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Von
Dr. phil. Martha Genzmer, Neustrelitz.
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Die neuere Forschung hat dargetan 1 ), daß im Mittelalter das Fleisch unter den Nahrungsmitteln eine bedeutendere Rolle spielte, als in späterer Zeit. Daß auch in den Städten Mecklenburgs der Fleischverbrauch ein außerordentlich großer gewesen sein muß, lehrt schon eine oberflächliche Betrachtung der hierüber sprechenden Nachrichten. So betrug die Zahl der Verkaufsstände für Fleisch, der sogenannten Fleischerscharren, auf dem Markt in Rostock 2 ) im Jahre 1325 für die Altstadt 36, für die Mittelstadt 28 und für die Neustadt 20, eine große Zahl im Verhältnis zu der niedrigen Einwohnerzahl der Stadt.
Daß selbst unter Leuten geistlichen Standes trotz der kirchlich vorgeschriebenen Fasttage der Fleischverbrauch kein geringer war, das erkennt man aus einer Speiseordnung des Ratzeburger Domkapitels vom 21. Oktober 1301 3 ). Danach kommen dem Propst und seinem persönlichen Gesinde (familia) jedesmal vier Schüsseln Fleisch zu. Den Capitularen wurde bei den gemeinsamen Mahlzeiten dreimal wöchentlich, am Sonntag, Dienstag und Donnerstag, Fleisch aufgetragen, und zwar morgens zwei Fleischgänge, Gebratenes und Gekochtes, und abends ein Fleischgericht, nämlich Gekochtes. so gab es zwar nicht wie im Märchen alle Tage Gesottenes und Gebratenes, aber doch reichlich Fleisch, zumal noch allerhand Erzeugnisse aus dem Fleisch, Speck usw. des nützlichen Borstentieres hinzukamen. Daß das Fleisch eine geschätzte Speise war, beweist u. a. die Tatsache, daß Fehlen beim Hochamt, Matutine oder Vesper durch Fleischentziehung bestraft wurde 4 ).
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Neben dem frischgeschlachteten Fleisch kommt, wie Küchenzettel und Rechnungen von Fürsten und Klöstern lehren, besonders überall, wo es sich um längere Aufbewahrung des Fleisches handelt, gesalzenes Fleisch, Pökelfleisch und geräuchertes Fleisch vor.
Letzteres war wegen seiner Haltbarkeit unentbehrlich auf Reisen, Kriegszügen und ähnlichen Unternehmungen, und zwar wurde, entgegen dem heutigen Gebrauch, auch Rind= und Schaffleisch geräuchert 5 ). In den Bürgerhäusern muß der Vorrat an Fleisch oft beträchtlich gewesen sein, denn wiederholt kommt in Aufzählungen von Mobiliarnachlässen, wie in letztwilligen Verfügungen Fleisch vor, und zwar frisches wie getrocknetes 6 ).
Das Räuchern des Fleisches scheint vorwiegend in den Bürgerhäusern selbst geschehen zu sein. Jedenfalls finden sich unter den auf das Fleischerhandwerk bezüglichen Nachrichten aus dem 13. und 14. Jahrhundert, dem Zeitraum dieser Untersuchung, keine Nachrichten über Herstellung und Verkauf von geräuchertem Fleisch auf dem Markt.
Anders ist es mit gesalzenem Fleisch, welches regelmäßig ein Gegenstand des Markthandels gewesen zu sein scheint. Überliefert ist uns dies aus Neubrandenburg, sowie aus Wismar, wo gefordert wurde, daß unverkauft gebliebenes Fleisch eingesalzen und aus Tonnen verkauft werden sollte, und aus Rostock, wo der Verkauf von gesalzenem Fleisch auf dem Markt an eine besondere Erlaubnis durch die Ratsherren geknüpft war 7 ).
Geflügelhandel auf dem Markt scheint nicht häufig gewesen zu sein; doch wissen wir aus der Stiftungsurkunde von Neubrandenburg, daß Hühner in dieser Stadt auf dem Markt verkauft wurden 8 ).
Nicht mit der gleichen Bestimmtheit läßt sich dies von Wildfleisch sagen. Die Vorzüge eines Hasenbratens scheinen zwar
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nicht unbekannt gewesen zu sein; Kauf und Verkauf von Hasen erwähnt aber nur die Rechnung des Raven von Barnekow, der von 1365-1367 die schwedische Vogtei Nyköping für Albrecht von Mecklenburg verwaltete 9) 9 ). Jagdbares Gebiet findet sich nachweislich in städtischem Besitz 10 ), und die Herren des Rates gingen entweder selbst auf die Jagd 11 ), oder sie veranstalteten Jagden zu Ehren ihrer Gäste 12 ), nahmen auch Jäger in ihren Dienst 13 ). Aber nirgends liest man etwas davon, daß das Fleisch der erjagten Tiere auf dem Markt verkauft worden wäre. Man bleibt also auf die Vermutung angewiesen, daß das Wildfleisch entweder an die Ratsherren verteilt wurde, oder unter der Hand, vielleicht durch die Jäger verkauft wurde, oder daß es, wie wohl auch der Eber, den das Kloster Doberan jährlich der Stadt Rostock lieferte 14 ), einen Bestandteil der Gastmähler des Rates bildete 15 ).
Es erübrigt fast, zu sagen, daß von Haustieren dieselben wie heutzutage geschlachtet wurden, Rinder, Schafe, vor allem aber Schweine. Im Mittelalter spielten bekanntlich Schweine, ebenso wie Hühner und Gänse, eine Rolle auch als Abgabe an weltliche und geistliche Machthaber, so daß die Ausdrücke Schweinebede, svinsscult, Schweinezehnten u. ähnl. häufig in Urkunden jener Zeit vorkommen. Unter den kirchlichen Abgaben
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wieder genossen die sogenannten Antoniusschweine einer gewissen Berühmtheit. Es sind die an die Antoniusbrüderschaft gelieferten Schweine, die von den Brüdern zu Tempzin, dem Hauptsitz dieses Ordens für Mecklenburg, zur Unterstützung von Kranken und Armen verwendet wurden 16 ).
Was die Beschaffung des für den Verbrauch der Städte nötigen Fleisches betrifft, so ist es sicher, daß keineswegs der ganze Bedarf von den Schlachtern auf dem Markt gedeckt wurde. Als ihre Konkurrenten treten, wenigstens beim Handel mit Schweinen, vielfach die Müller auf. Schweinezucht war häufig eine Nebenbeschäftigung und Erwerbsquelle der Müller 17 ). Ihrerseits hatten auch die Schlachter eine Nebeneinnahme durch ein anderes Handwerk, nämlich das der Kürschner 18 ).
