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II.

Zur Genealogie der Grafen von Schwerin

und

über den Verkauf der Grafschaft Schwerin.


1. Beiträge
von

G. C. F. Lisch.

D ie Geschichte der Grafschaft Schwerin, eines sehr wichtigen Theiles des jetzigen Meklenburgs, ist immer sehr vernachlässigt gewesen. Chemnitz brachte zuerst die Ausüge der Grafenurkunden, so weit sich diese ohne tiefere Studien überblicken ließen, zusammen; Rudloff, welcher zuerst die Geschichte der Grafen im Zusammenhange auffaßte, folgt ihm größtentheils mit Zuversicht. Es ist daher noch viel zu thun übrig, um so mehr da noch nicht einmal das Gerippe der Grafengeschichte feststeht. Es folgen hier einige Forschungen, deren Veröffentlichung am dringlichsten zu sein scheint.


1. Graf Nicolaus I. von Schwerin=Wittenburg und dessen Familie.

Der würdige Graf Gunzelin III. (1228 † 1274), welcher in fast fünfzigjähriger Regierung alle Länder der Grafschaft zusammenhielt und allein regierte, war im Herbste des J. 1274 gestorben. Seine drei ihn überlebenden Söhne theilten die Herrschaft so, daß Helmold II. Boizenburg, Gunzelin IV. Schwerin und Nicolaus I. Wittenburg erhielt; durch diese Theilung stifteten die drei Brüder drei Linien, welche bis zu ihrem Aussterben von einander gesondert bestanden und sich auch durch das Wappen, wenn auch nicht ganz scharf, doch bemerkenswerth, aus einander hielten, indem die Grafen von Boizenburg den queer getheilten Schild, die Grafen von Schwerin das schreitende, ungesattelte Pferd, die Grafen von Wittenburg zwei Lindwürmer an einem Baume, das alleinige Wappen der alten Grafen, am meisten und vorherrschend gebrauchten.

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Der Graf Nicolaus I. (1274 † 1323), welcher ebenfalls beinahe ein halbes Jahrhundert regierte, wird sehr häufig, in Urkunden und in Chroniken, schlechthin Graf von Wittenburg, auch Graf von Schwerin und Wittenburg genannt; er residirte in Wittenburg, wo er wohl ein Schloß und eine Residenz einrichtete, und datirte seine meisten Urkunden von Wittenburg. Die Stadt Wittenburg hat auch zum Andenken an die Grafen zwei Lindwürmer auf einem Stadtthore im Siegel.

Nicolaus I. hatte eine zahlreiche Familie, welche in mancher Beziehung interessant ist. Er starb im J. 1323; Rudloff sagt nur, daß er, nach seiner letzten Urkunde, nach dem 11. Nov. 1322 gestorben sei; aber in Detmar's lübischer Chronik steht ausdrücklich:

"1323. Dor starf greve nicolaus van wittenborch; twe sone he leth, gunceline vnde nicolawese, gheheten pyst."

Am 15. Aug. 1324 nennt sich seine zweite Gemahlin Merislave schon Wittwe ("Myroslava relicta quondam domini Nicolai comitis de Wittenborch") 1 ).


Elisabeth,
des Grafen Nicolaus I. von Schwerin-Wittenburg
erste Gemahlin.

Der Graf Nicolaus I. von Wittenburg war zwei Male vermählt. Seine erste Gemahlin hieß sicher Elisabeth und war nicht lange vor dem 14. Aug. 1284 gestorben; an diesem Tage stiftete nämlich der Graf 2 ) aus besonderer Liebe zu seiner geliebten Gemahlin Elisabeth seligen Andenkens und aus Zuneigung gegen das Nonnenkloster Zarrentin, wo sie begraben lag, mit 7 1/2 Hufen des Dorfes Wendisch=Welzin, (A. Schwerin?), eine Vicarei zur Feier von Seelenmessen für seine verstorbene Gemahlin, ihn selbst, seine Aeltern und alle seine Erben. Woher diese Gräfin Elisabeth stammte, wissen wir noch nicht. Rudloff (Mekl. Gesch. II, S. 245 und Stammtafel) hat sie zu einer Gräfin von Cesse gemacht; aber abgesehen davon, daß Grafen von Cesse nicht bekannt sind und man bei Vermählung regierender Landesherren im 13. Jahrh. schon immer nach bestimmten, bekannten Fürstenfamilien fragen kann und muß, beruht diese Ernennung zu einer Gräfin von Cesse durch Rudloff auf einem Irrthume, der noch mehr Wunder nehmen müßte, wenn


1) Vgl. Urk. Schlesw. Holst. Urk. Sammlung II, 2, S. 160, Nr. 136.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. IX.
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es sich nicht täglich klarer herausstellte, daß Rudloff nur zu sehr den Urkunden=Auszügen oder der sogenannten Chronik von Chemnitz gefolgt ist: Chemnitz nennt in seiner Chronik des Grafen Nicolaus I. "verstorbene Gemahlinne Fraw Elisabeth Gräffinne von Ceße."

