meklenburgischen. Anna Dorothea war in der Jugend wohl Hofdame bei der Herzogin gewesen, da sie noch im Jahre 1702 für den "Dienst bei der Herzogin" 100 Thaler forderte.
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Das Gut Drei=Lützow war ein altes v. Lützow'sches Lehn und nach ausgebrochenem Concurse zum Theil durch Adjudication an Hartwig v. Schack auf Müssen gefallen, zum Theil durch diesen von den Gläubigern gekauft. Im Jahre 1666 kaufte Hartwig v. Schack auf Müssen von wailand Adam v. Lützow's Gläubigern den dritten Theil des Gutes und im Jahre 1668 nahm er einen andern Theil zum Pfande, und nahm seinen Wohnsitz vorherrschend auf diesem Gute. Hartwig v. Schack war zwei Male verheirathet. Seine erste Frau Catharina v. Parkentin starb um das Jahr 1671 und hinterließ ihm zwei Söhne: Franz Joachim und Hartwig Christoph, und drei Töchter. Hartwig v. Schack heirathete bald nach dem Tode seiner ersten Frau die Anna Dorothea v. Lützow wieder. Am 13. Febr. 1675 hielt Hartwig mit seinen Kindern erster Ehe eine Verabredung, um sich mit ihnen auseinanderzusetzen; aber der Tod ereilte ihn unvermuthet; er starb wahrscheinlich im Anfange des Jahres 1676: er lebte noch am 8. April 1675 und war am 2. Mai 1676 schon todt. Er hinterließ seine zweite Frau Anna Dorothea v. Schack als Wittwe mit zwei unmündigen Söhnen: Franz Barthold und Hartwig Friedrich v. Schack. Nachdem Hartwig v. Schack "vor einigen Jahren Todes verfallen" war, so ward am 31. Julii 1679 über seine Verlassenschaft "zwischen der Frau Anna Dorothea v. Lützow, des seligen Herrn Hartwig v. Schack hinterlassenen Wittwe, mit deren zwei Kindern und den Kindern erster Ehe ein Vertrag aufgerichtet, nach welchem Hartwig Christoph v. Schack seinen halbbürtigen Brüdern, den unmündigen Franz Barthold und Hartwig Friedrich v. Schack, freiwillig das Gut (väterliche Lehngut) Müssen abtrat, aus welchem die Wittwe selbst 5065 Thaler zu fordern" hatte.
Das Gut Drei=Lützow war dem Hartwig Christoph v. Schack zugefallen, welcher dazu im Jahre 1694 das Allodialgut Hülseburg mit dem Dorfe Prefek erbte. Das Gut Hülseburg, welches zu Gammelin eingepfarrt ist, war auch ein altes v. Lützow'sches Lehn. Im Jahre 1653 verkauften des Bernd v. Lützow Kinder das Gut an Heinrich Lübbeke, Obristlieutenant der Stadt Lübeck, welcher Dorothea v. Lützow zur Frau hatte. Am 13. Julii 1653 erwirkte das Ehepaar, daß Hülseburg allodialisirt ward. Heinrich Lübbeke starb vor dem Jahre 1659 und hinterließ das Gut seiner Wittwe und seinen Kindern. Im Jahre 1662 hatte der Pastor Albert Lüder zu Gammelin ihr, "Dorothea Lützow, Wittwe von Lübcken", das Abendmahl, weil sie wegen Kränklichkeit die Kirche versäumte,
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vorenthalten. Sie starb im Jahre 1672. Am 3. Junii 1683 verkaufte ihr Sohn Christoph Heinrich v. Lübcken das Gut an den braunschweig=lüneburgischen Obristlieutenant Johann Strup von Gelnhausen, Commandanten auf der Festung Kalkberg bei Lüneburg. Hartwig Christoph v. Schack heirathete dessen einzige Tochter Hedwig Anna Eleonore Struppen v. Gelnhansen. "Nachdem Gott seine Schwiegermutter, des sel.
"Obristen Stroppen von Gehnhausen nachgelassene Wittwe unlängst aus dieser Welt abgefordert und sie ihm und seiner Eheliebsten, als deren einzigen Tochter, das Allodialgut Hülseburg erblich hinterlassen" hatte, meldete sich Hartwig Christoph v. Schack am 1. Nov. 1694 zum Allodialeide. Hartwig Christoph starb vor 1714; seine Wittwe war noch 1724 im Besitze von Hülseburg. (Vgl. auch unten bei Dorothea v. Winterfeld.)
Wegen des Gutes Drei=Lützow schloß der Landrath August Barthold v. Lützow im Jahre 1698 mit Hartwig Christoph v. Schack einen Vergleich, durch welchen v. Lützow das Gut wieder reluirte.
Die Wittwe Anna Dorothea v. Schack lebte fortan mit ihren beiden minderjährigen Söhnen zu Müssen. Im Jahre 1684 bat sie um beglaubigte Abschrift der Gutsurkunden, da "ihr seliger Ehewirth aus zwei Ehen Söhne hinterlassen habe, von denen die aus erster Ehe sich wegen des prätendirten großmütterlichen Gutes in das Gut Drei=Lützow hätten immittiren lassen, die beiden jüngern aber noch als unmündige Kinder bei ihr zu Müssen unterhalten" würden.
Alle diese Verhältnisse und Zahlen sind actenmäßig und sicher. Nach allen geschilderten Verhältnissen mußte Anna Dorothea v. Schack, selbst wenn sie sich jung mit Hartwig v. Schack verheirathet hatte, im Jahre 1672 gegen 50 Jahre alt sein! Und trotz dieses hohen weiblichen Alters hatte sie ernstliche Absichten auf den jungen Prinzen.
Der Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg hatte durch seinen Kammerrath Schultze die Herzogin wegen "dieses ihres ältesten Prinzen und der sogenannten Madame Schack halber ihr zugestoßenen, nie erhörten, über die Maßen großen Unglücks", wie sie schreibt, getraulich warnen lassen. Da sie deshalb keine Ruhe finden konnte, bat sie am 9. Oct. 1702 den Herzog 1 ), die Schack gefänglich einziehen und gebührend bestrafen zu lassen, damit sie mit ihren verdammlichen Begierden ihren Prinzen ferner nicht verleiten könne. Auf diese
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Bitte erließ der Herzog auch am 16. Oct. 1702 einen offenen Regierungsbefehl 1 ), durch welchen der Notarius Francke befehligt ward, "sich der Person der Wittwe Schack, geb. v. Lützow, an Orten und Enden, wo er sie treffen werde, durch richterliche Assistenz zu versichern", und alle Obrigkeiten angewiesen wurden, "die Person in wirklichen Arrest zu nehmen, damit sie nicht entkommen möge, bis zu ihrer Abholung die nöthige Veranstaltung getroffen" sei. Der Notarius Francke kam aber zu spät. Am 18. Oct. 1702 schrieb die Herzogin Eleonore Charlotte an den Herzog 2 ), daß "sie auf angestellte, fleißige Erkundigung erfahren, daß die Schack, als eine ohnedem landkundigermaßen berüchtigte, verflüchtige Person, sich in das Sachsen=Lauenburgische retirirt" habe, und bat, daß der Verhaftungsbefehl für den Fall in Kraft bleiben möge, daß die Schack nach Meklenburg zurückkehren sollte. Anna Dorothea v. Schack war nach ihrem Gute Müssen geflohen. Am 3. Nov. 1702 schrieb sie aus Müssen an den Herzog 3 ): "es sei ihr berichtet worden, daß der Herzog ein höchst präjudicirliches Edict wegen Arretirung ihrer Person habe ergehen lassen; sie bitte, ihr zu berichten' wer solches veranlaßt habe, und erbiete sich' aufrichtig Rede und Antwort zu stehen und sich an Ort und Enden zu stellen, um der honneten Welt zu zeigen, daß sie unschuldig sei; sie müsse antragen, daß ihr falscher Angeber mit seinem Vermögen, und wenn es auch 20,000 Thaler wären, auch mit Arrest belegt werde, bis die Sache ausgemacht" sei. In diesem Briefe an den Herzog findet sich nicht die geringste Anspielung auf die Sache selbst, wenn nicht etwa auf das Vermögen von 20,000 Thalern, womit offenbar auf die Herzogin gezielt sein soll. Deutlicher ging die Schack am 5. Nov. 1 702 mit der Sprache gegen des Herzogs Minister, Grafen Horn 4 ), heraus, den sie sich "allemal in Meklenburg als ihren hohen Freund und Confidanten ausgebeten:" "es sei genug in der Welt geschehen, daß sich ein Prinz mit einer adeligen Person versprochen habe; sie sei nicht in Meklenburg wohnhaft, hoffe aber, daß ohne große Weitläuftigkeit die 20,000 Thaler in Meklenburg bleiben würden, was sie mit ihrem Zweck erreichen" könne; sie bitte daher, daß er sich für ihre Sache "interessire". Zugleich bat sie, "da sie keinen Thaler in der
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Herzogin Dienst bekommen, Arrest auf 100 Thaler von der Herzogin Gelde zu legen, weil sie es verdient" habe. Schließlich meinte sie, "der Minister möge sie keinen Tort weiter erfahren lassen, um solcher unruhigen Fürstin auch einmal einen Tort zu thun".
