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I.

Döbbersen

mit der Kirche

und

das Kloster Zeven,

von

G. C. F. Lisch.

E ine Meile nördlich von der Stadt Wittenburg, zwischen dieser und der Stadt Gadebusch, nicht weit von der Sachsen=Lauenburgischen Grenze, liegt, im Gebiete des ehemaligen Bisthums Ratzeburg, das Dorf Döbbersen auf einem hohen Vorsprunge über einer weit gestreckten Niederung, welche hier auch einen Bach und See einfaßt. Hoch hervorragend beherrscht dieses Dorf eine Kirche, welche in vieler Hinsicht sehr merkwürdig ist.

Die Kirche gehört zu den sehr saubern, harmonischen, tüchtigen, jungromanischen Ziegelbauten aus großen Ziegeln, wie sie vorherrschend im Sprengel des Bisthums Ratzeburg gefunden werden. Die Kirche besteht aus Chor, Schiff und Thurm. Alle drei Theile sind im Innern von Anfang an für den Kirchenraum eingerichtet und gewölbt.

Der Chor ist vierseitig. Der Ostgiebel ist ganz glatt, ohne Blenden, Friese und sonstige Verzierungen. Die Fenster sind verhältnißmäßig weit und hoch. Die östliche Altarwand hat ein etwas größeres Fenster, welches mit einem Rundstabe aus abwechselnd rothen und schwarz glasurten Ziegeln eingefaßt ist. Die Seitenwände haben an jeder Seite zwei von einander getrennte, etwas kleinere Fenster, welche ohne Verzierungen einfach schräge eingehen. Alle 5 Fenster sind im reinen Rundbogen gewölbt und in den Wölbungen geputzt. In der Nordwand ist eine kleine Pforte (für die Geistlichkeit),

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ebenfalls aus abwechselnd rothen und schwarz glasurten Ziegeln aufgeführt, welche ebenfalls rund gewölbt ist; sie ist jedoch an einer Seite etwas versunken und dadurch hat es den Anschein, als wenn der Bogen etwas zugespitzt wäre; sie ist aber ursprünglich rundbogig gewesen. Die beiden Seitenwände haben unter dem Dache einen Fries gehabt, welcher aus einem doppelten Zahnschnittfriese über einander und einer Ziegelstromschicht dazwischen besteht. Von diesem hübschen Friese sind jedoch nur noch an den Ecken einige Ueberreste vorhanden; die Hauptmasse, welche vielleicht schon etwas hinfällig gewesen ist, ist aber bei der jüngsten Restauration durch eine kümmerliche Hohlkehle ersetzt, welche aus modernen kleinen Ziegeln mühsam und schlecht mit dem Hammer ausgehauen ist. Diesen Fries haben auch andere aus dem Ende des 12. Jahrhunderts stammende, alte, romanische Ziegelkirchen im Lande; so z. B. hat das Schiff der uralten, ganz romanischen, schönen Ziegelkirche zu Lübow bei Wismar einen solchen Fries, welcher aus einer Stromschicht und einem einfachen Zahnschnittfriese darüber besteht; eben so hat die Kirche zu St. Georg vor Ratzeburg an dem mit dem Chor des Domes zu Ratzeburg gleichalterigen Schiffe einen ähnlichen Fries von zwei Stromschichten über einander und einem Zahnschnittfriese darunter. - Im Innern ist der Chor von einem (rundbogigen) romanischen Gewölbe bedeckt, dessen Kappen nur in Näthen zusammenstoßen und noch nicht von Rippen gehalten werden.

Das Schiff, welches keine Pforte hat, ist auch viereckig. Es hat in jeder Seitenwand auch zwei von einander getrennte, einfach schräge eingehende Fenster, welche jedoch im Uebergangsstyl leise gespitzt sind. Eben so sind die beiden großen Bogenöffnungen des Schiffes in der Ost= und Westwand, der Triumphbogen und der Thurmbogen, welche zum Bau des Schiffes gehören, im Uebergangsstyle gespitzt. Das Gewölbe des Schiffes ist aber romanisch, ohne Rippen, und dem Chorgewölbe ganz gleich. Das Schiff hat unter dem Dache einen Fries gehabt, welcher aus einer doppelten Stromschicht besteht, ist aber fast ganz verloren gegangen.

