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Die Kirche zu Kavelsdorf,

von

G. C. F. Lisch

Das Dorf Kavelsdorf, früher Kaboldesdorf, zwischen Schwaan und Rostock, nicht weit von der Warnow, ist mit der uralten Kirche wohl ohne Zweifel von der ritterlichen Familie Kabold gegründet, wenn auch der Name dieses Ortes bei Schwaan im ganzen 13. Jahrhundert noch nicht vorkommt. Als der Ritter Kabold eine Vikarei im Dome zu Güstrow gestiftet hatte, bestätigte der Fürst Nicolaus von Werle im Jahre 1301 dazu auch das Eigenthum einer Hufe in Kavelsdorf und im Jahre 1317 schenkten die Ritter Kabold dem Dome zu Güstrow den See zu Prisannewitz. Ohne Zweifel ist von derselben Familie auch das Dorf Kabelsdorf bei Tribsees in Festland Rügen gegründet, wo noch ein ungewöhnlich großer Burgwall liegt (vgl. Lisch Urk. des Geschl. Behr, I., A., S. 71). Die Familie erscheint auch zugleich sowohl im Lande Rügen, als auch im Lande Werle. Zuerst tritt der Ritter Ludwig Kabold schon im Jahre 1221 auf, offenbar im Gefolge des Fürsten Heinrich (Borwin II.) von Werle (Mekl. U. B. I., Nr. 278). In Meklenburg erscheinen die Kabold nur als Vasallen der Fürsten von Werle, nie der Fürsten von Rostock, obgleich das Dorf der Stadt Rostock so nahe liegt, daß man

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von demselben die Kirchen der Stadt deutlich sehen kann, und die Glieder der Familie sehr häufig in der Stadt Rostock auftreten. Die Familie Kabold besaß auch in alter Zeit das Dorf Kavelsdorf, da sie noch 1301 dem Dome zu Güstrow eine Verleihung aus demselben machten. Außerdem besaß sie auch das gegenüber am andern Ufer der Warnow liegende Dorf Polchow, welches sie im Jahre 1275 verkaufte (Mekl. U. B. II., Nr. 1367). Die Kabold saßen also an der nördlichsten Grenze des Landes Werle (Schwaan), und die Grenzflüsse Tichmenzeke 1 ) und Zarnow, von denen die Zarnow sich bei Reez in die Warnow ergießt, lagen wohl an oder auf ihrem Gebiete 1 ) (vgl. Jahrb. VI., S. 89 flgd.). Die Söhne des Ludwig Kabold werden gewöhnlich auch Kabold, daneben aber auch Kabold's Söhne ("Johannes Kaboldi": Mekl. U. B. II, Nr. 1182) und von Kavelsdorf ("Johannes et Henricus fratres de Kaboldisdhorpe": Mekl. U. B. II., Nr. 1254) genannt. Dies sind zugleich die Glieder der Familie, welche im 13. Jahrhundert am häufigsten als Vasallen der Fürsten von Werle erscheinen. Außer diesen kommt noch ein Knappe Werner Kabold im Jahre 1274 vor (vgl. Mekl. U. B. II., Nr. 1342). Ein Werner Kabold tritt auch im Jahre 1367 auf.

Nach dem Berichte des Herrn Cantors Hill zu Kavelsdorf lebt im Volksmunde der dortigen Gegend noch die Ueberlieferung, daß Kavelsdorf ehemals eine ringsumher von einem See umgebene Burg gewesen sei, welche nur auf der Südostseite einen ganz schmalen Zugang gehabt habe. Ein Blick auf die Oertlichkeit läßt dies auch nicht als unmöglich erscheinen, indem das Dorf, auf einer ziemlich bedeutenden Anhöhe liegend, noch jetzt ringsumher von See, Sumpf und Wiesen eng eingeschlossen ist. An welcher Stelle die Burg gestanden habe, verrathen zu Tage liegende Ueberreste nicht; jedoch vermuthet Herr Hill, daß ihre Stelle auf dem alten Kirchhofe, der jetzt nicht mehr benutzt wird, gewesen sei, da man hier vor etwa 6 Jahren in der Tiefe auf altes Mauerwerk gestoßen ist.