Die Ernennung der Elisabeth zu einer Gräfin von Cesse ist aus der oben angeführten Urkunde vom 14. Aug. 1284 hergenommen; in derselben sagt der Graf Nicolaus wörtlich, daß er in dem Kloster Zarrentin eine Vicarei stifte aus besonderer Liebe zu "seiner geliebten Gemahlin seligen Andenkens, der verstorbenen Gräfin Elisabeth:

vxoris nostre dilecte sancte recordacionis Elizabet comitisse decesse.

Decesse oder decessae ist nun das Particip von dem zusammengesetzten Worte decedere in der bekannten mittelalterlichen Bedeutung = sterben, mit Tode abgehen (affgân, mid dôde affgân). Dies heißt nun wörtlich:

unserer geliebten Gemahlin seligen Andenkens Elisabeth der verstorbenen Gräfin.

Chemnitz und nach ihm Rudloff, welcher die Original=Urkunde nicht verglichen haben wird, haben aber das Wort decesse (verstorben) getrennt und de Cesse=von Cesse, gelesen und haben so eine Person in die Geschichte gebracht, welche nie existirt hat und nirgends zu finden ist.

Wir haben also bis jetzt nichts weiter gewonnen, als daß die erste Gemahlin des Grafen. Nicolaus I. Elisabeth hieß. Aus welchem Hause sie stammte, wissen wir nicht. Vielleicht gelingt es einmal durch Entdeckung bisher unbekannter Urkunden oder durch die Namen ihrer Kinder ihre Aeltern zu erforschen. Es scheinen Gunzelin VI., Nicolaus III., Audacia, Kunigunde und Agnes ihre Kinder gewesen zu sein. Gunzelin und Nicolaus hatten ihre Namen von ihrem Großvater und Vater; von den Töchtern, welche alle drei Nonnen des Klosters Zarrentin waren, führte Audacia den Namen ihrer Großmutter väterlicher Seite; es blieben also nur Kunigunde und Agnes übrig, welche Anhaltspuncte geben könnten.


Merislave,
des Grafen Nicolaus I. von Schwerin-Wittenburg
zweite Gemahlin.

Eine andere Gemahlin des Grafen Nicolaus I. von Wittenburg war Merislave, eine Tochter des Herzogs Barnim I.

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von Pommern= Stettin († 1278). Sie war schon am 28. Jan. 1304 mit dem Grafen Nicolaus vermählt und hatte schon damals zwei Töchter in das Kloster vor Stettin gegeben 1 ). Sie erscheint in meklenburgischen Urkunden 1317, 1319 und zuletzt als Gemahlin des Grafen Nicolaus am 11. Nov. 1322, endlich als Wittwe desselben am 15. Aug. 1324, und zwar mehrere Male unter Anhängung ihres sehr großen Siegels. Die Gräfin Merisleve führt nämlich ein großes, rundes Siegel 2 3/4" im Durchmesser, mit folgender Bildung: auf einem Sessel sitzt eine weibliche Figur, welche mit der rechten Hand einen vorwärts gekehrten Helm mit graden Reiher (?)= Federn über den queer getheilten gräflich=schwerinschen Schild und mit der linken Hand einen rechts gekehrten Helm mit einem großen Pfauenwedel über den pommerschen Schild mit dem rechts ansteigenden Greifen hält, mit der Umschrift:

Umschrift

Bemerkenswerth ist, daß auf dem Siegel dieser Gräfin 1319 zuerst der queer getheilte Schild der Grafen von Schwerin vorkommt, während die ältern Grafen und noch der Graf Nicolaus I. zwei Lindwürmer am Baume im Siegel führen.

Die Herkunft dieser Gräfin Merislave ist ganz sicher gestellt. Am 28. Jan. 1304 hatte die Herzogin Mechthild, Mutter des Herzogs Otto I. von Pommern= Stettin, eines Sohnes des Herzogs Barnim I., zwei Töchter (Mechthild und Beatrix) des Grafen Nicolaus von Schwerin, Schwagers des Herzogs Otto I., in das Cistercienser=Nonnenkloster vor Stettin gegeben und zu ihrer Erhaltung die Einkünfte von 8 Hufen des Dorfes Daber bei Stettin ausgesetzt 2 ), und am 15. Aug. 1306 schenkte durch eine besondere Urkunde die Herzogin Mechthild von Pommern=Stettin, unter Zustimmung ihres Sohnes Otto, diese 8 Hufen in Daber dem Kloster vor Stettin zu Gunsten der zwei Töchter Mechthild und Beatrix ihrer Tochter Merislave, Gräfin von Schwerin 3 ). Nach diesen beiden neu entdeckten, interessanten Urkunden waren die sichern Verwandtschaftsverhältnisse der Gräfin Merislave folgende:


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. X, und Nr. XI.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. X.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XI.
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Stammbaum
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Aus dieser mächtigen Verwandtschaft, welche manches Ereigniß in jener merkwürdigen Zeit aufzuhellen vermag, geht unbezweifelt hervor, daß Merislave, des Grafen Nicolaus L von Schwerin=Wittenburg Gemahlin, eine Tochter des Herzogs Barnim I. von Pommern=Stettin war.