Vor allem aber haben die Bürger der Städte selbst, wie sie überhaupt ländlichen Beschäftigungen oblagen, sich auch mit Viehzucht beschäftigt, zumal in kleineren Städten, die sich ja eigentlich zunächst nur rein äußerlich durch ihre Planken= oder Palissadenbefestigungen von Dörfern unterschieden 19 ).
Von den Städten, deren Stiftungsbriefe erhalten sind, läßt sich zahlenmäßig feststellen, wieviel von ihrem Gebiet Weide=
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zwecken diente. So bekam die Vorderstadt des Landes Stargard, Neubrandenburg, bei ihrer Gründung durch die brandenburgischen Markgrafen im Jahre 1248 250 Hufen Landes angewiesen, von denen 200 zum Ackerbau, 50 zu Weidezwecken dienen sollten 20 ). Ähnlich war das Verhältnis bei Lychen 21 ), ebenfalls 1248 gegründet, und bei der schon 4 Jahre früher, ebenfalls von den Markgrafen von Brandenburg angelegten Stadt Friedland 22 ). Fürstenberg erhielt im Jahre 1358 vom Grafen Otto von Fürstenberg "ene drifft mett ereme vee over de veltmarke vann der stadt bette inn den wilthagenn thu orer weide" 23 ). Güstrow bekam schon am 1. November 1298 die Freiheit, seine Schweine zur Mast in den Primer Wald und Kleest (Wald) zu treiben, doch nur so weit, daß die Tiere abends in die Stadt zurückkehren konnten 24 ). Das Gleiche gilt für Malchow, das wie Güstrow Schweriner Stadtrecht hatte, natürlich mit der nötigen Abänderung in den lokalen Angaben 25 ). Da die Schweine in den dichten Buchenwäldern reichliche Nahrung fanden, so machte ihre Aufzucht verhältnismäßig wenig Mühe, und die Städte sowohl, wie die mit Renten und Privilegien reich ausgestatteten Klöster des Landes suchten daher, sich Anteil an den Waldungen zu verschaffen. Dabei kam es, wenn die Interessensphären sich berührten, gelegentlich zu heftigen Streitigkeiten 26 ).
Die gemeinsame Stadtweide sollte ausschließlich Weidezwecken dienen. Wenigstens heißt es in einer Malchiner Bürgersprache um die Wende des 14. Jahrhunderts, daß niemand auf der Stadtweide pflügen dürfe 27 ). Es wurde dort ein Bulle, bisweilen auf Stadtkosten, gehalten, wie dies für Rostock, abgesehen von Angaben der Kämmereiregister 28 ) aus dem Ver=
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festungsbuch des Jahres 1311/12 ersichtlich ist 29 ). Danach hatte ein gewisser Hermann Schelling unter anderem städtischen Eigentum auch den Stadtbollen (taurum civitatis nostre) geraubt und an einen auswärtigen Schlachter verkauft. Vieh nachts auf der Stadtweide weiden zu lassen, war verboten 30 ); vielmehr wurden die Tiere morgens hinaus= und abends wieder heimwärts geführt, ein Brauch, der sich übrigens in manchen mecklenburgischen Städten, sogar in der Haupt= und Residenzstadt Neustrelitz bis auf den heutigen Tag erhalten hat.
Damit die gemeinsame Weide von den wohlhabenderen Bürgern nicht übermäßig ausgenützt würde, war die Zahl der Tiere, die jeder austreiben durfte, genau festgesetzt. Zufolge einer Verordnung des Wismarer Rates vom Jahre 1296 war es jedem dortigen Bürger erlaubt, sechs Kühe und zwölf Schweine weiden zu lassen, wobei jedoch statt je einer Kuh auch zwei Schafe oder zwei Ziegen ausgeschickt werden konnten 31 ). Zuwiderhandlungen wurden mit 1/2 Talent pro Kopf des Viehs bei jeder Übertretung gebüßt, und die gleiche Strafe traf diejenigen, welche einen besonderen Hirten hielten. Es zeigt sich hierin ein Bestreben des Rats, eine Übervorteilung der ärmeren Bürger durch die Wohlhabenden zu verhindern. Die genannte Verordnung scheint aber mehrfach, sogar von Ratsmitgliedern, übertreten worden zu sein; denn am 22. April 1345 wurde sie wiederholt, wobei eigens hinzugefügt wurde, daß das Vieh der Ratsherren denselben Vorschriften unterstehe wie das der übrigen Bürger, und daß weder einzelne Glieder des Rats, noch der Bürgermeister ohne des gesamten Rats Zustimmung etwas daran ändern dürfe 32 ). Bei Übertretung des Gebotes wurde das überzählige Vieh gepfändet und unter keiner Bedingung zurückgegeben, so daß den Besitzern, abgesehen von der Geldstrafe, ein Verlust ihrer Rinder, Schweine oder Schafe drohte. Die Hälfte der Strafgelder wurde von den praktischen Stadtvätern zur Ausbesserung schlechter Wege benutzt.
Für die Wartung des Viehs auf der Weide wurden von der Stadt Hirten in Dienst genommen, was besonders für alle Städte mit Schweriner Stadtrecht überliefert ist 33 ). Wieviele
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Hirten von Stadt wegen gehalten wurden, läßt sich nicht feststellen. Gewöhnlich wird es nur einer gewesen sein; denn der Ausdruck opilio Schäfer, bedeutet wohl nur, wie heute noch vielfach, Hirte überhaupt. An manchen Orten spricht man ja jetzt noch von "Kuhschäfern". In Wismar wird allerdings für die Jahre 1345-1347 ein besonderer Schweinehirte genannt (subulcus . . . quem domini mei ad porcos civitatis receperunt). Doch lassen sich die Wismarer Verhältnisse nicht ohne weiteres auf die kleineren Städte übertragen 34 ).
Wieviel Lohn ein Hirte in der Stadt damals bekam, läßt sich nicht angeben, denn die Nachricht, daß das Kloster Doberan um 1337 einem Alberto famulo opilionis in Rostock 1 Mk. (Wendisch) und 1 Mk. Lübisch jährlich zahlen mußte 35 ), ist wohl nur auf eine Rentenzahlung, nicht auf einen Dienstlohn zu beziehen.