Die Kirche ist ein außerordentlich tüchtiges und bedeutendes Werk aus den ältesten Zeiten des Kirchenbaues im


1) Es würde von Werth sein, jetzt nach den Lehnherren und Vasallen die Grenzen der Länder Werle und Rostock zu beiden Seiten der Warnow festzustellen. - Das Original der Bulle des Papstes Urban III. vom 23. Febr. 1186 mit den Grenzbestimmungen und deren richtige Lesung ist jetzt bestimmt; vgl. Mekl. U. B. I. Nr. 141.
1) Es würde von Werth sein, jetzt nach den Lehnherren und Vasallen die Grenzen der Länder Werle und Rostock zu beiden Seiten der Warnow festzustellen. - Das Original der Bulle des Papstes Urban III. vom 23. Febr. 1186 mit den Grenzbestimmungen und deren richtige Lesung ist jetzt bestimmt; vgl. Mekl. U. B. I. Nr. 141.
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Lande. Sie besteht aus einem Chor, einem Schiff und einem Thurmgebäude. Alle diese Theile sind aus sorgfältig gewählten oder gespaltenen Granitblöcken aufgeführt. Alle Ecken und Pforten sind von regelmäßig behauenen und geebneten Graniten gebauet. Nur die Fensterwände und der Schifffries sind aus Ziegeln ausgeführt.

Der Chor ist viereckig und in seinen Wänden noch im romanischen oder Rundbogenstyle gebauet und wahrscheinlich das älteste Bauwerk der ganzen Gegend, in welcher bis jetzt noch keine romanischen Bauwerke bekannt geworden sind. Die Fensteröffnungen, welche nur wenig schräge eingehen, sind im reinen Rundbogen gewölbt. Zum sichern Beweise ist auch die Chorpforte im Süden, welche von behauenem Granit aufgeführt und von einem Rundstabe eingefaßt ist, im Rundbogen gewölbt. Der Chor hat in jeder der drei Seitenwände, auch in der Altarwand zwei Fenster. Sonst ist der Chor sehr einfach und ohne allen Schmuck, z. B. ohne Gesimse u. dgl.

Alles Uebrige ist im Uebergangsstyle gebauet, auch das Gewölbe des Chores, welches also etwas jünger ist, als die Wände. Die ganze Kirche muß daher in die letzte Zeit des romanischen und die erste Zeit des Uebergangsstyls fallen, d. h. wohl noch in das erste Viertheil des 13. Jahrhunderts. Die Familie Kabold kommt nach den oben mitgetheilten Berichten früh genug vor, um Erbauerin der Kirche sein zu können.

Das Schiff ist ebenfalls ein Gewölbe lang und hat an jeder Seite drei gekuppelte, leise gespitzte Fenster im Uebergangsstyl. (Die ganze Kirche hat also im Ganzen 12 Fenster.) In demselben Style ist auch die Pforte ausgeführt. Das Schiff hat am Dachgesims einen umgekehrt treppenförmigen Fries.

Von Bedeutung sind die beiden Gewölbe und die Gurtbogen der Kirche. Der Triumphbogen ist, wie die Fenster des Schiffes, spitz gewölbt. Eben so sind die beiden Gewölbe, welche starke Rippen haben, ausgeführt. Die Gurtbogen und Gewölbe sind also im Uebergangsstyle gebauet. Beide Gewölbe zeichnen sich dadurch aus, daß sie acht Rippen haben, welche nicht in einem Schlußsteine zusammenstoßen, sondern sich im Scheitel an einen großen Kreis von der Stärke der Rippen anlehnen. Die Rippen des Schiffgewölbes sind ganz einfach. Die Rippen des Chorgewölbes tragen aber einen reichen Schmuck. Die vier Kreuzrippen sind ganz einfach. Aber die vier Rippen, welche mit den Wänden parallel liegen,

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sind besonders construirt und geschmückt. Jede Rippe besteht nämlich aus zwei Theilen; von jedem dieser beiden Theile geht nämlich der eine von dem Gewölbekreise, der andere von der Seitenwand in schlichter Form aus; jeder endigt sich aber in einem Kleeblatt, so daß jedes Ende den Arm eines Kleeblattkreuzes bildet. Es begegnen sich also in jeder Gewölbekappe immer zwei Kleeblattstengel.

Der Thurm ist ein sehr mächtiges, starkes Feldsteingebäude aus der Zeit der Erbauung der Kirche, im obern Theile achteckig abgeschrägt. Die Spitze ist jetzt niedrig und verkümmert. In das Thurmgebäude, welches unten nicht gewölbt ist, führt an der Südseite eine sauber aus behauenem Granit ausgeführte Pforte mit Kleeblattbogen, auch noch ein Zeichen alter Zeit;

Die Kirche gehört also auch noch zu der Gruppe der Kirchen zwischen Sternberg und Schwaan, welcher auch die Kirchen zu Lüssow und Hohen=Sprenz angehören. Alle haben dieselben Eigenthümlichkeiten des Styls. Die Kirche zu Kavelsdorf scheint die älteste unter ihnen zu sein.

