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I.

Beiträge

zur Erziehungs- und Jugendgeschichte des
Großherzogs Friedrich Franz I.

von

Dr. Carl Schröder.


Vignette
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A ls am 30. Mai 1756 Herzog Christian Ludwig II. gestorben war, stand das Haus der Herzoge von Mecklenburg=Schwerin auf vier Augen: der nun regierende Herzog Friedrich war kinderlos und sein einziger Bruder Prinz Ludwig, seit mehr als Jahresfrist vermählt mit der Prinzessin Charlotte Sophie von Sachsen=Coburg=Saalfeld, war bis dahin ohne Nachkommen. Indessen war die Prinzessin gesegneten Leibes: auf Verordnung vom 28. Oktober 1756 wurde von den Kanzeln des Landes "dem grundgütigen Gott deshalb demüthigst Lob und Dank gesaget: Und derselbe ferner inbrünstig angeflehet, er wolle nach seiner Gnade, Ihro Durchl. väterlich beschirmen, vor allen Unfällen gnädiglich bewahren, zu rechter Zeit glücklich entbinden, und also Dieselbe, auch unsere gesammte gnädigste Herrschaft sammt dem ganzen Lande mit einer gesunden Geburth erfreuen, solche auch durch das Bad der Wiedergeburth in Christo heiligen, die Durchlauchtigste Fürstin bey Gesundheit und allem Fürstl. Hochergehen, viele Jahre erhalten, und unsern Durchlauchtigsten Landes=Herrn, sammt dem ganzen Herzoglichen Mecklenburgischen Hause, mit vielen Segen überschütten". Am 10. Dezember wurde die Danksagung für die "heute frühe" erfolgte Entbindung der Prinzessin "von einem gesunden und wohlgestalten Prinzen", der Schon am folgenden Tage getauft ward, und am 22. Januar 1757 die Danksagung für den "morgen" stattfindenden Kirchgang ("Hervorgang") der hohen Wöchnerin anbefohlen.


Vorbemerkung. Den Stoff zu nachfolgender Skizze lieferten mir hauptsächlich die in vorliegendem Falle sehr unvollständigen Acta educationis principum. sodann die Acta matrimonialia im Grotz= herzoglichen Geheimen und Haupt=Archiv. Für die leider nur spärlichen Nachrichten über den Aufenthalt des Prinzen Friedrich Franz in der Schweiz bin ich den Herren Archivaren Notz in Lausanne und Roch in Genf zu Dank verbunden. Trotz der Lückenhaftigkeit des Materials und der damit zusammenhängenden Mängel vorliegender Arbeit glaubte ich doch sie nicht zurückhalten zu sollen, da die Literatur über den Großherzog Friedrich Franz I. vor seiner Thronbesteigung überaus dürftig ist.

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Die Geburt dieses Prinzen wurde im ganzen Lande mit hellem Jubel begrüßt: beruhte doch lange Zeit - da auch von dem strelitzischen präsumtiven Thronfolger, dem Prinzen Karl, bis 1779 nur Töchter am Leben waren - auf ihm die ganze Hoffnung des mecklenburgischen Stammes. Der allgemeinen Freude liehen Johann Friedrich Löwen in einem von Johann Wilhelm Hertel vertonten "Sing=Gedicht", die Colonie françoise établie à Butzaw in einer "Allégorie" und Daniel Christoph Neumann in Jena - wohl ein dort studierender Mecklenburger - in einer "Ode" auf die "hohe Geburt" begeisterte Worte. Den "beglückten Hervorgang" der Prinzessin feierten in Rostock der Professor Aepinus, dieser nicht nur mit einer Rede, zu der er den "Magnificus Dominus Rector, und die gesammten Einwohner dieser Stadt, die die glücklichen Begebenheiten der Mecklenburgischen Lande zum Vorwurf ihres Danks und ihrer Wünsche machen" ergebenst einlud, sondern auch gleichzeitig mit einer Cantate, zu der der preußische Hof=Compositeur Agricola die Musik lieferte und die "an dem frohen Tage Desselben von dem musikalischen Collegio" ausgeführt ward, sowie ein gewisser V. A. mit einem an demselben Tage im großen akademischen Hörsaal zu Gehör gebrachten "Sing=Gedicht", dessen Komponisten wir nicht kennen.

Die Sorge für die Erziehung des Prinzen Friedrich Franz übernahm, wie die Akten ergeben, über den Kopf der Eltern hinweg ganz wesentlich Herzog Friedrich. Unterm 26. Juni 1762 wurde dem Prinzen ein "Hof=Meister" bestellt in der Person des schwedischen Kammerherrn Carl Christian v. Usedom in Stockholm, dem Besitzer des Gutes Udars aus Rügen. Die Berufung diefes Mannes, der bis zum Jahre 1771 in seiner Stellung blieb, hatte der damals in diplomatischen Geschäften in Stockholm auwesende Baron v. Lützow vermittelt.

Erster Informator des Prinzen war der 1735 zu Guntersblum in der Rheinpfalz geborene Kandidat der Theologie Christian Ludwig Klotz, der am 8. Oktober 1760 angestellt wurde mit einem Jahresgehalt von 150 Talern, freiem Quartier im Schloß und freier Tafel am Pagentisch, aber nur bis Ende des Jahres 1764 in Tätigkeit war: angeblich Weil er sich mit Usedom nicht vertragen konnte, schied er aus serner Stellung aus. Unterm 3. Dezember 1764 wurde das Hofmarschallamt angewissen, "dem gewesenen Informator Klotzius seine Gage bis den letzten Tag seiner gethanen Information auszahlen zu lassen und zwar nicht an ihm selbst, sondern an denen Creditores,

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und was den übrig an ihn zu verabsenden". Klotz wurde dann Pastor in Brüel; dort ist er, der 1807 Präpositus und nicht lange danach Kirchenrat wurde, 1813 gestorben. Neben ihm waren als Lehrer des Prinzen in einzelnen Fächern tätig seit dem 1. November 1763 der Sprachmeister Schmidt, seit dem 16. November desselben Jahres der Tanzmeister Dortu; ersterer erhielt 10, letzterer 15 Taler monatlich.

Wer Klotz’s Nachfolger wurde, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Im Frühjahr 1766 aber werden zwei Informatoren, Schildt und Ludewig (auch Ludwig geschrieben), genannt, die beide den Prinzen ins Ausland begleiten sollten, denn Herzog Friedrich hielt es für angebracht, die Ausbildung seines Neffen sich fern von Mecklenburg vollziehen zu lassen. So hatte es seinerzeit auch Herzog Friedrichs Vater Christian Ludwig mit seinem Sohne im Sinne gehabt, doch war es unter den damaligen Umständen nicht gelungen, die dazu notigen Mittel zu beschaffen. Die Vom 10. Juni 1766 datierte "Instruction, wonach Unser Hof=Meister von Usedom während seines Aufenthalts mit Unsers geliebtesten Neveu des Prinzen Friederich Franz zu Mecklenburg Liebd. in fremden Ländern sich zu richten hat", lautet folgendermaßen:

Bey der Überzeugung, die Wir haben, daß die Erziehung Unsers geliebtesten Neveu des Prinzen Friederich Frantz zu Mecklenburg Liebden nach Unserm Wunsch und zum allgemeinen sowohl als zu Seinem eigenen Wohl am besten, bey einer Entfernung von hier, an auswärtigen Orten gerathen könne, sind Wir der Entschließung geworden, Denselben hinführo in fremden Ländern und zwar zuförderst zu Lausanne in der Schweiz erziehen zu laßen, und da Wir bisher mit besonderer gnädigsten Zufriedenheit und aller guten Hoffnung für die Zukunft das ganze Benehmen Unsers Hof=Meisters von Usedom bey der Education des Prinzen rühmlich gefunden haben; so vertrauen Wir demselben die weitere Ausführung dieser Erziehung und die PerSon Unsers Neveu Liebd., mithin Unsere und Unsers Herzoglichen Hauses vorzüglichste Hoffnung, hiedurch gnädigst an, in der gewißen Zuversicht, er werde sich dabey jederzeit dergestalt betragen, als vor Gott, Uns und Unserm Herzoglichen Hause und Lande er es in gutem Gewißen dereinst zu verantworten sich getrauet.

Überhaupt hat demnach der Hofmeister von Usedom alle Sorgfalt und Treue dahin pflichtmäßig anzuwenden, daß der

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Prinz vor allen Dingen zu einem wahren und rechtschaffenen Christen, soweit solches in menschlicher Hand stehet, nach den Grundsätzen Unserer Evangelischen Religion, dabey aber auch zu einem vernünftigen, Einsichtsvollen, Gott und Menschen gefälligen nützlichen Fürsten gebildet werde. Die Wahl der hiezu dienlichen Mittel überlaßen Wir seiner besten Einsicht und gewißenhaften Prüfung, in der Hoffnung, daß selbige alle Mahl auf diejenigen fallen werde, die das Kennzeichen der Religion, der Liebe und der Sanftmuth an sich tragen; gleich wie ihm auch das Recht der Bestrafung, in allen Fällen, wo diese nothwendig ist, um so mehr unbenommen bleibet, als Wir versichert sind, er werde davon keinen andern als einen mit der Religion, Vernunft und Liebe bestehenden Gebrauch machen. Insbesondere aber wird ihm zur Special-Instruction hiemit gnädigst vorgeschrieben, daß

      I. Bey allen Unterweisungen des Prinzen, die wahre Beßerung des Herzens das vornehmste Augenmerk seyn, mit derselben die Aufklärung Seines Verstandes und die Zunahme der Fürstanständigen Sitten stets verbunden, mithin des Prinzen Fleiß und Geschmack vorzüglich auf diejenigen Wissenschaften gelenket werden soll, wobey dieser Endzweck am besten zu erreichen stehet. Wie denn überhaupt alles, was Deßelben Person und Erziehung betrifft, folglich auch die Wahl Seiner Gesellschaften und Seines Umganges hiernach einzurichten ist.

      II. Die Zahl der täglich den Studien gewidmeten Stunden, worunter aber diejenige Zeit, welche die zur Leibes=Bewegung dienenden Exercitia erfordern, nicht mit zu rechnen ist, soll niemals über sechs gehen. Die Wahl und Vertheilung der darinn zu treibenden Wißenschaften überlaßen Wir zwar der Willkühr und Einsicht des Hof=Meisters von Usedom. Jedoch hat Uns derselbe den Plan und die Stunden=Eintheilung für jedes fogende halbe Jahr zur rechten Zeit ad ratificandum anzuzeigen, auch mit Ablauf eines jeden halben Jahrs Uns einen umständlichen gewißenhaften Bericht von dem Fleiß und den Progressen des Prinzen, wie auch von Desselben moralischen Verfaßung, Fähigkeit, Genie und Character unterthänigst abzustatten. Dabey ist der Prinz selbst, so bald Er im Schreiben geübter seyn wird, dahin anzuhalten, daß Er von Zeit zu Zeit an Uns und Seine Herzogliche Angehörige in Teutscher und Französischer Sprache ohngeholfen schreybe.

