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LX, 2. Januar 1895
des
Inhalt: | I. Geschäftliche Mittheilungen. II. Wissenschaftliche Mittheilungen: 1) Zur Baugeschichte des Fürstenhofes zu Wismar. 2) Eine früh. mittelalterliche Bronzeschale. 3) Hausmarken in Meklenburg. 4) Ein Grabfund der Bronzezeit von Bellin. 5) Aus dem Warnemünder Kirchenbuche. 6) Der Vogel Hein. |
I. Geschäftliche Mitteilungen.
Die zweite Quartalsitzung wurde am Montag, den 7. Januar, im Lesesaale der Regierungsbibliothek abgehalten. Bedauerlicher Weise waren nicht weniger als 6 Vorstands= und Ausschußmitglieder am Erscheinen behindert. Gegenwärtig waren die Herren: Geh. Finanzrath Balck, Dr. Voß, Ministerialsekretär Schwerdtfeger und die beiden Vereinssekretäre.
Zur Berathung standen ausschließlich laufende Vereinsgeschäfte.
Im zweiten Quartal sind, wie der zweite Secretär berichtete, 10 ordentliche Mitglieder ausgeschieden, davon eins durch den Tod, nämlich der am 2. November zu Schwerin verstorbene Baurath Dr. Koch, der unserm Vereine seit dem 6. September 1890 angehört hat.
Ausgetreten sind:
1) der Präpositus Pleßmann zu Kloster Dobbertin, Mitglied seit dem 9. November 1882
2) Kammerherr v. Döring=Setzin, Mitglied seit dem 27. August 1890;
3) Bürgermeister Kahle zu Bruel, Mitglied seit dem 18. October 1872;
4) Gutspächter Busch=Lüningstorf, Mitglied seit dem 4. März 1890;
5) Landbaumeister Pfitzner=Neustrelitz, Mitglied seit dem 27. August 1883;
6) Pastor Gevert zu Dambeck, Mitglied seit dem 5. April 1884;
7) Pastor emer. Saß zu Rostock, Mitglied seit dem 8. November 1882;
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8) Geh. Ober=Finanzrath Schmeitzer zu Schwerin, Mitglied seit dem 4. September 1890 und
9) Landgerichts=Präsident Piper zu Neustrelitz, Mitglied seit dem 6. Februar 1870.
Neu eingetreten sind die folgenden 5 Herren:
1) Jagdjunker Freiherr v. Maltzan zu Dargun,
2) Geh. Medicinalrath Dr. Mettenheimer zu Schwerin,
3). Drost Balck zu Güstrow,
4) Predigtamts=Kandidat Wilhelm Voigt, Lehrer an der Bürgerknaben=Schule zu Schwerin, und
5) Amtsverwalter Jasper Schmidt zu Dargun.
Der Mitgliederstand ist somit von 503 auf 498 herabgegangen.
Auch den Verlust eines correspondirenden Mitgliedes hat der Verein zu beklagen, indem am 6. October der Großherzoglich Oldenburgische Oberkammerherr und ehemalige Museumsdirector Friedrich Karl von Alten, Excellenz, zu Trier verstorben ist.
Im Kreise unserer Ehrenmitglieder sind keine Veränderungen eingetreten.
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II. Wissenschaftliche Mittheilungen.
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1.
Zur Baugeschichte des Fürstenhofes zu Wismar.
Von Dr. Crull.
Der 1547 im Alter von 22 Jahren zur Regierung gelangte Herzog Johans Albrecht 1 ) berichtete am 30. Juni 1550 seinem Oheim und Mitregenten Herzog Heinrich, die Gemächer im fürstlichen Hause zu Wismar seien alle sehr vernachlässigt, so daß es sich vernothwendige, dieselben wieder in Stand zu setzen. Dem Saale sei leicht abzuhelfen, aber es sei zu bedauern, daß das Haus, welches er, Herzog Heinrich, habe erbauen lassen, nicht noch einen Stock mehr erhalten habe. Er sei der Meinung, man müsse demselben gegenüber (darkegen vber) ein schlichtes Gebäude von ein oder zwei Stock aufführen, damit der Hof schicklicher aussähe (Sarre, der Fürstenhof zu Wismar, Anl. 1). Dem gegenüber mahnte der alte Herr zur
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Bescheidenheit und willigte nur in den Bau einer Schnecke oder Wendelstiege am "neuen Hause," sowie in die durchaus nothwendigen Besserungen (Sarre, Anl. 3). Herzog Johans Albrecht ist aber in einem zweiten Schreiben vom 12. Juli auf seinen Plan zurückgekommen, dem gegenüber jedoch Herzog Heinrich darauf beharrte, daß sowohl in Betreff des alten wie des neuen Hauses nur dasjenige gemacht werden solle, was schlechterdings nöthig sei, aber damit einverstanden sich erklärte, daß zu dem Ende der Rath zu Lübeck um 30 000, die Rostocker und Wismarschen um je 20 000 Steine gegen Baarzahlung angegangen werden sollten (Sarre, Anl. 2).