Bei dieser Gelegenheit wird es passend sein, einen unzweifelhaften Fehler in der pommerschen Geschichte zu rügen: es soll

Elisabeth,
des Herzogs Otto I. von Pommern=Stettin Gemahlin,

eine Gräfin von Schwerin und zwar des Grafen Nicolaus I. von Wittenburg Tochter gewesen sein. Als solche wird sie überall aufgeführt und Oelrichs z. B. sagt, es gelte bei den pommerschen Geschichtschreibern als gewiß, daß sie des Grafen Nicolaus von Schwerin Tochter gewesen sei 1 ). Elisabeth hieß sie, da ihr Sohn, Barnim III. der Große, im J. 1343 dem Kloster Colbaz ihre Mühlen bei der Stadt Demmin giebt, und dafür ewige Lichter und Seelenmessen in dem Kloster bedingt, und unter diesen die neunte zum Andenken an seine Mutter Elisabeth 2 ) und seine Schwester Mechthild:

"Nonum in anniversario generose ducisse Elizabeth matris nostre, dilecte et amantissime sororis nostre Mechthildis, quod precedente die beate Praxedis virginis est agendum."

Ob Elisabeth aber eine Tochter des Grafen Nicolaus I. von Schwerin gewesen sei, darüber dürften keine urkundliche Beweise vorliegen; es ist nicht einmal wahrscheinlich, da Nicolaus I. eine Schwester des Herzogs zur Frau hatte und Otto I. sein Schwager war; ein älterer Graf Nicolaus von Schwerin existirt aber nicht. Vielleicht ist diese Folgerung durch ein Mißverständniß aus den oben erwähnten Urkunden vom 28. Jan. 1304 und 15. Aug. 1306 3 ) gezogen, in denen viel von der Verwandtschaft des Herzogs Otto mit dem Grafen Nicolaus die Rede ist, freilich auf die oben dargelegte Weise.



1) Vgl. Oelrichs in Sacrum saeculare quintum templi collegiati b. Mariae dicti, Stetini, 1763, p. VII.:

"Hoc nondum ad liquidum perductum, vtrum Otto I. duas habuerit uxores? quum de una tantum Elisabetha, Nicolai comitis Suerinensis Megapolitani filia, historicos inter nostros certo constet."

2) Die Urkunde ist gedruckt in v. Eickstedt Urk. Samml. zur Gcschichte des Geschlechtes der von Eickstedt, I, 1838, S. 203.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. X, und XI.
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Kinder
des Grafen Nicolaus I, von Schwerin-Wittenburg.

Rudloff giebt 7 Kinder des Grafen Nicolaus I. an: Gunzelin VI., Anastasia, Nicolaus III., Barnim, Audacia, Kunigunde und Agnes; diese werden alle in Urkunden des schweriner Archivs genannt.

Wahrscheinlich waren von den Söhnen Gunzelin und Nicolaus, von den Töchtern Audacia, Kunigunde und Agnes Kinder erster Ehe. Diese drei Töchter waren Nonnen im Kloster Zarrentin, dem Lieblingskloster der Grafen von Schwerin, in welchem auch ihre Mutter Elisabeth begraben lag; Audacia lebte sehr lange und war an 40 Jahre Aebtissin dieses Klosters. Die Namen dieser Töchter werden vielleicht einst auf die Spur leiten, woher ihre Mutter stammte.

Barnim, welcher nur ein Mal, im J. 1322, genannt wird, war dem Namen nach zuverlässig ein Sohn zweiter Ehe; er führte seinen Namen von seinem Großvater mütterlicher Seite; es stellt sich nämlich immer mehr mit Sicherheit heraus, daß die Enkel den Namen der Großältern führen, und dann weiter der Aeltern und der Urältern. Daher möchte ich denn auch die Anastasia für eine Tochter zweiter Ehe des Grafen Nicolaus I. halten, da ihr Name in der pommerschen Herzogsfamilie gebräuchlich war. Sie war, nach Rudloff, an den Grafen Gerhard von Holstein=Plön vermählt. Hier ist aber die Angabe Rudloffs wieder mangelhaft. Anastasia ward zuerst im J. 1306 in zweiter Ehe an den Grafen Waldemar von Jütland († 1311) vermählt; in der Fortsetzung der Chronik des Albert von Stade 1 ) heißt es nämlich:

"1306. Eodem anno Waldemarus dux Jutie, defuncta filia ducis Saxonie, secundas nuptias celebravit cum filia Nicolai comitis de Wittenborg."

Die Anastasia ist hier freilich nicht mit Namen genannt, wenn auch deutlich genug bezeichnet; diese Vermählung wird jedoch durch die folgenden Verhandlungen außer Zweifel gesetzt. Anastasia heirathete nämlich im J. 1313 zum zweiten Male den Grafen Gerhard IV. von Holstein=Plön, welcher bis dahin Dompropst zu Lübeck gewesen war, wie sein Schwager Graf Gunzelin VI. bis zu eben dieser Zeit Domherr zu Schwerin gewesen war. Hierüber redet nicht nur Detmar's lübische Chronik:


1) Vgl. Contin. Alberti Stad. ad a. 1306; v. Kobbe Gesch. des Herzogthums Lauenburg, II, S. 12; Lappenberg: Die Elbkarte des Melchior Lorichs, Stammtafel zu S. 136.
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"1312. Gherd vom Holsten — — nam hertoghen woldemers wedwen graven nycolaus dochter van wittenborch."