      III. Da der Hof=Meister von Usedom, zum Zweck der genauesten Aussicht auf den Prinzen, von allem was mit Dem=

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selben vorgehet, ohne Ausnahme, unterrichtet seyn muß: so wollen und befehlen Wir gnädigst ernstlich, daß

     1. alle zu der Suite des Prinzen gehörige Personen dem Hof=Meister alles, was ihm von dem Prinzen zu wißen nur irgend nöthig und nützlich seyn kan, auf sein Befragen entdecken und auch unbefragt anzeigen, hingegen

     2. sich nicht unterstehen sollen, mit dem Prinzen je in heimliche Unterredungen zu Beurtheiluug des Verhaltens des Hof=Meisters oder in irgend ein Geschäft, welches nicht in deßen Gegenwart und mit seinem Wißen vorgenommen werden könnte, sich einzulaßen, gleichwie sie auch

     3. nicht gestatten sollen, daß dergleichen von anderen geschehe, ohne solches dem Hof=Meister so bald möglich anzuzeigen.

     4. Die Briefe des Prinzen sollen dem Hof=Meister nie geheim gehalten, sondern vor der Abgebung allemahl demselben zum Erbrechen und Durchsehen von dem Empfänger eingereichet werden.

     5. Ohne des Hof=Meisters Wißen sind von dem Prinzen keine Briefe zu schreiben noch zu verschicken: Und soll niemand von der Suite sich unterstehen, zu einem Brief=Wechsel des Prinzen behülflich zu seyn, davon jener nicht unterrichtet ist. Doch sind hierunter die Briefe, welche der Prinz an Uns schreiben wird, nicht mit begriffen, sondern diese soll der Prinz abzusenden befugt seyn, ohne daß er sie dem Hof=Meister vorher zu lesen geben dürfe; welcher solches auch nicht verlangen soll, so bald er siehet, daß der ihm versiegelt vorzuzeigende Brief an Uns gehet.

      IV. Alle zur Suite des Prinzen gehörige Personen sollen von dem Hof=Meister von Usedom als ihrem alleinigen Chef und Vorgesetzten abhangen, mithin seinen Befehlen und Anordnungen, so lange diese, wie Wir zuversichtlich voraussetzen, nicht gegen die Religion streiten und mit ihren Pflichten gegen Uns bestehen, die genaueste Folge leisten. Sie haben daher die Befehle des Prinzen, so bald sie nur irgend zweydeutig oder bedenklich sind, nicht eher zu vollziehen, bis sie sich nach des Hof=Meisters Genehmigung derselben erkundiget haben. Und gleichwie Wir ihnen keine Befehle zufertigen oder irgend eine Veränderung mit ihnen vornehmen werden, ohne daß der Hof=Meister davon unterrichtet sey, so sollen sie auch in allen den Dingen, welche ihr Amt oder ihre Subordination betreffen, sich an niemand anders, als an Uns wenden, zu welchem Ende

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ihnen sammt und sonders unverwehret seyn soll, solcherhalben an Uns ihre unterthänigste schriftliche Vorstellungen unmittelbar oder auch allenfalls mit Begleitung ihres Gesuchs durch den Bericht des Hof=Meisters gelangen zu laßen. Damit übrigens der Hof=Meister auf die Suite des Prinzen desto beßer Acht haben könne, sollen alle dazu gehörige Personen, daferne es immer möglich, mit ihm in einem Hause logiret werden.

      V. Hingegen hat der Hof=Meister von Usedom als Vorgesetzter der ganzen Suite des Prinzen mit aller Aufmerksamkeit dahin zu sehen, daß eine jede von den dazu gehörigen Personen ihre Schuldigkeit genau beobachten, als wozu ihm alle Autorität und Macht hiedurch eingeräumet und verliehen seyn soll. Ins besondere verstatten Wir ihm zu solchem Zweck Kraft dieses in Gnaden, daß er

     1. alle zur Suite des Prinzen von hieraus mitgegebene Personen, nach vergeblich wiederhohlten ernstlichen Ermahnungen zur Beobachtung ihrer Obliegenheiten, von ihren Diensten suspendiren und ihnen allen Zugang zu dem Prinzen so lange untersagen könne, bis die Ursache davon, auf deßelben unverzüglich zu erstattenden Bericht, von uns untersuchet und darüber Unsere besondere Verordnung eingegangen seyn wird; und daß er

     2. alle auswärtig zum Unterricht oder zum Dienst des Prinzen etwa noch erforderliche Personen nach Beschaffenheit der Umstände und ihres Betragens annehmen oder abschaffen dürfe.

      VI. Gleichwie Wir Uns aber dabey zu dem Hof=Meister von Usedom in Gnaden versehen, er werde allen zur Suite des Prinzen gehörigen Personen bey rühmlicher Beobachtung ihrer Schuldigkeit, freundlich und liebreich begegnen und nach seinem Vermögen für ihr Bestes gerne mit sorgen: so hat er ihnen auch nicht nur alles, was nach Unserm Willen und Verordnungen ihnen am Gehalt und sonsten gebühret, iederzeit richtig und unverkürzt reichen zu laßen, sondern auch, bei öfterer Veränderung des Aufenthaltes sowohl des Informatoris und des Kammer=Dieners Kost=Gelder als die Zulagen für die Laquaies nach der Theurung eines jeden Orts, proportionirlich zu erhöhen. Jedoch sollen diese Kost=Gelder und Zulagen, so lange der Aufenthalt des Prinzen in Lausanne, folglich an einem Orte, seyn wird, feste stehen und ohne Unsere Special-Ratification nicht erhöhet werden.

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      VII. Außer dem Uns nach n. II mit jedem halben Jahre zu erstattenden Haupt=Bericht, soll Uns der Hof=Meister von Usedom alle Monath einmahl von dem Befinden und Betragen des Prinzen, dem Verhalten der Suite und von anderen nöthig erachtenden Umständen unterthänigste Anzeige machen, auch in der Zwischen=Zeit den Herzoglichen Eltern des Prinzen von Deßelben Befinden, so oft es nur wegen seiner sonstigen Beschäftigungen geschehen kann, von allen submissest Nachricht geben; wobey er sich zum Abschreiben allenfalls der Beyhülfe der Informatoren, als welche dazu angewiesen werden, zu bedienen hat. Sollten ihn indeßeu unüberwindliche Hinderniße gänzlich vom Schreiben abhalten, so soll in dieser Obliegenheit der erste Informator, und in deßen Ermangelung der zweyte, des Hof=Meisters Stelle vertreten.

Wenn auch der Prinz, welches Gott verhüten wolle! von schweren und gefährlichen Krankheiten sollte angefallen werden, so muß von den zu adhibirenden Medicis ein Diarium und von dem Hof=Meister das andere gehalten, und beide, von ihren Verfaßern unterschrieben, Uns durch seinen unterthänigsten Bericht zugeschicket werden. Es ist ihm dabey unbenommen, nach Befinden bey seinem Diario gleichwie in anderen nöthig erachtenden Fällen, die Informatoren zu Hülfe zu nehmen, ihres Zeugnißes sich zu bedienen, und es von ihnen mit unterschreiben zu laßen.

Da übrigens die Entfernung und gewiße andere Umstände zuweilen Materien zum Brief=Wechsel veranlaßen, die einer besonderen Geheimhaltung bedürfen, so hat der Hof=Meister sich alsdann eines Chiffre zu bedienen, welcher ihm zu diesem Ende zugestellet werden soll.

Gleichwie Wir daneben, sowohl um den Prinzen von allem Hochmuth zu entfernen, als auch aus anderen Ursachen, dem Hof=Meister von Usedom die Erlaubniß geben, die Benennung des Prinzen in allen den Fällen, wo er es nöthig und zuträglich findet, zu verändern, und Denselben z. E. einen Grafen oder Herrn von Schwerin oder Herrn von Grabow nennen zu laßen, so hat Uns er eine solche etwa zuträglich erachtende Veränderung sofort anzuzeigen, damit auch von hier aus die gewählte veränderte Benennung des Prinzen beobachtet werden könne.

      VIII. Der erste Informator soll verbunden seyn, die Stelle des Hof=Meisters von Usedom nach seiner Vorschrift so oft zu vertreten, als dieser es verlanget. Und damit solches in allen

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Fällen ohne Verletzung des Anstandes geschehen, auch nur=gedachter Informator an der Tafel des Prinzen beständig speisen könne, haben Wir den letzigen ersten Informatorem Christian Gottlob Schildt unter heutigem dato zu Unsern Hof= Rath in Gnaden ernannt und bestellet. Würde auch dieser erste Informator Unser Hof=Rath Schildt die Stelle des Hof=Meisters zu vertreten, durch Krankheit oder andere Umstände verhindert: so ist der andere Informator, Ludwig, schuldig, an seine Stelle zu treten, welches jedoch nur innerhalb Hauses und ausser Gesellschaft von Fremden Statt finden soll.

      IX. Die Einrichtung, Special-Anordnung und ganze Führung der Oeconomie des Prinzen wird dem Hof=Meister von Usedom lediglich überlaßen, so daß er selbige nach seiner besten Einsicht den Umständen gemäß zu bestimmen und zu verändern befugt seyn soll. Jedoch hat er alle Zeit mit einer anständigen Sparsamkeit sich dahin äusserst zu bestreben, daß er diese Oeconomie dem hiebey gehefteten und soviel immer möglich in der Ausgabe nie zu überschreitenden Etat conformire, welchen Uns er, nach vorher aus Lausanne eingezogenen nöthigen Nachrichten unterthänigst vorgeleget hat; es wäre denn, daß nach Beschaffenheit der Umstände, convenablere und vortheilhaftere Einrichtungen ohne Überschreitung des bestimmten Aufwandes gemacht werden könnten, welche alsdenn willkührliche Einrichtungen so wie die Veränderungen der Livrée und die n. VI bemerkte Erhöhungen der Zulagen und Kost=Gelder ihm billig unbenommen bleiben; und daß ohne Unsere Special-Verordnung, weder die Anzahl der dem Prinzen von hieraus mitgegebenen Personen noch das jeder von ihnen gnädigst versicherte Gehalt, von dem Hof=Meister verändert werden kan. In außerordentlichen Fällen, die einen im Etat nicht schon begriffenen grösseren Aufwand erfordern, hat der Hof=Meister, daferne sie vorauszusehen sind, in Zeiten Unsere Verhaltungs=Befehle einzuhohlen. Kommen jene aber ganz unerwartet, so verstatten Wir ihm hiedurch gnädigst, den unumgänglich alsdenn erforderlichen Aufwand zu machen und darüber sofort an Uns unterthänigst zu berichten; da dann diese Ausgabe von Uns gnädigst ratificiret werden und in Rechnung passiren soll.