Das Thurmgebäude ist ebenfalls viereckig und von Anfang an mit zur Kirche gezogen und mit zum Kirchenraum bestimmt. Es ist im Innern ebenfalls von einem romanischen Gewölbe ohne Rippen bedeckt, wie die beiden andern Theile der Kirche, und durch Fenster hinreichend erhellt. Die Schiff= und Thurmgewölbe sind gleich hoch, das Chorgewölbe ist etwas niedriger. Das Thurmgebäude hat eine ganz eigen=

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thümliche Einrichtung. In der Nordwand liegt die einzige große Hauptpforte der Kirche (für die Gemeinde.) Diese Hauptpforte ist, wie die kleine Chorpforte, aus abwechselnd rothen und schwarz glasurten Ziegeln im Rundbogen aufgeführt und gewölbt. Darüber ist ein großes Rundbogenfenster, und neben demselben sind zwei rundbogige Blenden. Ueber diesem Fenster ist ein aus einer doppelten Stromschicht gebildeter Fries, welcher in gleicher Linie unter dem Dache des Schiffes fortgesetzt gewesen, hier aber fast ganz verschwunden ist. Die Südwand des Thurmgebäudes hat ein dem nördlichen Fenster entsprechendes Rundbogenfenster. Die

Westwand des Thurmes ist in den jüngsten Zeiten durch styllose Vorblendungen gänzlich entstellt.

So erscheint die ganze, stattliche Kirche wie aus Einem Gusse, obwohl sie aus drei verschiedenen Theilen besteht. Alle drei Theile haben übereinstimmende Eigenthümlichkeiten:

1) alle drei Theile haben keinen Granitsockel, sondern die Ziegelmauern wachsen, wie dies bei romanischen Ziegelkirchen gewöhnlich der Fall ist, aus der Erde empor;

2) alle drei Theile haben, jeder für sich, auch das Thurmgebäude, an allen Ecken Lissenen, welche den romanischen Baustyl zu charakterisiren pflegen;

3) alle drei Theile sind mit gleichen romanischen Gewölben bedeckt, welche noch keine Gewölberippen haben;

4) alle drei Theile haben gleich gebildete Friese, welche in gleichen oder angemessenen Linien liegen.

Ritter hat schon im J. 1840 die Kirche, als sie restaurirt ward, untersucht und im Jahresbericht VI., S. 84 beschrieben, jedoch noch nicht ganz genau und kunstgerecht. Er führt außerdem noch an, daß sich beim Abkratzen der überkalkten und bei der Restauration wieder übertünchten Wände die bischöflichen Weihkreuze fanden, welche verschiedenartig gemalt waren; leider giebt er nicht an, ob die in den verschiedenen Theilen vorgefundenen Kreuze unter sich gleiche Farben hatten. Außerdem berichtet er, daß ungefähr in der Höhe der Weihkreuze mittelalterliche, kugelige, blaugraue Töpfe (zur Erleichterung des Mauerwerks) in die Seitenwände, mit der Oeffnung nach innen, eingemauert sind, in denen jedoch nichts gefunden ward; jetzt sind die Topfmündungen zugemauert.

Wir haben hier also einen vollständig ausgeführten romanischen Ziegelbau in so großer Sauberkeit, wie sie nur an romanischen Ziegelkirchen, namentlich des Bisthums Ratzeburg, vorkommt.

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Und doch sind die Fenster und Bogen des Schiffes, welches zwischen zwei ganz romanischen Bautheilen liegt, im Uebergangsstyle leise gespitzt. Es läßt sich daher nur denken, daß die Kirche an der Grenze zwischen dem rein romanischen und dem Uebergangsstyle gebauet ward.

Und hiezu stimmt die merkwürdige Baugeschichte der Kirche. Das Dorf mit einer Kirche ("cum ecclesia") stand schon im J. 1226, wie weiter unten nachgewiesen werden wird. Die Pfarre mit der Kirche bestand schon um das Jahr 1230, da sie in dem Ratzeburger Zehntenregister aufgeführt wird ("In parrochia Dobersche. Dobersche ecclesia"; vgl. Mekl. U. B. I., S. 367). Diese Kirche ist aber nicht mehr vorhanden, sondern hat der so eben beschriebenen, schönen Kirche Platz machen müssen. Glücklicher Weise besitzen wir grade von dieser Kirche noch die Weihungs=Urkunde. Als nach Schröder's Pap. Meklb. I., S. 660, im J. 1725 der bisherige Altar in der Kirche zu Döbbersen weggebrochen ward, fand man in demselben folgende alte Schrift, welche Schröder mitgetheilt erhielt und abdrucken ließ:

Nos Fridericus dei gratia Razeburgensis episcopus
consecravimus hanc ecclesiam et hoc altare in
honorem sancte Crucis, beate Marie virginis,
Viti . . martyris . . et omnium sanctorum, anno
domini M. CC(X)LV, II. kalend. Julii, pontificatus
nostri anno quinto.

