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IV.

Mecklenburgische Papiermühlen.

Von

Geh. Hofrat Professor Dr. Wilhelm Stieda=Leipzig.

Vignette
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I.

Die Geschichte der Papierbereitung.

Am Anfang des 15. Jahrhunderts ersuchte der Rat von Lübeck den Revaler Magistrat, ihm die gerichtlichen Urteile nicht auf Papier, sondern auf Pergament zu übermitteln "wante dat poppir vergenklik is". 1 ) Aus dem gleichen Grunde, seiner Vergänglichkeit wegen, hatte schon Kaiser Friedrich II. die Anwendung des Papiers bei Ausstellung von Urkunden verboten. 2 )

Indes nicht nur dieser Umstand, auch der hohe Preis des Papiers ist anfangs seiner Verbreitung hinderlich gewesen. Es ist zwar unmöglich, bei den verschiedenen Preisangaben zu einem sicheren Urteile zu gelangen und einen Vergleich zwischen der älteren und der neueren Zeit durchzuführen. In der Regel sind eben Güte und Format der Papiere nicht bekannt und es kommen außerdem verschiedene Münzfüße in Betracht. Immerhin sind die statistischen Zusammenstellungen, die F. Hermann Meyer darüber gemacht hat 3 ), insoweit überzeugend, als verglichen mit dem höheren Geldwerte der Vergangenheit die Preise hoch erscheinen und im Laufe der Jahrzehnte heruntergehen. So notieren beispielsweise die Stadtkassenrechnungen in Leipzig in den Jahren 1477 und 1478 für ein Ries Papier 28 und 30 Groschen, hundert Jahre später 20 und 24 Groschen 4 ). Und man wird es ebenfalls als hoch bezeichnen müssen, wenn in den Rentereirechnnngen zu Schwerin in den Jahren 1517-1519 regelmäßig "vor eyn halff riß pappir zu registern und vurschlagen" 12 Schillinge gebucht sind. 5 ) Mit den mecklenburgischen Notierungen stimmen die Hamburger leidlich überein. Aus denselben Jahren fehlen zwar die Daten, aber im Jahre 1522 zahlte


1) Urkundenbuch der Stadt Lübeck, ed. Wehrmann, Bd. 5 Nr. 4.
2) Wattenbach, Das Schriftwesen im Mittelalter, S. 98.
3) Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, Bd. 11 S. 335 f.
4) Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, Bd. 11 S. 337, 342.
5) Großherzogliches Geheimes und Haupt-Archiv in Schwerin.
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der Rat in Hamburg für ein Ries 21 Schillinge, d. h. 3 Schillinge weniger als die Mecklenburger, die ihr Papier aus Hamburg oder Lübeck bezogen. Bemerkenswert ist übrigens, daß in Hamburg am Ausgange des 15. Jahrhunderts die Preise hoch stehen. Von 1471-1500 kostet nämlich das Ries gewöhnlich 28-32 Schillinge, das Buch etwa 2 Schillinge. Dann verringern sich im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts die Preise, wie erwähnt, um gegen Ende des Jahrhunderts wieder zu steigen. Um 1562 wird das Ries Papier mit 36-40 Schillingen bezahlt 6 ).

Eine interessante Reihe liefern die Preise der Hildesheimischen Stadtrechnungen, vorausgesetzt, daß, wie wahrscheinlich, es sich alle Jahre um die gleichen Sorten handelte, um Papier, wie es zu Registern und Rechnungen gewöhnlich gebraucht wurde, keinenfalls um feines, hochwertiges. Auf ein Buch Papier umgerechnet, läßt sich folgende Reihe aufstellen. Es kostete ein Buch:

im Jahre 1411 19 d im Jahre 1440 31 d
1418 20 d 1441 19 d
1424 19 d 1442 21 d
1424 20 d 1443 19 d
1428 20 d 1444 17 d
1429 24 d 1445 19 d
1431 21 d 1446 19 d
1433 24 d 1446 18 d
1433 28 d 1447 16 d
1435 26 d 1448 14 d
1436 30 d 1449 14 d
1437 27 d 1449 16 d
1438 30 d 1450 16 d
1439 31 d

Die Preise aus den 40er Jahren kommen ungefähr den Hamburger Preisen aus dem Ende des 15. Jahrhunderts gleich, stehen indes niedriger. Auf das Ries berechnet, schwanken sie zwischen 31 1/2 und 26 Schill. 8 d 7 ).

Fragt man nach den Bedingungen, unter denen die Papierindustrie in Gang gebracht werden kann, so muß es eigentlich befremden, daß sie so langsam sich entwickelte. Lumpen und das fließende Waffer zum Treiben eines Mühlrades waren an vielen Orten in Deutschland gegeben. Erst der späteren Zeit, nachdem


6) Kämmereirechnungen der Stadt Hamburg, ed. K. Koppmann, Bd. 2 S. LXXIII, Bd. 7 S. CXXIII.
7) Zusammengestellt und berechnet nach den bei Rich. Doebner, Urkundenbuch der Stadt Hildesheim, Bd. 5 und 6, enthaltenen Angaben.
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die vielen aufgekommenen Mühlen sich gegenseitig Konkurrenz machten, blieb es vorbehalten, besondere Lumpensammelbezirke zu schaffen 8 ).

Die Technik war ursprünglich eine höchst einfache und blieb lange Zeit unverändert. Die Lumpen wurden gekocht, zerstoßen und solange geschlagen, bis ein Teig daraus entstand, der sich im Wasser verdünnen, in Formen sSchöpfen und zu Papier umschaffen ließ. "Ich brauch Hadern zu meiner Mül" läßt Hans Sachs den "Papyrer" im Texte zu Jost's Amman's Holzschnitt in der Serie der "Stände und Handwerker" sagen und fährt fort:

Dran treibt mir's Rad des wassers viel
Daß mir die zschnitn Hadern velt,
Das zeug wirt in wasser einquelt,
Drauß mach ich Pogn, auff den filtz bring,
Durch preß das wasser darauß zwing.
Dann henk ichs auff, laß drucken wern,
Schneeweiß und glatt, so hat mans gern.

Dabei sollen zuerst Handpapiermühlen im Gebrauch gewesen sein, die man seit der Mitte des 14. Jahrhunderts durch Mühlstampfen ersetzte. Hierin ging Italien voran, Deutschland und Frankreich folgten, bis dann Holland, vermutlich nicht viel früher als gegen Ausgang des 17. Jahrhunderts, auf das ältere deutsche System zurückgriff und durch Vervollkommnung desselben in den sog. Holländern der Papierfabrikation einen neuen Impuls gab. In dem deutschen Geschirr, d. h. der Stampfmühle, wurden die schon vorher gröblich zerstückten Lumpen durch Zufluß von Wasser in einen dünnen Brei verwandelt. Nachdem die Lumpen 20-30 Stunden unter den Hämmern gewesen sind, ist das Halbzeug oder Halbstoff entstanden. Wird dieses nochmals unter die Hämmer gestampft, so führt der dünne Brei, der überall von gleicher Dichtigkeit, schließlich herauskommt, den Namen Ganzzeug. Die Einrichtung des Holländers, wesentlich hiervon verschieden, erreicht das gleiche Ziel vollkommener. Der Holländer ist teuer zu erbauen, aber er arbeitet schneller und wirksamer. Mitunter wurden wohl beide Systeme miteinander verbunden, indem man das Halbzeug durch das deutsche Geschirr, das Ganzzeug durch den Holländer herstellen ließ 9 ).


8) F. Herm. Meyer, a. a. O. Bd. 11 S. 288, 299; Marabini, Die Papiermühlen im Gebiete der weil. freien Reichsstadt Nürnberg, 1894, Heft 1l S. 4.
9) Breitkopf, Versuch, den Ursprung der Spielkarten zu erforschen, 1784, S. 107, 108.
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Französischerseits hat man zwar diese Verbesserung - die Franzosen nennen die holländische Maschine den Zylinder - für sich in Anspruch nehmen wollen und behauptet, daß sie erst von dort aus nach Holland gelangt sei 10 ). Sicher ist, daß diese Vorrichtung im 18. Jahrhundert in Deutschland ziemlich allgemein Eingang gefunden hatte. Der Professor Johann Paul Reinhard sagt im Jahre 1774 von der Papiermühle in Erlangen: In der Papiermühle treiben zwey Wasserräder ein doppeltes Geschirr, einen Holländer, also nennet man einen runden Kasten mit Wasser, so die Lumpen zermalmt, den die Holländer erfunden haben, und einen Lumpenhacker 11 ). Breitkopf wiederum, der die Maschine "als eine dicke Walze, die mit Schienen von Messing oder von Eisen die Länge herunter ringsherum besetzt ist, und die auf einer ebenfalls eisernen Platte herumläuft, zwischen welchen die Lumpen zerrissen und gemahlen werden" erklärt, meint zehn Jahre später, daß in Deutschland kaum noch eine Papiermühle ohne sie zu finden wäre. Die Holländer wurden in Deutschland an die Wasserräder der Papiermühlen angehängt, um die durch die Stampfen schon klein gemachte Masse auch durch diese Mahlmaschine vollends klar und musartiger machen zu lassen 12 ).

Der Rohstoff, den man zur Fabrikation verwandte, dürfte anfangs ausschließlich linnene Lumpen gewesen sein. Es ist bekannt, daß seit der holländische Gelehrte Gerard Meermann im Jahre 1762 die Universität Göttingen dazu veranlaßte, eine Preisaufgabe über das Thema auszuschreiben, ob Baumwollen= oder Linnenpapier das ältere sei 13 ), eine förmliche Literatur entstand, die es zu keinem rechten Abschlusse brachte. Es fehlte an technischen Hilfsmitteln, um die Faser der Baumwolle und der Leinwand im Papier auseinanderzuhalten. so huldigte man lange der Ansicht daß die Anfertigung des Baumwollenpapiers bereits den Chinesn bekannt gewesen wäre, durch Araber und Griechen am Ende des 11. Jahrhunderts in das Abendland gebracht worden sei und die Verwendung linnener Lumpen zur Bereitung des Papiers sich erst allmählich eingebürgert habe. Nicht


10) Lalande, Die Kunst, Papier zu machen, in der deutschen Übersetzung, S. 336; vgl. Breitkopf, S. 108, Anm. 1.
11) In seiner handschriftlichen Chronik von Erlangen, zitiert bei G. Schanz, Zur Geschichte der Kolonisation und Industrie in Franken, 1884, S. XII. Marabini a. a. O. 2, S. 133.
12) Breitkopf, a. a. O. S. 109.
13) Ersch und Gruber, Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste. Artikel "Papier", 3. Sektion, Bd. 11 S. 86 Anm. 29 und 30.
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eher als am Anfange des 13. und zu Anfang des 14. Jahrhunderts sollte das Linnenpapier aufgekommen sein. Diese Auffassung vertrat Ersch's und Gruber's Enzyklopädie im Jahre 1838 14 ) und Wattenbach schloß sich ihr an 15 ).

Dem entgegen haben die mikroskopischen Untersuchungen von E. M. Briquet in Genf neuerdings zu ganz anderen Ergebnissen geführt 16 ). Briquet hat eine Anzahl aus dem 11., 12. und 13. Jahrhundert stammende Handschriften der Archive und Bibliotheken zu Berlin, Paris, Bologna, Fabiano, Udine, Venedig und Genua, die angeblich auf Baumwollenpapier verfaßt waren, untersucht - mehr als 100 Proben - und gefunden, daß sämtliche Papiere aus linnenen Lumpen hergestellt sind. Nur in einigen Stücken kommen vereinzelte Baumwollenfasern vor, ein Beweis dafür, daß wahrscheinlich bei der Sortierung der Lumpen nicht die gehörige Sorgfalt obgewaltet hatte. Diesen Ergebnissen haben sich die von Julius Wiesner über die in El=Fajum gefundenen, dem 8. und 9. Jahrhundert angehörenden Papiere 17 ) und Girard und Giry in Paris, die unabhängig von Briquet ihre Forschungen anstellten, angeschlossen 18 ).

Wann auf deutschem Boden zuerst in größerer Anzahl Papierfabriken entstanden und die einheimische Produktion für die vorhandene Nachfrage auszureichen begann, ist nicht festgestellt. Bei dem heutigen Stande der wirtschaftsgeschichtlichen Forschung, die sich noch nicht lange der Ermittelung solcher Tatsachen zuwendet, läßt es sich auch nicht genau angeben. Zutreffend ist, daß während des 15. Jahrhunderts das ganze südliche Deutschland hauptsächlich mit italienischem Papier, von Venedig und Mailand aus, versehen wurde. Die Stadt Görlitz in der Oberlausitz bezog zwischen 1376 und 1426 ihr Papier ebenfalls aus Italien. Wenn in den Hildesheimischen Stadtrechnungen um 1440 der Einkauf von Papier aus der Lombardei (lumberdes poppyrs) eingetragen ist, so liegt es nahe zu glauben, daß auch in anderen Fällen, wo über die Herkunft des Papiers nichts gesagt ist, das Fabrikat von derselben Herkunft


14) 3. Sektion, Bd. 11 S. 85-90.
15) Schriftwesen im Mittelalter, S. 92 f.
16) Recherches sur les premiers papiers, employés en Occident et en Orient in Mémoires de la société nationale des antiquaires de France, Bd. 46. 1886.
17) J. Karabacek, Mitteilungen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer, 1886. Vgl. A. Hagedorn in Mitteilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte, Heft 2 S. 156-158.
18) A. Hagedorn, a. a. O. S. 159.
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war. Es steht damit im Zusammenhange, daß man unter den Ausfuhrartikeln der Deutschen aus Venedig im 14. Jahrhundert Papier genannt findet 19 ) und unter den in den Warenhäusern Mittewald's im 15. Jahrhundert niedergelegten italienischen Waren, die zur Weiterbeförderung nach Deutschland bestimmt waren, Ballen mit Schreibpapier regelmäßig vorkommen 20 ). Wiederholt nennen die Zolltarife von Konstanz, Bern, Basel, Luzern, Worms und Straßburg aus dem 14. und 15. Jahrhundert Papier als Gegenstand der Einfuhr aus Italien 21 ). Frankreich erlernte auf keinen Fall früher als Deutschland die Kunstfertigkeit, Papier zu machen 22 ). Doch werden für Troyes, neben dem Essoune im Departement Seine et Oise die Ehre beansprucht, die früheste Papiermühle besessen zu haben, immerhin die Jahre 1315 und 1328 als Ursprungsjahre angegeben 23 ). So darf man wohl annehmen, daß die Deutschen den Italienern die Anfertigung abgesehen haben. Auf diese Vermutung kommt man um so eher, als bei einer der ältesten deutschen Papiermühlen gerade italienische Arbeiter genannt werden.

Im 16. Jahrhundert scheint dann Italien als Lieferant von Papier an Bedeutung verloren zu haben. Nunmehr waren es abgesehen vom südlichen und südwestlichen Deutschland, wo allmählich eine Menge Papiermühlen entstanden, die Schweiz, das Elsaß, Lothringen und Burgund, von wo man insbesondere die besseren Sorten gerne bezog 24 ).

Von deutschen Papiermühlen hört man im 14. Jahrhundert vereinzelt. Bereits um 1320 sollen zwischen Köln und Mainz Papierfabriken in Tätigkeit gewesen sein, jedoch ist genaueres über sie nicht bekannt 25 ). Die erste urkundlich nachweisbare deutsche Papiermühle ist die zu Ravensburg. Im Jahre 1336 führen die Patrizier Hans und Trick Holbain wegen einer Stampfmühle, die sie für ihr Gewerbe nötig hatten, einen Rechtsstreit. Die allgemeine Annahme geht dahin, daß unter ihr eine Papiermühle verstanden werden könnte. Ein wirklicher Papier=


19) Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi. 1887. 2, S. 104.
20) J. Baader, Chronik des Marktes Mittenwald. 1880. S. 178.
21) Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels zwischen Westdeutschland und Italien, 1900, Bd. 1 S. 706.
22) Ersch und Gruber, a. a. O., 3. Sektion 11 und 12 S. 91.
23) Kapp, Geschichte des deutschen Buchhandels, 1886, S. 229.
24) J. Herm. Meyer, a. a. O. 11 S. 302. Über die Papierfabrikation der Schweiz vgl. Geering, Handel und Industrie der Stadt Basel, S. 288, 313-321.
25) Wattenbach, a. a. O. S. 97.
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macher ist indes daselbst erst zwischen 1427 und 1428 nachweisbar 26 ). Ebenso unsicher sind die Nachrichten über die Papierbereitung in Straßburg am Ende des 14. Jahrhunderts, eine Papiermühle in Au bei München 1347 und eine solche zu Chemnitz 1398. Allerdings ist die Urkunde, durch die Fürst Wilhelm von Sachsen dem Abt Niclaus und dem Konvente des Benediktinerklosters zu Chemnitz die zweien Bürgern erteilte Konzession zur Eröffnung einer Papiermühle bestätigt, erhalten 27 ). Aber man weiß doch nicht, ob die Fabrik je eröffnet worden ist.

Sicher verbürgt als die erste Anstalt, die von sich reden macht, ist die im Jahre 1390 in Nürnberg vom Ratsherrn Ulman Stromer angelegte Papiermühle. Sie beschäftigte in den Jahren 1390-1394 nach den Aufzeichnungen Stromers selbsteine ganze Reihe von Arbeitern, unter ihnen drei Italiener, die sich eidlich verpflichteten, das Geheimnis der Papierbereitung bewahren und niemandem mitteilen zu wollen. Insbesondere die Italiener mußten schwören, daß sie "in allen teutschen landen hie disseits des Lampartischen Birgs niemandt khein Pappir machen" würden als für Stromer und dessen Erben 28 ). Legen diese spärlichen Nachrichten nur dafür Zeugnis ab, daß wenigstens die Herstellung von Papier auf deutschem Boden begonnen hatte, so häufen sich in dem folgenden Jahrhundert die Nachweise über bestehende Fabriken. Weiß man auch über sie wenig und stehen nur geringe Anhaltspunkte zur Beurteilung des Umfanges und ihrer Bedeutung zur Verfügung, so daß man nicht gerade von einer Blüte sprechen darf, so lassen sie immerhin einen erfreulichen Umschwung erkennen.

Im Elsaß sind es Straßburg, Thann und Sennheim im Oberelsaß, die die Aufmerksamkeit auf sich lenken. In Straßburg besaß um 1452 ein Heilmann, ein Bruder des mit Gutten=


26) Haßler, Über die älteste Geschichte der Fabrikation des Leinenpapiers in "Verhandl. d. Ver. f. Kunst und Altertum in Ulm in Oberschwaben, 1844, S. 37 1846, S. 46. - Archiv für Geschichte des Buchhandels Bd.11 S. 312.
27) Joh. Falke, Zur Geschichte der Papierfabrikation im Kurfürstentum Sachsen in Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 1 S. 331; M. Geipel, Die Entwicklung der Papierfabrikation usw., 1911, S. 29; Fr. v. Hößle, Geschichte der alten Papiermühlen in Kempten, 1900, S. 5; Fr. Kapp, Geschichte des deutschen Buchhandels, S. 230.
28) Wehrs, Vom Papier und den vor der Erfindung desselben üblich gewesenen Schreibmassen, 1792, S. 261 ff.; Marabini, Die Papiermühlen im Gebiete der freien Reichsstadt Nürnberg, 1894, S. 17-27.
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berg in Verbindung stehenden Andreas Heilmann, die Papiermühle vor dem Weißenturmtore 29 ) und in Thann wird 1500 ein Papiermacher Burchartt genannt. Ihm wird von Hans von Amerbach die Vollmacht gegeben, zwei Guthaben bei dem Papiermacher Lorentz in Sennheim im Oberelsaß einzuziehen.

In Bayern, wo Ulman Stromers Geschäft gegen 1463 sein Ende erreicht zu haben scheint, tut sich eine neue Mühle in dem Nürnberg benachbarten Schnigling auf. Wenigstens spricht eine urkundliche Notiz aus dem Jahre 1487 von der dortigen "bappyrmole". Daran schließen sich die zu Augsburg, wo 1468 eine Mühle erbaut sein soll, zu Kempten 1477 und zu Wartenfels bei Kulmbach aus der gleichen Zeit 30 ).

Indes um diese Zeit haben nicht mehr der Süden und Südwesten allein das Privileg in der Herstellung von Papier. Auch Mittel= und Norddeutschland fangen an, auf diesem Gebiete sich lebhaft zu betätigen.

In Sachsen ließ Herzog Albrecht der Beherzte "zu Behuf und Nothdurft der Hofhaltung und Canzlei" zwischen 1464 und 1500 an der Weißeritz vor Dresden eine Papiermühle erbauen 31 ). Schon vorher war 1443 in der Oberlausitz in Bautzen eine Papiermühle eröffnet worden 32 ), und gegen den Ausgang des 15. Jahrhunderts treten die ersten Papiermacher in Leipzig auf. Ob Benedikt Moller daselbst zwischen 1478 und 1484 Papierhändler oder Papiermüller war, bleibt freilich zweifelhaft. Sicher aber waren Papiermacher um 1492 Merten Bauer und der später sich selbständig niederlassende, anfangs bei Bauer arbeitende Dominicus Gute oder Ponat von Epinal in Lothringen. Um 1498 wurde er bezeichnet als "Dominicus der papirmacher uff Merten Bawers moel" 33 ). Im Jahre 1510 wird einer Papiermühle zu Zittau Erwähnung getan, 1511 beginnt die Gründung der Mühlen in und bei Bautzen. Im Jahre 1537 erteilt Graf Hugo von Leisnig einem gewissen Burkhard Schmidt aus Glauchau, dem Stammvater der häutigen Patentpapierfabrik zu Penig, die Erlaubnis zum Bau einer Papiermühle, 1540 veranlaßte Herzog Heinrich der Fromme von Sachsen die Errichtung einer Papiermühle an der Mulde bei Freiberg durch


29) F. Hermann Meyer, a. a. O. S. 307.
30) Marabini, a. a. O. S. 28-29; Fr. v. Hößle, a. a. O. S. 5, 16; Wehrs, a. a. O. S. 274; Keferstein, a. a. O. S. 91.
31) F. H. Meyer, a. a. O. S. 284.
32) Kapp, a. a. O. S. 230.
33) F. Herm. Meyer, a. a. O. S. 317.
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Michael Schaffhirt den Jüngeren, den Sohn jenes gleichnamigen Mannes, der 1518 die Dresdner Mühle käuflich erwarb 34 ).

Vielleicht von Sachsen aus angeregt, wurde im 15. Jahrhundert zu Alt=Beckern bei Liegnitz eine Papiermühle erbaut 35 ). In Lübeck ist während der Jahre 1420 bis 1436 das Vorkommen von Papiermühlen urkundlich belegt. Endlich läßt sich gegen 1476 in Lüneburg eine solche Anstalt nachweisen 36 ).