      X. Zur Bestreitung der Etat-mäßigen Kosten, von welchen Unsers Herrn Bruders des Prinzen Ludewigs zu Mecklenburg Lbd. Behuf der zur Tafel und Chatoulle des Prinzen darinn

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ausgeworfenen zusammen 3336 Rthlr. Mecklenburgscher Valeur betragenden beiden Pöste, die schon hiebevor Ihro Prinzen jährlich gereichete 3233 Rthlr. fernerhin und zwar in Mecklenb. Valeur in Quartal-Ratis zu zahlen auf Sich genommen, Wir aber das übrige zu übernehmen, Uns erkläret haben, soll ein Banquier zu Lausanne oder da, wo der Prinz sich sonst in der Folge aufhalten wird, durch einen offenen Wechsel angewiesen werden, die jährlichen Etat-mäßigen Gelder ohne weitere Anfrage dem Hof=Meister von Usedom in Quartal-Ratis, ohne Anrechnung einiger Courtage, Provision, Agio oder sonstiger Abzüge auszuzahlen, auch in ausserordentlichen Vorfällen bey einer sub n. VIII erwähnten dringenden Nothwendigkeit, extra-ordinaire Vorschüsse bis auf 500 Rthlr. über das im Etat bestimmte Quantum zu thun. Dagegen soll dem Banquier, zu Erstattung solcher Avances, aus den von Uns dazu bestimmten Fonds ohnfehlbar alle Quartal, nebst den etwanigen Extra-Vorschüßen, der vierte Theil der Etat-mäßigen Gelder promt und richtig von hieraus übermachet und solches Geld ohne Verminderung der Zahl des bestimmten Quanti in Schwerem Courant trassiret werden; gleichwie auch alle darinn mitbegriffene Gages der zur Suite des Prinzen gehörigen Personen, ohne Verminderung des ihnen bisher bestimmt gewesenen Quanti, in schwerem Courant, so lange ihre Abwesenheit von hier dauern wird, ausgezahlet und jedesmahl zugleich mit den übrigen Etat-mäßigen Geldern promt und richtig übermachet werden sollen.

      XI. Die Rechnung von aller Einnahme und Ausgabe bey dem Etat des Prinzen soll, unter Aufsicht des Hof=Meisters von Usedom der eine Informator führen, auch die Caße in Händen haben, mithin für dieselbe respondiren. Wie aber die Anordnung des Hof=Meisters den Berechner allein zu Ausgaben berechtigen kann, so sollen nur diejenigen Rechnungen und Qvitungen, die von dem Hof=Meister unterschrieben sind, für gültige Beläge erkannt werden. Beym Schluße eines jeden Monaths müßen von dem Berechner der Caße die Rechnungen geschloßen, von dem Hof=Meister revidiret und, wenn sie richtig befunden sind, unterschrieben werden. Mit Bezug auf diese Monaths=Rechnungen ist sodann am Ende eines halben Jahrs ein General-Extract von Einnahme und Ausgabe, welchem die Monaths=Rechnungen als Beläge beygefüget werden, zu formiren, die der Hof=Meister, nach vorgängiger Revision und Unterschrift, nebst dem n. II erwähnten Hauptbericht an Uns

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einzusenden, und dagegen jedesmahl, nach befundener Richtigkeit der Rechnung, eine schriftliche von aller ferneren Verantwortung für Uns und Unsere Successores dieserhalben ihn völlig entbindende Qvitung und Decharge unter Unserm Handzeichen zu gewärtigen hat.

      XII. Da die Kosten der Reisen sich nicht genau vorher bestimmen, noch die dabey öfters vorkommende unerwartete Zufälle voraussehen laßen, so soll Unser Hof=Meister von Usedom dazu jedesmahl mit einem hinlänglichen Wechsel und dem, seiner Ermeßen nach erforderlichen baaren Gelde versehen werden. Auch über diese respective mitbekommene und unterwegens etwa ausgenommene Gelder hat der eine Informator die Rechnung zu führen, welche darauf, von dem Hof=Meister revidiret und unterschrieben, mit in die an Uns einzuschickende halb=jährige Haupt=Rechnung zu ziehen ist, und mit derselben durch Unsere Decharge quitiret werden soll.

      XIII. Die Unkosten der ersten Einrichtung anfänglich zu Lausanne und demnächst an einem jeden Ort, wo der Prinz in der Fremde sich aufhalten wird, sollen, in so ferne sie nicht eigentlich in der Etat-mäßigen Summe des Aufwandes mit begriffen und nach Erforderung der Umstäude dennoch unumgänglich nothwendig sind, besonders, gleich den Reise=Kosten, berechnet werden, und, nachdem sie in die Hauptrechnung gezogen worden, zur Decharge am Ende des halben Jahrs jedesmahl an Uns gelangen. Zu möglichster Vermeidung einer den Etat übersteigenden baaren Ausgabe in diesem Punct haben Wir indeßen die Verfügung gemacht, daß die nothwendigste Einrichtung an Tafel=Wäsche von hieraus in natura mitgegeben werden soll.

      XIV. Wenn der Prinz Seinen fürs erste in Lausanne zu nehmenden Aufenthalt, für welchen der hie beygeheftete Etat besonders formiret ist, demnächst verändern wird, wollen Wir die Bestimmung des Aufwandes für Denselben jedesmahl nach der Beschaffenheit und Theurung des Orts proportioniren. Zu welchem Zweck Uns sodann von dem Hof=Meister von Usedom vorher ein umständlicher Bericht von den, bey Beobachtung aller möglichsten anständigen Sparsamkeit daselbst nothwendigen Kosten zu erstatten ist.

      XV. Allen zu der Suite des Prinzen gehörigen Personen haben Wir, so lange der Prinz sich in der Fremde aufhalten wird, überall freye Reise, auch freyen Transport ihrer mitzu=

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nehmenden nöthigen Sachen in Gnaden bewilliget. Der Hof=Meister von Usedom soll dabey, nebst den beiden Informatoribus, in allem defrayiret werden, und für zwey eigene Livree-Bedienten die nach n. VI bestimmte Zulage, in baarem Gelde erhalten. Es sollen auch die Briefe aller zur Suite gehöriger Personen, besonders zwischen Lausanne und Hamburg unter dem Couvert eines Kaufmanns dergestalt Post=frey gehen, daß der Kaufmann die Porto-Rechnung, auf Anweisung des Hof=Meisters von Usedom alle Qvartale oder halbe Jahre gegen Qvitung ex cassa bezahlet erhalten soll.

      XVl. Allen zur Suite des Prinzen gehörigen Personen sollen ihre Pflichten nach Inhalt dieser Instruction bekannt gemacht und eingeschärfet, auch von dem, was in derselben ein=jeden von ihnen besonders angehet, zu ihrer Nachachtung Extracte, dem ersten Informatori Hof=Rath Schildt aber eine vollständige Copey der ganzen Instruction, zugestellet werden.

      XVII. Wir erlauben übrigens dem Hof=Meister von Usedom hiedurch in Gnaden, gegen Unsere, außer dieser Instruction, ihm zu ertheilende Verhaltungs=Befehle, so oft er es nöthig findet und gültige Bewegungs=Gründe dazu zu haben glaubet, geziemende unterthänigste Gegen=Vorstellungen zu thun, und soll er in solchem Falle jene Verhaltungs=Befehle zu befolgen, nicht eher verbunden seyn, bis sie durch Unsere auf seine Gegen=Vorstellungen erlaßene Resolution bestättiget werden.

Gleichwie Wir nun das gnädigste Zutrauen zu dem Hof=Meister von Usedom haben, er werde überall, nicht allein diese Unsere lnstruction, sondern auch überhaupt alle ihm obliegende Pflichten, mit aller Sorgfalt und Treue schuldigst beobachten, so versichern Wir demselben hiedurch in Gnaden Unsere besondere Protection gegen alle etwanige falsche Nachreden. Und daferne bey Uns er, es sey von wem es wolle, irgend eines Vergehens beschuldiget werden sollte, wollen Wir ihn ungehört mit Ungnade nicht belegen, sondern ihm zur Verantwortung Raum und Gehör geben, und, bey befindender seiner Unschuld, zu Bestrafung und künftiger Verhütung solcher Angaben ernstliche Verfügungen machen. Wir wollen auch überhaupt denselben seines Amtes halber, gegen jedermann nachdrücklich schützen und dabey gnädigst dafür sorgen, daß die von Uns ihm untern 26sten Junii 1762 ertheilte und für Uns und Unsere Herzogliche Nachfolger an der Regierung Kraft dieses aufs neue bestättigte Bestallung zu allen Zeiten pünctlich erfüllet werde.

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Der Instruction ist beigefügt der von Usedom auf Grund sorgfältiger Erkundigungen ausgearbeitete, sehr ins einzelne gehende "Entwurf zu einem Etat des Durchl. Prinzen Friedrich Franz während Ihres Aufenthalts in Lausanne". Usedom berechnet die jährlichen Kosten einschließlich seines eigenen Gehalts (1000 Rthlr.) sowie der Gehalte des Hofrats Schildt (300 Rthlr.), des Informators Ludewig (200 Rthlr. und 288 Rthlr. Kostgeld), des Kammerdieners Wendt (150 Rthlr. und 154 Rthlr. Kostgeld) und der beiden Lakaien Nagel und Morberg (je 80 Rthlr.) auf 8202 Rthlr., welche Summe aber noch um eine Kleinigkeit auf 8233 Rthlr. erhöht wurde. Wegen Beschaffung dieser Gelder erging am 26. Juli 1766 ein Herzogliches Reskript an die Kammer: " . . . Wir laßen Euch hiedurch in Gnaden unverhalten seyn, daß Wir der Entschließung geworden sind, Unsers geliebtesten Neveu des Prinzen Friederich Franz zu Mecklenburg Liebd. vor der Hand in fremden Ländern und zwar zuvorderst in Lausanne erziehen zu laßen, und daß Derselbe in Zeit von wenigen Wochen die Reise nach Lausanne antreten solle. Wann nun dem Prinzen zu seiner dasigen Subsistence und Erziehung von Uns fünf tausend Rthler Mecklenb. Valeur ausgeworfen, von Unsers Herrn Bruders des Prinzen Ludewig zu Mecklenburg Liebd. aber die fernere Zahlung der gedachten Ihro Prinzen schon hiebevor jährlich gereicheten 3233 Rthler und zwar in gleicher Wehrung versichert worden, so committiren Wir Euch hiedurch im gnädigsten Befehl, es mit Unserm Hof=Agenten der Gestalt zu reguliren, daß derselbe gegen eine ihm von Unserer Renterey ein= für allemahl zu ertheilende Assignation jährlich aus Unserem Amte Buckow drey tausend, und aus unserem Amte Redentin zwey tausend, gegen eine gleiche von Unsers Herrn Bruders des Prinzen Ludewig Liebd. ihm zu ertheilende Anweisung aber vor Ihro aus Unserem Amte Dobbran gezahlet werdenden Apanagial-Geldern jährlich 3233 Rthler, alles in Mecklenb. Valeur oder R 2 / 3 teln mit einem gewißen Agio, in Quartal=Ratis erhebe, dagegen und gegen Empfang der gewöhnlichen Wechsel=Kosten aber dem Hof=Meister von Usedom oder demjenigen, welcher zur Führung der Rechnung wird ernannt werden, die für des Prinzen Friederich Franz Liebd. bestimmeten Gelder, mittelst eines demselben fördersamst zuzustellenden Wechsels oder Credit-Briefes, ein für allemahl quartaliter den vierten Theil jener, zusammen 8233 Rthler Mecklenburgischer Valeur oder Hamburger Courant betragenden Summe franco in Lausanne zu erheben,

