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Von
Dr. Carl Schröder.
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E s ist in aller Erinnerung, daß am 20. Juni 1903 zwischen Mecklenburg=Schwerin und Schweden ein Staatsvertrag abgeschlossen wurde wegen des Erlöschens der aus der Malmöer Konvention vom 26. Juni 1803 herzuleitenden Rechte Schwedens auf die Rückerwerbung der Stadt und Herrschaft Wismar und der Ämter Poel und Neukloster, und daß am 19. August 1903 der Großherzog, umgeben von allen Prinzen seines Hauses, seinen Einzug in das nunmehr endgültig wieder mit Mecklenburg vereinigte Wismar hielt. Von dieser Malmöer Konvention und ihrer Vorgeschichte soll hier die Rede sein. 1 )
Im Westfälischen Frieden hatte der Deutsche Kaiser an Schweden abgetreten "als ewiges und unmittelbares Reichslehen Stadt und Hafen Wismar mit der Festung WaIfisch und den Ämtern Poel (mit Ausnahme der dem Heiligen=Geist=Spital zu Lübeck gehörenden Dörfer Seedorf, Weitendorf, Brandenhusen und Wangern) und Neukloster mit allen Rechten und Zubehörungen, mit denen sie die Herzoge von Mecklenburg bisher besaßen". Die Entschädigung für diesen Gebietsverlust bestand zunächst in der Zuweisung der Bistümer Schwerin und Ratzeburg, von denen Schwerin längst in mecklenburgischem Besitz war, und betreffs Ratzeburg lag die Sache nicht viel anders. Sodann wurden Mecklenburg zugesprochen die Johanniterkomtureien Mirow und Nemerow, in deren ungestörten Besitz es aber infolge der Schwierigkeiten, die der Johanniterorden und Brandenburg als Beschützer des Ordens machten, erst 1693 gelangte. Endlich waren dem Herzog Adolf Friedrich I. zwei
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von den sechs evangelischen Kanonikaten beim Domstift in Straßburg überwiesen, die, wenngleich erst nach langen unerquicklichen Streitigkeiten mit dem Straßburger Magistrat, 1666 von seinen Söhnen Karl und Gustav Rudolf eingenommen wurden. Allein nach der Besetzung Straßburgs 1681 entzog Frankreich den evangelischen Domherren sofort ihre Einkünfte, und dabei hatte es sein Bewenden trotz wiederholter Proteste der Herzoge von Mecklenburg, und obwohl den späteren Friedensschlüssen von Nimwegen, Rijswijk und Rastatt die Bestimmungen des Osnabrücker Traktats, soweit sie sich aus die Restitution der evangelischen Kanonikate bezogen, ausdrücklich zugrunde gelegt wurden und obwohl im Rastatter Frieden 1714 noch eine besondere Bestätigung der Restitutionsakte erfolgte. Als dann 1789 durch die Dekrete der französischen Nationalversammlung das Hochstift Straßburg eingezogen und jeder reichsständische Besitz im Elsaß durch die neue Verfassung dieser Provinz aufgehoben wurde, da hielt Friedrich Franz es für angezeigt, durch seinen Gesandten bei der Regensburger Reichsversammlung daraus hinzuweisen, "Se. Herzogl. Durchl. hielten sich für befugt, von Kaiserlicher Majestät und dem Reich eine anderweite Schadloshaltung für ihre bei dem Westfälischen Friedenschlusse aufgeopferten altfürstlichen Besitzungen nachzusuchen und zu gewärtigen". In der Tat erfolgte eine dahin zielende Beschwerde des kaiserlichen Gesandten in Paris, aber der bald darauf ausbrechende Krieg unterbrach vorläufig die Verhandlungen. Erst in den dem Frieden von Luneville 1801 nachfolgenden Entschädigungsverhandlungen, die durch den Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 beendigt wurden, erhielt Mecklenburg-Schwerin als Ersatz für die beiden Straßburger Domherrnpfründen eine immerwährende Rente von 10 000 Gulden aus dem Rheinschiffahrtsoktroi.
Wismars Wichtigkeit für Schweden beruhte zur Zeit der Abtretung wesentlich darauf, daß es ein strategisches Glied bildete zwischen Schwedisch=Pommern und Bremen=Verden. Seit indessen Schweden 1719 Bremen=Verden hatte abtreten müssen, verlor Wismar wesentlich an Bedeutung; es war hinfort ein verlorener Posten, seine freiwillige oder erzwungene Aufgabe nur eine Frage der Zeit. Dies erkennend hatte Schweden schon, wenngleich vergeblich, mit Preußen wegen Verkaufs von Wismar verhandelt. In Mecklenburg andererseits hatte man den Verlust Wismars nie verschmerzt. Es zurückzuerwerben schien sich eine Gelegenheit zu bieten, als der König Gustav IV. Adolf
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von Schweden, obwohl seit dem 1. November 1795 verlobt mit Luise Charlotte, der ältesten Tochter des Herzogs Friedrich Franz, im Herbst 1796 in Petersburg um die Hand der Großfürstin Alexandra warb, sie auch erhielt und eine Zeitlang zwei Bräute hatte, dann das Verlöbnis mit der ersten aufhob, um vierzehn Tage später auch mit der zweiten zu brechen. 2 ) Damals hatte Friedrich Franz für das seiner Tochter widerfahrene Unrecht als Entschädigung die Zession der Herrschaft Wismar mit Poel und Neukloster verlangt und für diese Forderung die Vermittlung des verwandten dänischen Hofes nachgesucht, sich aber schließlich mit der Zahlung eines Kapitals von 100 000 Rthlr. 3 ) in jährlichen Raten von 6000 Rthlr. vom Trinitatistage 1798 an gerechnet begnügen müssen. Doch verlor er die Frage der Rückerwerbung Wismars nicht aus den Augen: den Kaiser Paul zu einer Intervention in diesem Sinne zu bewegen war einer der wichtigsten Artikel in der Instruktion, die dem Oberhofmeister August v. Lützow, als dieser 1797 in Leipzig mit dem russischen Diplomaten Baron Daniel Alopeus über die vom Kaiser Paul geplante Vermählung der Großfürstin Helene mit dem Erbprinzen Friedrich Ludwig verhandelte, sowie 1799, wo er den Erbprinzen bei dessen Brautwerbung nach Petersburg begleitete und mit den russischen Staatsmännern die Ehepakten zu vereinbaren hatte, mitgegeben wurde. 4 ) Schon in der ersten Konferenz, die Lützow in dieser Angelegenheit am 29. März mit dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, dem Grafen Rostoptschin, und dem Vizekanzler, dem Grafen Kotschubey, hatte, überreichte er ihnen eine darauf bezügliche Note: 5 )
Le Duc mon maître m'a ordonné expressément de recommander le plus fortement possible La Maison Ducale et tous ses divers intérêts, quels qu'ils puissent être, à la haute protection de Sa Majesté Impériale, en La suppliant, de vouloir bien La soutenir en toute occasion dans la possession de Ses États Héréditaires dans les tenips présents, où les
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évènements ne sont plus à, caleuler, de La protéger efficacement contre toute demande indiscrète quelconque, en La convrant de Son égide protectrice, surtout aussi à L'aider un jour à recouvrir la possession de la ville de Wismar et des baillages de Poel et de Neu-Kloster, arrachés à Ses États par la violence pendant la guerre de trente ans (dût on aussi en payer l'équivalent à la Suède), ou bien de Lui accorder Sa haute intercession auprès de Sa Majesté Impériale Apostplique et Romaine et le St. Empire, pour recevoir le dédommagement, qui a été promis à différentes reprises à La Maison Ducale. Déjà Sa Majeste l'Empereur Pierre I. de glorieuse mémoire dans. les pactes dotaux faits avec le Duc Charles Léopold de Mecklembourg-Suérin, lors de Son mariage avec Madame la Grande-Duchesse Catherine, avait promis Sa graciense intervention. Il sera réservé au règne glorieux de Sa Majesté Impériale l'Empereur de faire ravoir à la Maison Ducale des possesions si légitimes arrachées aux domaines de Ses ancêtres.
Die russischen Minister erwiderten, daß der Herzog jederzeit auf den Schutz des Kaisers rechnen dürfe, im übrigen aber lehnten sie es ab, daß in der wismarschen Angelegenheit von russischer Seite ein Schritt geschehe. Bei dieser Abweisung aber beruhigte sich Lützow nicht; mit großer Zähigkeit suchte er bald auf diesem, bald auf jenem Wege seinem Ziele näher zu kommen und erhielt schließlich die feierliche Zusage: gleich nach der Vermählung werde der Kaiser in Stockholm den Verkauf von Wismar an Mecklenburg anregen Iassen "und zwar in der Art, daß es dem Kayser angenehm sein würde, wenn diese Negotiation zu Stande komme, da doch, wegen ihrer Abgelegenheit, diese kleine Provintz für Schweden von keinem Nutzen sey".
Inzwischen war Lützow in Petersburg mit dem schwedischen General Baron v. Toll, Generalgouverneur von Schonen, bekannt geworden, der in diplomatischen Geschäften - es handelte sich um einen Subsidienvertrag zwischen Schweden und Rußland - dort weilte: Auch ihm redete Lützow von dem Wunsche des Herzogs, wieder in den Besitz von Wismar zu kommen, und Toll, der die Wertlosigkeit dieses Besitzes für Schweden zugab und daher die Erfüllung der herzoglichen Wünsche für keineswegs aussichtslos erklärte, versprach, sich der Sache anzunehmen und sie gleich nach seiner Rückkehr dem Könige vorzutragen.
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Dem Könige konnte aus verschiedenen Gründen der mecklenburgische Plan nicht unwillkommen sein, doch sah er sich durch die innerpolitischen Verhältnisse Schwedens gehindert, der Angelegenheit sofort näher zu treten, und verschob stillschweigend, und sogar ohne die verheißene und wirklich erfolgte russische Fürsprache einer Antwort zu würdigen, ihre Erledigung auf eine günstigere Zeit. Da auch Toll nichts von sich hören ließ, wurde man in Mecklenburg besorgt, die Sache könne in Vergessenheit geraten, und Lützow erhielt den Auftrag, an Toll einen "Höflichkeitsbrief" zu schreiben, den er am 24. Februar 1800 absandte und auf den er eine vom 26. März aus Norrköping datierte womöglich noch höflichere, aber ebenso inhaltslose Antwort erhielt. Dann wieder monatelanges Schweigen der Schweden. Erst am 11. November - "nun da ich am wenigsten daran dachte", wie er dem Herzoge berichtete - erhielt Lützow ein Schreiben Tolls 6 ) (aus Christianstad vom 26. Oktober), in dem dieser unter Bezugnahme auf die Petersburger Besprechungen anfragte, ob der damals von ihnen beredete wichtige Gegenstand Lützow noch jetzt interessiere, und wenn ja, unter welchem Gesichtspunkt und auf welcher Grundlage ein näheres Eingehen darauf erwünscht sei; dann werde sich herausstellen, ob auf solcher Basis mit Aussicht auf Erfolg verhandelt werden könne. In seiner Antwort (Schwerin, 15. November 1800) erklärte Lützow die Zahlung einer Geldsumme als Entschädigung für das abzutretende Gebiet für den einzigen Weg zum gewünschten Ziel und erbot sich, mit Toll an einem von diesem zu bestimmenden Ort zusammenzutreffen, um die Forderung der schwedischen Regierung kennen zu lernen und die Art weiterer Verhandlungen zu bereden. Die Zusammenkunft könne aber nicht im Januar 1801 stattfinden, denn den Monat müsse Lützow auf seinem Posten in Berlin zubringen, wo die Erbprinzessin einen Teil des Karnevals zu verleben gedenke.
Toll antwortete am 23. Januar 1801 von Stockholm aus. Die Abtretung Wismars nebst Zubehör unter der Form eines
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Verkaufes hielt er für untunlich; er schlug statt dessen eine Verpfändung vor und bot, da eine Verpfändung für Schweden das Recht einer gelegentlichen Wiedereinlösung einschließe, eine gewisse Bürgschaft dafür, daß Mecklenburg keine Gefahr laufe, Wismar jemals wieder zu verlieren: man solle nämlich in bündigster Form einen Vertrag dahin abschließen, daß Schweden für den Fall einer Wiedereinlösung nicht nur die ganze Pfandsumme, sondern außerdem 3 °/o derselben mit Zinseszins zu zahlen und zudem alle Aufwendungen für das Pfandobjekt zu vergüten habe.
Der Modus der Verpfändung - vorausgesetzt, daß gegen eine eventuelle Wiedereinlösung hinlängliche Garantien geboten würden - erschien auch dem Herzog als der leichtere Weg zum Ziel, da gegen einen Verkauf sich in der Tat mancherlei einwenden ließe, Lützow, damals noch in Berlin, antwortete (24. Februar 1801) also in diesem Sinne und erneuerte seine Bitte um Angabe der geforderten Summe. Dem kam Toll schon am 10. März nach. Der König - schrieb er - fordere 2 Millionen Rthlr. Hamburger "Banco ou environ" - gewiß nicht zu viel angesichts des täglich sinkenden Geldwertes und steigenden Wertes des Grundbesitzes. Übrigens sei der König sehr einverstanden mit der Umwandlung eines Verkaufes in eine dauernde Hypothek. Es handle sich also jetzt nur noch darum, sich über die Höhe dieser Hypothek, über die Zahlungstermine und über die Maßregeln zu einigen, die getroffen werden müßten, um dem Erwerber der Hypothek deren ewigen Besitz zu sichern. Zu diesem Ende werde es nützlich und für die kontrahierenden Teile eine erhöhte Bürgschaft sein, wenn der Vertrag über dieses Geschäft in die vom deutschen Reichsrecht vorgeschriebene Form gekleidet werde. Ihn abzuschließen sei Toll vom König bevollmächtigt. Aber alle dabei in Betracht kommenden Fragen würden besser mündlich als schriftlich verhandelt und deshalb ersuche er Lützow, sich möglichst bald, zu einer Entrevue in Helsingborg einzufinden. Dieses Schreiben erhielt Lützow, damals noch in Berlin, am 22. März und sandte es, in der Überzeugung von der Wichtigkeit der Sache, durch Estafette dem Herzog, zugleich mit einer Antwort an Toll, im Original und in Abschrift, in der er bedauerte, den Tag seines Eintreffens in Helsingborg zurzeit noch nicht bestimmen zu können. Dieser Brief aber wurde nicht abgesandt. Der Geheime Rats=Präsident Graf Bassewitz wollte von 2 Millionen nichts wissen und befand sich darin in Übereinstimmung mit dem Herzoge, der ihm
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schrieb: "Ich binn föllig ihrer Meinung, daß auf diese forderung gar nicht hereinzugehen ist, je kürzer mann Abbricht je beßer ist es, und haben sie sehr recht geurtheilt, daß dadurch vieleicht eine andere und billigere Erklärung bewürkt wird." Demgemäß erhielt denn auch das wirkliche Antwortschreiben Lützows an Toll - "deßen Absendung keine große Eile hat", wie Graf Bassewitz seiner Anweisung hinzufügte - eine wesentlich andere Form, als die ihr Lützow anfänglich hatte geben wollen. Es würde für ihn das größte Glück gewesen sein - so schrieb Lützow aus Ludwigslust unterm 2. April - mit Toll gemeinsam dieses Werk zur Zufriedenheit beider Höfe zustande zu bringen, aber die alle Erwartungen übersteigende Höhe der schwedischen Forderung, wenn sie die Grundlage der Verhandlungen bilden solle, raube ihm jede Aussicht darauf. Er habe dem Herzoge die Sache vorgetragen, aber bei diesem keine andere Entschließung bewirken können, als daß die Hoffnung auf eine Vereinbarung aufgegeben werden müsse. Es scheine, daß der Herzog angesichts der in Vorschlag gebrachten Summe besorge, daß ein Angebot, welches er dem wahren Wert entsprechend erachte, nicht die Billigung des Königs finden werde, und daß er deshalb lieber Anstand nehme, ein solches Angebot zu machen. Toll möge doch erwägen, daß der Ertrag der Herrschaft Wismar nach Abzug aller Administrationskosten wohl kaum 20 000 Rthlr. erreiche, daß der Ertrag der Ämter durch Lizitation schon aufs Höchste gebracht sei und die Pachtkontrakte auf viele Jahre liefen, und dann werde er selbst die gestellte Forderung ganz unverhältnismäßig finden. So sehr daher Lützow bedaure, daß dieses Geschäft ihm keine Gelegenheit gebe, Toll in Helsingborg aufzuwarten, so werde er sie doch mit doppeltem Vergnügen benutzen, wenn eine anderweitige Äußerung dazu Veranlassung geben werde, welche die Hoffnung eines glücklichen Erfolges wieder belebe.
Man hatte schwedischerseits zweifellos gar nicht erwartet, daß die geforderte Summe ohne weiteres bewilligt werden würde; man hatte eben bei der schlechten Lage der schwedischen Finanzen seine Ansprüche von vornherein so hoch gestellt, daß selbst nach einer erheblichen Abdingung ein erklecklicher Betrag übrig bleibe. Tolls fast umgehend (am 13. April) erfolgende Antwort ließ denn auch deutlich erkennen, daß Schweden mit sich handeln lasse; sie betonte nochmals die Worte "ou environ". Im übrigen, meinte Toll, sei es wohl das beste, wenn der Herzog ein Gegengebot mache.
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Als dieser Brief Tolls in Ludwigslust eintraf, war Lützow auf dem Wege nach Petersburg, wohin ihn der Herzog aus Anlaß des Todes des Kaisers Paul (23. März) geschickt hatte. Doch war Veranstaltung getroffen, daß der Brief direkt in die Hände des Herzogs gelangte, der ihn mit der Bemerkung "Mir deucht, daß die Schweden sich sehr sehnen Wismar looß zu werden" dem Ministerium übersandte. Graf Bassewitz schickte ihn dann weiter an Lützow mit der Weisung, ihn dahin zu beantworten: Entfernt von seinem Hofe könne er sich zwar nicht offiziell äußern, glaube aber die Ansicht des Herzogs genügend zu kennen, um versichern zu können, der Herzog werde geneigt sein, eine Million Rthlr. Gold einschließlich der Unkosten zu zahlen; sollte dieser Vorschlag - der jedoch nicht bestimmt sei, die Aussichten auf ein glückliches Resultat zu mindern - angenommen werden, so wolle Lützow sich ungesäumt eine Vollmacht und Instruktionen verschaffen. In diesem Sinne schrieb denn auch Lützow am 14. Mai an Toll.