Belegen diese Daten, daß die Papierfabrikation in Deutschland Eingang gefunden hat, so ist unverkennbar, daß im 16. Jahrhundert der Industriezweig zu großer Entwickelung gelangt ist. Die aus dem Kurfürstentum Sachsen mitgeteilten Daten griffen schon in das 16. Jahrhundert hinüber. Zu den genannten Etablissements kommen im Laufe der Jahre hinzu: 1552 oder 1543 Colditz, 1570 Zwickau, 1569 am Fuße des Königsteins an der Elbe, 1572 Oberschlema, vom Rate der Stadt Schneeberg erbaut, 1575 das Rittergut Knauthain, von wo später die Mühle nach Cospuden verlegt wurde, 1573 bei Obergurig bei Bautzen, 1586 Penig im erzgebirgischen Kreise, 1577 in Nieder=Zwönitz im Erzgebirge, 1598 und 1599 Plauen, 1593 in Bautzen selbst 37 ). Im Gebiete der Stadt Nürnberg lassen sich seit 1504 bis 1595 nicht weniger als 10 und im Gebiete des ehemaligen Burggrafentums Nürnberg zwischen 1567 und 1594 4 Papiermühlen, nämlich 2 im Markgrafentum Ansbach, 2 in Bayreuth, nachweisen. In der Umgebung von Kempten entstehen 38 ) im Laufe des 16. Jahrhunderts mehrere Papiermühlen. Neben Sachsen fängt Thüringen an, sich auf dem Papiermarkte hervorzutun. Mit dem Papierhändler oder Papiermacher Hieronymus Daum in Erfurt zwischen 1550 und 1573, der Papier nach Magdeburg versandte, erscheinen nach und nach Papierverkäufer in Schleusingen 1582-1585, in Mülhausen spätestens 1579, in Tennstädt 1586, in Frankenhausen 1522, in Weida 1592 39 ).

Auch am Harze entwickelt sich die Papiermacherei. Seit 1544 erscheinen Papiere mit dem gräflich Stolbergschen Wappen und der Unterschrift "Wernigerode vorm Brocken". Der Papier=


34) Geipel, a. a. O. S. 31.
35) Keferstein, a. a. O. S. 91.
36) Wilh. Stieda, Lübecker Papiermühlen im 15. Jahrhundert, in Mitteilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte, 1886, S. 149 ff.; Bodemann, Die älteren Zunfturkunden der Stadt Lüneburg, S. 40 Nr. 7.
37) F. Herm. Meyer, a. a. O. S. 287, 329-331; Geipel, a. a. O. S. 31 ff.
38) Marabini, a. a. O ; Fr. v. Hößle, a. a. O.
39) F. Herm. Meyer, a. a. O. S. 328.
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macher Kohlmann verkauft 1538 dem Herzog von Celle seine Papiermühle in Celle 40 ). Östlich vom Kurfürstentum Sachsen erscheint Breslau als ein Ort, wo schon frühzeitig, spätestens im 16. Jahrhundert, Papier, wenn auch nicht immer gutes, gemacht wurde. Höher nach Norden hat 1588 der Besitzer der dortigen Herrschaft, Karl von Kittlitz in Spremberg, in der Niederlausitz eine Papiermühle erbaut, und auch in der Mark Brandenburg blieb man nicht zurück. In Neustadt=Eberswalde hatte 1532 Zacharias Beiger eine Papiermühle in Gang gebracht, aus der er Leonhard Thurneysser in Berlin bediente. Nach und nach hob sich die Fabrikation derart, daß dem steigenden Bedarfe des Landes genügt werden konnte 42 ). In Pommern werden Stolp, Stepenitz und Hohenkrug als alte Papierfabrikationsorte im 16. Jahrhundert erwähnt. In der Umgebung von Posen wurden 1538-1593 nacheinander 6 Papiermühlen privilegiert 43 ). Im Fürstentum Lippe fällt der Beginn der Papierfabrikation in das Jahr 1555, in dem die Papiermühle zu Bentrup entstand. Ihr folgte im Jahre 1584 die von Hillentrup 44 ).

II.

Die Papiermühlen in Mecklenburg=Schwerin.

1. Die Papiermühle zu Sternberg.

An dieser Entwicklung der deutschen Papierfabrikation hat Mecklenburg=Schwerin einen nicht geringen Anteil. Das Bedürfnis der Verwaltung an Papier, der vorhandene Rohstoff, die verfügbare Wasserkraft mochten dazu einladen, auch hier die Herstellung zu versuchen, die ja keineswegs für den Norden eine vollständige Neuheit war 45 ).


41 ) F. Herm. Meyer, a. a. O. S. 332.


40) E. Kirchner, Das Papier, I, S. 13.
42) F. Herm. Meyer, a. a. O. S. 304.
43) E. Kirchner, I, S. 13.
44) O. Weerth, Das Papier und die Papiermühlen im Fürstentum Lippe, 1904, S. 5. Vereinzelt stehen außerdem im Süden auf schon bekanntem Boden Colmar, wo 1593 der Besitzer einer Papiermühle nachgewiesen ist und die Papiermühle zu Bonames bei Hamburg, einige Zeit vor 1550.
45) F. Herm. Meyer, a. a. O. S. 307, 313.
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Im Jahre 1519 schlossen die Herzoge Heinrich und Albrecht mit den Papiermachern Kaspar Vischer und Blasius Grün einen Vertrag behufs Aufrichtung einer Papiermühle in Sternberg 46 ). Die Herzöge versprachen, unmittelbar vor den Toren von Sternberg eine Mühle mit 8 Löchern und 38 Stampfen, dazu ein Haus von 80 Schuhen Länge und 32 Schuhen Breite, in der zwei Böden zum Aufhängen des Papiers sein sollten, erbauen zu lassen. Das Inventar "inmaßen wie solichs alles zu solcher pappirmhölen gehört" stellten sie ebenfalls in Aussicht, liefern zu wollen. Zu diesem Werkzeug wurde gerechnet ein guter Kessel, mit einem Rauminhalt von 5 Tonnen, ein Kübel (i. e. ein Bottich), eine Presse, eine Anzahl Filze, 3 Paar Formen und soviel Gestelle, als zum Trocknen des Papiers erforderlich sein würden. Endlich sollte einmalig den Papiermachern bei ihrer bevorstehenden Übersiedelung nach Sternberg 1 Dromt Roggen, 2 Dromt Malz und eine Tonne Fleisch verabfolgt werden.

Den Bau zu überwachen und durch ihre sachverständige Leitung zu fördern, übernahmen die Papiermacher. Sie durften darauf rechnen, 20 Jahre lang in der fertiggestellten neuen Mühle ihr Gewerbe betreiben zu können gegen Entrichtung einer Pacht von 40 Gulden an die Herrschaft, in zwei halbjährlichen Terminen zu zahlen. Dieser Betrag sollte nur in dem Falle höher gesetzt werden, daß aus dem Betriebe des Werks sich ein ganz besonderer Vorteil ergeben würde. Sonst würde man erst nach Ablauf der 20 Jahre in Betracht ziehen, ob eine Erhöhung der Pacht denkbar wäre, den Pächtern aber jedenfalls den Betrieb unter neuen Bedingungen vorbehalten.

Vierzehn Tage nach Ostern, die in jenem Jahre auf den 24. April fielen, sollte der Bau beginnen. Ob er zustande gekommen, wie er gelungen, wie lange die Mühle im Betrieb gewesen - über alle diese Fragen gewähren die Akten keine Auskunft. Dagegen ist sicher, daß im 17. Jahrhundert in Sternberg Papier gemacht wurde. Um Johannis 1636 verhandelte in der Kammer zu Schwerin ein Vertreter des Herzogs mit dem Papiermacher Jochim Hennings aus Zülow, der vorher in Bützow tätig gewesen war, über den Bau einer Papiermühle. Der Fürst versprach, das nötige Bauholz, Steine und Rohr (Ried, Reth) zum Dach liefern zu wollen, auch beim Bau selbst, beim Graben der Schleuse, beim Abdämmen usw. helfen zu lassen. Hennings verpflichtete sich seinerseits zur Lieferung allen Eisenzeugs, der


46) Beilage 1.
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Kessel usw., sowie die beim Bau erforderlichen Handwerker, als Zimmerleute, Säger, Tischler und andere anzustellen und zu bezahlen, auch das Grundwerk, die Räder usw. auf seine Kosten instandzuhalten. Über das gesamte Werk sollte ein Inventar aufgenommen werden und Hennings verpflichtet sein, bei etwaigem Aufgeben der Pachtung alles in gutem Zustande richtig zurückzugeben. Er übernahm die Mühle auf 12 Jahre, für die ersten 4 Jahre ohne jede Bezahlung, um seinen Bauaufwand zu decken. Vom 5. Jahre an sollte er jährlich zu Johannis 100 Rtlr. Pacht entrichten und vorkommendenfalls, wenn andere Papiermühlen höhere Rente abwerfen, sich ebenfalls nach Jahren eine Erhöhung der Pachtsumme gefallen lassen.

Die Ausführung des Baues ließ auf sich warten. Einige Monate später, nachdem die für den Bau günstige Jahreszeit vorüber war, im November, befand man sich noch immer auf dem Standpunkte des Wollens. Freilich hatte sich der Papiermüller unterdessen beim Amtmanne in Sternberg gemeldet und diesen durchaus geneigt gefunden, das Unternehmen zu unterstützen. Die Vorbedingungen für eine gedeihliche Entwicklung schienen in Sternberg besonders günstig zu liegen. Ein geeigneter Platz befand sich "beim Tonnieshofer See kurtz fur der Statt hinter dem Gerichte, da der Fluß auf die Mühlenbeche anfehet und einen starken Fall hat". Mit geringen Unkosten ließ sich das Wasser fassen, ohne befürchten zu müssen, daß den untenliegenden, vor der Stadt befindlichen Kornmühlen das Wasser fortgenommen werde. In einem Schreiben an den Kammerrat Johannes Bergmann in Schwerin 47 ) versprach sich der Amtmann Ludwig Wolter eine ansehnliche Vermehrung der Amtseinkünste, wenn die Papiermühle in Gang gekommen sei. Gleichwohl hat sich der Bau noch bis ins neue Jahr verzögert. Im Januar 1637 wies der Herzog aus seinen Forsten Balken, "Spar= und Saalstücke" an; somit wird wahrscheinlich beim Eintritt der besseren Jahreszeit der Bau begonnen haben.

Weitere Angaben über diese Mühle haben sich zunächst nicht finden lassen.

2. Die Papiermühle zu Neustadt.

In demselben Jahre 1519, in dem das Projekt zur Erbauung einer Papiermühle in Sternberg auftauchte, unterbreitete ein sich nicht nennender Papiermacher den Herzögen Vorschläge wegen


47) 24. November 1636.
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Erbauung der gleichen Anlage in Neustadt. Die wenigen Blätter Papier, die hiervon Kunde geben, sind freilich undatiert und ohne rechten Anfang und Ende. Auch geht aus der Aufzeichnung nicht hervor, daß es sich um das Projekt der Erbauung einer Papiermühle in Neustadt handelt. Indes haben sie sich bei den Stadtakten von Neustadt erhalten, und da ein herzogliches Reskript vom 4. Oktober 1519 bei denselben Akten von der bevorstehenden Eröffnung der Papiermühle spricht 48 ), darf man wohl annehmen, daß die zeitliche Schätzung auch des Voranschlags nicht fehlgreift.

Die Papiermühle, wie unser unbekannter Sachverständiger sie sich dachte, hätte ungefähr auf folgender Grundlage ins Leben treten können. An Kosten für Lumpen, Leim, Filz, Kalk, Alaun und Formen rechnete er jährlich 159 Gulden. Den Gesellen, deren er bei einer mit zwei Rädern versehenen Anlage vier bedurfte, sollten außer der Verpflegung jährlich 80 Gulden baren Lohns verabfolgt werden. Mit einem derartigen Aufwand versprach er jährlich für 400 Gulden Papier herzustellen, vorausgesetzt, daß der Herzog das Ries für 1/2 Gulden zu verkaufen geneigt wäre. Und er wollte den Ertrag auf 600 Fl. im Jahr steigern, wenn er eine Anstalt mit drei Rädern zu seiner Verfügung haben könnte. Was er im einzelnen an Klammern, Ringen, Nägeln, Stricken usw. zu brauchen glaubte, war ebenfalls im Gutachten aufgeführt, jedoch ohne eine Bewertung dieser für die Fabrikation unentbehrlichen Gegenstände 49 ). Im ganzen macht der Entwurf keinen vertrauenerweckenden Eindruck. In dem Herstellungsaufwand von zusammen 239 Fl. ist eines Gehalts für den Unternehmer sowie der Unterhaltskosten für die vier Gesellen nicht gedacht. Die Summen, die hierfür zu Anfang des Berichts genannt sind, nämlich 140 Fl. zu denen noch 10 Fl. für die Beherbergung der Knechte an die Hausfrau des Unternehmers sich gesellten, waren augenscheinlich ungenau. Offenbar wußte der Papiermacher, der in der Gegend unbekannt sein mochte, selbst nicht, wieviel er hierfür ins Auge fassen müßte. Jedenfalls darf man annehmen, daß an umlaufendem Kapital, zumal wenigstens zeitweilig auch Naturallieferungen an Getreide vorgesehen waren, der Aufwand auf mindestens 300 Gulden sich belaufen hätte, ganz abgesehen von der Verzinsung des für den Bau und die Beschaffung der Geräte und Werkzeuge verausgabten Kapitals. Ob somit auch nur ein


48) Beilage 2.
49) Beilage 3.
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Reinertrag von 100 Fl. nachgeblieben wäre, wird nach dieser Aufstellung zweifelhaft.

Bei der Ungenauigkeit dieses Voranschlags ist es mehr als wahrscheinlich, daß aus diesem Projekt für Neustadt zu jener Zeit noch nichts wurde. Wohl aber muß bald darnach der Gedanke verwirklicht worden sein. Die Akten melden zwar über den Zeitpunkt der Eröffnung einer Papiermühle nichts, aber indem 1558 ein Michel Wolther als Pächter angestellt wurde, steht fest, daß ein Etablissement vorhanden sein mußte 50 ). Wolther übernahm die Mühle mit der Verpflichtung, das Gebäude instand zu halten und der Herzog stellte aus seinen Waldungen das für den Ausbau oder die Erhaltung erforderliche Bauholz in Aussicht. Wolther versprach, sich nach Kräften anzustrengen und gutes Papier, über das niemand sich zu beklagen haben werde, herzustellen, für die Benutzung des Gebäudes sollte er jährlich 30 Ries guten Schreibpapiers an die Kammer liefern. Bei etwaigem Mehrbedarf würde die Kammer das Ries Papier zu 14 Schill., d. h. einem Vorzugspreise, bekommen.

Michel Wolther gelang es, die ihm anvertraute Anstalt in die Höhe zu bringen. Die Mühle war so gut im Gange, daß "frembde meister und gesellen und sonsten die der kunst verstandt haben, bekennen mussen, daß eine wohlbestallte mhole sei" 51 ). Die Regierung bediente sich seines Papiers, das er in ausreichender Menge liefern konnte. Unter anderen Bestellern erscheint Herzog Ulrich, der "etliche rieß von dem besten kleinesten und weißesten pappir" für seine Kanzlei bestellte 52 ). Im Jahre 1592 wurde dann die schon während der Vormundschaftsregierung eingeführte Lieferung von jährlich 25 Ries Papier für den Hof des Herzogs Ulrich bindend 53 ).

So weit drang der Ruhm der mecklenburgischen Fabriken, daß am 17. Dezember 1579 Herzog Ernst Ludwig von Pommern zu Stettin den Herzog Ulrich von Mecklenburg bat, ihm einen Papiermacher nachzuweisen, da er mit Gottes Hilfe entschlossen sei, in seinen Landen eine Papiermühle aufzurichten. Da in Neustadt zurzeit keiner entbehrt werden konnte, wandte man sich nach Grabow und hier wies man auf den Vater des jetzt in Grabow tätigen Papiermachers hin, der die Mühle daselbst neu


50) Beilage 4.
51) Bericht des Michel Wolther des Jüngeren vom 14. August 1597.
52) Am 26. Oktober 1577.
53) Reskript vom 6. September 1592.
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erbaut hatte und seitdem an den Hof des Kurfürsten von Brandenburg gezogen sein sollte. Dem Pommernherzog dauerte die Antwort zu lange, die erst im Januar 1580 erfolgt ist, weil man sich doch nach freien Kräften erkundigen mußte. Daher erneuerte er am 4. Januar 1580 seine Bitte bei Herzog Ulrich und sprach sein Erstaunen aus, daß die Empfehlung eines Papiermachers so lange sich hinzöge, da er doch wisse, daß "gedachte meistere in Euer Liebden landen an unterschiedlichen orten vorhanden".

Seitens der Kammer geschah, da man die Wichtigkeit der Papierfabrikation anerkannt hatte, das Notwendige, um die Gebäude, über deren Baufälligkeit Wolther wiederholt sich beschwerte, in gutem baulichen Zustande zu erhalten. Ausdrücklich empfahl der Herzog.Johann Albrecht dem Amtmann in Neustadt, in dieser Hinsicht das Nötige zu veranlassen. Sonst laufe er Gefahr, seine in der Mühle vorhandenen Werkzeuge unbrauchbar werden und den armen Papiermüller Schaden nehmen zu sehen 54 ).

Nach dem Tode Wolthers bemühte sich im Jahre 1595 die Witwe, den Betrieb fortzusetzen. Doch gelang ihr das nur unvollkommen. Das Geschäft geriet in Unordnung. Das Erzeugnis kam in den Ruf, nicht mehr so gediegen zu sein wie seither. Daher entschloß sich Frau Wolther, die Leitung des Etablissements ihrem Sohne Michel zu überlassen. Dieser gab sich große Mühe, den alten Ruf wiederherzustellen, mußte aber den Kummer erleben, daß ihm plötzlich und unvermutet die Pacht gekündigt wurde. Bestürzt wandte er sich an den Herzog mit der Bitte, ihn nicht seiner Stellung zu berauben. Er erklärte die Kündigung als ein Ränkespiel des Papiermachers in Grabow, der zwar die dortige Mühle auf sein Angebot erhalten, aber in der Folge seinem Schwager abgetreten hätte, weil er selbst nach Neustadt wollte. Wolther empfand die Kündigung als ungerecht. Er sei zwar ein junger Mann und ein Anfänger, aber er habe sich redliche Mühe gegeben und in die Kummen, Stampen, Blasen usw. viel Kapital hineingesteckt. Der ihm gemachte Vorwurf, daß sein Papier durchschlage, sei unbegründet. Noch niemand hätte ihn dessen überführen können. Vielleicht, gab er kleinlaut zu, sei in der Zeit, als seine Mutter die Verwaltung gehabt hätte, nicht immer alles in Ordnung gewesen. Es sei z. B. vorgekommen, daß die Fuhrleute, die das Papier abholten, sich nicht mit Schlagtüchern oder Decken versehen hätten. Dann wäre es möglich, daß das Papier unterwegs gelitten hätte.


54) 5. August 1572.
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Wolther bat somit den Herzog, ihm die Mühle zu lassen und erbot sich, Sachverständigen, die man ihm schicken würde, die Einrichtung zu zeigen. Er sei überzeugt, daß sie sein Papier ebenso gut finden würden wie das Grabowsche. Ein Übelstand sei für ihn, daß er jetzt Papier so oft liefern müsse, als verlangt würde. In Papier entrichtete er den Zins für die Mühle. Zweckmäßiger wäre es, wenn er die ihm auferlegten Mengen nur zweimal im Jahre, zu Ostern und zu Michaelis, zu liefern haben würde. Dann könnte er für die an den Herzog abzugebenden Papiere die besten Lumpen benutzen, während er jetzt häufig geben müsse, was gerade vorrätig sei.

Einen Teil der Schuld, daß seine Papiere mitunter schwarz und finster ausfielen, schob er auf die Fischer, die ihm oft das Wasser trübe und unflätig machten. In dieser Beziehung hätte der Papiermacher in Grabow es besser, weil der Strom daselbst einen feinen, hellen Sandgrund aufweise.

Dieser Auffassung gegenüber bestand allerdings eine andere, die die Veranlassung zur Kündigung wesentlich in dem Verhalten des Papiermachers erblickte. Als der junge Wolther sich um die Pacht bewarb, versprach er "unstreflich Papier" herstellen zu wollen. Das war ihm indes leider nicht gelungen. Aus den Kanzleien kamen bald Beschwerden und Klagen über das geringwertige Papier. Der Rentmeister hatte gleichwohl Mitleid mit dem Anfänger und ließ ihm Zeit sich zu bessern. Da indes die Leistungen auf der gleichen Höhe blieben, sah er sich endlich zur Kündigung veranlaßt. Der Papiermacher aus Grabow, der "unstreflich gut Papier, darüber sich Niemand beklagt habe" mache, solle an seine Stelle treten. Die Änderungen, die Wolther beantragt habe, seien unwesentliche. Schon jetzt werde hauptsächlich nur zweimal im Jahre Papier verlangt, zu Weihnachten und zu Johannis. Die baulichen Ausbesserungen, die schon der ältere Wolther als wünschenswert hingestellt, seien allerdings nötig, hätten aber seither im Hinblick auf andere wichtige Ausgaben, z. B. an den Kornmühlen, unterbleiben müssen. Die Fischerei wäre immer ein Gegenstand des Ärgernisses gewesen und doch sei brauchbares Papier geliefert worden 55 ).

Noch einmal ergriff Wolther das Wort, um sich gegen die Vorwürfe, schlechtes Papier bereitet zu haben, zu wehren. Durchschlagendes Papier käme wohl auch "vielmals" in "wolgebauten


55) Bericht der Amtleute Detlef von Warnstedt und David Giese vom 30. August 1597.
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Mühlen" vor, die von größeren und "höheren" Meistern geleitet würden. Er wies auf die Schwierigkeiten hin, unter denen er seither tätig gewesen sei. Für ca. 145 Fl. habe er den Betrieb verbessert, zwei neue Kumme machen lassen, seiner Mutter das Handwerkszeug und die Materialien bezahlen müssen. Es sei teuere Zeit. Die Gesellen zu unterhalten koste viel. Dennoch hätten sie nicht mehr Papier herzustellen vermocht als früher. Der Vater habe das für die Kanzlei bestimmte Papier sorgfältig aufgehoben und das "andere, so der Rauch ghal gemacht", verkauft. Eine besondere Küche zu bauen, wie das in Grabow geschehen, hätte man ihm zugesagt, aber es sei zur Ausführung nicht gekommen. Somit blieb er bei der Auffassung, daß es lediglich den Ränken des Papiermachers in Grabow zuzuschreiben sei, wenn er weichen solle. Der hätte an seinen Schwager die Mühle für 600 Fl. verkauft. Jetzt reue es ihn, daß er keine Arbeit hätte und daher bemühe er sich ihn in Neustadt zu verdrängen. Wenn er nun doch abziehen solle, so bat er, den neuen Pächter wenigstens zu veranlassen, ihn angemessen zu entschädigen 56 ).