Diese, mit Aufnahme der Jahrszahl, richtige Angabe wird durch eine Reihe von Original=Urkunden bestätigt. Am 30. Juli 1313 schloß der Graf Gerhard IV. den Vertrag mit dem Grafen Nicolaus von Schwerin über die Vermählung mit der Tochter des letztern, in welchem es heißt:

"primo filiam eius Anastasiam ducemus matrimonialiter in uxorem."

Am 21. Oct. 1313 verschrieb der Herzog seiner Gemahlin Anastasia ("dominae Anastasiae nostrae legitimae") ihr Leibgedinge und am 21. Dec. 1313 quittirte er den Grafen Nicolaus über die Hälfte der Mitgift seiner Gemahlin 1 ). Daß die Anastasia Wittwe war, wird auch dadurch angedeutet, daß sie in den Urkunden nie "Jungfrau" genannt wird, wie gewöhnlich, sondern Frau ("domina"). Daß die Anastasia Gemahlin des Herzogs Waldemar von Jütland gewesen war, geht ferner auch daraus hervor, daß der Graf Nicolaus von Schwerin die Mitgift von 1200 Mark reinen Silbers auf den Herzog Erich von Jütland, den Sohn Waldemar's, anwies; diese Summe war also wohl die erste Mitgift, welche Anastasia nach dem Tode ihres ersten Gemahls von dessen Erben zu fordern hatte. Uebrigens war die Anastasia bei ihrer zweiten Vermählung noch jung. Nehmen wir an, daß des Grafen Nicolaus I. Gemahlin Elisabeth im J. 1284 starb und er im J. 1285 die Merislave wieder heirathete, da war die Anastasia bei ihrer ersten Vermählung im J. 1306 ungefähr 20 Jahre und bei ihrer zweiten Vermählung im J. 1313 erst 27 Jahre alt.

Außer diesen Kindern hatte der Graf Nicolaus I. von Schwerin=Wittenburg aber noch zwei Töchter zweiter Ehe,

Mechthild und Beatrix,

welche ihre Großmutter Mechthild von Pommern=Stettin nach den oben behandelten Urkunden im J. 1304 wahrscheinlich noch jung in das Cisterzienser=Nonnenkloster vor Stettin gegeben hatte. Hiernach dürften sich die Kinder des Grafen Nicolaus I. von Schwerin=Wittenburg in folgende Reihe stellen:


1) Die im Geh. und H. Archive zu Schwerin aufbewahrten Urkunden sind gedruckt in Schlesw. Holstein. Urk. Samml. II, 2, 1818, S. 219 flgd.
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Kinder des Grafen Nicolaus I. von Wittenburg.
Kinder des Grafen Nicolaus I. von Wittenburg

Merislave,
des Grafen Nicolaus II. von Schwerin-Boizenburg
Gemahlin.

Bei dieser Untersuchung ist es nothwendig, von der zweiten Gemahlin des Grafen Nicolaus I. von Schwerin=Wittenburg eine andere schwerinsche Gräfin Merislave zu scheiden, welche mit jener zu gleicher Zeit lebte. Dies war die Gemahlin des Grafen Nicolaus II. von Schwerin=Boizenburg († 1316), wie es heißt, eine Tochter des Fürsten Wizlav III. von Rügen, mit dem im J. 1325 der rügensche Mannsstamm ausstarb. Ihr einziger Sohn Nicolaus IV. war der letzte der boizenburger Linie der Grafen von Schwerin. Am 19. April 1326 zog sich dieser einstweilen auf 10 Jahre von der Regierung zurück und ließ seinem Vaterbruder Heinrich III., der zu Neustadt residirte, die Lande und Städte Boizenburg und Crivitz erbhuldigen, wofür er sich für sich selbst freien Unterhalt mit fünf Begleitern und für seine Mutter Merislave den Hof zu Bantschow und 400 Mark wend. Pf. Geldes, mit aller Gerechtigkeit, die sie bisher gehabt hatte, versichern ließ. Zu gleicher Zeit mit ihm regierte zu Wittenburg Graf Nicolaus III., dessen Stiefmutter ebenfalls Merislave (von Pommern) hieß. Beide sind aber durch die Siegel klar und bestimmt von einander zu unterscheiden. An der eben erwähnten Urkunde vom 19. April 1326 hangen noch die Siegel der Merislave, Wittwe des Grafen Nicolaus II. von Boizenburg, und ihres Sohnes Nicolaus IV. Das Sigel dieser Merislave ist ein kleines, rundes Siegel, von 1 1/8 Zoll im Durchmesser, auf welchem ein Baum mit verschlungenen Aesten steht, an denen links der gräflich=schwerinsche queer getheilte Schild,