Der Chor zeigt Spuren von alter Malerei. Da aber die Kirche in den jüngsten Zeiten restaurirt und ausgeweißt ist, so ist die Erkenntniß der Malerei schwer zu erreichen. Der Herr Cantor Hill zu Kavelsdorf berichtete aber, daß er bei der letzten Restauration die Malereien, deren Conturen in den Kalkputz eingerissen seien, deutlich habe erkennen können. Auf der Altarwand, zu beiden Seiten des Altars, sei in folgender Reihe von der Linken nach der Rechten dargestellt gewesen: Christi Höllenfahrt, Grablegung, Auferstehung, Himmelfahrt.

Sonst ist die Ausrüstung der Kirche ganz modern und hat außer den unten aufgeführten Seltenheiten nichts Altes mehr aufzuweisen. In der Kirche ist außerdem noch ein Epitaphium auf den Obersten Claus von Oertzen zu Scharfstorf († 1694) und ein Epitaphium und ein mit Wappen bemaltes Chor der Familie von Vietinghof auf Reetz aus dem 18. Jahrhundert erhalten.

Das Altargemälde mit Einrahmung ist ein ganz schlechtes, wenn auch anspruchsvolles Werk des 18. Jahrhunderts.

Der Altartisch hat aber eine große, schöne Seltenheit, nämlich ein Antependium auf der Vorderseite. Ich habe in Meklenburg bisher außerdem nur noch ein Antependium zu Dänschenburg gefunden (vgl. Jahrb. XXIV., S. 349). Das Gemälde ist auf Holz auf Goldgrund gemalt und im

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Ganzen sehr gut, jedoch in der untern Hälfte abgestoßen und mit grauer Farbe überstrichen. Der obere Theil ist durch die Altardecke der jüngern Zeit geschützt gewesen. Das Gemälde enthält 5 ziemlich große Brustbilder, fast in Lebensgröße. In der Mitte ist Christus in der Dornenkrone (Ecce homo); zwei fliegende Engel zu seinen Häupten halten den Mantel und die Marterwerkzeuge. Zur Rechten Christi ist Maria in Kopfschleier, betend, zur Linken Johannes der Evangelist, mit vor der Stirn kurz abgeschnittenem Haar, anbetend. Zur Rechten der Jungfrau Maria ist der heilige Erasmus mit Bischofsmütze auf dem Haupte, mit dem Bischofsstabe in der linken Hand und mit einem (messingenen) Grapen in der erhobenen rechten Hand (vgl. Jahrb. XXIV., S. 344). Zur Linken des Evangelisten Johannes ist die heilige Maria Magdalene, in einer Haube, in der rechten Hand mit der Salbenbüchse, deren Deckel sie in der linken Hand hält. -Alle Figuren, mit Ausnahme von Christus und Maria, tragen die Gewandung der Zeit. Das Werk mag in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gemalt sein, wahrscheinlich als ein neuer Flügelaltar gemacht und der Leichenstein als Altarplatte auf den Altartisch gelegt ward.

Auf dem Altartische liegt ein großer Leichenstein, welcher, vielleicht im 15. Jahrhundert, bei der Erbauung des ehemaligen Flügelaltars gehoben und auf den Altartisch gelegt ist, da auf demselben die 5 bischöflichen Weihkreuze eingehauen sind, ein Zeichen, daß der Stein noch in katholischen Zeiten zur Altarplatte geweihet ward. Die figürliche Darstellung ist sehr schwer zu erkennen, da sie nur in seinen Umrissen in die Kalkplatte eingravirt oder eingeritzt, also der Grund nicht vertieft ist. Es ist jedoch mit Sicherheit eine große, stehende Gestalt eines Ritters zu erkennen, der auf dem Kopfe einen Stülphelm mit 2 Rosen trägt, welcher das Gesicht ganz bedeckt, mit der rechten Hand ein Schwert vor der Brust und in der linken, gesenkten Hand unter dem Schwertgriffe einen großen, alterthümlichen, dreiseitigen Schild vor sich hält. Die Inschrift steht auf vertieftem Grunde in großen und schönen mittelalterlichen Unzialen in dem Charakter der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts; an den 4 Ecken der Inschrift steht im Viereck von der Höhe des Inschriftrandes ein verziertes Kreuz. Die Inschrift, welche vielfach ausgesprungen und zum Theil von dem Altarbildrahmen verdeckt ist, lautet:

