zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 188 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

V.

Zur Geschichte des Landes Röbel,

von

G. C. F. Lisch.


Verpfändung des Landes Röbel seit 1362.

U nter dem Titel "Mecklenburg=Warensche Händel 1362" führt Rudloff in seiner Mecklenb. Geschichte II, S. 451, einige abgerissene, vereinzelte Thatsachen auf, ohne dies Mal eine "pragmatische" Entwickelung nachzuweisen. Es ist freilich noch nicht möglich, das ganz zu leisten, was Rudloff vermissen läßt; aber es werden einige reichhaltigere Andeutungen aus den Original=Urkunden des schweriner Archivs den nicht unwichtigen Zusammenhang und Verlauf in ein helleres Licht zu setzen vermögen und zugleich Aufklärungen über Gegenstände geben, deren Erforschung von besonderem Interesse ist.

Seit dem Tode der ersten Stifter der vier wendischen Fürstenhäuser des jetzigen Meklenburgs strebte die ältere Linie von Meklenburg (des Landes der Obotriten) stets nach einem Einflusse über die andern Linien. Die Linie Parchim=Richenberg gab schon in der ersten Generation ihr landesherrliches Recht auf und starb schon in der zweiten Generation im J. 1315 aus; die Linie Rostock erlosch zu gleicher Zeit im J. 1314. Meklenburg errang Rostock ganz und einen bequem gelegenen Theil von Richenberg. Das Fürstenhaus Werle wehrte sich lange, denn die beiden kräftigen Fürsten Nikolaus I. und Nikolaus II. übten in den schwierigsten Zeiten der ältern Geschichte Meklenburgs eine geistige Suprematie im ganzen Lande; als aber Nikolaus II. im J. 1316 gestorben war und fortwährende Landestheilungen das Land und die oft schwachen Fürsten schwächten, war der Einfluß Meklenburgs auf Werle nicht mehr abzuwenden.

Schon im J. 1320 waren in Folge der Kriege mit den Brandenburgern die Schlösser und Vogteien Plau und Krakow

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 189 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

an Meklenburg verpfändet. Dieselben Länder waren von den Brüdern Nikolaus III. von Werle=Güstrow und Bernhard III. von Werle=Waren für 6000 löthige Mark wieder dem Herzoge Albrecht verpfändet und das Land Waren für die Zinsen ("vor de renthe") zum Pfande gesetzt.

Im Laufe der Zeit war die Schuld des Fürsten Bernhard gewachsen. Dazu kam ein anderes für die Fürsten von Werle ungünstiges Ereigniß. Wahrscheinlich in Folge des Krieges um den Erwerb der Grafschaft Schwerin, welcher bis in das Land Plau gespielt war, werden sich mehrere Vasallenfamilien des Fürstenthums Werle=Waren gegen ihren Landesherrn und den Herzog Albrecht von Meklenburg zu Felde gelegt haben, vorzüglich die von Flotow auf Stur, welche in diesen Gegenden nicht allein reich begütert waren, sondern auch (seit 1354) den vielbesprochenen Pfandbesitz des Landes Malchow und "Briefe auf Röbel und Wredenhagen" hatten. Es wird in einer über die Verpfändung von Röbel ausgestellten Urkunde vom 30. Junii 1362 auf einen "Krieg" angespielt, der damals in dem Lande Röbel geführt war, indem der Herzog Albrecht den Bewohnern dieses Landes verspricht, daß sein Vetter Bernhard von Werle ihnen die Urkunden erneuern solle, welche sie etwa in dem damaligen Kriege ("in desme kryghe") verloren hätten. Daß die von Flotow auf Stur in jenen Gegenden die Hauptgegner in diesem Kriege waren, geht aus mehrern Urkunden hervor, mit denen die Geschichte dieser Händel beginnt. Durch diese und andere Ereignisse, durch welche der Herzog dem Fürstenthume Werle wohl zur Hülfe hatte springen müssen, war die Schuld des Fürsten Bernhard von Werle an Meklenburg auf 1500 Mark kölnischen Gewichts, 6000 Mark lübisch und 106 lübische Mark angewachsen. Hiefür verpfändete Bernhard von Werle dem Herzoge Albrecht im J. 1362 Schloß und Land Röbel; das Verpfändungsgeschäft ward im Laufe des Jahres durch mehrere Urkunden regulirt.

