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1.

Medaillon der Herzogin Margarethe Elisabeth,

Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht II. von Güstrow,

von

G. C. F. Lisch .


Im November 1865 ward auf der Schöninsel im Gutower See bei Güstrow, bei dem kleinen Ellernbruch an der Seite dem Dorfe Bölkow gegenüber, von einem Arbeiter des Erbpächters der Insel beim Pflügen in einem Klumpen Lehm nahe unter der Erdoberfläche ein Medaillon mit einem Bilde gefunden. Der Arbeiter hielt den Fund einige Wochen geheim, zeigte ihn aber darauf dem großherzoglichen Amte zu Güstrow mit dem Wunsche, denselben Sr. K. H. dem Großherzoge zu überreichen. Das Amt wies den Finder an mich und ich nahm von demselben den Fund zu treuen Händen an mich, um ihn später Sr. K. H. dem Großherzoge vorzulegen, Allerhöchstwelcher damals gerade von Schwerin abwesend war. Gleich darauf wurden in den Zeitungen die abentheuerlichsten und übertriebensten und dazu ganz falsche Beschreibungen von dem Funde gemacht und Ansprüche von verschiedenen Seiten erhoben; so z. B. hieß es unter andern, der Schmuck sei nicht allein mit Diamanten, sondern auch mit Smaragden und Rubinen besetzt u. s. w.

Das Medaillon ist von reinem Golde und hat eine ovale Gestalt, ungefähr von der Größe des Längendurchschnittes eines Hühnereies oder eines Doppelthalers. Es besteht aus zwei Platten, deren obere einen Deckel bildet, welcher durch Druck geschlossen werden kann, und enthält im Innern ein gut gemaltes weibliches Brustbild. Die untere Fläche ist ganz flach und gravirt und stellt sehr fein und zart gearbeitete, kleine Blumenranken und Vögel dar, welche emaillirt sind, namentlich in grün und roth, woher die falsche Nachricht von

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Smaragden und Rubinen gekommen ist. Die obere Seite ist erhaben gearbeitet, nach einem Modell gegossen und ciselirt und ebenfalls mit vielfachen Farben emaillirt, welche aber zum großen Theile abgesprungen sind. Die Darstellung auf der obern Fläche ist ein geflügeltes Herz, welches von zwei Pfeilen durchbohrt ist, unter einer Krone (nicht ein "gekrönter fliegender Adler" ohne Kopf und Schwanz), also eine Allegorie jüngerer Zeit, von einem emaillirten Palmzweig an der einen und einem Lorbeerzweig an der andern Seite eingefaßt. Auf dem Herzen ist ein Diamant von ziemlicher Größe, aber, wie es scheint, von rissiger Beschaffenheit befestigt; unter dem Herzen ist ein kleiner Diamant und die dreispitzige Krone ist ebenfalls mit ganz kleinen Diamanten verziert. Der Rand ist mit 32 kleinen Diamanten besetzt, von denen 4 in der Mitte der 4 Seiten von dreieckiger, spitzer Form, die übrigen, je 7 in jedem Viertheil des Umfanges, aber ganz kleine, flache Diamanten oder Tafelsteine von geringer Größe sind. Die Diamanten sind, mit Ausnahme des mittlern, nur klein und nicht von großem Werth. Das Ganze wiegt 5 Loth.

Wenn man den Deckel aufklappt, so sieht man das Brustbild einer vornehmen Dame in der Tracht aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, sehr gut und fein auf Kupfer gemalt und sehr gut erhalten. Ich erkannte darin auf den ersten Blick die Herzogin Margarethe Elisabeth, Tochter des Herzogs Christoph vdn Meklenburg und erste Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow, welche mit diesem 1608 † 1616 vermählt war. Auch Se. K. H. der Großherzog erkannte dieselbe mit Sicherheit bei der Ueberreichung auf den ersten Blick. Es ist genau dasselbe Bild, in derselben Kleidung und mit demselben Schmuck, welches in ganzer Figur in Lebensgröße jetzt im Schlosse zu Schwerin in der Kirchengallerie hängt und als ein Bild der genannten Herzogin von dem Maler bezeichnet ist. Es gehört als Gegenstück zu dem gleich großen und ähnlich gemalten Bilde des Herzogs Johann Albrecht II., welches jetzt auch an der bezeichneten Stelle neben dem Bilde der Herzogin hängt. Da beide fürstliche Personen in noch jungen Jahren dargestellt sind und das Medaillonbild noch etwas frischer gehalten ist, als das lebensgroße Bild, so ist es, namentlich in Betracht der Allegorie des durchbohrten Herzens auf dem Deckel, mehr als wahrscheinlich, daß das Medaillon ein Brautgeschenk der Herzogin für ihren Verlobten vom Jahre 1608 ist und daß der Herzog es vielleicht bei der Jagd auf der Schöninsel verloren hat, wo

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es 250 Jahre unversehrt und wohl erhalten gelegen hat. Wahrscheinlich ist es aber erst einige Jahre nach der Schenkung verloren gegangen, da die Emaille an vielen Stellen schon sehr abgescheuert ist. Es leidet aber keinen Zweifel, daß das Medaillon ein Eigenthum des fürstlichen Hauses gewesen und auf fürstlichem Grund und Boden verloren gegangen und gefunden ist.

Se. K. H. der Großherzog erklärte sogleich bei der Ueberreichung, das Medaillon behalten zu wollen. Um den Werth gewissenhaft zu ermitteln, da es in Güstrow theils von Goldarbeitern viel zu niedrig, theils durch das Gerücht viel zu hoch geschätzt war, ward der Schatz nach Berlin gesandt, damit er dort unter fürstlicher Obhut von dem königlichen Hofjuwelier anständig taxirt werde. Hier ward es denn in runder Summe ziemlich hoch im Ganzen zu 500 Thalern geschätzt. Nach den Rechtsbestimmungen über gefundene Schätze hat hiernach der Finder die Hälfte dieser Summe baar ausbezahlt erhalten und das Medaillon ist zu dem Schmuck des großherzoglichen Hausschatzes gelegt.