Ihr älterer Sohn Franz Barthold v. Schack war in demselben Jahre 1702 wegen Entleibung eines gewissen Roman in Untersuchung gerathen und verkaufte Müssen i. J. 1722 an den Obristen Barthold Hartwig v. Schack zu Fahren 1 ). Die Sache scheint hierauf in Stocken gerathen zu sein. Die Herzogin konnte ihren Sohn doch nicht vor Irrwegen behüten. Er lebte gleich darauf mit einer entlaufenden Tischlerfrau aus Celle zusammen, mit welcher er drei Söhne hatte, von denen der älteste schon 1704 geboren ward. Der bekannte hamburgische Schulrector Johann Hübner berichtet in seinen Genealogischen Tabellen, 1737, Bd. I., Tab. 219, daß diese Frau damals "noch in Hamburg lebte, ihre Kinder sich aber nicht "legitimiren könnten". Der Prinz, in dänischen Kriegsdiensten, war schon am 11. Julii 1707 in Hamburg gestorben.
Kaum hatte sich das Schicksal des älteren Prinzen Leopold Christian zum Schlimmen gewandt, als die Mutter auch an ihrem jüngern Sohne Ludwig Carl einen ähnlichen Kummer erlebte.
Am 28. August 1702 bat der Prinz Ludwig Carl (geb. 4. Junii 1684), damals 18 Jahre alt, den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg 2 ), "da er des haussitzenden Lebens, zumal bei seiner Frau Mutter wunderlichem humeur, ganz überdrüssig sei, ihn bei der Milice freundvetterlichst zu employren, und dabei nicht darauf zu achten, was seine Frau Mutter sage". Der Herzog war nicht abgeneigt und der Prinz wollte sich sogleich an das Hoflager nach Neustadt oder Dömitz 2 ) begeben; aber die Frau "Mutter war ihm entgegen, so daß er aus gewissen Ursachen seine Reife einstellen mußte, bis der Herzog nach Schwerin zurückkehren würde. Aus dem Militairdienst des Prinzen wird nichts geworden sein , da sich keine Nachricht darüber findet.
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Dagegen ließ er sich in einen Liebeshandel mit dem Fräulein Anna Barbara Dorothea v. Winterfeld ein, welche auch bei der Herzogin Hofdame gewesen war. Ueber dieses Fräulein v. Winterfeld besitzen wir genauere Nachrichten. Sie stammte aus dem Hause Tützen 1 ), welches eine neuere Erwerbung der Familie v. Winterfeld war.
Antonii 1614 verpfändete Johann Moltke auf Neuenkirchen und Tützen sein Lehngut Tützen an Franz v. Winterfeld auf 25 Jahre für 13,500 Fl. Am 18. Febr. 1659 muthete dessen hinterlassener Sohn Joachim das noch nicht wieder eingelösete Pfandgut. Joachim v. Winterfeld, meklenburgischer Oberjägermeister, starb am 14. Dec. 1676 und hinterließ drei Söhne: Franz Henning, Barthold Dietrich und Joachim, welche die väterlichen Güter am 27. Nov. 1677 mutheten. Das Gut Tützen fiel an den zweiten Sohn Barthold Dietrich v. Winterfeld, welcher wiederholt Gelder anlieh und das Gut Tützen dafür zur Sicherheit setzte. Am 25. Mai 1691 bot Barthold Dietrich dem Herzoge das Gut zum Kaufe an, da er es wegen Mangels an dienstpflichtigen Unterthanen nicht gut bewirthschaften konnte und deshalb den Amtshof Glambek gepachtet und das Gut Tützen an den Pächter von Passee verpachtet hatte. Jedoch ging der Herzog auf dieses Anerbieten nicht ein, und Barthold Dietrich starb bald darauf am 24. Dec. 1692. Barthold Dietrich v. Winterfeld hinterließ 2 Söhne: Joachim und Georg, und 3 Töchter: Margaretha Godelia, Christina und Anna Barbara Dorothea, welche die hier zur Rede stehende Person ist. Da das Gut Tützen nach damaliger Weise schlecht zu bewirthschaften und außerdem verschuldet war, so verkauften am 1. März 1693 Barthold Dietrich's Erben das Gut Tützen wiederkäuflich auf 12 Jahre für 3750 Thlr. an Hans Bonsak. Joachim v. Winterfeld unterschrieb später den Contract für sich und in Vollmacht seiner Geschwister als "betrübter Waisen". Erst am 25. April 1695 mutheten die Gebrüder v. Winterfeld ihres seligen Vaters Lehngut Tützen, da sie sich außerhalb Landes in Kriegsdiensten aufgehalten hatten. Die Wirthschaft ging schlecht; die nächsten Verwandten beschwerten sich über die Devastirung
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des Gutes durch den Pfandinhaber und dessen Pächter. Am 17. Julii 1705 wollte Joachim v. Winterfeld das Gut wieder einlösen, konnte es aber nicht möglich machen, sondern mußte es am 23. Febr. 1708 an des seligen General=Lieutenants v. Plessen Wittwe verkaufen.
Von Barthold Dietrich's Töchtern verheirathete sich die älteste Margaretha Godelia an Johann Georg v. Schlomach und die zweite Christina an Leonhard Lemment. Die jüngste Tochter Anna Barbara Dorothea v. Winterfeld ging früh in Hofdienst. Sie lebte zur Zeit des Todes ihres Vaters am Hofe zu Weißenfels. Hier hatte der verstorbene Herzog August des Herzogs Adolf Friedrich I. von Meklenburg Tochter Anna Maria zur Gemahlin gehabt, deren regierender Sohn Johann Adolf am 3. Febr. 1692 ein Fräulein v. Bünau in zweiter Ehe geheirathet hatte. Auch mit den benachbarten kleinen sächsischen Höfen war der meklenburgische Hof damals vielfach verwandt. Von des Herzogs Gustav Adolf von Meklenburg=Güstrow Töchtern war Hedwig am 1. Dec. 1686 an den Herzog August von Sachsen=Merseburg zu Zörbig und Elisabeth am 29. März 1692 an den Herzog Heinrich zu Merseburg vermählt worden. In Zeitz residirte der Herzog Moritz Wilhelm, welcher sich am 25. Junii 1689 mit der jungen Wittwe des güstrowschen Erbprinzen, Maria Aemilia von Brandenburg, vermählt hatte.
Ohne Zweifel war Dorothea v. Winterfeld durch diese zahlreichen fürstlichen Verbindungen, welche alle in die Zeit der Jugendblüthe des Fräuleins v. Winterfeld fielen, an den kleinen sächsischen Hof nach Weißenfels gekommen. Alles dieses wird durch ein Schreiben 1 ) der Prinzessin Sophie Agnes, Aebtissin des meklenburgischen Stiftes Rühn, vollkommen bestätigt; Sophie Agnes, älteste Tochter des Herzogs Adolf Friedrich von Meklenburg, war eine Mutterschwester des oben erwähnten Herzogs Johann Adolf von Sachsen=Weißenfels. = Die "Jungfer Winterfeld war nach ihres Vaters Tode von Weißenfels herunter gekommen, um wegen dessen Verlassenschaft Alles in Ordnung zu bringen, indem der Käufer von Tützen das Geld auszahlen wollte, nachdem sich die Erben so weit separirt hatten". Da von der Regierung wegen des Verkaufes des Gutes hemmende Verordnungen erlassen worden waren, so richtete die Prinzessin Sophie Agnes am 26. März 1693 ein Fürbittschreiben an ihren Neffen, den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg und
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widerrieth der "Jungfer Winterfeld", "da sie nicht lange ausbleiben durfte", die Weiterreise zum Herzoge, damit die Erben "das Wenige, so ihnen noch zukommen möchte, erhalten und die Pension für Glambek" bezahlen könnten.
Später wird Dorothea v. Winterfeld in die Dienste der Herzogin von Franzhagen getreten sein, da diese im Jahre 1706 sie "ihr gewesenes treuloses Fräulein" nennt. Die Winterfeld war sicher über 30 Jahre alt, als sie mit dem 24jährigen Prinzen ein ernstliches Verhältniß anknüpfte.
Am 8. Junii 1706 klagte die Herzogin Eleonore Charlotte 1 ) dem Herzoge Friedrich Wilhelm von Meklenburg: "ihr Prinz Ludwig Carl sei von ihrem gewesenen Fräulein Dorothea v. Winterfeld dermaßen verleitet, daß er ohne Ihr Wissen und Wollen mit derselben anfangs nach Hannover "gereiset sei", wo er gegen den Kurfürsten seine Vermählung geleugnet habe, "dann aber mit ihr nach Hamburg und jetzt nach Meklenburg gegangen sei, wo er sich zu Hülseburg bei dem Herrn v. Schack aufhalte", dem Stiefsohn der Anna Dorothea v. Schack zu Müssen (vgl. oben), "um sich mit Hülfe ihrer Freunde mit dem Prinzen trauen zu lassen. Dies gereiche aber zum Ruin des Prinzen, da er noch jung an Jahren und sie auch nicht seines Standes sei, sie überdies auch von einem jungen Edelmann Namens v. Lehsten, welchen sie in seiner noch zarten Jugend ohne Vorwissen seiner Mutter bestrickt gehabt, öffentlich im Consistorium zu Rostock geschieden sei". Die Herzogin bat daher den Herzog um Hülfe für ihren Prinzen. Die meklenburgische Regierung verbot daher am 11. Junii 1706 dem Prediger zu Gammelin die Trauung 2 ), falls sie ihm angemuthet werden sollte. Der Dorothea v. Winterfeld ward aber bei Strafe der Cassation der Ehe kurz befohlen, "daß sie sich mit dem Prinzen Ludwig Carl von Franzhagen nicht trauen lassen solle 3 )". Diese zweite Scene spielt also wieder in derselben Familie v. Schack zu Drei=Lützow und Hülseburg, vielleicht auch gar durch Vermittelung der Wittwe v. Schack, mit welcher Dorothea v. Winterfeld gar nicht verwandt gewesen zu sein scheint.