Die Jahreszahl 1245 ist ohne Zweifel falsch gelesen, da Bischof Friedrich von Ratzeburg 1250-1257 regierte; es ist also ohne Zweifel 1255 (MCCLV statt MCCXLV) zu lesen (vgl. Meklbg. U. B. II. Nr. 752) Es geht aus dieser Urkunde hervor, daß der Bischof Friedrich die Kirche und den Altar zu Döbbersen am 30. Juni 1255 weihte und zwar zu Ehren des Heil. Kreuzes, der Jungfrau Maria und des Heil. Veit.

Diese Urkunde ist für die meklenburgische Baugeschichte eine der allerwichtigsten, da das merkwürdige Gebäude, auf das sie sich bezieht, fast noch ganz unverändert vorhanden ist. Es geht daraus hervor, daß man in Meklenburg noch im J. 1255 romanisch bauete, während daneben der Uebergangsstyl schon eine große Ausdehnung hatte. Es mag sein, daß in Döbbersen noch ungewöhnlich spät romanisch gebauet ward und daß man in dem Ratzeburgischen Sprengel, wo in alter Zeit der Ziegelbau blühte, noch lange gern den beliebten würdigen Baustyl beibehielt, während man im östlichen Meklenburg schon ein Vierteljahrhundert früher den Uebergangsstyl

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mit wenigen romanischen Anklängen durchführte, z. B. in Neukloster seit 1219 und in Güstrow seit 1226. Jedenfalls haben wir in Döbbersen ein Beispiel, daß noch in der Mitte des 13. Jahrhunderts Verständniß des romanischen Styls herrschte. Die Kirche zu Döbbersen liegt in den letzten Zeiten des romanischen Styls und in den ersten Zeiten der Ausbreitung des Uebergangsstyls.

Forscht man nach den Ursachen der für eine Landkirche ungewöhnlich saubern Ausführung dieses Baues, so könnte man auf den Gedanken kommen, daß die in dem Bisthume Ratzeburg blühende Baukunst die Veranlassung gewesen sei. Es liegt aber ein anderer Grund näher, welcher triftiger ist.


Das Dorf Döbbersen gehörte in alter Zeit dem Kloster Zeven, im Erzstifte Bremen, zwischen Bremen und Stade. Zeven war ein uraltes Nonnenkloster Benedictiner=Ordens, welches am Ende des 10. Jahrhunderts zu Heslingen gegründet und im Jahre 1141 nach dem nahe gelegenen Zeven verlegt und 1158 von dem Kaiser Friedrich I. bestätigt ward (vgl. Bremer Geschichtsquellen, von v. Hodenberg III. Das Zevener Urkundenbuch. 1858). Dieses Kloster besaß seit früher Zeit das in der Grafschaft Schwerin liegende Dorf Döbbersen mit der Kirche. Wann und wie das Kloster diese Besitzung erworben habe, ist leider nicht bekannt. Vielleicht war es eine uralte Schenkung der Grafen von Schwerin; am 8. Junii 1199 war der Hamburger Propst Hermann, ein Graf von Schwerin, gegenwärtig, als der Erzbischof Hartwig II. von Bremen dem Kloster Zeven gewisse Freiheiten verlieh (vgl. v. Hodenberg a. a. O. S. 15).

Das Kloster Zeven erscheint schon im Jahre 1226 im Besitze von Döbbersen. Als der Erzbischof Gerhard von Bremen im Jahre 1226 dem Kloster den Besitz der demselben gehörenden Güter bestätigte, wird unter diesen auch Döbbersen mit der Kirche im Bisthum Ratzeburg aufgeführt:

"Doberse cum ecclesia in episcopatu Racenborg."

(vgl. v Hodenberg a. a. O. S. 17, Nr. 15, und Meklenb. U. B. I., Nr. 320). Zu derselben Zeit besaß das Kloster auch 8 Hausstätten ("areas") in der Stadt Lübeck, welche es im Jahre 1226 an das Domcapitel daselbst verkaufte (vgl. v. Hodenberg a. a. O. Nr. 16 und Lübeck. U. B. I., Nr. 38, S. 50).