Für das flache Land haben wir einen etwas besseren Anhalt. Denn im Lohn= und Wirtschaftsverzeichnis des Klosters Neukloster, aufgezeichnet um 1320 36 ), ist an mehreren Orten für den Kuhhirten (pastor) 1 Mk. vorgesehen, ebensoviel für den Schafhirten und den Pferdehirten, während der Schweinehirte nur 6 oder 8 Schilling Wendisch (sol. slav.) bekam. Die Kälbermagd mußte mit einem Jahreslohn von 5, sogar von 2 1/2 Schilling zufrieden sein.
Trotzdem eine verhältnismäßig große Menge von Vieh von den Bürgern selbstgehalten wurde, so mußte doch noch eine Einfuhr von Schlachtvieh vom Lande auf den städtischen Markt stattfinden. Allerdings sind die Nachrichten darüber sehr unbestimmt. Die Zollrollen der Städte nennen wohl tierische Produkte wie Fette, Schmalz, Talg, aber weder lebendes Vieh, noch Fleisch 37 ). Ebensowenig werden besondere Viehhändler irgendwo erwähnt. Es scheint, daß die städtischen Schlachter, die, wie wir sehen werden, ein Pferd zum Transport von Vieh und Fleisch halten mußten, auf dem Lande Tiere aufkauften und nach Bedarf in die Städte brachten. Diese Annahme stützt sich auf das Testament eines Wismarer Knochenhauers Westphal vom Jahre 1288,
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in dem dieser letztwillig verfügte über Vieh, das in verschiedenen Dörfern gehalten wurde, das ihm aber zu eigen gehörte, und für das er Zins empfing 38 ).
In beträchtlicher Menge scheint auf dem Seewege Vieh nach Mecklenburg eingeführt worden zu sein, nämlich aus den nordischen Reichen. Schweden war ja ohnehin im 14. Jahrhundert durch die Person seines Herrschers eng mit Mecklenburg verbundene auch genossen die mecklenburgischen Seestädte dort und in den anderen nordischen Königreichen große Handelsvergünstigungen.
Aus dem Liber recognitionis oder Witschopbok der Stadt Rostock von 1338-1384 erfährt man, daß Rostocker Bürger Eigentümer von Buden, auch von Schlachterbuden in Marktorten auf Schonen waren, was wohl von Einfluß auf den Rostocker Fleischmarkt war 39 ). Genaueres über Einfuhr von Vieh über See berichten Wismarer Bestimmungen vom Jahre 1342 und Rostocker Ratsstatuten aus der Zeit um 1400 40 ). Letztere unterscheiden sich von den in Wismar gültigen Vorschriften dadurch, daß sie sich nicht nur auf seewärts herbeigeschafftes Vieh beziehen, sondern auch auf solches, das aus Dörfern oder anderswoher (de mari, vel de villis, vel de quacumque parte fuerit) zu Markt gebracht wurde. In Wismar sollten die betreffenden Schlachttiere erst 24 Stunden im Stall oder Hof eines Bürgers, in Rostock an einem von den Ratsherren dazu bestimmten Platze stehen 41 ), und während dieser Zeit sollten die Bürger allein das Recht haben, Vieh für ihren Hausbedarf einzukaufen. Erst nach Ablauf dieser Frist hatten die Schlachter mit den übrigen Bürgern gleiches Kaufrecht. Selbstdann sollten letztere noch berechtigt sein, einen oder meh=
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rere Ochsen, Schweine oder Schafe zu ihrem Verbrauch zu kaufen, mußten jedoch den Fleischern für jedes Stück gekauften Viehs eine vorgeschriebene Entschädigung zahlen.
Diese Bestimmung zeigt deutlich das Bemühen des Rats, das kaufende Publikum den Schlachtern gegenüber in Schutz zu nehmen, indem bei diesem Verfahren jeder Bürger bei noch unverminderter Auswahl das ihm Zusagende erwerben konnte.
Die Rostocker Statuten wissen nichts von einer solchen Vorkaufsfrist für die Bürger. Doch durften die Fleischer nur eine festgesetzte Zahl von Schlachttieren (ein bis zwei Ochsen und bis zu vier Kühen) kaufen. Wollte nun gerade von diesen ein Bürger ein Stück kaufen, so durften es ihm die Schlachter nicht verwehren, erhielten aber einen kleinen Entgelt, nämlich 6 Pfennig für ein Rind, 2 Pfennig für ein Schwein.
Schutz der Konsumenten ist auch der Zweck der auf diese Festsetzungen folgenden Bestimmungen der genannten Statuten. Da heißt es für Wismar, daß die Fleischer einen vollzogenen Kauf nicht durch Abmachungen unter sich gegen Entgelt verändern dürfen (illam emptionem non debent inter se unus alteri pecunia alteriorari). In der Bestimmung für Rostock kommt dieser Gedanke noch schärfer zum Ausdruck. Es wird ausdrücklich gefordert, daß jeder Fleischer das von ihm gekaufte Vieh selbst schlachten müsse, und daß nicht etwa eine Verlosung der Tiere stattfinden solle, bei der einem oder zwei unter ihnen das gekaufte Vieh zufiele, den andern an dem Handel Beteiligten aber ein Gewinn in bar gewährt würde.
Auf weitere Verordnungen, deren Zweck die Förderung und der Schutz der Käufer war, nämlich auf Verfügungen über Vorkauf, auf das Verbot des Kaufens vor den Toren oder auf den einlaufenden Schiffen, auf Zollvergünstigungen der Städte, auf die Jahrmärkte u. a. sei nur beiläufig hingewiesen.
Von einer Ausfuhr von Vieh aus den Städten Mecklenburgs erfährt man nirgends etwas, trotzdem kein Verbot in dieser Richtung aus der Zeit, mit der diese Arbeit sich befaßt, bestanden hat 42 ). Daher ist wohl anzunehmen, daß das auf der Stadtweide großgezogene Vieh innerhalb jeder Stadt verzehrt wurde.
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Wegen der großen Bedeutung des Fleisches für den städtischen Markt ist es erklärlich, daß die Schlachter, oder wie es damals hieß, die Knochen= oder Fleischhauer, zu den am frühesten genannten städtischen Handwerkern gehören. Gleich auf den ersten Blättern des ältesten Wismarschen Stadtbuches (zwischen 1250 und 1272) erscheint der Name eines vleshhovere 43 ). Ein Zusammenschluß der Fleischer zu Zünften fand ebenfalls früh statt, wie die Tatsache beweist, daß die Marktabgaben der Fleischer gemeinsam entrichtet wurden 44 ).