Doch diese Befehle kamen wohl zu spät. Nach des hamburgischen Schulrectors Johann Hübener Genealogischen Tabellen, 1737, Tab. 219, welcher alle Personen und Begebenheiten gekannt haben wird, war das Paar schon am
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20. Dec. 1705 getrauet und der erste Sohn ward schon am 15. Nov. 1706 geboren. Der Prinz Ludwig Carl starb schon am 11. Oct. 1708 und seine beiden Kinder starben am 9. Febr. 1708 und 2. April 1709 1 ). Dorothea v. Winterfeld starb im Jahre 1739 zu Hamburg 2 ).
Die verwittwete Herzogin Eleonora Charlotta von Holstein=Sonderburg=Franzhagen, geb. Herzogin von Sachsen=Lauenburg=Franzhagen, starb als die letzte ihres Geschlechts 3 ), am 9. Febr. 1709.
So gingen diese beiden fürstlichen Häuser in einem ganz gewöhnlichen Leben unter.
Auch Franzhagen ist gänzlich untergegangen. Kurze Zeit nach dem Aussterben des sachsen=lauenburgischen Fürstenhauses ward im Jahre 1716 das Schloß Franzhagen abgebrochen. An der Stelle des Schlosses steht jetzt ein Forsthof Franzhof 4 ). Durch den Abbruch des Schlosses ward die Kapelle sehr schadhaft und es wurden aus derselben "fünf Leichen", unter diesen gewiß die des Herzogs Gustav Rudolf von Meklenburg, in die Kirche zu Büchen in ein Gewölbe in der Südwestecke des alten Schiffes versetzt, welches aber bei der jüngsten Restauration der Kirche vor einigen Jahren mit Sand zugeschüttet ist 5 ), ohne eine Bezeichnung hinzusetzen.
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Nr. 1.
Prinzessin Sophie Agnes von Meklenburg zu Rühn an den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg.
Rühn. 1693. März 26.
Durchleuchtiger Fürst,
Freundlich Viel Geliebter Herr Vetter.
Ich setze so ein festes Vertrauen in Ewr: Ld: affection, daß sie mir nicht Verübelen Können, wan ich zu weilen eine intercession Vor Bedrängete thue. An itzo giebet mir darzu anlaß die Jungffer Winterfelden, von Weißenfels, welche nach ihres Vatern absterben herunter gekommen, umb wegen deßen Verlaßenschafft eine richtigkeit zu treffen, da sie nuhn Vermeint, in Künfftiger Woche alleß zum stande zu Bringen, In dem der Käuffer Von dem Guhte Tühtzen daß gelt zahlen Wollen, So ist ein Mandatum Von Schwerin gekommen, Welches dem Kauff und Zahlung hemmet, Wordurch die Erben und sonderlich die Tochter Von Weißenfelß in Confusion gesetzet, weil sie nicht länger außbleiben darff, und doch auch nicht Gerne unverrichteter Sachen wieder abreisen Wolte. Ewr: Ld: Gönne ich daß Guht am Liebsten, Stunde ihnen Vieleicht auch am Besten an, were aber ein anderer, so es Verlangete, So were auch Wol Billig, daß er die Zahlungs Termine, so der itzige possessor gelobet, eingehen müste, damit die soweit separirten Erben sich auß einander setzen könten und ein jeder daß weinige, so ihme noch zukommen kan, ohne weitläufftigkeit erhalten könte, zu mahlen da sie auch die pension Von Glambeck Außer diesen Kauff Geldern nicht erlegen können. Ubriegens Verharre ich in meinem Wunsche, daß Gott Ewr: Ld: Bey Langem Leben und Glücklicher Regierung erhalten, und stetes Ihr Schutz und Helffer sein wolle.
Ruhne, den 26. Marty
Anno 1693.
E. Ld.
Freündt
willig, gantz ergebene Baaß
Sophie
Agnes H. z. M.
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P. S. Die Junffer Wintterfeltten hat selber hinnüber Reißen wollen, Weil ich aber geglaubet, eß möchte E. L. nicht Anstendtlich geweßen sein, Alß habe ichs deturniret Und mich zu dießer Vorbitte erkleret, hoffe, E. L. werdens zum besten Vermerken und der Armen Wintterfeltten zu dem ihrigen verhelffen, damit sie ihre Reiße beschleunigen kan.
A Son Altesse
Monsieur Friedrich
Wilhelm
Duc De Mecquelbourg
à
Suerin.
Nach dem Original im Staats=Archive zu Schwerin. Nur die Unterschrift und die ganze Nachschrift sind von der eigenen Hand der Herzogin.
Nr. 2.
Prinz Ludwig Carl von Holstein=Sonderburg=Franzhagen an den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg.
Franzhagen. 1702. Aug. 28.
Nachdehm Ich des haußsitzenden Lebens, zumahlen bey meiner Frau Mutter wunderlichen humeur, gantz überdrüßig bin, Ich aber, weil die Gnade gehabt Ew. Lbd. zu kennen, iezu eine sondere affection und Gnade von Ihnen gegen mich verspüret, So habe die freyheit nehmen und mich und meine gehorsamsten Dienste in Ew. Lbd. fernere Gewogenheit gegen mich recommendiren wollen, so daß ich Sie inständigst bitten will, mich bey dero milice freundvetterlichst zu employren. Ew. Lbd. dörffen auff meine Frau Mutter nicht sehen, was Sie dazu sagt, sondern wenn Sie mir die Gnade thun und helffen wollen, will ich mich, wo sie ordonniren werden, willigst gestellen, weil Ich ohnmöglich mehr so bleiben kan. Ich habe das zuversichtliche vertrauen zu Ew. Lbd., Sie werden mein Suchen vor gut auffnehmen und mir freundvetterlichst
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helffen, So will ich lebenslang mit allem eifer seyen und bleiben
Durchleuchtigster Fürst
Ew. Lbd.
Gehorsamst Ergebenster Vetter und
Diener
Ludewig Carl H. z. S. H.
Franshagen, den 28. Aug. 1702.
Nach dem Original im Staats=Archive zu Schwerin. Nur der Name in der Unterschrift ist von des Prinzen Hand.
Nr. 3.
Prinz Ludwig Carl von Holstein=Sonderburg=Franzhagen an den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg.
Gadebusch. 1702. Sept. 2.
Durchleuchtigster Hertzog,
Höchstgeliebter Herr Vetter.
Ueber Ew. Ld. so geneigtes Schreiben bin ich sehr erfreuet undt dancke dahero dienstlich vor solche güte. Ob ich nun woll gestern resolviret, sofort dem Herrn Vetter nacher Neustadt oder Dömitz zu folgen, so war doch die Frau Mutter mir darin zuwieder undt Muste ich aus gewißen Uhrsachen solche Reyse einstellen. So baldt mir aber Ewer Ld. retour nach Schwerin kundt werden wirdt, will ich nicht ermangeln daselbst schuldigste reverance zu machen undt Ew. Liebden mit mehren mein verlangen eröfnen, indeß bitte ich die versicherte Affection vor mich zu conserviren undt zu glauben, das ich fey
Meines Höchstgeliebten Herren
Vettern
ergebenster
Diener
Ludewig Carl H. z.
S. H.
Gadebusch, den 2. Septbr. Anno 1702.
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A Son Altesse Serenissime
Monseigneur Friderich Wilhelm,
Le Düc de Meqvelnbourg,
Prince des Vandales
à
Swerin.
Nach dem Original im Staats=A. zu Schwerin. Nur der Name in der Unterschrift ist von des Prinzen Hand. Besiegelt mit einem schwarzen Siegel mit dem vollen schleswig=holsteinschen Wappen mit den Buchstaben V. G. G. L. C. E. Z. N. H. Z. S. H.
Nr. 4.
Herzogin Eleonore Charlotte v Holstein=Sonderburg=Franzhagen an den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg.
Gadebusch. 1702. Oct. 9.
Durchleuchtigster Hertzog
.
Freundtlich vielgeliebter Herr Vetter.