Der Herzog hatte Nachsicht und befahl, den Wolther noch bis Ostern kommenden Jahres im Besitz der Pacht zu belassen. Man solle abwarten, ob sich die in Aussicht gestellte Verbesserung des Papiers zeigen werde. Es sei später noch Zeit genug zu erwägen, ob man ihn abschaffen müsse, oder auf der Mühle lassen könne 57 ). In der Tat zeigte sich eine Besserung. Das kurz nach Antoni 1598 vorgelegte Papier, 12 Ries, war so beschaffen, daß "wir ein zimblichs guetts genuegen daran haben". Daher verfügte der Herzog 58 ) gnädig, den Papiermacher in seiner Mühle zu lassen, "Wan er sich also verhelt, das man mit ihm friedlich sein kann". Indes Wolther scheint doch nicht der Mann gewesen zu sein, der auf den Platz gehörte. Waren wirklich die Umstände gegen ihn; ließ er es an Fleiß und Geschicklichkeit fehlen, - man kann das heute nicht mehr feststellen, genug, daß im März 1600 die allgemeine Stimmung sich wieder gegen ihn richtete und ihm aufs neue gekündigt wurde. Ob es ihm gelang, den Herzog umzustimmen, ob sich diese Kündigungen in den nächsten Jahren wiederholten, entzieht sich unserer Kenntnis, da Akten darüber nicht vorhanden sind. Um das Jahr 1621 war jedenfalls ein anderer Papiermacher: Severin Heinrich in Neustadt tätig.


56) Bericht vom 6. Oktober 1597.
57) Herzogliches Reskript vom 12. Oktober 1597.
58) Herzogliches Reskript vom 7. April 1598.
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Heinrich, der sein Gewerbe vollkommen beherrschte und sich rühmen konnte, sowohl innerhalb wie außerhalb Mecklenburg tätig gewesen zu sein, sogar in England zeitweilig gearbeitet zu haben, hatte damit zu kämpfen, daß ihm das Rohmaterial in stärkerem Umfange entzogen wurde, als für den Fortgang des Betriebes wünschenswert erschien. In Zülow (Amt Schwerin) hatte Dietrich Plesse eine neue Papiermühle erbauen lassen, in deren Auftrage Lumpensammler in Wismar und anderen Städten saubere Lumpen aufkauften. In Schwerin war der Schwager des Papiermachers, der Krämer Hans Sachouw, dabei, für ihn alle Lumpen zu erstehen. Das brachte den Nachteil, daß auf diese Weise Heinrich auf die unsauberen Lumpen, die er bei den Bauern kaufen konnte, angewiesen war, und mit diesen ließ sich "kein gut rein Papier" herstellen. Demnach erbat er die Vergünstigung, in Wismar, Gadebusch, Schwerin und Parchim alle Lumpen gegen gebührliche Bezahlung aufkaufen zu dürfen und den fremden Lumpensammlern den Betrieb zu verbieten. Dann würde er imstande sein, die Kanzlei mit weißem, besserem Papier zu versorgen.

Es bleibe auf sich beruhen, ob Heinrich mit seinem Antrag Zustimmung fand. Im Juli 1624 war er noch auf der Mühle, dann aber wurde er durch einen anderen Papiermacher ersetzt, dessen Namen freilich nicht genannt ist. Nur das läßt sich feststellen, daß der neue Müller eine Pacht von 110 Ries jährlich zu entrichten hatte, statt der bisherigen 50 Ries, die der Vorgänger geliefert hatte. Somit muß der Betrieb in Neustadt sich in gedeihlicher Weise entwickelt haben.

Wie um diese Zeit die Mühle sich ausnahm, erhellt aus einer Aufzeichnung vom 28. Mai 1628. In ihr ist die Mühle wie nachstehend beschrieben: * )

   "Die Mülle an sich selbsten Jst von 12 Gebinten umbher,
und der eine Giebel in Holz gemauret, der ander aber mit
Brettern zugeschlagen und mit Rohr bedeckt.
   Dafür 1 Hausthür uf der Dehlen, schlosfest und 1 Heck mit
         eisern Heßpen und Haken darin
      1 Ausgehender Schorstein
      1 Eingemaurter Kessel, helt 1 1/2 Tonnen.
Die Stube zur rechten Handt.
   Dafür 1 Thür mit eisern Heßpen, Haken und Klinke,
      8 Taffel Glaßfenster und 1 klein Taffel bei der Thür


*) Getreu nach der Vorlage jedoch große Anfangsbuchstaben überall, wo sie hingehören.
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      2 Umbgehende Banken
      1 Kachelofen, das Flor Ahlstrack, der Boden ge=
         wunden.
Hirbei 1 klein Kammer.
   Dafür 1 Thür mit eisern Hespen Haken, und Überfal
      4 Taffel Glaßfenster und 1 holzern Gitter. Das Flor
         Ahlstrack, der Boden gewunden
Ein Werckstube zur lincken Handt des Hauses im Eingange.
   Dafür 1 Thür mit eisern Heßpen und Haken
      6 Unduchtige Taffel Glaßfenster, das Flor leimb,
         der Boden kahlen, darin auch
      2 Preßen und
      1 Pütte.
Hienegst die Werkmühle.
   In ein sonderbahre abgeschaurtes Losament dafür 1 Thür
mit eisern Heßpen und Haken. Die Mülle darin ist ganz fertig.
Hiebei die Holzdehle,
   Dafür 1 Hecke mit eisen Heßpen und Hake Darin
      1 Thür nach dem Hoffe mit eisen Heßpen und Haken.
Hiebei 1 kleiner Stall
   Dafür 1 Thür mit eisen Heßpen und Haken.
Noch 1 langer Stall hiebei
   Dafür keine Thüre darin 1 kurze Krippe.
In dieser vorstehenden Holzmehlen 1 Treppe nach dem Boden
und über diesem Boden noch 1 Treppe nach dem Oberboden. Der
oberste Boden aber noch nicht mit brettern beleget; und ist diese
Mülle noch in ziemblichen stande."

Leider scheint die Wendung zum Bessern sich nur in der Menge, nicht auch in der Güte des Papiers gezeigt zu haben. Nicht allein in Neustadt, sondern überall in Mecklenburg, wo im Laufe der Jahre Papiermühlen entstanden waren, befriedigte das Erzeugnis nicht durchaus. Ein herzoglicher Erlaß an die Amtleute in Bützow, Grabow und Neustadt wies diese an, dafür Sorge zu tragen, daß die Papiermacher schneller und besser liefern sollten. Das "pappier sollte besser glater und weißer" sein. "Das jetzige," heißt es in dem Erlaß, "ist ganz schlimm und undaugent also, daß man es fast zu keinen duchtigen (!) Sachen gebrauchen kann". Wahrscheinlich werden diese Vorhaltungen berechtigt gewesen sein. Allein ebenso sicher ist, daß die wilden Zustände der Zeit es selbst dem wackersten Papiermacher erschwerten oder gar unmöglich machten, sorgfältige Leistungen aufzuweifen. In anschaulicher Weise schildert Hans

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Dreßler um 1639, in welchem Zustande die Mühle sich befand, wie so vieles "in diesem krige wesende hinweckgenommen worden undt verderbet!" sei. Punkt für Punkt hebt er die Mängel an der Papiermühle zu Neustadt hervor:

"Erstlich mangelt der Leihmkessel, so von dem Krigensvolk ist hinweckgenommen worden.

2. So mangeln auch alle Stricke darauf das Papir wirt getreuget.

3. Es mangelt auch die Blase in der Buette, damit man das Wasser erwermen thut.

4. So haben die Volcker die Breder in der Muelle zum Zeugkasten, in geleichen auch die auf dem Boden verbrantt.

5. So haben sie das Geschirr angelassen, also das es ist sehr verderbet.

6. Ist auch die Preßmutter auch endtzweig.

7. Auch haben Sie oben in den Dackloucken eingerissen undt ettwas darein gesuchet.

8. Die Venster seindt auch endtzweig alle."

Hatte der 1625 sein Amt antretende Papiermacher in Neustadt - vielleicht schon dieser Hans Dreßler - über die Baufälligkeit der Mühle geklagt, die Schilderung aus dem Jahre 1639 macht es verständlich, daß er den Küchenmeister in Neustadt ersuchte, diese Übelstände beseitigen zu lassen. "Sonst kann man auf der muell nichtes anfangen" 59 ).

Es hat nicht den Anschein, als ob viel geschehen wäre, um dem Papiermüller die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit zu erleichtern. Denn acht Jahre später konnte sich Dreßler gegen die ihm gemachten Vorwürfe, nicht genügend Papier geliefert zu haben, damit wehren, daß er auf die zerfallene Mühle hinwies, von der nur ein Rad zu gebrauchen wäre. Und Herzog Adolf Friedrich wies den Küchenmeister an, die Mühle in guten Zustand zu bringen, "damit bey diesem Herbstwasser, mit selbigen sich das beste Papier laß machen, eine gute Parthey könne gemacht" werden. Dreßler hob selbst als die hauptsächlichsten Mängel hervor, daß das unterste Rad der Mühle ganz entzwei sei, die Rinne, so das Wasser aufs Rad trage, nichts tauge, die vorderste Welle entzwei sei, eine neue Bütte mangele und in der Stube alle Ständer abgerissen wären 60 ).


59) Bericht vom 11. März 1639.
60) Bericht vom 18. Mai 1647.
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Gegenüber diesen eingehenden Nachweisen kann es wenig verschlagen, wenn der Küchenmeister behauptete, daß die Mühle in gutem Zustande wäre und der Papiermacher Unrecht täte, dem Herzoge immer wieder mit seinen Klagen zu kommen. Obwohl in den letzten 10 Jahren durch den Krieg die Mühle wohl 10 Mal zugrunde gerichtet worden sei, so wäre sie doch stets wieder in Ordnung gebracht worden. Neue Kummen, neue Stampfen, eine neue Presse usw. seien angeschafft worden.

Den Herzögen lag natürlich daran, ihre Papiermühlen leistungsfähig zu wissen. Sie hielten den Beamten vor, daß wider alles Herkommen das Papier teuer eingekauft werden müßte. Die Kanzleien müßten alles, und ihr Bedarf war nicht gering, was sie nötig hätten, von den Krämern dreimal so teuer beziehen, als es seither von den Papiermühlen geliefert worden wäre. Dreßler, der trotz seines guten Willens so wenig liefern konnte, wurde beschuldigt, bei dem starken inländischen Bedarf gleichwohl Papier nach auswärts verkauft zu haben. Er konnte jedoch nachweisen, daß lediglich Druckpapier, das er im Inlande nicht abzusetzen vermocht hatte, ins Ausland versandt war.

In diese Zeit fällt die Niederschrift des Eides 61 ), den die Papiermacher beim Antritt ihres Geschäfts abzulegen hatten. Seine Einführung ist doch wohl dem regierungsseitig empfundenen Bedürfnis entsprungen, den Betrieb der Papierfabrikation zu einem tunlichst ordnungsmäßigen zu gestalten und die Produktion zu vermehren. Indes noch im Jahre 1658 war dem Mangel an Papier nicht abgeholfen. Damals wurde zur Verwaltung der Justiz die Regierungskanzlei neuerdings wieder eröffnet und der Herzog Christian wies diese an, sich "mit gutem Schreibpappier und Maculatur allemahl gegen einen glaubwürdigen canzleyzettull notdürftig zu versehen, damit die Expeditiones nicht verzögert würden" 62 ).

Trotz der Baufälligkeit der Gebäude war an Persönlichkeiten, die bereit waren, sich der Papierfabrikation anzunehmen, niemals Mangel. Auf Dreßler folgte Hans Tiede (Thiede), der indes nur drei Jahre, 1656-1658, dem Geschäfte vorzustehen vermochte. Seine Witwe Elisabeth, geborene Fresecke, bemühte sich, den Betrieb fortzusetzen, was ihr zwei Jahre hindurch gelang. Dann geriet sie in Schwierigkeiten, indem sie von den 80 Ries, die sie vertragsmäßig abzuliefern hatte, für das Jahr 1660 nur die


61) Beilage 6.
62) Erlaß vom 9. April 1658.
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Hälfte hatte fertigstellen können. Sie rief die herzogliche Nachsicht an und versprach, die zweite Hälfte zu Trinitatis schicken zu wollen 63 ). Zugleich bat sie, die so notwendigen baulichen Ausbesserungen nicht länger hinauszuschieben. Ihre Verlegenheit oder die unter ihrer Leitung in der Tat geringer gewordene Leistungsfähigkeit benutzte der Papiermacher Diedrich Dannenberg aus der Mark, indem er sich anbot, gegen einen Zins von 80 Ries jährlich die Pachtung zu übernehmen. Auf diese Weise wurde Frau Elisabeth Tiede veranlaßt, ob sie sich früher kaum zu 80 Ries verstanden hatte, jetzt 100 Ries zu bieten 64 ). Doch half ihr dieses verspätete Entgegenkommen nichts, sie mußte weichen. Derjenige aber, der sie verdrängte, war zunächst nicht Dannenberg, sondern Bartold Blauert, mit dem am 15. November 1661 ein Vertrag abgeschlossen wurde. Blauert war von Sommerburg gekommen und versprach, wenn man ihm Holz und Eisen liefern würde, beide Geschirre auf seine Kosten zurechtmachen zu lassen. Auch er war bereit, nachdem er im ersten Jahre nur 80 Ries Papier geben konnte, augenscheinlich weil er beim Überzuge und der Einrichtung 80 Taler Aufwand gehabt haben wollte, in den folgenden Jahren seine Abgabe auf 100 Ries zu steigern. Aus unbekannten Gründen scheint jedoch Blauert die Pachtung gar nicht angetreten zu haben. Vielmehr hat sich ein vom 18. November 1661 datierter Vertrag zwischen der Kammer und dem Papiermacher Dannenberg erhalten, laut welchem dieser also die Mühle übernahm.

Die Bedingungen, unter denen sich Dannenberg zur Pacht verstand, dürften sich von denen, wie sie für Blauert festgestellt waren, kaum unterschieden haben. Dannenberg verpflichtete sich auf drei Jahre und wollte im ersten Jahre 80, in den folgenden je 100 Ries untadelhaften Schreibpapiers entrichten. Das Gebäude follte von dem Amte in gutem Stande unter Dach und Fach gehalten werden. Zunächst wurde das nötige Holz und Eisen auf Rechnung des Amts herbeigeschafft und dem Pächter dann überlassen, beide Geschirre und beide Pressen auf seine eigenen Kosten instand zu setzen. Die Verlängerung des Vertrags nach Ablauf der drei Jahre, d. h. im Jahre 1664, sollte ihm vorbehalten bleiben, sofern er sich dazu verstehen würde, in eine Erhöhung der Jahresabgabe zu willigen, falls eine solche etwa von anderer Seite geboten werden sollte.


63) Eingabe vom 9. März 1661.
64) Eingabe vom 9. Oktober 1661.
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Trug somit Dannenberg den Sieg davon, so wurde er dessen doch nicht froh. Die ihm gemachten Versprechungen, das Gebäude in guten Stand zu setzen und unter Dach und Fach halten zu wollen, erfüllte das Amt Neustadt nicht. Schon gleich zu Beginn des Jahres 1662 sah er sich genötigt, eine Eingabe an das Amt gelangen zu lassen, in der er die Baufälligkeit der Mühle beklagte und dringend um die Durchführung der Reparaturen ersuchte. Die Mängel bestanden nach seiner Schilderung in Folgendem:

"1. ist der Boden also gahr zurichtet, daß der Rauch alles Papier verdierbt.

2. ist ein groß theill an der Mühlen vom Wasser unterwaschen.

3. ist nur eine Cammer, welche nichtens dichte, sonst ist weder Gesellen= noch Mägdecammer.

4. ist keine Blaße vorhanden, da die vorige Papirmüllersche ihre Blaße mit weckgenommen, ungeachtet sie noch pension schuldig geblieben, kan dehro halber kein eintziger Boge Papir gemacht werden.

5. müssen notwendig Röhren von guten frischen Holz gemachet werden, damit man dass Wasser von einem Werck zum andern leiten kan.

6. seint gahr keine Stricke vorhanden, deren man bey der Arbeit auch gahr nicht entrahten magk, wan nur etwan ein Centner have Stricke verschaffet würden, wil ich die übrige so sich auf 2 Centner belauffen, anschaffen.

7. seindt in der Stuben nur vier gantze Fenster, vier seindt gahr ausgeschlagen undt zwo sindt entzwey undt die in der Mühle gewesene Fenster sein alle ausgeschlagen." 65 )

Trotz dieser beweglichen Klagen unterblieben die Ausbesserungen und als weiterer Übelstand kam hinzu, daß das Wasser einen anderen Weg nahm. So konnte Dannenberg in einem Jahr sein Geschirr nicht länger als 9 Wochen in Betrieb sein lassen und vermochte die Lieferungstermine nicht einzuhalten. Zwar ließ der Herzog Christian in der Tat sofort anordnen, daß das benötigte Bauholz und Eisen herbeigeschafft und zur Inangriffnahme der Nachbesserungen geschritten würde. Aber es kann doch nicht alles geschehen sein, was geschehen mußte, oder es wurde in so wenig befriedigender Weise vorgenommen, daß im Juni 1662 Dietrich Dannenberg aufs neue Ursache glaubte zu


65) Bericht vom 29. Januar 1662.
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Klagen zu haben. Die Presse, sagte er, sei nicht mehr zu brauchen und deshalb müsse die ganze Mühle feiern. Schönpapier könne nicht gemacht werden, so lange es nicht möglich sei, vermittelst einer Pumpe klares Wasser zu gewinnen. Aber auch der Boden war nicht in Ordnung und es fehlte an den nötigen Stricken. Er bat dringend, daß endlich alles ausgeführt würde 66 ). Dabei wurden die Beschwerden über das von ihm den Kanzleien gelieferte Papier immer lauter. Es sei ganz untüchtig, schlecht, gelb, "fast nichts nutzend also daß wirs bey unseren canzleyen nicht gebrauchen können" 67 ).

Schließlich kam es so weit mit ihm, im Mai 1666, daß er seine Pacht nicht bezahlen konnte und daher in Gewahrsam gebracht werden sollte. Allerdings verpflichtete er sich, innerhalb drei Wochen seiner Verbindlichkeit nachzukommen, aber am 3. August war der rückständige Betrag noch nicht geliefert. Um diese Zeit war es wohl, daß sein Stiefvater Wolfgang Trutzer in Lüneburg, der beim Vertragsabschluß als Bürge für ihn eingetreten war, sich an den Herzog wandte und dessen schleunigen Eingriff erflehte 68 ). Wenn der Herzog nicht die Mühle instand setzen ließe, so könne sich Danneberg nicht halten und würde in "aeußersten Ruin" geraten. Die warme Fürsprache des Lüneburgers cheint bewirkt zu haben, daß nunmehr alle Arbeiten ausgeführt wurden. Am 4. Mai 1667 konnte der Beamte aus Neustadt berichten, daß seit Michaelis 1666 die Mühle ordentlich im Gange wäre. Der Papiermüller könne jetzt Tag und Nacht die Arbeit fortsetzen.

Gleichwohl kam Dannenberg nicht auf einen grünen Zweig. Er konnte nicht soviel liefern, als ihm vertraglich auferlegt war und mußte daher im Jahre 1668 entlassen werden. Er hatte versprochen zu liefern von Michaelis 1666 bis Trinitatis 1667 63 1/2 Ries, von Trinitatis 1667 bis ebendahin 1668 100 Ries, insgesamt mithin 163 1/2 Ries. Statt dessen hatte er geliefert nur 121 Ries, war demnach mit 42 1/2 Ries im Rückstande. So wird es verständlich, daß man ihm nahelegte, sein Glück anderswo zu versuchen.

An Dannenbergs Stelle traten jetzt Erdmann und Lorenz Barß, Vater und Sohn, aus Bützow 69 ). Sie erboten sich auf 10 Jahre die Mühle zu pachten und versprachen, im ersten Jahre


66) Bericht vom 21. Juni 1662.
67) Berichte vom 20. Januar und 28. August 1662.
68) Die Eingabe ist undatiert.
69) Am 24. Juni 1668.
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90 Ries, die folgenden Jahre 100 Ries guten untadelhaften Schreibpapiers zu liefern. Es stand ihnen frei, statt der Naturallieferung je 1 Taler für das Ries in vierteljährlichen Terminen zu zahlen. Es ist nicht klar, ob es zum Abschluß des Vertrages gekommen ist. Jedenfalls steht fest, daß noch im November 70 ) wegen Unfertigkeit des einen Ganges Schreibpapier auf der Mühle nicht hergestellt werden konnte. Vielleicht lag es an dieser Unvollkommenheit, daß vom Jahre 1670 an die Kammer in eine Ermäßigung der Pacht willigte 71 ). Sie begnügte sich mit 60 Talern, 3 Ries Papier (Schreibpapier?) und 2 Ries Makulatur. AIs derjenige, der unter diesen Bedingungen die Pacht übernahm, wird Lorenz Barß genannt. Es bleibe auf sich beruhen, ob man daraus schließen darf, daß er schon vorher auf der Mühle tätig war, etwa unter der Leitung seines Vaters.

Jedenfalls hat er selbständig die Mühle nicht lange verwaltet, denn das Anerbieten eines gewissen Johann Tiede im Oktober 1672, die Rächt anzutreten, wurde angenommen. Tiede wollte gehört haben, daß der jetzige Pächter die Mühle "in detrimentum" gebracht hätte und kein tüchtiges Papier mache. Es muß etwas Wahres an diesen Gerüchten gewesen sein, da die Kammer bereitwilligst darauf einging, einen neuen Pächter zu gewinnen, der indes zu spät erkannte, daß auf dem Werke, an dem so viele schon gescheitert waren, sich keine Lorbeeren erringen ließen. In einem undatierten Berichte, der nach der in ihm enthaltenen Angabe, daß er 27 Jahre auf der Mühle tätig sei, in das Jahr 1699 zu verlegen wäre, erklärt er sich außerstande, seine Pacht zu entrichten. Im vergangenen Jahre habe er wenig arbeiten können, weil wegen hoch angelaufenen Wassers die Mühle stillestehen mußte. Auch im laufenden Jahre war die Flut so hoch gewesen, daß er 18 Wochen lang nicht hätte arbeiten können.

War in diesem Falle die Ungunst der Jahreszeit schuld an der Stockung der Arbeit gewesen, so hatte Tiede schließlich doch Veranlassung, ebenfalls in die alten Jammerlieder über die Baufälligkeit der Mühle einzustimmen. Im Jahre 1700 war sie so arg, daß er nicht einen einzigen Bogen Schreibpapier hatte herstellen können. Die Stampfen waren altersschwach geworden und taten nicht mehr ihre Schuldigkeit. Dennoch überließ man ihn seinem Schicksale und erst 5 Jahre später 72 ) als er seine Pacht


70) Bericht vom 17. November 1668.
71) Vertrag vom 22. November 1670.
72) Am 9. Juli 1706.
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nicht bezahlen konnte und darauf hinwies, daß er 1703 14 Wochen habe müßiggehen müssen, hatte man mit dem nun schon 35 Jahre auf der Mühle wirkenden Papiermüller Einsicht. Es dauerte zwar vom Februar bis Juli 73 ), bis ein Entschluß gefaßt wurde. Dann aber wies die Kammer den Beamten in Neustadt an, die Mühle ordentlich in Gang zu bringen. Und im September 1707 kam es endlich zu einem Vertrage mit dem Mühlenbaumeister Johann Christian Märcker behufs Herstellung eines neuen Gebäudes.