Der Herzog hatte recht gesehen: Schweden wünschte sich Wismars zu entäußern. Und da lag es ja am nächsten, es an Mecklenburg abzutreten. Wie aber, wenn Mecklenburg versagte, d. h. wenn es die Summe, die Schweden dringend bedurfte, nicht zahlen konnte oder nicht zahlen wollte? Für diesen Fall schien es dem Könige geraten, sich mehrere Möglichkeiten zur Erreichung seines Zieles zu schaffen, und so war er denn bereits im Mai 1801 mit Hessen=Cassel in Verhandlungen eingetreten. Davon setzte Alopeus unterm 1. Juni von Cassel aus den Herzog in Kenntnis. Er teilte ihm mit, daß der König von Schweden eine Million Rthlr. anzulegen suche und Wismar, Poel und Neukloster als Hypothek anbiete, daß aber der Landgraf dieses Anerbieten abgelehnt habe, vermutlich, weil ihm dieses Land zu entfernt liege, was für Mecklenburg ja nicht der Fall sei. Alopeus enthalte sich jeder Äußerung über das, was der Herzog unter diesen Umständen für angemessen halten werde, wolle aber bemerken, daß bei der bekannten Geldnot Schwedens man wahrscheinlich die geforderte Summe auf 800 000 Rthlr. reduzieren könne. Alopeus wisse nicht, ob der Herzog diese Summe zur Verfügung habe, glaube aber, falls der Herzog der Sache näher zu treten beabsichtige, sie beschaffen zu können, und erbitte für diesen Fall weitere Mitteilungen. In seiner Antwort - das zu den Akten liegende Konzept derselben trägt kein Datum - erklärte der Herzog, daß es in der Tat seit langer Zeit sein Wunsch sei,
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die Herrschaft Wismar zu erwerben, und daß er, wenn es gelänge, dafür eine Form zu finden, die ihm den ewigen Besitz sichere, gern 800000, ja mit Einschluß der Unkosten 1 Million Taler Gold zahlen werde. Übrigens seien in dieser Sache schon vor längerer Zeit Verhandlungen mit Schweden angeknüpft; sollten diese zum Ziele führen, so werde er Alopeus dankbar sein für eine Angabe des Weges, auf dem das erforderliche Kapital unter günstigen Bedingungen aufgetrieben werden könne. Gleichzeitig wurde aber auch Lützow angewiesen, in Petersburg in Verhandlungen darüber einzutreten, ob nicht ein Teil der Mitgift und andere Gelder der Erbprinzessin Helene Paulowna zu diesem Zweck verwendet werden könnten, - Verhandlungen übrigens, die er nach seiner Kenntnis der Verhältnisse von vornherein für ziemlich aussichtslos erklärte.
Es mochte wohl eine Folge der mit Hessen angeknüpften Negotiationen sein, daß Tolls Antwort auf Lützows Brief vom 14. Mai - von der er gebeten worden war, zur Zeitersparnis eine Kopie nach Schwerin an den Grafen Bassewitz zu senden - erst am 18. Juni erfolgte. Dieses Schreiben enthielt den auf allerlei Berechnungen gestützten Vorschlag, man möge einander auf halbem Wege entgegenkommen und sich auf 1 1/2 Millionen einigen. Dem gegenüber aber erklärte zunächst Graf Bassewitz unterm 10. Juli: alles was Toll vorgebracht habe, sei zwar durchaus richtig und sei schon zuvor in Mecklenburg reiflich erwogen, aber das Resultat dieser Erwägungen sei eben gewesen, daß Lützows Angebot von einer Million für Mecklenburg die unüberschreitbare Grenze bilde, daß mit dieser Summe aber auch wohl den Interessen beider Höfe genügend Rechnung getragen werde. Denselben Gedanken führte dann der noch immer in Petersburg weilende Lützow in seiner offiziellen Antwort vom 14. August weiter aus, gab aber der Hoffnung Ausdruck, es werde möglich sein, auf dieser Basis weiter zu verhandeln und zu einem allseitig befriedigenden Abschluß zu gelangen.
Inzwischen war die Geldnot Schwedens aufs höchste gestiegen. Zu ihrer Beseitigung wurden ernstliche Unterhandlungen angeknüpft und zwar gleichzeitig an zwei Stellen auf ganz verschiedenen Grundlagen: einerseits von dem Präsidenten des Staatskontors v. Lagerheim durch Vermittlung des hessischen Geheimen Rats=Präsidenten v. Waitz mit dem Gräflich Wittgensteinschen Credit=Cassen=Comptoir in Cassel, anderseits durch den
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Hofmarschall v. Platen mit dem in Neubrandenburg wohnhaften Advokaten Zimmermann. 7 )
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Über die in Cassel geführten Verhandlungen berichtete Alopeus - aber ohne das Wittgensteinsche Bankinstitut zu nennen - am 15. Oktober an den Herzog: es werde in Cassel die Gewährung eines 5 prozentigen Darlehns von 2 Millionen Rthlr. Hamburger Banco auf 10 Jahre mit Bismar als Hypothek verhandelt; werde am Verfalltage das Kapital nebst Zinsen nicht zurückgezahlt, so solle das Pfandobjekt ohne weiteres in den Besitz des Gläubigers übergehen - woraus der Herzog am 27. Oktober kühl erwiderte: Wismar erst nach 10 Jahren erwerben zu können, habe für ihn nichts Verlockendes. Am 2. November schrieb dann Alopeus nochmals und zwar ausführlicher. Er machte diesmal das Wittgensteinsche Credit=Cassen=Comptoir namhaft als das Geldinstitut, mit dem Lagerheim verhandele,
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und berichtete: der Direktor dieser Bank habe ihm im Vertrauen mitgeteilt, daß der Landgraf geneigt sein würde, die 2 Millionen vorzuschießen, aber nur unter der Bedingung, "qu'un Prince d'Allemagne s'en constituât le débiteur", und habe nun gefragt, ob der Herzog geneigt sein würde, sich mit der nötigen Bürgschaft zu befassen und daraufhin die schwedischen Obligationen mit allen Rechten und Lasten zu übernehmen. Sollte der Herzog darauf nicht eingehen, so sei es nicht unwahrscheinlich, daß der König von Preußen das Geschäft mache. Natürlich sei an das Bankhaus eine Provision zu zahlen, deren genauen Betrag Alopeus nicht kenne; man habe ihm von 5000 Friedrichsd'or gesprochen, doch würde er bemüht sein, von dieser Summe etwas abzuhandeln. Wolle der Herzog der Sache nähertreten, so werde
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er am besten tun, sich in direkte Beziehungen zu dem preußischen Gesandten in Cassel, Grafen Wittgenstein, zu setzen, der eines der Hauptmitglieder der Direktion des Credit=Cassen=Comptoirs sei. Der Herzog aber erklärte, diese Bedingungen seien für den König von Schweden so drückend und so ungünstig für deutsche Fürsten, daß er das Geschäft ablehnen müsse. Und bei dieser Ablehnung blieb es, obwohl Waitz bei einer Unterredung mit Lützow in Berlin den Abschluß des Geschäftes warm empfahl und obwohl "der erste Cammerherr der regierenden Königin" v. Schilden in Berlin dem Herzoge mitteilte, daß Graf Wittgenstein durch ihn mildere Bedingungen anbiete. Graf Bassewitz
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fand, alle diese Vorschläge seien "blos auf Gewinn für den Landgrafen und dessen Bediente berechnet". Trotz dieser anderweitigen Verhandlungen, deren Erfolge ja auch noch keineswegs gesichert waren, hielt man es in Schweden für ratsam, auch mit Mecklenburg in Beziehungen zu bleiben. Deshalb sandte Toll unterm 26. November ein Schreiben an Lützow, in dem das Angebot eines hervorragenden deutschen Fürsten - Lützow zerbrach sich den Kopf darüber, welcher Fürst gemeint sein könne -, welches das vom Herzog Friedrich Franz gemachte um die Hälfte übersteige, erwähnt 8 ), zugleich aber ausgesprochen wurde, daß der König es vorziehe, mit Mecklenburg zum Abschluß zu kommen, falls dessen Angebot sich dem erwähnten anderen nähere. Lützows Antwort, datiert Schwerin 25. Dezember, lautete dahin, daß der Herzog, obwohl ihn der nun durch den Frieden von Luneville beendete Krieg eine ungeheure Summe gekostet habe und er infolge dessen genötigt sein würde, den Pfandschilling ganz aufzuleihen, doch vielleicht bewogen werden könnte, sein Angebot um 100 000 Taler in Gold zu erhöhen, vorausgesetzt, daß die Nebenkosten nicht allzu hoch sein würden. Dieser amtlichen Antwort fügte Lützow ein vertrauliches Schreiben bei, in dem er darlegte, daß die Beschaffung der erforderlichen Summe für den Herzog sehr schwierig sein werde, daß er das aufzuleihende Kapital mit 4-5 % verzinsen müsse, während die Einnahmen aus den zu erwerbenden Bezirken zurzeit kaum 2 % betrügen und trotz der zu erwartenden Steigerung des Grundwertes wohl niemals die Höhe der Zinsen erreichen, geschweige denn die Amortisierung des Kapitals ermöglichen würden. Es liege also aus der Hand, daß der Herzog in und mit dem letzten Angebot sein Möglichstes getan habe. Wenn der König sich durch den Inhalt dieses Schreibens in seiner Hoffnung auf einen für ihn vorteilhaften Ausgang der Behandlungen bestärkt sah. so mußten ihn alsbald die aus Deutschland einlaufenden Nachrichten mit schwerer Sorge erfüllen. Denn die dem Luneviller Frieden folgenden zahlreichen Besitzveränderungen in Deutschland bedrohten wieder einmal Mecklenburg, über das schon mehrmals mächtige Fürsten zu=
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gunsten Preußens verfügt hatten. 9 ) Bei den Verhandlungen, die dem Reichsdeputationshauptschluß vorangingen, hatte im Dezember 1801 Talleyrand vorgeschlagen, Preußen solle sich mit Mecklenburg entschädigen und den beiden Herzogen das Bistum Münster sowie Cleve und die Grafschaft.Mark als Abfindung gewähren. Eine ähnliche Erklärung gab um dieselbe Zeit der französische Gesandte Beurnonville in Berlin. Der Herzog Friedrich Franz fühlte sich ernstlich beunruhigt und wandte sich an den russischen sowie an den schwedischen Hof mit der Bitte um deren bona officia. 10 ) Indessen bedurfte es deren nicht. Schon der preußische Gesandte in Paris Lucchesini hatte Talleyrand gegenüber wenig Bereitwilligkeit dazu gezeigt und das preußische Ministerium war ebensowenig erfreut darüber; es schlug die Auskunft vor, in erster Linie den mecklenburgischen Herzogen die Sache offen mitzuteilen und nach deren Antwort weitere Entschließungen zu fassen. Die Antwort kam rasch und lautete entschieden ablehnend; in der Depesche des preußischen Ministeriums vom 11. Januar 1802 heißt es von der mecklenburgischen Antwort: Elle est absolument et décidément négative et les deux princes y déclarent unanimement, que dans aucun des cas possibles ils ne se résoudraient à l'abandon le leurs états. Damit war die Sache auch für Preußen erledigt. 11 ) In der Zwischenzeit aber hatte für Schweden die Gefahr des Scheiterns der Verhandlungen mit Mecklenburg bestanden. So lange man nicht wußte, ob Herzog Friedrich Franz seines eigenen Landes so sicher sei, daß er an die Erwerbung eines anderen denken könne, konnte man Lützows letzten Brief nicht bindend beantworten. Um aber nicht den Schein der Gleichgültigkeit zu erwecken in einer Angelegenheit, die in Wahrheit dem Könige von Schweden sehr am Herzen lag, erhielt Toll den Auftrag, auf Lützows Privatbrief mit einer inoffiziellen Zuschrift zu antworten. In diesem Schreiben vom 15. Februar 1802 spricht Toll zunächst von dem unerwarteten, dem Herzog gemachten Vorschlag; da man aber nun des Herzogs réponse noble et energique kenne, habe er neue Befehle des Königs erbeten, aber noch nicht erhalten. Die vom Herzog angebotene Erhöhung der Pfandsumme sei eine gute Vorbedeutung; beide Teile würden sich gewiß noch einigen, dazu
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würde aber gehören, daß sie sich in ihren Angeboten einander näherten und einen mezzo-termine fänden. Am 12. März äußerte sich Toll offiziell: er fixierte die von Schweden geforderte Summe auf l 250 000 Rthlr. Hamburger Banco und schlug auf dieser Basis mündliche Unterhandlungen in Malmö vor. In der Erwartung, daß diese Unterhandlungen bald beginnen würden, arbeitete Lagerbjelke für Toll eine eingehende, vom König gebilligte Instruktion aus und bereitete sich vor, zur Unterstützung Tolls bei den Verhandlungen selbst nach Malmö zu gehen.
In Tolls Instruktion war als Grundlage des ganzen Rechtsgeschäfts nicht ein Kauf, sondern "einzig und allein wegen der öffentlichen Meinung" eine Verpfändung angenommen, aber mit allen Garantien, die dem Herzog den dauernden Besitz sichern sollten. Die Pfandsumme war auf die in dem Briefe Tolls an Lützow schon genannte Summe von l 250 000 Rthlr. festgesetzt, aber man versuchte, diese durch allerlei Nebenforderungen zu erhöhen. Dazu gehörte u. a., daß man den Herzog zum Verzicht auf den Rest der Satisfaktionsgelder für den Verlöbnisbruch zu bewegen versuchte, und sodann die Wiedergeltendmachung der Ansprüche auf den Warnemünder Zoll.
Dieser Warnemünder Zoll stammte aus dem Jahre 1632. 12 ) Am 29. Februar d. J. hatten die Herzoge Adolf Friedrich I. und Johann Albrecht II. zu Frankfurt a. M. mit König Gustav Adolf von Schweden einen Vertrag geschlossen, durch den dem Könige nicht allein zur Sicherung seines Rückzuges Wismar und Warnemünde "bis zum allgemeinen Friedensschluß" eingeräumt, sondern auch zur Bestreitung der ungeheuren Kosten, welche die "gewünschte Beendigung" des damaligen Krieges erforderte, verstattet wurde, zu Wismar und Warnemünde und in anderen mecklenburgischen Häfen und Strömen Zölle nach dem in Pommern üblichen Maßstabe anzulegen, von deren Ertrag sich die Herzoge 1 % vorbehielten. So gelangte Schweden, mit ausdrücklicher Rücksicht auf den damaligen Krieg und dessen Beendigung, in den Besitz von Warnemünde und dem dortigen Zoll bis zum bevorstehenden Frieden. Die Stadt Rostock war zwar durch uralte und von Zeit zu Zeit erneuerte Privilegien der Landesherren, insonderheit durch eine unbedingte Verzichtleistung der Herzoge Heinrich IV., Albrecht VI., Magnus II. und Balthasar
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vom 23. April 1476 gegen alle Zollabgaben im Lande, namentlich zu Warnemünde, gesichert, und sie erhob denn auch alsbald laute Klagen gegen die schwedische Zollerhebung in Warnemünde, allein die unvermeidlichen Bedürfnisse eines Krieges, wie der damalige war, aus den alle bewilligten Subsidien ausdrücklich beschränkt waren, rechtfertigten für dieses Mal eine vorübergehende Ausnahme von der Regel. Es möge noch darauf hingewiesen werden, daß nach allgemeinen Reichsgesetzen ohne Bewilligung des Kaisers und des Kurfürstenkollegiums keine neuen Zölle angelegt werden durften. Im Osnabrücker Frieden hatten Deutschland und Schweden ausdrücklich vereinbart, daß alle während des Krieges angelegten neuen Zölle gänzlich abzuschaffen und alle Häfen und Ströme in ihre vorige Freiheit, wie sie solche vor diesen Kriegsunruhen genossen hatten, auf das unverletzlichste wiederherzustellen seien. Zugleich hatten nun die ungeheuren Kriegskosten ein Ende und mit ihnen zugleich natürlich der Zweck und die Verwendung der zu Wismar und Warnemünde ausdrücklich dazu angewiesenen Zolleinnahmen gleich allen 1632 bewilligten mecklenburgischen Subsidien. Für die Zurückgabe der in diesem Kriege eingenommenen Orte sollte freilich Schweden Genugtuung erhalten, aber nicht von den einzelnen Staaten, sondern Kaiser und Reich übernahmen diese Schadloshaltung: sie zahlten a Schweben 5 Millionen Taler und befreiten dadurch auch Mecklenburg von weiterer Unterhaltung der zur Bestreitung der Kriegskosten angewiesenen Fonds. Daß daneben Kurbrandenburg seine Rechte auf Vorpommern und Rügen, sowie Mecklenburg Wismar usw. zur Genugtuung für Schweden abtraten, war eine Sache für sich, denn sie wurden anderweitig, wenn auch, wie wir sahen, ungenügend entschädigt, allein die künftigen Kosten der Unterhaltung der schwedischen Truppen in den, namentlich von Mecklenburg, abgetretenen Plätzen blieben ausdrücklich der Krone Schweden überlassen, die dafür auch alle bisher zu diesen Ländern gehörig gewesenen Regalien behielt. Diese wurden bei der Abtretung von Pommern namentlich aufgeführt, darunter auch die alten, d. h. die vom Kaiser früher verliehenen Zölle, bei den abgetretenen Teilen von Mecklenburg aber hieß es ganz allgemein "quibus ea Duces Megapolitani huc usque habuerunt". Zölle hatten bisher die Herzoge in diesen benannten Teilen ihres Landes nicht gehabt, es gab nur den 1632 den Schweden bis zum Frieden verstatteten; dieser aber ward von Kaiser und Reich ebensowenig für gesetzmäßig anerkannt wie die neuen Zölle oder Lizenzen in Pommern und beide blieben daher unerwähnt.
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Sollten daher die neuen Zölle in diesen Teilen von Pommern und Mecklenburg dennoch fortdauern, so bedurften sie einer eigenen reichsgesetzlichen Sanktion, und diese erhielten sie in dem berüchtigten Zusatz zu Art. X § 13: Ad haec concedit eidem moderna vectigalia . . . ad litora portusque Pomeraniae .et Megapoleos, jure perpetuo, sed ad eam taxae moderationem, ne commercia in iis locis intercidant, d. h. "mit Zurückführung auf eine dem Handel unschädliche gemäßigte Taxe, für beständig". So blieb der X. Artikel des Friedensinstruments 13 ) die Regel, diese Konzession hingegen ward Ausnahme.