Daß Ew. Liebd. mich wegen eines, mir meines eltisten Printzen und der sogenandten Madame Schacken halber obgeschwebten nie erhörten über die maßen großen unglücks so freundtvetterlich und getrewlich durch Dero Cammer=Rahtt Schultzen warnen laßen wollen, Dafür statte von gantzen Hertzen allen erdencklichen Danck ab. Wan mich aber diesfalls nicht ehender zur Ruhe geben kan, bis berührte Schacken , als welche besorglich durch allerhandt finesses ihren verdammlichen Begierden immer weiter nachhengen wirdt, an einen sichern ortt, woraus meinen Printzen fernerweit zu verleiten und zu verlocken, Ihr eins für alle verbotten ist, wirdt gebracht sein worden, Als trage zu Ew. Liebd. mein gäntzliches vertrawen, Dieselbe werden freundtvetterlich geneigt sein, Dero Obrigkeitliche assistence mir dahin weiter wiederfahren zu laßen, auff daß offtbedeutete Schacken also zu meiner Befriedigung fodersambst apprehendirt und zu gebührender penitence möge angewiesen werden. Ew. Liebd. verrichten hieran ein sonderbar gefälliges heylsambes werck der gerechtigkeit, und ich werde
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solche hohe faveur bis in mein grab danckbarlich zu erkennen wißen. Ew. Liebd. hiemit in die protection Gottes, mich aber und diese so wichtige angelegenheit in dero freundtvetterliche Vorsorge getroster Zuversicht anempfehlendt
Ew.
Ld.
Deinsteweilligen
Muhmen undt
Deinnerin
Eleonora Charlott H. z.
S. H.
Gadebusch, den 9. Oct. 1702.
A Son Altesse Serenissime
Monsieur le Duc Regnant de
Mecklenbourg etc.
á
Swerin.
Nach dem Original im Staats=Archive zu Schwerin. Nur die ganze Unterschrift ist von der Hand der Herzogin. Das Siegel enthält unter einer Krone einen runden Schild, mit einem combinirten Wappen, rechts Schleswig=Holstein, links Sachsen=Lauenburg. Der Titel der Herzogin hinter ihrem Namen ist sehr zusammengezogen und kann H. z. H. oder H. z. S. H. oder H. z. F. gelesen werden.
Nr. 5.
Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg erläßt einen Verhaftbefehl gegen die Wittwe v. Schack, geborne v. Lützow.
F. W.
Demnach Wir auß gewißen und erheblichen uhrsachen die Witwe Schacken gebohrne Lüzowen mit einem personel arrest beleget wißen wollen, und dahero gegenwartigen Notario Francken desfalß gnädigsten Befehl gegeben, sich ihrer Persohn an ohrten und Enden, da Er sie antreffen wird, durch implorirung jedes ohrts Obrigkeit und richterlicher assistenz zu versichern, alß wird allen und Jeden Unsern Beambten, denen von der Ritterschafft, auch Bürgermeistern, Gericht und Rähten
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und übrigen Unsern Landes=Eingeseßenen und
Unterthanen gnädigst und bey Verlust ihrer etwan
habenden Jurisdiction, auch sub poena arbitraria
ernstlich anbefohlen, daß Sie auff Verlangen
vorermeldten Notarii Francken, und nach
Vorzeigung dieses die vorbedeutete Witwe
Schacken gebohrne Lüzowen, in würcklichen arrest
nehmen und Sie wol bewahren laßen, damit Sie
nicht entkommen möge, biß Wir zu deren abholung
und abfolge die nöhtige Veranstaltung gemachet
haben. Uhrkundlich
. Dat. Schwerin, den 16. Octob. 1702.
Nach dem Concept im Staats=Archive zu Schwerin.
Nr. 6.
Herzogin Eleonore Charlotte von Holstein=Sonderburg=Franzhagen an den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg.
Gadebusch. 1702. Oct. 18.
Durchleuchtigster Hertzog
.
Freundtlich vielgeliebter Herr Vetter.
Es hat Uns gestriges tages der Notarius Francke eine gewiße Instruction vorgewiesen, vermöge deren Ew. Liebd. das von Uns gethane gesuch wegen der sogenandten Madame Schacken freundtvetterlich accordiren wollen. Wan wir nun vor der darunter verspührten sonderbaren Zuneigung Uns freundtmuhmlichsten fleißes bedancken und nichts mehr wündschen mögten, als daß Ew. Liebd. diesergestalt temoignirter so rühmblicher fast Vätterlicher Eyfer zu seinem gehörigen effect gelangen können, So haben Wir jedennoch auff angewandte fleißige erkundigung in erfahrung bringen müßen, gestalt berührte. Schacken, als eine ohnedem Landtkundigermaßen berüchtigte Vorflüchtige Person sich anitzo nach das Sachßen=Lauenburgische reterirt haben solle, dannenhero Wir dieser umbstände halber den Notarium Francke leicht vergeblich und umbsonst in ungewißheit Ihr dasmahl nachschicken würden. Damit aber gleichwohl Ew. Liebd. diesfals einmahl gefaßete geneigte intention ihren Zweck einigstinns erlange, Als ersuchen
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Wir mittelst dieses Ew. Liebd. auffs freundt=Muhmlichste, Dieselbe gütigst geruhen wollen, fothane Instruction bey Kräfften zu laßen und Uns demnach zu verstatten, selbige zufoderst zu abschreckung der Schacken nach gutfinden zu mögen eclattiren, auch, wen etwan nach diesem besagte Schacken Sich wiederumb in Ew. Liebd. Landen wagen mögte, offtbedeutete Instruction alsdan auff Unser fernerweites Begehren ihren vollen lauff zu gönnen. Die Wir hiemit Ew. Liebd. negst offerirung aller nur je müglichen Gegengefälligkeiten und unaussetzlicher recommendation beyder Printzen Götlicher protection getrewlich anempfehlen.
Gadebusch, den 18. Oce. 1702.
E.
Ld.
Deinstweillige Muhme
und
Deinnerin
Eleonora
Charlotta H. z. S. H.
Nach dem Original im Staats=Archive zu Schwerin. Nur die ganze Unterschrift ist von der Hand der Herzogin.
Nr. 7.
Herzogin Eleonore Charlotte von Holstein=Sonderburg=Franzhagen an den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg.
Gadebusch. 1702. Oct. 25.
Durchleuchtigster Herzog,
Freundlich Vielgeliebter Herr Vetter.
Ew. Liebden Bedancke zuforderst vor die übergeschickte Sachen Freund Muhmlichsten Fleißes, und habe ich eine offenbahre marque Ew. Liebden gegen mich tragenden überflüßigen Zuneigung darab wahrgenommen. Nachdemmahlen in meinen anderweitigen nohtwendigen angelegenheiten eine kleine reise nach Frantzhagen antretten und inzwischen nur einige wenige Leute alhie zurücklaßen müßen, Gleichwohl gegen negstkunfftig einfallenden terminum Andreae mich alhie ohnfehlbar wieder einfinden werde, Alß habe solches Ew. Liebden hiedurch gebührendt bekannt machen und in zwischen die be=
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harrliche continuation dero unverrückten Freundvetterlichen geneigtheit mir mittelst dieses vorbehalten, dabenebst Ew. Liebden zu allen dero thuen und vornehmen alle nur selbst Verlangende prosperitäten Von Hertzen anwunschen sollen, Womit Ew. Liebden ich Gottlicher obhut getreulich empfehle.
Gadebusch, den 25. Oct. 1702.
E.
Ld.
Deinstweillige Muhmen
und Deinnerin
Eleonora Charlotta H. z. S. H.
Nach dem Original im Staats=Archive zu Schwerin. Nur die ganze Unterschrift ist von der Hand der Herzogin.
Nr. 8.
Wittwe Anna Dorothea v. Schack an den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg.
Müssen. 1702. Nov. 3.
Müßen den 3. Nov. 1702.
Durchleugdigster herzog
Gnehdigster Fürst undt Herr.
Ihr Durchl. dehmühdig auff zu warden, veranläßet mih, das Ich von sicher hantt beriht worden, das Ihr Durchl. Ein mir hohst Preydiciert etickt ergen lasen, in fahl Ih in dero landen kehme, mein Persohn wechen gewißer undt Erheblige ursachen in Arest zu nehmen, bitte also undertenig, mir genehdigst zu berihten, wer solches voranlaßt hat, weihl Ih mihr hirmidt Erbihde, von allen rehde undt antwordt, So fihl ih weis, auffrigtig zu geben, auch an ohrtt undt Enden mir zu Stehllen, der honetten weldt zu zeihen, das Ih unschuldig, als bitte undertenig, Ihr Durchl. haben die gnahde vor mich, in fahl mein falscher angeber nicht in Mehkelburch geseßen, Solhe Persohn midt Arestt gleihfals zu belechen, auch solche Person ihr vormöhen, wens auch zwansich dausentt Rhtt., midt Arestt zu belehen, bis an ordtt undt Ende Solches außgemacht ist, wer diese hartte inyueryen
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mihr zu weche gebracht. Ich zweiffehl niht, Ihr Durchl. werden Soh gerecht sein, mih hirunder zu wilfahren undt den Arestt auff die Persohn undt alles Vermöhen, waß in Ihr Durchl. lande ist, in fester vorwahrung zu nehmen, dah midt hernaher in solhen wihderlichen fahl niht allein mein landes herren, sondern an hohem ordt kein ursach zuflugt zu nehmen habe, in welcher zuvorsiht Ihr Hohfürstl. Durchl. gottes ohbhutt getreulich Entfehlle undt mich zu Ihr hohfürstl. Durchl. hohen gnahden undertenig entfehl, midt allen Respekt Stehts vorbleihbe
Ihr hochfürstl. Durchl.