Der Bau dauerte von Weihnachten 1707 bis März oder Johannis 1708. Die über ihn erhaltenen Nachrichten sind nicht ganz klar. Die Kosten beliefen sich auf 932 Rtlr. 1 Schill., wovon auf die Löhne für Maurer, Zimmerleute usw. 110 Tlr. 2 Schill. entfielen. Der Baumeister hatte laut Vertrag zunächst nur auf 464 Rtlr. Anspruch. Da es jedoch während des Baues sich als zweckmäßig herausstellte, noch einen obersten Stock aufzusetzen, wurde seine Entschädigung um 64 Rtlr. auf 528 Tlr. im ganzen erhöht. Die Hand= und Spanndienste der Bauern sind in diesen Beträgen nicht mit bewertet. Über die Durchführung des Baues entstand später zwischen Oberbaudirektor Sturm und dem Baumeister eine Meinungsverschiedenheit. Der erstere behauptete, daß die Mühle nach Wesen und Beschaffenheit für den nachgewiesenen Aufwand besser hätte gebaut werden sollen. Dagegen wollte Märcker sich die beste Mühe gegeben und nichts vernachlässigt haben. Was aus dem Streite wurde, ist nicht bekannt. Die gewechselten Schriften lassen einen Gegensatz zwischen dem Theoretiker und dem praktischen Bauführer hervortreten, der handwerksmäßig baute, ohne sich viel um die Fortschritte der Technik zu kümmern. Wahrscheinlich wäre es zweckmäßiger gewesen, den aufgestellten Plan vorher einer sachgemäßen Beurteilung durch den höheren Beamten zu unterwerfen. Die Angelegenheit hatte insofern ein Nachspiel, als der Zimmermann Hans Hübner später behauptete, besser gebaut zu haben, als er nach dem Vertrage mit Märcker verpflichtet gewesen wäre. Daher erbat er zu den 144 Tlrn., die er hätte haben sollen, noch 60 Tlr. nachträglich. Am 17. März 1710 wurde die neue Mühle durch einen Sachverständigen dem Märcker nach eingehender Besichtigung abgenommen. Tiede scheint den Neubau nicht mehr erlebt zu haben. Wenigstens zog in die neue Mühle Johann Daniel Ahrens als Pächter ein. Obwohl nun das Etablissement


73) Eingabe vom 3. Februar 1706.
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gewiß so vollkommen als möglich eingerichtet worden war, hatte auch er gleich wieder Wünsche. Man hatte ihm 12 Kummen versprochen, aber nicht so viele geliefert. Auch vermißte er eine kupferne Blase. Desgleichen erhob er Anspruch auf eine Entschädigung, weil er zwei Jahre lang auf die Fertigstellung des Baues gewartet haben wollte. Sein Vertrag lautete auf 5 Jahre und die ihm auferlegte Pachtsumme war jetzt eine andere geworden. Man war nicht mit Lieferungen von Papier zufrieden, sondern forderte bares Geld, für das erste Pachtjahr 100 Tlr., für die folgenden je 100 Tlr. In diesem Sinne sind die Pachtverträge gehalten, die Ahrens im Laufe der Jahre, zuletzt am 18. Januar 1725, auf 5 Jahre erneuerte.

Weshalb sich Ahrens eines Tages zurückzog, läßt sich nicht ermitteln. Seit dem 23. August 1731 erscheint Joachim Cowalsky aus Bützow als Pächter. Er übernahm gleich seinem Vorgänger für 150 Rtlr. N 2/3 die Mühle gleich auf längere Dauer, nämlich auf 9 Jahre, von Johannis 1732 bis ebendahin 1741. Leider scheint ihn ebenfalls, wie alle seine Vorgänger, die Baufälligkeit der Mühle gedrückt zu haben, die um so auffälliger ist, als das Gebäude doch erst vor kurzem errichtet worden war. Jm Jahre 1736 mußten "höchstnöthie" Reparaturen im Betrage von 157 Rtlr. 30 Schill. ausgeführt werden. Indes reichte diese Ausgabe nicht einmal aus und 1740, im November, mußte er aufs neue berichten, daß ein Teil der Mühle, die Radstube, sich in sehr gefährlichem baufälligen Zustande befände. Leider kam es zur Erfüllung des gewiß berechtigten Wunsches nicht, da am 6. August 1741 infolge einer auf dem Kietz bei Neustadt ausgebrochenen Feuersbrunst auch die Mühle abbrannte. Sie war unterdessen ein so fühlbarer Faktor im Wirtschaftsleben Mecklenburgs geworden, daß man sich für ihren Wiederaufbau interessierte. Die Krämerkompagnie in Grabow bat am 24. Dezember 1741 um einen Neubau, da sie den Mangel an Papier, der sich seit dem Brande zu zeigen anfing, empfand. Ihre Mitglieder waren gezwungen, sich aus benachbarten Ländern Papier zu verschaffen, wo sie behaupteten, nicht einmal für ihr Geld den Bedarf decken zu können. Daher sollte das inländische "hochnutzbare" Werk bald wieder in Wirksamkeit treten. Schon vorher hatte Cowalsky selbstVorschläge gemacht 74 ). Sein Kostenanschlag lautete auf 351 Rtlr. und einige Schillinge, wobei er einen Holländer aus seinen Mitteln anzuschaffen gedachte und es der


74) Bericht vom 7. Dezember 1741.
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Kammer anheimstellte, ob sie diese so nötige Maschine zum Bestand der Mühle rechnen oder als Cowalskys Eigentum respektieren wollte. Einer besonderen Begründung seines Antrags bedurfte es ja eigentlich nicht. Der Wunsch der Grabower Krämer war an sich schon beweiskräftig für die Notwendigkeit der Ausgabe. Immerhin betonte Cowalsky doch den Handelsvorteil, daß für fremde Ware kein Geld ins Ausland zu gehen brauche. Auch hob er hervor, daß durch den Neubau der Glanz der durchlauchtigsten Vorfahren nicht verdunkelt würde, wie es sonst der Fall wäre, "wenn deren zur Zierde und Nutzen des Landes abzielende Wercke in den Staub der Vergessenheit kämen". Er erreichte denn auch die gnädige Resolution Christian Ludwigs 75 ), daß gegen den Wiederaufbau der Mühle an der alten Stelle nichts eingewandt werden solle. Aber die Mittel mußte Cowalsky selbst beschaffen, nicht einmal Holz konnte ihm aus den fürstlichen Waldungen versprochen werden. Er sollte sich dieses vielmehr aus den benachbarten Forsten holen. Es scheint, als ob Cowalsky nicht in der Lage war, den Bau aus eigene Rechnung auszuführen Denn ein anderer von den Amtleuten in Neustadt aufgestellter Anschlag, der einen Bau im Werte von 1429 Tlrn. und 7 Schillingen aufgeführt wissen wollte, entsprang wohl der Erkenntnis, daß es wünschenswert im Interesse des Landes sei, die nützliche Fabrik, die Privatleute nicht herstellen konnten oder wollten, wieder zur Verfügung zu haben. Wahrscheinlich wird der kostspieligere Anschlag der angemessenere gewesen sein, der den Anforderungen der neueren Technik mehr Rechnung trug. Indes weder der eine noch der andere Anschlag fand Anerkennung. Wenigstens geht aus den Akten nicht hervor, daß die alte Papiermühle aus dem Schutte zu neuer Wirksamkeit erweckt worden wäre.

3. Die Papiermühle zu Grabow.

Wohl nicht viel später als in Sternberg und Neustadt kam es zum Bau einer Papiermühle auch in Grabow. Auf welches Jahr indes der Beginn ihrer Tätigkeit fällt, läßt sich nicht mehr ermitteln. Erst mit einem Aktenstück vom Tage Assumptionis Mariae, d. h. dem 15. August 1527, laut welchem Herzog Heinrich sich mit dem Papiermacher Blasius über die Entrichtung des Zinses verständigte, fangen Nachrichten über sie an. Blasius


75) Vom 10. März 1742.
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war die Pacht 3 Jahre lang schuldig geblieben und versprach jetzt den fälligen Betrag von 40 Gulden in 4 Terminen zu je 10 Gulden, den ersten Termin auf Martini 1527, den letzten auf Pfingsten 1528 angesetzt, zu bezahlen. Der Herzog muß die bedrängte Lage des Papiermachers anerkannt haben, denn er überließ ihm seine "papirmolln" auf weitere 4 Jahre, von Weihnachten 1528 an bis ebendahin 1532 unter Erhöhung der Pacht auf 20 Gulden jährlich. Blasius versprach, die "mollen mit ihrer zugehör in wesentlichem bau" zu halten.

Die Entwicklung scheint bei diesem Etablissement eine ruhigere und stetigere gewesen zu sein als bei den beiden anderen. Es hat seine Besitzer und Pächter nicht so oft gewechselt, sondern blieb Jahrzehnte hindurch in der Verwaltung einer und derselben Familie.

Blasius Groen - der Name wird auch Groene geschrieben - wurde im Jahre 1547 als Papiermüller angestellt. Lebenslang wurde ihm vom Herzog Heinrich die Mühle mit allen "zubehörungen" für 25 Fl. Münze in Pacht gegeben. Der Pächter versprach "guth tuchtich papier" zu machen und die Mühle in gutem Stand zu erhalten. Für den letzteren Zweck sollte er nötigenfalls Bauholz geliefert bekommen. Hans Groen, der im Jahre 1565 den unterdessen zur Regierung gekommenen Herzog Ulrich bat, ihm und seinen Söhnen die Mühle ebenfalls lebenslänglich zu verpachten, war ein Sohn von Blasius Groen. Während einer seiner Brüder sich dem geistlichen Stande gewidmet hatte und Pastor geworden war, ein anderer, der ohne Leibeserben geblieben war, abgefunden wurde, hatte Hans sich dem Geschäft des Vaters gewidmet, nach dessen Tode den Betrieb übernommen und den Pachtzins regelmäßig entrichtet. Nun wünschte er seinem Sohne "sollich handtwergk und konst zu lehren", wollte sich indes vorher vergewissern, daß dieser nach des Vaters Tode das Etablissement behalten dürfe. Den üblichen Zins von 25 Fl. wollte er gerne bezahlen und "quat und duglich papier nach dieser lande ardt unnd gelegenheit verfertigen".

Wir müssen dahingestellt sein lassen, ob diesem Gesuche nicht gewillfahrt wurde oder der hoffnungsvolle Sohn sich einem anderen Orte oder Berufe zuwandte oder gar frühzeitig aus dem Leben schied, genug, um das Jahr 1589 ist nicht mehr die Familie Groen, sondern Martin Tiede als Papiermüller tätig. Dieser wirkte das ausschließliche Privileg zum Lumpensammeln in allen Städten, Ämtern usw. des ganzen Fürstentums aus 76 ).


76) 11. September 1589.
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Bis dahin war er aus Mangel an Rohstoff in der Bereitung des Papiers merklich gehindert gewesen. Fremde Papiermacher schnappten ihm den Rohstoff vor der Nase weg.

Nach einem am Ende des 16. Jahrhunderts abgefaßten Amtsbuche über das fürstliche Amt Grabow gehörten zur Papierfabrik eine neue und eine große Mühle. Nachdem die Erbauung des Schlosses "an einem schonen und wolgelegenem ortte" erwähnt und darauf hingewiesen wird, daß der Eldenastrom eine Korn=, Öl= und Papiermühle betriebe, heißt es von der letzteren: "Die papirmhole aber gibet jerlich zur pacht an gelde 20 Fl. vonn der neuenn mhule und 50 riß papir von der großenn mhulenn". Das Bedürfnis nach Papier muß mithin in diesem Bezirk ein besonders lebhaftes gewesen sein, insofern man zwei Gebäude für den Dienst bestimmt hatte. Als die Herzoginwitwe Anna die Regierung antrat, stellte sich heraus, daß die 20 Fl. Zins aus unbekannten Gründen nicht mehr gezahlt zu werden pflegten. Daher ging sie sofort daran, die große Mühle, "weil sie verfallen gewehsen", neu herzurichten. Das gelang ihr so vortrefflich, daß Sie den Jahreszins auf 75 Ries erhöhen konnte, zur Hälfte vom besten und zur anderen Hälfte vom geringsten Papier, das auf der Mühle angefertigt zu werden pflegte.

Von der neuen Mühle hat sich eine Beschreibung erhalten 77 ), die erkennen läßt, was man damals als unentbehrlich bei der Herstellung des Papiers ansah und in wie einfacher Weise die Technik sich zu helfen wußte. Eine Wage, mit der die Lumpen beim Einkaufe gewogen wurden, eine Bank, auf der man das Papier glättete, 2 Kumme zur Bereitung der Masse, 5 eiserne Platten, 2 Schrauben, vielleicht, um die Feuchtigkeit aus dem Papier herauszupressen, waren die ganze Ausrüstung, die die Herzogin lieferte, abgesehen von dem Gebäude selbst mit seinen Rädern, Stampfen und dergleichen mehr.

Das neue Gebäude übernahm Hans Tiede, ein Sohn des alten Martin Tiede, der 60 Jahre auf der Papiermühle in Grabow gewesen sein wollte, demnach einige Zeit als Gehilfe des Papiermachers Groen gearbeitet haben muß. Mit Hans Tiede wurde zu Michaelis 1617 ein Vertrag abgeschlossen. In ihm verpflichtete er sich, die Papiermühle in baulich gutem Zustande zu erhalten und sie laut Sachverzeichnis nach 10 Jahren wieder abzugeben. Doch wurde ihm Erneuerung des Vertrages bei guter Haltung nach Ablauf dieser Frist in Aussicht gestellt.


77) Beilage 5.
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"Pro pensione" gab er jährlich 75 Ries Papier, halb das beste, halb Schreibpapier. Zweimal im Jahre, zu Michaelis und zu Ostern, sollte er das Papier abliefern und, falls Ihro Fürstl. Gnaden Geld vorzog, das Ries besten Papiers mit 40 Schill., das Ries Schreibpapier mit 30 Schill. vergüten. Außerdem hatte er der Herzogin für eigenen Bedarf ca. 10 Ries und ihren Beamten, nämlich dem Hofmeister, Hauptmann und Küchenmeister, je nach Bedarf "für sich oder einen guten Freund" 1-4 Ries zu liefern, das beste zu 32 Schill., das Schreibpapier zu 28 Schill. Hoffentlich haben die Empfänger nie versäumt, diesen Vorzugspreis wirklich zu bezahlen. Das Papier versprach Tiede "gut und unstrafelich" herzustellen und darauf zu sehen, "das die bücher wolgelegt und ein jegliches buch 25 bogen habe, damit J. F. G. Mühle nicht in Veracht kommen muge". Für die richtige Bezahlung der Pension und für jeden Schaden, der an der Mühle etwa hätte entstehen können, mußte Tiede mit allem Hab und Gut, beweglichem und unbeweglichem, einstehen.

Unter Hans Tiede hat offenbar die Papierfabrikation einen Aufschwung erfahren, wie er auf den anderen Betrieben nicht beobachtet werden kann. Denn während in dem Schwerinschen Anteil, wie die Geschichte von Sternberg und Neustadt erkennen läßt, nicht genug Papier für die Bedürfnisse der Kanzleien beschafft werden konnte, erzeugte Grabow soviel, daß das Fabrikat sogar ausgeführt werden konnte. Angeblich hatte er nur Ausschuß und grobe Makulatur exportiert, wie er in der leider undatierten Bittschrift hervorhob. Doch ist anzunehmen, daß Hans Tiede ein Schlauberger war, der dem Herzog nur die Erlaubnis zur Ausfuhr abzuschmeicheln versuchte, indem er ihm nahelegte, daß er keine Verkürzung in dem ihm zugedachten Papier erfahren würde. Das ausgeführte Papier ging nach Lübeck und Hamburg, von wo auch ein großer Teil der Lumpen stammte, die in Grabow verarbeitet wurden. Wie erfreulich eine derartige Ausfuhr privat= und volkswirtschaftlich sein mochte, nach der Auffassung der Zeit glaubte der Lizentmeister sie im Interesse der herrschaftlichen Kasse nicht ohne Zoll zulassen zu dürfen. Diesen Ausfuhrzoll, der selbstverständlich den Fabrikanten gezwungen haben wird, niedrigere Preise einzuhalten, als er sonst sie gefordert haben würde, unterdrückt zu sehen, war die Absicht der Eingabe des Hans Tiede.

In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges scheint unser Hans Tiede, hoffentlich nur vorübergehend, auch vom Schicksal gepackt worden zu sein. Im Jahre 1627 klagte er dem Herzoge

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Adolf Friedrich, daß er durch beständige Einquartierung hart beschwert gewesen sei. Sie habe ihm 104 Tlr. gekostet. Damit nicht genug, hätte er während der Belagerung von Dömitz auf Anordnung der Offiziere, die in Grabow gelegen, sein Werk anderthalb Monate still liegen lassen müssen. Diese unfreiwillige Unterbrechung seiner Tätigkeit schlug er auf 20 Tlr. Schaden an. Er bat den Herzog, diesen Betrag an seiner Pension kürzen zu wollen oder ihm diesen Betrag zu vergüten. Ob die Gnade des Herzogs seinem Wunsche gemäß verfügte, wissen wir nicht. Wohl aber bekam er Recht, als er sich 1634 darüber beschwerte, daß ihm und dem Walkmüller von dem Rittmeister von Moltke eine Steuer im Betrage von einem Taler monatlich abgefordert worden wäre. Diese offenbar willkürliche Auflage wurde eingestellt.

4. Die Papiermühle zu Bützow.

Infolge einer Anregung, die der Universitätsbuchdrucker in Rostock, Jakob Lucius 78 ), dem Bürgermeister und Rat in Bützow hatte zugehen lassen, baten diese am 12. Mai 1578 den Herzog Ulrich um die Erlaubnis, eine Papiermühle in Bützow anlegen zu dürfen. Lucius hatte bei seiner Anstellung im April 1564 in Rostock versprochen, zu seinen Drucken reines, schönes, weißes Papier verwenden zu wollen. Indes, er muß Schwierigkeiten gehabt haben, sich solches zu verschaffen, da ihm unter verschiedenen Sünden, die er sich hatte zu Schulden kommen lassen, im Jahre 1574 vom Universitätskonzil vorgehalten wurde, daß er weder die Drucke für die Professoren so schnell besorgte, als es diesen erwünscht schien, noch reines, gutes Papier verwandte. So erklärt sich sein Rat, in nächster Nähe von Rostock eine Papierfabrik zu erbauen, die ihm jederzeit bequem das nötige Papier hätte liefern können. Als geeigneten Platz für den Neubau nahm der Magistrat ins Auge einen solchen "vor dem Weicker thor auff der stadt grund unnd bodenn bey der Schweinebrücke auff dem freyen wasser". Der Herzog stellte fast unmittelbar, nachdem dieser Wunsch zu seiner Kenntnis gelangt war, von Doberan aus, wo er eben weilte, in Aussicht, in den nächsten Tagen nach Bützow zu kommen, um die Gelegenheit zu besichtigen und sich dann über die Zulässigkeit des geplanten Baues zu äußern. Ob es zu dieser Fahrt gekommen ist, ob die Bedingungen - Lucius hatte in Aussicht gestellt, einen Beitrag zu dem Jahresaufwand


78) Stieda, Studien zur Geschichte des Buchdrucks in Mecklenburg im Archiv für Geschichte des Buchhandels, Bd. 17 S. 17 ff.
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zu liefern - dem Herzog nicht so günstig schienen, genug, die Ausführung unterblieb. Sieben Jahre später war es die Universität Rostock selbst, die sich an den Herzog Ulrich von Mecklenburg wandte mit der Bitte, in Bützow eine Papiermühle anlegen zu lassen. Die Erbauung einer solchen wurde mit dem unzweifelhaft zutage getretenen Bedürfnis der "wolbestellten Druckerei" in Rostock gerechtfertigt, die "ohne einen ziemlichen Vorrath an reinem weißen Druckpapier nicht recht angerichtet und erhalten werden" könnte. Seit vielen Jahren sei man mit dem ganzen Bedarf auf Lübeck angewiesen, während Grabow und Neustadt nichts zur Verfügung stellen könnten. Aus der Mark und aus Pommern könne nur "lauter graue nichtige böse maculatur" bezogen werden. Beständen in der Nähe von Rostock eine oder zwei Papiermühlen, so könnte man den Pommern und Märkern ihre graue Makulatur wieder nach Hause schicken. "Alle dieser gelegenheit verstendige", so schloß die Eingabe, wissen, "das wenn schon noch drey mölen bey E. F. G. Stadt Rostock auffgerichtet, dennoch das Druck- und Schreibpapier alles alhie verbraucht und verhandelt konte werden" 79 ). Aus der Rückseite dieser Eingabe geht hervor, daß der Herzog schnellstens sowohl der Universität als der Stadt Bützow antwortete 80 ). Leider aber haben sich die Konzepte dieser Briefe bei den Akten nicht erhalten. Was daher der Universität gesagt worden ist, muß man erraten. Offenbar wird die Antwort dem Vorschlage geneigt abgefaßt worden sein, denn der Inhalt des Schreibens an Bützow wird dahin angegeben, daß die Stadt ihrerseits Stellung zu dem Gedanken nehmen möge und je nachdem wie der Entscheid ausfalle, man Rostock, der Stadt und der Universität, die man stets zu fördern bereit sei, den Wunsch werde erfüllen können.

In der letzten Wendung lag der Fingerzeig, daß man in Bützow den Antrag nicht zurückweisen solle, und so darf man wohl annehmen, daß die Papiermühle damals erbaut worden ist Allerdings erhält man erst 30 Jahr später einen Beweis für das Vorhandensein der Fabrik. Eine bei den Akten liegende Aufzeichnung besagt, daß der Papiermacher in Bützow von Trinitatis 1616 bis ebendahin 1616 in die Kanzlei für 27 Fl. Papier geliefert hätte, nämlich:

Tabelle zur Papierlieferung

79) 1585 Aug. 6.
80) 1585 Aug. 9.
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Tabelle zur Papierlieferung

In der gleichen Zeit wurde von ihm an die Küchenmeistereien 8 Ries für 11 Fl. 20 Schill. und an die "Hofbuchschreiberei" (!) 19 1/2 Ries für 22 Fl. 15 Schill. "des gemeinen und des besten papirs" geliefert. Es deutet eine gewisse Entwicklung und Leistungsfähigkeit an, wenn mehrere Sorten unterschieden werden, gemeines, bestes und Makulaturpapier.

Der Namen des Papiermachers wird bei dieser Gelegenheit nicht genannt. Indes werden die auf der Mühle tätigen Personen gelegentlich erwähnt, so daß man, ohne genau die Dauer der Tätigkeit eines jeden bestimmen zu können, unter Hervorhebung lediglich des Jahres, in dem sie genannt sind, eine Reihenfolge vermutlich sämtlicher einmal in Bützow tätig gewesener Papiermacher aufstellen kann. Sie lautet wie folgt:

1615-1616 Andreas Klifoth,
1623-1624 Jochim Henning, wahrscheinlich seit 1619,
1626 Jochim Bannitt,
1634 Lorenz Barß, wahrscheinlich seit 1626,
1648 Erdmann Barß,
1674 Nikolaus Arens,
1685 Johann Köhler,
1693 Köhlers Witwe Elisabeth Rambow,
1705 Andreas Kunstmann,
1743 Friedrich Seidler,
1770 Gaebler,
1789 Lindner,
1813 Jsaak Kramer.

