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Die Burg Stüvendorf bei Vietlübbe, D. A. Lübz.

Nachrichten über das Dorf und die Burg Stüvendorf (Stuuendorp, Stouendorp) sind schon früher in Jahresber. V, S. 141 - 143, mitgetheilt, welche aber besonders in geschichtlicher Hinsicht nur auf der Sage in hiesiger Gegend beruhen. Der Name Stuvendorp oder Stovendorp deutet auf die Anlage oder den sehr alten Besitz dieser Burg durch das im Mittelalter in Meklenburg oft vorkommende rittermäßige Geschlecht von Stove, welches auch Stavenhagen (Stovenhagen) zur Stadt abtrat, und im Stargardischen den Ort Staven (früher Stouen genannt) noch im Jahre 1303 zum Theil besaß (vgl. Jahrb. IX, S. 260); auch führen noch 2 Orte in Meklenburg den Namen Stove, nämlich bei Neu=Bukow und unweit Rostock. Wie lange diese Burg Stüvendorf bei Vietlübbe bestanden habe oder bewohnt gewesen sei, darüber hat sich bis jetzt nichts aufgefunden; nach den vom Freunde Lisch mir mitgetheilten, zu der folgenden Darstellung benutzten, urkundlichen Nachrichten muß sie schon im 13. Jahrh. untergegangen sein; das Dorf Stüvendorf mag noch bis ins 15. Jahrh. bestanden haben.

Die erste Nachricht von Stüvendorf findet sich in einer Urkunde vom 13. April 1274: Der Fürst Nicolaus von Werle verkauft dem Kloster Stepenitz zur Beilegung der Streitigkeiten, welche er mit dem Kloster über die seit langer Zeit von diesem besessenen Güter in seiner Herrschaft hat, das Eigenthumsrecht an dem Dorfe Karbow, an dem Dorfe Wilsen mit der Mühle und an 16 Hufen in Crein, und überläßt dem Kloster das Dorf Dars, das Dorf Damerow, 1 1/2 Hufen in Stuvendorp mit der Mühle, 11 Hufen in Vietlübbe, 6 Hufen in Bercowe, 2 Hufen in Plawe, 2 Hufen in Drosenow, 3 Hufen in Loubze und das Dorf Stolpe (gedruckt in Riedel Cod. Dipl. Brandenb. I, I, pag. 245). Sodann heißt es in einer Urkunde vom 29. Septbr. 1300: Der Fürst Nicolaus von Werle und seine Brüder Günther und Johann verkaufen dem Kloster Stepenitz das Eigenthumsrecht an dem Dorfe Quarcellyn (jetzt Quaßlin) mit der Mühle und übertragen dem Kloster 1/2 Hufe in Stovendorppe (gedruckt in Riedel a. a. O. pag. 249). Ferner besagt eine im großherzogl. Archive zu Schwerin aufbewahrte Original=Urkunde von 1425 (des mydwekens na Laetare): Helmold,

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Heinrich, Hennekeund Godert die Plessen zu Lübz vergleichen sich mit dem Fürsten Wilhelm von Werle dahin, daß die Plessen das Dorf Zwemmin (Schlemmin) anspruchsfrei erhalten, der Fürst dagegen den plauer See und das höchste Gericht zu Zuckowe und Stuvendorpe befreiet erhält.

Schon im J. 1448 wird das Dorf untergegangen 1 ) sein, da es in einem Register des Amtes Plau vom Jahre 144 (8/9 heißt:

Dyt ys de vpborynghe tho Plawe in deme XLIX iare:
Item van Vitelubbe VIII s. vnde II mark.
Item II s. vnde II punt bede van deme velt Stuuendorpe.
Item van Damerow XXVII s. van Stuuendorpe.

In einem plauer Amtsregister vom J. 1529 heißt es:

Die Vittelober vom felt zu Stubickendorff, daruon II teil kegen Luptz, 9 1/2 s. rogken.