Nun hätte man erwarten dürfen, daß mit dem Eintritt des von der Krone Schweden selbst 1632 bestimmten Zeitpunktes einer allgemeinen Beruhigung Warnemünde zurückgegeben und der einstweilige neue Zoll daselbst abgeschafft sein würde. Und wirklich ward auch in dem zweiten Friedens=Exekutions=Haupt=Rezetz zu Nürnberg vom 16. Juni 1650 der 23. Juni desselben Jahres als Zeitpunkt - der schwedischen Zurückgabe der "mecklenburgischen Plätze" ausdrücklich bestimmt. Allein die Schweden gaben Warnemünde nicht zurück und fuhren fort, den Zoll daselbst zu erheben, weil in der angeführten Konzession der neuen Zölle die Worte "ad litora portusque Pomeraniae et Megapoleos" standen! Und doch hatte der mecklenburgische Gesandte nicht allein den Friedensschluß nur mit der ausdrücklichen Verwahrung unterzeichnet: daß dieser § 13 nicht anders als von den locis speciatim concessis verstanden werden sollte, sondern auch die kaiserlichen Bevollmächtigten bei dem Friedensschluß sowohl als im Namen aller Reichsstände die kurmainzische Kanzlei hatten unterm 1. März 1649 zu Münster förmliche Zeugnisse darüber ausgestellt, daß nach ihrer vor und bei dem Friedensschluß allerseits öffentlich zu erkennen gegebenen Intention "der neuerliche Zoll zu Warnemünde unter vorliegender Konzession nicht begriffen sein sollte". Demgemäß versäumte auch der kaiserliche Hof, dem die Vollstreckung des Friedensschlusses übertragen war, nicht, sowohl durch Reskripte an den Friedens=Exekutions=Kongreß zu Nürnberg, als auch durch geschärfte Exekutorial=Aufträge an die ausschreibenden Fürsten des niedersächsischen Kreises auf der Ab=
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lieferung der Warnemünder Schanze und der "Abschaffung des dortigen Zolles" sehr ernsthaft zu bestehen. Diese ließen dringende Aufforderungen und Erinnerungen an die Königin Christine und den König Karl Gustav von Schweden ergehen. Nachdem die schwedische Komitialgesandtschaft selbst von einer längeren Vorenthaltung der Schanze zurückgekommen war, hatte die allgemeine Reichsversammlung 1654 durch ein Reichsgutachten den Zoll zu Warnemünde für reichsfriedensschlußwidrig erklärt und auf dessen Einziehung sowie auf Zurückgabe des Ortes selbst mit der Schanze angetragen und eine unmittelbare gütliche Unterhandlung des mecklenburgischen Hofes mit dem schwedischen widerraten. Trotz alledem ward von schwedischer Seite der Zoll nach wie vor erhoben, bis im schwedisch=polnischen Kriege am 8. März 1660 die kaiserlichen Truppen die Schanze zu Warnemünde eroberten und ihren rechtmäßigen Herren wieder anboten, worauf die Schanze geschleift und von der Stadt Rostock in Besitz genommen ward.
Der schwedisch=polnische Krieg wurde durch den Frieden von Oliva vom 3. Mai 1660 beendet. An dem Friedensschluß nahm zwar Mecklenburg keinen Anteil, aber es wurde doch einigermaßen dadurch berührt. Denn in § 2 dieses Friedens versprach der Kaiser der Krone Schweden die Rückgabe aller in dem Herzogtum Mecklenburg eroberten Plätze, insofern sie nämlich von seinen (d. h. den kaiserlichen) Truppen besetzt waren. Aber selbst wenn dieses Versprechen auf die Warnemünder Schanze hätte Anwendung finden können, was doch nach der Ablieferung und Demolierung schwerlich angenommen werden kann, so wurde doch in § 3 dafür gesorgt, daß "alles was in deutschen Reichsangelegenheiten streitig war" - wozu der Warnemünder Zoll in den Verhandlungen dieses Friedens ausdrücklich gerechnet wird - "nach dem deutschen Friedensschluß und den Reichsgesetzen, ohne Geräusch der Waffen, entweder gütlich beigelegt oder gerichtlich entschieden und von beiden Seiten in allen Stücken dem Osnabrückschen Friedensinstrument und den Reichskonstitutionen nachgelebt werden soll."
Wirklich getraute Schweden sich nicht, die Rückgabe von Warnemünde zu fordern oder die demolierte Schanze eigenmächtig wieder in Besitz zu nehmen. Allein, noch bevor der Friede gezeichnet war, erschienen vor dem Warnemünder Hafen schwedische Kriegsschiffe und forderten in der See den Zoll, den man sonst am Ufer erhoben hatte. Mit Bezug auf den "jüngsten Friedensschluß und andere Reichssatzungen" erteilte Kaiser Leo=
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pold den ausschreibenden fürstlichen Höfen des niedersächsischen Kreises zu Magdeburg und Braunschweig den erneuerten Auftrag, die Krone Schweden von dieser reichsgesetzwidrigen Zollforderung und allen hieraus zielenden Tathandlungen nachdrücklich abzumahnen. Darauf verließen die schwedischen Schiffe im November die Reede von Warnemünde, aber schon im Februar 1661 stellte sich abermals ein Orlogschiff ein und begann den Zoll zu erheben. Und trotz eines neuen kaiserlichen Erinnerungsschreibens erdreistete sich das schwedische Gouvernement in Wismar, mit Gewalt eine neue Zollschanze bei Warnemünde aufzuwerfen, zu besetzen und zu befestigen.
So versagten alle Mittel, die das Reichsrecht bot, gegenüber der Hartnäckigkeit eines mächtigen Reichsstandes. Etwaige weitere Schritte überließ der Kaiser dem 1663 eröffneten Reichstage zu Regensburg; dieser riet in einem Gutachten vom 8. Juni 1672 zu einem kommissarischen Versuch zur Güte, bestätigte aber wiederholt die bisher zum Vorteil Mecklenburgs ergangenen Beschlüsse und behielt diesen, falls bis dahin die Sache noch nicht ausgetragen sein sollte, die Aufnahme in den künftigen Reichstagsabschied ausdrücklich vor.
Der bald darauf (1675) ausbrechende schwedisch=brandenburgische Krieg machte die Befolgung des vom Reichstag erteilten Rates einstweilen unnötig. Die neue Warnemünder Schanze ward von den alliierten Truppen erobert und zerstört und der Rostocker Handel von den schwedischen Fesseln für einige Zeit befreit. In den Friedensverhandlungen von Nimwegen 1678/79 verwandten sich mehrere Mächte im Interesse des Hauses Mecklenburg dafür, die dauernde Abstellung des Warnemünder Zolles in die allgemeinen Friedensbedingungen aufzunehmen, allein das machte auf Schweden ebensowenig Eindruck wie die immer wiederholten Proteste der Stadt Rostock, die mehrfachen Beschwerden der Herzoge und ein am 23. Juni 1682 von dem Lüneburger Kreistage erlassenes neues dringliches Vorstellungsschreiben des niedersächsischen Kreis=Ausschreibe=Amts. Das einzige, wozu sich Schweden verstehen wollte und mehrmals erbot, war die gleiche Teilung der Zolleinkünfte zwischen Mecklenburg und Schweden, aber das verweigerten die Herzoge, die die völlige Abschaffung des Zolles verlangten.
Der Zoll war aber nicht das einzige Ungemach, welches Mecklenburg von Schweden zu erdulden hatte. Während der nordischen Kriege in der letzten Hälfte des 17. und den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts hatte die Lage der schwedischen
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Festung Wismar die mecklenburgischen Lande zum unglücklichen Mittelpunkt der Operationen der verschiedenen kriegführenden Heere gemacht. Der Ersatz, den Mecklenburg für alle dabei erlittenen Schäden und geleisteten Lieferungen, besonders von der Krone Schweden, gemäß dem Westfälischen Frieden 14 ) und verschiedenen bündigen Zusicherungen ihrer Generale zu beanspruchen hatte, war bereits zu solcher Höhe angewachsen, daß, als im Jahre 1711 der Stadt Wismar eine neue Belagerung drohte, Mecklenburg sich weigerte, die unbezahlte Schuld durch neue Lieferungen zu vergrößern. Aus purem Mitleid mit der Garnison, die dem sicheren Tode geweiht gewesen wäre, gab man schließlich nach und bequemte sich 1712 und 1713 zu neuen Geld= und Fouragelieferungen, die aber, mit Rücksicht auf Mecklenburgs Neutralität, nur gegen Anweisung sicherer Bezahlung gegeben werden konnten. Diese Bezahlung jedoch blieb aus. Dennoch begnügte man sich in Wismar nicht mit den ausgeschriebenen und gelieferten Bedürfnissen an Geld und Lebensmitteln, sondern freiwillige und kommandierte schwedische Parteigänger durchstreiften und verwüsteten fast täglich das Land, trieben rückständige Lieferungen mit Gewalt ein, erpreßten was sie verlangten, zerstörten was sie nicht mitnehmen konnten. Trotzdem stieg die Not in Wismar von Tage zu Tage. Man bedurfte dringend verstärkter Geldzuschüsse, und die glaubte man bei dem damaligen schlechten Zustande der schwedischen Finanzen nur von der mecklenburgischen Kammer erwarten zu dürfen. Nach langen Verhandlungen verpfändete Schweden gegen eine Anleihe von 23000 Talern dem Herzog Karl Leopold am 14. März 1714 den Warnemünder Zoll mit der Bedingung, daß der etwaige Überschuß seines Ertrages nach Abzug der Zinsen der Krone Schweden berechnet werden sollte. Der Zoll ward denn auch von Mecklenburg in Besitz genommen, von demselben Mecklenburg, das alle die Jahre hindurch ihn als eine rechtswidrige Einrichtung bekämpft hatte. Aber man glaubte nicht anders handeln zu können, wollte man nicht den Zoll gar in die Hände eines Dritten fallen lassen.
Aber diese Hilfe entsprach den Bedürfnissen der Unterhaltung der wismarschen Garnison und Festung nicht. Karl XII.
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ersuchte den Herzog um Verstattung neuer Lieferungen aus Mecklenburg und erbot sich zur gewissenhaften Bezahlung alles schon genommenen und weiterhin zu liefernden. Karl Leopold aber trug Bedenken, ohne noch verstärkte Sicherheit darauf einzugehen, und so kam am 15. Juni desselben Jahres ein neuer, allerdings nicht vom König selbst, der fern von Schweden im Felde stand, sondern in seiner Vertretung von seiner Schwester Ulrike Eleonore vollzogener und von sämtlichen Ministern unterzeichneter Vertrag zustande, demzufolge die erste Geldanleihe für den Warnemünder Zoll auf das Doppelte, also 46 000 Taler erhöht, dafür aber der Zoll ohne Berechnung seines Ertrages, auf Gewinn und Verlust, dem Herzog für obige Summe und "für alles, was sonsten noch zum Nutzen der Stadt und Festung Wismar an Geld, Lebensmitteln und Korn aus den hiesigen Landen durch Ausschreiben und Executiones eingetrieben worden", zur Pfandnutzung (jure antichretico) von der schwedischen Regierung förmlich überlassen wurde; die Erstattung sollte nicht anders als gegen völlige Bezahlung des Kapitals und "alles übrigen, was bisher der mehrgedachten Festung aus den hiesigen Landen geliefert und verabfolget worden", nach einer vorläufigen billigen Liquidation erfolgen, doch "alles ohne Prajudiz und Nachteil des von dem einen oder andern Teil an diesem Zoll etwa habenden Rechtes und Anspruchs".
Daraufhin machte man sich in Mecklenburg daran, eine peinlich genaue und gewissenhafte Berechnung aller Lieferungen und Exaktionen für Stadt und Festung Wismar aufzustellen; die Gesamtsumme derselben betrug allein aus den Jahren 1711, 1712 und 1713 (ohne das bare Pfandkapital) 182721 Taler 4 Schillinge 10 Pfennige. Diese Rechnung ward, gehörig beglaubigt, am 15. Januar 1715 dem schwedischen Generalgouvernement in Stralsund eingereicht. Dieses hatte aber einige Zweifel dagegen und übertrug am 20. Februar dem wismarschen Vizegouverneur eine gemeinschaftliche Liquidierung mit mecklenburgischen Bevollmächtigten. Demgemäß traten die herzoglichen Kommissarien mit dem Vizegouverneur und dem Landrentmeister in Wismar zusammen, um für die mecklenburgischen Domänen und Städte - die Rechnungen der Ritterschaft kamen damals gar nicht mit zur Sprache - miteinander zu liquidieren. Die Art, mit der die schwedischen Bevollmächtigten hierbei verfuhren, übertraf die schlimmsten Erwartungen: die Preise der gelieferten oder erpreßten Bedürfnisse wurden willkürlich abgemindert, andere Forderungen gar nicht anerkannt, eidliche Atteste meck=
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lenburgischer Obrigkeiten und sonst unverdächtiger Zeugen für ungültig erklärt usw. - kurz, die von Mecklenburg liquidierte Summe wurde auf nicht ganz 50 000 Taler reduziert und damit das ganze Liquidationsgeschäft am 12. April sub spe rati beiderseitig beendigt. Aber die Ratifikation erfolgte nicht. Mecklenburg begnügte sich, der Bestimmung des Pfandkontraktes durch ungesäumte Aufstellung und Einreichung einer "billigen und verifizierten Rechnung" entsprochen zu haben, überließ die der Wiederbezahlung voraufgehen sollende "billige Liquidierung" der Zukunft und der Zoll ward bis zu Karl Leopolds Tode (1747) für mecklenburgische Rechnung ruhig fort erhoben. Nur die Stadt Rostock hatte gleich zu Anfang des herzoglichen Pfandbesitzes ihre Rechte gegen diesen Zoll durch Verwahrungen gesichert. Karl Leopolds Nachfolger, Christian Ludwig II. hob dann 1748 den Warnemünder Zoll ganz auf.
Aber Schweden beruhigte sich nicht. Zu wiederholten Malen stellte es Anträge auf Wiederherstellung und Zurückgabe des Zolles - Anträge, die von Mecklenburg beantwortet und zum Stillschweigen gebracht wurden. So geschah es 1749,1755,1768. Nach längerer Pause sandte dann im April 1787 König Gustav III. den Regierungsrat v. Carisien als Ministerresidenten an den mecklenburgischen Hof, um, wie das Beglaubigungsschreiben besagte, "die Angelegenheiten, die zwischen Schweden und Mecklenburg abzumachen sein können, an Ort und Stelle abzuschließen". Man nahm in Schwerin an, daß dieser Schritt dienen solle "zu einer gemeinschaftlichen Aufklärung und billigen Berichtigung nicht nur dessen, was die schwedische Krone von Mecklenburg zu prätendieren sich berechtigt hält, sondern auch der von Mecklenburg zumteil seit länger als einem Jahrhundert vergebens zur Befriedigung empfohlenen Forderungen und Beschwerden gegen Schwedens Könige und deren Staaten". In dieser Annahme aber hatte man sich gründlich getäuscht. Carisien überreichte am 11. Mai dem herzoglichen Ministerium eine hochfahrende Note des Inhalts: Der König, gesonnen, das der Krone Schweden durch den Westfälischen Frieden zuerkannte Recht am Warnemünder Zoll wieder mit der Krone zu vereinigen, habe nicht umhin gekonnt, zu bemerken, wie selbige Gerechtsame durch ungültige Schritte davon getrennt worden, indem der Warnemünder Zoll bekanntermaßen ohne Genehmigung König Karls XII. verpfändet und überlassen, auch der Pfandbrief nicht mit der Unterschrift des Königs versehen sei. Der König habe demnach alle Ursache, diese Verpfändung oder die zum Schaden
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des Reiches Schweden auf eine so unordentliche Art gemachte Schuld nicht anzuerkennen; da aber die Anleihe doch für die schwedische Armee verwandt worden sei, wolle der König aus Freundschaft für den Herzog und aus Billigkeitsrücksichten den ihm gehörigen Warnemünder Zoll nicht anders als gegen Bezahlung der Summe, die der Herzog zu fordern zu haben vermeine, zurückverlangen. Es handele dich demnach wohl nur darum, den Zeitpunkt der Abtretung des Zolles und der Auszahlung der Gelder zu bestimmen.
Die Antwort des mecklenburgischen Ministeriums vom 9. Mai war in höflichem Ton gehalten, lautete im übrigen aber sehr bestimmt. Sie betont zunächst die hinreichend oft dargetane Ungesetzlichkeit der Zollerhebung Schwedens an den mecklenburgischen Küsten und den bei jeder Gelegenheit erhobenen Widerspruch der Herzoge dagegen, sodann die berechtigten Entschädigungsforderungen Mecklenburgs für die ihm während der nordischen Kriegsunruhen von schwedischer Seite zugefügten Verluste, und stellt die Vorlage der Urkunden und Beläge für das eine wie für das andere in Aussicht. "Sobald also" - heißt es dann weiter - "von Wiederherstellung eines schwedischen Zolles zu Warnemünde die Rede sein solle, werde natürlicherweise nicht allein die begründete und oft genug ausgesprochene Nichtanerkennung der Existenz einer schwedischen Zollberechtigung in Mecklenburg, sondern auch die bare Befriedigung der nur einstweilen unterdrückten Indemnisationsberechnung gegen die Krone Schweden zur Sprache kommen. Wegen der Zollberechtigung aber, die nicht bloß Sache des Herzoglichen Hauses, sondern eine gemeinschaftliche Angelegenheit des ganzen Deutschen Reiches sei, werde vor weiterem mit dem Kaiser und den übrigen Reichsständen das nötige vereinbart werden müssen. Zugleich werde an der bei den Pfandverhandlungen des Jahres 1714 vorbehaltenen Liquidation, die sich einstweilen nur auf die Lieferungen des Domaniums und der Städte nach Wismar erstreckt habe, auch die Ritterschaft wegen ihrer Privatforderungen teilnehmen müssen, die auf die Kunde von den bevorstehenden Verhandlungen dem Ministerium bereits ein darauf bezügliches Promemoria eingereicht habe. Diese beiden Betrachtungen habe man dem Ministerresidenten schon darum nicht vorenthalten können, um vorläufig schon jetzt den Gang zu bezeichnen, den die Unterhandlungen wegen des Warnemünder Zolles nach dieser Sachlage würden zu nehmen haben. Ganz außer Zusammenhang mit der Zollangelegenheit stehe eine zweifache Schuldforderung des
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herzoglichen Hauses an die Krone Schweden, die zuletzt im Jahre 1777 von Mecklenburg angeregt, aber nicht zur Befriedigung gelangt und seither auf den Herzog Friedrich Franz vererbt sei. Übrigens fehle es auch sonst nicht an Klagen und Beschwerden aus älterer und neuerer Zeit gegen schwedische Untertanen, deren Abstellung durch die dortigen Behörden man bisher vergeblich angeregt habe, über die aber hoffentlich bei dieser Gelegenheit gleichfalls ein Einverständnis erreicht werden könne.
Die Verhandlungen begannen in der Tat. Sie wurden von schwedischer Seite anfänglich von Carisien, dann, nach dessen Abberufung, von dem an seine Stelle getretenen Regierungsrat und Ministerresidenten v. Horn zum Teil mündlich geführt. Aber sie rückten langsam von der Stelle. Daß Mecklenburg sie vorsätzlich verzögert und erschwert habe, wie ihm die Schweden vorwarfen, ist schwerlich richtig; man scheint im Gegenteil ihnen so weit entgegengekommen zu sein, daß man das Recht des Königs zur Reluition des Warnemünder Zolls nicht weiter in Zweifel zog. 15 ) Aber man bestand fest darauf, daß gleichzeitig endlich auch die oft genug erhobenen mecklenburgischen Forderungen aus den Jahren 1711-14 beglichen würden, in die man nun auch die Ritterschaft einschloß, zu deren Liquidierung man bereits Kommissarien ernannt hatte und deren Höhe mit Einschluß der Pfandsumme 228388 Rthlr. 20 Schillinge 20 Pfennige betrug. Doch ebenso hartnäckig beharrte Schweden bei seiner Weigerung, diese Forderungen anzuerkennen. Eine Note Horns vom 3. August betonte das in schroffster Weise; sie verstieg sich sogar zu einer direkten Drohung, indem sie erklärte, "daß, wenn man fortführe, die aus bloßer Großmut geschehenen Anerbietungen des Königs mit unstatthaften Ausflüchten und Schwierigkeiten zu erwidern, und durch eine so vorsätzliche Zögerung die Geduld Ihro Königlichen Majestät zu ermüden, es sich ereignen könnte, daß AllerhöchstDieselben von Ihrem Rechte Gebrauch machten und Ihr Eigentum ohne Bezahlung wiedernähmen." Schweden verlangte nunmehr eine kategorische Antwort; es komme nur darauf an, die Frage: ob man mecklenburgischerseits der Reluition des Warnemünder Zolles noch ferner die beregten oder sonst irgend einige Hindernisse in den Weg zu legen gemeint sei, mit Ja oder Nein zu beantworten. "Um inzwischen" - so schloß Horn seine Note - "dieserhalb alle weitere Erörterung, die nur zur Vermehrung des bisherigen Zeitverlustes gereichen würde, zu vermeiden, er=
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bietet sich der Unterzeichnete überhaupt für die gesamte, auf die Verpfändung des Warnemünder Zolles eine Beziehung habende Forderung und also, mit Inbegriff der baren Anleihe, zu einer Summe von 70000 Rthlr. damaligen Wismarschen und Mecklenburgischen Valeurs, und erwartet mit Zuverlaß, daß, wo man überhaupt Herzogl. Mecklenburgischer seits eine Vereinbarung zu treffen gesonnen ist, dieser billige Vorschlag mit Bereitwilligkeit werde angenommen werden."
