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I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Zeit der Hünengräber.


Hünengrab von Stuer, Nr. 1.

Bei der Aufgrabung des Begräbnißplatzes von Sukow am plauer See (vgl. unten) waren an einem Nachmittage mehrere Badegäste aus Stuer gegenwärtig. Einige dieser Herren faßten den Entschluß, nach ertheilter Erlaubniß von Seiten des Herrn Gutsbesitzers Hagemeister auf Stuer, eigenhändig einige Gräber zu Stuer zu untersuchen. Ihre erste Unternehmung war, von einem Hünengrabe, das noch unversehrt und mit 2 großen Decksteinen belegt war, den einen Stein abzuwälzen und von oben in das Grab hinein zu graben. Die Kiste war mit mächtigen Steinen umstellt und mit sehr lehmhaltiger Erde angefüllt. In einer Tiefe von 4 Fuß hatten sich Kohlen und Knochenfragmente gezeigt, so wie mehrere gespaltene rothe Sandsteine, auch flache Stücke Granit zum Vorschein gekommen waren; zugleich zeigte sich ein aufrecht stehender, gespaltener Stein, welcher auf eine Abtheilung nahe dem Urboden deutete. Diese Umstände, und daß sie (wie sehr natürlich) keine solche Masse von Urnen, wie sie zu Sukow gesehen hatten, hier vorfanden, bewog sie, mit ihrer Untersuchung inne zu halten und mich davon in Kenntniß zu setzen. - Im Interesse des Vereins erkannte ich die Nothwendigkeit, mich sogleich nach Stuer zu begeben, und während ich die Herren an der Grabstelle belehrte, daß in solchen Hünengräbern hauptsächlich Steinwaffen zu suchen und solche vielleicht aus Unkunde schon mit der Erde hinausgeworfen seien, fand in der frisch ausgeworfenen Erde der hiesige Küster Herr Rubach eine Pfeilspitze aus Feuerstein, ich selbst entdeckte eine noch unten im Grabe liegende und noch einer der Anwesenden fand in dem Auswurfe eine dritte Pfeilspitze, der aber die

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Schaftzunge fehlt. Zugegen waren dabei die Herren: Pastor Mussehl aus Kotelow, Bau=Conducteur Krüger aus Plau, Advocat Lemcke aus Retzow, Wasserarzt Kahl zu Stuer, Küster Lange aus Karbow und Küster Rubach aus Vietlübbe. Darnach schien das Grab noch mehr zu versprechen, und um zugleich auch andere dortige Gräber nicht von unkundigen Händen durchgraben zu lassen, so wie den Steinbrechern zuvorzukommen, welche für Chausseen Steine in der Nähe des plauer Sees und besonders bei Stuer ausbrachen, ließ ich meine Arbeiter von hier dahin gehen und leitete die Aufgrabung selbst für den Verein. - Das Grab hatte innerhalb der Steinsetzung einen Raum von 8 Fuß Länge von Osten nach Westen und 5 Fuß Breite; im Norden und Süden standen 2, in Osten und Westen ein Stein; von den beiden Decksteinen war der westliche abgewälzt. Die sehr lehmhaltige Erde war in der Steinkammer bis an die Decksteine 5 Fuß hoch über dem Urboden angehäuft; im Grabe war über dem Urboden eine Steinsetzung von gespaltenen Steinen 1 Fuß hoch und 2 Fuß vom westlichen Ende queer durch das Grab; in dieser westlichen Abtheilung waren die Pfeilspitzen ausgegraben. - Nachdem die ausgeworfene Erde noch einmal genau untersucht war, ließ ich von Westen aus, weil hier schon bis zum Boden hineingegraben, auch der Deckstein hier abgewälzt war, weiter graben, wobei die Erde in der Tiefe immer lehmhaltiger ward, so daß sie nahe am Urboden beinahe aus reinem Thon bestand. Ganz nach Osten hin zeigten sich Scherben einer Urne ohne Verzierung in einer Höhe von 2 Fuß über dem Boden und etwas darunter Reste eines menschlichen Schädels, dann aber erst, über dem Urboben 3 Fuß vom östlichen Ende in der ganzen Breite des Grabes, eine Brandstelle, die also 3 Fuß breit und 5 Fuß lang war. Diese Stelle war mit kleinen Steinen, besonders ausgeglüheten Feuersteinen bedeckt, bestand aus einer übel riechenden, schmierigen, mit Asche und Kohlen durchmischten Masse und war kaum von der darüber liegenden Thonschicht zu trennen. 1 1/2 Fuß von Osten und eben so weit von Norden lag auf der Brandstelle eine durchbohrte Streitaxt, aus Hornblende, wie Frid. Franc. Tab. I, Fig. 2, und ganz in der nordöstlichen Ecke war eine Urne ohne Verzierung, ganz wie die vorher in Bruchstücken gefundene; sie lag mit der Oeffnung gegen Süden und war fest in Thon gepackt, daß ich sie herausschneiden mußte; ihr Inhalt war thonigte Modererde, stark mit Asche vermischt. Die Urne ist 6 3/4 Zoll hoch, hat eine Basis von 2 3/4 Zoll, eine Bauchweite von 6 1/4 Zoll und eine Oeffnung von 5 Zoll im Durchmesser. - Für Naturforscher die Bemerkung: in der Nähe der Urne hatte eine Kröte