Dr. Lisch hat gewiß mit Recht angenommen (Jahrb. V, S. 15, N. 1), daß die an dem "neuen Hause" aufzuführende Wendelstiege an dem von Herzog Heinrich 1512/13, dem Chore der St. Jürgens=Kirche gegenüber erbauten Flügel errichtet werden sollte, hat aber doch wohl geirrt, wenn er meinte, Herzog Johans Albrecht habe diesen Flügel im Auge gehabt, wenn er das Fehlen eines dritten Geschosses bedauerte. Es hat nämlich, was bisher nicht bekannt war, Herzog Heinrich nicht bloß diesen Flügel auf dem fürstlichen Hofe aufführen lassen, sondern auch schon 1506 einen großen Saalbau, wie sich aus Verhandlungen der Wendischen Städte, die Ende Mai jenes Jahres in Lübeck stattfanden, ergiebt. Der Lübecker Bürgermeister hat dort das Gerücht zur Sprache gebracht, daß die Fürsten und Herren einen Anschlag auf Wismar mit sich herumtrügen, daß die Herzoge eine starke Feste in der Stadt errichteten, und daß der Markgraf von Brandenburg auch im Lande sich aufhalten werde, worauf aber der Bürgermeister von Wismar, Olrick Malchow, erwidert hat, es sei ihm von dergleichen Anschlägen nichts bekannt, und was den fürstlichen Bau anlange, so werde das Haus zu einem Tanzhause mit großen Fenstern gebaut und nicht als Befestigung. (Schäfer, Hanserecesse V, S. 213.) Das wäre also der "alte Bau".
Luckow hat schon bemerkt, daß der Fürstenhof - im engeren Sinne - mit Benutzung älterer Theile aufgeführt sei. Wie bedeutend dieselben waren, sagt er nicht und konnte er auch wohl nicht sagen, aber ihre Erheblichkeit ergab der Augenschein bei den Erneuerungsarbeiten am Erdgeschosse. Auch zeigten die Deckenbalken in dem nordöstlichen Raume dort gothische Profilirung, und Herr Landbaumeister Hamann, welcher als Bauführer die Luckowsche Restauration zu unterstützen hatte, fand auch im mittleren Geschosse hinter den Terracotten Fenstergewände, die gothisch profilirt waren. Demgemäß ist ein völliger Neubau nicht errichtet worden und ist zu vermuthen, daß die Buden, welche die Stadt dem Herzoge 1554 schenkte oder geschenkt hatte, neben dem Palaste an der Stelle der heutigen Amts=
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gerichts=Schließerei gelegen haben und etwa verlangt worden sind, um den Bau frei zu stellen. Der Umstand, daß Gabriel van Aken in seinem Briefe vom 4. April 1554 (Sarre, Anl. 5) schreibt, was er dem Herzoge zugesagt, sei Alles gemacht "vnde is dat fundamente", kann nicht als Argument für einen völligen Neubau oder dafür, daß zur angegebenen Zeit das Fundament fertig gestellt gewesen sei, benutzt werden, denn es fragt sich, ob dort unter Fundament dasselbe zu verstehen ist, was wir heutzutage darunter verstehen, und nicht vielmehr, wie Luckow meint (a. a. S., S. 9), der Sandstein=Sockel auf der Hofseite, oder ob man nicht gar das Wort bildlich zu nehmen habe, so daß Gabriel habe sagen wollen, um den Punkt handle es sich, das sei der Kern des Streites. Zweifellos sind im Fundamente nach heutigem Verstande keine Steine vom Kullen=Gebirge vorhanden, sondern Nachgrabungen, die Herr Landbaumeister Hamann seinerzeit angestellt hat, ergaben, wie zu vermuthen war, daß das Fundament aus einheimischen Granitfindlingen besteht.
Lisch setzt den Anfang des jüngsten Baues schon in das Jahr 1552, indem er angiebt, daß Statz van Düren, der damals 7 Gesellen und 7 Zupfleger beschäftigt, die Ornamente hergestellt habe (a. a. O., S. 18, 36), sowie daß Gabriel van Aken bereits in gedachtem Jahre Steine vom Kullen=Gebirge an der Schonenschen Seite des Kattegat geholt habe (a. a. O., S. 20). Da Statz aber seine Arbeit auf einer Ziegelei bei Schwerin betrieb, so liegt es doch näher, anzunehmen, daß er für den Schweriner Schloßbau thätig gewesen sei, und was die Steine aus Schonen anlangt, so würde der dänische König in der von ihm 1553, Mai 30. ertheilten Erlaubniß, dort Steine zu brechen (Sarre, Anl. 4), doch in irgend welcher Weise auf eine frühere Bewilligung hingedeutet haben, falls er solche ertheilt gehabt hätte. Sollten aber wirklich Vorbereitungen für den Bau des Fürstenhofes schon 1552 getroffen worden sein, so sind sie doch unter allen Umständen nicht von Erheblichkeit gewesen. Im Frühling 1553 sind, wie angegeben, Steine zu brechen erlaubt, im Januar 1554 bestellt der Herzog Decken (gemalte) für das Haus, welches er in Wismar erbauen lassen werde, im September läßt er Statz antreiben, mit seiner Ziegelarbeit sich zu sputen (Jahrb. XVIII, S. 113), wegen Steinmangels sollen im November einige Kirchen abgebrochen werden (Jahrb. V, S. 15, Nr. 2): alles dieses, sowie der Umstand, daß - bis auf Luckow - Formziegel an den Fenstergewandungen des Erdgeschosses straßenwärts das Datum 1554 zeigten, und daß Mylius bestimmt sagt, Herzog Johans Albrecht habe in diesem Jahre (nicht 1555, wie Jahrb. a. a. O. verdruckt ist) das Haus in Wismar erbauen lassen (Gerdes' Sammlung, S. 263), was auch Schröder
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weiß (K. B., S. 284), spricht dafür, daß der Bau, wenn auch 1553 in Etwas vorbereitet, wesentlich 1554 ausgeführt worden ist, sodaß der Herzog 1555, Februar 24., seine Vermählung darin feiern konnte.