Diese Verpfändung von Röbel und ihre Folgen sind für die meklenburgische Geschichte von ungewöhnlicher Wichtigkeit geworden, jedoch bisher wenig beobachtet.

Schon am 9. März 1362 schloß der Fürst Bernhard von Werle mit dem Herzoge Albrecht von Meklenburg einen Burgfrieden für die Burg Wredenhagen; Bernhard setzte den Yo von Grambow, Albrecht den Dethlof von Scharfenberg, jeden als Vogt, auf die Hälfte des Schlosses. - Am 10. März (des donredaghes vor sente Gregorius daghe) 1362 ward folgende Hauptvereinbarung 1 ) getroffen: der Herzog Albrecht


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XL.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 190 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

entsagte den Zinsen auf die Pfandsumme für Plau, welche auf das Land Waren angewiesen waren, und überließ dem Fürsten Bernhard das Land Waren wieder ganz frei; ferner zahlte der Fürst Bernhard dem Herzoge ein Viertheil der plauer Pfandsumme mit 1500 löthigen Mark, wogegen dieser die Länder Plau und Krakow zum brauchlichen Pfande behielt; endlich sollte der Herzog für seine übrigen Ansprüche Schloß und Land Röbel auf nächsten Johannis zum Pfande erhalten. Jedoch sollte der Herzog die Forderungen des Claus von Plasten, dem Waren und Penzlin verpfändet waren, befriedigen und dann von demselben das Schloß Röbel, welches ihm von beiden Fürsten zu treuer Hand übergeben ward, in Empfang nehmen.

Hierauf beurkundete der Fürst Bernhard am 11. März 1362, daß er die Briefe, die er den beiden Andreas und dem Thideke von Flotow, Vettern, und ihren Erben auf die Schlösser Röbel und Wredenhagen gegeben habe, nicht halten, sich auch mit ihnen und ihren "Freunden" nicht "sühnen und tagen" wolle 1 ), es sei denn auf Rath des Herzogs Albrecht, und daß er diesem gegen die Flotow mit Leib und Gut nach bestem Vermögen behülflich sein wolle. - An demselben Tage übernahm Claus von Plasten das Schloß Röbel unter den angeführten Bedingungen. - Am 23. Junii 1362 empfing der Herzog Albrecht die 1500 löthigen Mark auf die plauer Pfandsumme. - Am 30. Junii 1362 wies der Fürst Bernhard die Einwohner des Landes Röbel an den Herzog Albrecht und die Stadt leistete demselben Huldigung. - An demselben Tage stellte der Herzog dem Fürsten Bernhard und den Einwohnern des Landes Röbel Reverse auf alle ihm gemachten Bedingungen und auf alle Gerechtigkeiten aus, die sie besitzen möchten. - In dem Reverse vom 30. Junii 1362 verpflichtete sich der Herzog Albrecht auch, die Burgmänner des Fürsten Bernhard bei ihren in dem Lande Röbel zu dem Burgdienste von Wredenhagen liegenden Gütern zu lassen, und ein Schloß in der Stadt Röbel zu bauen. - Der am 9. März 1362 geschlossene Burgfriede ward aber nicht gehalten: Yo von Grambow war darin von Claus von Plasten gefangen genommen und außerdem waren mit andern werleschen Vasallen, namentlich den Blücher und Kosboth, Streitigkeiten entstanden; am 18. Oct. 1363 legten aber die beiden Fürsten alle Streitigkeiten bei, versprachen auch einander, die beiderseitigen Vasallen nicht gegen die Fürsten in Schutz zu nehmen, und hoben den wredenhagenschen Burg=


1) Der Canzler Caspar von Schöneich in der ersten Hälfte des 16. Hahrh. schreibt hiebei auf den Rand: "Seltzam clausel."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 191 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

frieden auf; zugleich versprach der Fürst Bernhard, dem Herzoge Albrecht zu seinem bevorstehenden Zuge, nach Schweden,

"tu desser reyse, de wy willen dôn ôuer sê,"

20 rittermäßige Vasallen ("man myt helmen") zu "leihen".