An dieser Bereitwilligkeit aber fehlte es der mecklenburgischen Regierung, sie brach die Verhandlungen ab. Doch erklärte die erwähnte, vom 16. August 1787 datierte Denkschrift, der Herzog behalte sich vor, für den Fall einer Fortsetzung der schwedischen Versuche zur Wiederherstellung des Warnemünder tolles nicht nur die Rechtsungültigkeit einer solchen Intention, sondern auch die Gründe der verschiedenen gerechten Forderungen seines Hauses an die Krone Schweden in einem ausführlicheren Lichte öffentlich der Welt vor Augen zu legen. Indessen erschien es dem Herzog geraten, bei Zeiten Vorkehrungen zu treffen, und so trug er schon jetzt dem Berliner und dem Petersburger Hofe die Sache vor und erhielt sowohl von König Friedrich Wilhelm II. als auch von der Kaiserin Katharina II. die beruhigendsten Zusicherungen.
Die Denkschrift von 1787 war bis dahin das letzte Wort zwischen Mecklenburg und Schweden in der Angelegenheit des Warnemünder Zolles gewesen. Wenn nun im Jahre 1802 Schweden die Frage noch einmal wieder anrührte, so konnte seine Absicht nicht die sein, den Herzog zur Herausgabe des Zolles zwingen zu wollen, denn man mußte sich sagen, daß man hier dem Widerspruch anderer Mächte, besonders Preußens und Rußlands, begegnen würde und daß es ja ein Widersinn sei, auf dem Zoll bestehen zu wollen in einem Augenblick, wo man im Begriff stand, sich einer weit wichtigeren Besitzung auf deutschem Boden zu entäußern. Man wird vielmehr annehmen dürfen, daß Schweden selbst den Wunsch hegte, die alte Streitfrage bei dieser Gelegenheit endgültig aus der Welt zu schaffen und sich ihrer nur bediente, um den Preis für Wismar möglichst in die Höhe zu treiben. Daß die Zollfrage geeignet sein könne, einen glücklichen Ausgang der Verhandlungen ernstlich zu gefährden, wie sich weiterhin herausstellte, hat man in Schweden schwerlich erwartet.
Auf Tolls Schreiben vom 12. März gab Lützow zunächst eine interimistische Antwort: er werde sich nach Möglichkeit beeilen, die Meinung des Herzogs über die schwedischen Forde=
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rungen einzuholen - so schrieb er am 29. März von Hannover aus. In seiner offiziellen Rückäußerung, datiert "Ludwigslust den l. Mai 1802", akzeptiert er zunächst die vorgeschlagene Summe von l 250 000 Talern, bezeichnet sie aber auch als die unüberschreitbare Grenze für den Herzog; zugleich betont er, daß wie alle bisherigen Augebote Mecklenburgs so auch' dieses von Talern in Gold zu verstehen sei, und spricht die Hoffnung aus, daß die Nebenkosten sich nicht hoch belaufen würden. Hinsichtlich dieses letzten Punktes glaubte Toll, der am 27. Mai von Helsingborg aus antwortete, Lützow beruhigen zu können; zu diesen Unkosten würde allerdings der Ankauf der dem Könige eigentümlich gehörenden Grundstücke in Wismar, z. B. des Gouvernementshauses u. a., gehören müssen. Im übrigen aber müsse er erklären, daß seine Regierung sich auf Taler Gold nicht einlassen könne, sondern unbedingt an Hamburger Banco, als der einzigen in Schweden anerkannten fremden Währung, festhalte, die ja zudem einen höheren Wert repräsentiere. Und dann könne er nicht umhin, Lützows Aufmerksamkeit auf einen anderen, beide Herrscher interessierenden, für Mecklenburg aber besonders wichtigen Gegenstand zu lenken, nämlich auf die Warnemünder Frage. Schwedens Recht auf den dortigen Zoll sei unanfechtbar, wenn es auch längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht sei. Nun fordere es der König zurück, sei aber bereit, gegen eine angemessene Entschädigung darauf zu verzichten; diese Angelegenheit würde am leichtesten zu einem befriedigenden Ende geführt werden können, wenn man sie Hand in Hand gehen ließe mit den Unterhandlungen über Wismar. Lützow möge daher die Befehle des Herzogs darüber einholen.
Diese Antwort Tolls erregte in Schwerin beim Ministerium, dem sie der Herzog ungesäumt zugehen ließ, einige Bestürzung, die sich in dem vom 29. datierten "Unterthänigsten Pro Memoria" widerspiegelt. "Die gnädigst übersandte Antwort des Barons von Toll an den Oberhofmeister von Lützow" - heißt es da - "entfernt die Hoffnung einer Vereinbarung über die Herrschaft Wismar gänzlich. Ihro Herzogliche Durchlaucht haben Sich bereits davon überzeugt, daß es dem Herzoglichen Hause unmöglich sey, die Schwedische Forderung von l 250 000 Rthlr. Banco oder l 759 375 Rthlr. Gold zu bewilligen, jetzt aber wird daneben nicht nur die Bezahlung der eigentümlichen Grundstücke in Wismar - die man nicht einmal kennet - verlangt, sondern es wird auch die Angelegenheit des Warnemünder Zolles mit der wegen Ueberlaßung der Herrschaft Wismar in Verbindung
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gesetzt, so daß man wünschen mögte, diese Negotiation nie angefangen zu haben. Da dießeits einmahl erklärt ist, daß das Anerbieten von 1250000 Rthlr. Gold das ultimatum sey, man aber Schwedischer Seits auf die gemachte Forderung besteht, die Angelegenheit wegen des Warnemünder Zolles sich aber zu dieser Negotiation nicht qualificiret: So scheint es den Unterzeichneten am geratensten, diese Unterhandlung, welche höchstwahrscheinlich doch nie zum Zweck führen wird, als abgebrochen zu betrachten und das Schreiben des Barons von Toll ganz unbeantwortet zu laßen. Solte man in Schweden, oder sollte der Baron v. Toll nicht eben für sich allein, die Absicht haben, diese Unterhandlung durch Häufung von Schwierigkeiten auf eine feine Art ganz abzubrechen, und dereinst eine Antwort verlangen: So wird ihm sodann noch immer von dem Oberhofmeister von Lützow geantwortet werden können, daß er mit weiterer Resolution nicht versehen sey. Allemahl mögte es indeßen ratsam seyn, dem Durchlauchtigsten Erbprintzen eine Abschrift des Tollschen Briefes durch Estaffette nach Memel zu übersenden, und dabey zu eröfnen, daß Höchstdieselben nach Beschaffenheit der Schwedischen Forderung . . . . und in Betracht der unerwartet mit dieser Negotiation in Verbindung gesetzten Gegenstände, Sich gemüßiget sähen, diese Unterhandlung auf sich beruhen zu laßen, zugleich aber auch dem Durchlauchtigsten Erbprinzen an Hand zu geben seyn, Sich bey des Kaisers von Rusland und Königs von Preußen Majestäten dahin zu verwenden, daß beide geruhen wolten, Sich des Herzoglichen Hauses kräftigst anzunehmen, wenn die Schwedischer Seits schon mehrmalen versuchte Ansprache an den Warnemünder Zoll künftig aufs neue in Anrege gebracht werden solte."
Dem Erachten des Ministeriums entsprechend schrieb der Herzog schon am folgenden Tage an den Erbprinzen Friedrich Ludwig, der damals auf dem Wege nach Memel war, wo er der Zusammenkunft zwischen Kaiser Alexander von Rußland und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen in Memel (10. bis 16. Juni) beigewohnt hat. 16 ) "Aus anliegende Stücke wirst Du ersehen," - schreibt Friedrich Franz - "was für eine unangenehme Wendung die Unterhandlungen wegen Wismar genommen haben, und wie unbillig Schwedischer Seits gegen mich verfahren wird, besonders in Absicht der Einmischung der Warnemünder Angelegenheit. Es ist möglich daß der König von
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Schweden die Sache mit Warnemünde weiter treibt, um mich zu forciren Ihm Wismar zu seinen bestimmten Preiß anzunehmen, allein dieß ist eine unmöglichkeit, indem mein Both schon so hoch ist, daß ich kaum zwey procent davon habe, wenn ich es bekomme. Ich habe daher nach dem beyliegenden Erachten des Minist. die partie genommen gar nicht zu antworten, indem keine Antwort hinlänglich beweiset daß ich die Unterhandlungen abbreche. Ich gebe Dir daher den Officiellen Auftrag, so wohl Ihro M. dem K. v. Russland, als auch I. M. d. K. von Preussen meine dringendste Bitte vorzustellen, sich meiner in der Warnemünder Angelegenheit thätig anzunehmen, und zu unterstüzen, falls es dem König v. Schweden einfallen sollte, wiederum weiter in die Ansprüche an Warnemünde hineinzugehen, und mich so wohl Schriftlich als Thätlich unrechtthun zu wollen. Die Schweden scheinen sich immer gleich zu bleiben, und nur die Ungerechtigkeiten heufen zu wollen, die sie schon an mir ausgeübt haben, von denn gerechten und freundschaftlichen Gesinnungen beyder Majestäten binn ich zu dehr überzeugt, als daß ich daran zweifeln könnte, daß Sie mich nicht in voller Macht bey stehen werden. . . Thue Dein bestes, und gib mir so bald als irgend Möglich per estaffette nachricht, welche resolution Du auf meine Bitte erhalten hast."
Die Antwort Friedrich Ludwigs, datiert Memel d. 11. Juni, lautet: "Bei meiner Ankunft hieselbst am 8. Nachmittags erhielt ich die Estaffette mit Ihrem Gnädigen Briefe, für welchen ich Ihnen, bester Vater, meinen unterthänigsten Dank sage. Ich leugne nicht, daß die Ursache dieses Briefes mich äußerst befremdet hat, da sie so wenig mit dem übereinstimmt was ich bei meiner Abreise von Hause zu erwarten berechtigt war. Das Schwedische Betragen ist wahrhaft schändlich, und empört jedes Gefühl von Billigkeit und delicatesse. Ich freue mich sehr daß Sie für gut gefunden haben, das unhöfliche Schreiben des Barons v. Toll keiner Antwort zu würdigen. Irre ich mich nicht, so wird man am Ende uns noch gute Worte geben, den an jetzt abgeschnittenen Faden wieder anzuknüpfen. Ich habe Gelegenheit gehabt noch manches über die große Schwedische Geldnoth zu höhren, den unwiedersprechlichsten Beweis davon giebt übrigens das Betragen gegen uns, denn ich glaube gewiß, daß nur große Verlegenheit zu so einem Schritte führen kann. Ihren gnädigen Befehlen zufolge, habe ich sogleich die ganze Angelegenheit Sr. Majestät dem Könige von Preussen vorgestellt, und in Ihrem Nahmen denselben um seinen Beistand gebeten,
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wenn Schweden weitere Schritte in dieser Sache thun würde. Der König war gleichfalls sehr über dieses Betragen verwundert, und billigte vollkommen die von Ihnen genommene Parthie. Sr. Majestät tragen mir auf Ihnen viele Empfehlungen zu machen und Ihnen zu versichern daß im Fall weiterer Schritte von Schwedischer Seite, Sie mit Vergnügen alles dasjenige beitragen würden, was Ihnen die Umstände erlauben könnten, um diese unangenehme Angelegenheit beizulegen. Da ich dem Kaiser von Rußland eine ziemliche Strecke weit in Rußland entgegen gereiset bin, so habe ich sogleich Gelegenheit gefunden ihn von Ihrem Wunsche theuerster Vater zu unterhalten. Der Kaiser war ebenfalls äußerst mit dem Schwedischen Betragen unzufrieden, und der Meinung, daß Sie sehr wohl gethan hätten gar nicht darauf zu antworten. Er hat von mir einen kleinen Aufsatz verlanget, wovon ich persönlich die Abschrift unterthänigst einreichen werde, um demselben zu Folge seinen chargé d'affaires in Stockholm zu unterrichten, die nöthigen Maßregeln zu nehmen, im Fall man Schwedischer Seits weitere Schritte in dieser Sache thun würde. Uebrigens trägt mir der Kaiser viele Freundschafts=Versicherungen an Ihnen auf. Allem diesen zufolge, überlasse ich mich den besten Hoffnungen in dieser ganzen Angelegenheit, und bitte Sie unterthänigst sich hierüber ganz zu beruhigen, indem sicher anjetzt Schweden hinreichende BewegungsGründe haben wird uns in Ruhe zu lassen." Gleich nach seiner Rückkehr, unterm 25. Juni, teilte dann der Erbprinz dem Grafen Bassewitz mit: "In Berlin habe ich mit dem Minister Grafen von Haugwitz über die Schwedische Angelegenheit ausführlich gesprochen. Er war in allen Stükken unserer Meinung, und hat uns die thätigste Unterstützung versprochen. Er hat mich auch um die Abschrift des Tollischen Briefes gebeten. . . Die eine nach Memel überschickte Abschrift habe ich dem Grafen von Kotschubey überlassen."
Da also das Schreiben Tolls vom 27. Mai unbeantwortet blieb, wurde der König ungeduldig; er glaubte zu wissen, daß Lützow vom Herzog an verschiedene Höfe gesandt sei, um für den Notfall deren Unterstützung zu erbitten - was aber Lützow in Abrede nahm - und es verdroß ihn, daß der Herzog zu aller Welt von den Verhandlungen gesprochen hatte. So befahl er Toll, an Lützow zu schreiben (Kristianstad, 4. August): der König wünsche zu wissen, ob der Herzog auf die Fortsetzung der Verhandlungen Wert lege oder sich eines anderen besonnen habe; im übrigen habe er an der Sache, sie falle aus wie sie wolle, kein übermäßiges Interesse.
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Neben diesen diplomatischen Verhandlungen zwischen Toll und Lützow gingen indessen noch andere her, die demselben Ziele zustrebten, aber geheim betrieben wurden. Geführt wurden sie durch den schwedischen Kammerrat Schröder in Wismar und den mecklenburgischen Kammerdirektor Brüning. Am 8. August ließ Schröder den ihm befreundeten Brüning um eine unauffällige vertrauliche Besprechung an einem von Brüning zu bestimmenden Orte bitten, und am 16. August fand diese Unterredung in Hof Mecklenburg statt. Schröder, der im Laufe des Gesprächs auf Brünings direkte Frage hin gegen die Zusicherung strengster Diskretion zugestand, daß er in amtlichem Auftrage erschienen sei, daß sein Kommen als Beweis der Geneigtheit der Krone Schweden zur Fortsetzung der ins Stocken geratenen Unterhandlungen angesehen werden könne, und daß der König, Toll und der Obermarschall, frühere Tribunalspräsident in Wismar Baron v. Klinkowström, sonst aber niemand um die gegenwärtige Begegnung wisse - Schröder also begann damit, daß man in Schweden mit höchster Spannung die Antwort auf die letzte schwedische Forderung erwarte und sich Lützows Schweigen gar nicht erklären könne, worauf Brüning erwiderte, daß seines Wissens bei der enormen Höhe der Forderung man sich noch nicht zu einer Antwort habe entschließen können und wohl warten werde, bis Schweden seine Ansprüche ermäßige. Im übrigen sei er über die Einzelheiten der Verhandlungen mit Schweden nicht genau unterrichtet, habe aber für sich und zu eigener Information eine Anzahl von Punkten angemerkt, über die aufgeklärt zu werden ihm erwünscht sei. Schröders Antworten auf Brünings Fragen ergaben dann folgendes: Stadt und Herrschaft Wismar werden mit allen den Rechten, wie die Krone Schweden sie bisher besessen hat, dem herzoglichen Hause Mecklenburg überlassen, aber nur pfandweise. Auf wie viele Jahre, wird von Mecklenburg abhängen; schwedischerseits ist man geneigt, den Pfandkontrakt auf 100 Jahre abzuschließen, denn eine Reluition wird ja doch nie stattfinden. Die schwedischen Beamten werden von Mecklenburg übernommen, die Pachtkontrakte in den Ämtern müssen gehalten werden. In eine Überlassung der königlichen Gebäude in Wismar ohne besondere Vergütung wird Schweden wahrscheinlich willigen; übrigens kommen da nur das Tribunalsgebäude, das Magazin und Schröders Dienstwohnung in Betracht, da die beiden Hauptgebäude, nämlich das Zeughaus und das Provianthaus, schon vor einigen Jahren an die Stadt verkauft sind. Ob aber Schweden die Post=
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linie Hamburg-Stralsund abtreten wird, ist sehr fraglich. Daß man schwedischerseits den Warnemünder Zoll wieder zur Sprache gebracht hat, bedeutete nicht, daß die Ansprüche auf denselben nochmals erhoben werden sollten; vielmehr ist Schweden zum Verzicht bereit und wünscht nur, "diese Verzichtleistung zum Zweck der Erhaltung eines höheren quanti mit in Rechnung zu bringen". Außer der geforderten Summe von 1 1/2 Millionen in Hamburger Banco würden nur "die gewöhnlichen, bei solchen Conventionen üblichen Douceurs und eine Remuneration für den General v. Toll" zu zahlen sein. Auf den Rest der Satisfaktionsgelder muß natürlich Rücksicht genommen werden; Schweden "wird suchen, diese auf die eine oder die andere Art mit hinein zu handeln". Die Absicht bei der gegenwärtigen Unterhaltung geht dahin, daß vorläufig, ohne Verbindlichkeit für beide Höfe, ein Versuch gemacht werde, ob über die wesentlichen Punkte des Pfandkontraktes eine Vereinbarung zu erreichen möglich sei. Deshalb wird Brüning ersucht, "gleichsam als für sich" Schröder eine Art von schriftlicher Punktation zum Pfandkontrakt zuzustellen, die dann Schröder, nach eingeholter Instruktion, auch als für sich und ohne eines Auftrages zu erwähnen, beantworten wird und sodann wird zwischen ihnen beiden die Sache bis dahin behandelt, vorbereitet und abgemacht, daß schließlich die Konvention nur ministeriell förmlich abgeschlossen werden kann. Eine etwaige schriftliche Erklärung Brünings wird aber baldmöglichst erbeten. Sollte übrigens der Handel mit Mecklenburg nicht zustande kommen, so ist schon ein anderer Plan entworfen: "man will Wismar an England, das dazu Neigung hat, verkaufen; man hofft das Amt Poel bei der Stadt Lübeck anzubringen und das Amt Neukloster will man mit Beibehaltung der Landeshoheit parzellieren und an einzelne Personen verkaufen."