Daß es nun möglich gewesen, bei dem notorischen Mangel an Ziegeln, bei der damaligen Unvollkommenheit der Hülfsmittel, bei der größeren Sorgfalt und dem daher langsameren Fortgange der Arbeit in jener Zeit, dem Mangel an Geld und, wie ich glaube auch an Arbeitern, den ganzen dreistöckigen, 37 Meter langen und fast 14 Meter tiefen Bau in so kurzer Zeit herzustellen, das erscheint doch kaum glaublich, wie denn auch Luckow die kurze Bauzeit bedenklich erschien (a. a. O., S. 5). Diese Erwägungen und die oben angeführten Thatsachen nöthigen dann meines Erachtens zu dem Schlusse, daß 1554 die Bauthätigkeit darin bestand, daß der Saalbau Herzog Heinrichs das von Herzog Johans Albrecht vermißte dritte Stockwerk erhielt und die Fassaden im Geschmacke der Zeit hergerichtet, höchstens noch innere Einrichtungen verändert wurden, wodurch dann auch die von Luckow hervorgehobene Unregelmäßigkeit der Achsentheilung, und daß kein (?) Fenster senkrecht über dem andern steht, erklärt sein würde.
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2.
Eine frühmittelalterliche Bronzeschale.
Von Dr. Robert Beltz.
(Mit Abbildung.)
Bei der Aushebung des Baugrundes zu dem neuen Postgebäude in Schwerin wurde in einer alten Kulturschicht eine bronzene Schale gefunden, welche unter der liebenswürdigen Beihülfe des Herrn Bauführers Ollenschläger vor Kurzem in das Großherzogliche Museum gelangt ist. Die Schale ist ziemlich schwachwandig, kreisrund, hat eine Höhe von 5,5 cm, eine innere Weite von 24,5 cm und eine Bodenweite von 17 cm; der horizontal abstehende schwache Rand ist 1 cm breit. Die Außenseite ist unverziert, die Innenfläche mit Zeichnungen rohester Art gravirt. In der Mitte befindet sich eine Halbfigur in Profil, nach rechts blickend, mit flacher, rundlicher Mütze, hängenden Haaren, Flügeln und weitem faltigen Gewande; vier ähnliche Figuren befinden sich symmetrisch vertheilt an der aufsteigenden Wandung, umgeben von Zickzacklinien in einem unregelmäßigen Halbrund; zwischen diesen je eine Horizontallinie,
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von welcher acht Linien in ungleichen Abständen nach unten und drei Büschel von je drei Linien strahlenförmig nach oben gehen; den Abschluß nach dem Rande zu bildet eine Linie von schwachen spitzen Zacken, welche in die Umrahmung der Figuren theilweise hineinschneidet.
Die Schale gehört einer Gruppe frühmittelalterlicher Geräthe an, welche an verschiedenen, sehr entlegenen Orten zu Tage getreten sind und, erst neuerdings in ihrem Zusammenhange erkannt, von verschiedenen Seiten eine sachkundige Behandlung erfahren haben. 1 )
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Mit der Schweriner fast ganz übereinstimmende Schalen sind auf dem Zobten (Grempler a. a. O., Tafel I), in Lübeck (Grempler a. a. O., Tafel IV) und an verschiedenen Orten in Ostpreußen (z. B. bei Dolkeim; Schriften der physikalisch=ökonomischen Gesellschaft in Königsberg 1892, S. 73, Tafel VIII), sehr ähnliche in Olmütz (Grempler a. a. O., Tafel III) und in Worms (Weckerling, Die römische Abtheilung des Paulus=Museums in Worms II, 1887, S. 47) gefunden worden.