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rechts ein Schild mit einem rechts gekehrten, aufsteigenden Greifen hängt; die Umschrift lautet:

Umschrift

Der Greif auf dem Schilde, eigentlich das pommersche Wappenzeichen, ist durchaus klar zu erkennen, und muß die Untersuchung über diese auffallende Erscheinung einer andern Untersuchung vorbehalten bleiben. Das an derselben Urkunde hangende Siegel ihres Sohnes Nicolaus IV. ist parabolisch, 2 Zoll hoch, und enthält im gegatterten Felde den rechts gelehnten, queer getheilten gräflich=schwerinschen Schild unter einem vorwärts gekehrten Helme, hinter welchem eine viereckige Helmdecke ausgespannt ist; die Umschrift lautet:

Umschrift

Dieses Siegel ist sehr klar zu erkennen, indem ess das einzige von parabolischer Form ist in der Familie der Grafen von Schwerin. Der Graf Nicolauss IV., der ess führt, wird 1326-1332 beständig und öfter domicellus oder juncherre genannt, weil er noch nicht Ritter war. In dem vorliegenden Falle ist er mit seiner Mutter sehr bestimmt zu erkennen, indem er (Clawes junchere tu Zwerin) in dem Verzicht auf Boizenburg vom 10. April 1326 die Merislave ausdrücklich seine Mutter nennt (vnse moder vor Meritzslawe), und beide die Urkunde durch Anhängung ihrer so eben beschriebenen Siegel bestärken.

Eine dritte

Merislave,
Tochter des Grafen Nicolaus II. von Schwerin-Boizenburg

und der eben genannten Merislave, ward im Jahre 1327 mit dem Grafen Johann III. von Holstein=Plön vermählt 1 ). Bei dieser Gelegenheit verzichtete ihre Mutter Merislave auf den ihr am 10. April 1326 verschriebenen Hof zu Bantschow mit der Hebung von 400 Mark.

Nachdem diese Personen von einander geschieden sind, bleibt es noch übrig, eine andere neue Person in die Familie der Grafen von Schwerin einzuführen.


1) Die darüber redenden, im Geh. und H. Archive zu Schwerin aufbewahrten Urkunden sind gedruckt in Schlesw. Holstein. Urk. Samml. II, 2, Nr. 179-181, S. 223 flgd.
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2. Graf Gunzelin VI. von Schwerin=Wittenburg und dessen Gemahlin Rixe.

Rudloff 1 ) sagt, indem er von der Merislave von Pommern, Gemahlin des Grafen Nicolaus I. von Wittenburg redet, sie habe im J. 1326 ihr Leibgedinge Hagenow, welches damals noch ein Dorf war, dem Grafen Heinrich von Schwerin abgetreten; mit dieser Angabe verlängert er die Geschichte der Merislave fast um zwei Jahre. In der hierüber ausgestellten Original=Urkunde 2 ) nennt sich aber die von ihm gemeinte Gräfin nicht Merislave, sondern Rictze. Diese Namensform muß Rudloff für eine Abkürzung des Namens Merislave genommen, oder auch falsch gelesen haben, indem er wahrscheinlich Merictze statt Wy Rictze las. Diese Abkürzung ist aber wohl nicht leicht möglich. Der Name Rixa, Richissa, Richenza oder Richardis ist ein uralter, deutscher Name, neben dem männlichen Namen Richard stehend. Und so (Rixe) wird der Name sowohl in Urkunden, als auf Siegeln stets geschrieben. Der Name Merislave ist dagegen wendisch, wird immer und häufig in dieser vollen Form gebraucht und läßt nicht die Abkürzung in Rixe zu, gewiß schon nicht um die Verwechselung mit dem im Norden sehr häufig in den fürstlichen Familien vorkommenden Namen Rixe zu vermeiden. Auch redet in Beziehung auf die hier behandelten Personen das Siegel der Rictze gegen die Annahme, daß sie mit der Merislave dieselbe Person sei. Freilich ist kaum noch die Hälfte des Siegels der Rixe vorhanden, aber doch noch so viel von demselben, um die völlige Verschiedenheit von den Siegeln der beiden Merislaven zu erkennen. Die Gräfin Rixe führt ein kleines, rundes Siegel mit dem Bilde einer sitzenden Frau, welche in der rechten Hand den queer getheilten gräflich schwerinschen Schild hält, und mit der Umschrift:

Umschrift

Leider fehlt ihr Name und ihr Vatersschild ganz.

Es ist nun die Frage, wohin die schwerinsche Gräfin Rixe gehört. Es ist freilich nur eine Vermuthung; aber wir glauben, daß sie die Gemahlin des Grafen GunzelinVI. von Wittenburg, des ältesten Sohnes des Grafen Nicolaus I., war, dessen Gemahlin bisher noch nicht bekannt gewesen ist. Sie hat die Urkunde auf dem Schlosse zu Wittenburg aus=


1) Vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 246.
2) Vgl. Urk.=Samml. Nr. XII.
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gestellt, und ihre Enkelin heißt ebenfalls Richardis. Diese Zeichen und der Umstand, daß sie nirgends anders hinzubringen ist, hat uns zu unserer Annahme geführt.