Ein günstiger Zufall hat es gewollt, daß Zunftordnungen der Schlachter aus mecklenburgischen Städten mit verschiedenen Interessensphären erhalten sind, so aus den Städten Schwerinschen Rechtes eine Zunftordnung der Schlachter in Plau vom 8. September 1306 45 ), aus den markgräflich brandenburgischen Gründungen im ehemaligen Lande Stargard ein Privilegium der Knochenhauer zu Neubrandenburg von 1290 46 ), und aus den Hansestädten der Wasserkante zwar nur eine Neuordnung des Fleischeramtes durch den Rat der Stadt Wismar vom 24. Juni 1372, aber doch mit Wiederholungen älterer Satzungen. Dazu käme noch eine Rostocker Ratsverordnung vom 20. Juli 1330 47 ).
Im übrigen lassen sich Angaben über das Gewerbe der Fleischer, wie über die Versorgung der Städte mit Fleisch im 13. und 14. Jahrhundert nur nach mehr oder weniger zufälligen Nachrichten zusammenstellen.
Die erwähnte Rostocker Ratsverordnung von 1330 kann besonders dazu dienen, eine Scheidung unter den mit Ausübung
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des Schlachtergewerbes beschäftigten Personen zu machen, die vielleicht damals in Mecklenburg allgemein üblich war, am meisten wohl in denjenigen Städten, die Schlachthäuser hatten, die aber nirgends mit gleicher Schärfe hervortritt wie in Rostock. Es schieden sich danach die eigentlichen Fleisch= oder Knochenhauer (carnifices) von den sogenannten Kütern (fartores, mactatores, in Rostock Wendschlachter oder Slavi), deren beiderseitige Befugnisse genau umgrenzt waren 48 ).
Die Küfer waren, wie schon der lateinische Ausdruck mactatores andeutet, Schlachter im eigentlichen Sinn, d. h. Töter des Viehs. Daneben handelten sie mit Speck und in beschränktem Maße auch mit Fleisch. In der Rostocker Urkunde heißt es ausdrücklich, daß die Wendschlachter, Slavi das ganze Jahr hindurch Montags und Donnerstags Speck verkaufen dürften, außerdem Erlaubnis hätten, von Michaelis bis Weihnachten Ochsen und Schafe, in Hälften oder Viertel zerlegt, feilzuhalten. Das Ochsenfleisch durfte aber nur von solchen Tieren stammen, die nicht mehr als 24 Schilling gekostet hatten, also nicht gerade erstklassig genannt Werden können 49 ).
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Die Küter in Rostock hatten keine Verkaufsbuden, sondern sie verkauften ihre Waren auf Tischen, für deren jeden sie auf ihrem Stand bei der Ellernbrücke (ad pontem alneum) 4 Schilling jährlich an die Stadt zahlten 50 ).
Neben den Kütern sind noch, als ebenfalls mit dem Verkauf von Speck beschäftigt, die eigentlichen Speckschneider (lardiscide) zu nennen, die augenscheinlich schon im 14. Jahrhundert ein eigenes Amt gebildet haben 51 ), und die Garbräter, die aber für den Zeitraum, den wir betrachten, nur vereinzelt als Mieter von Verkaufsplätzen auf dem Markt auftraten 52 ).
Für die Fleischhauer (carnifices) blieb also das Zerteilen und das Verkaufen des Fleisches als Hauptbefugnis übrig, und selbst diese erfährt durch die vielgenannte Rostocker Ratsverordnung von 1330 eine Einschränkung 53 ).
Es heißt dort, daß die Knochenhauer nicht mehr wie bisher Speck verkaufen dürften, sondern daß ihnen nur an drei Markttagen vor Ostern erlaubt sein sollte, Schulterstücke (scapulas), Schinken (tybias) und ganze Seiten frisches Fleisch (es muß damit Schweinefleisch gemeint sein, da für Rind= und Schaffleisch wohl kaum Zweifel bestanden) zu verkaufen. Trotzdem muß man in den Knochenhauern die eigentlichen Vertreter des damaligen Fleischergewerbes sehen; denn sie sind es, die sich zu Zünften zusammenschlossen.
Die erhaltenen Zunftprivilegien und Ordnungen lassen einen deutlichen Einblick tun in das städtische Leben jener Epoche. Das Neubrandenburger Privilegium fordert u. a., daß die Neu=
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aufnahme eines Schlachters in die Zunft oder der Erwerb eines Scharrens (Verkaufsstandes) nur zulässig sein sollte, wenn durch den Tod eines Meisters oder aus irgend einem anderen Grunde (ab alio casu) ein Platz freigeworden war, wodurch die Konkurrenz in Schranken gehalten werden konnte 54 ). Auch durfte niemand aufgenommen werden, der nicht das 18. Lebensjahr erreicht hatte, wohl damit der Betreffende eine ausreichende Lehrzeit hinter sich hatte. Letztere Bestimmung findet sich wieder in der Plauer Zunftordnung der Schlachter vom 8. September 1306, aus welcher auch ersichtlich ist, daß Söhnen von Schlachtern, falls der Vater gestorben war, Vergünstigungen gewährt wurden bei der Aufnahme unter die Zunftgenossen 55 ). Dasselbe gilt von Witwen; denn als "Witwe" wird das Wort "domina", das sonst in mecklenburgischen Urkunden vorwiegend die vornehme, angesehene Frau (auch Bürgersfrau) bezeichnet, hier zu deuten sein, wenn man nicht etwa annehmen will, daß Frauen am Anfang des 14. Jahrhunderts als selbständige Gewerbetreibende aufgetreten seien 56 ).
In Plau zahlten Schlachterfrauen bei ihrer Aufnahme in die Zunft nur 1 Schilling an Geld und gaben ein Pfund Wachs für kirchliche Zwecke, während ein Mann 2 Pfund Wachs und 2 Mk. (eine für die Stadt und eine für die Zunft) zu hinterlegen hatte. Auch ein gewisser Vermögensnachweis war erforderlich. Z. B. heißt es in einer Willküre des Wismarer Rats vom 12. November 1361, daß niemand sich unterfangen solle, im Knochenhaueramt selbständig zu werden (sines sulwes to werdende), der nicht 20 Mk. (twinticht mark penninghe) Vermögen nachweisen könne 57 ), wobei ihm jedoch, wie ein späterer Zusatz besagt, ein Pferd, das er zum Transport von Vieh und Fleisch halten mußte, für 12 Mk. Lüb. angerechnet wurde.
