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Krone von Lübtheen.

Der Schatz der Bronze=Kronen in den schwerinschen Sammlungen ist im J. 1849 durch einen neuen, merkwürdigen Fund vergrößert: in den Tagen der frankfurter Kaiserwahl gab die deutsche Erde eine uralte Krone von sich. Auf dem Acker des Herrn Dr. med. Becker zu Lübtheen, hinter dessen Hause, ward von dem jungen Sohne desselben dieses alterthümliche Kleinod gefunden, wie es sich beim Ackern um die Zinke einer Egge gelegt hatte und durch diese umhergeschleift ward. Die Krone ist von Rost nicht angegriffen, sondern von einer dünnen, fest anliegenden Schlammschicht und darüber an vielen Stellen von einer dünnen Kruste fester, stark eisenhaltiger Erdmasse bedeckt. Der Boden in der Gegend von Lübtheen enthält, wie bekanntlich sehr viele südwestliche Gegenden Meklenburgs, viel Morasteisen ("Klump"), selbst in Gestalt von Steinen, so daß damit gebauet wird. Auf dem genannten Acker war nun ein Wasserloch, welches vor Kurzem ausgemoddet war; wahrscheinlich hat die Krone in dieser Grube gelegen und ist dadurch mit einem Niederschlage von Eisen bedeckt worden; bei dem Ausmodden ist sie wohl auf den Acker gefahren und so unter die Egge gekommen. Der Herr Dr. Becker hat nun alsbald die Krone unserem allerdurchlauchtigsten Großherzoge überreicht.

Die Sammlungen in Schwerin besitzen jetzt drei Kronen aus der Bronzezeit, die einzigen auf dem Continent, so viel bekannt ist. Alle drei Kronen sind in Gestalt und Einrichtung gleich: es sind niedrige Zackenkronen, von welchen ungefähr ein Viertheil ausgeschnitten ist, das sich an einem Ende um einen Stift bewegen läßt und am andern Ende mit einem Stifte in eine Oeffnung greift, so daß sich die Krone öffnen und schließen läßt, um bequemer um eine Kappe gelegt werden zu können. Alle drei Kronen haben ungefähr gleich viele, niedrige Zacken.

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Die trechowsche Krone hat 17 Zacken, die vordere Spitze mit eingerechnet, - die lübtheener Krone hat 16 Zacken, die vordere Spitze mit eingerechnet.

Die älteste Krone ward im J. 1843 bei Doberan zu Admanshagen in einem Kegelgrabe gefunden; sie war zerbrochen im Grabe gefunden, wie die oxydirten Bruchenden beweisen, und etwas aus der kreisrunden Form in die Länge gezogen. Sie ist von rothem Kupfer, voll gegossen und schlecht polirt; der Stift, um den sich das ausgeschnittene Viertheil bewegt, ist jedoch schon von Bronze. Die Krone gehört also ohne Zweifel der allerältesten Zeit der Bronzeperiode an und stammt wohl aus der Zeit des Ueberganges von der Steinperiode in die Bronzeperiode. (Vgl. Jahrb. X, S. 272 flgd.).

Die zweite Krone ward im Anfange dieses Jahrhunderts, vor 1823, auf dem Hofe von Langen=Trechow bei Bützow beim Ausgraben eines Fundamentgrundes tief in der Erde gefunden. Sie ist aus Bronze, voll gegossen und mit dem tiefsten, schönsten edlen Rost bedeckt, den ein Stück des Alterthums nur haben kann. Sie wird der mittlern, ausgebildeten Zeit der Bronzeperiode angehören. (Vgl. Jahresber. VI, S. 112; abgebildet in Frid. Franc. Tab. XXXII, Fig 1, und Jahrb. X, S. 273).

2/3 Größe.

Krone

Diese beiden Kronen sind an Größe, Gestalt und Verzierung ganz gleich. Sie haben einen Durchmesser von 55/8".

Anders ist die hier zur Behandlung stehende, im J. 1849 zu Lübtheen gefundene Krone. Sie ist zwar im Allgemeinen in der Gestaltung den beiden andern Kronen gleich: es ist eine Zackenkrone aus Bronze, von gleicher Höhe, mit 16 Zacken, die Bijouspitze mit eingerechnet, von derselben Einrichtung, wie die übrigen. Aber sie unterscheidet sich von den beiden andern

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wesentlich dadurch, daß sie hohl gegossen und größer ist: sie hat 7" im Durchmesser. Es ist unzweifelhaft, daß sie gegossen ist; von Löthung oder Nietung ist nicht die geringste Spur sichtbar: jeder Theil ist aus einem Stück gegossen. Das Innere ist allerdings nicht vollkommen und gleichmäßig hohl, da man beim Untersuchen nicht überall durchdringen kann; aber diese Krone wiegt nur 2 Pfund 2 Loth, obgleich sie viel größer ist, als die von Trechow, welche 2 Pfund 8 Loth wiegt. Auch hat die lübtheener Krone andere Verzierungen; die beiden anderen Kronen sind unter den Zacken mit drei nicht tiefen Parallellinien verziert, welche, mit dem untern Abschnitte, drei kleine Wulste bilden; die Krone von Lübtheen ist mit einer tiefen Parallelfurche verziert und unter den Zacken mit zwei feinen Parallellinien, welche von eingeschlagenen Punkten gebildet sind. - In Hinsicht auf den Hohlguß und die Verzierung mit "Einer Rille" auf dem Reife, gleicht sie ganz der in der Sammlung zu Kopenhagen aufbewahrten, zu Töndering im Amte Viborg gefundenen Krone, welche früher die einzige bekannte war und in den Historisch=antiquarischen Mittheilungen der Gesellsch. f. nord. Alterthumskunde, Kopenhagen, 1835, S. 103, und in dem Leitfaden zur nordischen Alterthumskunde von derselben Gesellschaft, Kopenhagen, 1837, S. 50, abgebildet, jedoch nicht genau beschrieben ist. Sie ist, nach meinen Untersuchungen des Originals, ebenfalls hohl, sehr regelmäßig und sehr leicht, aber etwas kleiner, als unsere Krone; jedoch kann ich jetzt nicht mehr mit Bestimmtheit aussprechen, ob sie getrieben oder gegossen ist; aus der Erinnerung will es mir fast scheinen, als wäre sie aus Blech getrieben. In Hinsicht auf die Verzierung mit Einer Furche stimmt die Krone zu Kopenhagen aber ganz zu der Krone von Lübtheen. Nach dem Hohlguß und der Uebereinstimmung mit der dänischen Krone zu urtheilen, stammt die Krone von Lübtheen aus der jüngsten Zeit der Bronzeperiode.

Die schweriner Sammlungen besitzen daher jetzt Kronen aus allen Hauptzeiten der Bronzeperiode.

G. C. F. Lisch.