Eine viel wichtigere und für unsere Geschichte überhaupt sehr wichtige Frage ist endlich die, woher diese Gräfin Rixe stammte. Im J. 1358 verkauften die Grafen von Schwerin ihre Grafschaft Schwerin an den Herzog Albrecht von Meklenburg und nannten sich Grafen von Teklenburg. Diese wichtige Begebenheit des Ueberganges der Grafen von Schwerin in die Grafschaft Teklenburg ist bis jetzt völlig dunkel. Die bisherigen meklenburgischen Geschichtschreiber sagen darüber nichts und eben so schweigsam sind die Urkunden unserer Archive; v. Lützow Mekl. Gesch. II., S. 191, führt eine reiche Litteratur über diese Begebenheit auf, kann aber eben so wenig eine aufhellende Tatsache beibringen, als die frühern Schriftsteller, irrt jedoch, wenn er sagt, daß "Rudloff sogar mit völligem "Stillschweigen darüber hinweggehe."

Rudloff sagt nämlich Mekl. Gesch. II, S. 282:

"Graf Gunzelin von Wittenburg kommt nun (nach 23. Apr. 1338) auch nicht, weiter vor: sein ältester Sohn Otto folgte ihm in der wittenburgischen Regierung; der jüngere Nicolaus hingegen nannte sich Graf von Tekeneburg, und es wird daher wahrscheinlich, daß dessen unbekannte Mutter ihrem Gemahl diese Grafschaft zugebracht und auf ihren Sohn vererbt habe."

Und diese Ansicht muß auch ich einstweilen, bis das Ausland uns mehr sichere Kunde bringt, festhalten und sie dahin erweitern, daß des Grafen Gunzelin VI. bisher "unbekannte" Gemahlin Rixe geheißen habe und die Tochter und Erbin des Grafen Otto VII. von Teklenburg gewesen sei. Nach dem folgenden, von dem Herrn E. F. Mooyer zu Minden, unabhängig von den vorstehenden und nachfolgenden Forschungen, für unsern Verein gütigst ausgearbeiteten und auf urkundliche Beweise gegründeten Stammbaum der Grafen von Teklenburg, so weit er für unsere Geschichte von Wichtigkeit ist, ging die Grafschaft Teklenburg durch Erbschaft an den Grafen Otto V. von Bentheim über; diese Grafen von Meklenburg aus dem bentheimschen Stamme blüheten bis auf die Gräfin Richardis oder Rixe, die letzte dieses Stammes, welche durch ihre Vermählung die Grafschaft Meklenburg an den Grafen Gunzelin VI. von Schwerin brachte, dessen Söhne die Grafschaft Schwerin verkauften und die Grafen von Teklenburg fortsetzten. Dazu

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stimmen denn auch die Namen in der Familie der letzten Grafen von Schwerin. Rixe, Gunzelin's VI. Gemahlin, und Rixe, Gunzelin's VI. Enkelin, führten diesen Namen von ihren Großmüttern, und der Graf Otto I. von Schwerin führte seinen Namen von seinem Großvater mütterlicher Seite, wie sein Bruder Nicolaus VI., der erste Graf von Teklenburg aus schwerinschem Stamme, von seinem Großvater väterlicher Seite.

Stammbaum

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2. Beiträge

von

E. F. Mooyer zu Minden.


Urkundlicher Stammbaum der Grafen von Teklenburg
aus der Zeit 1250-1350.

Stammbaum
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Stammbaum
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3. Beiträge

von

G. M. C. Masch.


Beate,
Gemahlin des Herzogs Albert von Sachsen=Lauenburg,

und
Rixe,
Gemahlin des Herzog Waldemar von Jütland,

Töchter der Grafen Gunzelin VI. von Schwerin =Wittenburg.

Beate.

Beate, die erste Gemahlin des Herzogs Albert IV. von Sachsen=Lauenburg, wird von keinem der ältern Genealogen gekannt, wie denn überhaupt die lauenburgische Genealogie bis in die neuesten Zeiten die allerdunkelste und verwirrteste war; sie kommt aber in zwei Urkunden ihres Gemahles vor. In der ersten, ausgestellt in Mölln den 14. August 1336 1 ), verkauft der Herzog Albert

de consensu et beneplacito uxoris nostre domine Beate
d. i. mit Zustimmung und Willen unserer Gemahlin Frau Beate

an Albert Witte, Vicar der Capelle zum heil. Geist in Mölln, und an Nicolaus, Kirchherrn zu Nusse, Decan der Kalandsbrüder daselbst, 10 Mk. lüb. Pf. Rente, die von den Aufkünften der Schleuse auf der Stekeniz bei der Steinburg jährlich erhoben werden soll, für 130 Mk., die zu seinem und seiner Gemahlin Nutzen verwandt sind, und soll letztere, so lange sie lebt, das Patronat haben. Ihre Zustimmung zu allem diesen gab die Herzogin


1) Schlesw. Holst. Lauenb. Urkunden=Sammlung II, 1. N. LXXXIII. p. 95.
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Beata dei gracia ducissa Saxonie, Angarie et Westphalie, uxor illustris principis Alberti ducis Saxonie predicti

und hing zum Zeugniß ihr Siegel an.