Die Deutung der Darstellung und die zeitliche Bestimmung dieser Schalen ergiebt sich am besten im Anschluß an eine zweite Lübecker Schale (Grempler a. a. O., Tafel VI 1), welche mit der ersten zusammengefunden wurde. Hier erscheinen die Zickzacklinien als regelmäßige Umrahmungen der Halbfiguren, welche durch (zum Theil entstellte) Beischriften als Tugendgestalten (spes, caritas, pudicitia, fides) charakterisirt werden; auch in dem Raum über und zwischen den Halbfiguren stehen die Namen von christlichen Tugenden (mansuetudo, castitas, religio u. s. w.). Schalen dieser zweiten Gruppe mit ähnlichen Darstellungen und Beischriften finden sich in größerer Zahl, besonders in der Rheingegend und den Niederlanden, aber vereinzelt bis Esthland; durch die Fundverhältnisse näher bestimmt sind, soweit ich sehen kann, nur eine Anzahl Fragmente von Schalen im Prussia=Museum in Königsberg, welche aus Brandgräbern der letzten Heidenzeit stammen; so aus einem Gräberfelde von Ekritten bei Fischhausen, welches Professor Heydeck ausgebeutet und in den Sitzungsberichten der Prussia, Band 45, Königsberg 1890, S. 127 f., veröffentlicht hat. Die Form der Waffen (Wickingerschwert jüngerer Form), Aexte und Thongefäße weist das Grabfeld in das 11. oder 12. Jahrhundert. Zu derselben Zeitbestimmung hat die Betrachtung der Schalen von kunstgeschichtlichem Standpunkte geführt, indem speciell Prou a. a. O. die Zeit von 1050 bis 1140 für dieselben annimmt.
Es ist klar, daß das Schweriner Stück und seine Verwandten eine barbarische Nachahmung der anderen Gruppe ist, und es liegt der Gedanke nahe, daß diese Nachahmung auf dem Boden des östlichen Deutschland, wo die Mehrzahl gefunden ist, stattgefunden habe. Doch widerspricht dem einmal die Gleichartigkeit der weit von einander auftretenden Stücke, sowie der Umstand, daß wenigstens ein Exemplar auf altem, westlichem Kulturgebiet (in Worms) gefunden
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ist; dagegen weist gerade die Gleichartigkeit auf einen gemeinsamen Ort der Herstellung, und die flüchtige Arbeit macht eine massenhafte Anfertigung zu Exportzwecken in ein Gebiet mit geringen künstlerischen Ansprüchen wahrscheinlich. Bekanntlich hat seit der Thätigkeit des Bischofs Bernward von Hildesheim die niedersächsische Metallgießerei im 11. und 12. Jahrhundert eine weit über die Grenzen Deutschlands hinausgehende Bedeutung gehabt, und besonders den Osten beherrscht; es liegt am nächsten, hier den Ursprung der besprochenen Schalen zu suchen, zumal Stücke wie die "Bernwardspatene" im Welfenschatze (abgebildet z B. Otte=Wernicke, Christliche Kunstarchäologie I, S. 283) in Anordnung der Figuren =und Geschmack auf das Genaueste mit denselben stimmen; doch reicht das vorhandene Material zu einer endgültigen Entscheidung noch nicht aus. Nächst Niedersachsen und Hildesheim kämen in zweiter Linie die Niederlande mit der Schule von Dinant in Frage.
Die Bestimmung der Gefäße anlangend, so sind sie von den meisten Bearbeitern für "liturgische Geräthe" erklärt worden, speciell als Patenen für das heilige Oel (so Aldenkirchen in den Jahrbüchern des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande 1883, S. 78) oder Handwaschbecken (pelves, vasa aquamanilia). Ich halte die dagegen erhobenen Bedenken nicht für durchschlagend, ohne aber die Möglichkeit, daß einzelne auch weltlichen Zwecken gedient haben, leugnen zu wollen. Wenn sich gelegentlich profane Darstellungen auf verwandten Schalen finden, die den von uns speciell besprochenen sehr nahe stehen und wir das ausdrückliche Zeugniß in dem Lehrbuch des Theophilus (gegen 1100) diversarum artium schedula besitzen, welcher als Schmuck der Wasserbecken Könige und Ritter, Thier= und Schnörkelornament empfiehlt, was doch nur auf Schalen zu profanen Zwecken gehen kann, so treten doch diese Darstellungen der Zahl nach weit zurück. Auch das Vorkommen in einem heidnischen Grabfelde (Ekritten) hat nichts Befremdliches, da es sich hier sehr wohl um Beutestücke handeln kann, die den Bestatteten als besondere Kostbarkeiten mitgegeben sind, zumal sich dort die Schalen nur in kleinen Bruchstücken finden.
So ist denn nach unserer Auffassung die besprochene Schale im Laufe des 12. Jahrhunderts (denn nach dem oben Gesagten müssen wir sie zu den jüngsten Vertretern ihrer Gattung zählen) als kirchliches Geräth nach Mecklenburg gekommen, und sie verdient ein besonderes Interesse als das älteste Denkmal aus der Zeit der Christianisirung des Landes, welches bisher bekannt ist. Vielleicht hat die Schale dem ersten Bischof von Schwerin, Berno, der von Armelungsborn, also aus einem Gebiete, in welchem wir
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die Heimath dieser Geräthe vermutheten, 1155 nach Meklenburg und einige Jahre später nach Schwerin kam, 1 ) persönlich gedient.