Leider haben sich von den Lebensbedingungen und Schicksalen der Mühle und der sie verwaltenden Personen nur sehr wenig Nachrichten erhalten. Lediglich der Zufall hat die eine oder andere Angabe über sie aufbewahrt.

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Jochim Henning lieferte von Trinitatis 1623 bis ebendahin 1624 an die Kanzlei 13 Ries besten, 8 Ries gemeinen und 3 Ries Makulatur=Papier, an die Küchenmeisterei 9 Ries vom besten, 2 Ries vom gemeinen und 4 Ries Makulatur=Papier.

Jochim Bannitt lieferte 1626 zu zwei verschiedenen Terminen, das eine Mal für 2 Fl. 8 Schill., das andere Mal für 7 Fl. 2 Schill. Papier.

Lorenz Barß, der Großvater des seit 1668 in Neustadt nachgewiesenen Papiermachers, bat 1634 um die Erneuerung seines 1626 bereits abgeschlossenen Vertrages, die ihm offenbar zu teil geworden ist. Es spricht für den Umfang der Geschäfte, daß die Kammer bei dieser Gelegenheit den Pachtzins auf 100 Rthlr zu erhöhen wünschte. Barß hatte seither die Hälfte gezahlt, machte aber entschiedene Schwierigkeiten in die Steigerung zu willigen, wobei er unter anderem auf die große Baufälligkeit des Gebäudes verwies. Er bat schließlich, ihm wenigstens, nachdem die Verhandlungen über die Erhöhung des Pachtzinses sich bis 1636 hingezogen hatten, noch ein Jahr die Pacht unter den früheren Bedingungen zu gewähren. Offenbar haben sich Kammer und Papiermacher dann gütlich geeinigt. Da die erstere mit dem vermutlich geschickten und zuverlässigen Gewerbetreibenden zufrieden war, erwirkte sie ihm 1648 vom Herzog Adolf Friedrich ein Privileg zum Sammeln von Lumpen überall im Lande, besonders in Rostock und Wismar. Der Papiermacher Hans Dreßler in Neustadt, der ihm das Recht streitig gemacht hatte, wurde angewiesen, den Bützower nicht mehr zu stören.

War Barß hierin kräftig unterstützt worden, so wollte man nach anderer Seite ihm, wie es scheint, weniger entgegenkommen. Schon Vater Lorenz Barß hatte über die Baufälligkeit der Mühle geklagt. Jetzt wurde sie 1665 durch den Hauptmann zu Bützow Johann Friedrich Müller gewissermaßen offiziell festgestellt. Man gestand infolgedessen dem Pächter bereitwilligst zu, sobald man über die dringendsten Erntearbeiten hinaus wäre, Anstalten zur Abstellung der Mißstände zu machen. Indes wenn diese erfolgte, so war sie wohl nicht vollständig nach dem Wunsche des Barß, der damals eben sich in Neustadt 1668 um die Pacht bemühte und sie, doch wohl für seinen Sohn Lorenz, zugeschlagen erhielt. Daß er recht getan hatte, sich für seinen Sohn um eine neue Stelle zu bemühen, liegt klar zutage, nur traf er es offenbar, da in Neustadt die Klagen über die Baufälligkeit nie aufhörten, dort auch nicht ganz befriedigend. Jedenfalls konnte Erdmann Barß 1671 in Bützow den bisherigen Pachtzins nicht

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mehr bezahlen, und die Beamten in Bützow erkannten die schlimme Lage, in der er steckte, an. Bei starkem Froste oder im Sommer bei großer Dürre konnte er aus Mangel an Wasser nicht arbeiten. Daher sei es glaublich, daß der Papiermacher einige Jahre seither mit Verlust tätig gewesen sei. Das sei um so wahrscheinlicher, als in Wismar seither eine neue Papiermühle entstanden wäre, die im Absatz große Konkurrenz bedeutete. Die Amtleute schlugen daher vor, im Hinblick darauf, daß Barß ein alter Mann sei, der viele Jahre auf der Mühle tätig gewesen sei, ihm die Pacht zu 160 Tlr. jährlich anzurechnen. Dabei könne er auf seine Rechnung kommen.

Vermutlich hat, bald nachdem diese Angelegenheit zur Zufriedenheit aller Beteiligten erledigt war, Barß das Zeitliche gesegnet, denn am 11. März 1674 schloß die Kammer in Schwerin mit Nikolaus Arens einen Vertrag ab. Es war damals beabsichtigt, bei der Papiermühle zu Bützow einen Neubau vorzunehmen, den man hoffte bis Trinitatis beendet zu haben. Die Tischlerarbeit daran wurde auf 28 Gulden beziffert. Doch der Neubau muß nicht geglückt sein oder nicht so durchgeführt worden sein, als er geplant wurde, indem schon 1680 die Mühle wieder in ganz unfertigem Zustand erscheint 81 ) Die Kammer wies die Beamten in Bützow an, das Gebäude zu besichtigen und die nötigen Ausbesserungen anzuordnen. Doch kann Arens nicht voll befriedigt worden sein, da er 1684 82 ) kündigte. Man machte keine Versuche, ihn zu halten, und so trat für den Wegziehenden Johann Köhler, zunächst mit einem Vertrage auf die Dauer von drei Jahren, ein Er bat schon bald nach dem Antritt der Pacht um Erledigung der dringend erforderlichen Reparaturen. "Wie unsere Papiermühle in Bützow", heißt es in der Eingabe 83 ), "nunmehr sehr vitiös auch so gantz und gar, wo derselben nicht geholfen würde, nicht mehr in brauch sein kann, da erstlich zu reparirung eine neue welle gefordert wird, der Giebel sampt dem Dache renoviret werden und endlich der Graben beym Walckerthor außgeworfen werden muß". Es wurde angeordnet, daß diese Instandsetzungen dem Wunsche gemäß vollzogen werden sollten.

Wie stattlich sich die Papiermühle dann endlich ausnahm, läßt eine Bestandsaufnahme erkennen, die 1692 durch den Herrn Landrentmeister Hertel erfolgte.


81) Bericht vom 30. Dezember 1680.
82) Am 16. Oktober.
83) Eingabe vom 7. Mai 1686.
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"Anno 1692. Den 8. Junii, wardt in gegenwart des H Landt Rentmeisters Herteln die Papirmühle zu Bützow inventiret undt befunden folgender gestalt:

Dis gantze Zimmer, Sambt der Wohnunge:

Jst von dreizehn verbänden, mit Stroh gedeckt.
Die durchschnittene Haußthür hat vier Hänge, zwei Klincken, ein Schloß, undt ein eyßern Handtgriff.
Die Haußdehle mit Feldsteinen gebrügget.
Der Boden von eichen Brettern eingestrichen.
Zur Linken vier Taffel Fenstern, darin sieben Ruten mangeln.
Eine Keller Lucke mit zwey Hängen, einen Überfall, und 6 Krampen.
Die Thür zur Papirmühlen zwey Hänge, eine Klincke, und eißern Handtgriff.
Zwei Wellen, jede mit Sechtzehen Stampen, vier eyßern Bänden undt einer starcken eyßern Wrangen.
Fünf mit Brettern abgeschurete Kasten darin der Brey von den zerstoßenen Lumpen geleget wirdt, hat nüben überall einen breitem Boden.
Auff der Haußdehlen eine alte große Preße, an deren stat der Papirmüller eine neue Preße verlanget.
Eine Bütte, mit zwey eyßern Bänden, darauß Papir gemacht wirdt; mit einer kupfern Blase.
Ein Rührkumme, mit einer eyßern Rost.
Die durchschnittene Hofthür hat vier Hänge, zwei Klincken, und 6 Haken.
Die Küchenthür zwey Hänge, undt eine Klincke.
Der Schorstein in Holtz gekleimet, gehet außen Dache.
Ein eingemauerter kupfern Kessel.
Vier Tafel Fenstern.
Die Kammerthür zwey Hänge undt ein Schloß.
Die Dehle von Leim geschlagen.
Der Boden von Brettern.
Vier Tafel Fenstern.
Ein Bettschapff mit zwey Thüren.
Die Thür nach der Stuben zwey Hänge undt ein Schloß.
Die Dehle von Leim. Der Boden gewunden.
Zwölf Taffel Fenstern, darin."

Johann Köhler hat die Freude, in diesen Räumen hantieren zu dürfen, nicht mehr lange genossen. Schon im nächsten Jahre erscheint seine Witwe als die Pächterin der Mühle, auf

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wie lange, läßt sich nicht mehr feststellen. Wie es scheint, bezieht sich ein Erlaß der Kammer in Schwerin vom 3. Mai 1695, daß alles weiße Papier, das auf der Mühle in Bützow sich befände, sofort an die geheime Kanzlei in Schwerin zu senden sei, schon auf den neuen Pächter. Denn es wird gleichzeitig dem Papiermüller vorgehalten, mit der Verfertigung neuen Papiers bei Vermeidung ernstlicher Strafe sich nicht zu säumen. Das Geschäft ging gut, denn die Rentereirechnung von 1689/99 weist den Eingang von je 50 Rtlr. als halbjährliche Pacht für die Papiermühle in Bützow nach. So befriedigend ließ sich der Betrieb an, daß der Papiermüller in den Verdacht kam, sein Fabrikat auszuführen, während die fürstlichen Kanzleien nie genug haben konnten. Ob diese Vermutung auf Wahrheit beruhte, mag dahingestellt bleiben. Sie verträgt sich nicht mit der gleichzeitigen Anweisung an den Papiermüller, das Papier feiner, sauberer und weißer, als es seither gewesen, herzustellen. Man versteht nicht, wie derartiges Papier, das zu wünschen übrig ließ, im Auslande Anklang fand. Jedenfalls wurde dem Pächter verboten, Papier auszuführen 84 ). In der Folge stellte sich heraus, daß die Leistungsfähigkeit der Mühle eine einwandsfreie war, daß aber der Müller sein eigenes Fabrikat nach auswärts versandte und dafür das an die Regierung zu liefernde von einer anderen Mühle bezog. Der Amtsschreiber in Bützow konnte unter dem 24. Oktober 1701 berichten, daß der Papiermacher ein fleißiger Mann sei, der mit verschiedenen Hilfskräften arbeite und für sein Erzeugnis guten Abgang fände. Allerdings hätte er beständig Mangel an weißen Lumpen, so daß er weißes Papier in jedem Jahre nur 4-6 Wochen lang anfertigen könne und sich in der Hauptsache auf die Herstellung von Druckpapier und Makulatur beschränken müsse. An die Renterei lieferte er damals halbjährlich gegen 70 Ries verschiedener Papiere. Das feste sogenannte Herrenpapier wies einen einfachen Adler als Wasserzeichen, das Mittelpapier einen Hirsch und das Konzeptpapier einen adeligen Wagen aus. Sein Erzeugnis genoß den Ruf, besser zu sein, als das anderer Mühlen im Inlande. Neben der Fabrikation lag er auch dem Handel mit Papier ob, indem er den Papiermüllern in Neustadt und Zülow Lumpen vorschoß und dafür statt baren Geldes Papier übernahm, das er nach anderen Städten verkaufte. Kunstmann wäre demnach ein geschickter Gewerbetreibender gewesen, dessen Fertigkeit zweifellos


84) Reskript vom 27. April 1701.
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zur Hebung der Fabrikation beitrug. Sein Geschäft ging unentwegt vorwärts, denn als die Regierung am 19. Februar ein mal 2 Ballen Papier bestellte, die Hälfte Original=, die andere Hälfte Konzeptpapier, die über die regelmäßigen Lieferungen hinaus verlangt wurden, konnte die Bützower Mühle nichts liefern, da sie keine zwei Buch Schreibpapier mehr vorrätig hatte.

Kunstmann war viele Jahre auf der Mühle. Sein Nachfolger wnurde laut Vertrag vom 31. Oktober 1743 Friedrich Seidler. Er übernahm die Mühle vom Jahre 1744 an gegen 60 Rtlr. Pacht im ersten Jahre und 80 Rtlr. in den folgenden Jahren nebst einem Ballen seines besten Papiers. Man scheint ihm günstigere Bedingungen gewährt zu haben, obwohl die Fabrikation einen unverkennbaren Aufschwung erfahren hatte, weil ein Neubau der Mühle erforderlich war. Dessen Kosten wurden nach einem Voranschlage vom 2. Dezember 1741 auf 410 Rtlr. und 18 Schill. angesetzt, von welcher Summe der neue Pächter die Hälfte auf sich zu nehmen versprach. Später stellte sich der Gesamtbetrag auf 419 Rtlr. 5 Schill., so daß Seidler auf seinen Anteil 209 Rtlr. 26 1/2 Schill. zu zahlen gehabt hätte. Diese Summe sollte sein einstiger Nachfolger in der Mühle ihm wiedererstatten und er nicht zum Ausscheiden aus der Mühle veranlaßt werden, ehe er seine Auslage zurückerhalten haben würde. Zu diesem Neubau ist es indes nicht gekommen, sondern , wenn die Mitteilung in einem späteren Bericht richtig ist, nur zu einer Nachbesserung, die nicht mehr als 28 Rtlr 12 Schill. kostete Es fehlt die Möglichkeit, diese Angabe nachzuprüfen. Die Tochter des Papiermüllers Seidler, Sophia Jlsabe, verheiratete sich 1767 mit dem Papiermachergesellen aus Neustadt, Jochim Christian Lorenz Schultz.

Der letzte in der Reihe der Papiermüller in Bützow, von dem wir wissen, ist Isaak Kramer Er gehörte zu denjenigen, die nicht ohne Grund über die wenig erfreulichen Zustände, unter denen sie tätig sein sollten, jammerten. In Bützow war das Wasser nicht sauber genug, der schmutzige Stadtgraben mußte herhalten, die Trockenscheuer reichte nicht aus und dergleichen mehr. Nichtsdestoweniger siegte er ebenso wie seine Vorgänger an anderen Stätten über alle Hindernisse und es konnte ihm das Zeugnis nicht versagt werden, daß er anzuerkennende Leistungen bot und seine Erzeugnisse neben denen des Auslandes gut bestehen konnten.

Unter Isaak Kramer wurde die Mühle vererbpachtet. Die Kammer wollte seit geraumer Zeit etwa 400 Rtlr. jährlich für die

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unvermeidlichen Nachbesserungen gezahlt haben, während die Pacht nur auf 90 Tlr. sich im Jahre belief. So ist es nicht zu verwundern, daß sie die Vererbpachtung vorzog. Kramer übernahm Sie im Jahre 1823 für die Summe von 4000 Tlr. N 2/3. Einige Jahre später bat er um Erlaß des damals noch rückständigen Betrages der Kaufsumme in Hhe von 2000 Rtlr., der ihm indes nicht zugestanden wurde.

5. Die Papiermühle von Gadebusch.

Im Jahre 1545 oder 1556 hatte ein Münzmeister Berent Jüngling in Gadebusch an einem Teiche daselbst eine Schmelzhütte. Dreißig Jahre lang ungefähr besaß er Teich und Münzhaus unbestritten. Nach seinem Tode erbte sein Schwiegersohn Heinrich Schrader das Immobil und da nach dessen frühzeitigem Tode die Witwe sich zum zweiten Mal verheiratete, an den Bürgermeister von Rostock Johannes Kellermann, so erhielt dieser Hütte und Teich als Erbgut. Aus dessen Händen gelangte der Besitz durch Kauf an den Stadtschreiber in Gadebusch, Michel Grenzmann, und dieser überließ das Gebäude der Fürstin Elisabeth von Mecklenburg, einer geborenen Prinzessin von Schweden. Diese kam im Einverständnis mit ihrem Gemahl, dem Herzog Christoph 85 ), auf den Gedanken, eine Papiermühle in ihm herzurichten. Aber das Geld, das beide hohen Herrschaften für diesen Zweck bestimmt hatten, reichte nicht aus, und im September 1589 mußte daher der Hauptmann zu Gadebusch, Bartold von Bülow, sich um Geld bemühen, damit der Bau fortgesetzt werden konnte. Es gelang ihm, von einem der Bürgen des Papiermachers, Jochim Hinrichsen (auch Hinricks genannt), 40 Mark Lüb. zu erhalten 86 ). Die Schuld sollte auf den später fällig werdenden Jahreszins für die Mühle in Anrechnung gebracht werden.

Obwohl auf diese Weise die baulichen Vorrichtungen vorhanden waren, scheint doch zunächst die Fabrikation nicht in Gang gekommen zu sein, denn es mangelte am nötigen Wasser. Hinrichsen hatte im ersten Pachtjahre 80 M Lüb., in den folgenden Jahren 100 M Lüb. in Aussicht gestellt. Seine Bürgen, insbesondere sein Neffe Hans Hinrichsen, Bürger in Lübeck, hatten ihn mit Geld unterstützt, ihm zur Anschaffung von Stricken, einer Bütte und einer Blase Vorschüsse gemacht in der Hoffnung, daß


85) Bergengrün, Herzog Christoph von Mecklenburg, 1898, S. 290 ff.
86) Bericht des Hauptmanns vom 9. Oktober 1589.
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er sein Werk beginnen und die Schuld bald zurückzahlen könnte. Leider aber mußte der Onkel seinem Neffen "mith trurigem hertzen" klagen, daß er, weil die Mühle kein Wasser hatte, "twe jähr nahrungsloss geseten" hätte. Der Neffe als Bürge wandte sich nun am 25. November 1590 an der Herzog Christoph mit dem Vorschlage, eine Schleuse erbauen zu lassen, mit deren Hilfe man aus dem nächstgelegenen See Wasser auf die Mühle leiten könnte. Der Berichterstatter glaubte den Herzog darauf hinweisen zu können, daß, nachdem der Bau beendet, die "hus-lüde" ja frei seien und mithin zum Schleusenbau verwandt werden könnten. Er stellte gerne "thor frundtschop" nach beendigter Arbeit ihnen 2 Tonnen Gadebuscher Bier in Aussicht.

Offenbar vermochte indes Hinrichsen die Regierung nicht für seinen Plan zu erwärmen oder bot sich dem Onkel eine andere mehr für ihn geeignete Stelle. Jedenfalls gab der Papiermacher die Mühle auf, und am 2. Juni 1591 wird mit einem gewissen Matz Siele aus Schleusingen auf ein Jahr ein Vertrag geschlossen. Auch der neue Pächter war bereit, wie der frühere 80 M Lüb. zu entrichten. Seltsam mutet jedoch der Vorbehalt an, daß er, wenn ein "Kaufmann" sich fände, d. h. wohl ein Käufer, sofort von der Mühle abtreten müsse und in diesem Falle den Pachtzins nur nach Maßgabe der Zeit, die er auf der Mühle gesessen hätte, zu zahlen haben solle. Indes, ein Käufer fand sich nicht, dagegen fand der neue Pächter, nachdem er sich einzurichten begann, allerlei Mängel und erklärte der Herzogin, zu deren Leibgedinge die Mühle gehörte, daß er den vereinbarten hohen Pachtzins nicht aufrecht erhalten könne. Die Besitzerin war darüber ärgerlich, daß "noch allerhandt mängel" an dem Bau sein sollten und die Erklärung des Pächters, daß er die Mühle aufgeben würde, "woh nicht zum weinigsten daß grundtwergk niedriger gelegt würde, damit er dieselb nach notturft zu gebrauchen haben mochte", wird nicht dazu beigetragen haben, ihre Stimmung zu verbessern. Daher wies sie ihren Statthalter an, die Mühle lieber zu verkaufen und den Erlös dafür bis zu ihrer glücklichen Wiederkehr - sie war damals in Kopenhagen - für sie aufzuheben 87 ). Der Beamte in Gadebusch, Helmut Brandt, hatte nicht umhin gekonnt, in längerem Bericht an den Hofmeister Christoph von Hagen die Beschwerden des Papiermachers als berechtigt anzuerkennen ). Er be=


87) Schreiben der Herzogin aus Kopenhagen vom 3. Oktober 1593.
) Schreiben vom 12. September 1593.
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dauerte den armen Kerl, der nicht einmal für sich und die Seinigen das trockne Brot erwerben könne. Daß er die hohe Pacht von 80 M herauswirtschaften werde, sei ganz unmöglich, und sein Vorschlag, ihn auf die Hälfte des bisherigen Betrages zu setzen, nicht unberechtigt. Wenn man ihm Holz, Bretter und was sonst an Diensten nötig wäre, zur Verfügung stellen wollte, hatte sich der Papiermacher bereit erklärt, den Bau selbst auszuführen, was für ihn immerhin eine Ausgabe von 20 Tlrn. bedeuten würde. Er empfahl der Herzogin, auf diesen Vorschlag einzugehen, da es schade wäre, daß das "nütze werk nicht soll in vollem Schwange gehen" und schließlich der Handel nicht "unbequem" sei. Indes die Fürstin scheint über die Zweckmäßigkeit anders geurteilt zu haben.

Unter diesen Umständen wird es begreiflich, daß 1604 der Plan ernsthaft erwogen wurde, die Papiermühle in eine Drahtmühle umzuwandeln. Zu diesem Zwecke ist wohl die Beschreibung der Papiermühle angefertigt worden, die folgendes Gebäude erkennen läßt.

"Das Hauß ist neun Gebienten langk, daran ein Abseite von zwey Gebienten, daraus eine gemurte Schornstein, die eine Seite des Dackes mit Stroe gedecket, die ander Seite nach dem Holt werdes halb mit Steinen behangen, halb mit Stroe gedecket, daran ein Wasserradt undt Welle mit eisernen Tappen.

In der Mühlen

1 großer Block darin 4 Stamblocher unndt in dreyen eisern Platen, sein aber alt.

12 fertige Stempen mit eisern Platen

4 Stampen ohne Platen

1 aufstiegende Treppe zum Boden.

In der Stuben

4 Taffell Glasefenster

1 Kachelloffen

1 Banck

1 Thure mit der Klincke

Daz Plaster von Lem, oben Bretter

Dabey zwoe kleine Camern. In jeder 1 glase unndt 1 holzern Finster, 2 Thuren in eisen Haken unndt Hespen.

In der Kuchen

1 Limkessel (leim)

1 Tafel Glasefinster

1 Ture mit der Klincken

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Auff der Haußdelen

1 große Papirespresse

1 groß Kuven

1 Gaustaull (3)

2 Tafell Glasefinster

1 schloßefost Haußtur."