Am 12. Juli 1363 hatten die Schwiegersöhne des Grafen Otto von Fürstenberg die Güter im Lande Röbel, welche der Graf und seine Kinder besaßen, an den Herzog Albrecht von Meklenburg abgetreten 1 ).

Dieser Pfandbesitz des Landes Röbel ward aber für die Herzoge von Meklenburg der Grund zur völligen Besitznahme des Landes noch vor dem Aussterben des Fürstenhauses Werle.

Im J. 1366 setzte der Herzog Albrecht Schloß, Stadt und Land Röbel den von Flotow zum Pfande 2 ). Diese wurden jedoch wieder abgelöset, als am 17. Julii 1376 der Herzog Albrecht den Pfandbesitz des Landes Röbel auf seinen Bruder Johann übertrug, wodurch der eigentliche Besitz dieses Landes auf die Linie Meklenburg=Stargard überging, wenn auch das Haupt=Pfandrecht bei Meklenburg=Schwerin blieb.

Die meklenburgischen Rechte an Röbel wurden bald darauf dadurch vermehrt, daß der Fürst Bernhard dem Herzoge Albrecht am 9. März 1376 die geistlichen Lehne im Lande Röbel und am 26. Febr. 1377 die zweite Hälfte von Wredenhagen abtrat.

Am 10. Aug. 1391 verpfändeten die Herzoge von Meklenburg=Stargard, die Brüder Johann, Ulrich und Albrecht, unter Zustimmung ihres Bruders Rudolph, für 3100 Mark lüb. Pf. den Vettern Philipp und Hans Grambow auf Sietow 3 ) das Land Röbel; diese Afterverpfändung wird bald eingelöset sein, da die Pfandverschreibung cassirt im großherzoglichen Archive zu Schwerin aufbewahrt wird.

Endlich mußte der Fürst Christoph, um sich aus der Gefangenschaft zu befreien, in welche er in dem Kriege seines Vetters Balthasar von Werle mit den Herzogen von Meklenburg gerathen war, nicht nur ein schweres Lösegeld zahlen, sondern auch das Land Röbel für immer an Meklenburg abtreten: am 8. März 1416 überließ der Fürst Christoph von Werle den Herzogen Johann und Ulrich (von Meklenburg=Stargard) und Johann und Albrecht (von Meklenburg=Schwerin) und ihren Erben und Nachkommen Land und Stadt Röbel und Schloß Wredenhagen für ewige Zeiten, und am 20. Febr. 1418 versicherte er


1) Vgl. Maltzan. Urk. Samml. II, S. 173.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLI.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLIV und Maltzan. Urk. Samml. II, S. 524.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 192 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den Herzogen Johann und Albrecht den ewigen, unablöslichen Pfandbesitz von Röbel, unter der Clausel:

"vnde wy edder vnse eruen scholen, noch willen en edder eren eruen desse vorscreuene stad vnde land Robele nummer afflozen,"

und bestätigte an demselben Tage den Herzogen das am 9. März 1376 ihnen abgetretene Patronat der geistlichen Lehne im Lande Röbel.

Diese ewige Verpfändung war freilich nicht von langer Dauer, da im J. 1436 das Fürstenhaus Werle ausstarb und dessen Länder als Eigenthum an Meklenburg fielen.


Elisabeth, Gemahlin des Fürsten Bernhard III. von Werle.