Wichtig ist auch ihr Fundort. Derselbe gehört zu dem Grunde des alten Bischofshauses, welches . auf dem jetzigen Posthofe, dem Dome gegenüber, lag und in seiner letzten Gestalt erst im Jahre 1846 entfernt ist (vergl. Lisch, Jahrb. XV, S. 320 ff.). Das älteste urkundliche Zeugniß über dieses Gebäude stammt vom Jahre 1305, wo der Verkauf eines Domhofes "gegenüber dem Thurmeingange nahe bei dem Kirchhofe" bezeugt wird. 1 ) Der Zeitpunkt, in welchem der Raum zwischen dem Westende des Doms und dem Verbindungsgraben zwischen Pfaffenteich und Burgsee (der heutigen Kaiser Wilhelmstraße) von dem Domkapitel resp. dem Bischof bebaut ist, wird nirgends ausdrücklich überliefert; ob es gleich bei der Dotation des Bisthums durch Heinrich den Löwen 1171, in welchem Jahre nach Wigger (Jahrb. XXVIII, S. 221) das Domkapitel überhaupt erst gegründet wurde, ob nach 1238 geschehen ist, aus welchem Jahre wir einen Vertrag haben, nach dem Bischof Friedrich sich mit dem Grafen Guncelin über seinen Wohnsitz auseinandersetzen sollte (siehe F. W. Lisch, Jahrb. XXXXII, S. 80) ist zweifelhaft. Die Funde, welche beiden jetzigen Bauten gemacht sind, sprechen mindestens nicht gegen den älteren Termin.
Außer unserer Schale ist nämlich eine durchbrochene Zierscheibe mit einer Umrahmung verschlungener Drachenleiber und einer Vogelgestalt in altromanischem Stil, ein länglicher Knochenkamm von der Art der aus wendischen Burgwällen bekannten und Töpfereiproducte des frühesten Mittelalters gefunden, lauter Gegenstände, welche in die älteste Zeit des christlichen Schwerin gehören.
Die Schweriner Schale ist bisher die einzige ihrer Art in Mecklenburg; ich kenne nur eine, die ihr den Rang des Alters streitig machen könnte und die bisher als die älteste galt, eine Schale von Krassow bei Wismar, welche 1835 in die Großherzogliche Alterthümersammlung gekommen ist. 1 ) Dieselbe gleicht der unseren in Bezug auf Form, ist aber etwas kleiner. Der Grund ist durch regelmäßig sich spitzwinklig schneidende Linien gemustert, und zur Verzierung sind vier schmale Streifen Bronzeblech im Innern an der Wandung aufgekittet, auf welchen dasselbe Bild, Petrus mit den Schlüsseln, durch einen Stempel ausgepreßt, sich befindet. Auf dem
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Boden soll früher ein Madonnabild derselben Arbeit gesessen haben. Diese Dekoration durch "ausgeschnittene Arbeit" oder gestempelte Bleche war im 12. Jahrhundert sehr beliebt, und wir haben auch dafür ein Zeugniß bei dem oben genannten Theophilus, welcher dem Künstler räth, oft wiederkehrende Darstellungen in Eisenstempeln bereit zu halten.
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3.
Hausmarken in Meklenburg
Von Dr. R. Beltz.
Eine zusammenhängende Untersuchung über die Bedeutung und das Vorkommen von Hausmarken, besonders bäuerlichen, in Meklenburg ist, soweit ich sehen kann, nur einmal veranstaltet und in der Abhandlung von Lisch im Jahrb. XX (1855), S. 126, veröffentlicht. Schon damals waren sie dem Aussterben nahe, und es fanden sich nur wenige Gegenden, in denen sie noch im Gebrauche oder lebendiger Erinnerung waren. Nur von der Insel Poel und aus der Gegend von Doberan sind in jener Zeit ausgiebigere Nachrichten gesammelt. In dem bekannten Hauptwerke über Hausmarken, Homeyer, Die Haus= und Hofmarken (Berlin 1870), sind weitere Beobachtungen, besonders aus der Rostocker Gegend in den Dörfern links der Warnow und aus dem Kirchspiel Rövershagen, mitgetheilt. Schreiber dieser Zeilen wurde auf diesen eigenartigen verschwindenden Rest uralten deutschen Rechtsgebrauches vor einigen Jahren auf der Halbinsel. Mönchgut aufmerksam, wo er in der dortigen Fischerbevölkerung noch lebendig ist. Anfragen in den verschiedenen Theilen Meklenburgs ergaben aber nur unsichere Erinnerungen, bis ich vor einiger Zeit in dem Dorfe Upahl bei Grevesmühlen einige alte Geräthe sah, welche noch Hausmarken trugen. Mit Hülfe der Herren Lehrer Däbler in Upahl und Greve in Lankow, eines geborenen Upahlers, ist es denn gelungen, sämmtliche dortige Hausmarken mit ihren üblichen Namen festzustellen; einige allerdings sind noch nicht localisirt. Früher sind sie auch in den Fenstern der Kirche von Diedrichshagen gewesen, seit der Renovirung derselben aber verschwunden.