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eine kreisrunde, flache Höhlung ohne Oeffnung, weder seitwärts, noch nach oben; der feste Thon gestattete auch kein Eindringen von Seiten des Thieres; sie lebte, aber zeigte große Unempfindlichkeit beim Berühren und suchte weggestoßen ihr altes Lager immer wieder auf; über die Zehen des rechten Vorderfußes hing lose trockene Haut. Schon früher habe ich in der Tiefe von Kegelgräbern Kröten getroffen; sie starben gewöhnlich innerhalb 24 Stunden. - Nach außen war das Grab zwischen den großen Steinen mit flach gespaltenen, besonders rothen Sandsteinen, welche über einander geschichtet waren, so fest verpackt, daß nichts hineindringen konnte; auch war außerhalb die Erde fast kreisförmig angehäuft, so daß nur die Spitzen der großen aufrecht stehenden Steine sichtbar waren. Diese großen Steine aus festem Granit waren nach innen flach. Weiter fand sich in dem Grabe nichts. Die Lage des Grabes ist südlich von der südlichen Spitze des plauer Sees, auf einer Anhöhe, die sich nach Norden dem See zu abdacht. Einige hundert Schritte westlich liegt ein 7 Ruthen langes Hünengrab.

Vietlübbe, im Julius 1847.

J. Ritter.     

Hünengrab von Stuer, Nr. 2.

Etwa 300 Schritte westlich von dem aufgedeckten Hünengrabe Nr. 1 war ein mit Steinen eingefaßter Hügel von etwas ovaler Rundung, dessen längster Durchmesser von Südwesten nach Nordosten sich erstreckte. Mitten in diesem Hügel lag eine Steinkiste, aus 6 Steinen aufgesetzt und mit 2 Decksteinen belegt. Die innere Länge von Südwesten nach Nordosten maß 7 Fuß, die Breite 4 Fuß; auch war diese Kiste bis unter die Decksteine inwendig mit Sand 6 Fuß hoch gefüllt; die Tragsteine waren von außen 3 Fuß hoch mit Erde angeschüttet. Nach Wegnahme der Decksteine zeigten sich die Fugen der Tragsteine sorgfältig mit gespaltenen rothen Sandsteinen ausgesetzt. Zwischen dem Sande im Grabe zeigten sich keine Spuren von Alterthümern; nur am Grunde waren zwischen einer dünnen Schicht von grobem Kies auch viele ausgeglühete Feuersteine und in der Ecke zwischen der kurzen nordöstlichen und der längeren südöstlichen Seite lag ein schön gearbeiteter, scharf geschliffener Keil aus Feuerstein. Außerhalb der Kammer ließ ich ebenfalls den Hügel untersuchen, aber ohne Erfolg.

Hünengrab von Stuer, Nr. 3.

Oestlich von dem Hünengrabe Nr. 1 liegt ein Hünengrab oder Riesenbett von 7 Ruthen Länge, eingefaßt von mächtigen, aber mehr runden als langen Granitblöcken, auf einer natür=

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lichen Anhöhe. Die innere Breite zwischen den Steinen von Norden nach Süden mißt 10 bis 12 Fuß und ist der Sand verkehrt muldenförmig 3 bis 3 1/2 Fuß über dem Urboden angehäuft. Durch ebenfalls große Granitblöcke war am östlichen Ende eine Länge von 12 Fuß von dem übrigen Grabe zu einer Art Kammer abgesondert, und grade in der Mitte des übrigen längeren Theiles lag queer über dem Grabe ein großer Stein von ungefähr 6 Fuß Länge und 4 Fuß Breite, auf dem oben und zu beiden Seiten queer über eine Rinne 1 Zoll tief und 2 Zoll breit läuft, offenbar künstlich gearbeitet, da sie weichere und härtere Stellen des Granits gleichmäßig durchschneidet. - In dem sorgfältig untersuchten Grabe fanden sich nur hin und wieder Bruchstücke von Urnen, sonst aber weder Spuren von Brand, noch Reste von Knochen; auch keine gespaltene Sandsteine. Ueberhaupt scheinen in den mit bloßem Sande aufgeworfenen Hünengräbern solche Ueberreste der ursprünglichen Bestattung, welche der Verwesung leicht unterliegen, z. B. Holz, nicht gebrannte Knochen u. dgl., selten gefunden zu werden.