Inschrift
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Inschrift

Das Wort im Anfange der zweiten Zeile ist nicht zu erkennen; es wird F' A (feria) heißen sollen. Eben so wird das letzte Wort derselben Zeile F M LS (famulus) sein; es steht M IL e S sicher nicht da. Ich würde daher lesen und erklären:

Anno domini MCCCXLII (1342) │ [feriaj V post
Martini (Nov. 14) obiit Wernerus Ruze [famulus]
Anno domini MCCC - - │ - - - . . . eci
obiit Berta uxor eius. │

Diese Platte ist also der Leichenstein von dem Grabe des Knappen Werner Rütz († 1342) und seiner Ehefrau Bertha. Dieser Werner Rüze mag seinen Vornamen von dem oben genannten Werner Kabold führen, und ein Sohn der Tochter dieses Kabold sein, durch deren Vermittelung vielleicht Kavelsdorf von den Kabold auf die Rüze überging.

Schild

Der Helm, welcher auf den Schultern der Figur steht, ist ein vorwärts gekehrter Stülphelm, welcher nicht aufgeschlagen ist, also kein menschliches Antlitz zeigt. Der Helmschmuck besteht aus zwei Rosen, welche an den beiden obern Ecken des Helms stehen. Der Helm ist also dem hieneben abgebildeten Helm mit vier Rosen der von Kabold, welche gewöhnlich diesen Helm im Schilde führen, wie er auch im Mekl. U. B. II., Nr. 1367 abgebildet und erläutert ist, äußerst ähnlich. Man könnte daher auf den Gedanken kommen, daß in der Umschrift ntcht RUZ e , sondern R e Z e gelesen werden müsse und dieser Werner Rüze ein aus dem Geschlecht der Kabold stammender Werner Reze gewesen sei, welcher vielleicht auf dem nach Kavelsdorf eingepfarrten Gute Reetz ansässig war. Aber der Helm auf dem Leichensteine hat sicher nur zwei große Rosen und von zwei kleinen Rosen unter den großen ist hier keine Spur zu finden. Dazu kommt, daß in der Umschrift entschieden nur RUZ e zu lesen ist 1 ). Wir haben hier also ohne Zweifel einen Knappen Werner Rütz.


1) Ich bin der scharfsichtigen Beobachtung des Herrn Cantors Hill zu Kavelsdorf bei dieser Forschung großen Dank schuldig, da derselbe hinterher bei scharfem Sonnenlicht nicht nur den Stein wiederholt geprüft, sondern auch eine sehr gelungene Zeichnung der Figur eingesandt hat.
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Zu dem Namen Rüze stimmt auch der Schild auf dem Leichenstein, welcher ein Stiergehörn (Stirn, Hörner und Ohren) über zwei Adlerflügeln, ohne Queertheilung, zeigt. Dies ist denn auch wirklich der Schild der Familie Rüze, wie ihn Originalsiegel von 1350 und 1408 im Archive zu Schwerin haben. Dieser Schild der Rüze ist dem Schilde der meklenburgischen Familie von Barnekow gleich, welche im Mittealter sehr häufig, namentlich in der Gegend von Rostock, vorkommt und wohl mit der Familie Rüze stammverwandt ist; im Jahre 1350 z. B. erscheinen die Rüze zugleich mit den von Barnekow in Rostock.

Die Rüze bilden ein altes meklenburgisches Adelsgeschlecht, welches aber wenig vorkommt. Sie erscheinen, wie die meisten alten Adelsgeschlechter, zuerst im westlichen Meklenburg. Zuerst erscheint im Jahre 1237 bei der Stiftung des Klosters Rehna ein (Ritter) Elias Rüze zu Ratzeburg bei dem Bischofe (vgl. Mekl. U. B. I., Nr. 471). Aber schon im Jahre 1275 tritt ein Nicolaus Rüze als der letzte (jüngste) unter den Vasallen der Fürsten von Werle zu Güstrow auf (vgl. Mekl. U. B. II., Nr. 1373). Seit dieser Zeit erscheinen sie, jedoch selten, immer nur in dem mittlern und nordöstlichen Theile des Landes. Im Jahre 1310 ward der Sohn des Ritters Rüze ("Ruce filius Rucen militis") von der Stadt Rostock verfestet, weil er an der Ermordung des Rostocker Stadtdieners Hermann Bukow Theil genommen hatte. (Liber proscript. Rostoch.). Dies mag der hier behandelte Werner Rüze sein. Am 21. Januar 1350 liehen zu Rostock Raven von Barnekow, Ritter, Otto Lowenborch, Johannes Rutze und Dietrich Slemmin 28 Mk. lub. Pf. von den Brüdern Moscekin und Jacob, Juden in Rostock (Orig.=Urk. im Archive zu Schwerin); Raven von Barnekow und Johann Rüze führen dasselbe Schildzeichen im Siegel.