Im Jahre 1570 war das Dorf Stuvendorf sicher längst untergegangen, da in dem Amtsbuche von Lübz aus dem Jahre 1570 der dortige Acker nicht nur "Veld Stuuendorff" genannt wird, sondern auch dieses Feld bereits unter die umliegenden Dorfschaften vertheilt war. Das Amtsbuch von Lübz enthält nämlich folgende Notizen.

Es waren auch einige Hufen auf dem "Velde Stuuendorff" von den Karbowern in Benutzung. Wilsen hatte eine stuuendorffer Wiese. Unter Vietlübbe heißt es: "Mher gebrauchen sie auch xv hufen vffm felde Stuuendorff." - Auch war ein Theil des Ackers mit Holz bewachsen, denn es heißt ferner: "Das Holz zu Stuuendorff ist ein ziemlich Eichen vnd Buchenholtz, hatt guthen Grundt von weichen vnd vnterholtzes, stosset an das feldt zu Bergkow." - Der an das Kloster Stepenitz gekommene Theil der Feldmark ist natürlich gar nicht mit angeführt.

Die Lage der Burg und ihre gegen andere Burgstellen bedeutende Größe deuten auf eine frühe Benutzung dieses Platzes als Zufluchtsortes der damaligen (wendischen) Bevölkerung, und als starken Schutzes des räuberischen Adels in der darauf folgenden Zeit. Die jetzige Wiese, welche fast in gerader Richtung von Norden nach Süden an den Grenzen von Schlemmin und Kritzow anfängt, zwischen Karbow und Vietlübbe sich hinzieht, den Damerower Acker berührt und an den Feldmarken Quaßlin


1) Wahrscheinlich wird das Dorf in den märkischen Raubfehden in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. untergegangen sein; man vgl. oben S. 245           G. C. F. Lisch.
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(Mühle), Dars und Wilsen südlich aufhört, eine Länge von fast 3/4 Meilen, aber eine sehr verschiedene, jedoch geringere Breite hat, war früher ein See von bedeutender Tiefe, später ein Sumpf und diente noch 1806 den Umwohnenden als Zufluchtsort; am nördlichen Ende ist noch ein kleiner See, zur Sandkrüger Försterei gehörend, und eben so am südöstlichen Ende der Damerower See, beide wegen der sumpfigen Ufer fast unzugänglich. Von Südosten kommt der Quaßliner Mühlenbach, fließt durch den Damerower See und verbindet sich mit dem größeren Geelsbache (Michaelisbache), welcher an der östlichen Seite in diese Wiesenfläche tritt und dieselbe in der südwestlichen Spitze verläßt. Nördlich von dem Eintritte dieses Michaelisbaches in den früheren See liegen nun die Ruinen der Burg in der Wiesenfläche (dem früheren See oder Sumpfe), die Befestigungen verlieren sich aber in dem daran stoßenden Acker von Stüvendorf (jetzt Pfarracker von Vietlübbe). Den festesten Theil der Burg bildete ein runder Hügel von neun Ruthen Durchmesser, mit einem Wallgraben umgeben, der noch im Sommer nicht austrocknet. Diese eigentliche Burgstelle (mit dem festen Hause) ist von den Bauern schon zu zwei Drittheilen abgefahren zur Besserung der daran liegenden Wiesen; dabei kam fast in der Mitte ein aus Feldsteinen, an den Ecken mit Kalk, sonst aber mit Lehm aufgemauerter viereckiger Thurm zum Vorschein (Burgverließ), in welchem 1835 ein Kettenpanzer, Sporen und Pfeilspitzen aus Eisen gefunden wurden, im vorigen Jahre aber auch starke Thürhespen und Angeln aus Eisen. Die Erde dieses Hügels ist aufgetragen und enthält verschiedene Mischungen (nach den verschiedenen Zeiten) aus Sand, Lehm und Thonmergel; aber das Material findet sich nirgends in der Nähe, sondern nordwestlich vom Sandkruge in den sogenannten Kläden, wo der Thonmergel zu Tage steht und sich die Gruben noch vor wenigen Jahren sichtbar befunden haben, da die Gegend bis dahin zur Forst gehört hat. Darnach wäre das Material im Burgdienst von den Sukowern und vielleicht auch Kritzowern zu Kahn dahin gebracht. Bei dem Wegfahren der Erde kommen auch rothgebrannte Lehmklumpen mit Stroheindrücken zu Tage, ein Beweis, daß die Burg durch Feuer untergegangen ist; ferner viele blaugraue Scherben von Thongefäßen aus feiner Masse. Die zweite Hauptstelle (die Vorburg ) ist ein fast gleicher Hügel, aber etwas unregelmäßiger aufgeschüttet und nicht völlig so hoch; er scheint noch unversehrt zu sein, liegt nordwestlich von dem vorigen Platze und ist ebenfalls mit einem weniger breiten Graben umgeben. Ein dritter Platz, nördlich von den beiden andern, fast viereckig und ungefähr dreizehn Ruthen lang und breit, hat vier Erhebungen, auf welchen der Sage