A. Bestimmt sind folgende Zeichen:
Erbpachtstelle:
1: ein Haus;
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Erbpachtstelle:
2: ;die Stelle ist seit Langem im Besitz einer Familie Wulf;
3: ;
4: der "Liek= oder Lenkhaken" (Gelenkhaken zur Verkürzung der Kesselkette), eine der häufigsten Hausmarken überall, heraldisch als "Wolfsangel" bekannt; vergl. z. B. die Beispiele bei Homeyer a. a. O. aus Oldenburg 9, 58. 10, 58. Lübeck 13 pass. Rostock 17 mehrere, Warnemünde 19 mehrere, Greifswald 21, 5, Westpreußen 23. Aus Mönchgut s. Pommersche Monatsblätter 1890, S. 67;
5: = "Rad";
6: = "Eschenblatt." Diese Marke ist selten; Homeyer bildet sie in dieser Art nicht ab, wohl aber umgekehrt (Tafel 27: Pruppendorf in Westpreußen, dort "Haferrispe" genannt); Lisch erwähnt a. a. O., S. 132, einen "Tannenbaum" aus Ober=Satow, wahrscheinlich unsere Figur;
8: = "Haspel"; an einem Geräthe noch vorhanden;
9: ; vergl. von Mönchgut: Pommersche Monatsblätter 1892, S. 150;
10: = "Stundenglas," eine der häufigsten Marken; Homeyer führt Tafel 18 eine Reihe aus Rövershagen und sonst an;
13: = "Kreuz"; wie auf Mönchgut (Pommersche Monatsblätter 1892, S. 151).
B. Die Marken der Erbpachtstellen 7, 11, 12, 14 waren nicht zu bestimmen, doch sind fünf weitere Zeichen bekannt, nämlich:
1: = "Misttrage" (Mesbör); eine häufige Marke, allerdings meist hochstehend dargestellt; die "Tragbahre" ist z. B. die Stadtmarke von Greifswald (vergl. Pommersche Monatsblätter 1893, S. 54);
2: = "Melkhüker"; ähnlich aus Rövershagen: Homeyer 18, 15 und Rügen: Homeyer 20, 60;
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3: = "Krähenfuß"; häufig, gewöhnlich aber mit oberem Balken; vergl. Homeyer 11, 7 aus Schönberg, 19, 24 aus Rügen, 25 c aus Westpreußen, Pommersche Monatsblätter 1892, 150 von Mönchgut;
4: = "Fenster"; auch sonst bekannt;
5: = "Haspel", vergl. oben Nr. 8. Aehnlich Homeyer 17d aus Rostock, Warnemünde: Homeyer 19 kombinirt mit dem "Lenkhaken", Pommern: Homeyer 22, 6, Westpreußen Homeyer 23.
Ein Zeichen ist also überschüssig; wahrscheinlich Nr. 5 (die Haspel), welche mein Gewährsmann Greve aus der Erinnerung aufzeichnete und die wohl mit der Haspel oben Nr. 8 identisch ist.
Eine Umfrage in den Nachbarorten von Upahl, Diedrichshagen, Pravtshagen und Boienhagen hat nichts ergeben; aus Kastahn wurde mir eine Marke mitgeteilt, ähnlich oben Nr. 6 dem "Eschenblatt," doch standen die Seitenstriche höher und dichter.
Die Hausmarken gehen zum Theil zurück auf runische Zeichen, welche später mißverstanden, oft durch differenzirende Linien entstellt sind und gewöhnlich als Bildzeichen erklärt werden. Unter den Upahler Marken ist rein runisch der "Lenkhaken" (ags. eoh, gemein=germanisch eu), etwas verändert der "Krähenfuß," anderwärts auch "Drudenfuß" genannt aus (nordisch r oder y; vielleicht auch das umgekehrte gemeine germanische = z); auch (gemein=germanisch = g) und sind Runen, das Stundenglas wahrscheinlich aus dem ersteren entstanden oder auch verdreht aus , (gemeingermanisch = d), vielleicht auch das "Eschenblatt" (siehe Nr. 6) aus der Rune (= f). Als das Verständniß für die Bedeutung schwand, griff man zu willkürlichen Zeichen, z. B. Nr. A 3, oder zu Bildern, z. B. oben Nr. A 1 und 6 und B 1 und 2. Eine so realistische Marke wie das Haus ist mir anderweitig nicht bekannt geworden, entspricht aber genau der schematischen Darstellung des Hauses auf mittelalterlichen Münzen schon in der Karolingerzeit; auch A 3 und 5 sind ohne Analogie. Die jüngste Entwickelung ist dann der (meist lateinische) Anfangsbuchstabe; hier nur in A 2. Auf Mönchgut habe ich mehrere gefunden, die wirklich Hausmarken geworden, das heißt auch bei Besitzwechsel geblieben sind (Pommersche Monatsblätter 1892, S. 152).
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Der Name "Marke" war in Upahl nicht bekannt, man nannte die Form "Zeichen."