Mehr Nachrichten über den Besitz dieses Dorfes sind

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nicht bekannt. Es wird um das Jahr 1230 in dem Ratzeburger Zehntenregister und am 30. Juni 1255 in der Weihungsurkunde der Kirche genannt (vgl. oben), ohne daß des Klosters Zeven gedacht wird. Am 23. April 1283 bestätigte der Graf Helmold von Schwerin der Pfarre zu Döbbersen die oberste Fischwehr in dem Fischteiche ("gurgustrum supremum in piscina") daselbst, welche seine verstorbenen Vorfahren ("progenitores pie memorie") derselben geschenkt hatten (vgl. Meklenb. U. B. III., Nr. 1678).

Dies sind alle alten Nachrichten, welche über Döbbersen vorhanden sind. Im Jahre 1335 werden als bischöflich ratzeburgische Vasallen von den Zehnten des ganzen Dorfes Döbbersen die Brüder v. Ritzerow aufgeführt (vgl. Schröder Pap. Mekl. I., S. 1152):

"Item Otto et Bertoldus milites et Didericus armiger fratres dicti de Ritzerow de tota villa Doberschen et de dimidia decima omnium villarum suarum, quas habent, exceptis illis de quibus episcopus vel prepositus recipiunt decimas".

Das Kloster Zeven wird aber nirgends mehr erwähnt. Wahrscheinlich veräußerte dasselbe früh den Besitz, wie überhaupt die auswärtigen Klöster ihre Besitzungen wieder verkauften, nachdem die durch sie verbreitete Bildung feste Wurzel gefaßt hatte, namentlich im 15. Jahrhundert, und nachdem ihre Mission erfüllt war. In späteren Zeiten gehörte das Patronat der Kirche den Landesherren, Herzogen von Meklenburg. Noch zur katholischen Zeit, 1515 am Sonntage Reminiscere, bat Heinrich v. Bülow zu Stintburg den Herzog Heinrich von Meklenburg, dem Priester Arnold Eggerd die Präsentation zur Pfarre Döbbersen zu verleihen, und im Kirchen=Visitations=Protolle vom Jahre 1534 heißt es: "Dobersche, mit der Kapellen to Boddin dar in horende, dat is

"ein Furstenlehn, besittet Johannes Lindenbeke, vorlent von Hartich Albrecht binnen acht Jaren".

Im 13. Jahrhundert wird aber das Kloster Zeven den Besitz des Dorfes Döbbersen gehabt und ohne Zweifel die im Jahre 1255 geweihete Kirche erbauet haben, da Styl, Größe und Tüchtigkeit des Baues für einen mehr als gewöhnlichen Bauherrn sprechen. Hiefür reden denn auch klar die Heiligen, denen die Kirche im Jahre 1255 geweihet ward. Die Kirche zu Döbbersen ward zu Ehren des heiligen Kreuzes, der heiligen Jungfrau Maria, des heiligen Märtyrers Veit und aller Heiligen geweihet (vgl. oben S. 6).

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Unter diesen Schutzheiligen ist der H. Veit, dem die Kirche besonders geweihet ward, vorzüglich merkwürdig, da das Vorkommen des H. Veit wohl in dem Bisthume Schwerin erklärlich wäre, aber nicht so leicht im Bisthume Ratzeburg, also wohl besondere Veranlassung haben wird. Das Kloster Zeven war dem Heil. Veit geweihet und ohne Zweifel eine Pflanzung des uralten Veit=Klosters Corvey. Die oben erwähnte Urkunde über den Zevener Hausbesitz in Lübeck (vgl. S. 7) ist 1226 zu Zeven in dem Chore des Heil. Veit gegeben ("Acta hunc hec anno dominice incarnationis MCCXXVI., in choro sancti Viti in Tzevena". Vgl. v. Hodenberg a. a. O. S. 18, Nr. 16). Ja, am 17. Juni 1231 schenkte das Kloster Corvey zur Ausbreitung der Ehren seines Patrons, des H. Veit, dem Kloster Zeven auf dessen Bitte "Reliquien vom Sarkophage des Märtyrers" ("reliquias de sarcofago martyris"), zu deren Abholung der Propst Dietrich mit Gefährten von Zeven nach Corvey gekommen war (vgl. v. Hodenberg a. a. O. S. 18, Nr. 17). Seitdem wird die Kirche zu Zeven oft die Kirche des Heil. Veit genannt (z. B. "ob reverentiam beate virginis et "sancti Viti; beato Vilo et ecclesie in Zcievena" u. s. w.). Auf dem Siegel des Klosters Zeven, abgebildet bei v. Hodenberg a. a. O. S. 2, ist dargestellt, wie der Heil. Veit, mit der Ueberschrift VIT9, von der Jungfrau Maria empfangen wird. Es ist daher sehr erklärlich, daß die Kirche zu Döbbersen 1255 dem Heil. Veit geweihet ward

