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Wendenkirchhof von Kl. Plasten.

Auf der Feldmark des dem Herrn von Blücher gehörenden Gutes Kl. Plasten bei Waren ward beim Ausbrechen von Chausseesteinen im J. 1847 ein großer Wendenkirchhof entdeckt und aufgegraben. Der ungefähr eine halbe Viertelmeile vom Hofe entfernt liegende Begräbnißplatz bildete eine niedrige, flache, natürliche Hochebene, ohne Erhöhungen, so daß äußerlich kein Anzeichen für einen Begräbnißplatz vorhanden war. Dieser Wendenkirchhof ward also, wie gewöhnlich, wieder durch Zufall entdeckt; man hatte jedoch schon früher bemerkt, daß unter der Erdoberfläche Steine lagen, und diese sollten bei Gelegenheit des Chausseebaues ausgebrochen werden. Bei dem Ausbrechen der Steine fand man, daß zwischen denselben Urnen standen und man ging deshalb vorsichtiger zu Werke. Bei der Aufdeckung des Platzes war auch der Herr Lieutenant von Blücher zu Neu=Strelitz, Sohn des Besitzers, leitend und theilnehmend gegen=

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wärtig. Es ergab sich bei der Aufdeckung, daß der ganze weite Raum durch eine unterirdische Mauer von Feldsteinen umgrenzt war. Innerhalb dieser Umgrenzung standen ungefähr 1 Fuß tief unter der Erdoberfläche hunderte von Urnen neben einander, mit Feldsteinen von mäßiger Größe umpackt. Die Urnen waren mit zerbrannten Knochen gefüllt, zwischen denen Altherthümer aus Eisen und Bronze lagen. Die Urnen waren größtentheils zerbrochen und zerfielen bei der Aufgrabung; jedoch gelang es den eifrigen Bemühungen der Herren von Blücher, mehrere Urnen vollständig zu retten. Mehrere Urnen, namentlich eine vollständig erhaltene, war tiefschwarz und mit mäanderförmigen Verzierungen aus Punctlinien, welche mit einem laufenden, gezahnten Rade eingedrückt waren, verziert. Nach diesen Verzierungen, der schüsselförmigen Gestalt aller Urnen, den bekannten Alterthümern aus Eisen und andern Merkmalen erwies sich dieser Begräbnißplatz als ein sogenannter Wendenkirchhof mit allen Eigenthümlichkeiten, welche bisher immer in den Wendenkirchhöfen aus der Eisenperiode beobachtet sind. Dieser charakteristische Wendenkirchhof von Kl. Plasten mit den eigenthümlichen Urnenverzierungen, welche gegen Westen bis tief in die Altmark hinein beobachtet sind, gehört neben denen von Laschendorf und Pampow (Jahrb. XIII, S. 380 und 381) zu den östlichsten, welche bisher in Meklenburg beobachtet sind.

Die auf diesem Begräbnißplatze gefundenen Alterthümer sind nicht zusammengeblieben.

I. Der Herr Lieutenant von Blücher nahm mit nach Neu=Strelitz für die dortige Sammlung vaterländischer Alterthümer:

eine kleine, ganz schwarze Urne, 73/4" hoch, 92/3" im Bauche und 23/4" im Fuße im Durchmesser, reich mit Punctlinien verziert, von Gestalt und Verzierung fast ganz, wie die in Jahrb. XII, S. 433, Nr. 7, abgebildete Urne, nur daß die Halbkreise in den Verzierungen fehlen;

eine große, hellbraune Urne, mit einem horizontalen Kreise von Puncten am Rande verziert (welche in Privathände gekommen ist);

        eine Heftel aus Bronze;
        zwei Hefteln aus Eisen;
        eine Schnalle aus Bronze;
        ein Schildbuckel aus Eisen, ohne Stange und Knopf auf der Spitze, nur zuckerhutförmig gestaltet und spitz auslaufend, vollständig, mit Nieten im horizontalen Rande, wie die unten beschriebenen zwei fragmentarischen, spitzen Buckel;
        zwei Lanzenspitzen aus Eisen;

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        zwei kleine Messer aus Eisen, 4" lang, an der Spitze nach hinten gebogen, mit eisernem Griffe, wie das unten beschriebene Exemplar;
        drei Nadeln aus Bronze, zerbrochen;
        ein Bruchstück von einem Beschlage aus Bronze;
        ein Spindelstein.