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nach Gebäude gestanden haben; ein Graben umschließt auch diesen Raum. Ein westlich von der Hauptburgstelle liegender, durch einen Graben befestigter Platz kann ebenfalls Gebäude getragen haben, da er auf der Südseite ziemlich erhaben ist und eine Breite von fünf Ruthen hat; vielleicht ist es aber auch ein bloßer Wall. Ein Wall mit einem äußeren Graben umgiebt im Halbkreise die südöstliche Hälfte der eigentlichen Burgstelle; er setzt sich fort nördlich zwischen der Burgstelle und dem dritten viereckigen Platze bis nahe an die Vorburg. Oestlich vor dem viereckigen Platze liegen zwei niedrige Wälle in gleicher Richtung, ohne äußeren Graben; westlich ebenfalls ein Wall ohne äußeren Graben, bis gegen die Mitte der Vorburg nach Südwesten sich wendend. Nordöstlich liegt in der Entfernung von etwa zehn Ruthen ein Wall mit einem äußeren, gegen den Acker gerichteten Graben, der sich dem Graben um den viereckigen Platz anschließt. Dieser und noch zwei andere Wälle, östlich vor der Burg liegend, verschwinden jetzt in dem anstoßenden Pfarracker, so wie ein Graben, der in fast südlicher Richtung zwischen dem Acker und der Burg gezogen war, sich fast verloren hat, da er ausgefüllt und zur Wiese geebnet ist. Der Weg zur Burg scheint von Osten auf einem der niedrigen Wälle quer über einen andern gleichen, nach der viereckigen Stelle, von da über den nördlich vor der Hauptburgstelle liegenden Wall nach der Vorburg und so nach der eigentlichen Burg gegangen zu sein. Im Ganzen umschließen die Befestigungen einen Raum von etwa 27 Ruthen Breite und 50 Ruthen Länge.

Die Kirche von Stüvendorf lag grade östlich von der Burg; die Stelle des Thurms ist noch durch eine Masse von Feldsteinen und Kalkschutt, der Umfang des Kirchhofes durch eine kleine Erhöhung (früher Steinmauer) kenntlich. Das Dorf lag um die Kirche und sind einzelne Hausstellen im Acker noch erkennbar. Die Mühle lag am Geelsbache, wo jetzt der Weg von Vietlübbe nach Quaßlin über den Bach geht; das Bruchstück eines Mühlsteins ward hier beim Graben noch im letzten Sommer gefunden; die oberwärts liegende Wiese heißt noch die Teichwiese (dîkwisch). Der Acker von Stüvendorf muß groß gewesen sein; der an das Kloster Stepenitz verkaufte oder geschenkte Theil lag wohl jenseit oder auf der Südseite des Geelsbaches, jetzt zum Gute Damerow gehörend; die Karbower hatten stüvendorfer Aecker, Wilsen gebrauchte eine stüvendorfer Wiese und 15 Hufen auf dem stüvendorfer Felde sind an Vietlübbe gekommen. Die von Karbow und Wilsen benutzten Aecker und Wiesen müssen jenseits, d. h. auf der Westseite der großen Sumpfwiese zwischen Michelsberg und Karbow gelegen haben (die michelsbergischen