Für Rostock sind die am 22. Oktober 1356 erlassenen Bestimmungen andere 58 ). Dort mußte jeder, der in ein Amt
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aufgenommen werden wollte, der Stadt eine bestimmte Summe bezahlen. Darauf erhielten die Ältermänner der betreffenden Zunft von den Kämmereiherren der Stadt 2 Schilling, von dem neu aufgenommenen Zunftmitgliede 4 Schilling, von letzterem außerdem ein Pfund Wachs ad lumina cerea societatis eorum augenda.
Zu solchen allgemeinen Bestimmungen kommen, besonders in der Plauer Schlachterordnung, noch zahlreiche Einzelverordnungen, die aber weniger Bedeutung haben für die Betrachtung des Fleischergewerbes vom Gesichtspunkt der Lebensmittelpolitik aus. Sie beziehen sich nämlich auf Beleidigungen oder Tätlichkeiten, die an Älterleuten oder Zunftmitgliedern begangen wurden, und ihre große Zahl und ihre Detailliertheit wirft kein eben günstiges Licht auf die Fleischhauer von damals.. Die verhängten Strafen sind Geldbußen, von denen ein Teil der Stadt, das übrige der Zunft zufiel. Leider muß zugestanden werden, daß in den erhaltenen Geldbußenregistern jener Zeit die Namen von Schlachtern fast nie fehlen; doch finden sich auch edlere Züge von Angehörigen des Gewerbes verzeichnet. Z. B. kauften im Jahre 1349 die Schlachter von Wismar Äcker "zu milden Werken" 59 ).
Die Zunftprivilegien verdanken meistens ihre Entstehung dem Wunsche der Handwerksmeister, ihre Stellung in der Stadt zu befestigen; sie ließen sich sogar die Zunftrollen, ebenso wie die späteren landesherrlichen Bestätigungen, ein Beträchtliches kosten 60 ).
Andererseits ließ es der Rat nicht fehlen an Einschränkungen der Vorrechte und an Kontrolle, wie denn in Neubrandenburg die Schlachterzunft nur in Gegenwart zweier Ratmänner Beschlüsse fassen durfte und in Plau gegen den Befehl der Ältermänner, die dem Rat verantwortlich waren, kein Fleisch verkauft werden sollte 61 ).
Die Vorschriften des Rats wurden besonders eingeschärft und womöglich verschärft, wenn Übertretungen oder Eigenmächtigkeiten vorgekommen waren. So sah sich im Jahre 1372 der Rat der Stadt Wismar zum Einschreiten genötigt, als eine förm=
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liche Verschwörung der Schlachterinnung entdeckt wurde 62 ). Es stellte sich heraus, daß seit 30 Jahren ohne Wissen des Rats von der Zunft allen neuaufgenommenen Mitgliedern ein Eid abgenommen worden war, durch welchen sie u. a. verpflichtet wurden, nicht mehr Fleisch zum Verkauf auszuhauen, als die Älterleute vorschrieben, wodurch ein natürlich unerlaubter Druck auf die einzelnen Meister ausgeübt worden war. Die Folge war, daß vier Älterleute ihres Amtes entsetzt und für immer aus der Fleischerzunft ausgestoßen wurden. Die vom Rate neuerwählten Ältermänner, wie auch alle ihre späteren Nachfolger, mußten die Satzungen der Zünfte die außerdem zur besseren Einprägung auch in der Morgensprache der Fleischer verlesen werden sollten, feierlich beschwören.
Es sind vier Sätze, von denen drei zum besseren allgemeinen Verständnis der Urkunde, die in lateinischer Sprache über diesen Vorfall berichtet, in Vulgärsprache hinzugefügt wurden. Einer derselben fordert, daß jeder Meister in seinem eigenen Scharren persönlich syn eeghene vlesch vorkopen, dies nicht durch seine Knechte tun lassen sollte, welche Anordnung schon in lateinischer Fassung im Willkürebuch des Wismarer Rats Fol. 6 vom Jahre 1353 verzeichnet ist 63 ). Dagegen ist die dritte der Forderungen die lateinische Wiederholung einer lateinischen Ratsverordnung vom 28. August 1342 über seewärts eingebrachtes Vieh, von welcher schon die Rede war 64 ).
Der erste und zweite Satz jener Wismarer Neuordnung des Fleischerhandwerks werden uns in anderem Zusammenhang wieder begegnen.
Nicht minder wichtig als eine Beschäftigung mit denen, die das Knochenhauergewerbe ausübten, ist für die Erkenntnis der Lebensmittelpolitik eine Betrachtung des Fleischergewerbes selber. Verfolgt man an der Hand der Überlieferung die Örtlichkeiten, wo die Ausübung dieses Gewerbes stattfand, so ist es zweckmäßig, wieder zwischen Kütern und Fleischhauern zu unterscheiden; denn beide sind nicht nur nach ihrer Tätigkeit selbst, sondern auch nach dem Schauplatz ihrer Tätigkeit getrennt.
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Küter werden da erwähnt, wo sich städtische Schlachthäuser finden. Diese aber lassen sich keineswegs für alle Städte unseres Untersuchungsgebietes nachweisen, was freilich auch seine Ursache in einem Mangel an Überlieferung haben kann.
In Wismar erscheint ein Schlacht= oder Küterhaus schon in einem Verzeichnis der Kämmereieinkünfte aus den Jahren 1272-1300 65 ). In Rostock begegnen im Jahre 1307 bereits drei städtische Schlachthäuser 66 ), eine domus mactatoria exterior, d. h. die am weitesten von der Stadt entfernte, dazu im Gegensatz eine domus mactatoria anteterior und zwischen beiden die domus mactatoria media, alle drei unweit des Rathauses in dem Teil der Altstadt gelegen, der Küterbruch (palus fartorum) heißt 67 ).