In der zweiten 1 ), in Mölln am 3. Sept. 1340 ausgestellten Urkunde giebt Herzog Albert der Kirche zu Ratzeburg 6 Mk. lüb. Pf. jährliche Hebung aus der Schleuse über die Stekeniz zum Seelenheil des Bischofs Ludolf von Ratzeburg, seines Vaters des H. Johann von Sachsen, seiner Mutter Elisabeth, ehemals Königin von Dänemark, und der Beate, ehemals seiner Gemahlin,

Beatae quondam uxoris nostrae.

Aus diesen beiden Urkunden ergiebt sich nun, daß Beate 1336 noch lebte und daß sie vor dem 3. Sept. 1340 gestorben ist. An der ersten hat sich ihr Siegel erhalten; es ist rund, 1 1/2 Zoll im Durchmesser und hat die Umschrift:

Umschrift

Die Fürstin, das Haupt mit einem Schleier bedeckt, sitzt auf einem Stuhle und hält mit der Rechten über den sächsischen Rautenschild den sächsischen Helm, mit der Linken über einen getheilten Schild einen Helm mit einem offenen Fluge, also vollständig das gräflich=schwerinsche Wappen, wie es damals geführt ward, und ihre Herkunft aus diesem Hause ist erwiesen 2 ).


Rixe.

Richardis oder Rixe war die Gemahlin des Herzog Waldemar V. von Jütland (Schleswig). Seine Geschichte kommt hier nicht in Betracht 3 ); es ist bekannt, wie er nach Entsetzung des Königs Christoph II. 1326 zur dänischen Krone durch Wahl gelangte, die Constitutio Waldemariana wegen des Verhältnisses von Schleswig zu Dänemark gab, doch schon 1330 den Königstitel ablegte und Herzog von Südjütland ward, wo er bis 1364 regierte und gestorben ist. Der Name seiner Gemahlin Rigizza ist bekannt; sie wird eine weise und beredte Dame genannt, als sie dem König Waldemar, der Sonderburg belagern wollte (1357), entgegen ging und ihn mit freundlichen Worten um Gnade bat 4 ). Huitfeld (I, 515) scheint zuerst die


1) Vgl. Urkunden=Sammlung Nr. XIII.
2) v. Kobbe lauenb. Gesch. II. S. 58, N. 15, hat bereits diese Bemerkung benutzt.
3) Vgl. Dahlmann Gesch. v. Dänemark II, S. 464 flgd.
4) Vgl. Michelsen und Asmussen Archiv II, S. 217, wo die Annales Danorum den Namen nicht nennen, den aber Christiani Gesch. v. Schlesw. und Holstein II, S. 438, hat.
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Meinung aufgebracht zu haben, daß sie eine lauenburgische Prinzessin gewesen sei; als solche, und zwar als Tochter des H. Erich, wird sie von Gebhardi 1 ) aufgeführt; Suhm und andere sind ohne Kritik der Huitfeldschen Annahme gefolgt.

Von ihr sind 2 Urkunden, deren Originale sich im geheimen Archiv in Kopenhagen befinden, veröffentlicht worden; in der ersten vom 19. Juni 1358 bezeugt Richardis,

Rikardae, dei gracia ducissa Sleswicensis,

daß ihr der König Waldemar von Dänemark Alsen und Sundewith unter gewissen Bedingungen eingeräumt habe 2 ), und in der zweiten vom 1. Januar 1373 erklärt

vrowe Rixe hertoginne to Sleswich,

daß sie den König Waldemar zu ihrem Vormund und Vertreter erwählt habe 3 ).

Beide Urkunden tragen noch das Siegel der Fürstin und zwar hat das an der Urkunde von 1358, 2 Zoll im Durchmesser, die Umschrift:

Umschrift

Die gekrönte Herzogin, welche einen Schleier unter der Krone und neben sich an jeder Seite des Hauptes einen sechsstrahligen Stern hat, steht und hält in der rechten Hand einen Helm, auf dem eine unkenntliche mondförmige Figur liegt, darüber ein Balken und darüber ein Pfauenwedel an einem Schafte, über den schleswigschen Schild mit den beiden Löwen, in der linken Hand aber einen Helm mit 2 Flügeln über einen getheilten Schild, dessen obere Hälfte schraffirt ist. Das Siegel an der zweiten Urkunde von 1373 ist größer, 2 1/2 Zoll im Durchmesser, und hat in einem doppelten geperlten Rande die Umschrift:

Umschrift

Die gekrönte Frau, mit fliegendem Haar, steht zwischen zwei großen, vierblättrigen Rosen, die aus dem untern Rande des Siegelfeldes an Stielen hervorkommen, und auf deren jeder ein links gekehrter Vogel sitzt, und hält in der rechten Hand den Schild mit den 2 Löwen, in der linken einen getheilten, oben schraffirten Schild, beide ohne Helme 4 ). Also in beiden Siegeln erscheint als Wappen ihres Hauses der Schild der Grafen von Schwerin und es bedarf demnach keiner Widerlegung der oben angeführten Angabe, welche sie dem sächsischen Fürstengeschlechte zuweiset.