Den Inhalt dieser Unterredung brachte Brüning noch an demselben Tage in dialogischer Form zu Papier und übersandte die Niederschrift dem Ministerium, welches "zur Fortsetzung dieser Negotiation sehr geneigt" war und Brüning wissen ließ: "Dem Herzoglichen Ministerio würde es äußerst angenehm seyn, wenn die Negotiation wegen Acquisition der Herschaft Wismar, auf dem eingeleiteten Wege, durch ihn zu Stande gebracht werden könnte. Er werde zwar selbst einsehen, daß er während Serenissimi Abwesenheit mit bestimmter Instruction nicht versehen werden könnte, indessen verfehle das Ministerium nicht, ihm den bisherigen Stand der Sache dahin bekannt zu machen,
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daß Serenissimus für die eigenthümliche Abtretung der Herschaft Wismar, unter demnächst näher zu regulierenden Bedingungen, die Summe von 1 250 000 Rthlr. Gold hätten offerieren laßen. Sobald man dießeits davon überzeugt sey, das dies oblatum annehmlich befunden würde, würde das Ministerium mit Vergnügen die weitere Einleitung befördern und die wesentlichsten Bedingungen vorlegen, damit diese Angelegenheit zur wechselseitigen Zufriedenheit beider Hofe und derjenigen, welchen die Negotiation in Schweden übertragen werden würde, reguliret werden könnte." In diesem Sinne war denn auch Brünings Antwort an Schröder vom 24. August gehalten. -
Die Antwort aus Tolls Mahnschreiben vom 4. August ließ lange auf sich warten, allerdings nur infolge äußerlicher Ursachen. Lützow erhielt es am 22., und zwar in Pyrmont; er übersandte es alsbald dem Ministerium, konnte aber natürlich dessen Anweisung, wie und was er zu antworten habe, erst nach geraumer Zeit erlangen. Am 1. September wurde er dahin instruiert, "in freundschaftlichen Ausdrücken" an Toll zu schreiben: Er sei zwar zurzeit ohne bestimmte Instruktion, habe aber Grund zu glauben, daß angesichts der letzten schwedischen Forderung und namentlich der derselben angehängten Bedingung hinsichtlich des Warnemünder Zolles das herzogliche Haus die Hoffnung, die Behandlungen zu wechselseitiger Befriedigung beendigt zu sehen, aufgeben müsse. Er wage gar nicht, vom Herzoge Instruktionen zu erbitten, solange nicht die schwedische Forderung dem mecklenburgischen Angebot einigermaßen angenähert werde, und wenn es nicht Toll beliebe, seinen letzten neuen und unerwarteten Vorschlag zurückzuziehen. Gewiß werde der Herzog immer wünschen, Wismar mit Zubehör zu erwerben, aber auch diesen seinen Wunsch der Möglichkeit seiner Verwirklichung unterzuordnen wissen.
Dem bestimmten Ton dieses vom 7. September aus Ludwigslust datierten Briefes entsprach Tolls kategorische Antwort (Kristianstad, 28. September). Eine Modifikation der in Seinem Schreiben vom 7. Mai aufgestellten überaus bescheidenen Forderungen - so heißt es da - sei absolut unvereinbar mit dem Interesse Schwedens. Einen einmal gemachten Vorschlag zurückzunehmen, sei der König schlechterdings nicht in der Lage. Daß Lützow ihn neu und unerwartet nenne, sei erstaunlich, da die Sache oft genug Gegenstand von Verhandlungen zwischen Schweden und Mecklenburg gewesen sei. Wenn Schweden sie jetzt noch einmal zur Sprache gebracht habe, so sei das mit aller möglichen Mäßigung geschehen; habe man sich ja sogar dazu
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erboten, unter gewissen Bedingungen auf ein unbestreitbares Recht zu verzichten. Und da dieses Recht die Frucht eines freien Übereinkommens zwischen Schweden und Mecklenburg sei, so habe keine andere Macht, wie groß ihr Interesse für, den einen oder anderen Teil auch sei, etwas damit zu schaffen. Unter diesen Umständen erkläre er die Verhandlungen wegen Wismar für abgebrochen. "Es ist zu bedauern" - votierte nach Empfang dieses Briefes das Ministerium am 14. Oktober - "daß diese so weit gediehene Negotiation Schwedischer Seits abgebrochen ist, und nun zu besorgen, daß die Ansprüche wegen Warnemünde nunmehr in Anrege werden gebracht werden. Gleichwohl läßt der Inhalt des Schreibens keine Hofnung einer günstigen Negotiation für das Herzogliche Haus übrig und steht darauf nicht wohl eine Antwort zu erteilen ohne Serenissimo und der Sache selbst zu praejudiciren. Fast solte man auf den Gedanken geraten, daß die Bedingung wegen des Warnemünder Zolles ex post blos in der Absicht eingemischt sey, um die Unterhandlung abzubrechen. Es bleibt für jetzt wol nichts anders übrig, als die Sache einsweilen auf sich beruhen zu laßen, bis sich etwa eine andere Gelegenheit finden wird, die Unterhandlung wieder an zu knüpfen."
Gleichwohl dauerte der Briefwechsel zwischen Lützow und Toll noch einige Zeit fort. Lützow äußerte dem Ministerium den Wunsch, "nicht officiellement, sondern en particulier" Toll zu antworten, und legte den Entwurf eines Briefes an ihn vor, an dem über Graf Bassewitz starke Änderungen vornahm. Wenn Schweden - heißt es in diesem Brief vom 29. Oktober - die Verhandlungen für abgebrochen erkläre, so müsse natürlich auch sein Hof sie so ansehen. Doch wolle er persönlich und vertraulich noch eines bemerken. Der Herzog habe allezeit den wahren Wert des angebotenen Pfandes, so weit sich derselbe aus den festen Einnahmen ergebe, seinen Angeboten zu Grunde gelegt. Trotzdem möchte vielleicht der Herzog bewogen werden können, das letzte Angebot zu überschreiten, wenn Schweden seine neuerliche Forderung fallen lasse. Sei das nicht der Fall, so werde man genötigt sein, den Mächten, die sich für das herzogliche Haus interessierten, davon Kenntnis zu geben.
Noch bevor dieser Brief abgesandt wurde, hatte der König Nachrichten erhalten, die ihn gegen den Herzog verstimmten und nicht geeignet waren, seine Neigung zur Nachgiebigkeit, wenn sie überhaupt vorhanden war, zu steigern. Die schwedischen Gesandten Palin in Dresden und Graf Armfelt in Wien hatten
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in ihren Berichten eines Besuches des Herzogs Friedrich Franz in Dresden Erwähnung getan 17 ) und erzählt, daß bei einem Diner bei dem sächsischen Kabinettsminister v. Loß, zu dem der Herzog und u. a. auch der gerade in Dresden anwesende Armfelt geladen waren, es zu einer lebhaften Auseinandersetzung zwischen dem Herzog und Armfelt gekommen sei wegen einiger für den König Gustav Adolf verletzenden Äußerungen des Herzogs über des Königs Verlöbnisbruch; später aber habe der Herzog Armfelt vertraulich mitgeteilt, daß er im Begriff stehe, Wismar zu kaufen für 1 600 000 Reichstaler, die der Kaiser von Rußland ihm zu verschaffen versprochen habe, daß er aber vom Warnemünder Zoll nichts hören wolle; habe der König die Absicht, ihn dazu zu zwingen, so sei er ja der Stärkere, indessen habe er, der Herzog, seinerzeit einen Kurier zu seinem Sohne nach Memel geschickt, um dem damals dort anwesenden Kaiser von Rußland die Sache vorzutragen.
Von diesem Vorfall berichtete Lagerbjelke an Toll und übersandte ihm das Konzept zu einem Briefe an Lützow, der am 13. Dezember abgesandt wurde. In diesem Briefe, in dem der Abbruch der Verhandlungen als vollendete Tatsache behandelt wird, erklärt Toll, daß er nicht gewagt habe, den Inhalt von Lützows letztem vertraulichem Brief dem Könige zur Kenntnis zu bringen und spricht sein Erstaunen aus über die Sensation, die die Erwähnung des Warnemünder Zolls in Mecklenburg gemacht habe. Was die fremden Mächte anlange, die in der Sache interessiert sein sollten, so könne doch wohl nur einer, nämlich der deutsche Kaiser in Betracht kommen, vorausgesetzt, daß Mecklenburg den Rechtsweg beschreite, aber das Recht Schwedens sei doch zu klar, als daß man an einen Prozeß mit seinen endlosen Formalitäten wirklich denken könne.
Diesen Brief übersandte Lützow dem Ministerium mit der Anfrage, ob und wie derselbe beantwortet werden solle. Worauf Graf Bassewitz in dorso bemerkte: "Meo voto können so wohl der Referent als der B. v. Toll füglich ohne Antwort bleiben. Mündlich werde ich dann dem Referenten eröffnen, daß er eine Antwort nicht zu erwarten hätte."
Aber der Abbruch der Verhandlungen war nun ein scheinbarer. Zwar Toll und Lützow schieden für einige Zeit aus der
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Zahl der handelnden Personen aus, indessen blieben die inoffiziellen Unterhändler Schröder, hinter dem Klinckowström stand, und Brüning, der im Einverständnis mit dem Grafen Bassewitz handelte, an der Arbeit.
Am 12. Januar 1803 berichtete Brüning an Bassewitz, er habe am 12. Dezember 1802 in Wismar mit Schröder über die Fortsetzung der Unterhandlungen wegen Wismar gesprochen; Schröder habe sich erboten, Klinckowström darüber zu sondieren, und nachdem dies geschehen sei, so eben an Brüning folgende Zeilen, die Schröder aber in origine zurückerbitte, gerichtet: "Die Sache muß mit vieler Behutsamkeit und Delicatesse sondirt und behandelt werden. Hätten Sie mir suo tempore geglaubt und Ihr eigenes Interesse nicht verkannt, so wär's beßer gewesen. Sagen Sie mir positiv die Summe, so auf die Forderung geboten ist - und gesetzt die Möglichkeit einer Wiederanknüpfung, so knickern Sie nicht, sondern halten sich heilig davon überzeugt: aut nunc aut numquam." Brüning bat nun Bassewitz um baldige genaue Angabe der schwedischen Forderung und des mecklenburgischen Angebots und fügte hinzu: er hoffe auch noch durch seinen Schwager, den dänischen Konsul Wahrendorff in Stockholm, der mit Klinckowström sehr liiert sei, diesen ausfragen zu können. Graf Bassewitz antwortete sofort: das schwedische Ultimatum sei 1 250 000 Rthlr. Banco, das mecklenburgische Angebot 1 250 000 Rthlr. Gold; halte Brüning es für geraten, Schröder eine bestimmte Summe zu nennen, so möge er seine Antwort "essentialiter ohnzielsetzlich dahin faßen: daß er eine Erhöhung des dießeitigen oblati bis zu 1 500 000 Rthlr. Gold nicht bezweifle, wenn die näher zu regulierenden Bedingungen zur Zufriedenheit und Beruhigung des herzoglichen Hauses gereichten". Noch an demselben Tage schrieb Brüning in diesem Sinne an Schröder, erhielt aber zunächst nur dilatorische Antworten, was ihn indessen nicht abhielt, schon jetzt einen Entwurf eines Pfandkontraktes auszuarbeiten und dem Grafen Bassewitz zu überreichen.
Endlich ließen sich am 8. Februar Wahrendorff ganz kurz - Klinckowström hatte ihn einfach an Schröder verwiesen -, ausführlicher am 21. Februar, aber ohne Datum und Unterschrift und in geheimnisvollen Ausdrücken - z. B. wird der König als primum individuum bezeichnet, Klinckowström nur "unser Freund" genannt - Schröder vernehmen. Daraufhin meldete Brüning am 23. Februar dem Grafen Bassewitz: das Angebot von 1 1/2 Millionen Taler Gold werde in Schweden
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nicht angenommen; er schlug eine Erhöhung bis auf 1 200 000 Rthlr. Banco vor, von denen die noch in Wismar zu hebenden Satisfaktionsgelder abzurechnen seien. Damit war Bassewitz einverstanden und beauftragte Brüning damit, durch Schröder eine offizielle Erklärung darüber zu erwirken, "ob diese Offerte annehmlich befunden werde und was für Hauptbedingungen man bei der Verpfändung jenseits dem Herzog zuzugestehen gemeint sei".
Damit aber waren die geheimen Verhandlungen zu Ende, denn inzwischen hatten die Memeler Tage ihre Früchte getragen und die ganze Angelegenheit in das diplomatische Fahrwasser zurückgelenkt. Am 7. Februar machte Alopeus von Berlin aus die vertrauliche Mitteilung, daß in der Warnemünder Sache der preußische Gesandte in Stockholm Schritte getan habe: "Il a été nommément chargé de dire à Monsieur d'Ehrenheim, que la Russie et la Prusse ne permettront pas, que le Roi de Suède moleste le Duc de Mecklembourg-Suérm." Von der Antwort Schwedens werde es abhängen, ob nötigenfalls noch andere Maßregeln zu ergreifen seien.
Alopeus war gut unterrichtet gewesen. In der Tat vereinigten sich Preußen und Rußland zu gemeinsamen Schritten im Interesse Mecklenburgs, zunächst durch Vorstellungen ihrer Gesandten in Stockholm v. Tarrach und Baron Maximilian Alopeus, des älteren Bruders des uns schon bekannten Diplomaten. Am 3. Februar überreichte Tarrach eine geharnischte Note seiner Regierung, am 3. März Alopeus eine ähnlich lautende russische Note, und es entspann sich ein erregter Schriftwechsel zwischen den drei Höfen. Indessen beruhigten sich Preußen und Rußland schließlich, als König Gustav Adolf erklärte, er beabsichtige keineswegs den Herzog von Mecklenburg zu bedrängen und habe seine Ansprüche nicht erhoben, um sie jetzt durchzusetzen, sondern nur, um unter gewissen Bedingungen endgültig auf sie zu verzichten.
Das Vorgehen Preußens und Rußlands scheint aber doch starken Eindruck auf den König von Schweden gemacht zu haben, denn noch während dieses Notenwechsels hatte er einen Versuch gemacht, die zerrissenen Fäden der Unterhandlungen mit Mecklenburg wieder anzuknüpfen. Zu dem Ende sandte er seinen Adjutanten, den Oberstleutnant der Schwedischen Flotte v. Brelin mit einem königlichen Handschreiben und einer diplomatischen Deklaration an den Herzog. Am 9. März traf Brelin in Ludwigslust ein und ließ den Herzog um eine Privataudienz bitten,
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wovon der Herzog sofort den Grafen Bassewitz in Kenntnis setzte mit dem Beifügen: "Da ich Vermuthe, daß diese Absendung bezug auf Wismar hat, wünschte ich, daß Sie so wohl als Brandenstein morgen gegen Mittag hier seyn mögen, um sogleich feste entschließungen Auf das Anzubringende Gesuch zu faßen." Am 10. wurde Brelin vom Herzog empfangen, der das königliche Handschreiben entgegennahm und dem Gesandten einige Artigkeiten über den König sagte, ihn aber im übrigen, so oft auch Brelin einen Anlauf dazu nahm, nicht zu Worte kommen ließ, auch die Annahme der Note oder Deklaration verweigerte und in Bezug auf diese den Gesandten an die Minister verwies, mit denen Brelin dann am Nachmittage eine vorläufige Konferenz hatte.
Das vom 12. Februar datierte königliche Handschreiben lautete folgendermaßen: "Zu meinem Bedauern sehe ich mich in die Lage versetzt, Ew. Durchlaucht über einen Gegenstand zu schreiben, der füglich nicht mehr Veranlassung zu einem Schritte geben sollte. Mir ist berichtet worden, daß Ew. Durchlaucht vor einiger Zeit beim Beuche auswärtiger Höfe einige Familienereignisse erwähnt und sogar in größerem Kreise die Erinnerung an einen Vorgang aufgefrischt haben, den ich völlig vergessen hatte und den ich berechtigt war als abgetan anzusehen, weil ein förmliches übereinkommen die Erinnerung an die daraus entstandenen Zwistigkeiten zu tilgen bestimmt war. Da es mein aufrichtiger Wunsch ist, einer Störung der zwischen uns bestehenden freundschaftlichen Beziehungen vorzubeugen, empfinde ich die Notwendigkeit einer gütlichen Auseinandersetzung und sende zu diesem Zwecke meinen Adjutanten, den Herrn Oberstleutnant v. Brelin mit dem Befehl, dieses Schreiben Ew. Durchlaucht zu behändigen und Ihnen meine Ansichten sowohl über den erwähnten Gegenstand als auch über verschiedene politische und finanzielle Beziehungen, die zwischen uns stattgefunden haben, genauer darzulegen. Ich ersuche Sie, mein Herr Vetter, allem dem, was der Herr v. Brelin meinerseits Ew. Durchlaucht vortragen wird, Glauben beizumessen, und ich halte mich überzeugt, daß Sie baldigst ihm Ihre Antwort auf das Schreiben, dessen Überbringer er ist, anvertrauen werden."
Graf Bassewitz und Brandenstein erkannten in ihrer Unterhaltung mit Brelin trotz dessen anfänglich abweisender Reden bald, daß der König den ernstlichen Willen zur Beilegung der Differenzen habe, und da die größte Geneigtheit dazu auch auf mecklenburgischer Seite vorhanden war, so kam man schon in
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dieser Vorbesprechung so weit, daß Graf Bassewitz erklärte, er werde beim Herzog die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Lützow und Toll beantragen. Am 11. März überreichte dann Brelin dem Grafen Bassewitz die ursprünglich für den Herzog persönlich bestimmt gewesene Deklaration. 18 ) Diese begann damit, daß dem Herzoge Vorhaltungen gemacht wurden wegen der in Dresden geführten Reden; die fernere Zahlung der Satisfaktionsgelder müsse davon abhängig gemacht werden, ob der Herzog sein bei den Verhandlungen über den Verlöbnisbruch gegebenes Versprechen, daß das Vergangene völlig vergessen sein solle, erfüllen werde oder nicht. Übergehend zu den Negotiationen zwischen Lützow und Toll, behauptete die Deklaration, die Verhandlungen seien hauptsächlich daran gescheitert, daß verschiedene Einzelheiten derselben "une publicité absolument prématurée" erlangt hätten, an der man in Schweden unschuldig sei - womit dem Herzoge der versteckte Vorwurf der Indiskretion gemacht wurde. So seien falsche Gerüchte entstanden und damit ein gegenseitiges Mißtrauen unter den Kontrahenten. Die Erwähnung des Warnemünder Zolls sei in Mecklenburg ganz anders aufgefaßt worden, als sie gemeint gewesen sei. Freilich sei der König erstaunt gewesen, daß man auf einen Verzicht seinerseits habe hoffen oder die Gerechtigkeit seiner Forderungen habe bestreiten können, aber er habe die Sache schon für erledigt angesehen, sei indessen infolge der von Mecklenburg veranlaßten und auf die Auffassung der mecklenburgischen Regierung gestützten Intervention Preußens genötigt, wieder darauf zurückzukommen. Und nun müsse er dem Herzog rundweg erklären: daß er nie die Einmischung einer fremden Macht in eine Angelegenheit erwartet habe, die ausschließlich ihn und den Herzog angehe; daß er weder jetzt noch in Zukunft irgendwelchen Schiedsrichter anerkennen werde in Dingen, die die Rechte der schwedischen Krone berührten; daß er nur aus persönlicher Freundschaft für den König von Preußen diesem vertraulich den wahren Sachverhalt, betreffend die Beziehungen Schwedens zu Mecklenburg, mitgeteilt habe in der Hoffnung, der König werde selber die Ungenauigkeit der ihm gewordenen Mitteilungen erkennen; endlich: der König von Preußen stimme
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sicherlich mit ihm überein, daß der Herzog seinem Ansehen und den Interessen seines Landes dienen würde, wenn er sowohl den legitimen Rechten als dem Billigkeitsgefühl des Königs Gerechtigkeit widerfahren ließe.