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anweise, und beydes so wohl mit Erhebung dieser Gelder hieselbst, als mit der Zahlung in Lausanne in Termino Michaelis a: c: den Anfang mache . . . .  So viel übrigens der ante Terminum Michaelis zur Reise und sonst für des Prinzen Friederich Franz Liebd. erforderlichen Gelder anlanget, habet Ihr zu solchem Behuf circa 1500 Rthler von den etwa über= schüßigen Post= Zoll und Laudemial-Gefällen oder von anderen etwa eingegangenen überschüßen fordersamst an den gedachten Hof=Meister von Usedom gegen Qvitung zu zahlen, äußersten Falls aber, wenn so viel nicht vorräthig seyn sollte, auf die zuerst eingehenden Laudemial-Gelder Von dem Hof=Agenten oder einem andern vorschießen zu laßen . . . ." Infolge dieses Reskriptes wurden zu der Kammersitzung am 8. August der Rent=meister Thiessing und der Hofagent Nathan Aaron zu einer Besprechung geladen. Thiessing gab an, es seien bei der Renterei nur 500 Taler Depositengelder von der Dargunschen Forst vorrätig. Aaron erklärte sich bereite die Subsistenzgelder gegen eine Provision von 1 % zu zahlen, erbot sich auch, die fehlenden 1000 Taler Reisegelder vorzuschießen, vorausgesetzt, daß sie samt den Zinsen spätestens bis zum kommenden Martini zurück= gezahlt würden. Von diesem Anerbieten wurde aber kein Gebrauch gemacht, weil alsbald eine ausreichende Summe an Laudemialgeldern einging, Übrigens erwiesen sich die für Reise= und Einrichtungskosten ausgesetzten 1500 Taler als unzulänglich und im März 1767 wurde die Kammer angewiesen, noch 550 Taler nachzuzahlen. Bald daraus wurde die Kammer davon in Kenntnis gesetzt, daß von den 8233 Talern Subsistenzgeldern hinfort der Herzog 7000 zahlen werde und Prinz Ludwig nur 1233 Taler beizusteuern brauche.

Noch vor Michaelis fand die Übersiedlung des Prinzen nach Lausaune statt; 1 ) er reiste dorthin unter dem Namen eines Grafen von Schwerin. Wo er in Lausanne wohnte, läßt sich nicht mehr


1) Der Prinz muß damals seinen Weg über Bützow genommen haben, denn Tychsen sagt in seiner "Feierlichen Rede am ersten Junii 1775 als am Tage der Hohen Vermählung des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Herrn Friederich Franz . . . mit der Durchlauchtigsten Fürstin und Frau Frau Louisa . . . . . im Nahmen der Herzoglich Mecklenburgischen Friederichs=Universität zu Bützom gehalten" S. 16: "Hiebey erinnere ich mich mit nicht geringen Vergnügen, daß als ich vor neun Jahren Rektor dieser Akademie war, und Sie, Durchlauchtigster Prinz, durch hiesige Stadt nach der Fremde reiseten, ich im Nahmen der hiesigen Universität, Ihnen eine glückliche Reise und Rückkunft und alles sonstige Hochergehen mit gerührtem Herzen Wünschte."
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feststellen, überhaupt haben wir über sein dortiges Leben und seine Studien leider nur sehr dürftige Nachrichten: die Berichte, die der Hofmeister über sein Ergehen und seine Fortschritte monatlich zu liefern hatte, scheinen eben so wenig mehr vorhanden zu sein wie die Briefe des Prinzen an den Herzog und an seine Eltern. Erhalten ist aber wenigstens ein von Usedom eingereichter "Entwurf, wie man die Lern=Stunden des Durchl. Prinzen Friedrich Franz von Mecklenburg = Schwerin von Michaelis 1767 bis Ostern 1768 einzutheilen gedenket":

Stundenplan

Des Prinzen Zeichenmeister war anfänglich Deblarhamberg, epäter Prud’homme, sein Tanzmeister Desjardins, sein Klavierlehrer Grondeler, im Französischen unterwies ihn Durand; jeder dieser Herren erhielt monatlich einen Louisd’or. Daß der Prinz auch Reitunterricht genoß, ergibt der Posten "Manege" im Etat. Eine lutherische Kirche gab es damals in Lausanne nicht; aus diesem Grunde hatte Usedom in den Etat 200 Taler eingesetzt "zu den Reisen nach Geneve, wann etwa Serenissimus Sich nicht noch entschließen sollten dem Durchl. Prinzen einen Reise=Prediger mitzugeben". Das hatte der Herzog nicht für nötig gehalten und der Prinz wird den lutherischen Gottesdienst in Genf besucht haben, wenn nicht der Genfer Pastor Beumelburg nach Lausanne kam, um dort - was nach Ausweis der Rechnungen mindestens einmal im Monat geschah - in der Wohnung des Prinzen eine auch von den ortsanwesenden Lutheranern stark besuchte Predigt zu halten, übrigens hatte der Rat von Lausaune, der in seiner

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Sitzung vom 14. Oktober 1766 beschloß, den Prinzen durch zwei seiner Mitglieder begrüßen zu lassen, gleichzeitig die Herren von der Noble chambre Oeconomique beauftragt, de faire le choix d’une place dans l’Église de St. François destinée pour S. A. le Prince de Mecklembourg pendant le séjour qu’il fera dans cette ville.

Nicht lange nach seiner Ankunft wurde der Prinz Mitglied eines vornehmen Clubs, des Cercle de la Rue de Bourg. Auf der Liste der Teilnehmer an einem Subskriptionsball im Jahre 1768 steht sein Name neben dem des Prinzen Ludwig Eugen von Württemberg, Für häufigen Verkehr in Familien sprechen die vielen Rechnungsvermerke über Trinkgelder "da der Prinz außer dem Hause speisete"; leider sind die Namen der Einladenden nicht genannt. Daß er u. a. im Hause des Herrn Salomon de Charrière de Sévery, der seinerzeit Prinzen= gouverneur am landgräflich hessen=casselschen Hofe gewesen war, aus= und einging, ersehen wir aus einem Briefe, den der inzwischen vermählte Prinz am 23. Juli 1782 aus Ludwigslust an diesen Herrn richtete und in dem er seinen und seiner Gemahlin Besuch in Lausanue für den Oktober ankündigt. In diesem Briefe 2 ) heißt es u. a.: Étant persuadé de l’amtié que Vous avez toujours eu pour moi, je peux espé;rer que Vous me prendrez sous Votre protection afin que j’aye le bonheur de me retrouver dans mes anciennes si bonnes et si aimables sociétés. Surtout y compris le Cercle, où j’espère pourtant d’oser y entrer sous Vos auspices comme je me fais gloire d’être encore un ancien membre de cette société. Je Vous prie, Monsieur, de faire mille compliments de ma part à Mr. Votre beau-père, à Mad me Votre charmante épouse, de même à Mr. de Mézery. Dites-lui que je pétille de plaisir de le revoir comme mon ancien bon voisin, et que j’espérais qu’il permettroit que je profite cette fois-ci plus de ses chevaux.

Im Jahre 1768 wurde beim Prinzen die "Inoculation der Blattern" vorgenommen und zwar durch den berühmten Arzt Simon André Tissot 3 ) in Lausanue. Tissot erhielt dafür 50 Louisd’or und eine goldene Tabatiere im Werte von 1057 Livres, der assistierende Chirurg le Vade 12 Louisd’or.


2) Mir gütigst mitgeteilt von einem Nackommen des Adressaten, Herrn William de Charriè de Sévery in Valency bei Lausanne.
3) Sein 1771 von Prud’homme gemaltes Bildnis bewahrt das Großherzogliche Museum zu Schwerin (Nr. 847)
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Im Oktober desselben Jahres aber verließ der Prinz Lausanne und übersiedelte nach Genf, zum großen Leidwesen nicht nur der Armen, für die er allzeit eine offene Hand hatte, sondern auch großer anderweitiger Kreise in Lausanne: das beweist ein ihm bei diesem Anlaß gewidmetes langes Gedicht, unterzeichnet von Sechs Leuten "im Nahmen aller übrigen Evangelischen Augspurgischen Confessions=Verwandten zu Lausanne" und betitelt "Die Folge der Ehrfurcht und Dankbarkeit bey der unvermutheten Abreife des liebenswürdigsten und durchlauchtigen Prinzen Friederich Franz künftig regierenden Herrn zu Mecklenburg=Swerin", aus dem einige Strophen hier mitgeteilt sein mögen:

Prinz! wie? Du willst Dich uns entziehn!
Und diese werthe Stadt verlassen?
Ists möglich, willst Du von uns fliehn,
Wer kann den schnellen Schluß wohl fassen?
Wer hat Dir was zu Leyd gethan,
Wer ists, der Dich nicht dulden kann?
Was ist es dann, das Dich betrübte?
Wo ist die Frau? Wo ist der Mann?
Baron, Graf, Bürger, Unterthan,
Wo ist ein Kind, das Dich nicht liebte?

Der Landmann eilet in die Stadt,
Läßt Äcker, Hof und Wiesen stehen,
Blos, wie er es versichert hat,
Den Prinz von Mecklenburg zu sehen.
Der Seigneur verläßt das Schloß,
Und eilt auf einem raschen Roß
Den zarten Friedrich zu verehren.
Die Damen locket das Geschrey
Auf manche Meile weit herbey,
Um Dich zu sehen und zu hören.

Der Greis vergißt die Mattigkeit,
Die ihn sonst kaum läßt kriechend gehen,
Und eilt mit vieler Munterkeit
Vor Dir geschwinde aufzustehen.
Der Pöbel drückt sich an die Wand
Und zeigt voll Freude mit der Hand:
Er sucht Dich weichend zu verehren.
Der jungen Schönen bunte Schaar
Eilt schnell aus Fenster, Paar bey Paar,
Wenn sie des Prinzen Pferde hören.