Angebracht wurden die Zeichen nicht, wie auf Poel und bei Doberan über der Thür, sondern "auf dem rechten Ständer neben dem Eingange der großen Thür"; gezeichnet wurden alle Gegenstände, besonders aber die eisernen. Am längsten hat sich die Sitte bewahrt, das "Secheisen" (den sichtbarsten Theil des Pfluges) durch den Schmied markiren zu lassen.
Ohne Zweifel ist die Erinnerung an den Gebrauch der Hausmarken auch an vielen anderen Orten noch nicht ganz entschwunden. Der Zweck dieser Zeilen ist, die Aufmerksamkeit von Freunden volkskundlicher Forschung , besonders derer, welche mit unserer Landbevölkerung in persönlicher Beziehung stehen, auf diesen Punkt zu lenken und zur Mitarbeit an der Rettung eines dahinsterbenden Stückchens Volksthum aufzurufen.
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4.
Ein Grabfund der Bronzezeit von Bellin.
Von Dr. R. Veltz.
Ueber einen für Meklenburg verloren gegangenen Bronzefund berichtet Herr Direktor Dr. Begemann in der wissenschaftlichen Beilage zu dem Jahresberichte des städtischen Gymnasiums in Neu=Ruppin 1892. Derselbe entstammt einem Kegelgrabe bei Bellin bei Zehna. Der Bericht lautet: "Die Grabstätte lag hart an dem Braunsberger Stege, 1 ) ungefähr in der Mitte zwischen dem sogenannten Halsberge und dem Hainholze. Das Grab bildete in der Erde eine Kreisfläche von ungefähr 18 Schritten im Durchmesser und war mit mittelgroßen Steinen ringsum eingefaßt. Ziemlich in der Mitte dieser Fläche lag auf der Erde eine Steinplatte von etwa 1 Fuß im Durchmesser. Auf ihr lagen die bronzenen Gegenstände und auf ihnen Knochen und Asche. Rund um sie herum und oben darauf befanden sich Steine, die einen Haufen von 6-8 Fuß im Durchmesser und 3 Fuß Höhe bildeten. Innerhalb der großen Kreisfläche lagen auch noch an anderen Stellen Urnenscherben und Asche."
Die Gegenstände sind:
1. eine Nadel, 35,5 cm lang, in 4 Stücke zerbrochen, mit einem scheibenartigen Kopfe von 3 cm Durchmesser.
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2. ein Halsring, kreisrund, offen, von rundem Querschnitt, mit spiralig fortlaufenden Furchen geschmückt, mit glatten spitz auslaufenden Enden. Durchmesser 15 cm, Dicke 0,8 cm.
3. ein Halsring, ganz ähnlich, nur etwas stärker, in 7 Stücke zerbrochen, die Enden sind nicht spitz.
4. ein Halsring (? oder Oberarmring), oval, offen, in 4 Stücke zerbrochen, in der Mitte stark abgeplattet, sonst von ovalem Querschnitt, auf der oberen Seite reich verziert. Die ganze Fläche ist durch (radiale) Furchen in Felder (3 mm breit) getheilt, die abwechselnd glatt oder mit Querstrichen gefüllt sind. Auf der abgeplatteten Mitte ist dadurch, daß die Furchen sich theilweise bis auf 1 mm einander nähern, noch größere Mannigfaltigkeit hergestellt. Durchmesser ca. 12 cm
5. ein Armring, oval, offen, von D=förmigem Ausschnitt, außen mit Furchen verziert, verbogen. Durchmesser 8,5 cm, Breite 1 cm.
6. Armring=Bruchstücke, zwei, von einem ähnlichen Ringe wie 5.
7. zwei Spiralen, die wohl zusammen einen Brustschmuck bildeten, durchweg gereift, zerbrochen. Durchmesser 5 cm.
Sämmtliche Gegenstände haben einen dicken grünen Rost. Die selben sind 1869 als Geschenke eines Schülers in die kleine, aber ausgewählte Sammlung des Neu=Ruppiner Gymnasiums, welche den Namen "Zietensches Museum" führt, gekommen.
Der Fund gehört in die reich entwickelte Bronzezeit, und zwar an das Ende derselben (Montelius=Periode III). Die Zusammensetzung erinnert sehr an die Ausstattung der Frauengräber des Kannensberges bei Friedrichsruhe (vergl. Jahrb. XLVII, S. 266 ff.), wo dieselbe Nadel und dieselben Ringe (auch die Spiralen Nr. 7 und 8 gehören vermuthlich einer "Handberge" an) zusammen auftraten.
Bemerkenswerth ist die Bestattungsart. Es handelt sich hier offenbar um die Beisetzung einer verbrannten Leiche, die, mit ihren Schmucksachen angethan, den Flammen übergeben und deren Reste dann auf dem engen Raum einer Steinplatte aufgehäuft wurden. Die Frage des Verhältnisses von Beerdigung und Verbrennung in der Bronzezeit ist noch immer nicht ganz geklärt. Es scheint, daß der Leichenbrand die Beerdigung allmählich ablöst und zwar so, daß er sich in Frauengräbern häufiger und früher findet als bei Männern. Dazu giebt das Belliner Grab einen neuen Belag.