Daneben meint man annehmen zu müssen, daß es noch Privatschlachthäuser gegeben habe. Z. B. berichtet eine Urkunde vom Jahre 1352, daß eine Nonne des Klosters Malchow sich wegen einer Rente aus dem Schlachthause (de hereditate mactatoria) eines Heinrich Sure für befriedigt erklärte 68 ). Auch eine im Jahre 1370 in Rostock erwähnte domus mactatoria Tymmonis könnte Privatbesitz gewesen sein 69 ). Vielleicht hatten aber die genannten Besitzer ihre Schlachthäuser nur von der Stadt gemietet, welche Annahme durch das Rostocker Stadtbuch D von 1292 bis 1297 gestützt wird, woraus hervorgeht, daß die städtischen Schlachthäuser zwar teils nur für ein Jahr, teils aber auch auf Lebenszeit und mit dem Recht der Übertragung auf die Erben gegen einen bestimmten Zins vermietet wurden 70 ).
Aus dem ersten der angeführten Rostocker Stadtbuchblätter (Fol. 45 b) erfährt man zugleich, daß gelegentlich zwei Schlachter gemeinsam ein Schlachthaus innehatten 71 ). Die Neustadt
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Parchim kann erst um 1370 ein Schlachthaus bekommen haben; denn nach einem etwa im genannten Jahre entstandenen Verzeichnis von Hebungen der Stadt Parchim wird von jedem Fenster der Fleischer in der Neustadt außer den auch in der Altstadt üblichen viermal 2 Schillingen noch eine Abgabe von 6 wendischen Pfennigen erhoben für das neuerbaute Schlachthaus (propter edificium fartorum noviter edificatum) 72 ).
Das Instandhalten der Schlachthäuser war, wenigstens in Rostock, Sache der Stadt. Es berichten nämlich Rostocker Kämmereirechnungen wiederholt von Reparaturkosten für ein Schlachthaus 73 ).
Zum Verkauf kam das Fleisch in den sogenannten Fleischerscharren (macellis) am Markt, und hier war die Stätte, wo die Fleischhauer ihres Amtes walteten 74 ). Die Zahl der Scharren war genau festgestellt, damit der Rat die Kontrolle über das Verhältnis von Nachfrage und Angebot behielt. In Neubrandenburg baten die Fleischer selbst, um eine Vermehrung der Konkurrenz zu verhindern, daß in ihr schon mehrfach erwähntes Privilegium vom Jahre 1290 die Bedingung aufgenommen würde, daß nicht mehr als die bereits bestehenden Scharren eingerichtet werden sollten 75 ). Ihre Zahl ist an dieser Stelle nicht angegebene wahrscheinlich waren es dreißig, also eine beträchtliche Anzahl für die kleine Stadt, für die spätere Zeit des Niedergangs der Stadt auch augenscheinlich viel zu groß. In der Urkundensammlung des Neubrandenburger Museums findet sich nämlich ein am Sondage vor Margarete der hilligen juncfrowen (12. Juli) 1495 ausgestelltes Schriftstück, in dem Bürgermeister und Ratmannen zu Neubrandenburg die Zahl der Knochenhauerscharren von 30 auf 15 herabsetzen 76 ).
Daß außerhalb der Scharren kein Fleisch verkauft werden durfte, war vielleicht überall in Mecklenburg die Regel. Bezeugt ist es für Neubrandenburg durch das Privileg von 1290 und steht damit auch fest für Stargard und Strelitz (Alt), auf welche Städte die Einrichtungen der Vorderstadt übertragen worden
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waren 77 ). In der Urausfertigung des Neubrandenburger Privilegs sowie in der ebenfalls schon erwähnten Bestätigung vom Jahre 1364 waren nur ganze Speckseiten davon ausgenommen.
Für gewöhnlich scheinen die Scharren, die auch Buden (taberne) genannt wurden 78 ) verlost worden zu sein damit niemand sich in bezug auf die Lage seines Verkaufsstandes benachteiligt glauben könnte 79 ) Hatte in Rostock ein Fleischhaue keine Bude mehr erhalten, so konnte er bis zur nächsten Verlosung mit seinen Waren einen der Verkaufsplätze im Rathause, falls ein solcher frei war, beziehen, wenn diese auch weniger günstig gelegen waren (licet sit obscurus).
Für die Verkaufsstände wurde von der Stadt eine jährliche Miete erhoben, die sogenannte ledehure 80 ). Wurde die Budenmiete nicht pünktlich bezahlt, so wurde sie erhöht, was für Plau feststeht nach der Zunftordnung der Fleischer vom 8. September 1306 81 ).
Es kam auch vor, daß in Fällen von Geldverlegenheit Fleischerscharren verpfändet wurden, wie dies nach dem Bruchstück des Malchiner Stadtbuchs vom 2. Oktober 1331-1332 ein gewisser Nicolaus Krakow tat und dafür 16 1/2 Mk. erhielt, wobei er sich jedoch das Recht vorbehielt, seinen Scharren am folgenden Tage wieder einzulösen 82 ).
Wieviel die Standmiete der Schlachter betrug, ist mehrfach überliefert. In Parchim zahlten Sie für jedes "Fenster", wie schon bei Erwähnung des Schlachthauses der Neustadt gesagt wurde, 8 Schilling; für zwei Fenster in der Altstadt jedoch, die
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nach der Straße zu gelegen waren, nicht nach dem Marktplatz, nur 6 Schilling, vermutlich wegen der weniger günstigen Lage 83 ).
In Wismar, wo der Rat die Mietsgelder nach Belieben erhöhen und herabsetzen konnte, brachten die Schlachterbuden, deren Zahl aber nicht genannt ist, am Ende des 13. Jahrhunderts jährlich 32 Mk. ein 84 ), Während das Kämmereiregister der Stadt Rostock vom 7. April 1325 85 ) als regelmäßige Einkünfte der Stadt 36 Mk. erwähnt von 36 Fleischerbuden der Altstadt, zahlbar zu Ostern und zu Michaelis, dazu von 28 Scharren der Mittelstadt je 2 Mk., die in vierteljährlichen Raten an die Stadt zu zahlen waren, und von den Fleischerbuden der Neustadt jährlich zu Ostern und zu Michaelis zusammen 1 Mk.