Schon am Abend des 10. war Brelin zur herzoglichen Tafel geladen. Dort brachte der Herzog selber die Rede auf die Dresdener Vorgänge und erklärte, daß der König offenbar durch ungenaue Berichte irregeführt worden sei. Bei der Mittagstafel am 11. nahm er Brelin beiseite und sagte ihm, er habe inzwischen die Deklaration gelesen und sei durch deren Inhalt lebhaft bewegt; er hege für den König die größte Hochachtung und Freundschaft und werde alles zu vermeiden suchen, was ihm mißfallen könne; er habe Lützow schon den Befehl gegeben, die Verhandlungen mit Toll wieder anzuknüpfen und zwar solle in diese Verhandlungen die Warnemünder Frage mit eingeschlossen sein. In diesem Sinne war denn auch Bassewitz' Antwortnote abgefaßt. Nach Brelins Bericht hatte übrigens der Herzog seiner Erklärung noch die vertrauliche Bemerkung hinzugefügt: er habe sehr gute und wohlgesinnte Minister, aber wenn die Sache gemacht werden könne sans tous leurs calculs et leurs accessoires, so würde sie besser gehen. 19 )
Am 12. wurde Brelin in Abschiedsaudienz empfangen. Der Herzog überreichte ihm nach dem Vorschlage des Grafen Bassewitz, "um durch die volle Zufriedenheit des Herrn v. Brelin den Weg zum glücklichen Ausgang einer angenehmeren Negotiation zu bahnen", als Abschiedsgeschenk einen Brillantring 20 ) und gab ihm ein Schreiben an den König mit, in dem der Herzog bat, seine Äußerungen mit seinem schwerverwundeten Vaterherzen entschuldigen zu wollen und die Hoffnung aussprach, daß die neubegonnenen Verhandlungen nunmehr promptement et à l'amiable zu Ende geführt werden würden. "Ich stehe ihnen dafür" - schrieb der Herzog am 13. an den Grafen Bassewitz - "daß der Adj. v. Brelin sehr zufrieden von hier reiset, und daß mit Gottes Hülfe und baarer Zahlung Alles gut gehen wird."
In Stockholm war man durch diesen Ausgang von Brelins Mission sehr befriedigt. Der Briefwechsel zwischen Lützow und Toll begann auch sofort wieder, aber es dauerte doch einige Zeit,
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bis eine feste Grundlage für die abschließenden Verhandlungen gefunden war, denn zunächst feilschte man noch hüben und drüben um die Höhe der Pfandsumme. Der Herzog bot 1100 000 Taler, diesmal in Hamburger Banco, erhöhte dann sein Angebot auf 1 200 000 Taler 21 ) - eine Summe, deren Zinsen die Einkünfte aus Wismar nicht unerheblich übersteigen würden, wie Toll dem König nachwies, aber dieser bestand auf 1 300 000 Talern; dafür wollte er in Form eines emphyteutischen Vertrages 22 ) dem Herzog abtreten Stadt und Herrschaft Wismar, die Insel Poel und das Amt Neukloster und zwar unter solchen Bedingungen, die den Herzogen von Mecklenburg=Schwerin deren dauernden Besitz gewährleisten würden, und für alle Zeiten auf die Rechte und Ansprüche Schwedens auf den Warnemünder Zoll verzichten. Diese seine Forderung kleidete der König sogar in die Form eines Ultimatums, Setzte sie aber gleichwohl bald daraus aus 1 250 000 Rthlr. herunter, von denen 400 000 bei Auswechselung der Ratifikationen, 200 000 drei Monate und weitere 200 000 sechs Monate darauf zu zahlen seien; der mit 5 % zu verzinsende Rest könne dann in bestimmten Terminen oder auch auf einmal bezahlt werden. Auf dieser Grundlage abzuschließen wurde Toll, dem Lagerbjelke als Gehilfe beigegeben werden sollte, beauftragt und er bat Lützow dringend, sich baldmöglichst in Malmö zur Eröffnung der mündlichen Verhandlungen einzufinden, selbst wenn der Herzog die zuletzt geforderte Summe nicht akzeptieren sollte. Lützows sehnlichst erwartete Zusage, datiert Ludwigslust 27. Mai, wurde von Toll durch einen Kurier an den König gesandt und befriedigte diesen um so mehr, da sie der Hoffnung Ausdruck gab, man werde sich wohl über alles einigen. Am 2. Juni meldete dann Lützow, daß er, begleitet von dem Kammerdirektor Brüning, Spätestens am 16. Juni in Malmö sein werde.
An demselben 2. Juni aber sandte Graf Bassewitz dem Herzog ein sehr bewegliches Schreiben über den Zustand der mecklenburgischen Finanzen. "Die Wismarsche Angelegenheit" - so schrieb er - "macht mir jetzt mehr Sorgen als jemals. Wäre sie nicht so weit vorgerückt - wäre Sie nicht das Ziel hundertjähriger wünsche, so mögte noch erst die Frage unter Ew.
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Herzoglichen Durchlaucht Höchsteigenen Direction
von dem Ministerio und versamleten
CammerCollegio geprüft werden müßen, ob sie ohne
Ruin des Herzoglichen Hauses jetzt auszufüren
sey. Das Detail würde Ew. Herzoglichen
Durchlaucht Geduld ermüden und HöchstSie
bekümmern. So viel ist gewis, daß es unmöglich
seyn wird, die ganze Summe baar auszubringen,
wenn die Hannoverschen Lande durch Krieg leiden
solten, und daß die Renterey unterliegt, wenn
die ReluitionsCaffe vorteilhafte Bedingungen
giebt. Es ist fast unglaublich, daß die Renterey
in diesem Termin mehr als
Rthlr. Schulden hat contrahiren
müßen." In seiner Antwort ging der Herzog
auf die Frage einer Verschiebung der
Verhandlungen gar nicht ein und gab nur seiner
Unzufriedenheit mit der Finanzverwaltung
Ausdruck: "Ihr Brief den ich von ihnen
erhielt war nicht tröstlich, ich an meinem
Theil, da ich in allen Stücken hinter an stehe,
werde gewiß Alles vermeiden, was Unnüze Ausgaben
zuwege bringen kann. Allein es ist mir daher in
der mir schon lange bekannten Lage, wo sie den
stand der Sachen mir vorstellen, zu verdenken,
wenn ich den Wunsch geäußert habe die Finanzen
verbeßert zu sehen, dem ohnerachtet wird nichts
dazu gethan. will Mann meine letzte Vorschläge
auch unbeantwortet laßen, so könnte doch die
Cammer gefragt werden, Ob sie keine Vorschläge
zu machen wüste die Finanzen zu verbeßern. Ich
kann weiter jezt nichts anders thun als ein
wartender Zuschauer zu seyn, der Sieht, ob mann
ihm helfen will, oder Ob er sich selber helfen Soll."
In den letzten Tagen des Mai war der Entwurf zu dem Pfandkontrakt ausgearbeitet worden und hatte man die Instruktion für die beiden Bevollmächtigten fertiggestellt. Sie sollten zunächst versuchen, an die Stelle der Verpfändung einen Kauf oder eine Zession zu setzen, aber schließlich in die Verpfändung willigen, wenn schwedischerseits staatsrechtliche oder politische Bedenken dagegen geltend gemacht würden. Die schwedische Forderung von 1 250000 Rthlr. Banco sollte womöglich auf das mecklenburgische letzte Angebot von 1 200 000 Rthlr. Banco herabgedrückt oder wenigstens so viel zu gewinnen versucht werden, daß davon die mit der Negotiation verbundenen Nebenkosten bestritten werden könnten; sollte indessen eine Herabminderung der Forderung Schlechterdings nicht zu erreichen sein, so sei der Herzog entschlossen, die 1 250 000 Rthlr. Banco zu zahlen. Die Höhe der Nebenkosten und des Geschenkes an Toll sollten die Bevollmächtigten erforschen und ein genaues Verzeichnis der von Mecklenburg zu übernehmenden königlichen Beamten, ihrer Gehalte
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und Emolumente erbitten. - Da die durch Mecklenburg von Hamburg bis Rostock gehende schwedische fahrende Post mecklenburgischerseits nie als permanente Anstalt anerkannt, sondern 1684 und 1685 nur bittweise gestattet und die Zurücknahme dieser einstweiligen Vergünstigung seitdem mehrmals, zuletzt 1787 gelegentlich der Warnemünder Zollverhandlungen, ausdrücklich vorbehalten sei, so dürfte bei der Verpfändung diese Konzession nicht nur nicht angerechnet werden, sondern es sollte vielmehr die völlige Einstellung der schwedischen Post verlangt werden. Dagegen würde Mecklenburg erbötig sein, für die Durchführung der schwedischen Korrespondenz von Hamburg bis Stralsund vermittelst der mecklenburgischen fahrenden Posten in derselben Weise zu sorgen, wie das bisher aus der reitenden Post bis Rostock und von da bis Behrenshagen aus der fahrenden Post geschehe, und würde auch, den schwedischerseits wiederholt geäußerten Wünschen entsprechend, die bisher nur bis Rostock gehende reitende Post für mecklenburgische Rechnung bis Behrenshagen fortfuhren. - Die Regulierung bequemer Zahlungstermine sollte den Bevollmächtigten überlassen bleiben, doch müsse die Überweisung der Stadt und Herrschaft Wismar schon bei der ersten Zahlung geschehen, von der der Rest der Satisfaktionsgelder in Abzug zu bringen sei. Ebenso sei es mit den Pachtvorschüssen der Pächter, Müller und Bauern zu halten, mithin von den darüber ausgestellten Vorschußquittungen Kenntnis zu nehmen. - Ausdrücklich ausbedungen sollte werden, daß bei der Ablieferung die Untertanen und Einwohner ihrer Huldigungspflichten, die von Mecklenburg zu übernehmenden Beamten nebst der Geistlichkeit ihrer Dienst= und Amtspflichten entbunden würden. - Aufgabe der Bevollmächtigten würde es sein, zu erforschen, welche Vorteile und Vorzüge die wismarschen Kaufleute und Schisser in den schwedischen Häfen bisher genossen hatten, und dann dafür zu sorgen, daß ihnen diese Vorzüge und Vorteile auch fernerhin erhalten blieben. Und sie sollten versuchen, gleiche Vorteile und Befugnisse auch den Rostockern und den übrigen mecklenburgischen Schiffern zu verschaffen. - Anlangend die Jurisdiktion in der Herrschaft Wismar sollte in dem Kontrakt statuiert werden, daß an die Stelle des schwedischen Hohen Tribunals künftig das Hof= und Landgericht in Güstrow in erster und zweiter Instanz zu treten habe, daß alle Berufungen an die schwedischen Gerichte wegfallen und "höchstens allenfalls die Aburtheilung der bei ihnen bereits pendenten Rechtssachen bis zur Erecution" ihnen verbleiben sollten. - Selbst für den Fall, daß
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nur ein Pfandkontrakt abgeschlossen würde, behielt sich der Herzog vor, während der Pfandschaft Titel und Wappen der Herrschaft Wismar anzunehmen, auch allenthalben das mecklenburgische Wappen an Stelle des schwedischen anbringen zu lassen. Dabei wurde allerdings die königliche Genehmigung ausdrücklich vorausgesetzt und den Bevollmächtigten überlassen, "diese Unsere Absicht gelegentlich zu äußern und zum Überfluß am schicklichen Orte in dem Contract auszudrücken". Sodann sollten sie darauf bestehen, daß sofort nach der Ratifikation des Vertrages die schwedische Besatzung abberufen und Wismar von mecklenburgischen Truppen besetzt werde, sowie daß es dem Herzog überlassen bleibe, die russische und preußische Garantie und die reichsoberhauptliche Bestätigung des Vergleiches nachzusuchen. "Was sonsten etwa noch" - so schließt die Instruktion - "zum Vortheil Unseres Hauses dem Instrument einzurücken seyn möchte, überlassen Wir der Klugheit und Dexterität Unserer Bevollmächtigten."
An die Reluitionskommission aber erging am 31. Mai der Befehl: "Die Unterhandlungen mit der Crone Schweden wegen Überlassung der Herrschaft Wismar sind nunmehr so weit gediehen, daß Wir hoffen können, diese für Unser Herzogliches Haus so wichtige Acquisition zu machen. Zwar lassen sich die dazu erforderlichen Summen so wenig als die ZahlungsTermine zur Zeit genau bestimmen, indessen dürfte erstere sich auf etwa 1 250 000 Rthlr. Hamburger Banco belaufen, wovon ein Theil vielleicht in kurzer Zeit zu bezahlen seyn möchte. Wir haben die Absicht, die zu acquirirende Herrschaft Wismar Unserer ReluitionsCommission beizulegen, die dazu erforderliche Summe auf den Credit Unerer ReluitionsCasse negociiren und die Aufkünfte dieser Herrschaft in dieselbe fließen zu lassen. Solcherhalb empfehlen Wir euch gnädigst, vorläufig mit Unserm Oberzahl Commissair Pauli das behufige wegen des Negoce zu reguliren, und ihn demnächst mit zweckmäßiger Instruction und Vollmacht zu versehen. Ihr werdet von selbst darauf Bedacht nehmen, das Negoce so einzurichten, daß es so wenig der Circulation des baaren Geldes im Lande, als dem Credit Unserer Renterei nachteilig werden könne." -
Am Abend des 14. Juni trafen Lützow und Brüning in Malmö ein. Es wurde in der Tat hohe Zeit, daß die Verhandlungen begannen, denn dasselbe Schiff, das die mecklenburgischen Bevollmächtigten von Stralsund nach Ystad brachte, beförderte auch das oben erwähnte Angebot des Unterhändlers Zimmermann
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von 1 1/2 Millionen Talern Banco. Nun aber hielt sich der König für gebunden und lehnte ein Eingehen auf die Vorschläge Zimmermanns, der übrigens auch gar keine schriftliche Vollmachten beibringen konnte, ab, nahm sich aber vor, das Anerbieten aufs beste zu benutzen, um die Streichung des Restes der Satisfaktionsgelder, der noch 64000 Taler Banco betrug, zu erreichen.
Noch am Abend nach der Ankunft der Mecklenburger fand eine vorläufige Besprechung zwischen ihnen und den schwedischen Bevollmächtigten statt über die Sprache, in der die Verhandlungen zu führen und der Traktat abzufassen Sei. Nach einigem Hin und Her einigte man sich dahin, daß der Traktat in französischer und deutscher Sprache ausgefertigt werden solle und daß für die Verhandlungen das Französische die Regel zu bilden habe, aber auch das - von Lagerbjelke nicht verstandene - Deutsche nicht ganz auszuschließen sei, falls Brüning das Französische nicht genügend beherrsche.