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Hufen wurden damals auch von Karbow und Wilsen schon bewirthschaftet), da diese Ortschaften die östlich der Wiese belegenen Aecker des Sumpfes wegen nicht benutzen konnten, diese Aecker auch wohl wie jetzt nach Vietlübbe gehörten. Das Gebiet erstreckte sich also wohl über den größten Theil der Wiese und links und rechts am Geelsbache hinauf.

Nehmen wir dazu, daß auch die alte fürstliche Domaine Cesemow, welche der Fürst Heinrich Borwin I. im Jahre 1219 dem Michaeliskloster zu Lüneburg schenkte und welche nun den Namen Michaelisberg erhielt (vgl. oben S. 21 und Jahrb. II, S. 24, 291), an dieser Sumpfwiese lag, und zwar nicht weit von der Burg Stüvendorf, aber am südwestlichen Ende der Wiesenfläche, so mag das Schicksal und die Bedeutung dieser Burg Stüvendorf mit dem Orte Cesemow in naher Verbindung gestanden haben und den Bewohnern nicht allein zum Zufluchtsorte in Zeiten der Noth, sondern auch als Schutz und Schirm gedient haben; denn bei Cesemow befindet sich keine Spur von Befestigung, als nur eine kleine, nahe am Ufer liegende Stelle, welche 35 Schritte im Durchmesser haltend wohl einen Thurm oder ein festes Haus tragen und eine augenblickliche Zuflucht, aber keinen dauernden Schutz gewähren konnte. Betrachten wir noch außerdem die Lage dieser ganzen Wiesenfläche, des früheren Sumpfes oder Sees, in wendischer Zeit in dem Lande Ture südlich von der Elbe, welches die Oerter Kreien, Karbow, Wilsen, Dars, Quaßlin, Wahlstorf, Retzow, Barkow, Brook, Benzin noch 1496 umfaßte (Jahrb. X, S. 33), so liegt sie in dem Mittelpuncte dieses Landes und bot der Bevölkerung um so mehr eine sichere Stätte in Kriegszeiten dar, als die Wenden überhaupt sumpfige Gegenden in solchen Zeiten aufsuchten und in dieser Sumpfwiese nicht allein die Burgstelle von Stüvendorf als Zufluchtsort fanden, sondern auch auf noch mehrere Inseln in der Nähe der Burg sich retten konnten. Diese Inseln gehörten ihrer Lage nach wahrscheinlich zu Stüvendorf. Grade zwischen dem jetzigen Dorfe Vietlübbe (auf ehemals stüvendorfer Feldmark angelegt, da das alte Vietlübbe nahe an der wangeliner Scheide im Sumpfe lag, wo noch die "alte Dorfstelle" jedem Einwohner bekannt ist), und dem Hofe Retzow liegt der Arnaun, ein ziemlich bedeutender Forst, also früher Insel (Jahresb. X, S. 24). Eine zweite Insel lag in der sogenannten Kirchenwiese am vietlübber Pfarracker unweit der Burg. Südlich vom Geelsbache an dem damerower (früher stüvendorfer, an das Kloster Stepenitz gekommenen) Acker liegen zwei bedeutende Inseln, die in nassen Jahren noch fast unzugänglich für Wagen sind, obgleich Dämme, in neuerer Zeit gemacht, dahin führen. Ein Platz in der Wiese,

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nahe am damerower Acker und an dem damerower See, durch welchen der von der quaßliner Mühle kommende Bach fließt, ist fast rund und so hoch, wie wohl altwendische Burgstellen z. B. zu Lehsen, Düsterbeck, Wangelin, Retzow, zu sein pflegen; doch habe ich daselbst noch keine Untersuchung vornehmen können, und Sagen existiren nicht darüber.

Vietlübbe, im Januar 1847.

J. Ritter.