1) Genealog. Erläuterungen I, t. 75.
2) Schlesw. holst, lauenb. Urk. Samml. II, 2, S. 235, N. CLXXXVIII. und schon früher gedruckt in Suhm XIII, p. 831.
3) Schles. holst. lauenb. Urk. Samml. das. S. 288, N. CCXXVI. nach Carstens in der Schrift der Kiobenh. Selskab. X. p. 127.
4) Ich verdanke die Mittheilung dieser Siegel dem Herrn Dr. Ostwald in Kopenhagen.
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Nachdem nun die Siegel, deren Bedeutsamkeit für genealogische Forschungen sich hier so recht deutlich zeigt, das Haus der beiden Fürstinnen festgestellt haben, kommt es darauf an, das Verhältniß derselben zum schwerinschen Grafenhause zu ermitteln. Dazu bieten denn folgende 2 Urkunden hinlängliche Auskunft dar.

Graf Otto von Teklenburg sagt in einer zu Lynghen 1386 am 6. Mai ausgestellten Urkunde: 1 )

Wy Otte — greve to Thekeneuborch dot wytlik, — dat wy vnseme leven ome, deme olderen hertoghe Erike to Sassen hebbet ghegheuen — macht — to donde — wes em nutte vnd ghud dunked wezen uth to manende vnd to vorderne — al vnse del, dat vns anvalt vnd tohoren mach van al deme dat vnses vaders zuster vor Rychardis hertoghinne to Sleswyk den beyden got gnedich sy — — — —

Herzog Erich von Sachsen zu Nigenhuze am 18. October 1393 läßt sich also vernehmen: 2 )

Wy Erik — hertoghe thu Sassen — de oldere bekennen — dat wy — all vnze rechticheit de vns, vnzen erven und unzeme oeme greven Otten van Tekkeborch vnd sinen erven anestorven is, beide van vnzer medderen wegen vrowen Rixen hertoginne thu Sleswig saliger dechtnisse — —

Aus diesen beiden Urkunden ergiebt sich nun das verwandtschaftliche Verhältniß der beiden Aussteller zu der bereits verstorbenen Herzogin Rixe von Schleswig. Graf Otto von Teklenburg nennt sie ausdrücklich seinesVaters Schwester und Herzog Erich der ältere seine Medderen, was bekanntlich Mutter=Schwester bezeichnet. 3 )

Graf Otto II. von Teklenburg (und Schwerin bis 1359 März 31.) war der Sohn des Nicolaus VI. Grafen zu Teklenburg, welcher zu Wittenburg von 1349 April 3., zu Schwerin von 1357-1359 März 31. regierte, und Nicolaus war der Sohn des Grafen Gunzelin VI. von Schwerin in Wittenburg, welcher nach 1338 starb. 4 ) Es ist also klar, daß Richardis die Schwester des Grafen Nicolaus IV. und eineTochter des


1) Schlesw. holst. Urk. a. a. O. S. 351 N. CCLXXV., auch gedruckt in Michelsen polem. Erört. S. 67.
2) Daselbst N. CCXCIII. S. 373, und Michelsen S. 73.
3) Vgl. Gatterer Genealogie, S. 56.
4) Vgl. Rudloff, mecklenb. Gesch. II, S. 338.
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Grafen Gunzelin VI. gewesen ist, welche mit ihrer Mutter den gleichen Namen führte.

Herzog Erich der ältere von Sachsen zu Mölln und Bergedorf ist derjenige, welcher in der Reihe der sächsischen Herzoge als der III. dieses Namens bezeichnet wird. Es ist eine Abweichung von der Zählung, wenn die Herausgeber der Urkunden=Sammlung ihn als den IV. bezeichnen; denn Erich IV. ward erst nach dem Tode des vorhin genannten († 1401) als der ältere bezeichnet 1 ), und der kommt hier gar nicht in Betracht, da er ein Sohn Erich's II. und der Agnes von Holstein war. - Unser Erich der ältere ist ein Sohn des Herzogs Albrecht IV. zu Bergedorf 2 ), und der nennt in den angegebenen Urkunden seine Gemahlin Beate, welche, wie nachgewiesen, eine Gräfin von Schwerin war. Wenn nun Erich in der Urkunde von 1303 die Rixe seiner Mutter Schwester nennt, so ist klar genug, daß Beate die andere Tochter des Grafen Gunzelin VI. von Schwerin gewesen ist und daß Herzog Erich und Graf Otto Geschwisterkinder waren, wozu auch das Wort oeme ganz gut paßt, da es auch dieses Verhältniß oft genug bezeichnet und nicht als Vaters oder Mutter Bruder gefaßt werden muß, was hier ja ganz unstatthaft sein würde.

Die Genealogie stellt sich nun nach diesen Ermittelungen also:

Stammbaum
Vignette

1) Vgl. v. Kobbe, lauenb. Gesch. II, S. 96.
2) Vgl. v. Kobbe a. a. O. S. 56.