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Hermann Krause, System der landständischen Verfassung Mecklenburgs in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. (Rostocker Abhandlungen, herausgegeben von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Mecklenburgischen Landesuniversität, Heft II.) Rostock (Carl Hinstorff) 1927.

Eine systematische Darstellung der landständischen Verfassung Mecklenburgs fehlte bislang. Diesen oft empfundenen Mangel beseitigt Hermann Krauses Dissertation. Jurist, aber durch Tradition und Neigung mit starker historischer Ader ausgestattet und historisch geschult, war Hermann Krause für eine derartige Aufgabe sozusagen prädestiniert. Und man muß sagen, daß er seine wirklich nicht so einfache Aufgabe in vorzüglicher Weise gelöst hat. Das, was er uns geliefert hat, ist keine trockene und schwierige Konstruktion, etwa nach Art von Böhlaus "Fiskus", sondern eine gut lesbare und anschauliche Darstellung, die der bunten Fülle der Erscheinungen des geschichtlichen Lebens, wie sie in den Quellen uns immer wieder entgegentritt, gerecht wird. Der Stoff ist übersichtlich gegliedert.

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Im I. Kap. werden die Träger der öffentlichen Gewalt des Ständestaates: Landesherrn und Stände, behandelt, wobei naturgemäß das Hauptgewicht auf die Stände gelegt wird. Unterabteilungen besprechen die Zusammensetzung der ständischen Korporation (Ritterschaft, Landstädte, Seestädte [Rostock und Wismar nahmen bekanntlich zu allen Zeiten eine Sonderstellung ein], Prälaten [verschwanden seit der Reformation] sowie Charakter der Stände als Korporation), den Landtag (Selbstversammlungsrecht der Stände und herzogliche Berufung, Zeit und Ort des Landtags, Pflicht zum Erscheinen und Stellvertretung, Art und Kosten der Verhandlungen und Versammlungen) und die Organe der ständischen Korporation (Landmarschälle, Syndikus, Ausschüsse). Ein besonderer Paragraph wird dem wichtigen Institut der Landräte gewidmet, von denen Krause bemerkt: "Sie nahmen eine Zwischenstellung ein, ihr Gesicht war ein doppeltes: es sah auf die wohlerworbenen Rechte der Ritterschaft und Städte, aber es sah auch auf die Ansprüche der Landeshoheit. - - - Die Landräte waren das bindende Element der beiden großen Faktoren dieser Verfassung. - - - Der eingeschlagene Weg ging dahin, die Landräte tatsächlich zu reinen Organen der Stände zu machen; formell sind sie immer Mittelspersonen geblieben."

Das Verhältnis der Träger der öffentlichen Gewalt zueinander findet im II. Kap. seine Darstellung. Darin werden behandelt: Vertragscharakter des Verhältnisses, wie er in Reversen, Gravamina und in dem Widerstandsrecht der Stände in Erscheinung tritt; die Art der Aufteilung der öffentlichen Gewalt zwischen Landesherrn und Ständen; die Stellung der Stände in den Landesteilungsstreitigkeiten der Herzöge.

Im III. Kap. hat Krause die Funktionen der öffentlichen Gewalt bearbeitet. Das Kapitel umfaßt: Auswärtige Politik und Kriegswesen; die Rechtsprechung; die Finanzen mit Steuerbewilligung (Tilgung der fürstl. Schulden und rechtlicher Charakter der Schuldentilgung, Fräuleinsteuern [Prinzessinnensteuern], Dona gratuita, Türkensteuern und andere Reichssteuern) und Steuerverwaltung des Schuldentilgungsausschusses; das Kirchenregiment (Anteil der Stände am Kirchenregiment, Kirchengut, Übernahme der Landesklöster); die innere Verwaltung und Polizei; die Wirtschaft. Zum Schluß wird das Verhältnis der Landstände zur Gesamtheit der Untertanen erörtert. Im Gegensatz zu der vielfach in altdeutschen Territorien über Mecklenburg herrschenden Ansicht betont Krause in Übereinstimmung mit der von den heimischen Gelehrten schon immer vertretenen Auffassung, daß die mecklenburgischen Landstände nicht den Charakter einer rechtlichen Vertretung des ganzen Landes haben. Er legt dar, "daß auf dem Landtag der Bürgermeister nur die Bürger seiner Stadt und der Ritter nur seine Bauern vertrat: mit anderen Worten, daß der Landtag nichts anderes als eine Versammlung der lokalen Obrigkeiten war. Der durch die Landtagsbeschlüsse erfaßte Kreis deckte sich tatsächlich mit der Summe der durch ihre patrimonialen Obrigkeiten Vertretenen." Im Gegensatz zu den altdeutschen Territorien gab es ja in Mecklenburg keine landtagsunfähigen Grundherren, keine freien Bauern,

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und die Domanialbauern hatten die Steuern nicht auf Grund des Landtagsbeschlusses zu entrichten, "sondern auf Grund der Zustimmung des Landesherrn als des Grundherrn im Domanium". "Zu der Gesamtheit der Untertanen hatten die Stände danach keine rechtlichen Beziehungen, jedes einzelne Mitglied stand nur in einem obrigkeitlichen Gewaltverhältnis zu dem engen Kreis seiner Hintersassen. An dieser Auffassung hat man in Mecklenburg bis 1918 festgehalten."

Steinmann.