Bei der ersten Verpfändung des Landes Röbel an den Herzog Albrecht von Meklenburg im J. 1362 und in Folge derselben wird wiederholt der Leibgedingsgüter der Gemahlin des Fürsten Bernhard von Werle, Elisabeth, gedacht, da diese Güter stets von der Verpfändung ausgenommen wurden. In der Haupturkunde vom 10. März 1362 tritt der Fürst Bernhard von Werle dem Herzoge Albrecht das Land Röbel pfandweise ab, mit Ausnahme der Leibgedingsgüter seiner Gemahlin Elisabeth:

"behaluen (ausgenommen) uses wyues lifghedingh, als den hof to Gnewe, dat dorp to "Cernowe 1 ), Semsin, Solsowe, Wypperowe des wy dar hebben, Meltze, Bokholte vnd souen houen de wy dar hebhen to "Priborn."


1) Das Dorf Zarnow ist schon früh untergegangen. Es lag an den Grenzen der Stadtfeldmark Röbel, zwischen dieser, von einer Seite, und den Gütern Solzow und Zilow, von der andern Seite, oder an der Stadtfeldmark Röbel zwischen Solzow und Gneve. In der Bestätigung der Privilegien der Stadt Röbel vom J. 1261 werden die Grenzen der Stadtfeldmark folgendermaßen beschrieben: "Termini ciuitatis Robele: ad terminos villarum adiacentium Gnewe, Zilowe, Zernowe, Kuszecowe, Nedebowe, Wakestowe" etc. Das auf Zarnow in der Reihe folgende Dorf Kussekow lag ebenfalls noch zwischen Solzow und Röbel und ist auch schon frühe untergegangen, der Name jedoch in der "Kuskower Feldmark" erhalten (vgl. Lisch Hahn'sche Urk. I, B, S. 112). Zarnow ist ohne Zweifel in der Feldmark Solzow untergegangen. Es gab auch eine Familie von Zarnow (vgl. das Stadt=Privilegium von 1261 in Ungnaden Amoen. S. 7); wahrscheinlich hat auch die bürgerliche Familie Sarnow von diesem Dorfe den Namen, da dieses auch mit dieser Bezeichnung vorkommt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 193 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hierauf scheidet auch der Herzog Albrecht beim Antritte des Pfandes am 30. Junii 1362 die genannten Güter von demselben aus:

"ok beholt vnses vedderen wif Elizabet "dar butene den hof to Gnewen, dat dorp to Zarnowe, den hof to Zoltzowe vnde to Vipperowe wat se dar heft, seuen houen to Priborn vnde dat dorp to Meltze."

Und am 18. Oct. 1363 versprach der Herzog Albrecht, das Leibgedinge der Fürstin Elisabeth nicht zu beschweren:

"Vortmer scole wy nicht beweren vnse vedderken vor Elyzabet, vnses vedderen vrouwe, an den hoeuen (Höfen) tu Soltzowe vnde Gnewe vnde an dem andren gude, dat er vnse veddere heft ghegheuen, wor dat licht."

Diese Güter, welche das Leibgedinge der Fürstin Elisabeth bildeten, gehörten derselben aber nicht ganz. So z. B. gehörten dem Kloster Amelungsborn seit dem J. 1291 ein Hof mit drei Hufen zu Solzow, eine Hufe in Vipperow und fünf Hufen in Priborn (vgl. Riedel Cod. Dipl. Brand. I, S. 450 und Lisch Gesch. des Geschl. Hahn, I, B, Nr. LXXII); die von Grambow auf Sietow besaßen 4 Hufen in Semzin (vgl. Lisch Urk. des Gesch. Maltzan II, S. 524). Auch mochten wohl schon früh andere Vasallen einzelne Besitzungen in diesen Gütern haben, wie z. B. die Hahn, welche späterhin die meisten dieser Güter ganz erwarben. Man muß auch bedenken, daß in alten Zeiten jedes Gut nicht allein eine große Anzahl Bauern hatte sondern daß auch der Vasallenbesitz auf demselben oft vielfach zerstückelt war. So viel scheint aber aus den Urkunden hervorzugehen, daß die Fürstin Elisabeth die Haupthöfe zu Gneve und Solzow 1 ), die Dörfer Zarnow und Melz ganz und in den übrigen Dörfern kleinere Besitzungen, Pächte und Dienste hatte.