II. Das Uebrige, von welchem Manches noch später gefunden ward, schenkte der Herr Gutsbesitzer von Blücher auf Kl. Plasten der Vereins=Sammlung zu Schwerin, namentlich:

eine dunkelbraune Urne, weit geöffnet, von der Gestalt, wie die im Jahrb. XII, S. 432, Nr. 5, abgebildete Urne, nur mit einer eingegrabenen horizontalen Linie um den Bauchrand verziert, über dieser mit einer Thonschicht geglättet, unter derselben rauh, 83/4" hoch, 10" weit in der Oeffnung, ungefähr 12" weit im Bauche, 43/4" in der Basis im Durchmesser;

eine hellbraune Urne von ähnlicher Beschaffenheit, jedoch am Rande rund umher abgebrochen;

eine ganz schwarze Urne, von der charakteristischen, schüsselförmigen Gestalt der Urnen der Wendenkirchhöfe, wie die in Jahrb. XII, S. 433, Nr. 7, und Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 8, abgebildeten Urnen, ganz glatt und nur mit einer eingegrabenen horizontalen Linie unter dem Rande verziert, 6" hoch, 73/4" weit in der Mündung, ungefähr 10" im Bauche und gegen 3" in der Basis.

In dieser Urne lag:

eine schön verzierte und völlig erhaltene Scheere aus Bronze, 81/2" lang, mit einem nur sehr leichten Anfluge von Rost, sehr hübsch verziert, von der Form der heutigen Schaafscheeren, wie sie sich aus Eisen in allen großen Wendenkirchhöfen finden und auch in diesem Wendenkirchhofe eine gefunden ward (vgl. unten); diese Scheere ist die erste bronzene Scheere von muthmaßlich einheimischer Arbeit, welche in Meklenburg gefunden ist, und eine der schönsten Arbeiten aus der Eisenperiode; die in den römischen Gräbern von Kelle, Hagenow und Kittendorf gefundenen, in Jahresber. V, Lithogr. Fig. 6, und VIII, Lithogr. Fig. 7 abgebildeten bronzenen Scheeren sind von gleicher Gestalt, aber etwas zierlicher.

Alle folgenden Alterthümer sind aus zerstörten Urnen gerettet:

drei Schildbuckel aus Eisen, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. IX, mit hohen Knöpfen, wie sich solche Schildbuckel gewöhnlich in den Wendenkirchhöfen finden;

zwei Schildbuckel aus Eisen, ohne Knöpfe, nur zuckerhutförmig und spitz auslaufend;

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mehrere Niete mit Knöpfen aus Bronze und aus Eisen, wahrscheinlich zu den Schildbuckeln gehörend;

elf Lanzenspitzen aus Eisen, von verschiedener Größe, von denen ungefähr 6 ziemlich erhalten, die übrigen zerbrochen sind;

eine Scheere aus Eisen, von der Gestalt der heutigen Schaafscheeren und wie die oben beschriebene bronzene Scheere, ungefähr 11" lang, zerbrochen und nur in einer Klinge vorhanden;

zwei grade Messer aus Eisen, 6" lang;

ein kleines Messer aus Eisen, 31/2" lang, an der Spitze nach hinten gebogen, sehr zierlich und mit eingeschlagenen Puncten verziert, mit Griff aus Eisen;

ein ähnliches Messer, Bruchstück;

ein halbmondförmig nach hinten gebogenes Messer aus Eisen, gegen 3" lang;

zwei Fragmente, wahrscheinlich von eisernen Messern;

vierzehn Hefteln aus Bronze, mit Spiralfedern, von der in Jahrb. IX, S. 343, und Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 13, abgebildeten Form; drei von diesen den Wendenkirchhöfen eigenthümlichen Hefteln sind noch vollständig, die übrigen zerbrochen;

funfzehn Hefteln aus Eisen von derselben Gestalt;

mehrere Bruchstücke von Beschlägen aus Eisen und aus Bronze;

zwei Spindelsteine aus gebranntem Thon.

G. C. F. Lisch.