Die Stadtväter ließen es nun keineswegs dabei bewenden, die Abgaben der Fleischer einzufordern, sondern sie übten auch in heilsamer Weise eine Aufsicht aus über die Ausübung des Schlachtergewerbes. Hierher gehören in erster Linie die beiden ersten Bestimmungen jener Wismarer Neuordnung des Fleischerhandwerks vom Jahre 1372 86 ), auf welche schon hingewiesen wurde. Sie enthalten einen besonders vom hygienischen Standpunkt aus höchst wichtigen Erlaß über den Fleischverkauf. Es soll nämlich das Fleisch im Sommer nicht länger als 24 Stunden in frischem Zustand feilgehalten werden, im Winter nicht über 48 Stunden. Nachher darf es nur in eingesalzenem Zustande verkauft werden. Beide Bestimmungen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die erstere, die auch schon in einer Willküre des Rats vom 9. September 1323 87 ) überliefert ist, lautet in der zweiten Fassung wörtlich: De ratmanne beden unde willen, wes dar van vlesche gheslaghen wert an den sommerdaghen in deme soneavende, dat schal des sondaghes wesen vorkoft, unde des sondaghes geslaghen, dat schal des manedaghes syn vorkoft, unde des manedaghen avendes geslaghen, dat schal des dynchtedaghes syn vorkoft, et sic de singulis diebus.
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Die große Umständlichkeit der Abfassung läßt darauf schließen, daß Übertretungen und Umgehungen der ratsherrlichen Verfügungen wiederholt vorgekommen sein müssen. Daß der Rat aber auch strenge die Befolgung seiner Bestimmungen überwachte, das beweisen wieder die Geldbußenregister aus jener Zeit. Mehrfach liest man dort von Strafgeldern, welche die Weddeherren der Stadt einziehen für Fleisch, welches über die erlaubte Zeit hinaus zum Verkauf ausgeboten wurde (pro carnibus superpositis) 88 ). An anderer Stelle wird berichtet, daß ein Rostocker Bürger verfestet wurde, weil er Fleisch von gefallenem Vieh auf den Fleischbänken verkauft hatte 89 ).
Die Tatsache, daß eigens hinzugefügt wird: auf den Fleischbänken (in macellis), läßt es als möglich erscheinen, daß der Verkauf gefallenen Viehs nicht überhaupt verboten war, sondern daß vielleicht außer den Scharren am Markt noch Freibänke oder eine Freibank vorhanden waren, wo Vieh verkauft werden durfte, das etwa infolge Unfalls notgeschlachtet war, während das auf dem Markt verkaufte Fleisch einwandfrei sein mußte. Direkt sind solche Freibänke für Mecklenburg im 13. und 14. Jahrhundert nicht zu belegen. Aber das Urkundenbuch der Stadt Lübeck enthält eine Verordnung über den Verkauf von finnigem Fleisch aus dem Jahre 1355. Dieser sollte nicht von den Fleischhauern in ihren Verkaufsständen ausgeübt werden, sondern oppeden leeden bi des vrønen hus, und zwar sollte das Fleisch auf einem weißen Laken liegen 90 ).
Da nun Lübecker Recht in einer ganzen Reihe von mecklenburgischen Städten galt, wie in Wismar, Rostock, Gnoien, Alt= und Neukalen u. v. a., so ist es wahrscheinlich, daß sich die Einrichtung von Freibänken auch in Mecklenburg durchgesetzt hat.
Eine Strafe eigener Art traf die Hehler von gestohlenem Fleisch in Rostock 91 ). Man band ihnen das bei ihnen gefundene Fleisch auf den Rücken und jagte sie aus der Stadt.
Wenn sich auch für den Zeitabschnitt unserer Untersuchung keine bestimmten Nachrichten darüber erhalten haben, wann, wo und in welcher Weise eine Vieh= und Fleischbeschau ausgeübt
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wurde, so geht doch aus den obigen Angaben hervor, daß eine solche stattgefunden haben muß, und daß dabei der Rat nach Kräften die Rechte des kaufenden Publikums den Verkäufern gegenüber zu stützen suchte.
Die Absicht, die Käufer vor Ausbeutung und Übervorteilung zu schützen, zeigt auch das Bestreben des Rats, die Preise der Lebensmittel amtlich festzusetzen. Allerdings sind Belege dafür in der Epoche, die wir betrachten, nur recht selten. Für Wismar läßt sich hier abermals die Ratswillküre vom 28. August 1342 heranziehen über seewärts eingeführtes Vieh 92 ). Es werden darin zunächst unberechtigte Forderungen der Schlachter zurückgewiesen; dann heißt es als dritter Punkt, daß in den Seestädten der vierte Teil eines Schafes nicht teurer als für 14 lübische Pfennige zu verkaufen sei, und daß ein Paar Schweinefüße nur 2 lübische Pfennige kosten dürften. Weitere Preisangaben finden sich in demselben Schriftstück merkwürdigerweise nicht. Es wäre jedoch falsch, daraus zu folgern, daß nur Schafe und Schweine auf dem Seewege eingeführt worden wären. Vielmehr berichtet eine mit dem Siegel eines Ritters Helmold von Plessen versehene Urkunde aus der Mitte des 14. Jahrhunderts von Rindern und Pferden, die aus Dänemark eingeführt wurden 93 ). Die große Bevorzugung von Schaffleisch und Schweinefüßen in der Wismarer Ratswillküre läßt also höchstens den Schluß zu, daß Hammelfleisch von jeher in Mecklenburg beliebt war, und daß vielleicht damals schon das heute noch so berühmte Weißsauer bekannt war, zu dem Schweinefüße wegen ihrer Fähigkeit, Gallert zu bilden, verwendet werden, wie mir von privater, aber in dieser Beziehung kompetenter Seite versichert wird.
Daß das Fleisch nach Gewicht verkauft worden wäre, ist nach den vorhandenen Nachrichten für das 13. und 14. Jahrhundert nicht nachzuweisen 94 ). Vielmehr wurden die geschlachteten Tiere in Hälften oder Viertel zerlegt und diese dann Stück=
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weise verkauft. Nur für Speck, dessen Verbrauch ein sehr großer war 95 ) findet sich einmal eine Angabe nach Pfunden, indem in einer Abrechnung über die für König Albrecht von Schweden (Herzog von Mecklenburg) verwaltete Vogtei Nyköping 96 ) acht Pfund Speck vier Schinken gleichgesetzt werden (4 pernas pro 8 pund lardi). Jedoch handelt es sich hier eben nicht um einen Marktbericht, auch nicht direkt um mecklenburgische Verhältnisse. Überall sonst, wo von Speckverkauf die Rede ist, werden nur ganze Seiten (latera integra oder deutsch side auch vlicke) genannt, so daß man nur annehmen kann, daß Speck nicht gewogen sondern nur geschätzt wurde.