Meines
Gnehdigsten Fürsten
undt Herrn
undertenige demüttig
Dinrin
Anna Dorthea von
Lüzou
Wittwe von Schacke.
R. Schwerin, den 10. Novbr. 1702.
Nach dem Original im Staats=Archive zu Schwerin, ganz von der Hand der Ausstellerin.
Nr. 9.
Wittwe Anna Dorothea v. Schack an den meklenburgischen Minister Grafen Horn zu Schwerin.
Müssen. 1702. Nov. 5.
Müßen den 5 November 1702.
Hochwohlgeborner Her Graff.
Nah dem Ih Sih alle mahl in Mekelburg zu meinen Hohen freundt undt Convidanten auß gebehten, als nehme Ih midt diesen die Ehre undt Ersuche die Selben, werhen den mihr großen schimpff des ergangen etickts den Arestt nahtrucklig zu vorornen, undt weihl sih Selber mein Afher 1 ) wißen und gelesen haben, als berichts auff Ehrliges undt
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Rehttelig, welhes vor dem gnuh in der weldt geschen, das sih Ein Prinß midt Ein adellige Persohn vorsprochen, welhes alle dahe gehort wurd, undt weihl Ih niht wonhafftig in mehkelburg, sondern hir, so hoffe, sih werden ohn groß weitleufftikeit die 20,000 Rhtt. ins lant behaltten, das Ih meinen schwehke erreicht, das folges geldt in mehkelburg bleihbt, weihl Ih Solges vor dem auff guht finden undt folmaht des Elsten herzogen bei Ihr exellens incamenyeren müßen, undt der Selbe hernaher in ein Stunde sich bedacht, welhs mih domahls sehr vertroßen hat, als bitte Ih, sih duhn mir dieses zu gefallen undt Sehen ein wenig auff mein intres, weihl Ih mir niht zu rahten weiß. Auch habe Ih keinen Rhtt. in der herzogin ihren Dinst bekommen, soh bitte Ih auff 100 Rhtt. Ein Arestt auss von der herzogin ihren gelde, weihl Ihs gnuh vordienet. H. Francke hatt soh fihl werke maht von die 20 Rhtt., so sih auff haber an mich geliffert, welhes Ih doh ohn Ihm leicht an Sih rigdig mahen werde, undt bitte mir in Beuzenburg an Jemant order zu stellen, der solhe rihdikeit von mir entfenktt. Ihr exellens bitte 1000 mahl, sih laßen mir doch keinen tortt weitter erfaren, umb solhen unruhige fürstin auh mahl tort zu tun, undt muß mir geldt ohder die Person zu mein Afendasch 1 ). Ih befehl mich ihre gnahde undt bleibe
Ihr
dinrin
A. W. von Schacke.
Nach dem Orignal im Staats=Archive zu Schwerin ganz von der Hand der Ausstellerin.
Nr. 10.
Herzogin Eleonore Charlotte von Holstein=Sonderburg=Franzhagen an den Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg.
Franzhagen. 1706. Jun. 8.
Durchleuchtigster Fürst,
Vielgeliebter Herr Vätter.
Ew. Lbd. an Unß und Unsere Princen bißhero so vielfälltig erwießene Liebe und Vorsorge, wofür wier Zeit Lebens
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obligiret seyn, veruhrsachen, daß Wier abermahlen in aller Confidence Unsere Zuflucht alß eine Hochbetrübte von aller Welt verlaßene, und mit vielen Unglück überhauffte Fürstinn nehmen, und umb kräfftige Adsistance anflehen müssen. Zumahlen leyder gantz Kundig ist, auch in Erfahrung gekommen, Waßmassen Unser Printz Lubwich Carl, von Unser geweßenen Trewloßen Frewlein Dorothea Winterfelten dermaßen verleitet, daß Er ohn Unser Vorwissen und Willen mit Ihr Anfangs nach Hannover gereißet, da Ihme dan alle Civilité von Ihr Gnaden dem Drchl. Churfürsten erwießen, da Er dan noch auff Befragung, Ob Er sich vermählet hätte? Nein, geantwortet hat, nachgehends aber mit Ihr nach Hamburg, und jetzo nach Mecklenburg gegangen ist, und sich zu Hülseburg bey Herrn Schacken anffhalten sollen, umb durch Hulffe Ihrer Freunde, wie Unß berichtet, Sich mit dem Princen trawen zu lassen, Wier aber solches alß einen offenbahren Ruin Unsers Printzens, Zumahlen Er annoch Jung von Jahren, und sein Fortun anderweitig machen muß, Sie auch nicht seines Standes, Überdehme von einem Jungen Edelmann nahmens Lesten, welchen Sie auch in seiner annoch zarten Jugendt, ohne Vorwissen dessen Fraw Mutter bestricket gehabt, öffentlich im Consistorio zu Rostock geschieden worden, davon das Uhrtel mit mehren Nachricht geben kan, solches unmuglich zulaßen können:
Alß trage die Confidence zu Ew. Lbd., daß Sie Unß hierunter geneigt adsistiren und ein Moyen, wodurch dießes Ihr vorhabendes Propos zu Unsers Printzen Conservation zu unterbrechen von selbsten schon erfinden werden.
Im übrigen recommendire Unseren Printzen mit fr. Bitte, Ihn mit Väterlicher Gnade und Hulffe geneigt zu adsistiren, Welche Hohe Gühte und Liebe Zeit Lebenß werde zu aestimiren wissen, und negst Anwünschung beständiger Prosperité verbleibe
E.
Ld.
Deinstweillige Muhm
und
Deinnerin
Eleonora
Charlotta H. z. S. H.
Franshagen, den 8. Juny
Anno 1706.
P. S.
Ew. Lb. Gemahline befehlen Ih auch zu Schönsten und Recommedire mih in deroh Genade, wie auhe in E. Ld. Gnedige vorsohrge, vor Ihre angenehme Sohen Carlle.
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A Son Altesse
Le Duc de Mecklenbourg Regent
à
Swerin.
Nach dem Original im Staats=Archive zu Schwerin. Das schwarze Siegel ist dasselbe, mit welchem auch der Brief vom 9. Oct. 1702, Nr. 4, besiegelt ist.
Nr. 11.
Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg verbietet dem Pastor zu Gammelin die Trauung des Prinzen Ludwig Carl von Holstein=Sonderburg=Franzhagen mit Dorothea v. Winterfeld.
Schwerin. 1706. Jun. 11.
F. W.
Würdiger und Wollgelahrter, lieber andechtiger
und getreuer. Auf beygehendes copeyliches
Schreiben der Hertzogin von Frantzhagen Lbd.
befehlen Wir Euch hiemit gnedigstes ernstes,
daß, wen Euch die Trauung des Printzen von
Frantzhagen mit der Dorothea Winterfeldten zu
verrichten angemuhtet werden solte , Ihr davon
bey Vermeidung Unser schweren Ungnade und
unbeliebiger Ahndungen abstrahiren solltt. An
dem
. Datum Schwerin, den 11. Jun. A. 1706.
An
Ern. Pastorem N.
zu Gammelihn.
Daß Vorzeiger dieses von der Dchl. Hertzogin von Frantzhagen bey Abreise Sr. Hf. Drchl. nach Neustadt ein verschloßenes Schreiben woll überlieffert, wird mittelst Ertheiluug dieses Recepisse attestiret, Und seynd darauf noie. Smi. absentis beygehende Verordnungen von der fürstlichen Regierung ergangen. Schwerin, den 11. Jun. A. 1706.
Fürstl. Mecklenb. Geheimbte Cantzley.
H. C. Wolffradt.
Nach dem Concept im Staats=Archive zu Schwerin.
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Nr. 12.
Herzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg verbietet der Dorothea v. Winterfeld die Verheirathung mit dem Prinzen Ludwig Carl von Holstein=Sonderburg=Franzhagen.
Schwerin. 1706. Jun. 11.
F. W.
Es wird der Dorothea Winterfeldten hiedurch gnädigst und sub poena cassandi matrimonii gantz ernstlich anbefohlen, daß Sie Sich mit dem Printzen Ludwig Carl Lbd. von Frantzhagen nicht trauen lassen solle. Datum Schwerin, den 11. Juny A. 1706.
Nach dem Concept im Staats=Archive zu Schwerin.
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:
Drei Briefe
des
von Meklenburg=Schwerin
aus den Kriegsjahren 1639 und 1640
über
den Zustand des Landes,
mitgetheilt von
G. C. F. Lisch.
1.
Adolph Friedrich
.