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Kurz! alles, alles liebet Dich,
Und alles wünscht Dir zu gefallen,
Das zärtste Kind bemühet sich
Vom Prinz von Mecklenburg zu lallen.
Und dennoch willst Du uns entfliehn
Und Dich so plözlich uns entziehn?
O Prinz! wie sollen wir diß fassen!
Ists möglich, kannst Du eine Stadt,
Die Dich so sehr geliebet hat,
So ruhig und so schnell verlassen!

Altar und Tempel flieht mit Dir
Vom Häuflein unserer Gemeine,
Und die nennt sich besonders hier
In eigenem Verstand die Deine.
Erbauung, Trost, Schuz, Unterricht,
Vergnügen, Zuspruch, Recht und Licht,
Wird plözlich uns mit Dir entrissen.
Nun wird der eine dahinaus,
Der andre in ein fremdes Hauß
Zur Gnadentafel wandern müssen! . . .

Kurz! Jedermann bedauerts jezt,
Man klagt in Häusern und auf Straßen,
Daß Du so schnell Dir vorgesezt
Nun diese Gegend zu verlassen;
Doch folgt Dir auch bey jedem Schritt
Ein Segenswunsch voll Ehrfurcht mit
Von allen denen, die Dich kennen,
Sie mögen sich gleich Lutheran,
Gleich Römisch und Calvinian,
Ja wie sie immer wollen, nennen. . . .

Ja zeuch nur, zarter Friederich!
Du zeuchst uns doch nicht aus Gedanken,
Die Liebe dieses Orths für Dich
Weiß niemahls was von Ziel und Schranken.
Du, unsrer Kirche Schmuck und Zier,
Dein Josua und Gott mit Dir,
Und Glück und Wonne stets zur Seiten;
Die sollen Dich auf Deiner Bahn
Bis dort nach Nordens Canaan
Mit großer Kraft und Weisheit leiten! . . .

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Schildt, "ein Mann von seltnem Werth und Gaben", wie das erwähnte Gedicht von ihm rühmt, begleitete den Prinzen nicht nach Genf, sondern kehrte nach Mecklenburg zurück. Von Frankfurt aus teilte er am 26. November 1768 dem Herzog mit, daß er befehlsmäßig sich auf den Weg zur Rückreise gemacht habe, zusammen mit dem ehemaligen Bedienten Usedoms und in Gesellschaft des Kammerherrn v. Levetzow, der aber unterwegs erkrankt sei und nun in Frankfurt festliege. Schildt glaubt ihn nicht verlassen zu dürfen und hofft und bittet, daß der Herzog "in Betracht dieser Bewegungs=Gründe sein späteres Aussen=bleiben nicht in Ungnaden bemerken werde". Den Grund von Schildts Rücktritt kennen wir nicht; Unzufriedenheit des Herzogs mit seinen Diensten war es gewiß nicht, denn es ist einmal in einem Kabinettsschreiben von "Serenissimi höchster Neigung", ihn anderweitig zu versorgen, die Rede. In der Tat erging schon vor Schildts Rückkehr, am 28. Oktober 1768, ein Reskript an die Kammer: "Wir finden den Informatorem bey des Prinzen Friederich Franz Liebd. Hof=Rath Schildt aus seiner bisher bekleideten Stelle entbehrlich, und sind daher in Gnaden geneigt, ihn auf eine andere convenable Art zu placiren. Bey der Ungewißheit aber, worinn Wir Uns befinden, wozu derselbe eigentlich am brauchbarsten seyn mögte, befehlen Wir euch gnädigst, ihn, zum Versuch, vor der Hand als zweyten Beamten in Güstrow anweisen, ihm sein vorhin genoßenes Salarium von dreyhundert Rthlr. fernerhin in Quartal-Ratis zahlen  . . . zu laßen." Diese Stellung in Güstrow entsprach aber Schildts Neigungen nicht; am 26. Januar 1769 bat er den Herzog, von seiner Anstellung dort abzusehen und ihm vielmehr den erledigten Posten eines Acciserats in Rostock nebst der unbesetzten Professur der ökonomischen Wissenschaften in Bützow zu übertragen. Dem aber wurde nicht stattgegeben, vielmehr unterm 1. Februar die Kammer angewiesen, Schildt vor der Hand und bis auf weitere Verordnung unter seinem bisherigen Charakter zu allen Sekretariatsgeschäften bei der Kammer zu gebrauchen. Am 14. März 1769 wurde er, dessen Gehalt am 1. Februar auf 400 Taler erhöht worden war, als Kammersekretär vereidigt;in dieser Stellung ist er am 19. März 1802 gestorben.

Des zweiten Informators Karl Ludewig geschieht in den Erziehungsakten weiterhin keine Erwähnung. Doch erscheint er im ersten Staatkalender von 1776 als Kabinettssekretär. Im Jahre 1780 wurde er pensioniert und zog nach Rostock.

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Daß er dort in sehr kümmerlichen Verhältnissen lebte, lehrt uns ein vom 6. April 1789 datierter Befehl des Herzogs Friedrich Franz an die Kammer: "Da Wir Uns bewogen finden, Unserem ehemaligen Informator und nachherigen Secretair Ludewig, seiner Uns bekannt gewordenen äußerst traurigen Umstände halber, seine bisherige Pension mit Ein Hundert ReichsThalern N 2 / 3 zu erhöhen, welche ihm pro rata vom jetzigen Ostern inclusive bezahlet werden sollen, so usw." In Ludewigs Dankschreiben vom 16. April heißt es: "Ew. Herzogl. Durchl. haben mir zu meiner bisherigen Pension eine Zulage von jährlichen 100 Thalern zu einer Zeit gnädigst accordiret, da die Noth aufs höchste gekommen und ich recht im Begrif war, zu Grunde zu gehen." Ludewig starb zu Rostock am 18. Mai 1797, mit Hinterlassung einiger Schulden; von seinen Gläubigern in Rostock waren sechs so naiv, unterm 24. Juni ein gemeinsames Bittschreiben an den Herzog zu richten, er wolle die ihnen von Ludewig schuldig gebliebenen Summen - es handelte sich insgesamt um 48 Rthlr. 1 Schilling - "aus Höchst Dero Chatoulle berichtigen lassen". Der Herzog sandte die Bittschrift seinen Räten zur weiteren Behandlung; diese meinten, den Bittstellern zu willfahren "dürfte bedenklich seyn, da man nicht wissen kann, ob nicht noch mehrere beträchtliche Schulden vorhanden sind", und so ging habita deliberatione das Gesuch ad acta. -

Zu der Zeit, da Prinz Friedrich Franz nach Genf übersiedelte, war diese Stadt wieder einmal der Schauplatz einer jener die Geschichte Genfs im 18. Jahrhundert füllenden demokratischen Bewegungen, jener schließlich erfolgreichen Kämpfe der nicht bevorrechteten Klassen der Bourgeois und der Natifs gegen die starr aristokratische Herrschaft der allein regiments=fähigen Citoyens, die den Kleinen Rat und das Collegium der Zweihundert besetzten. Kurz vor der Ankunft des Prinzen hatten die Bourgeois es durchgesetzt, die Hälfte der Mitglieder der Zweihundert stellen zu dürfen. Nun aber regten sich auch die zahlreichen und Wohlhabenden Natifs, die in Genf geborenen Nachkommen der nicht eingebürgerten Einwohner, mit dem Verlangen nach Besserstellung - sie die bis zum Jahre 1738 nicht nur von allen Staatsstellen, sondern auch von den höheren Berufsarten ausgeschlossen waren und auch seitdem noch außerhalb der Bürgerschaft standen. Sie fanden rührige Anwälte, die in Wort und Schrift ihre Ansprüche verteidigten und die weitestgehenden Forderungen nach Teilnahme am Stadtregiment

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erhoben; ihre durch Zuzug von auswärts beständig wachsende Partei nahm schließlich eine drohende Haltung ein, veranstaltete bewaffnete Umzüge und plante für den 15. Februar 1770 einen Aufstand, den zu verhindern dem wachsamen Rat nur durch die schärfsten Mittel und nicht ohne Blutvergießen gelang. Alle diese Unruhen spielten sich während der Zeit ab, da der Prinz in Genf weilte; ob aus eigenem politischem Interesse oder durch andere dazu angeleitet, bleibt dahingestellt, jedenfalls suchte er sich über die Verhältnisse zu unterrichten und erwarb eine beträchtliche Zahl einschlägiger Flugschriften, die heute die Regierungsbibliothek aufbewahrt.

Der Prinz bewohnte zunächst ein dem Noble Pierre Jaquet, Seigneur, ancien Conseiller d’Etat, gehöriges kleines Haus an der zur Altstadt, auf dem linken Ufer der Rhone, dem Mittelpunkte des Lebens, gehörenden rue de la Corraterie; der Mietzins betrug 150 Louisd’or jährlich. Der Mietsvertrag war auf ein Jahr abgeschlossen, scheint aber dann um ein weiteres Jahr verlängert worden zu sein. Am 1. Oktober 1770 aber erfolgte der Umzug in das seither abgebrochene und durch einen Neubau ersetzte Haus des Noble Isaac Louis Thellusson, Citoien et Conseiller au Conseil des Deux Cent, in der engen rue des Belles Filles (heute rue Étienue Dumont genannt), nahe der promenade de St. Antoine; diese Wohnung wurde auf zwei Jahre gemietet für 175 Louisd’or jährlich. Der Haushalt des Prinzen war in Genf etwas reichlicher zugeschnitten als in Lausanne. Usedom glaubte in einem Bericht an den Herzog vom Dezember 1768 die Notwendigkeit einer glänzenderen Einrichtung betonen zu sollen und fand dafür die Zustimmung des Herzogs, der zwar in eine Erhöhung des Etats nicht willigen wollte, aber doch einen Genfer Bankier anweisen ließ, nach Bedarf bis zu 2000 LivreS vorzuschießen.

Schon bald nach seiner Ankunft stattete der Prinz dem ersten Syndikus der Republik, dem Noble Michel Lullin de Chateauvieux, einen Besuch ab. Daraufhin beschloß der Rat, den Prinzen durch eine Deputation, bestehend aus einem Syndikus und zwei Mitgliedern des Rats, begrüßen zu lassen, und diese Herren berichteten am 24. Oktober, qu’ils ont fait compliment au Prince de Mecklembourg-Swerin, qui a témaoigné son extrême sensihilité à l’attention du Conseil et qu’il les accompagna jusques à la porte sur la Cour. Überhaupt ließ es der Rat an Zuvorkommenheit nicht mangeln.