Am 16. Juni begannen die eigentlichen Verhandlungen, die bis zum 26. dauerten und bei denen man den Eindruck hat, daß die Schweden den Mecklenburgern überlegen waren. 23 ) Über die Resultate der beiden ersten Verhandlungstage - bei denen, da von schwedischer Seite kein Entwurf zu einem Pfandkontrakt vorlag, der mecklenburgische grundleglich gemacht
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wurde - berichteten Lützow und Brüning am 17. Juni sehr eingehend. "Wir haben ehegestern und gestern mit den Königl. Schwedischen Gevollmächtigten zwei Conferenzen gehabt, darin alle und jede Puncte des abzuschließenden PfandContracts discutirt und sind mit ihnen, freylich mit Zugestehung eines lästigen jedoch bald vorbeygehenden Puncts, über alles so weit fertig geworden, daß nunmehro nach Maßgabe unsers ihnen zugestellten Entwurfs und derer in den Conferenzen vereinbarten Abänderungen, desgleichen mit Hinzufügung der von ihnen verlangten Puncte - sie ein Contreprojet zum Pfandcontracte in französischer Sprache uns zustellen wollen, um unsere etwanigen Erinnerungen gegen die Faßung ihnen mitzuteilen und sodann in einer deshalb anzustellenden letzten Conferenz die Berification gemeinschaftlich vorzunehmen, damit hiernächst der rectificirte Entwurf gedoppelt abgeschrieben und vollzogen werden könne." "Wie und auf welche Art die HauptPuncte arrangiret worden", wird dann im Einzelnen dargelegt und sei hier in Kürze wiedergegeben. Als Höhe des Pfandschillings waren nach langem Handeln 1 250 000 Rthlr. Hamburger Banco zugestanden worden. In einer vertraulichen Besprechung zwischen Lützow und Toll hatte letzterer ein ihm zu gebendes Geschenk zwar nicht ganz abgelehnt, aber zugleich geäußert, daß deshalb von dem Pfandschilling nichts abgezogen werden könne; übrigens würden außer den bei solchen Gelegenheiten üblichen Cadeaux keine Nebenkosten entstehen. Von dem Pfandschilling sollen aber in Abrechnung gebracht werden die Vorschüsse der Pächter und der Rest der Satisfaktionsgelder, jedoch soll diese letztere Bestimmung "einer gewissen Delicatesse wegen" nicht in den Pfandkontrakt aufgenommen werden, sondern darüber ein geheimer Artikel konstruiert werden. Unmittelbar nach Auswechselung der Ratifikationen, die in Hamburg ungefähr Mitte August erfolgen soll, wird die erste Zahlung geleistet und sobald diese beschafft ist, die ganze Herrschaft Wismar dem Herzog übergeben, die schwedische Besatzung herausgezogen und die Stadt von mecklenburgischen Truppen besetzt. Alle und jede Einkünfte der Herrschaft Wismar soll der Herzog vom abgelaufenen Trinitatistermin an zu erheben haben. Statt der von Mecklenburg vorgeschlagenen fünf Zahlungstermine wollten die Schweden nur zwei, höchstens drei bewilligen, doch hat man sich auf vier geeinigt; es müssen demnach bezahlt werden bei der Auswechselung der Ratifikationen 350 000 Taler, ebensoviel am 17. Januar und im Trinitatistermin 1804 und der Rest mit 200 000
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Talern am 17. Januar 1805. Da die Herrschaft Wismar gleich übergeben wird, so haben die schwedischen Bevollmächtigten auch darauf bestanden, einmal daß auf jede in jedem Termine zu zahlende Summe der Herzog an den König eine eigene Verschreibung, mithin deren drei, ausstellt und ausliefert, diese aber einzeln nach jeder geschehenen Zahlung wieder zurückgegeben und von schwedischer Seite nicht zediert werden dürfen, und sodann daß der Kammerrat Schröder gleich nach der Übergabe vom Herzog den Befehl erhält, einen eidlich unterschriebenen Revers des Inhalts auszustellen, daß er bis zur Abtragung des Pfandschillings sämtliche Überschüsse nicht an den Herzog, sondern an den König auf Abschlag des Kapitals und der Zinsen zahlen wolle. Es soll aber - es ist dies der Punkt, den die mecklenburgischen Bevollmächtigten für lästig, aber nicht zu beseitigen bezeichneten, weil er ebenso wie die Höhe des Pfandschillings und die vier Zahlungstermine für die Schweden eine conditio sine qua non sei - nicht allein der Rückstand des Pfandschillings bis zum Abtrage, sondern auch die im ersten Termine zu bezahlende Summe, weil sie später als Trinitatis fällig wird, für den Zeitraum von Trinitatis bis zum ersten Zahlungstermin mit 5 % verzinst werden. Die Zahl der Pfandjahre ist auf 200 Jahre festgesetzt. Verzinst wird der Pfandschilling mit 5, nicht, wie Mecklenburg ursprünglich verlangt hatte, mit 6 %, von denen aber die Einkünfte der Herrschaft Wismar nur zu 2 % sollen angenommen und 3 % dem Pfandschilling zugerechnet werden. Alle königlichen Gebäude in Wismar gehen mit in die Verpfändung über; wegen der von Mecklenburg zu übernehmenden schwedischen Beamten bleibt es bei dem mecklenburgischen Vorschlage. Die Pachtkontrakte werden nur insoweit gehalten, als sie vom König unterschrieben oder agnosziert worden sind. Betreffs der Aufhebung der schwedischen Post waren die schwedischen Bevollmächtigten ohne Instruktion, über diesen Punkt soll ein Separatartikel konstruiert werden, den die Schweden sub spe rati unterschreiben wollen. Der König wird sofort an alle schwedischen Gerichte den Befehl erlassen, keine Streitsachen aus der Herrschaft Wismar mehr anzunehmen oder darin zu erkennen und die noch anhängigen Sachen mit den zugehörigen Akten an die mecklenburgischen Kommissarien abliefern lassen. Die Kaufleute und Schiffer in Wismar sollen bei dem Handel und der Schiffahrt auf Schweden alle die Begünstigungen behalten, die sie bis jetzt genießen, dagegen sollen auch die schwedischen Kaufleute und Schiffer im Besitz der Vorteile bleiben, die sie bisher in Wismar
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hatten; die Übertragung dieser Privilegien auch auf Rostock ist von den Schweden abgelehnt; Toll hatte dazu bemerkt, "die Rostocker hätten sich nicht so verdient um den Herzog gemacht, daß er noch auf ihr Interesse Bedacht nehmen könnte." Die Annahme des Titels und Wappens wird dem Herzoge nicht zugestanden, weil der König selbst niemals davon Gebrauch gemacht hat; gegen die Abnahme der schwedischen Wappen und ihre Ersetzung durch die mecklenburgischen werden keine Einwendungen erhoben. Der König entsagt feierlichst allen Ansprüchen an den Warnemünder Zoll. Der Herzog trägt während des Pfandbesitzes alle Reichslasten und verspricht, die Stadt Wismar bei ihren Privilegien zu lassen - zwei Punkte, die der mecklenburgische Entwurf des Pfandkontraktes nicht enthielt, die aber von den Bevollmächtigten unbedenklich zugestanden wurden.
Schließlich hatten die Schweden einige politische Vorbehalte zur Sprache gebracht, die in dem mecklenburgischen Entwurfe nicht vorgesehen waren. Diese Vorbehalte waren: Erstens sollte der Pfandinhaber seine Rechte niemals einer anderen Macht überlassen dürfen - dadurch wollte man verhindern, daß etwa Rußland dem schwedischen Karlskrona gegenüber festen Fuß fasse oder Preußen ein neues Arrondissement gewönne. Zweitens dürfe die Frage der Rekonvention nie wieder aufgeworfen werden - das hatte den Zweck, allen eventuellen Ersatzansprüchen vorzubeugen für den Fall, daß Wismar, was bei diesen unsicheren Zeitläuften nicht ausgeschlossen schien, von den Franzosen oder einer anderen Macht erobert würde. Zum Dritten dürfe Wismar niemals für irgend eine fremde Macht Kriegshafen werden - dazu hatte sich Schweden im Fredensborger Frieden vom 3. Juli 1720 Dänemark gegenüber verpflichtet und mochte das nun als Garantie für sich selbst fordern. Über diese Punkte zu verhandeln hielten sich die mecklenburgischen Bevollmächtigten nicht für autoristert, und so wurde die Diskussion darüber bis auf weiteres verschoben. Dagegen verlangten Lützow und Brüning, daß die Bestätigung des Pfandkontraktes beim Deutschen Kaiser nachgesucht werde; das aber lehnten die Schweden als mit der Würde ihres Königs unvereinbar ab und wollten nur zugestehen, daß der König sich im Kontrakt verbinden werde, davon dem Kaiser Anzeige zu machen, und daß es dem Herzog unbenommen sein solle, die reichsoberhauptliche Konfirmation nachzusuchen. Die von Mecklenburg gewünschte Garantie der Höfe von Berlin und Petersburg wiesen die Schweden weit von sich: der zu schließende Vertrag sei eine rein pekuniäre Angelegenheit, die
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nur die kontrahierenden Parteien und sonst niemanden etwas angehe; das äußerste, was sie zugestehen könnten, sei, daß, wenn der Herzog die Garantie bei beiden Höfen nachsuche und von Berlin wie von Petersburg, daß solches geschehen sei, dem schwedischen Hofe mitgeteilt worden, von Stockholm gewiß würde geantwortet werden, daß man sich der Übernahme der Garantie nicht widersetzen wolle.
Auf Grund dieses Berichtes wurde am 24. Juni den mecklenburgischen Bevollmächtigten "Serenissimi voller Beifall" ausgesprochen, zugleich aber auch die Hoffnung, daß "von einigen Bedingungen, die nicht unbedenklich sind, bei der weiteren Negotiation noch werde abgegangen werden"; "dadurch daß die Dauer des Pfandcontracts auf 200 Jahre gestelt ist" - bemerkte Graf Bassewitz - "wird die Besorgnis für Reluition entfernt und man sieht, daß die Absicht in Schweden dahin geht zu alieniren, so weit es die Verfassung erlaubt." An demselben Tage erging dann an die Reluitionskommission eine Zahlungsverordnung für die vier vereinbarten Termine mit dem Hinzufügen: "Vielleicht möchte der Agent Averhoff 24 ), wie ihr zu sondiren habet, die ganze erste Zahlung dadurch leisten, daß er eine dießeitige Versicherung annähme und dagegen seine von der Krone Schweden habenden Papiere anhero auslieferte, um solche in Bezahlung hinzugeben." Gleichzeitig wurde auch der von Schweden gewünschte Befehl an Schröder schriftlich formiert, um als "Clausel" noch dem Pfandvertrage einverleibt zu werden.
Man hatte in Mecklenburg darauf gerechnet, daß die Pachtvorschüsse und die Satisfaktionsgelder gleich bei der ersten Zahlung in Abzug gebracht werden könnten. Aber das lehnten - wie aus dem Bericht der Bevollmächtigten vom 18. Juni hervorgeht - die Schweden ab, "weil gerade auf 700 000 Rthlr. als den Betrag der ersten beyden ZahlungsTermine gerechnet wäre, die Sr. Majestät der König zu gewissen Zwecken gerade bestimmt hätten".
Am 19. waren die Verhandlungen beendet; es bedurfte nun nur noch einiger Tage, um den Traktat zu redigieren, die Reinschrift fertig zu stellen und zu unterzeichnen. Da aber drohte das ganze Werk zu scheitern, denn jetzt hielt der König den Augenblick zur Fruktifizierung des hessischen Antrages für gekommen und befahl Toll kurzab, die Streichung des Restes der Satisfak=
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tionsgelder durchzusetzen. Toll, der den königlichen Befehl in der Frühe des 22. Juni erhielt, war peinlich überrascht. Er sandte einen Kurier an den König, beschwerte sich über den oder diejenigen, die durch Schaffung neuer Schwierigkeiten den nahen Abschluß der seit drei Jahren geführten Unterhandlungen gefährdeten, warnte nachdrücklich vor einer Fortsetzung der Verhandlungen mit Zimmermann, appellierte an des Königs rechtlichen Sinn und hohe Denkungsart - aber er gehorchte und bat Lützow und Brüning, sich zu einer besonderen Besprechung um 11 Uhr einzufinden. "Als wir ankamen" - so heißt es in dem noch am 22. abgesandten Brüningschen Bericht an den Herzog - "merkten wir gleich den Schwedischen Gevollmächtigten eine gewiße Verlegenheit an, ihre Gesichter waren blaß und wir hielten uns schon darauf gefaßt, daß etwas unangenehmes erfolgen würde. Kaum hatten wir uns gesetzt, so legte der General Toll einen Brief vor sich hin und fing damit an, wie ein äußerst unerwartheter Umstand eingetreten sey, der erst bey Seite geschaft werden müße, ehe man weiter Hand an die Arbeit legen könne. ,Ich habe,' fuhr er fort, ,heute Morgen einen Courier vom Könige erhalten, und dies ist das in schwedischer Sprache abgefaßte Schreiben des CanzleyPraesidenten von Ehrenheim, worin derselbe mir auf Befehl des Königs schreibt, daß der Herr Churfürst von Hessen 25 ) vermittelst eines in Stockholm durch einen Courier 26 ) angelangten Schreibens des Präsidenten von Jasmund in Cassel, für die Herrschaft Wismar 1 500 000 Rthlr. Hamburger banco gebothen hat. Sr. Majestaet der König wollen nun zwar nicht abbrechen, weil die Unterhandlungen mit Sr. Herzogl. Durchl. schon so weit gediehen sind, sie verlangen aber, daß die Forderung, welche Sr. Herzogt. Durchl. an uns haben, nicht solle in Abzug gebracht werden können, und ich muß auf Befehl Sr. Majestaet des Königs Ihre Erklärung darüber erwarthen.' Wir erklärten, daß wir darauf gar nicht instruiret wären, aber gleich eine Estafette an Ew. Herzogl. Durchl. absenden wollten, um uns Verhaltungs=Befehle einzuhohlen. Dies ward aber - als zu viele Zeit raubend und weil er, der Baron Lagerbjelke durchaus baldigst nach Stockholm zurückkehren müße, abgelehnt und von uns eine positive Erklärung
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verlangt, weil sie nicht eher weiter Hand ans
Werk legen könnten. Es ward uns darauf die dem
Briefe angelegte - von dem Praesidenten von
Jasmund mit eingesandt seyn sollende Punctation
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)
mitgetheilet, worin die obgedachte offerte
gemacht und die Zahlungstermine dergestalt
bestimmt worden waren, daß gleich bey der
Unterschrift des Contracts
Rthlr. und in termino Michaelis
als dem Termin der Uebergabe
Rthlr. und der Rest in 4 bald
nach einander folgenden Terminen in jeglichem
mit
Rthlr. bezahlt werden sollte. Wir
erbathen uns in der ersten Bestürzung von dem
Baron von Lagerbjelke eine französische
Uebersetzung des Ehrenheimschen Briefes aus
28
), und nachdem wir uns
etwas erholet hatten, baten wir um die Erlaubniß
uns allein besprechen zu können. Wir wollten zu
dem Ende in ein Nebenzimmer gehen - allein wir
mußten in dem ConferenzZimmer bleiben und die
Königl. Schwedischen Gevollmächtigten entfernten
aus Höflichkeit sich aus demselben, mit
wiederholter Äußerung, daß dies ein ihnen ebenso
wie uns unangenehmes Eräugniß sey, das
eingetreten wäre. Nachdem wir uns unter einander besprochen
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und überlegt hatten was zu thun sey, so beschloßen wir, daß wir sub spe rati in einem geheimen Artikel es annehmen wollten, daß die Abrechnung der dießeitigen Forderung nicht statt haben solle, weil es uns unmöglich schien, nachdem die Sache so weit gediehen ist, dieserhalb abzubrechen und die Herrschaft Wismar in die Hände des Herrn Churfürsten von Heßen kommen zu laßen, von dem solche nie wieder zu erhalten seyn würde. Als unsere Deliberation geendiget war, trat der General Toll zuerst ins Zimmer und sagte vertraulich: ,Wir drey sind hier jetzt noch allein, nehmen Sie diese Proposition in einem geheimen Artikel sub spe rati an.' Gleich darauf trat auch der Baron Lagerbjelke ins Zimmer, da wir dann beyden Gevollmächtigten erklärten, wie wir durch den Drang der Umstände uns bewogen fühlten anstatt abzubrechen, diesen Punct sub spe rati anzunehmen und zwar in einem besondern darüber zu construirenden geheimen Artikel. ,Davon sind wir zwar zufrieden,' antwortete der Baron Lagerbjelke, ,aber es muß diesem Artikel die Clausel angehänget werden, daß, wenn Sr. Herzogl. Durchl. Ihr Herr diesen Artikel nicht mit ratificiren wird, alsdann auch die ganze Convention ungültig ist. Letztere muß mit diesem geheimen Artikel stehen und fallen - eine besondere Verhandlung kann über diesen Punct nicht weiter zugelaßen werden.' Wir gaben nach und mußten nachgeben. Und da es nun von Ew. Herzogl. Durchl. abhängt, ob Höchstdieselben alles ratificiren wollen oder nicht, so sind Höchstdieselben wenigstens nicht pure verbindlich gemacht worden, und wir haben in so weit unsere Personen in Sicherheit setzen zu müßen geglaubt. Ich der Cammer=Director, der ich diesen Brief entwerfe, zittere noch, daß ich kaum schreiben kann, und so sehr wir beyderseits das gnädigste Vertrauen in Unterthänigkeit verehren müßen, daß Ew. Herzogl. Durchl. uns dies gegenwärtige Geschäft zu übertragen geruhet haben, so müßen wir doch auch aufrichtig bekennen, daß nicht leicht ein Geschäft mit mehrerer Unannehmlichkeit, Mühe und Angst, als das gegenwärtige ist, verbunden seyn kann." Mit derselben Estafette sandte auch Lützow an den Herzog einen Separatbericht, dessen Schriftzügen und Satzbildung man die Eile und die innere Erregung deutlich anmerkt, in dem betont wird, "welche Folgen es für Ew. Durchl. haben könte, wenn der König mit dem Kur=Fürsten v. Hessen entrirte, theils das unangenehme Hessische Truppen so nahe bey zu haben, auch alle Hoffnung schwände die Ansprüche auf Warnemünde fallen zu sehen," dessen Schreiber es aber gleichzeitig über sich gewinnt, die "Rechtlichkeit" des Kö=
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nigs zu preisen, der "doch noch einen Verlust von 186 000 Rthlr. dabey hat, daß er Ew. Durchl. Negotiations fortgehen läst".
Ein "Unterthänigstes Postscriptum" zu Brünings Bericht, von demselben Tage, erzählt dann noch, daß bei Tische - die Mecklenburger waren ein für alle Male von Toll zur Frühstücks= wie zur Mittags=Tafel geladen - Toll und Lagerbjelke im Vertrauen mitgeteilt hätten, der Stralsunder Generalgouverneur Baron v. Essen habe ihnen schon einige Tage vor dem Beginn der Verhandlungen Nachricht von dem Bevorstehen des hessischen Angebots zukommen lassen, Sie hätten aber geglaubt, daß darauf nicht weiter geachtet werden dürfe. "Es fällt also der Zweifel" - so fährt Brüning fort - "als ob der von Cassel geschehene Both erdichtet sey, wie wir Anfangs glaubten, weg - auch erklärt es sich jetzt, daß der Cammerrat Zimmermann, wie uns in Rostock gesaget ward, eine Wette von 1000 Louisd'or darauf ausgebothen hätte, daß Ew. Herzogl. Durchl. die Acquisition von Wismar nicht machen würden."