Im 14. Jahrhundert saßen die Rüze auf Kavelsdorf. Dies deutet nicht allein der Leichenstein an, sondern auch eine urkundliche Nachricht. In den handschriftlichen Genealogien von v. Hoinckhusen wird folgende Urkunde aufgeführt, welche in ihrem Wortlaut leider noch nicht aufgefunden ist:

"1386, des Sontages nach Paschen, da man singet Miser. Dom. (Mai 6) hat Henning Lutowe genömet Rütze, Knecht, eine Urfehde ausgestellet, und befunden sich unter denen Mitgläubigern Werneke Lutowe tho Knegendorp, Werner Rütze tho Caboldestorp".

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"Henning Lutowen anders genömet Rüze Siegel an diesem Brieffe war des Werneri Lutowen, außer der Umschrift, egal, es bedienete sich derselbe im Wapen einen altformischen Flügel, welchen die Rützen ebenmäßig zu führen in Gebrauch gehabt".

Dies ist ohne Zweifel das oben beschriebene Schildzeichen, in welchem Hoinckhusen das Stiergehörn nicht erkannt, sondern mit zu den Flügeln gezogen hat. Wir lernen hier also noch eine dritte Familie, von Lutow, mit einem ähnlichen Wappen kennen, welches jedoch nicht ganz mit dem der Familie Rüze übereinstimmt.

Die Urkunde wird wohl im Archive der Stadt Rostock liegen oder gelegen haben. Denn der Verein besitzt in einer Sammlung vieler von Rostocker Urkunden mit den Pergamentbändern abgeschnittener Original=Siegel auch das ohne Zweifel von dieser Urkunde abgeschnittene Siegel des Werner Rüze: ein rundes Siegel mit einem stehenden Schilde, auf welchem zwei Adlerflügel unter einem Stiergehörn liegen, mit der Umschrift:

Umschrift

Auf den Pergamentstreifen, an welchem dieses Siegel gehangen hat, steht, wahrscheinlich von Nettelbladt's Hand, geschrieben:

1386. Werneke Rufe (?) to Kaboldestorp.

Aber in derselben Sammlung findet sich auch noch das Siegel des Werneke Lutow: ein rundes Siegel mit einem stehenden Schilde, auf welchem zwei Adlerflügel (ein Flug) liegen, jedoch sicher ohne Stiergehörn. Die sehr undeutliche Umschrift lautet:

Umschrift

Auf dem Pergamentstreifen steht von derselben Hand geschrieben:

1383. Werneke Lunowe (?),

in der Jahreszahl und im Zunamen ohne Zweifel mit Irrthümern.

Der in der Urkunde von 1386 genannte Knappe Werner Rüze zu Kavelsdorf ist höchst wahrscheinlich ein Sohn des Werner Rüze, dem der Leichenstein angehört.

Diese Urkunde beweiset also klar, daß die Rüze im 14. Jahrhundert auf Kavelsdorf angesessen waren.

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In jüngern Zeiten saßen die Rüze auf Kladrum, Kobande und Lanken in der Gegend der Stadt Crivitz.

Vor dem Altare der Kirche zu Kavelsdorf liegt ein kleiner, nicht sorgfältig gearbeiteter Leichenstein mit einem Schilde mit einem halben springenden Thier (Hund?) mit Halsring. Die Inschrift lautet:

Inschrift

Das erste Wort in der dritten Zeile scb ist undeutlich. Es ist möglich, daß es mit dem folgenden zusammen; subplebanus heißen soll. Der Name Reddemile kommt sonst in Meklenburg nicht vor; die Person wird also wohl eine ausländische gewesen sein.

Unter den Altargeräthen ist noch ein alter, gut gearbeiteter, silberner Kelch, welcher auf dem Fuße folgende eingravirte Inschrift hat:

Inschrift

(Dieser Kelch gehört dem Kaland des Heiligen Leichnams an Unser Lieben Frauen Kirche (zu Rostock?) nach dem Tode Arnolds von Lübeck).