Den Antrag, ihm die Papiermühle behufs Umwandlung in eine Drahtmühle zu überlassen, hatte Godert Neustadt aus Lübeck gemacht. Anfangs wollte die Kammer gar nicht darauf eingehen. Die Papiermühle, meinte man, sei gewiß, die Drahtmühle ungewiß. Wie gegenüber Neuerungen nur zu oft, nahm man an, daß "schlechte Hoffnung were den Intent des Antragstellers einigen Vortgangk gewinnen" zu sehen. Die schwer zu beantwortende Frage blieb immer, ob Wasser in ausreichendem Menge vorhanden sein würde. Die Pacht von 80 M Lüb., die Neustadt bot, schien gegenüber den 50 M , die der Papiermüller seither gezahlt hatte, keine genügende Steigerung, zumal ja für die Umwandlung wieder neue Unkosten in Aussicht standen.

Der Landrentmeister Andreas Meyer, der nach Gadebusch gereist war, um die Örtlichkeit zu besichtigen und der Hauptmann von Bülow daselbst sahen die Umwandlung mit ungünstigem Auge an. Der Teich, in dem das Wasser sich sammelte, war gering und hatte keine Zuflüsse, "dan nur allein itzetliche brunne, so geringe Wasser zur Molle tragen". In Rücksicht auf die Wiesen und Hütungen der Gadebuscher ließe sich das Wasser nicht viel höher stauen und in trocknen Zeiten würde immer Mangel an Wasser sich zeigen. Da jedoch Godert Neustadt 120 M Lüb. Pacht zahlen wollte und für 60 Rtlr. das Gebäude in stand bringen wollte, so meinten sie, wenn man den Teich reinigen und den Graben räumen ließe, so würde es doch wohl gehen. Somit empfahlen sie, auf seinen Vorschlag einzugehen. Daraufhin hatte Godert Neustadt einen vornehmen Lübecker Bürger Herrn Peter von Förden, zum Bürgen bestellt "vor alle vorgeschlagene Capita und Handtlungspuncta", dann in der Folge Holz fällen lassen und alles zum Bau vorbereitet. In Steiermark waren Leute gemietet worden, die die Drahtmühle in Gadebusch sollen zustande bringen helfen, und die wenigen Stangen Eisen, die man zur Verarbeitung brauchte, waren in Lübeck und Wismar schon bestellt. Dennoch scheiterte die Angelegenheit im letzten Augenblicke an dem Widerspruch Christoph von Hagens, der die Interessen der augenblicklichen Besitzerin, des noch unmündigen Fräulein Margaretha Elisabeth von Meck=

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lenburg, als der Tochter Herzog Christophs und der Herzogin Elisabeth, beeinträchtigt glaubte. Mit dem höheren Stau des Teichs sei es nichts. "Das es eine solche gelegenheitt darumb hette," führt er in einem Berichte an den Herzog vom 2. September 1604 aus, "und ihme in seinen unzehligen vorschlegen, nemblich mit Schlagung höcherer Dämme, legung dubbelter räther und stauungk keinesweges könte gratificiret werden, dan der teich bißhero seine gewisse stauungk gehabt und so er einer spännen hoch höher gestauet wurde, das es die gelegenheitt gewinnen wolle, das auff einer seiten dem ambtes bauren ihre wiesen, auf der andern seiten der Stadt grundt und boden bestauet und sonst viel mehr incommoda darauß erfolgen wurden." Auch der Persönlichkeit des Lübeckers scheint Herr Christoph von Hagen nicht getraut zu haben. "Ob auch woll zuletzt derselbige drattmühler", führt er am Schlusse aus, "ohne Zweifel auf dictirung seines gewissens mir die augen zu verkleben unterstanden und vorgeben, man solle dem Fürstl. Freulein die Mühle bezahlen oder so sie die nicht missen wolte, solt das Fürstl. Freulein dem Ambt was daran verwendet refundiren - so habe ich doch solchem seinem suessen Predigen keinen glauben stellen konnen. Caveant anseres quando vulpes concioatorem agit."

Mit der Errichtung der Drahtmühle wurde es somit nichts. Aber Fräulein Elisabeth, die nachher die Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht II. wurde 89 ), verfügte über das Immobil nicht, und eines Tages schenkte der Herzog Johann Albrecht dem Kammerjunker Hans Jürge von Halberstadt Hof und Gut Vietlübbe, wozu die "Pappier Mhuell, so hinter dem Stadtholtze zu Gadebusch belegen und kein Pertinentz des fürstlichen Ampts daselbst sondern ein erkauft gut ist" gehörte.

Der neue Besitzer scheint nicht viel mit dem gewerblichen Etablissement anzufangen gewußt zu haben. Schon 1615 bietet er die Papiermühle dem Herzog Adolf Friedrich zum Kaufe an, und, als dieser ablehnte, der Stadt Gadebusch. Der Herzog Johann Albrecht, der um seine Zustimmung ersucht werden mußte, sprach sein Einverständnis mit dem Verkaufe aus, behielt sich jedoch das Recht an dem "Flus, dabei die Mühle belegen" vor mit allen Gerechtigkeiten, um dort vielleicht eines Tages eine andere Papier= oder Mahlmühle bei Gelegenheit erbauen lassen zu können. Hiermit griff er jedoch in die Rechte


89) Bergengrün, Herzog Christoph von Mecklenburg: Stammtafeln.
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des Eigentümers ein, der ihm antworten mußte, daß der "geringschetzige ot wassermangelnde und sehr zugewachsene Teich und dessen gerechtigkeit stets zur Mühle gehört hätte." Die Nachforschung in allen Kaufverträgen, die der Herzog infolge dieses Einspruchs dem Amtmann in Gadebusch, Claus Below, auftrug, ergab, daß es sich bei der Papiermühle nicht um eine "Pertinentz des fürstlichen Amts" handelte. Wohl aber meinte der Bericht 90 ), daß eine Vorschrift, den Damm nicht zu erhöhen und das Wasser nicht höher zu stauen, zum Schutze der Anlieger zweckmäßig wäre. Dem Herzog blieb auf diese Weise nichts anderes übrig, als in den Verkauf zu willigen 91 ); er wollte sich jedoch vorbehalten, jederzeit für den gleichen Preis, nämlich 800 Gulden (jeden zu 24 Schill. Lüb. gerechnet), die Mühle von der Stadt zurückkaufen zu dürfen. Nur mit Mühe war auf erneutes Einreden des Herrn von Halberstadt der Herzog dazu zu bewegen, auch auf diesen Vorbehalt, der wahrscheinlich den Verkauf an die Stadt vereitelt hätte, zu verzichten.

Über die weitere Entwicklung der Mühle ließ sich nichts mehr ermitteln. Um 1644/45 war auf die Papier= und Walkmühle in Gadebusch eine Hypothek von 1400 Gulden eingetragen, die Johann Wichmann von dem Bürgermeister Peter von Norden in Gadebusch geerbt hatte. Demnach muß die Niederlassung im Laufe der Jahre erheblich erweitert und als sicherer Wert anerkannt worden sein.

6. Die kleineren Papiermühlen.

Neben den vorstehend geschilderten mehr oder weniger leistungsfähigen Papierfabriken, für deren Bedeutung, wenn nichts anderes, so doch der Umstand pricht, daß über sie überhaupt einige archivalische Nachrichten sich erhalten haben, bestanden jeweilig noch kleinere Betriebe. Nur vereinzelt sind über sie in den Akten Nachrichten vorhanden und wenig mehr als ihr Bestand ist bekannt. Immerhin sollen auch sie nicht unerwähnt bleiben, zumal es nicht ausgeschlossen ist, daß über sie gelegentlich mehr Material gefunden wird.

Ungefähr zu derselben Zeit, als in Bützow und Gadebusch von Papiermühlen die Rede war, kamen die Herzöge Johann Albrecht und Ulrich überein, zu Parkentin eine "Pappirmuhlen" anzulegen und einzurichten, Parkentin begann damals,


90) Bericht des Clauß Below vom 21. Februa 1616.
91) Januar 1617.
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sich gewerblich zu regen. Es gab dort eine Poliermühle, die in die Hände eines Walkmüllers übergegangen war und die Hans Strokorff 1581 zu übernehmen sich anbot. Sieben Jahre später sollte daraus eine Hammermühle werden, wozu ein Hammerschmied Friedrich Schatz willig gemacht worden war. Ob nun aus dem Projekt von 1575 etwas wurde und man berechtiget ist, das geplante Etablissement als eine Vorläuferin späterer industrieller Fortschritte anzusehen, ist freilich fraglich. Denn in einem Briefe des Herzogs Johann Albrecht an den Bruder Ulrich vom 21. April 1575 drückt der erstere sein Bedauern aus, daß die Mühle noch nicht fertig sei. Die Schuld daran trug die mangelnde Unterstützung des Gedankens durch Herzog Ulrich. "Weil dan angezaigte Pappirmuhl Euer Liebden sowol als uns und unserm gemeinen Lande, insonderheit auch unserer Universitet zu Rostock zu nutz, besten und frommen kömpt" bittet Johann Albrecht den Bruder, die Angelegenheit nicht zu vergessen und für schleunige Fortsetzung des Werks Sorge tragen zu wollen. Ein Anschlag aus dieser Zeit darüber, was an Hölzern verschiedener Art zum Bau der Mühle nötig schien, sowie ein Überblick über die Menge der Nahrungsmittel, die vermutlich während des Baues den Arbeitern zur Verfügung gestellt wurde, hat sich erhalten. Doch läßt nichts mit Bestimmtheit darauf schließen, daß es sich um den Bau einer Papiermühle handelte. Ein Zimmermann Peter Maaß aus Rostock sollte den Bau ausführen. Ist ein Schreiben der Universität Rostock an den Herzog Ulrich zutreffend unterrichtet, so wäre der Bau unterblieben, weil man für den Betrieb der Mühle zu Neustadt die Konkurrenz scheute 92 ).

Von einer Papiermühle in Gielow im Amte Stavenhagen, heute einem der größten Bauerndörfer Mecklenburgs, meldet ein Schreiben des Herzogs Johann Albrecht II. an den Hauptmann zu Dargun, Andreas Buggenhagen, vom 13. Juni 1633. Der Herzog fragt an, wie weit die Aufrichtung der Papiermühle in Gielow gediehen sei und ob man hoffen könne, daß sie noch im laufenden Jahre in stand gesetzt sein werde. Das ist alles, was über diese Papierfabrik bekannt ist.

Beglaubigt ist der Betrieb einer Papiermühle zu Mönckhagen im Amte Ribnitz. Heinrich Hennings war 1686 Papiermacher daselbst. Derselbe Familienname begegnet in Bützow am Anfang des 17. Jahrhunderts. Hennings bat in einer Ein=


92) Vom 6. August 1585.
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gabe vom 27. April 1686 um Anweisung des schon bewilligten Bauholzes für die Ausbesserung der Mühle. Die Mühle, die schon jetzt unter dem Mangel an Wasser oft ins Stocken gerate, würde sonst ganz unbrauchbar. Wie es scheint, hat diese Mühle sich längere Zeit im Besitze der Hennings gehalten, da auch noch 1748 ein Papiermacher dieses Namens auf ihr nachgewiesen ist. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, 1798, war sie in die Hände eines Papiermachers Behrens übergegangen. Nach einer Aufzeichnung von 1772 war sie von geringer "Beträchtlichkeit".

Daß Dietrich Plesse auf seinem Gute Zielow bei Sternberg um 1621 eine Papiermühle erbauen ließ, wurde schon erwähnt. Offenbar war sie von Bestand, denn um 1703 wird in einer Beichtkinder=Spezifikation die Papiermühle erwähnt, auf der Mann, Frau, ein Geselle und ein Diener sich befanden. Sie gehörte damals mit dem Gute Herrn von Scheele. Die Namhaftmachung von so wenig Personen läßt vermuten, daß es nur um einen kleinen Betrieb sich handelte. Vielleicht führte der Papiermacher den Namen Georg Christoph Eberhardt. Einem Papiermacher dieses Namens wurde nämlich 1737 ein Privileg für das Lumpensammeln im Lande ausgestellt, nachdem er erklärt hatte, daß er in der Gegend von Rehna an dem Sammeln des nötigen Rohstoffs durch Berufskollegen aus Lübeck und Schlutup gehindert werde. Im Jahre 1750 wurde die Papiermühle niedergebrochen und im folgenden Jahre neu aufgebaut. Der Papiermacher Johann Wilhelm Cowalsky, vermutlich ein Verwandter des in Bützow und Neustadt nachgewiesenen Gewerbetreibenden gleichen Familiennamens, wahrscheinlich derselbe, der 1751 in Bellin nachgewiesen ist, sollte sie nach ihrer Fertigstellung beziehen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts bestand diese Papiermühle noch. Wenigstens ist sie auf der Schmettauschen Karte als solche eingetragen.

Hundert Jahre nach der Begründung der Papierfabrik von Zielow trat eine solche in Laage ins Leben. Ein handschriftlicher Aufsatz 93 ) von 1826 behauptet, daß sie länger als 100 Jahre bestände, womit also der Beginn etwa in das Jahr 1726 zu verlegen wäre. Leider haben sich, wenigstens nicht in den Mühlenakten von Laage, keine eingehenden Nachrichten über sie erhalten. Lediglich ein kurzer Hinweis auf eine Beschwerde des Papiermachers Lehmann daselbst in den Jahren 1753-1757 wegen der nach seiner Ansicht unregelmäßigen Verzollung seiner


93) Im Geheimen und Hauptstaatsarchiv Schwerin.
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Fabrikate, legte von ihrem Bestande in alten Zeiten Zeugnis ab. Sie gehörte ursprünglich der Stadt und wurde 1826 dem Papiermacher Hennings überlassen. Sie war damals die kleinste der mecklenburgischen Papierabriken und verfertigte wesentlich Makulatur- und Mützenpapier.

In Bellin, einem heute der Familie von Pentz gehörenden Allodialgute bei Zehna im Amte Goldberg, war nach der Beichtkinderspezifikation von 1751 der Papiermacher Johann Wilhelm Cowalsky tätig. Sein Bruder Conrad wirkte als Vizemeister, Burchard Schulz als Geselle, Jochim Schulz und Jochim Hagezof als Lehrburschen. Um 1772 erscheint in Bellin der Papiermacher Blauert, augenscheinlich ein Abkömmling jenes Bertold Blauert, der in der Geschichte der Papiermühle zu Neustadt hervortritt. Er bat damals um Befreiung von Zoll und Lizent für die von seiner Fabrik zu kaufenden Lumpen. Sein Gesuch wurde jedoch abgelehnt, weil dergleichen Vergünstigungen grundsätzlich nur den Domänen und Städten zugestanden werden sollten.

Endlich ist eine Papiermühle in Parchim bekannt. Aus einer dort schon 1351 nachzuweisenden Walkmühle hervorgegangen, war auf ihr seit dem 24. Dezember 1757 Christoph Müller tätig, der am 7. August 1762 von Andreas Berg abgelöst wurde. Länger blieb ihr Jochim Lorenz Schulz (vielleicht aus Bellin?) erhalten. Am 3. April 1772 94 ) in den Betrieb eingetreten, konnte er sich in einer Eingabe vom 20. Juni 1790 an die Regierung rühmen, seit 17 Jahren die Papiermühle in Parchim bewohnt zu haben. Er war aus Neustadt gebürtig, an die 20 Jahre in der Fremde gewesen, vielleicht nach beendeter Lehrzeit in Bellin, nnd hatte dann, wie schon erwähnt, in die Familie des Papiermüllers in Bützow hineingeheiratet. Leider sah er sich infolge schwerer Krankheit 1789 gezwungen, seine Beschäftigung aufzugeben und Schullehrer armer Kinder zu werden. Als sein Nachfolger, freilich bereits seit 15. April 1779, was mit Schulz' Angaben jedoch nicht übereinstimmt, wird Johann Jochim Krüger genannt 95 ).

Die Papiermühle in Parchim wurde 1817 nach dem Dorfe und Hofe Paarsch verlegt. Die Stadt Parchim, der sie gehörte, hatte sie 1826 dem Papiermacher Müller mit einem Bauernhofe in Zeitpacht überlassen. Sie war kleinen Umfangs, auf eine


94) F. J. Christ. Kleemann, Chronik und Urkunden der mecklenburg=schwerinschen Vorderstadt Parchim, 1825, S. 178.
95) Cleemann a. a. O. S. 179.
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Bütte eingestellt, was übrigens die Regel bei den mecklenburgischen Papiermühlen gebildet zu haben scheint.

Alt ist auch die Papiermühle zu Wismar. Sie soll 1670 erbaut worden sein. Sie wurde 1711 durch die Dänen zerstört und entweder 1790 96) oder 1725 neu aufgeführt. Mit ihr verbunden war eine Walkmühle, doch waren am Ende des 18. Jahrhunderts die Papier= und Walkmühle auf verschiedene Besitzer geschrieben. Im Jahre 1802 ist ein Papiermüller Budach nachgewiesen, der das Anwesen eine lange Reihe von Jahren verwaltete. Die heute in Wismar bestehende Papierfabrik von G. Marsmann hat mit der älteren Anstalt keinen Zusammenhang, sondern wurde 1884 eröffnet 97 ).

7. Zufammenfassung.

Von allen den beschriebenen Unternehmungen hatten sich bis zum Jahre 1826 erhalten die Papierfabriken in Bellin, Bützow, Laage, Mönckhagen, Paarsch und Wismar. Sie waren alle klein und unbedeutend und litten mit Ausnahme der Wismarschen an dem Mangel unzureichender Wasserläufe. Die älteren Papiermühlen des 16. und 17. Jahrhunderts waren gerade an diesem Übelstande, daß sie das Wasser aus Bächen entnahmen, die monatelang nichts hatten, wohl mit zugrunde gegangen. Gewichtiger dürfte der Umstand gewesen sein, daß die sich mächtig in Holland, Frankreich, vielleicht auch in England entwickelnde Papierfabrikation den kleineren mecklenburgischen Unternehmungen, die mit geringer technischer Fertigkeit und unzureichendem Betriebskapital tätig sein mußten, den Lebensfaden abgeschnitten hat.

Ein wie wertvoller Gegenstand das Papier zu Beginn des 16. Jahrhunderts war, lassen Einträge in die Rentereirechnungen erkennen. So heißt es 1517 98 ): "2 sl. item Georgenn Monch hadde her vor pappir meinen gnädigen herrn usgelecht. 12 sl. vor ein halff riß pappir zu registern unde vurschlagen zu Schwerin." - 1518: "12 sl. vor eyn halp riß pappir". - 1519: "12 sl. vor eyn halb rish pappir zu Lubeck gekaufft". - "1 sl. 3 d vor ein buch pappir." Man begreift die damalige Seltenheit des Artikels, wenn man für erforderlich hielt, diese kleinen Mengen in der Rechnung ausdrücklich namhaft zu machen.

96) Nach einer im Geheimen Haupt= und Staatsarchiv in Schwerin aufbewahrten Handschrift aus dem Jahre 1826 über die Papierfabrikation in Mecklenburg.


97) G. Willgeroth, Bilder aus Wismars Vergangenheit, 1903, S. 108.
98) Im Geheimen Haupt= und Staatsarchiv in Schwerin.
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Von welcher Beschaffenheit die im 16. Jahrhundert in Mecklenburg hergestellten Papiere waren, läßt sich kaum noch ermitteln. Im Haupt= und Staatsarchiv in Schwerin wird eine Sammlung Papiere aufbewahrt, die wegen ihrer Wasserzeichen zusammengestellt ist. Indes wieweit namentlich die älteren sich als mecklenburgische Erzeugnisse bezeichnen lassen, steht dahin.

Die nachgewiesenen Wasserzeichen sind 1520: Stierkopf mit Stab, 1529: Stierkopf ohne Krone und Halsfell, 1550: Stierkopf mit Lilienstengel, 1559: einfacher Stierkopf, 1560 und 1570: Stierkopf mit Lilienstengel, 1570: mecklenburgisches Wappen, 1580, 1582, 1583: Stierkopf mit Halsfell, Nasenring und Krone, 1593: Stierkopf mit Lilienstengel, 1598: wie 1580, 1598: mecklenburgisches Wappen im sogen. Rosettenschilde, 1623: mecklenburgisches Wappen oben mit den Buchstaben A. F.

Die Wasserzeichen, die dadurch entstehen, daß man auf das Sieb der Form Buchstaben oder Figuren aufsetzt, sind früh nachzuweisen und hatten die gleiche Bedeutung wie Fabrikmarken. Sie sollten owohl den Ursprung des Papiers als auch die Sorte nachweisen. Meist hatten die Fabriken verschiedene Zeichen. Verschiedene Formate und verschiedene Qualitäten erhielten nicht dieselben Zeichen. Sie sind zuerst in Italien üblich geworden. Bei den Arabern lassen sie sich noch nicht nachweisen. Eines der ältesten Zeichen ist der Ochsenkopf, der schon 1310 bei den Papiermühlen von Fabriano in Gebrauch war. Alle Fabriken sind diesem Vorgehen gefolgt, so daß nur selten Papier aufstößt, das kein Wasserzeichen führt. Der Zweck, sich kenntlich zu machen, ist gleichwohl nicht recht erreicht worden, denn man konnte keinen Papiermacher hindern, sich der Marken fremder Konkurrenzinstitute zu bedienen. Der Gedankengang, der zur Wahl der Zeichen führte, ist meist nicht klar. Die Annahme, in ihnen eine Hausmarke sehen zu wollen, so daß z. B. der Papiermacher, der das Haus zum Ochsen bewohnte, auf den Ochsenkopf als Wasserzeichen geraten wäre, ist kaum haltbar und jedenfalls ist der Zusammenhang noch nicht erwiesen. Den Ochsenkopf wollen einige auf das Wappen der Ravensburger Familie Holbain zurückzuführen. Andere haben ihn mit dem Sinnbild des Evangelisten Lukas in Verbindung gebracht, dem als Schutzpatron der Malergilde sich die vereinzelt wohnenden Papiermacher angeschlossen haben sollen. Erklärlich ist die Wahl des Landeswappens als Marke. Aus französischen Papieren ist das Wappen von Frankreich oder doch die Lilie häufig und es ist möglich, daß das 1550 in Mecklenburg vorkommende Wasser=

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zeichen "Stierkopf mit Lilienstengel" bewußt, in der Absicht anzudeuten, daß man es mit Papieren von französischer Güte zu tun hätte, gewählt worden ist 99 ).

Im Laufe des 17. Jahrhunderts wurde das mecklenburgische Papier, wie die vielfachen Klagen erweisen, erheblich schlechter. Auf welche Ursache diese Verschlechterung zurückzuführen ist, läßt sich heute nicht mehr ermitteln. Sonderbar ist, daß man das Entfärben und Bleichen der Lumpen wenig beherrschte und daher die Weiße des Papiers von den Lumpen abhing.

Daß man mehrere Sorten unterschied, wurde schon bemerkt. Nach einem Zettel eines Papiermachers vom Jahre 1613/14 über Lieferungen an eine nicht näher bezeichnete Küchenmeisterei wurde bestes und gemeines Papier unterschieden. Das beste Papier wurde zu den "neuen Registern", das gemeine zu den "neuen prothocolen" verwandt.

Seinen Gesamtbedarf an Papier wird Mecklenburg durch die eigenen Mühlen schwerlich zu decken imstande gewesen sein. Daß Lübeck in alter Zeit Papier lieferte, konnte schon bemerkt werden. Um 1773 bezog die mecklenburgische Renterei aus der Papiermühle Lachendorff bei Celle mit Hilfe des Hoflieferanten Israel Jakob Elias Papier.