Pp dis . Demselben konnen wir hiemit nicht verhalten und ist Ihme selbsten ohne weitleufftige erzehlung gnugsamb wissend, waßmassen die Schwedische gantze armee, alsobalt sie verspuret, daß der Herr General=Lieutenant mit der unterhabenden Kayserlichen armee von den Pommerischen Grentzen abgezogen und sich etwas höher hinauff in die Marck Brandenburg begeben, mit aller macht in unser und unsers geliebten jungen Vettern und Pfleg=Sohns Hertzogs Gustavi Adolphi zu Mecklenburg L. Furstenthumb und Lande, alß die sie ohn einige defension bloß gefunden, ohn einige resistentz eingefallen und dieselbe wie eine unversehene Wasserfluet Uberschwemmet, Und weil sie auch aufm platten Lande nichts mehr gefunden, furerst mit der gantzen
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armee fur Unsere Residentz Schwerin gerucket und
selbiges Stättlein, folgends auch Gustrow und
Butzow (weil sie einer sothanen gantzen armee zu
resistiren gantz nicht bastand gewesen) mit
gewalt eingenommen. Wie feindsehlig nun dieselbe
darinnen haußgehalten und ehe nicht von hinnen
gewichen, biß sie alles consumiret und den armen
Einwohnern nicht ein stuck brot mehr ubrig
gelassen, Solches kan nicht gnugsamb beschrieben
werden, Zumalen eß nunmehr mit den armen leuthen
dahin gerathen, daß diejenige, so ubrig
geblieben, nicht allein Meuse, Katzen, Hunde und
gantz unnaturliche Sachen zu stillung des
Hungers genießen, sondern auch an
Unterschiedlichen orten die Eltern Ihre Kinder
gefressen und ein Mensch fur dem andern nicht
sicher ist, wie solches mit vielen
Unterschiedenen exempeln gnugsamb zu erweisen.
Dessen Ungeachtet unterstehet sich der
Commendant in Plawe von den ubergebliebenen
armen leuthen zu Gustrow, Mirow, Parchim, Luptze
schwere unertragliche contributiones zu
erzwingen, da sie doch in wahrheit, Zumaln sie
keine lebensmittel mehr Ubrig behalten, dieselbe
nicht außgeben konnen, Derowegen wir dan auß
herzlicher commiseration mit Unsern Blutarmen
Unterthanen fur dieselbe zu intercediren keinen
Umbgang haben konnen, Den herren
General=Lieutenand freundfleißig ersuchend und
bittend, Er wolle an den Commendanten zu Plaw
ernste ordre ertheilen , von denselben keine
Contributiones alß Unmugliche Dinge mehr zu
erpressen, sondern sie vielmehr zu schutzen, daß
sie sich in etwas wiederumb erholen mugen, oder
auch den Platz zu unser disposition und fur
diesem schon einmahl beliebten demolition
abzutretten und seine Volcker zu besserem und
nutzlicherem Dienst der Kayserl. Mayt. und des
Heil. Rom. Reichs zu der armee zu fuhren.
Solches umb den Herren General=Lieutenant mit
freundschafft, gunstigem geneigtem Willen und
allem guten zu verschulden seind wir allezeit
willig und geflissen, Und thun Ihn hiemit Gottes
Schutz trewlich befehlen. Datum Schwerin den 23.
Jan. Ao.
. 1639.
An
Herrn General L. Gallas.
Nach dem Concept im Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.
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2.
V. g. g. Adolff Friderich.
Ersamer, lieber getrewer. Nachdem leider durch das betrubte langwirige Kriegeswesen und darauff erfolgte pestilentzische seuchen und Kranckheiten, hunger und Kummer unser und unsers geliebten Jungen Vettern und pflegsohns Ld. Fnrstenthume und Lande an Menschen und Viehe elendiglich und dermaßen vorodet und vorwustet, daß auf etzlichen Adelichen Höfen fast kein lebendiger Mensche ubergeblieben, Und wir den davon zu rectificirung unser Landes=Matricul umbstendliche nachrichtung haben mußen, Diesem nach befehlen wir Dir himit gnedig und wollen, das du uns von allen und jeden in beygefugter Specification begriffenen Adelichen Höfen und gutern umbstendliche nachrichtung, wer von denselben damahligen Besitzern, auch wen und wie sie auf einander vorstorben, was sie fur Erben hinter sich verlaßen und wer die itzige Besitzer sothaner guter sein, innerhalb 8 tagen in Unterthenigkeit einschicken sollest. Darin erstattestu unsern gnedigen willen und meinung. Datum Rostock den 15. Augusti 1639.
An
die Commissarien N. N.
Nach dem Concept im Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.
3.
A. F.
Unsern gnedigen gruß zuuor. Edle, liebe Andechtige. Wir haben Eur clägliches schreiben wol empfangen und tragen mit Euch ein gnediges mitleiden. Wie gerne Wir Euch auch zu den gebetenen 2000 Rthlrn. helffen wolten, Solches ist dem lieben Gott bekant, Und solte daran kein mangel verspuret werden, Wen nur einige mittel vorhanden wehren, Die seind aber leider ietziger Zeit bey Uns nicht, wie Ihr selbsten Und alle Vernunfftige, die Unsere gelegenheit wissen, In deme wir auß Unserm Lande nicht eines hellers wehrt zu genießen und Unsere Taffel zur
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notturfft nicht mehr halten konnen,
Vernunfftiglich zu ermessen. Dahero ist Unß
ietzo auch eine wahre Unmuglichkeit, fur der
handt auch ein hundert Reichsthlr. aufzubringen.
Begehren demnach gnediglich, Ihr wollet mit Unß
in gedult stehen, die begrebnuß auß den
hinterlassenen mitteln immittelst verrichten,
Und Euch Versichert halten, Da wir nur durch
Gottes gnad einige mittel Euch zu contentiren
erlangen werden, daß Euch fur allen andern damit
geholffen werden solle. Immittelst haben Wir
auch Unserrn Cantzler Johan Cotman einen Weg
Vorgeschlagen und befohlen, sich zu bemuhen, Daß
Ihr dadurch auch etwas erlangen muget. Habens
Euch gnedig nicht Verhalten mugen Und Verbleiben
Euch
. Datum Schwerin den 18. Febr. 1640.
An
Herrn General Maior Lohausen Sehl. Witwe.
Nach dem Concept im Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.
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|
:
von
D. C W.
H at die Meklenburgische Geschichtsforschung auch nicht die undankbare Aufgabe, versunkenen Städten, wie Julin und Wineta, nachzuspüren, so ist doch die vor Wismar belegene kleine Insel Liepz mehrfach besprochen und besonders in Rücksicht auf die Frage, ob die See ihren Umfang gegen früher verkleinert habe. M. Bernhard Latomus, der bekanntlich von Wismar gebürtig war, berichtet, daß die zu einem "kleinen Stücke" verspülte Insel ehedem zwei Hufen groß gewesen sei 1 ), und macht diese Angabe bei Gelegenheit der Erzählung, wie Fürst Heinrich der Pilger den Wismarschen 1266 den Gebrauch des Lübischen Rechtes und ihren Besitzstand, zu dem auch namentlich die fragliche Insel gezählt wird, bestätigt habe. In dem darauf bezüglichen Privilegium vom 14. April des gedachten Jahres wird die Insel zuerst erwähnt. Der Landesherr concedirt der Stadt
omnia infra terminos siue disterminaciones dicte ciuitatis contenta, tam aquas, quam prata, cum pascuis, et insulam Lypez, usque ad municionem ciuitatis preter aquam seu stagnum antique Wismarie in superiori parte molendini situm 2 ).
Demnächst wird die Insel 1328 genannt, in welchem Jahre die Rathmannen eine Willküre machten, daß dieselbe zu den
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Herrenlötten gelegt werden solle 1 ), d. h. zu den Landstücken, welche unter die Mitglieder des Rathes zur Belohnung ihrer Mühen alle vier Jahre verloost wurden. Aus einem Kämmereiregister ergiebt sich, daß dieser am 28. May, also nach Himmelfahrt, wo in Wismar die Umsetzung des Rathes Statt fand, und vor der Heuärnte, gefaßte Beschluß ausgeführt und die Liepz unter acht Rathmänner verloost ward, während sieben Anderen Wiesen vor der Hillenbrücke und dreien solche vor dem Alt=Wismarschen Thore zufielen.
Ferner findet sich aus dem Jahre 1370 die Nachricht, daß ein Pferd von der Insel gestohlen ward:
Michahel filius rectoris in Dammeshaghen proscriptus est per Lodewicum institorem, cui furabatur equum suum tempore nocturno de prato proprio dicto Libetze. (Lib. proscript. p. 9.)
Im Jahre 1465 bildete die Liepz zwei Lotte und der Aderholm (Walfisch) ein Lott.
Endlich wissen wir aus einem Notizbuche des damaligen Stadtschreibers, daß bei der Umkavelung der kleinen Herrenlötte am Mittwoch nach Kreuzes=Erhöhung (Sept. 18) 1538 Liepz und Aderholm dem Rathmann Otto Tanke zufielen, daß dieselben bei der nächsten Umkavelung im Jahre 1542 nicht mehr mit zur Verloosung kamen und 1546 durch Rathsbeschluß förmlich aus der Zahl der Herrenlötte ausgeschieden wurden.