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Die Wachen wurden angewiesen, dem Prinzen militärische Ehren zu erweisen, und es wurde beschlossen qu’on mettra un tapis et un carreau (ein viereckiges Sitzkissen) a la place qu’il oc-cupera au Temple de St. Pierre, der Kathedrale. Als 1769 der Prinz den Wunsch geäußert hatte d’aller aux Promotions 4 les Nobles Bouet et de la Rive ont été commis pour le conduire au Temple de St. Pierre et le reconduire chez lui. Im Januar 1769 teilte der Premier Syndic Jean Louis Saladin dem Rate mit, daß Usedom bei ihm gewesen sei pour se plaindre des ordres que des huissiers avoient donnés aux domestiques de Son AItesse de mener les chevaux de Sa dite Altesse au pas dans la Ville et du bruit que font les enfans sous le Parapet à la place de la Corraterie: sofort wurde der Noble Philibert Gramer, Seigneur Conseiller, beauftragt, sich zum Prinzen zu begeben, und berichtete dann dem Rat, daß il avoit été chez le Prince et lui avoit témoigné soit à son Gouverneur le désir qu’a le Conseil de rendre le séjour de notre Ville agréable au Prince en tout ce qui peut dépendre de lui, qu’il n’y a eut aucune affectation dans ce que quelques huisiers ont pu dire aux domestiques de Son Altesse, que ces huissiers sont chargés de veiller à l’exécution d’une publication faite pour prévenir les accidens que peuvent causer les cochers en conduisant les voitures dans la Ville avec trop de précipitation, qu’on leur avoit ordonné de parler avec plus de circonspection et de ménagement et qu’à l’égard des enfans qui ont coutume de s’assembler pour se divertir sur la Corraterie, on feroit veiller à ce qu’ils ne jettent aucune pierre et ne commettent aucun désordre, que le Prince et son Gouverneur avoient parus sensibles à cette attention du Conseil et l’avoient prié de l’en remercier.

Die Stelle eines ersten Informators blieb nach Schildts Abgang einige Monate hindurch unbesetzt, erst am 18. Mai 1769 wurde der Magister Glöckler engagiert, der bis dahin Stipendiarius des herzoglichen Consistoriums in Stuttgart war und


4) Die am Ende jedes Schuljahres (Mitte Juni) stattfindenden Promdions, d. h. die mit Verteilung von Preisen verbundenen Versetzungen der Schüler des Collège de Genève fanden seit Calvins Zeit in der Kirche St. Pierre statt; sie hatten sich im Laufe der Jahre nicht nur zu einem Fest für die Schüler und deren Angehörige, sondern zu einer wahren Nationalfeier gestaltet. S. darüber die Histoire du Collège de Genève (Genève 1896) cbapitre XXIII: Promotions p. 197 ss.
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vom Consistorium zur Übernahme der Informatorstelle auf einige Jahre beurlaubt wurde. Ob der Studienplan des Prinzen in Genf wesentliche Änderungen erfuhr, ist zweifelhaft; von Privatlehrern werden in den Rechnungen genannt der Schreiblehrer Durussel, der Klavierlehrer Scherer, der Zeichenlehrer Vanière, ein Tanzmeister und ein Sprachlehrer werden nicht mehr erwähnt, dafür aber ein Fechtmeister Ponçon. Unterbrochen scheinen die Lehrstunden nur gewesen zu sein durch eine einmal beiläufig erwähnte Reise des Prinzen nach Mecklenburg im Dezember 1770 - wohl zur Feier des Weihnachtsfestes-, über die genauere Angaben fehlen.

Daß der Prinz auch in Genf in der Gesellschaft verkehrte, noch mehr als in Lausanne, verraten uns wieder die vielen Rechnungsvermerke über Trinkgelder "da der Prinz außer Hause speisete". Aus gelegentlichen Erwähnungen ersehen wir, daß er eingeführt war in die Häuser Genfer Patrizier und vornehmer Mitglieder der Fremdenkolonie, aber er war auch, wie wir sehen werden, häufiger Gast im Hause des reformierten Predigers Diodati. Den ersten Anlaß zum Verkehr mit ihm könnte der Umstand gegeben haben, daß Diodati einen Teil des Thellussonschen Hauses bewohnte, als es für den Prinzen gemietet wurde.

Zu den vornehmen Fremden, mit denen der Prinz Beziehungen unterhielt, gehörte der seit Jahren in Genf verweilende Lord Stanhope, und in Verbindung mit diesem erscheint sein Name auch einmal in der Öffentlichkeit. Stanhope war Mitglied der hochangesehenen Bogenschützengilde, der Compagnie du Noble Exercice de l’Arc und hatte, als nach längerer, durch die politischen Unruhen veranlaßter Unterbrechung die Gilde im Juni 1771 ihre Übungen wieder aufnahm, durch einen Meisterschuß sich das Recht auf die Würde des Commandeurs erworben. Diese Würde aber durfte nach dem Gesetz nur ein Bürger von Genf bekleiden; um dem Lord die Möglichkeit der Annahme zu gewähren, ließ ihm der Rat feierlichst den Bürgerbrief überreichen und der so Geehrte, um sich erkenntlich zu zeigen, veranstaltete eine Reihe glänzender Festlichkeiten, die am 28. Juni mit einem Prunkmahl im Hotel de Ville eröffnet wurden. 5 ) In feierlichem Zuge begaben sich


5) S. darüber N. Chenevière, "Relation des réjouissances faites à Genève à l’occasion de Mylord Charles Stanhope, Vicomte de Mahon, Commandeur du Noble Exercice de l’Arc", 1771; s. besonders S. 19 und 42.
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die geladenen Gäste von Stanhopes Wohnung durch die Stadt zum Hotel de Ville: "Tel étoit l’ordre de la marche: Mylord Commandeur paroissoit d’abord entre Mr le Seigneur Commis et un autre Membre du Petit Conseil; le Prince de Mecklembourg-Swérin venoit ensuite, puis Mylord Stanhope (der Vater des Gastgebers), le Chambellan gouverneur du Prince, l’ancien Commandeur et les Rois des trois autres Exercices, tous entre des Membres du Magnifique Conseil ou de la Justice; divers Lords et autres personnes de distinction suivoient deux à deux etc." An der Ehrentafel saß auch der Prinz Friedrich Franz; der "Ordre dans lequel les santés furent portées au repas du 28 Juin 1771" verzeichnet an dritter Stelle "celle de son Altesse Sérénissime le Prince de Mecklembourg-Schwérin qui nous honore de sa présence," ausgebracht "par Mylord Commandeur".

Wenige Wochen nach diesem Fest verließ der Prinz Genf. Es ist sicherlich nicht richtig, daß Herzog Friedrich damals schon die Ausbildung seines Neffen für beendet angesehen habe, wie gewöhnlich angegeben wird; das ergibt sich schon daraus, daß, wie wir sahen, die Wohnung für den Prinzen bis zum 1. Oktober 1772 gemietet war. Der Grund für die Rückberufung des Prinzen lag vielmehr darin, daß sowohl der Herzog als auch Prinz Ludwig mit Usedoms Führung in jener Zeit sehr unzufrieden waren - worauf wir zurückkommen werden - und in den Verhältnissen, in die er sich begeben hatte, eine direkte Gefahr für den Prinzen sahen.

Schon am 15. Juli wurde das Regierungs=Collegium davon in Kenntnis gesetzt: "Serenissimus haben dem Cammer=Herrn von Usedom schreiben lassen, daß derselbe mit dem Durchl. Printzen zurück kommen solte." Diesem Befehl, der ihn nach Lage der Dinge heftig erschüttern mußte, konnte Usedom nicht Folge leisten; er erkrankte, ein Kabinettsschreiben vom 15. August teilte dem Regierungs=Collegium mit: "Da der Cammer=Herr von Usedom so sehr krank geworden, daß er auch sogar seiner Sinne nicht allemahl mächtig seyn soll; So tragen S mus Bedenken ihm die Rück = Reise mit dem Durchl. Printzen hierher machen zu laßen. HöchstDieselben wollen demnach den Major von Restorff dahin absenden und den Durchl. Printzen auf solcher Reise durch ihn begleiten laßen." Am 28. August reiste Restorff mit dem Prinzen von Genf ab und traf am 24. September mit ihm in Ludwigslust ein. Zu diesem

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Tage widmete ein Anonymus der Mutter des Prinzen ein Gedicht, in dem es heißt:

Wie war Dir, da Er wieder kam
Und Deinen Segen von Dir nahm?
Es wallte Dir Sein Herz entgegen,
Es sagte Dir Sein Herz, es walle Deinentwegen.

Da goß in Deine frohe Brust
Der Schöpfer nahmenlose Luft;
Die stumme Rede=Kunft der Zähren -
Wer könnte ihr Gefühl, und ihre Kraft erklähren?


Der berüchtigte Ferdinand Ambrosius Fidler aber, damals Hülfsprediger in Ludwigslust, wagte zur Begrüßung des Heimgekehrten von der Kanzel herab zu sagen: "Der junge gnädige Herr sei nun zwar aus Genf zurückgekommen, habe aber vom Christen nichts mitgebracht als den Rock; es stehe indessen zu hoffen, daß es dem ehrwürdigen Amtsbruder, dem Herrn Hof=Prediger, gelingen werde, einen Menschen und Christen aus ihm zu bilden." 6 )


Der in Genf zurückbleibende Usedom fühlte sich durch die Abberufung des Prinzen und das ganze Vorgehen des Herzogs beleidigt und reichte eine - nicht zu den Akten liegende - Beschwerdeschrift ein. Darauf erging an ihn unterm 21. Oktober ein Schreiben des Herzogs, in dem ihm eröffnet wurde, "daß Wir während des letzten halben Jahrs, in welchem dem Vernehmen nach die Liebe zu einer Diodatischen Tochter euch vorzüglich beschäftiget und eure dortige Lebens=Art größten Theils bestimmet hat, von eurem Benehmen in Absicht auf die euch anvertrauete Erziehung Unsers Neveu des Prinzen Friederich Franz Lbd. nicht allerdings vergnügt gewesen sind. So wie es Unsere Gewohnheit überhaupt nicht ist, Unserer vorherigen Zufriedenheit mit dem Betragen Unserer Bedienten um einer nachherigen temporairen Unzufriedenheit willen gänzlich zu vergessen, noch jemanden gerne auf eine ungnädige Art zu dimittiren, so sind Wir auch, da Wir den Prinzen von dort zurückberufen, euch hingegen, bey euren ohnehin angezeigten sehr schwachen Gesundheitsumständen, an dem Orte eurer jetzigen genauesten Verbindung zu bleiben erlaubet haben, von der geringsten Absicht, mit einiger Härte gegen euch zu


