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Pfahlbauten von Russow bei Roggow.

Auf dem Felde des zu dem Haupthofe Roggow gehörenden Gutes Russow bei Neu=Bukow liegen zwei Torfmoore von schwarzem, moderhaltigem Torf, welche viele Spuren von Pfahlbauten der Steinperiode enthalten. Beide Moore sind nicht sehr groß und ohne Zweifel in den ältesten Zeiten Süßwasserseen gewesen; sie sind von sanft ansteigenden Höhen Ackerlandes umgeben und gleichen an Größe, Lage und Beschaffenheit ganz dem Pfahlbau von Gägelow bei Wismar (vgl. Jahrb. XXX., S. 86).

I. "Himbeeren=Soll" heißt das Torfmoor, in welchem noch jetzt Torf gegraben wird. In diesem Moor sind in den letzten Jahren sehr viele Gegenstände ausgegraben, welche auf einen Pfahlbau schließen lassen , aber fast alle von den Arbeitern verworfen sind. Es sind nämlich nach den Berichten des Herrn v. Oertzen auf Roggow und der Arbeiter nach und nach gefunden, und zwar meisten Theils an einer tiefen Stelle nicht weit vom festen Ackerlande auf dem Grunde:

außerordentlich viel Pfahlholz, kleine und auch große Stämme, welche in großer Menge in dem Moor liegen, auch Reste von angebrannten Pfählen;

große Massen von Haselnüssen;

eine große Menge von Thierknochen, von denen die Arbeiter vor einigen Jahren ganze Trachten mit nach Hause genommen haben ;

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sehr viele geschliffene Feuersteinkeile, welche jedoch von den Arbeitern alle verworfen und zum Theil zerschlagen sind; im Frühling 1866 hat jedoch der Herr v. Oertzen aus diesem Torfmoor noch zwei Feuersteinkeile gewonnen, welche die für die norddeutschen Pfahlbauten charakteristische rauchbraune Farbe haben und an Farbe ganz mit den Keilen von Gägelow und Wismar übereinstimmen (im Besitze des Herrn v. Oertzen);

ein großes Hirschgeweih, ein Vierzehnender, fest am Schädel (im Besitze des Herrn v. Oertzen), und viele nicht zerschlagene Knochen von einem Hirsch;

ein Schädel von einem wilden Eber, mit sehr großen Fangzähnen von 5 Zoll Länge, welche jedoch nicht mehr aufzufinden sind.

Die Arbeiter behaupten, auch viel Flachs gefunden zu haben.

Ein seltener Fund ist

eine Schildkröte.

Dies ist die gemeine Sumpfschildkröte oder Süßwasserschildkröte (Emys oder Testudo europaea), deren Schilde nur in der Mitte der Seiten fest verwachsen sind, im Rückenschilde, welcher 13 Horntafeln hat, nur flach gewölbt, gegen 8 Zoll lang, dunkelbraun von Farbe wie die Pfahlbauknochen. Es ist nur der Rückenschild vorhanden. Diese Schildkröte gleicht an Gestalt, Bau und Größe genau der Schildkröte, welche im Pfahlbau von Wismar gefunden ist. Die Schildkröten sind ein sicherer Beweis, daß die Torfmoore einst Süßwasserseen waren. Im Pfahlbau von Moosseedorf in der Schweiz ist auch ein halber Bauchschild von dieser Schildkrötenart gefunden (vgl. Rütimeyer Fauna S. 114).

II. "Großes Moor" heißt das Torfmoor, welches gegenwärtig nicht bearbeitet wird. Hier ist früher ebenfalls

eine Schildkröte

gefunden, welche genau die Gestalt und Größe der eben erwähnten hat. Es sind noch beide Schilde ziemlich vollständig vorhanden.

Außerdem ist ein kleiner Hundeschädel gefunden.

Der Herr v. Oertzen auf Roggow hat die Güte gehabt, bei der Untersuchung der beiden Moore durch mich am 20. Julii 1865 die beiden Schildkröten und den Hundeschädel dem Vereine zu schenken. Außer diesen Gegenständen ist, ausgenommen das Hirschgeweih, von den Funden nichts

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mehr vorhanden. Der Herr v. Oertzen hat aber nach dieser Entdeckung für die Zukunft schärfere Beaufsichtigung in Aussicht gestellt.

In Folge dieser Entdeckung hat der Herr v. Oertzen bei dem letzten Torfstich in den letzten Tagen des Monats Julii 1865 noch angebranntes und ganz verkohltes Holz und mehrere Haselnüsse gefunden. In einem eingesandten Stück Torf steckte noch ein ganz zu Kohle gebrannter runder Baumzweig von 1 Zoll Durchmesser.

G. C. F. Lisch.