In den dann folgenden, der endgültigen Redigierung des Traktats gewidmeten Tagen gelang es den schwedischen Kommissarien noch, die eine und die andere für sie vorteilhafte Änderung zu erwirken. So wurde z. B. der Zeitpunkt, von dem ab der Herzog die Einnahmen aus dem Pfandbesitz für sich berechnen sollte, auf den Tag vor der Auswechselung der Ratifikationen festgesetzt, anstatt des von Mecklenburg verlangten Trinitatistages 1803. Und betreffs der schwedischen Post setzten sie durch, daß der diese Frage behandelnde Separatartikel gestrichen wurde und die Mecklenburger sich mit einer Note begnügten, in der Lagerbjelke "die Zusage, den mecklenburgischen Vorschlag ad referendum zu nehmen, mit zu nichts verbindenden Höflichkeiten ausstaffierte". 29 ) Dagegen mußten die Schweden sich
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darein finden, daß der Termin für die Auswechselung der Ratifikation bis auf den 15. August hinausgerückt wurde, weil die Mecklenburger nicht glaubten, die erforderlichen 350 000 Taler früher beschaffen zu können. Und in einem anderen Punkte blieben die Mecklenburger standhaft und siegreich. Toll hatte nämlich einmal beiläufig geäußert, der Herzog werde ja wohl gestatten, daß, wie der König es sich ausbäte, künftig in Wismar ein Werbeoffizier für die schwedischen Truppen stationiert werde. Lützow und Brüning hatten geantwortet, sie seien darüber ohne Instruktion, könnten aber im voraus erklären, daß der Herzog das niemals zugestehen werde, weil es undenkbar sei, daß an einem Orte, an dem künftig eine mecklenburgische Garnison liegen solle, eine solche Werbung geduldet werde; das sei um so weniger statthaft, weil dann die benachbarten Mächte ein gleiches Ansinnen an Mecklenburg stellen würden. Seiner Anfrage hatte Toll gleich die Bemerkung beigefügt, diese Idee sei dem König von der Partei eingegeben, die das Zustandekommen des Vertrages mit Mecklenburg nicht wünsche. Einige Tage darauf, am 21. Juni, kam Toll auf diese Sache zurück und stellte einen darauf bezüglichen offiziellen Antrag, dessen er sich übrigens, wie er eingestehe, gewissermaßen schäme. Als in der dann folgenden Diskussion die Mecklenburger auf ihrem Widerspruch beharrten, stellten ihnen die Schweden eine Note darüber in Aussicht, worauf Lützow und Brüning erwiderten, daß sie eine solche zwar aus Achtung für den König entgegennehmen und bei ihrer Heimkehr dem Herzog vorlegen müßten, daß sie aber mit höchster Wahrscheinlichkeit dann den Befehl erhalten würden, den Antrag abzulehnen. Über diesen Zwischenfall berichteten die mecklenburgischen Bevollmächtigten alsbald nach Hause. Am 25. hatten sie dann mitzuteilen, daß Toll, "um die Angelegenheit des Werbeoffiziers so wenig offiziell als möglich zu machen," ihnen deshalb keine Note geben wolle, sie aber gebeten hätte, ihrerseits ihm eine Note zuzustellen, "worin wir das, was wir bereits mündlich geäussert hatten, wiederholen könnten - jedoch etwas hinzufügen mögten, wodurch er Veranlassung finden könne, den König von diesem Gedanken zu detourniren." Ein Promemoria dieses Inhalts wurde dann Toll am 24. überreicht; eine weitere Äußerung schwedischerseits erfolgte nicht. 30 )
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In letzter Stunde hatte Lagerbjelke noch einige Änderungen an dem Wortlaut des Traktats vorgenommen, die zu lebhaften Diskussionen Veranlassung gaben. Die wichtigste dieser Änderungen war die die Dauer des Pfandvertrages betreffende. "In dem ersten Artikel" - so berichteten die mecklenburgischen Bevollmächtigten am 1. Juli bei der Übersendung des Pfandvertrages - "werden Ew. Herzogl. Durchl. finden, daß nur 100 Pfandjahre bestimmt sind, anstatt deren 200 von den Schwedischen Gevollmächtigten Anfangs zugestanden waren. Sie zogen sich nun so heraus, daß sie nur 100 Jahre pure und noch 100 Jahre eventualiter zuzugestehen gemeinet gewesen wären, und äußerten dabey, daß nach 100 Jahren die Pfandsumme den Werth der verpfändeten Herrschaft schon so überstiegen haben würde, daß die Krone Schweden es sich nie gerathen halten könnte an eine Reluitiou zu gedenken. Überhaupt sey letztere chymérique und jedermann sähe wohl, daß eine wahre Veräußerung intendirt würde, die nur in die Form eines Pfandcontracts eingekleidet sey. Es müßte also bey 100 Pfandjahren bleiben, - jedoch sind eventualiter im 3ten Artikel noch 100 Pfandjahre stipuliret worden." Bei demselben ersten Artikel verlangte Brüning, daß anstatt à titre d'hypothèque vielmehr à titre antichrèse 31 ) gesetzt werde, "weil dies das eigentliche negotium, das obwalte, genau ausdrücke." Lagerbjelke mußte bekennen, daß er nicht wisse, was Antichrese sei, und auch als ihm die Bedeutung des Wortes erklärt worden war, weigerte er sich, den Satz zu ändern, "bequemte sich aber endlich unmittelbar nach diesem Ausdrucke in parenthesi das lateinische Worth antichresis hinzuzusetzen." In dem Verzeichnis dessen, was alles in die Verpfändung einbegriffen sein sollte, waren in dem mecklenburgischen Entwurf ausdrücklich der Hafen und die Untertanen genannt, in Lagerbjelkes Texte aber ausgelassen. "Beydes hinzuzusetzen" - so sagt der erwähnte Bericht - "ward von ihm annoch verlangt. . . Er versprach, daß er das Wort Port noch hinzusetzen wollte, aber in einer convention, die 1803 abgeschlossen würde, unmöglich das Worth Serf au glèbe mit aufnehmen könne. Daß die Unterthanen mit übergingen, verstehe sich ja von selbst. . . Es würde aber Sensation erregen, wenn diese Leibeigenen nahmentlich mit aufgeführet würden, die doch
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vor dem Publico kein Geheimniß bliebe, und nur zu Äußerungen Veranlassung gebe, die dem Könige unangenehm seyn mögten. Es ward also diesseits um so mehr hierunter nachgegeben, als sie ungezweifelt in der allgemeinen Verpfändung mit stecken." Indessen nicht nur die Untertanen blieben unerwähnt, sondern Lagerbjelke wußte es den Mecklenburgern plausibel zu machen, daß auch der Hafen fehlen dürfe, da er ja zur Stadt gehöre, und sie erklärten schließlich, daß Sie "nichts weiter einwenden könnten und wollten". Bei der Fassung des den Warnemünder Zoll betreffenden Artikels "ward diesseits erinnert" - wie der Bericht besagt - "daß der König seine Rechte auf den Warnemünder Zoll nicht cediren könnte, sondern dem bisher behaupteten Rechte entsagen müßte. Dagegen wollte man jenseits von keinen bloß behaupteten Rechten etwas wissen, sondern vermeinte, daß der König würkliche Rechte habe. . . Aller Bemühung ungeachtet war es nun nicht möglich eine andere Faßung zu bewürken, und wir mußten solche daher passiren laßen - vergnügt übrigens, daß diese unangenehme Sache dadurch nicht bloß für die Zeit der Verpfändung, sondern auf ewig (à perpétuité) abgemacht worden ist." Und so blieb das Verhältnis auch fernerhin. Denn wenn auch Brüning als geschulter Jurist gegenüber Lagerbjelke, von dem er behauptet, daß er "durchaus keine Idee von irgend einem juristischen Geschäfte hat", das eine oder andere Mal den juristisch korrekten Ausdruck durchsetzte, so mußten doch er und Lützow in der Regel es "sich gefallen lassen", daß nicht ihr Wille, sondern der der Schweden in der endgültigen Festsetzung des Traktats zur Geltung kam.
Am 26. Juni wurde der Vertrag von Toll, Lützow und Brüning unterzeichnet, nicht von Lagerbjelke, "obgleich er" - wie der Bericht der Mecklenburger ausdrücklich hervorhebt - "bei der Unterhandlung und dem ganzen Geschäfte eigentlich die Hauptperson war." Ein Vertrag übrigens, in dem die wahre Absicht der Paziszenten, nämlich den Rückfall Wismars auch juristisch auszuschließen, infolge eines merkwürdigen Redaktions= und Formulierungsungeschicks nicht zum Ausdruck gelangt ist und bei dem nur von einem verunglückten Vertragsentwurf ohne jedwede gültige Wirkung die Rede sein kann. 32 )
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Am Tage nach der Unterzeichnung verließen Lützow und Brüning Malmö und begaben sich nach Kopenhagen, wo sie verabredetermaßen die Entschließung des Herzogs über die schwedische Forderung vom 19. erwarten wollten. Am 26. war in Ludwigslust die Entscheidung darüber gefallen. Nach dem Empfang des Lützow=Brüningschen Berichtes hatten sich Graf Bassewitz und Brandenstein zum Herzoge begeben, um dessen Befehle einzuholen, und Friedrich Franz dachte groß genug, um sofort zu erklären, er werde auch dieses Opfer noch bringen. In der Frühe des 1. Juni gelangten die Mecklenburger in den Besitz der Genehmigung des Article secret und übermittelten diese Nachricht auf dem kürzesten Wege an Toll, der sie durch Kurier nach Stockholm befördern ließ. Der König war darüber um so mehr erfreut, da er seiner Sache nicht sicher gewesen war und schon am 23. hatte an Toll schreiben lassen, dieser solle im Fall einer ablehnenden Antwort aus Schwerin die genannte Forderung fallen lassen. 33 ) Nicht minder groß war natürlich die Freude in Mecklenburg, und wohl alle seine Bewohner dachten wie Graf Bassewitz, der dem Herzoge schrieb: "Ew. Herzogl. Durchl. glorreiche glückliche Regierung wird sich noch bey der Nachwelt auszeichnen. Das seit 150 Jahren zerstückelte liebe Vaterland ist nunmehr wieder beisammen, und deßen Besitz gewis Seegenvoller, als der Besitz großer Länder mit Haß und Fluch der Einwohner beladen."
Der Traktat wurde dann am 19. Juli von König Gustav Adolf, am 26. Juli von Herzog Friedrich Franz ratifiziert. Die Auswechselung der Vertragsurkunden erfolgte am 15. August in Hamburg durch Lützow und den schwedischen Minister beim niedersächsischen Kreise Peyron; am 19. August fand im großen Saale des Gouvernementshauses die feierliche Übergabe Wismars durch den Schwedischen Kanzler v. Thun an Brüniug statt, unmittelbar daraus erhielt die auf dem Markt aufgestellte schwedische Besatzung den Befehl, nach dem Hafen zu marschieren, wo sie eingeschifft wurde, und als das geschehen war, besetzten vorläufig drei Kompagnien des Grenadierregiments v. Hobe unter Befehl des Majors v. Bülow die Stadt, die am 29. August den Besuch ihres neuen Landesherrn erhielt.
Die sogenannten faux frais, d. h. die Unkosten des ganzen diplomatischen Geschäfts, deren Veranschlagung in den Akten
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eine große Rolle gespielt hatte, blieben hinter Lützows Befürchtungen - er hatte sie auf 5000 Rthlr. geschätzt - nicht unerheblich zurück. Toll, Lagerbjelke und Ehrenheim erhielten jeder eine in Berlin gefertigte goldene Dose mit dem Bilde des Herzogs im Werte von 1500, 1300 und 1100 Rthlr., Toll außerdem ein Geldgeschenk von 1000 Dukaten, und Thun eine in Hamburg für 1800 Mark Banco gekaufte Dose. Natürlich verlieh auch der König Dosen mit seiner Chiffre an den Grafen Bassewitz, an Lützow und an Brüning. An die schwedische wie an die mecklenburgische Kanzlei wurden nach einer schon in Malmö getroffenen Abrede Douceurs gezahlt, und zwar von mecklenburgischer wie von schwedischer Seite je 250 Dukaten.
Die faux frais für Mecklenburg erfuhren übrigens nachträglich noch eine nicht unbeträchtliche, ganz unerwartete Abminderung. Gegen Ende Oktober sandte nämlich Toll in einem überaus höflichen Schreiben an Lützow "un billet de Sieur A verhoff, par le quel il se reconnaît dépositaire d'une somme d'argent à ma disposition" - es war die Anweisung über die Toll geschenkten 1000 Dukaten - zurück mit dem Bemerken, daß er zwar die Dose, "qui à mes yeux est au-dessus de toute autre récompense", behalten werde, das Geld aber nicht annehmen könne. Der aufs höchste überraschte Lützow, der genau wußte, daß bei derartigen Gelegenheiten nicht nur Pretiosen, sondern auch bares Geld geschenkt zu werden pflegte, meldete diese Rücksendung dem Ministerium mit dem Beifügen: "Aus der späthen Antwort des Generals von Toll sieht man, daß derselbe vermuthlich beym Könige dieserhalb angefragt und den Befehl dazu bekommen hat," und bat um Verhaltungsmaßregeln, ob und wie er Toll antworten solle "und ob Serenissimus die Sache so wollen fallen lassen, oder vielleicht noch ein anderes Geschenk statt dieser 1000 Louisd'or dem General von Toll machen". Das Ministerium trug dann die Angelegenheit dem Herzog vor; der aber antwortete unterm 18. November, "daß die Sache füglich auf sich beruhen bleiben könne". -
Sowohl der Herzog Friedrich Franz als der König Gustav Adolf haben ihren Bevollmächtigten ihre Zufriedenheit mit deren Erfolgen ausgesprochen. Der König mit besserem Grunde. Fast in allen Punkten hatten die Mecklenburger nachgeben müssen und Schweden hatte sich eines Besitzes entledigt, den es auf die Dauer doch nicht hätte behaupten können, und zwar gegen eine Summe Geldes, deren jährliche Rente sich auf mehr
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als das Doppelte der Einkünfte aus Wismar belief. Der Empfindung, bei diesem Handel übervorteilt zu sein, wird sich der Herzog wohl nicht haben erwehren können und sie mag noch dazu beigetragen haben, seine ohnehin schon bestehende Verstimmung gegen den König zu verschärfen. Und diese Verstimmung fand alsbald neue Nahrung. Gerade, um diese Zeit betrieb der Herzog die Erhebung seines Hauses zur Kurwürde, und nun, am 6. August, meldete ihm Graf Bassewitz, die Antwort des Königs von Schweden auf das mecklenburgische Schreiben in dieser Angelegenheit sei eingegangen, "entspricht aber den Höchsten Wünschen nicht - ist vielmehr ganz abstimmig und die einzige dieser Art". War es dem Herzog unter diesen Umständen zu verdenken, daß er, als um die Zeit der Auswechselung der Ratifikationen und der Übergabe von Wismar der König ihn zu sich nach Stralsund einlud, den Besuch ablehnte? Er entschuldigte diese Ablehnung unterm 12. August allerdings mit gehäuften Geschäften und der schweren Erkrankung seiner Schwiegertochter, die es ihm nicht geraten erscheinen lasse, gerade jetzt Ludwigslust zu verlassen. 34 ) Aber er unterließ es auch, mit dem auf dem Wege nach Quedlinburg durch Mecklenburg reisenden Könige zusammenzutreffen. Und als später, im Januar 1806, wo Gustav Adolf seinen kläglichen Feldzug an der Elbe führte, Herzog Friedrich Franz wirklich dem König in Boizenburg seine Aufwartung machte, lief die persönliche Begegnung der beiden Fürsten nichts weniger als freundlich ab. 35 ) -
Dem Herzog Karl von Mecklenburg=Strelitz hatte Friedrich Franz unterm 20. August von dem Abschluß der Konvention Nachricht gegeben. Die "Vereinbarung zu Seiner Kaiserlichen und Königlichen Majestät Kenntnis zu befördern" hatte der König gemäß dem Artikel 23 des Traktats übernommen. Damit wurde Graf Armfelt in Wien beauftragt. Da es sich nicht um eine "Abalienation" handle, die der kaiserlichen Sanktion bedürfe, sondern um eine einfache "transaction hypothécaire", so hatte die Anmeldung lediglich "d'État à État" zu erfolgen. Doch sollte Armfelt auch den Wunsch des Königs vortragen, der Kaiser möge den Herzog benachrichtigen, daß der König die im Traktat stipulierte Anmeldung ausgerichtet habe. Schließlich
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sollte Armfelt dem Kaiser ein Resumé der rein politischen Vorbehalte des Traktats (Artikel 11-17) geben mit dem Wunsch, daß der Kaiser als Reichsoberhaupt deren Beobachtung überwachen möge, besonders des Artikels 16 ("daß der Hafen der Stadt Wismar nie zu einem Kriegshafen zum Gebrauch irgend einer fremden Macht oder eines anderen Staates bestimmt werden könne"), da dessen Übertretung zugleich eine Verletzung des Reichsgebietes sein würde.
Dieses Auftrages entledigte sich Armfelt am 15. September in einer dem Reichsvizekanzler Fürsten Colloredo übergebenen Note. Darauf erfolgte zunächst keine Antwort. An die Sache erinnert, erklärte Colloredo: der Kaiser könne in dem zur Frage stehenden Traktat überhaupt keine Artikel sanktionieren oder garantieren, wofern nicht der Antrag in üblicher Form, also mit Beifügung einer Abschrift des Traktats, eingereicht werde. Und an dieser Auffassung hielt Colloredo fest, trotz mehrfacher Versuche, ihn umzustimmen. Da nun aber der König im Artikel 23 es nicht übernommen hatte, die kaiserliche Sanktion des Vertrages zu erwirken, und die in demselben vorgeschriebene Anmeldung erfolgt war, hielt Gustav Adolf es nicht für nötig, die von Colloredo verlangten Schritte zu tun, und so blieb die Sache auf sich beruhen.
Von einer Anmeldung bei der Reichsversammlung in Regensburg ist in dem Traktat nicht die Rede. Gleichwohl beauftragte Herzog Friedrich Franz seinen Komitialgesandten von Plessen, durch den schwedischen Gesandten in Regensburg v. Bildt beim König anzufragen, ob dieser gegen eine solche Anmeldung etwas einzuwenden habe. Gustav Adolf erwiderte, er halte diesen Schritt für überflüssig, wolle aber dem Herzog nichts in den Weg legen, vorausgesetzt daß der Wortlaut der Anmeldung vorher au Bildt mitgeteilt werde. So geschah es, und am 9. Januar 1804 gab Plessen der Reichsversammlung Kenntnis von dem abgeschlossenen Vertrage.
Zur Erlangung der vom Herzoge so sehr gewünschten Garantie des Vertrages durch Preußen und Rußland 36 ) wurden in Berlin und Petersburg Schritte getan. Am 30. Oktober 1803 berichtete Lützow, daß er mit Haugwitz darüber konferiert habe;
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Haugwitz habe sich nicht geradezu ablehnend verhalten, aber doch gesagt, daß zwischen Preußen und Schweden "aigreur" herrsche. Wenige Tage darauf aber traf in Ludwigslust ein Brief des Zaren an den Herzog ein, in dem es hieß: Quant à ma garantie qu' Elle réclame à cette occasion, je la Lui accorderai très volontiers, mais comme mon consentement doit venir de la demande des deux parties contractantes, je dois naturellement attendre jusqu'à ce que de la part de S. M. le Roi de Suède il me soit adressé une invitation formelle à ce sujet, ne doutant pas qu'une démarche pareille ne soit faite aussi vis-à-vis de S. M. de Prusse en sa qualité de Directeur du cercle de la Basse Saxe. Dazu schrieb Graf Bassewitz: "Bekanntlich hat der Königl. Schwedische Hof sich bey den Unterhandlungen nicht geneigt finden lassen wollen, die Russische Kayserl. Garantie gemeinschaftlich nachzusuchen. Es steht daher wohl zu erwarten, ob sie in Berlin auf einseitige dießeitige Anträge werde ertheilt werden." Das scheint nicht geschehen zu sein, denn in den Akten ist von einer preußischen Garantie nicht wieder die Rede. -
Wiederholt war im Laufe der Verhandlungen zwischen Lützow und Toll von mecklenburgischer Seite betont, daß der Herzog die ganze Pfandsumme werde aufleihen müssen. So war es in der Tat, da seine Hoffnung, einen Teil der Mitgift der Großfürstin Helene Paulowna für die Erwerbung der Herrschaft Wismar verwenden zu können, sich nicht erfüllte. Aber die Beschaffung der erforderlichen Gelder vollzog sich ohne Schwierigkeiten. Natürlich waren es in erster Linie große Bankhäuser, die in Anspruch genommen wurden: Averhoff in Hamburg, Flebbe in Hannover, Israel Jacobson in Braunschweig, Gebrüder Bethmann in Frankfurt am Main. Aber auch zahlreiche Privatpersonen, zum Teil in Mecklenburg selbst, überwiegend in Hamburg und den hannoverschen und braunschweigischen Landen, boten Kapitalien an: die Rechnungen der Reluitionskommission aus den Jahren 1803-5 überliefern uns zahllose Namen von Männern und Frauen, die sich drängten, größere und kleinere Summen, bis zu 100 Talern herab, dem mecklenburgischen Staate vorzuschießen. Diesen kleinen Kapitalisten wurde ihr Geld durchgängig mit 4 vom Hundert verzinst; von den Bankhäusern begnügte sich Flebbe mit 3 vom Hundert; 4 erhielt Israel Jacobson, während die Gebrüder Bethmann 5 und Averhoff sogar 6 vom Hundert verlangten. Alles in allem aber ein erfreuliches Zeug=
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nis dafür, welches Vertrauen das Ausland Mecklenburg entgegenbrachte, während kurz zuvor Schweden mit einer in Leipzig kontrahierten Anleihe, wie Schröder an Brüning erzählte, ein klägliches Fiasko gemacht hatte.