Es ist schließlich von geschichtlichem Werth die Beantwortung der Frage zu verfolgen, aus welcher Veranlassung das Kloster Zeven in den Besitz des Dorfes Döbbersen kam. Es ist nicht wahrscheinlich, daß das Kloster ein einsames Dorf in weit entfernter Gegend sollte gekauft haben. Viel glaublicher ist, daß das Kloster das Dorf geschenkt erhielt. und zwar schon früh zur Zeit der ersten Grafen von Schwerin und wegen der Verdienste des Klosters um das eroberte und neu cultivirte Land. In dem Bisthume Schwerin ging die klösterliche Cultur von dem Cistercienser=Orden aus, dem der meklenburgische Apostel Bischof Berno, vom Kloster Amelungsborn, angehörte. Daher war das von ihm gestiftete erste Mönchs=Kloster Doberan ein Cistercienser=Kloster und eben so das erste Nonnenkloster Sonnenkamp oder Neukloster ebenfalls ein Cistercienser=Kloster; eben so gehörte das etwas später gestiftete, Döbbersen ganz nahe gelegene, unter dem besondern Schutze des Grafen von Schwerin stehende, Nonnenkloster Zarrentin zum Cistercienser=Orden. Der Cistercienser=Orden

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folgte zwar im Allgemeinen der Regel des Heil. Benedict, hatte aber seine besondern Regeln.

Das Kloster Zeven war aber Benedictiner=Ordens und wird um die Einführung dieses Ordens in Meklenburg besondere Verdienste gehabt haben. Schon die Borwine harten, also vor 1225, zu Dobbertin ein Mönchskloster Benedictiner=Ordens gegründet, welches am 28. August 1227 bestätigt ward (vgl. Meklenb. U. B. I., Nr. 343, 386 und 551) und nach Doberan und Dargun das dritte große Mönchsfeldkloster im Lande war. Das Kloster ward aber umgesetzt, indem um das Jahr 1234 Nonnen eingeführt wurden (vgl. Mekl. U. B. I., Nr. 425) und die Mönche nach dem Marien=Kloster vor Stade zurückgingen (vgl. Mekl. U. B. I., Nr. 551) und 21. October 1243 allen Ansprüchen entsagten. Das im Jahre 1141 zu Ehren der heil. Dreieinigkeit, der Jungfrau Maria, der Apostel Petrus und Paulus, des Evangelisten Johannes und des Heil. Veit gestiftete und 1147 außerdem zu Ehren des Heil. Benedict geweihete Mönchskloster vor Stade war aber auch Benedictiner=Ordens (vgl. Lappenberg Geschichtsquellen des Erzstiftes Bremen, S. 188). Am 6. Mai 1218 schenkten der Graf Heinrich von Schwerin und dessen Gemahlin Audacia dem Kloster vor Stade ("monasterio sancte Marie virginis "extra muros Stadenses ordinis sancti Benedicti"; vgl. Mekl. U. B. I., Nr. 242) 3 Hufen in Vellahn. Das Kloster Dobbertin wird noch im 14. Jahrhundert urkundlich wiederholt ein Kloster Benedictiner=Ordens genannt. Bald nach der Stiftung des Klosters Dobbertin, welches freilich im Lande Werle und nicht in der Grafschaft Schwerin lag, ward im westlichen Meklenburg noch das Nonnenkloster Eldena für den Benedictiner=Orden gestiftet.

Auf diese Weise läßt sich klar die frühe Wirksamkeit der Benedictiner=Klöster im Erzstift Bremen auf die Cultivirung Meklenburg's erkennen, und es sich leicht erklären, daß das Kloster Zeven früh das Dorf Döbbersen geschenkt erhielt. Sehr wahrscheinlich waren durch Vermittelung des Klosters vor Stade die ersten Dobbertiner Namen von Zeven gekommen.

Ob der Name Dobbersche ganz wendisch oder von Dobbertin benannt ist, oder vielleicht Dobber=Shê (= guter See) heißt, soll nur eine etymologische Spielerei sein, auf die ich kein Gewicht legen will. (Vgl. Jahrb. VII., B, S. 28.)

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