Um 1826 ging in den damals vorhandenen 6 Betrieben die Produktion in 7 Bütten vor sich. Nach 1826 kam noch eine Fabrik in Dömitz bei Findenwirunshier in Gang. Das Gesamterzeugnis, das 25 Arbeiter herstellten, belief sich auf 1165 Ballen, von denen 90 Ballen Schreib=, 265 Druck=, 810 Makulatur=, Pack= und Tabakspapier, waren. Außerdem wurden 10 000 Pfund Pappe angefertigt. Der Wert wird auf 9600 Rtlr. angegeben. Verarbeitet wurden damals 2100 Zentner Lumpen, 2/3 wollene, 1/3 linnene Lumpen. Sie sollen meist von der schlechtesten Sorte gewesen sein.

Das Schreibpapier war größtenteils weiß, das Konzeptpapier blau. Von feinerem Schreibpapier wurden nur 10-12 Ballen jährlich hergestellt.

Das erwähnte Quantum konnte dem Bedarfe nicht genügen. So mußte aus Holland, Westfalen, Hannover, Braunschweig, Sachsen, Holstein, Lüneburg, Brandenburg und selbst aus Schweden der fehlende Bedarf geholt werden. Nicht einmal Löschpapier konnten die Krämer ausreichend von den Fabriken erhalten. Am meisten litten darunter die Buchdruckereien, deren


99) O. Weerth, a. a. O. S. 6 ff. F. v. Hößle, a. a. O. S. 6 ff.
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12 Pressen etwa 450 Ballen (3/4 Druck=, 1/4 Schreibpapier) jährlich verbrauchten. Schwerin allein verbrauchte jährlich soviel Papier, als der Wert der gesamten mecklenburgischen Fabrikation ausmachte. Der Bedarf der Tabaksfabriken, Tabaksspinnereien und Zichorienfabriken war ein beträchtlicher, von annähernd gleicher Höhe wie der der Stadt Schwerin. Da wollte es nicht allzuviel bedeuten, wenn man nach Beendigung von geplanten Bauten in Bützow und Dömitz die jährliche Produktion um 600 Ballen steigern zu können meinte. Und wenn der Großherzog Friedrich Franz in einem Reskript vom 9. August 1828 anordnete, den Bedarf an Papier seiner Behörden von den einheimischen Fabrikanten fortan nehmen zu sollen, wobei er insbesondere auf die Fabrik zu Dömitz verwies, so wollte das gegenüber deren geringer Leistungsfähigkeit nicht viel verschlagen. Friedrich Franz interessierte sich lebhaft für die Hebung der Papierindustrie. Leider aber wollte es nicht gelingen, diesen Gewerbszweig durch Einführung von Zollmaßregeln zu fördern.

8. Der Handel mit Lumpen.

Eine Hauptschwierigkeit, die auch in der Geschichte der einzelnen Papiermühlen hervortritt, zeigte sich in dem Mangel an Lumpen, vielleicht richtiger in der ungenügenden Organisation, sie zu sammeln. Am 29. Mai 1691 wurde dem Marius Holst erlaubt, im Bezirk Teterow Lumpen zu sammeln und auszuführen. Neun Jahre später wurde dem Bürger und Schuhmacher Jürgen Hanselow diese Erlaubnis verweigert, weil auf das Lumpensammeln bereits einem andern ein Freibrief erteilt wäre. Er hatte in Grevesmühlen und Klütz Lumpen sammeln wollen. Desgleichen wurde 1717 ein gewißer Hans Nehring abschlägig beschieden, der um das Privileg im ganzen Lande oder wenigstens in den Ämtern Grevesmühlen, Gadebusch, Rehna, Redentin sammeln zu dürfen, nachgesucht hatte. Die Regierung nahm damals den Standpunkt ein, daß der Lumpenhandel ein Regal sei. Die Herrschaft sollte durch eigene Leute Lumpen sammeln lassen und solche auf ihre Papiermühlen im Lande liefern, damit diese in Aufnahme kämen. Jeder Papiermühle sei ein Distrikt zuzuweisen, in dem die Lumpen ihr zuständen. Nach Maßgabe der Ausbreitung dieser Industrie würden infolge der zahlreichen Menschen, die sie beschäftige, sich die Einnahmen aus Zoll und Lizent vermehren. Auch Tobias Strelner, ein erblindeter Nadler aus Gadebusch, erhielt die Erlaubnis zum Lumpensammeln nicht. Er wollte ein Privileg haben, in den Ämtern

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Schwerin, Mecklenburg, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Wittenburg sammeln zu dürfen. Erst später brach man mit dieser Auffassung und ließ den Lumpensammler Friedrich Hildebrandt im Jahre 1753 für 10 Jahre zu dem mühseligen Geschäfte zu. Er bekam dieses Recht nur für das Amt Neustadt und mußte dafür 30 Taler Rekognitionsgebühr zahlen, ein Beweis, daß der Lumpenhandel kein uneinträgliches Geschäft gewesen sein kann.

Indes viel schlimmer als die Unregelmäßigkeit des Sammelns der Lumpen dürfte ihre Ausfuhr über die Grenze gewesen sein. Aus eigentlich nicht durchsichtigen Gründen zogen die Lumpenhändler es vor, obwohl mit dem Transport über die Grenze gewiß Weitläuftigkeiten verbunden waren, sie aus Mecklenburg hinauszuführen, statt sie den einheimischen Papiermühlen anzubieten. Wahrscheinlich wird der Preisunterschied innerhalb und außerhalb Mecklenburgs nicht unerheblich gewesen sein. Herzog Friedrich der Fromme hatte bereits 1763 angeregt, die Ausfuhr von Lumpen zu verbieten, war indes mit seinen Gedanken nicht durchgedrungen. Einige Jahre darnach wurde die Angelegenheit aufs neue angeregt durch den Oberstlieutenant von Bülow aus Zülow, dessen Papiermüller wiederholt geklagt hatte, daß er keine Lumpen bekommen könnte, weil alle außer Landes gingen. Man kaufe die Lumpen in Kleinigkeiten zusammen und versende sie in größeren Beständen ins Ausland. Nicht nur, daß angeblich dieser Handel in den Ämtern völlig organisiert und verpachtet sei, so werde er auch auf Schleich= und Nebenwegen geführt. Herr von Bülow bat den Landtag 100 ), die Ausfuhr von Lumpen zu untersagen und die Lumpensammler anzuhalten, die Lumpen an die Papiermacher zu bestimmten Preisen zu verkaufen. Indes die gewohnte Antwort des Landtages war: "Das begehrte privilegium exclusivum müsse als dem ritter= und landschaftlichen Interesse entgegen erachtet werden." Man könne auf eine Einschränkung der Handelsfreiheit, gegen die jederzeit "möglichste Precaution" genommen sei, sich nicht einlassen 101 ).

Während auf diese Weise im Schwerinschen der Stand der Dinge unverändert blieb und der Lumpenhandel nach dem Ausland weiter blühte, ging ein Jahrzehnt darnach der Herzog Adolph Friedrich IV. von Strelitz energischer vor und erließ am 2. Januar 1779 ohne Zustimmung des Landtages ein Verbot der Ausfuhr von Lumpen auf die Dauer von 5 Jahren. Der Erfolg


100) Akten in der Landesbibliothek § 341 Vol. 27 Nr. 4 a und 4 b. Eingabe vom 15 November 1768 und 18. November 1769.
101) Vol. 27 Nr. 4 c, 22. November 1769.
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scheint ein befriedigender gewesen zu sein, da er es nach Ablauf dieser Zeit am 5. November 1784 "zum Besten des Landes und der inländischen Papiermühlen" erneuerte 102 ). Hatten die Stände merkwürdigerweise zu dem ersten Erlaß geschwiegen, so beruhigten sie sich bei seiner Wiederholung nicht, sondern ersuchten, es nicht in Kraft treten zu lassen 103 ). "Man könne nicht in einem Kreyse das ein verbotenes Exportandum sein lassen, dessen Ausführung in den beyden übrigen Creysen unverboten sei."

Nachdem die Sache soweit gediehen war, hielt Herzog Friedrich Franz es für angemessen, einzuschreiten und unterbreitete im Jahre 1785 dem Landtage die Proposition, die Ausfuhr von Lumpen zu verbieten 104 ). Papier sei ein so unentbehrliches Ding, daß man wünschen müsse, die 4 Papiermühlen, die im Lande bestanden, nicht nur zu erhalten, sondern ihre Produktion auszudehnen. Das an sich fast wertlose Rohmaterial werde in Frachtwagen und Schiffsladungen ausgeführt und das täglich im Preise steigende Papier bekäme man dafür aus dem Auslande zurück. Das Verbot würde niemanden benachteiligen, den betreffenden Erwerbszweig dagegen beleben und zur Folge haben, daß man gutes inländisches Papier zu wohlfeilem Preise erstehen könne.

In gewohnter Weise nahmen die Verhandlungen und Beratungen über die Zulässigkeit des Verbotes ihren Fortgang. Die Herren Landräte und der Herr Bürgermeister von Rostock gaben ihre Gutachten ab 105 ) und wieder einmal wurde die schon so oft aufgeworfene Frage, ob man überhaupt in Mecklenburg die Industrie einführen solle, erörtert. Im allgemeinen war die Stimmung dem Vorhaben nicht günstig. Die geringen bisherigen Erfolge hatten eine gewisse Mutlosigkeit hervorgerufen. Man Sprach es aus, daß Fabriken eigentlich nur den Ländern zuträglich seien, die keinen sonderlichen Ackerbau noch sonst irgend ein anderes einträgliches Nahrungsgeschäft für sich haben. Die Bevölkerung sei nicht beträchtlich, weder in den Städten noch auf dem platten Lande, und der geringe Mann in Mecklenburg von Natur nicht eben aufgelegt zur Industrie. Besser als durch Beschränkung des Handels könne man die Hebung der Industrie auf anderen Wegen erstreben, durch Anlage von Werkhäusern,


102) a. a. O. Nr. 5 und 6.
103) a. a. O. Nr. 7, 17. Dezember 1784.
104) a. a. O. Nr. 10.
105) a. a. O. Nr. 11-20.
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Hemmung der überhandnehmenden Juden und Hausierer, durch Prämien für vortreffliche Leistungen, durch Abschluß von Handelsverträgen zur Sicherung der Ausfuhr von Getreide usw. Was speziell das Ausfuhrverbot für Lumpen beträfe, so glaubte man, daß die Papiermühlen nicht alle Lumpen, die Mecklenburg hervorbringe, würden verarbeiten können und demgemäß entweder die Papierfabrikanten einen Lumpenhandel anfangen oder die Lumpen auf Schleichwegen doch ins Ausland gelangen möchten. Trotzdem ging man aus "Respekt für das höchste Absehen" und weil die wohlwollenden Absichten der Regiernng sich nicht verkennen ließen, auf das Verbot ein. Mit Michaelis 1786, so beschloß der Landtag am 3. Dezember 1785 106 ), sollte auf die Dauer von 6 Jahren das Verbot in Kraft treten, nach dieser Zeit von selbst aufhören. Alle zum Sammeln von Lumpen erteilten Freibriefe sollten bis zu dem genannten Termin erlöschen. Den Papiermühlen wurde von vornherein untersagt, einen Lumpenhandel anzufangen. Dies teilte man dem Herzoge mit in der Voraussetzung, daß Rostock, dessen Vertreter das Verbot auf höchstens 2-3 Jahre erlassen wissen wollte, gleichfalls zustimmen werde.

Der Herzog, obwohl dankbar für das Entgegenkommen der Stände, war mit der beschränkten Dauer des Ausfuhrverbotes nicht einverstanden. Die Papiermühlen, die man schützen wollte, bedürften zum Teil einer neuen Einrichtung. Man müßte tüchtige Papiermacher aufsuchen und unter vorteilhaften Bedingungen aus dem Auslande heranzuziehen suchen. Auch würde man vielleicht neue Etablissements errichten wollen. Alle diese Schritte ließen sich nur dann mit Aussicht auf Erfolg tun, wenn der Schutz auf längere Zeit gewährt würde. Der Herzog schloß das Schreiben an den Engeren Ausschuß mit der Hoffnung, daß "es ihm gelingen werde, durch Mitwirkung der Landstände, dem Lande das Glück zu verschaffen, welches wir beim Antritt unserer Regierung zu begründen und herbeizurufen uns zur angelegentlichsten ersten Sorge ausgewählet und auf unserem ersten Landtage zum Vortrage gebracht haben" 107 ).

Auf eine unbeschränkte Dauer des Ausfuhrverbots für Lumpen wollten die Stände so wenig eingehen wie auf einen Wollzoll. Dem im Herbste zusammentretenden Landtage gegenüber betonte der Herzog: "Es unterliege ihm keinem Zweifel,


106) a. a. O. Nr. 21.
107) a. a. O. Nr. 24.
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daß es gut sei, Gewerbe und Nahrung in einem Lande zu verstärken, den Fleiß der Einwohner zu beleben, auf Verarbeitung und Veredelung von Landesprodukten, mithin auf Forthelfung oder Anlegung angemessener Manufakturen Bedacht zu nehmen oder, was einerlei ist, die Wohlfahrt eines Landes und seiner Einwohner zu vermehren." Der Landtag konnte sich indessen nicht entschließen, seinen grundsätzlichen Standpunkt aufzugeben. Schließlich willigte er wenigstens in ein Ausfuhrverbot auf die Dauer von 20 Jahren, forderte aber dann als conditio sine qua non die Aufhebung der Handlungsakzise. Obwohl nun der Entwurf zu dem Patente über das Ausfuhrverbot der Lumpen dem Landtage bereits vorlag, scheiterte an diesem Verlangen sein Erlaß. Freilich legte der Herzog im November 1788 dem Landtage die Beschreibung der neuen Papiermühle in Bützow vor, erwähnte auch, daß er mit der Errichtung einer anderen Mühle umgehe und nur auf die Zustimmung zum Ausfuhrverbote harre Der Landtag beschloß gleichwohl 108 ), auf seiner Forderung zu bestehen, obgleich die städtischen Deputierten einlenkten und das Verbot billigten, selbst wenn die Handlungsakzise nicht aufgehoben werden könnte. Somit kam es damals nicht zum Ausfuhrverbot für Lumpen, und auch im Stargardischen Kreise hörte es nach 1789 wieder auf.

Erst im Dezember 1805 griff der Herzog Friedrich Franz auf die älteren Gedanken zurück und verbot von Johannis 1806 an auf 16 Jahre die Ausfuhr der Lumpen behufs besserer Aufnahme der inländischen Papiererzeugung. Als jedoch unvermutet die Preise fielen und daraus zu folgen schien, daß die derzeit bestehenden Fabrikanlagen den vorhandenen Lumpenvorrat nicht auszuarbeiten vermöchten, wurde am 20. Juni 1808 die Aufhebung des Verbots beschlossen. Gewiß war die Dauer der Vergünstigung zu kurz bemessen, um über ihre Bedeutung ins Klare zu kommen. Selbstverständlich hörte während der Dauer des Verbots der auswärtige Absatz nicht vollständig auf. Hausierer und Kaufleute wußten ihre Interessen wahrzunehmen, und die Papierfabriken fanden nicht Muße genug, in der kurz bemessenen Frist auf eine Erweiterung ihrer Anlagen zu sinnen Während der Kontinentalsperre verbesserte sich die Lage insofern, als die Versendung von Lumpen stockte und die Papierpreise sich hoben. Doch erstickten die Kriegsdrangsale, die diese Wendung begleiteten, die Ansätze zum Fortschritt, und nach


108) Am 12 November 1788.
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ihrem Aufhören lastete der ausländische Wettbewerb nur um so stärker auf den einheimischen Anstalten.

Zu dieser Zeit huldigten sehr viele Länder einem gesunden Schutzverfahren. Preußen hatte einen Ausfuhrzoll auf Lumpen in Hohe von 2 Rtlrn. pro Zentner und Zölle auf die Einfuhr von Papier aller Arten in Hohe von 15 Silbergr. bis 6 Rtlr. pro Zentner. Hannover verbot die Ausfuhr von Lumpen und erhob einen Zoll beim Eingang von Papier. Schweden und Dänemark gingen in ähnlicher Weise vor.

Die Aufhebung des Ausfuhrverbotes hatte eine starke Zunahme der Ausfuhr von Lumpen zur Folge. Um 1826 gingen jährlich aus Rostock 6 Ladungen Lumpen ab, die zu 60 Last, jede zu 4000 Pfund, gleich 1 440 000 Pfund oder 12 857 Zentner zu rechnen waren. Die Ausfuhr von Wismar landwärts nach Hamburg, Lübeck, Strelitz usw. dürfte ebenso hoch ausgefallen sein. Von der Rostocker Ausfuhr sollte die Hälfte auf inländische Lumpen zu rechnen sein. Im ganzen war aber das zur Verfügung stehende Quantum natürlich größer. Nach der damaligen Schätzung sollte jeder Mensch jährlich etwa 3 Pfund Lumpen liefern. Demnach wären von der mecklenburgischen Bevölkerung, bei 417 871 Köpfen, etwa 11 193 Zentner Lumpen zu erwarten gewesen. Steigert man den Ertrag auf 5 Pfund Lumpen jährlich von jedem, so wäre in der Annahme, daß davon 2 Pfund auf wollene Lumpen hätten gerechnet werden müssen, der Gesamtertrag auf 18 655 Zentner zu schätzen gewesen (11 193 Zentner linnene, 7462 Zentner wollene Lumpen). Derartige Erwägungen berechtigten zu der Vermutung, daß durch Beschränkungen der Ausfuhr die einheimische Papierindustrie hätte gefördert werden können. Daß es nicht dazu kam, ist, glaube ich, im Interesse der Gesamtheit zu bedauern. Immer muß doch anerkannt werden, daß Vaterlandsfreunde sich den Gedanken ernsthaft überlegten, wie und ob das Ziel zu erreichen sei. Der Verfasser Fr. M. jenes für den Großherzog bestimmten Memorandums von 1826 hat mehrere Vorschläge zur Hebung der Papierindustrie gemacht. Er befürwortet einen Eingangszoll auf fremdes Papier sowie Steuer= und Zollfreiheit für alles im Inlande erzeugte Papier. Ferner wünschte er die Akzisefreiheit für die von den einheimischen Papiermüllern in Rostock und Wismar gekauften Lumpen und Begünstigung oder Begründung von Papiermühlen durch Zuwendung guter Wassergelegenheiten. Die Landbaumeister sollten angehalten werden, an Orten, wo starkes Gefäll, verbunden mit nachhaltigen klaren Wasserzuflüssen, vorhanden ist,

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festzustellen, ob durch zweckmäßige Veränderungen Plätze zur Anlage von Papiermühlen gewonnen werden könnten. Endlich brachte er in Vorschlag, mehr allgemeiner Natur, zweckmäßigere Bildungsanstalten für Gewerbe und Beförderung überhaupt aller auf Verbesserung des Gewerbes gerichteten Anstrengungen. Fähige junge Leute sollte man ins Ausland schicken, auf Vervollkommnung der Arbeitsmethoden und Mühleneinrichtungen, Beschaffung von Modellen und Maschinen bedacht sein.

Die Zeit war wohl nicht dazu angetan, um derart weitausschauende, gewiß treffliche Maßregeln durchführen zu können. Möglicherweise mangelte auch das Kapital. Der Großherzog begnügte sich, am 19. August 1828 die Zoll= und Steuervorschriften beim Ankauf von Lumpen für die einheimische Fabrikation von Papier zu regeln. Jeder Papiermüller sollte nachweisen, wieviele Lumpen er jährlich und von welcher Güte er jährlich brauche. Alles Papier, abgesehen von der Pappe, sollte im Wasserzeichen den Ortsnamen der Fabrik enthalten. Jede Papierversendung des Fabrikanten mußte von der Obrigkeit bescheinigt werden, wobei innerhalb des Landes der gewöhnliche Steuerpassierschein, in dem Menge und Bestimmungsort des Papiers angegeben war, außerhalb des Landes der sogenannte große Passierschein gelöst werden mußte 109 ). Zunächst von Michaelis 1828 auf 6 Jahre bis Michaelis 1834 bewilligt, wurde die Vorschrift später erneuert.

Wieviele Personen in der mecklenburgischen Papierindustrie des 18. Jahrhunderts beschäftigt gewesen sind, entzieht sich der Ermittelung. Eine größere Anzahl wird es kaum gewesen sein, da ja eben der Ausbau einer Industrie erwünscht schien. Die Güte der Fabrikate wird gerühmt, aber die Leistungsfähigkeit war damals so ungenügend wie hundert Jahre vorher 110 ). Immerhin ist die Anregung auf unfruchtbaren Boden nicht gefallen. Im Jahre 1882 gab es in Mecklenburg=Schwerin 7 Papierfabriken mit 255 Arbeitern, 1907 6 Fabriken mit 577 Arbeitern. Außerdem 1882 10 Dachpappenfabriken mit 56 Arbeitern, 1907 15 mit 155 Arbeitern. Von 99 977 Arbeitern, die die Zählung von 1907 für Mecklenburg nachweist, sind 0,73 % auf die Papierfabrikation zu rechnen.


109) Vorgeschrieben durch Verordnung vom 25. Mai 1825.
110) Langermann, Die Verbesserung des Nahrungsstandes in Mecklenburg.
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Beilagen. 1 )


1. Vertrag der Herzöge Heinrich und Albrecht mit Kaspar Vischer und Blasius Grün wegen Erbauung einer Papiermühle vor Sternberg. 1519, März 20., Doberan.

Original auf Pergament ohne Siegel. Großherzogliches Geheimes und Hauptarchiv. Sternberger Stadtacten, Convolut, betreffend Papiermühle.