Von dieser Ausnahme des Leibgedinges von der Verpfändung kam es denn auch, daß sowohl der Fürst Bernhard von Werle fortwährend landesherrliche Gerechtsame über die Leibgedingsgüter ausübte, als auch die Fürstin zu derselben ihre Einwilligung gab. So verlieh der Fürst Bernhard am 25. April 1379 das Schulzenamt zu Melz und die Fürstin Elisabeth be=


1) Der Hof zu Solzow scheint Haupthof und Lieblingsaufenthalt der Fürstin Elisabeth gewesen zu sein, da er an der Spitze der Güter steht; z. B. im April 1361 hielt ihr Gemahl hier Hof: vgl Jahrb. II, S. 273 u. 276. - Der Hof Gneve liegt angenehm an der Müritz; auf der gegenüber liegenden Insel liegt ein Großer und ein Kleiner Schwerin, d. i. Thiergarten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 194 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stätigte an demselben Tage diese Verleihung 1 ), woraus zugleich hervorgeht, daß beide an diesem Tage noch lebten 2 ).

Die Fürstin Elisabeth lebte, nach dem Tode ihres Gemahls, noch am 10. Aug. 1391 bei der Verpfändung des Landes Röbel an die Grambow, indem ihr Leibgedinge von dieser Verpfändung ausgenommen ward:

"sunder den anvall de vns vnd vsen eruen anvallen mach van der hochgebornen vorstynnen vnde vrowen, de iungheren Berndes eelike husvrowe wesen hadde dem got gnedich sy."

Diese Clausel erklärt sich dadurch, daß in der Urkunde vom 10. März 1362 bestimmt war, daß die Leibgedingsgüter nur so lange von der Verpfändung ausgenommen bleiben sollten, als die Fürstin am Leben sein würde; nach ihrem Tode sollten aber auch diese Güter an die Herzoge von Meklenburg fallen "steruen vnd vallen").


Die solzowsche Linie des Geschlechts Hahn.

Im J. 1410 war die Fürstin schon gestorben, als am 15. Aug. 1410 die herzoglichen Brüder Johann und Ulrich von Meklenburg=Stargard dem Ritter Claus Hahn auf Solzow, die Güter, welche ihnen von der Fürstin Elisabeth "gestorben" waren, zu voller Freiheit erblich verliehen, wie die Fürsten sie ihm schon vorher auf Lebenszeit überlassen gehabt hatten 3 ). Durch diese Verleihung, welche bisher unerklärt gewesen ist, sich aber nach dem Vorgetragenen leicht deuten läßt, ward die im J. 1659 ausgestorbene solzowsche Linie der Familie Hahn, welche schon mehrere Güter im Lande Röbel und die damerowschen Güter bei Plau besaß, in ihrem Güterbesitze abgerundet und fest begründet.


Lehnschulzen im Lande Röbel.

Die in den vorstehenden Zeilen angeführten Urkunden sind auch deshalb von hohem Interesse, weil sie einen doppelten Lehnbrief über ein Schulzenlehn enthalten. Am 25. April 1379 verlieh der Fürst Bernhard von Werle dem Arend Boseke das Schulzenamt in dem Dorfe Melz und an demselben Tage gab seine Gemahlin demselben einen gleichlautenden Lehnbrief, da