Manches von diesen Nachrichten scheint auf unsere Insel wenig zu passen; es ist auffallend, daß die Stadt schon 1266 bei einem erst sehr geringen Umfange ihrer Feldmark das zwei geographische Meilen entfernte Eiland erwarb, daß Pferde auf eine so entfernte und schutzlose Weide gebracht wurden und daß einigen Rathmännern zum Lohn ihrer Mühen die Erträge der entlegenen Insel zugesprochen wurden, während die Uebrigen Wiesen vor den Thoren der Stadt erhielten, Dieses und der Umstand, daß sich die Worte der Urkunde von 1266 so anlassen, als ob die Insel innerhalb der Stadtfeldmark gelegen habe, gab Grund zu vermuthen 2 ), daß es außer der heute bekannten noch eine zweite Liepz gegeben habe, und diese am Alt=Wismarschen Mühlenteiche zu suchen sei, da hier allein insularische Bildungen möglich, derselbe unmittelbar nach dem Zusprechen der Insel in der Urkunde außer Besitz der Stadt erklärt und im Jahre 1300 ausdrücklich mit
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"Inseln" u. s. w. vom Landesherrn dieser verkauft ward 1 ). Diese Conjectur war aber doch deshalb sehr gewagt, weil die Insel Liepz bei Pöl noch heute im Besitze der Stadt Wismar ist, weil nirgends eine nähere Bezeichnung, wie Liepz bei Pöl und Liepz bei Alt=Wismar, sich findet, wie man bei der Existenz zweier Inseln dieses Namens im Stadtgebiete erwarten sollte, und weil Latomus sowohl wie M. Dietrich Schröder 2 ) alle alten Nachrichten über die Liepz einzig auf die Ostseeinsel beziehen. Nun hat sich denn auch schließlich aus den Zeugenverhören eines Processes, welchen Wismar im Jahre 1597 gegen den fürstlichen Amtmann zu Grevesmühlen, Christian Thurmann, führte, die Unrichtigkeit der angegebenen Vermuthung hinreichend ergeben und daß man in der That alle vorhandenen Notizen über die Liepz bei Wismar einzig und allein auf das Reff dieses Namens zu beziehen hat.
Die in dem erwähnten Processe abgehörten Zeugen waren aus Wismar, Hoven, Niendorf (Ksp. Hohenkirchen), W. Tarnewitz und Boltenhagen. Dieselben sagten aus: Bis zwei Meilen von der Stadt, wo die Tonnen lägen, oder bis an die Golwitz, wie ein Zeuge sagt, gehe das Wismarsche Tief und die darin (richtiger daran) belegene Insel Liepz gehöre nach Wismar. Zwischen ihr und Tarnewitz sei das Stakentief, welches, 1 1/2 Ellen tief, mit Schuten zu befahren sei, bei kleinem Wasser könne man dasselbe durchwaten. Drei Zeugen geben die Größe der Insel auf einen halben, zwei auf einen ganzen Morgen, also etwa 240 □R., an. Ein Zeuge sagt, sie sei einen Rohrschuß breit und etwas länger, ein anderer, sie sei so groß, daß sich vier Pferde darauf nähren könnten. Ein Zeuge aus Hoven sagt aus, sein Großvater, der vor sechszig Jahren 120 Jahr alt, - er war also ungefähr 1410 geboren - gestorben sei, habe ihm erzählt, die Insel sei vormals drei Hufen groß gewesen. Ferner wurde ausgesagt, die Liepz und der Holm bildeten zusammen ein Herrenlott, welches wie die übrigen alle vier Jahre unter den Rathmännern (deren 24 im Rathsstuhle sitzen müßten, wenn der selbe voll sein solle) ausgekavelt sei. Vor dreißig Jahren sei noch Heu darauf geworben, bei drei bis fünf Fuder; später hätten die Tarnewitzer ihre Pferde hinaufgetrieben, wie sie auch schon früher gethan und wofür sie damals gepfändet worden wären. Die Wismarschen brächten ihre Pferde nur noch auf den Holm. Auf der Liepz habe vormals ein Thurm
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gestanden (durch den Bürgermeister Johann Bantschow, † 1427, zu bauen veranlaßt, wie der Zeuge von Hoven sagt), der vor sechszig Jahren noch Manneshöhe gehabt habe. Das noch sichtbare Fundament desselben liege von der "trockenen Liepz" zwei Büchsenschüsse oder, wie andere angeben, zwei Steinwürfe weit westlich nach Tarnewitz zu.
Nach diesen Aussagen gemacht von Leuten, deren Erinnerungen zum Theil sehr weit zurückreichen, wird man keinen Anstand nehmen, die oben beigebrachten Zeugnisse über die Insel Liepz auf das Reff Pöl gegenüber wirklich zu beziehen, welches, je nachdem der Wind westlich oder östlich ist, öde und aller Vegetation bar zu Tage liegt oder überfluthet wird. Auch 1742 stand sie schon "mehrentheils ganz unter Wasser" nach Schröders Angabe, 1669 wird sie von einem Wismarschen Schiffer als "ein kleiner Grasholm" bezeichnet 1 ), 1623 stand eine Bake darauf, zu Latomus Zeit, also etwa 1610, war sie "meist verspület, also daß nur ein klein Stück übrig", 1597 war sie mindestens noch etwa 120 □R. groß, 1538 bildete sie ein halbes Herrenlott, 1465 zwei dergleichen und 1328 noch deren acht. Auch die Heuwerbung auf der Insel und die Benutzung als Pferdeweide ist nicht zu bezweifeln. Der Wortlaut der Urkunde aber, der vielleicht noch Bedenken machen könnte, wird auch sein Anstößiges verlieren, wenn man die Stelle so deutet, wie es die Stadt nicht allein 1597, sondern auch bei späteren Gelegenheiten allewege gethan hat, nämlich als Grund ihres Rechtes auf das Wismarsche Tief, und behält auch die Stelle einen auffallenden und unklaren Anstrich, so ist auch der übrige Theil der Urkunde nicht frei von undeutlichem Ausdrucke und ungeschickten Wendungen.
Die Liepz ist der Rest einer Landzunge, welche sich vom Tarnewitzer Ort nordöstlich in die See erstreckte und die man in der angegebenen Richtung ungefähr zwei Meilen weit als Untiefe verfolgen kann, parallel der nördlichen Küste von Pöl und Wustrow. Von diesen ist sie durch eine Tiefe von 42 Fuß, das Tonnentief, getrennt, welche sich weit in die Wohlenberger Wiek hinein erstreckt. Der südliche Rand der Untiefe hat zwei Buchten , deren eine vom Festlande und der Liepz (Knuppen), die andere von dieser und dem Hahnenberg (1597) oder Hanibal (seit 1669), einer Bank, die 8-11 Fuß Wasser über sich hat, begrenzt werden; die östliche Bucht hat den Namen Krakentief und enthält nahe der Liepz noch eine kleine Bank auf 11 Fuß Wasser, den "Swinkötel". Liepz sowohl
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als Hahnenberg liegen hart am Rande der Untiefe. Der nördliche Rand der Untiefe zeigt ebenfalls zwei Einbuchtungen, die denen des südlichen entsprechen; übrigens fällt derselbe viel allmählicher in die Tiefe ab. An den beiden Stellen, wo die Einbuchtungen sich nähern, sind auch die tiefsten Stellen der Untiefe. Zwischen Tarnewitz und der Liepz ist ein Lauf voll 4 Fuß Wasser, also noch für Böte geeignet, das alte Stakentief, und zwischen Liepz und Hahnenberg findet sich das offene oder Mitteltief mit 20 Fuß Wasser. Eben so weit wie dieser durch eine schwarze Tonne bezeichnete Durchlaß westlich vom Hahnenberge liegt, liegt östlich von demselben die weiße Tonne, und noch einmal so weit ostwärts öffnet sich das große oder Königstief, ist die Haupteinfahrt in das Wismarsche Tief.
Ueber den heutigen Zustand der Liepz ist wiederholt in diesen Jahrbüchern und sonst berichtet 1 ). Der Baumeister Herr Langfeld hat dieselbe zuletzt besucht und will dort Baumstämme und Ziegelbruchstücke gefunden haben. Jene würden sich aber nur durch das Dasein von Wurzeln, von denen in seinem gefälligen Bericht an den ersten Secretair nicht die Rede ist, als Zeugniß für ehemaligen Baumwuchs anerkennen lassen, während es uns wahrscheinlicher ist, daß es Reste eingerammter Pfähle waren, und in Bezug auf die Ziegelbruchstücke täuschen sehr leicht in nassem Zustande die dort zahlreich vorkommenden Bröckel von rothem Geröll. Sollten sich doch aber dergleichen finden, so lassen sie sich, falls sie nicht aus neuerer Zeit stammen, doch wohl nur auf den Bantschowschen Thurm zurückführen. In historischer Zeit ist das Eiland, wie wir gesehen haben, sonst nicht bewohnt gewesen und in vorhistorischer Zeit ist an Ziegel natürlich nicht zu denken. Dieser gehören allerdings aber ein Feuersteinmesser und ein Keil an, welche dort gefunden worden sind 2 ).
Uebrigens ist bei der exponirten Lage der Liepz an Baumwuchs auf derselben auch wohl nicht zu denken; und es wird dieselbe von je immer nur ein flaches Weideland gewesen sein. Wie dies noch heute allmählich von der See an unserer Küste verschlungen wird, so wird auch die Liepz untergegangen sein: das Wasser unterspült den Rasen, der Rasen sinkt über, das Eis reißt ihn los und Wasser und Eis lassen eine trockene Sandfläche zurück, welche bald überströmt ist, bald trocken liegt,
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je nachdem die Winde das Wasser nach Süden oder nach Norden drängen.