6) S. Boll, Geschichte Mecklenburgs II S. 435.
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verfahren, oder euch nur einmahl zur Untersuchung und Verantwortung [: welche sonst eure persönliche Anherokunft nothwendig würde erfordert haben :] ziehen zu lassen so entfernet gewesen, daß Uns nichts unerwarteter hätte seyn können, als dieserhalb eine Beschwerde von euch entgegen zu nehmen, die ihr, bey reiferer Überlegung selbst für voreilig werdet erkennen müssen. Unsere Entschließung, die Wir euch hiedurch gnädigst nicht verhalten, gehet bloß dahin, euch, bewandten . . . Umständen nach, zu dem Ende, damit ihr sowohl eurer Gesundheit pflegen, als auch die dort getroffene eheliche Verbindung . . . nach Gefallen vollziehen könnet, nach vorgängiger in Unseren Diensten durchgängig gewöhnlicher halbjährlichen Kündigung, der bisher bey des Prinzen Liebd. verwalteten Charge in Gnaden zu entlaßen. Wir sehen die Kündigung als euch in Termino Michaelis dieses Jahrs geschehen an, und werden euch nicht nur euer Bestallungsmäßiges Gehalt bis Ostern künftigen Jahrs zahlen laßen, sondern Wir erinnern Uns auch in Gnaden der euch in eurer Bestallung wegen eurer Lebenswierigen Pension ertheileten Versicherung, und werden Uns ohne Rücksicht auf die in solcher Bestallung zwar hinzugefügte ausdrückliche Clausul, dieserhalb gegen Ostern des künftigen Jahrs weiter solchergestalt erklären, als ihr es mit Recht und Billigkeit zu begehren vermöget. Inmittelst habt ihr, wie Wir hiedurch zur Bedingung machen, vor allen Dingen die noch rückständigen Rechnungen einzusenden, und, nach beschehener Revision, eine General-Decharge zu gewarten; dann auch die gewöhnliche Ablieferung der ganzen in euren Händen befindlichen Correspondence, so daß ihr davon weder Originalien noch Concepte und Copeyen zurück behalten zu haben, auf euren Official-Eid versichern könnet, gegen ein euch zu ertheilendes gänzliches Liberatorium zu beschaffen: und endlich wollen Wir, da Wir Unsern Theils die Versicherung, euch weiter keinerley Misvergnügen empfinden zu laßen, hiedurch wiederholen, Uns auch dessen, daß ihr eures Theils gleichfalls alles Misvergnügen gegen diejenigen, die Uns von euch und euren dortigen Umständen Nachrichten ertheilet haben, von nun an gänzlich fahren lasset, in Gnaden . . . zu euch versehen."

Schon vor Erlaß dieses Kündigungsschreibens hatte der Herzog von zwei vornehmen Bewohnern Genfs, dem erwähnten Lord Stanhope und einem ancien sindic de la République de Genève namens Grenus, der angab, mit dem Prinzen in

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der ganzen Zeit von dessen Aufenthalt in Genf in Beziehung gestanden zu haben, Briefe erhalten, die sich Usedoms warm annahmen und besonders versicherten, daß an der Familie Diodati kein Makel hafte. Der Herzog hatte diesen Fürsprechern sehr höflich geantwortet, im übrigen die Frage nach der Schuld oder Unschuld Usedoms unerörtert gelassen. Sogar der Rat der Stadt Genf mischte stch in die Sache und trat für Diodati ein. Am 5. Oktober schrieben les Sindics et Conseil de Genève an den Herzog:

Très Haut et Sérénisseme Prince! La préférence flatteuse que V. A. S. avoit donnée à notre Ville en la choisissant pour perfectionner l’éducation du Prince son neveu et notre respect pour l’Auguste Nom qu’il porte, étoient de bien grands motifs pour nous y intéresser: Ses qualités personnelles ajoutoient encore à ces sentimens, et c’étoit avec la plus véritable satisfaction que nous étions les témoins des progrès sensibles de sa santé, de son esprit, et de sa raison sous un Gouverneur dont les soins, la tendresse, et la vigilance ont été remarquées généralement.

Nous espérons que V. A. S. a déjà pu s’en convaincre par ses yeux et nous ne douterions pas qu’Elle ne fut satisfaite à tous égards du séjour que le Prince de Mecklembourg a fait dans notre Ville si Mr. Diodati, Ministre de Notre Église et l’un de nos Citoïens, n’étoit venu nous exposer qu’il avoit lieu de croire que Mr. d’Usedom avoit encouru la disgrace de V. A S. pour avoir fait vivre pendant quelque temps le Prince dans la Maison de Campagne qu’il habite avec sa famille.

Mr. Diodati en même temps qu’il est venu nous en témoigner son étonnement et sa douleur, nous a priés de chercher à détruire l’effet des rapports calomnieux que des gens mal intentionnés ont fait, sans doute, à V. A. S. pour surprendre sa religion et allarmer sa tendresse pour un Prince qui la mérite à tant de titres.

Notre estime pour Mr. Diodati et votre amour pour la justice nous imposent également le devoir de vous faire entendre la vérité.

Nous ignorons ce qu’on peut avoir rapporté à V. A. S. au sujet de Mr. Diodati, mais ce que nous pouvons lui assurer après les informations les plus exactes, c’est, qu’étant issu d’une famille très noble et très ancienne qui

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tenoit un rang très considérable à Lucques d’où elle tire son origine et qui a figuré dans l’Ordre de Malthe et à la cour Impériale, il a toujours soutenu son nom avec honneur.

Cette famille retirée dans notre Ville par amour pour notre religion, s’est toujours distinguée dans l’État et dans l’Église, et Mr. Diodati a embrassé l’état du Ministère, qui est fort honoré parmi nous, uniquement pour le même motif. Il s’y est fait connoitre très avantageusement par son zêle, sa piété et ses talens, et en servant l’Église sans aucune récompense il a montré un désintéressement que sa fortune qui est très considérable lui permet, et qui est d’ailleurs dans son caractère.

Nous devons encore informer V. A. S. qu’il a épousé une de nos citoïennes issue d’une des familles les plus considérables de ce païs, et recommandable par ses vertus et par son attachement à ses devoirs. Nous savons anssi qu’ils se conduisent l’un à l’autre dans leur maison comme de bons pères de famille, cherchant à inspirer à leurs enfans le gout de la vertu par leurs leçons et par leur exemple.

C’est sans doute la connoissance qu’avoit Mr. d’Usedom du mérite de Mr. et de Mad me Diodati qui l’a engagé à mener le Prince de Mecklembourg dans leur maison et nous pouvons assurer V. A. S. que si la vigilance que nous avons toujours connue à Mr. d’Usedom se fut dementie en cette occasion, on que séduit par de fausses aparences il eût fait vivre le Prince dans une maison indigne de Iui, ce que nous devons à V. A. S. nous eut engagés à l’en avertir et à ne rien négliger pour qu’on ne put manquer sous nos yeux à un Prince qui a l’honneur de Iui appartenir.

Si apès tous les détails que nous venons de présenter à V. A. S. et qui ne peuvent laisser aucun nuage dans son esprit au sujet de Mr. Diodati, Elle désiroit quelque éclaircissement sur les faits qu’on peut avoir controuvés ou altérés, nous sommes prêts à les Lui donner avec autant d’empressement que d’exactitude.

     Nous avons l’honneur . . 

Als Herzog Friedrich diesen Brief erhielt, hatte er gerade ein vom 21. Oktober datiertes Dankschreiben an die Syndici und den Rat der Stadt Genf abfertigen lassen wollen, lautend:

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" . . . Unsere Freundschaft auch wohlaffectionirten Willen zuvor. Edle und Hochweise . besonders liebe Herren! Den Herren erstatten Wir für alle Unserem Neveu, des Prinzen Friederich Franz zu Mecklenburg Liebden, während Ihro Aufenthalts in dortiger Stadt erzeigte Uns von dem Prinzen bey seiner Ankunft hieselbst mit der größten Erkenntlichkeit ungemein gerühmte Gutheit, 7 ) hiedurch den verbindlichsten Dank. Wir versichern dabey, daß Wir Uns nichts sehnlicher wünschen, als die Gelegenheit den Herren die freundschaftliche Werthachtung und den wohlaffectionirten Willen werkthätig bezeugen zu können, womit Wir Denenselben stets beygethan verbleiben." Dieses Schreiben ließ der Herzog von Bestand und fügte nur noch sie Nachschrift hinzu: Je viens de recevoir dans ce moment, Messieurs, Votre lettre du 5 me de ce mois et je Vous remercie des éclaircissemens que Vous avez bien voulu me donner. Bien éloigné de taxer qui que ce soit de Vos citoïens, je suis bien obligé entre autres à Mr. Diodati de la facilité avec laquelle il a reçu chez soi le Prince mon Neveu. Je Vous prie, Messieurs, d’en assurer Mr. Diodati, et d’être entièrement persuadés des sentimens d’estime que je Vous conserve pour jamais.


7) Friedrich Franz I. hat für seine Genfer Jahre allezeit eine angenehme und dankbare Erinnerung bewahrt. So gab er denn auch gerne seine Einwilligung, als der Erbprinz Friedrich Ludwig beschloß, seinen Sohn Paul Friedrich in Genf erziehen zu lassen; dort verweilte dieser, allerdings mit Unterbrechungen, vom Dezember 1814 bis in den Herbst 1818. Im Herbst 1815 beantragte Friedrich Franz, der am 14. Juni d. J. die großherzogliche Würde angenommen hatte, seine Aufnahme als Bürger der Stadt Genf. Die Registres du Conseil de Genève verzeichnen unterm 28. Oktober 1815: S. A. R. le Grand-duc de Mecklembourg-Schwerin demande la Bourgeoisie de Genève. Noble Saladin lit une lettre de M. le oaron de Bülow, chambellan de S. A. R. le prince de Mecklembourg-Schwerin et gouverneur du prince Paul de Mecklembourg actuellement à Genève, datée du 27 octobre. M. de Bülow transmet une lettre de S. A. R. le prince regnant, grand-duc de Mecklembourg, à lui adressèe, dans laquelle il lui témoigne le plaisir que lui fit sa lettre du mois de mars, où il lui mandait que le Gouvernement de Genève avait marqué beauncoup de satisfaction des preuves d’attacnement que le prince donnait à la République. Le prince ajoute: "Je ne vous ai pas demandé depuis lors de faire des démarches pour obtenir la Bourgeosie de Genève, parce que j’avais des craintes sur l’indépendence de cette République"  .  .  . Unterm 30. Oktober : Octroi de la Bourgeoisie demandée, und unterm 13. November: Députation au prince Paul de Mecklembourg pour lui remettre la lettre de Bourgeoisie pour le Gand-duc de Mecklembourg. (  ...  )
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Auch die Intervention des Rats beeinflußte die Entscheidung des Herzogs nicht.