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLII und XLIII.
2) Rudloff sagt: "Bernhard III. zu Waren † 1378, nach Jul. 8." Ueber die Lebensdauer der Fürstin Elisabeth giebt er nichts Näheres an.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLV.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 195 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Melz eines ihrer Leibgedingsgüter war. Das Vorkommen der Lehnschulzen oder Freischulzen in Meklenburg ist so merkwürdiger Art, daß über dieselben öfter geschrieben ist; wir besitzen eine umfassende Abhandlung "Ueber die Schulzen=Lehne im Herzogthum Mecklenburg von v. Kamptz in dessen Beiträgen zum Mecklenburgischen Staats= und Privatrecht", II, S. 3, flgd. Das Hauptergebniß aller bisherigen Forschungen ist, daß "seit den ältesten Zeiten insonderheit in der Mark Brandenburg Schulzen=Lehne vorhanden waren" und daß es nur in demjenigen Theil "Mecklenburgs, der unter Märkischer Landeshoheit gestanden, noch jetzt Schulzen=Lehne giebt", d. h. man nimmt an, daß die Schulzenlehne in Meklenburg nur im Großherzogthume Meklenburg=Strelitz ursprünglich und noch gebräuchlich sind, mit Ausnahme weniger, zweifelhafter oder jetzt nicht mehr zutreffender Fälle. Die Sache bedarf jedoch noch einer eigenen, umfassenden und urkundlichen Untersuchung, welche hier nicht geführt werden soll. Abgesehen von dem gegenwärtigen Zustande im Großherzogthume Meklenburg=Schwerin und den Umständen, welche hie und da die Dinge verändert haben mögen, läßt sich so viel mit Sicherheit behaupten, daß in früheren Zeiten die Schulzenlehne sich nicht auf das Land Stargard beschränkten; es läßt sich bis jetzt schon nachweisen, daß die Schulzenlehne im ganzen südlichen Meklenburg gebräuchlich waren. Die Schulzen im Amte Grabow, wahrscheinlich alle, waren Lehnschulzen; jedoch ist auch hier alter märkischer Einfluß bekannt. Aber auch im Amte Lübz lassen sich mehrere Fälle nachweisen; auch hier ist märkischer Einfluß nicht ganz abzuweisen. Endlich aber kommen mehrere Fälle in den Ländern Malchow und Röbel vor, welche nicht unter märkischer Landeshoheit gestanden haben, d. h. kein Theil der Mark Brandenburg gewesen sind; v. Kamptz führt zwei Fälle in dem Lande Röbel, zu Wredenhagen und Wackstow, an.

Zu diesen kommen nun die beiden hier mitgetheilten Lehnbriefe 1 ) vom J. 1379 über das Schulzenamt zu Melz. Diese sind deshalb auch von Interesse, weil sie die ältesten bisher bekannt gewordenen meklenburgischen Schulzenlehnbriefe sind. Daß wir es hier mit einem wirklichen Schulzenlehn zu thun haben, geht daraus hervor, daß dem Arnd Boseke das Schulzenamt erblich verliehen (lêggen, d. h. verliehen, zu Lehn gegeben) wird und dieser zu demselben zwei freie Hufen erhält, von denen die eine ganz frei ist, auch von Pacht, wofür der Lehnträger das zu leisten hat, was die übrigen Schulzen des Landes zu leisten pflegen Die eine freie Hufe war


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLII und Nr. XLIII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 196 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

immer die Schulzenhufe für das Schulzenamt; die Leistungen waren: das Schulzenamt zu verwalten, mit einem Pferde in gewissen Fällen zu dienen, Lehn zu empfangen und Lehnwahr zu leisten, so oft das Schulzengericht "zu Fall kommt etc. ." Jedenfalls sind die beiden Urkunden, welche durch die übrigen Mittheilungen hinreichende Erläuterung finden werden, wichtig genug, um tiefere Forschungen auf dieselben gründen zu können.

Für die Erkenntniß des heutigen Zustandes der landständischen Verhältnisse ist daher die genauere Kenntniß der früheren Entwickelung nicht unwichtig, indem grade aus dem Lande Röbel oder dem Amte Wredenhagen der Dorfschulze von Wendisch=Priborn landständische Rechte in Anspruch nimmt und besitzt. Sind landständische Dorfschulzen die Vertreter einer Bauerschaft, welche ein ehemaliges landständisches Gut eigenthümlich an sich gebracht haben, so dürfte mit dem Erwerb des Gutes nach neuern Ansichten auch die Landstandschaft auf die jedesmaligen Besitzer übergegangen sein 1 ); diejenigen Dorfschulzen dagegen, welche nur als Lehnschulzen die Landtage beziehen zu können behaupten, möchten ein altes Recht schwerlich nachzuweisen vermögen, da mit dem Schulzenamt keine Landstandschaft verbunden war.


1) Vgl. Polit. Pract. Wochenbl. 1847, Nr. 39, und Boll Gesch. des Landes Stargard I, S. 64.