Wir Heinrich unnd Albrecht gebrüder von Gots genaden hertzogen zu Meckelnburgk fursten zu Wennden, grafen zu Swerin Rostock unnd Stargardt der lannde herren, bekennen offentlich hirmit, das wir uns mit Caspar Vischern und Blasien Grünen, wie hirnach volget, vereiniget unnd vertragen haben, so das wir ine und dene, die sie ferrer zu sich fur sachweldige ziehen werden, vor dem Sternberg eyn gutte pappier mhölen mit achte lœcherin unnd zwey und dreyßigk stampen, eynem hause achtzig schue langk und zwey und dreyßigk breyt, eyner stuben unnd zweyen bodem pappier daruf zu hengen, zu bauen unnd ine dareyn eynen gutten kessel von funff thonnen, eyn kübell, eyne presse, eyn post viltze drey par formen unnd so vil schriner als sie der bedorffen, pappier daruff zu hengen, in massen wie solichs alles zu solicher pappiermhölen gehort zu verordenen und bestellen unnd solichs alles zwischen hir unnd Martini negst volgendt ungeverlich fertigenn lassen wollenn, unnd ine auch eyns mals und nicht ferrer ader mher darzwischen zu irem enthalt eyn trompt rogken zwey trompt maltz unnd eyne thonne fleisch nach negstvolgenden ostern in irer hereynkunfft reichen wollen. Daruff sie unns verheyschenn und zugesagt habenn, das sie sich mit iren hausfrawen inwendich viertzehen tagen nach den schirstkunftigen ostern kegen Sternberg verfugenn und aldar haushellig bleybenn unnd die mhölen und was darzugehort, zu bawen bis zu irer entlichenn verfertigung angeben helfen unnd darzwuschenn mit desselbenn handtwergks


1) Die Wiedergabe erfolgt getreu nach der Vorlage, jedoch mit moderner Interpunktion und bei den Stücken aus dem 17. Jahrhundert unter Anwendung von großen Anfangsbuchstaben nach heutigem Gebrauch.
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knechten unnd andern darzu dienstlichen sich schickenn sollenn unnd so balde die mhölenn, wie berurt, gebawet unnd verfertiget ist, das sie unnd ire helffer daruff arbeytenn unnd kauffbar pappier machen megen, so wollen wir ine die umb eyn jherlichen zins, weliche jar sich alßdenne aufhoen sollenn, zwantzigk jar langk in der zeyt wir sie, so fernne sie uns unser nachbestimpte zinse und pacht jherlichen zu geburlicher unnd vorschriebener zeyt ungeseumet entricht werdenn, nicht sollen haben zu entsetzen, iders jars unns unnd unsern erben davon viertzigk guldenn, als alle jare zwentzigk uf osternn unnd zwentzigk uf michaelis zu zinse davon ungeseumet entrichten sollen. Wir wollen auch inwendich berurten zwentzigk jaren solichenn jherlichen zins nicht verhoen, es were denne, das man solichenn vorteyl unnd nutz in der arbeyt spueren wurde, dardurch mher hœle unnd stampen darzugelegt wurden, so mochten wir alßdenne denn zins nach zutragung des nutzes auch ferrer verhoen. Wir wollen sie auch mit iren knechten und dienern gleich anderm unserm gemeynen hoffgesinde zu gleiche unnd rechte, denn sie auch fur unns underworffen sein sollen, vertedingen lassenn, inn unnsern schutz und schirm gnediglich entpfaen, so aber die zwentzigk jare verflossen seyn unnd wir oder unnser erbenn den zins verhoen wollen, so sollenn wir solichs macht habenn, doch so bescheydentlich, das sie, wo sie so vil als wir vonn andernn darvonn bekomen mochten, darumb thuen, das sie vor andern darzu gelassenn werdenn unnd darbey bleyben sollen. Sie sollenn auch dieselbe mhœlen mit aller reytschafft unnd sust mit dechern unnd 3 wellen ane unnser ferrer darthuen nach der inuberantwurtunge in wesentlichem bawe halten, darzu wir unvorpflicht sein sollen unnd uns zu endrung der vorgeschriebenn jare oder wenn sie darnach die entreumen werden in unnd mit solicher werschafft unnd zeytschafft uberantwurten. Und wenn sie sich nach ostern wie gemelt hereyn verfugenn werden, sich vonn hir nicht wenndenn, die mhœlen sey denne durch ir angeben wesenntlich verfertiget unnd gangkhafftig unnd sollen alßdenne berurte zwentzigk jar langk hirinne zu bleybenn, uff der mhœlenn zu arbeyten unnd uns unnsern jherlichenn zins davonn zu entrichtenn schuldich sein, welichs sie unns alles bey iren treuenn unnd eren an eydes stadt unnd bey verlust irer gutter und leybs straffe zugesagt. Das zu urkundt habenn wir dieser briefe zwene eyns lauts gefertiget mit unnsern anhangenden ingesigeln versigelt, einenn dem vorgeschriebenen Caspar Fischer unnd Blasien Grœnen vorreichen unnd denn andern zu urkundt in unnserer canntzeley verwaren lassenn. Unnd wir genanten Vischer und

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Grœne geloben und vorsprechen semptlich als sachwaldigen für unns unnd darzu einer fur den andern bey unsern trewen und eren an eydes stadt unnd verpfendung alle unser guetter auch leybs straff, die derhalbenn an uns zu beghenn verwilligt sein solle allenn inhalt dieses briefes so vil uns der berurt stette zu haltenn, derhalbenn wir denn hochgelerten hern Niclaus Marschalk erbeten, das er des zu bekentnus sein ingesigel uff diesen brieff hengenn lassenn. Geschriebenn zu Dobberane am sontage reminiscere nach Cristi unnsers hernn geburt funfftzehenhundert unnd newntzen jare.

 

2. Herzogliches Reskript in Sachen der Papiermühle zu Neustadt. 1519, Oktober 4., Güstrow.

Nach einem Konzept im Großherzoglichen Geheimen und Hauptarchiv. Acta, betreffend Papiermühle Neustadt.

Hinrick unnd Albrecht gebruder van Goddes gnaden hertogen to Meckelnborch.

Lieve andechtige dwyle denne de kethelle iserwerck unnd anders szo thor papirmollen tho maken thor Wysmar is vordinget unnd ock darup etlick gelt betalt worden und nu ferdich syn scholle, so bogeren wy willet darmit de moller deste forderliker geferdiget moge werden, solcke ketel, iserwerck unnd ander wes vordinget und geferdiget is van unsentwegen quittiren edder darvon vorspreken und dem mestere overantworden unnd solck gelt wes noch darup to betalen is, van der negistkamenden betageden pacht wedderumme innebeholden unnd iu hirinne gutwillich ertogen. Dorane doen gy uns gut gefallen in gnadenn gegen iutho irkennen. Datum Gustrow am dage Francisci anno domini 1519.

 

3. Veranschlagung eines nicht genannten Papiermachers zur Anlegung einer Papiermühle in Neustadt, c. 1519.

Großherzogliches Geheimes und Hauptarchiv. Acta, betreffend Papiermühle Neustadt.

Einige Blätter in Quart ohne rechten Anfang und Ende. Undatiert; wie es scheint, nicht einmal von derselben Hand. In dorso: verzeichnuß des papirmachers, was er zur mollen unnd sonst zu notturfft der arbeidt haben muß.

Dem meyster vhor essen und trincken und besoldung sieben und dreyßigk gulden. 1 )


1) 35 gulden ausgestrichen.
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Item dem eynen meysterknechte acht und zwentzig gulden vhor essen und trincken und lon.

Item dem anderen meysterknecht auch acht und zwentzigk gulden vhor essen und trinken und Ion.

Item dem eynen untterknecht vhor essen und trincken und Ion vier und zwentzigk gulden.

Item dem anderen untterknecht vhor essen und trinckenn und Ion drey und zwentzigk fl.

Nachdem sich der meyster erbewth die vier knechte mit bethgewanth zu erhaltten zu kehren und sonst helffen inzugreffen 1 ), soll man seyner hawsfrawen zehen gulden alle jhar zu dranckgeldt geben. 2 ) Zehen gülden unnd der vorlech, weill man hawet, zu essen und zu trincken und itzo von der Newstad 2 sch. rogken zu verschreiben.

Vor 600 fl. papir auff drey rade. Wo aber E. F. G. großes papir haben will, soll es - - - 3 ) 4 ) 24 platenn nach inliggender maß, daß die platenn so lang als der gantz schur unnd die breite als das lengste ende, dar der knupff gemacht ist unnd eins dumenbreidt hoch.

44 ringe drey vingerbreidt hoch unnd eine forderspanne langk gleich vierkandt unnd am eisen eins kleinen vinger dick.

10 klammern einen fordernspannen langk, zwey finger breidt unnd eins halben fingern dick.

1000 nagell wie der meister dartzu ein muster geben wirt.

       6 zapfenn inn wellen, die fern spitzigk sein.

     12 ringe über die welle.

   300 filtz.

   400 pfundt stricke als ein vinger dick.

        1 kessell, darin vier tonne wasser gehen.

Zu gedenken der haderlumpen zu bestellen, auch des abschneides von den heuten zum leym. 5 ) Wen E. F. G. pappirmœl ganckhafftig ist, szo muß E. G. alle jar haben:

100 gulden vor lumpen

   15 gulden vor leymledder

   10 gulden vor fylcz


1) Nicht recht leserlich.
2) Andere Hand.
3) Vergilbt.
4) Andere Hand.
5) Andere Hand.
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  6 gulden vor 2 par formen

  8 thunnen kalck

20 punt allun.

Der geszellen lon, auff 2 rade gebaut muß 4 gesellen haben:

30 gulden dem meistergesellen     und essen und trincken

20 gulden dem andern gesellen     und essen und trincken

16 gulden dem dritten                  und essen und trincken

14 gulden dem verden.                 und essen und trincken

Hyr von den lumpen wyll ich E. F. G. mith Gottes hulffe alle jar vor 400 gulden pappir voranthworten, wen E. G. das reys schon umb 1/2 gibt.

 

4. Vertrag des Herzogs Johann Albrecht mit Michael Wolther wegen der Papiermühle zu Neustadt. 1558, Febr. 9.

Nach einem Konzept im Großherzoglichen Geheimen und Hauptarchiv Schwerin. Acta, betreffend Papiermühle Neustadt.

Zu wissen, daß von Gotts gnaden Johans Albrecht, herzogk zu Meckelnburgk, fürst zu Wenden, grawe zu Schwerin der lande Rostock und Stargartt here heutigem dato Michael Wolther für unseren Papirmacher alhier zur Neustat ahn- und ufgenhomen, das er fall und will unser mullen in guther gebeute und bestande, wie wir die ihm zugestalt haben, seinem hohesten vorstande auch zum treulichsten, gutt papier, daruber niemandt clagen kan, machen. Für solche mollen hatt er unß jerlich zur pacht drießich riß guet schriebpapier zu geben versprochen; was wir darüber von ihme haben willen, soll er unß das rieß umb vierzehen schillinge im kauffe lassen. So er zu solcher mullen hinfurder bauholz von notten, wollen wir ime so viehle dienlich darzu schaffen lassen; so er korn zu kauffen von notte, soll ihm umb gelt im gangbaren kauffe gegen bezalung gelassen werden. Was itzo noch in der mollen zu bessern von notten, wollen wir furfertigen lassen. Deme allem treulich nachzusetzen, hat er uns des die nachgeschriebenen Achim Brunnigk und Ludovich Krettman, burger zu Grabow, solchenn seinen dienst treulich zu halthen, zu burgen gestellt und das zu Gott und dem hilligen evangelio einen leiblichen eydt geschworen. Under unserem aufgedruckten pizschafft vorsigeltt geschein zur Neustatt mittwochens den 9 february anno (15)58.

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5. Inventar der Papiermühle in Grabow. 1617.

Amtsbuch über das fürstliche Haus Grabow N. 2 S. 73. Großherzogliches Geheimes und Hauptarchiv Schwerin.

Inventarium vonn meiner gnädigen Fürstinnen unnd Herrin der Herz. Mecklenburgischen Wittwen zu Grabow Papyrmühle, wie dieselbe J. F. G. dem itzigen papyrmacher Hanns Tieden vermuge des vorgeschriebenen Contracts uff Michaelis Anno 1617 eingethan durch Joachimum Schillingen, J. F. G. Secretarium, Notarium und Kuchenmeistern aufgerichtet und beschrieben worden.

Die Papyrmühle ist überall mit Rohr- oder Schindeltache gedecket unnd am Tache fertig und ist solchs Zimmer unnd Gebewete von dreyzehn Gebinten. In der Molen an Werckzeug vorhanden:

zwey fertige Kumme, darvon einer gahr neu, darein sind funff eisern platen J. F. G. zugehorig, unnd etwas alt sein.

Zwey Mulenräder, aber eins muß neu gemacht werden.

Eine fertige Radstube.

Es sind auch 16 fertige Stampen itzo vorhanden.

Zwo Schrauben, damit das Papir geschraubet wird, sind aber etwas unfertig.

Zwey alte unduchtige Glaßfenster.

In diesem Losier ist ein Boden von Brettern gelegt, darauff

1 Bancke, darauff man das Papyr setzet

1 Wage, damit man die Lumpen wiegt.

Ob diesem ist noch ein klein Boden von Brettern gelegt.

Fur der Muhlen sind 2 fertige Thueren, uff dem Boden sind

17 hultzerne Fenster.

Das Wohnhaus nebenst der Mühlen ist von 5 1/2 Gebindten und mit Ziegel behenget, darein vorhanden

1 schloßfeste Thuer

1 Hacke

1 fertig Leimkessel.

Die Stube ist mit einem Flore von Ziegelsteinen, darein

1 fertige Thuer mit der Klincke

1 Kachelofen

2 Bancke

12 Glaßfenster, welche alle mehrenteils ohnfertig.

Bey der Stube eine Cammer, dafur eine schloßfeste Thuer

2 alte Fenster in der Cammer.

J. Schilling m. pr.

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6. Der Eid des Papiermachers. 17. Jahrhundert.

Großherzogliches Geheimes und Hauptarchiv Schwerin. Undatiert.

Papier Machers Eidt.

Ich N. N. lobe und schwere zu Gott einen korperlichen Eidt in meine Seele, demnach der Durchlauchtiger Hochgebohrner Fürst und Herr, Herr Adolph Friedrich, Hertzogk zu Mecklenburg, Fürst zu [Meckl.]Schwerin und Ratzeburgk; auch Grafe zu Schwer[in] der Lande Rostock und Stargardt Herr, mein gn[edi]ger Fürst und Herr auf dero Papier Muh[len] zu Neuwstatt, mich zu einem Papier Macher gnedigst bestellet und angenommen und vermöge eines darüber aufgerichteten Inventary da . . . weißen laßen, daß ich die versprochene Pension jährlich richtig einliefere, daß Papier gutt und tüchtig machen, durch meinen Unfleiß und Verwahrlosung der Mühlen keinen Schaden zukommen laßen, was wandelbahr wirt und nothwendig zu restituiren fürstellt, damit es wiederum im guten Stande gebracht werden möge, bey Zeitten den verordneten Beampten alhir anmelden, die Stamp- und Kummen-Holtzer, wie auch Schuffeln in dem Wasser-Rahde, wen mir von den Herrn Beampten Holtz dazu geschaffet und geführet wirt, mit meiner Arbeit und Kosten verfertigen und im Stande halten, in Summa dem Contract in allen Clausuln dergestalt nachleben will, daß verhoffendlich mein Unfleiß nicht verspüret, noch billigermaßen Klage über mich geführet werden soll, will auch sonsten allewege mich also verhalten, wie einem aufrichtigen Meister gebühret und woll anstehet, so wahr Mir Gott helfe und sein Heiliges Wortt.

 

7. Vertrag der Kammer in Schwerin mit dem papiermacher Diedrich Dannenberg über die Papiermühle zu Neustadt. 1661, Novbr. 18. Schwerin.

Großherzogliches Geheimes und Hauptarchiv Schwerin. Acta, betreffend Papiermühle Neustadt.

Zu wissen, daß heute untengesetzte zwischen der Fürstlich Mekelenburgischen Ambts Cammer an einem und Diederich Dannenberg Papiermacher am andern Teil wegen Ihrer Fürstlichen Durchlaucht Papiermühle zu Neustadt folgender Contract geschlossen worden.

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1. Vermietet vorges. Fürstl. Meklenb. AmbtsCammer sothane zur Neustadt belegene Papiermühle gemeltem Diedrich Dannenberg auf 3 Jahr, von Martini laufenden labres an zurechnen biß Martini i 664, und foll das Gebende von dem Ambte in guten stande und unter Tach und Fach gehalten werden.

So soll auch vom Ambte zu denn beyden geschirre, benöhtigtes Holtz beygefahren, und das dazu bedurfendes Eisenzeug anjetzofort geliefert werden.

3. Für welche Überlaßung Diedrich Dannenberg pro locario verspricht, auf 3 Jahr, jahrlich ein gewisses an guten untadelhaften Schreibpapier in die Fürstl. AmbtsCammer zu liefern, alß

das 1 Jahr . . . Achtzig Rieß Papier
das 2 Jahr . . . hundert Rieß Papier
das 3 Jahr . . . hundert Rieß Papier

und zwar dergestalt, daß er alle Vierteljahr den 4ten teil vorauß entrichten und innerhalb 14 Tagen à dato 20 Rieß 'Papier liefern will.

4. Uber das verpflichtet er sich auch die beyden Pressen zur Papiermühle auf seine eigen Kosten, ohne eintzige desalvirung - 1 ) Ihm obgesetztes Holtz und Eisenwerk dazu vom Ambte verschaffet wird, im fertigen stande zu bringen und dasselbe beym Abzug also wieder zu liefern.

5. Daferne nach verflossenen Jahren der Conductor beliebet hat, sotahne Papiermühle länger zu behalten, und er das geben will, waß ein ander dafür bieten würde, so soll sie ihm vor einem andern gelassen werden.

6. Diesem allen feste und unverbrüchlich nachzukommen, renuncyrt er nicht allein allen und jeden Exeptionibus, besonders caviret auch mit allen seinen Haab und Gütern, in specie mit den invectis et illatis, und stellet über das seinen Stief-Vater Wolfgang Trutzer zu einen sachwaltigen Bürgen ein.

Und ich Wolfgang Trutzer uhrkunde und bekenne hiemit für mich und meine Erben, daß ich diese Bürgschafft auf das was obstehet, für meinen Stief-Sohn, alß ein selbstschuldiger, gutwillig auf mich genommen habe, und alles dasjenige, wozu er sich verpflichtet, praestiren und leisten will, bey willkührlicher Verpfändung aller meiner Haab und Güter, beweg- und unbeweglichen, sie sein in- oder außerhalb Landes belegen, so viel dazu vonnöthen, gestaltsahm ich mich dan jederzeit auf erfordern :/: auf den


1) Lücke.
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fall mein StiefSohn in obgesetzten, wie ich aber nicht hoffen will, säumig erfunden werden sollte :/: für den Fürstl. Mekelenb. Ambtscammer gestellen, und dieß alles was obstehet, leisten will, zu dem Behuff ich das für mich und meine Erben allen und jeden Exceptionibus, absonderlich excussionis, fori, metus, laesionis, fraudulentae persuasionis, rei non sic sed aliter gestae, aliter dictum quam scriptum, praecipitantiae, und wie die Nahmen haben mögen, mich krafft dieses wißendlich und wollbedachtlich verziehen und begeben habe. Dessen zu Uhrkund ist dieser Contract zwiefach verfertiget mit J. Fürstl. Dhl. Cammer Secret bestätiget und sowoll von dem Conductore alß seinen Burgen eigenhändig unterschrieben, undt ein Exemplar davon bey der Fürstl. Cammer beybehalten, und einß dem Conductori zugestellet worden.

So geschehen Schwerin den den. Nov. An. 1661.
          L. S.
  Diedrich Dannenberg.

 

Weil Wolfgang Trutzer nicht können, also hat er mich gebeten, in Gegenwart des H. Ambtmanns zur Neustadt Jürgen Krügers, und des H. Cammer Cantzellisten Johan Rekentrogks zu Zeugnis dieses mit zu unterschrieben

Johan Emmen.
Johan Rekentrogk.
Zum gezeugnis unterschreibet dieß p. t. Amptman zur Neustadt
Jürgen Krüger.

 

8. Vertrag mit dem Baumeister Johann Christoph Märcker wegen Erbauung einer Papiermühle. Neustadt, 1707, Sept. 2.

Großherzogliches Geheimes und Hauptarchiv in Schwerin. Acta, betreffend Papiermühle in Neustadt.

Zu vißen sey hiemit, das unten gesetzten Dato mit genehmhaltung der Hfürstl. Cammer zu Schwerin, zwischen denen Beambten alhier an Einen und den Baumeister Mons. Johann Christoff Märckern an andern theil wegen Erbauung einer neuen Papier-Mühlen hieselbsten folgender Contract geschloßen undt

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vollenzogen worden, nemblich, Eß vorpflichtet sich Monsieur Johann Christoff Märcker aufs kräftigste, das große Verck der Papier Mühlen in allen ohntadelhaff zu verfertigen, und in 8 Monat in vollenkommenen gangbahren Stande zu bringen, wie folget,

1. Die Wasser Schlüße wird 9 Ellen breitt, 12 Ellen lank und auff eingerammten Pfählen geleget, wie auch mit 2 Riegen Spundpfählen, und Bollwerk, nebst einer Brükken über die Schlüße, woll verwahret, dieselbe bekombt ferner 3 Schütten, eines vor die Papier Mühlen, das andere zu frey Waßer, und das Dritte zu einer Walck Mühlen oder andern anzulegenden Wercke.

2. Ein Waßer Radt von 19 Fuß hoch mit behörigen Well-Bäumen, StirnRatt und Cämmerling, 2 Dreling mit zugehörigen Rädern und Stöcke, 2 WellBäume welche 48 Stampers haben, 2 große Blöcke jeder mit 6 Kummen, Eine neue Spindel oder Schraube zu der PapierPreße und waß sonsten an ZimmerArbeit zu diesen gangbabren Vercke erfordert wird.

3. Ein MühlenHauß zu 16 Fachen eingetheilet 34 Ellen lang, 21 Ellen breitt und 6 Ellen im Ständern hoch, neu auffzubauen, in selbigen 2 Boden über daß gantze Hauß zu legen, und die Bretter zusammen zu spunden, wie auch die Tühren und Fensterluchten außzufaltzen, das Hauß zu latten und waß sonsten an Zimmer Arbeit dabey vorfallen möchte, darin zu verrichten.

Dagegen versprechen die Beambten, daß das darzu benötigte Holtz, Spundpfähle, DiehlenBretter, Eysen und Nagel den Baumeister frey und ohne entgelt an gehörigen Ohrt unverhindertt geliefert, auch die pfähle zu schlagen, Leim und Sohden zustehen, den Graben unter und oben der Papier Mühlen zu renoviren, ihnen Arbeits Leüte frey gehalten, undt vor obspecificirte Wercker in allen an Baulohn vier hundertt und vier und sechzig Rthlr. Mecklenb. Valeür in folgenden 4 Termienen alß:

Bey Unterschreibung des Contracts 150 Rthlr.
Wann die Räder fertig, das sie an die Wellen Bäume können angehänget werden 100 Rthlr.
Wann die Schlüße und Hauß auffgesetzet 100 Rthlr.
Wann alles zur Völligen perfection gebracht, und durch einen unpartheyschen Baumeyster besichtiget ist, den Rest alß 114 Rthlr.

gegen Quitung bezahlet werden sollen.

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Damit nun dieses alles von beiden Seiten nachgelebet werde, so sind zu dehm Ende von diesem Contract zwey gleich lautende Exemplar auffgerichtet, und von beiden Theilen unterschrieben und versiegelt.

So geschehen Neustad d. 2t. Septbr. 1707.

Gottfried Taber
Beambter hieselbst (L. S.)

Hierauf empfangen, nach obiger Valeur Funfzig sage 50 Rthlr. den 8. Octobr. 1707.

Joh. Christoph Märcker.

den 22. Octbr. empfangen 20 Rthlr.
den 5. November empfangen 20 Rthlr.
den 19. November empfangen 20 Rthlr.
den 27. November empfangen 40 Rthlr.
Auf den ander Termin empfangen 100 Rthlr. sage Hundert Reichsthaller den 23. January Ao. 1708.

Johann Christoph Märcker.

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