Im Zietenschen Museum befinden sich außerdem aus Meklenburg: "Eine Fibel aus hellgrüner patinirter Bronze (Römische Kaiserzeit, jüngere Form, ca. drittes Jahrhundert; nach Bestimmung von Weigel); gefunden bei Doberan."
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"Ein Schwert von Bronze, zum Theil grün patinirt. Die Klinge ist, nachdem die Spitze einst abgebrochen war, neu angeschliffen, sodaß sich eine dolchartige Form ergeben hat. Der Griff umfaßt die Klinge mit einem halbkreisförmigen ausgeschnittenen Ansatz, hat als Schmuck 2, 3 und 1 wulstige Reifen und oben eine schmal, dünne, nach den Enden zu sich verjüngende Platte mit zwei gegen einander gerichteten Spiralen. Länge 40,5 cm, Breite 3 cm; gefunden bei Mirow (Meklenburg=Strelitz) 1842.
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5.
Aus dem Warnemünder Kirchenbuche.
"Anno 1694
den 10. Januarii ist durch einen Nord=Ostwind das Waßer so hoch gestiegen daß es in der Wedemen vnd in der Stuben gestanden, Ställe, Kammern vnd Heuser angefüllet, die Leute auff den Graben aus ihren Heusern getrieben, die Heuser sehr zernichtet durch das große Eyß v. hat am Bolwerck v. an den Dühnen sehr großen Schaden gethan, die Schiff im Haven zerstoßen, gesencket, gesplittert vnd gahr weggenommen daß man auch von einem Schiff nichtes hat erfahren können, wo es geblieben, in Summa große Noht v. Elend ist zu sehen gewesen. Gott bewahre uns allen für solchen Waßer v. Schaden vnd laße uns in seiner Gnaden verwahret bleiben um J. C. willen. Amen."
den 8. December ist durch einen harten Sturm vnd Süd=Westen Wind nicht allein zu Warnemünd ein großer Schaad (zu Warnemünd) an allen Hausern geschehen, auch der Kirchturm beschadiget, sondern es sind auch viel Stähte, Dörffer vnd Kirchen nicht allein im Lande Meckelburg sondern auch weit vnd breit hard beschadigt, auch Kirchen, Schulen, Hauser eingeworffen, zerfallen vnd niedergerißen; auch die Kirche zu Sanct Nicolaus in Rostock hat ihren schönen Turm verlohren vnd ist abgewehet, doch Gotlob nicht mehr alß ein Kind dorunter tot geblieben vnd zerschlagen. Gott sei Uns allen gnadig vnd bewahre uns allen für dergleichen Unglück vnd Unfall vnd laße uns in seiner himlischen Gnade fest=ewiglich eingeschlossen verbleiben umb Jesu Ch. willen. Amen.
F. v. Meyenn.
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6.
Der Vogel Hein.
Im Großherzoglichen Archiv findet sich unter den Rentereirechnungen eine Quittung des Malers Simon Huene zu Güstrow vom 14. April 1594, worin der Empfang von 2 fl. 18 ß. für » 2 Laken, darauf der Vogell Hein gemalet, der auf Wackerbart seinen Diech geschossen, « bestätigt wird.
Von den beiden » Laken« ist keins mehr erhalten.
Da der Vogel abgemalt wurde, so muß er eine Seltenheit für Meklenburg gewesen sein; da er auf einem Teiche erlegt wurde, so wird man ihn für einen Schwimmvogel oder doch für einen Sumpfvogel halten dürfen.
Wesentlich abweichende Lebensgewohnheiten scheint ein anderer Vogel Hein in der Stadt Mecheln gehabt zu haben, von dem Bartholomäus Sastrow in seinen Denkwürdigkeiten, Theil II, B. 10, Cap. 11, S. 625/26 das Nachfolgende berichtet:
» Deßgleichen hab ich gesehen Vogel Heinen, dauon man sagt, das er, wen der keyser Maximilianus primus, des yetzigen Keysers Vranherr, hatt wollen vorreisen, allewege zeitlich an den Ort geflogen, dahin der keyser auf den Abend ankommen wurde; der keyser hatt jme so viell vormacht, das er die Zeit seines Lebendts Wartung vnd Vnderhalt, die Fraw, so auf ihn wartete, freye Wonung vnd Feurung hette. Dan er war zu der Zeit alt vnnd kael, das er stets ein warmb Stuben haben, vnd wer ine sehen wollte, der Frawen etwas geben moste, also seinentwegen ein gut Lohn hette.«
Welche Vogelart (Species) wurde im 16. Jahrhundert "Vogel Hein" genannt?
Nach J. H. Schulz, Fauna Marchica S. 257, wird der Uhu, Strix Bubo, L., in manchen Gegenden mit dem Trivialnamen » Heun« bezeichnet. Der Uhu kommt jedoch weder auf Teichen vor, noch war er im 16. Jahrhundert eine seltene Erscheinung für Meklenburg, so daß man ihn schwerlich abgemalt haben wird.
F. v. Meyenn.
Schwerin, im Januar 1895.
Der zweite Secretär:
F. v. Meyenn
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