Preisangaben für Fleisch findet man am wenigsten da, wo man sie sucht, nämlich in Nachrichten, die sich auf die Fleischerzunft oder den Marktverkehr beziehen. Für verkaufsfertige Fleisch= und Fettwaren sind die Angaben überhaupt spärlich, außerdem oft nur summarisch, so daß für die einzelnen genannten Gegenstände kein Preis festgestellt werden kann. Ein Blick in die Rechnungsablage des Vogtes Gottschalk Preen vom 3. März bis zum 1. Dezember 1309 lehrt, daß er von Ostern bis zum Sonntag Misericordias Domini, also in zwei Wochen, für die Hofküche des Grafen Heinrich von Schwerin 34 Fleischseiten gekauft hat, die Seite für 1 Talentum (= 20. Schilling, zusammen für 42 1/2 Mk., daß er ferner 25 Schill. für 50 Hühner, 1 Mk. für Eier, 30 Mk. für geräuchertes Fleisch ausgegeben hat 97 ); doch sind die letzteren Angaben schon zu unbestimmt, als daß sie Vergleiche mit späteren Preisen zuließen.
Daneben erhellt aus einem Verzeichnis der Ausgaben von Wismar, Rostock und Lübeck gelegentlich der Einnahme von Dömitz im Jahre 1353, daß 30 Seiten Schweinefleisch auf 30 Mk. geschätzt wurden 98 ), und in einer Berechnung von Kriegskosten aus den Jahren 1370/71 werden u. a. 10 Speckseiten und 6 Seiten Fleisch jede zu 12 Schilling gerechnet 99 ). Eine ähnliche Berechnung vom Jahre 1358 schätzt Fleischseiten auf 1 1/2
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Talent, auf 11 1/2 oder 12 Schilling, wohl nach der Größe der geschlachteten Tiere verschieden 100 ).
So wenig man in der Lage ist, bei der Verschiedenheit des Geldwertes und der Unbestimmtheit der Mengen des verkauften Fleisches ohne genauere Untersuchungen einen Vergleich zwischen damals und jetzt zu ziehen, so kann man doch schon bei oberflächlicher Betrachtung erkennen, daß die Lebensmittelpreise von damals neben den heutigen sehr niedrig waren.
Ergiebiger als für Fleischpreise sind die Nachrichten in betreff der Preise für lebendes Vieh, die aber untereinander ganz bedeutend abweichen, jedenfalls der Größe und Beschaffenheit der Tiere entsprechend. So heißt es in einem Bericht über den Kriegsschaden, den die Rostocker im Jahre 1312 dem Kloster Doberan zugefügt haben, daß ein Ochse auf 2 Mk., eine Kuh auf 3 1/2 Mk., eine Kuh mit Kalb auf 4 Mk. geschätzt wurden, wiederum 50 Kühe auf 150 Mk., 40 Schweine auf 30 Mk., 3 Schweine auf 4 Mk. 101 ). An anderer Stelle werden für zwei Schweine 19 Schilling gezahlt 102 ). Derartige Angaben ließen sich noch weit mehr heranziehen. Doch sind sie als zu summarisch nur von relativem Wert für Markt und Marktpreise 103 ).
Das Bild von dem Schlachtergewerbe in Mecklenburg würde nicht vollständig sein, wenn nicht noch hingewiesen würde auf die Sonderbestimmungen und Rücksichten, welche die Juden in bezug auf das Schlachten genossen. Nachrichten darüber liegen für unsern Zeitabschnitt nur aus Friedland vor, der einzigen Stadt Mecklenburgs, die Stendalsches Recht hatte. In einer Fleischhauerordnung vom 15. Mai 1350 wurde dort den Juden gestattet, auf dem Küterhofe Schafe und Rinder nach ihrem Belieben auszuwählen und Sie mit eigenen 104 ) Messern
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auf ihre Weise zu schlachten. Sodann sollten ihnen die Schlächter nur die Vorderteile (dat blote vordel) der geschlachteten Tiere verkaufen, und zwar nicht teurer, als sie ihnen selbst zu stehen kamen. Mit dem Vorrecht, auf dem Küterhof ungehindert zu schalten, scheinen aber die Juden Mißbrauch getrieben und den Schlachtern Schaden zugefügt zu haben. Es heißt nämlich weiter, daß die Juden für Vieh, welches sie nicht auf jüdische Weise schlachteten, an die Fleischhauer einen Entgelt bezahlen sollten, und zwar für die Tötung (vor den steke) eines Schafes 2 Pf., eines Rindes 4 Pf. Fleischhandel vonseiten der Juden wurde auf drei Wochen im Jahr negest vor sunte Martins daghe beschränkt, und Zuwiderhandlungen, d. h. wenn die Juden außerhalb dieser Frist mehr als für den eigenen Bedarf schlachteten, wurden mit einer Geldbuße belegt.
Bei zusammenfassender Betrachtung des aus vielen kleinen Einzelzügen mosaikartig entstandenen Bildes bleiben für das Fleischergewerbe in Mecklenburg während des 12., 13. und 14. Jahrhunderts nur wenige Hauptzüge bestehen: der Verbrauch von Fleisch war ein bedeutender; die Zahl der Fleischer, die sich in Küter und Fleischhauer mit verschiedenen Funktionen trennten, eine große. Ein Zusammenschluß der Fleischhauer zu Zünften fand früh statt, und es fehlt schon für den Zeitraum dieser Untersuchung nicht an Versuchen der Meister, dem Rat gegenüber eine Machtstellung einzunehmen. Dieser wieder versuchte in jeder Weise, die Rechte der Konsumenten gegen Übergriffe der Fleischhauer zu schützen, und trug Sorge einerseits dafür, daß nur einwandfreie Ware auf den Markt kam, andrerseits dafür, daß das unverkauft gebliebene frische Fleisch in der richtigen Weise aufbewahrt wurde.
Besondere Schlachthäuser lassen sich nicht für alle Städte nachweisen. Eine amtliche Feststellung von Maximalpreisen für Fleisch scheint erstrebt, aber nicht durchgehend erreicht worden zu sein. Verkauf des Fleisches nach Gewicht läßt sich für das 13. und 14. Jahrhundert in Mecklenburg nicht nachweisen.
Schlachtvieh, außer Geflügel, waren Rinder, Schafe und vor allem Schweine, die in gesetzlich bestimmter Anzahl auf der allgemeinen Stadtweide aufgezogen wurden. Daneben fand eine Einfuhr von Schlachtvieh zu Wasser und zu Lande statt.