Ganz ähnlich wie mit der Liepz ist es mit dem Walfisch vor Wismar gegangen. Derselbe ward, dazumahl Aderholm genannt, um 1271 auf acht Jahre für 40 Schillinge und 1279 für dieselbe Summe auf zehn Jahre verpachtet, brachte um 1300 jährlich 28 Schillinge, 1327 26 Schillinge und 1329, von einem Wendorfer Bauern gepachtet, 2 Mark. Später ist er zum Herrenlott genommen und bildete 1538 zusammen mit der Liepz ein solches, mit welcher er 1546 zugleich aufgegeben ward. 1597 brachten die Wismarschen noch Pferde hinauf; jetzt hat kaum ein Einziges genügendes Futter dort. Daß dieser Holm sich verhältnißmäßig länger als die Liepz gehalten hat, ist der weniger exponirten Lage, dem größeren Reichthume des Bodens an Geröll und den großen Granitblöcken zuzuschreiben, welche, Reste des alten Forts, bis vor wenigen Jahren am Ufer ringsumher lagen. Uebrigens scheint der Holm sich ehedem namentlich nach Pöl zu weiter erstreckt zu haben.
Ein drittes Eiland, der Swinholm, von welchem 1300 eine Pacht von 20 Schillingen bezahlt ward, ist ganz verschollen.
Zur Vervollständigung dieser werthvollen Nachrichten folgen hier über die ehemalige Insel Liepz die Mittheilungen, welche der Herr Baumeister Langfeld, jetzt zu Rostock, der sich vor einigen Jahren wegen der Küstenbefestigung lange Zeit an der Wohlenberger Bucht aufgehalten, der Redaction der Jahrbücher gemacht hat. Die ehemalige "Insel Liepz" ist die breite Sandbank, welche sich vom "Tarnewitzer Ort" nordöstlich weit ins Meer hinaus erstreckt, in gleicher Richtung mit der Halbinsel Wustrow und den nördlichen Küsten der Insel Pöl, und jetzt bei mittlerem Wasserstande gewöhnlich 1 1/2 bis 2 Fuß unter Wasser steht, bei starkem Südwestwinde aber aus dem Meere hervortritt. Diese ehemalige bewohnte Insel wird jetzt das "Liepzen Reff" genannt. Auf diesem "Reff" fand Herr Langfeld bei niedrigem Wasser noch Baumstämme und Ziegelbruchstücke, so daß die Möglichkeit nicht geleugnet werden kann, die Insel sei früher höher und bewohnt gewesen.
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Hiebei ist aber wohl zu beachten, daß die auf den heutigen Karten (nicht an der rechten Stelle) gezeichnete ganz kleine sogenannte Insel Liepz, welche südöstlich von der äußersten Spitze des Liepzer Reffs an dem östlichen Tief liegt, nicht die alte, einst bewohnte Insel Liepz sein und bewohnt gewesen sein kann. Diese kleine Insel, welche jetzt wohl der "Knubben" genannt wird, steht nach angestellten tiefen Bohrungen auf einem sehr starken Infusorienlager und ist durch ein schmales steiniges Reff, welches die Wohlenberger Bucht abschließt, mit dem Liepzer Reff verbunden.
Schon früher sind auf der ehemals bewohnten "Insel "Liepz", dem heutigen "Liepzen Reff", Spuren menschlicher Thätigkeit gefunden. Vor vielen Jahren ward ein Feuersteinspan oder ein spanförmiges Feuersteinmesser (Jahresber. VIII., S. 35) und im Jahre 1852 ein Keil aus Feuerstein (Jahrb. XIX., S. 293) auf der ehemaligen Insel gefunden. Vor mehreren Jahren fand der Herr Geheime Kriegsrath Grimm zu Schwerin auf der Liepz bei niedrigem Wasserstande ein Bruchstück von einer alten Guß(?) = Form aus fest gebranntem, weißlichen Thon, welche jetzt im Besitze des Vereins ist; diese Form hat zwei viereckige Vertiefungen, welche oben 3/4" im Quadrat weit und eben so tief sind und am Boden fünf kleine Löcher haben, so daß es fast scheint, als habe man stumpfe Bolzen oder dergleichen in diese Form gegossen.
D. Red.
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:
von
von
G. C F. Lisch.
1. Reliquien=Urne von Bandekow.
B ei der Restauration der Kapelle zu Bandekow in der Pfarre Boizenburg ward im Jahre 1862 auch der alte steinerne Altartisch abgebrochen, auf welchem jedoch keine alte Altartafel mehr stand. In dem Altartische ward in einer Höhlung noch die bei der Weihung hineingesetzte Reliquienurne gefunden, welche der damalige Kirchen=Oekonomus, Elbzoll=Revisor Wachhals an sich nahm und später an das großherzogliche Antiquarium ablieferte. Die Urne, welche freilich am Halse zerbrochen ist, ist von dünnem, grünlichem Glase, mit 3 knotigen Reifen von demselben Glase und 3 aufgelegten, dünnen Reifen von blauem Glase verziert. In der Urne lag eine Masse, welche zu Staub zerfallen war, ohne Zweifel in Seidenzeug eingewickelte Reliquien. Außerdem lag darin noch ein kleines Wachssiegel, welches nicht an einer Urkunde gehangen zu haben, sondern lose eingelegt gewesen zu sein scheint. Das Siegel ist rund und 1 1/4" im Durchmesser; es zeigt unter einem gothischen Baldachine ein sitzendes Marienbild mit dem Christkinde auf dem linken Arme und neben dem Baldachine zwei kleine Häuschen, in deren jedem ein Engel sitzt; unter dem Marienbilde ist in einer Nische rechts gelehnt
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ein Schild mit einer rechts gekehrten Spitze (das v. Parkentinsche Wappen), überragt von einem Bischofsstabe. Die Umschrift lautet in gothischer Schrift:
Dies ist also das kleine oder Secret=Siegel des ratzeburgischen Bischofs Dethlev v. Parkentin (1395-1419). Dieser Bischof führte zuerst ein Secretsiegel, welches eine parabolische Form und eine Umschrift in römischen Buchstaben hat (vgl. Masch Bisth. Ratzeb. S. 319) und sicher 1397-1409 vorkommt; er führte vorher schon als Propst dasselbe Siegel, welches er als Bischof wahrscheinlich umändern ließ. In den neuesten Zeiten ist aber zum Jahre 1414 ein jüngeres Secretsiegel dieses Bischofs entdeckt, welches dem Abdruck in der Reliquienurne von Bandekow gleich ist. Die Reliquienurne wird also in die Zeit zwischen 1410 und 1419 fallen und die Kapelle zu Bandekow ungefähr um das Jahr 1415 erbauet sein.
2. Reliquien=Urne von Nostorf.
Bei der Restauration der Kirche zu Nostorf bei Boizenburg im Jahre 1863 ward auch der steinerne Altartisch abgetragen und, nach einem Berichte, unter demselben beim Ausgraben des Fußbodens ein gläsernes Gefäß gefunden , in welchem die hier unten folgende besiegelte Pergament=Urkunde lag, nach welcher der ratzeburgische Bischof Johann v. Parkentin am 2. Oct. 1483 die Kapelle zu Nostorf geweihet hat, und zwar zuerst zu Ehren des Heil. Laurentius; unter den übrigen Heiligen der Kirche befindet sich auch der Heil. Ansverus. Das gläserne Gefäß ist beim Ausgraben leider zerbrochen.
Der Bischof Johann von
Ratzeburg weihet die
Kapelle und den
Altar zu Nostorf.
1483. Octbr. 2.
Nach dem Originale.
Johannes dei et apostolice sedis gracia Raceburgensis ecclesie episcopus presentium vigore protestamur et
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recognoscimus, quod anno domini millesimo quadringentesimo octuagesimo tercio, in die Leodogarii martiris atque pontificis, presens altare cum capella in honore dei omnipotentis ac sanctorum Laurentii leuite et martiris, sacratissime virginis Marie, eiusdem dei genitricis, Johannis baptiste, Mathei et Johannis apostolorum, Georgii, Sebastiani, Ansueri et sociorum eius martirum, Nicolai et Anthonii confessorum, Dorothee et Agnetis virginum et martirum rite dedicando consecrauimus, cooperante nobis gracia spiritus septiformis. In cuius rei fidem secretum nostrum presentibus duximus subappendendum. Datum et actum anno et die quibus supra.
Nach dem Originale, auf Pergament, in einer kleinen cursivischen Minuskel. An einem Pergamentstreifen hängt das bei Masch Bisth. Ratzeburg S. 385 beschriebene erste Secretsiegel des Bischofs Johann von Parkentin zu Ratzeburg, mit eingelegter rother Wachsplatte und Resten der Umschrift:
verdrückt und zerbrochen. -
Diese Originalurkunde ward im Jahre 1863 bei der Restauration der Kirche zu Nostorf bei Boizenburg unter dem Altare beim Ausgraben des Fußbodens gefunden; sie lag in einem Glase, welches leider von den Arbeitern unabsichtlich zertrümmert ist. Die Urkunde ist mit einer neuen Urkunde bei der Restauration wieder in den Altartisch gelegt.