Usedom seinerseits wollte die Kündigung nicht ohne eiteres hinnehmen, beantragte vielmehr eine Untersuchung und stellte eine ausführliche Rechtfertigungsschrift in Aussicht. Gleichzeitig muß er wohl an ihm bekannten Fürstenhöfen Stimmung für sich zu machen versucht haben, denn im November verwandte sich für ihn beim Herzog der Landgraf von Hessen=Homburg und im Dezember der Prinz Karl von Mecklenburg = Strelitz, letzterer "in der vorgefaßten Meynung von der gänzlichen Unschuld des von Usedom". Nach Empfang des Schreibens des Landgrafen hatte der Herzog dem Regierungs=Collegium befohlen, sich zur Sache zu äußern, und das Collegium hatte ihn gebeten, die Antwort so lange auszusetzen, bis Usedoms Erklärung auf das jüngste herzogliche Reskript eingegangen sei: "Denn entweder der von Usedom


(  ...  )

Darauf richtete der Großherzog an Messieurs les Syndics et le Conseil d’État de la République et Canton de Genève folgendes Dankschreiben:

Messieurs!

Vous n’auriez pu me donner de Vos sentimens une marque plus agréable et plus flatteuse en même tems, que celle que je reçois par l’honneur que Vous m’accordez en me nommant moi et ma famille bourgeois de la République de Genève. Je l’accepte avec une vive reconnoissance, et me félicite d’apartenir désormais plus directement à un État où j’ai passe si heureusement les premières années de ma jeunesse.

Agréez, Messieurs, tous mes voeux pour le bonheur et la félicité de Votre République.

L’honneur que Vous venez de m’accorder doit Vous en garantir, si déjà la reconnoissance et l’attachement que je porte à Genève ne Vous en étoient de sûrs garants.

Je m’empresse de consigner ici les expressions de toute ma gratitude pour les bontés que Vous témoignez au Prince Paul mon petit-fils et de Vous en demander la continuation.

Je désire qu’il puisse toujours mériter Vos suffrages et qu’il mette à profit les vertus et ce véritable amour de la patrie, dont il puise les exemples chez Vous.

Je Vous prie, Messieurs, de recevoir les assurances de ma haute estime et de la considération très distinguée, avec lesquels je suis,

Messieurs
à Ludwigslust Votre très affectionné
le 23 Décembre 1815. Frédéric François Grand Duc deMecklenburg.
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nimmt die gnädigste Herzogliche Declaration mit unterthänigstem Dank an: und so stehet dann Herrn Landgrafen desselben eigene vollkommene Zufriedenheit nur in Antwort zu eröffnen: oder er provociret nach wie vor auf eine legale Untersuchung: und so dürfte nichts anderes übrig seyn, als ihn vor eine Commission anhero zu citiren." Das angekündigte Schreiben UsedomSstraf in der Tat im Dezember ein. Es liegt nicht zu den Akten und wir kennen seinen Wortlaut nicht, wohl aber erfahren wir, daß es den Herzog nicht zu einer Sinnesänderung bewog. Vielmehr antwortete Herzog Friedrich am 23. Dezember:

"Wir haben gelesen und wohl erwogen, was ihr auf Unser Rescript vom 21. October in eurer Vorstellung vom 27. v. M. unterthänigst erwidert habt. Unsere Gesinnungen in dieser Angelegenheit sind noch dieselben, die Wir euch in gedachtem Rescript geäussert haben. Entfernt von Vorwürfen und Anschuldigungen gegen euch, wollen Wir in Gnaden alles in Vergessenheit stellen, was uns mit eurem Official-Benehmen in dem letzten Jahr aus dem guten Grunde unzufrieden gelassen hat, weil Wir das wahre in der sorgfältigsten Erziehung gegründete Wohl Unsers Neveu des Prinzen Friederich Frantz Lbd. allen anderen NebenBetrachtungen vorziehen. Ihr aber habt bey dieser Unserer Versicherung weiterer zu Unsrer Verunglimpfung aller Orten ausgestreuten Beschwerden über Unsre angeblich gegen euch bewiesene Härte und über den Mangel einer legalen Untersuchung, die bey dem besten Ausgange für euch dennoch gewis nicht ganz ohne Nachtheil gewesen seyn mögte, von nun an euch gänzlich zu enthalten. Daß ihr Monathe lang den Prinzen von Geneve entfernet und zum einzigen Umgange mit der Diodatischen Familie auf dem Lande eingeschränkt habt, ohne Uns in euren sonst der kleinsten NebenDinge erwähnenden Berichten diese eigenmächtig vorgenommene Veränderung obliegentlich anzuzeigen, daß ihr, bey der vorhin in euren Berichten mehrmalen geäusserten Überzeugung von der herrschenden Neigung des Prinzen zum andern Geschlecht, welche alle nur mögliche Beseitigung der eine solche praematurirte Neigung nur irgend begünstigenden Umstände euch zur Pflicht machte, ihm nicht nur ein öffentlicher Vorgänger in der Liebe gegen die eine von den Töchtern des Herrn Diodati geworden seyd, sondern

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zu einer andern Diodatischen Tochter, 8 ) so wenig Uns davon Anzeige gemacht, als auf die möglichste Entfernung des Prinzen von solchen Gegenständen mit Ernst Bedacht genommen habt, daß ihr der bey eurem Engagement euch zur besonderen Obliegenheit gemachten besonderen persönlichen Aussicht euch durch fleißige Besuche bey der Diodatischen Familie [: welcher Wir hiebey gar nichts zur Last legen :] zu offt, und, geständlich, selbst bey Vorkommenheiten entzogen habt, da mehre außerordentliche Extravagances des Prinzen eure Gegenwart und Vorstellungen am meisten erforderten; daß ihr, ohne einige Rücksicht auf die etwanigen Folgen für den Prinzen den fast alleinigen Umgang eines Mannes gewählet habt, der, ob er gleich als ein reformirter Prediger die Pflicht übernommen, diese Religion als die wahre zu lehren, doch dabey, wie ihr mit diesen dürren Worten schreibet, so wenig ein Calvinist als ein Lutheraner seyn will, das verwirft, was, seiner Meinung nach, Calvin irrig gelehret hat, und hingegen das annimmt, was Luther ihm richtig gelehret zu haben scheinet. Diese und andere dergleichen in euren eigenen Berichten sich findende Umstände sind wohl nicht von der Beschaffenheit, daß Wir darüber eine befriedigende weitere Rechtfertigung Von euch erwarten könnten, oder ihr Unsere Approbation darüber zu hoffen hättet. Übersehen wollen Wir indessen das alles in Gnaden, wie auch Unser voriges Rescript schon versichert, ohne euch deshalb ein weiteres Misvergnügen empfinden zu laßen. Und es ist nicht Unsere Schuld, wenn die euch, bey dieser Lage der Sache, nachsichtsvoll ertheilete Erlaubniß, um eures Gesundheits=Zustandes und eurer dortigen Ehe=B


8) Der Noble et Spectable Antoine Josué Diodati (geb. 1728, gest. 1790) war seit 1750 verheiratet mit Marie Aymée (auch Marie Antoinette genannt), einer Tochter des Noble Isaac Rilliet und der Marie Aimée Lullin. Dieser Ehe entsprossen drei Töchter: Françoise (geb. 1753, unvermählt gest. 1840), Jeanne Marianne (geb. 1755, vermählt 1778 mit Jacaues Massé, Richter an der Cour suprême, gest. 1836), und Kolombine (geb. um 1756, vermählt 1775 mit Jacques André Baraban, gest. 1776). Der Graf Jean Diodati, 1782-1792 Herzoglich Mecklenburgischer Minister=Resident in Paris, gest. 1807, der letzte Sproß des gräflichen Zweiges der Familie Diodati, vermachte sein sehr ansehnliches Vermögen den Kindern des mit ihm entfernt verwandten Antoine Josue Diodati.
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Leuten gegebene üble Wendung irgend eine nachtheilige Folge für euch solte gehabt haben." Zum Schluß erklärt der Herzog, daß er bei der Kündigung auf Ostern 1772 beharre, und wiederholt die Versicherung, daß Usedom bis dahin sein volles Gehalt und volle Defrayieruug behalten, von da ab eine Pension von 1000 Rthlr. N 2 / 3 in Quartalraten beziehen solle, sowie den Befehl, alle Korrespondenzen auszuliefern. "In Ansehung dieser getreulich auszuliefernden Correspondence können und werden Wir wegen derjenigen, die seit des Prinzen Abreise geführet worden, keine Ausnahme einräumen."

Dieses Reskript muß auf Usedom einen gewaltigen Eindruck gemacht haben, denn er, der sich bisher in der Rolle des zu Unrecht Beklagten gefallen hatte, schrieb von Genf aus am 11. Februar 1772 an den Herzog einen de= und wehmütigen Brief: "Nun hat endlich die Verblendung ein völliges Ende und ich kann mich folglich nicht länger enthalten, Ww. Herzogl. Durchl. in Demuth zu bekennen, daß die in HöchstDero letztem gnädigen Rescript mir gemachte Reproche, in dem letzten Jahre nicht das wahre in der sorgfältigsten Erziehung gegründete Wohl des Durchl ten Prinzen allen andern Neben = Betrachtungen vorgezogen zu haben, mich in ihrer völligen Stärke trifft. Wie sehr bedaure ich es, Gnädigster Herzog, dieses nicht eher eingestanden zu haben! Immer durch unrichtige Gründe unterstüzt, durch falschen Schein geblendet, wagte ich es sogar in meinem lezten unterthänigem Berichte auf eine Commission zu dringen, vor welcher ich doch nie mit gutem Gewissen würde erscheinen können, wenn ich gleich vor einem weltlichem Gerichte weit mehr zu meiner Rechtfertigung würde vorbringen können, als man vielleicht glauben mag. Was würde mich aber dieses helffen, wenn das Urtheil meines Gewissens mich nicht zugleich freyspräche! Ach, Gnädigster Herzog, ich habe mich sehr in der Irre herumtreiben lassen, ich habe gesündiget, und so wol Ew. Herzogl. Durchl., als Gottes Zorn verdienet. Werden auch Ew. Herzogl. Durchl. sich noch entschliessen können mir alle meine Fehltritte zu verzeihen? Ich darf es hoffen, weil auch Ihnen Barmherzigkeit wiederfahren ist. Möchte ich doch hiemit alles das auch wieder gut machen können, was ich durch meine Unklugheit und Halsstarrigkeit versehen. Das stehet aber nicht in meiner Gewalt, doch darf ich es noch von der unendlichen Güte Desjenigen hoffen, der allein die üblen Folgen der menschlichen Thorheiten abzuwenden vermögend und in Gnaden bereit ist. Ich weiß nicht, Gnädigster Herzog, was die Folge meines

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lezten vermessenen Schreibens mag gewesen seyn, doch sey dem wie ihm wolle, so stelle ich hiemit mein Schicksahl ganz von neuem in Ew. Herzogl. Durchl. Hände. Nur die Antwort, die ich auf dieses mein unterthänigstes Bekenntniß und demühtige Abbitte durch Ew. Herzogl. Durchl. Gnade zu erhalten hoffe, werde ich also mit HöchstDero gnädigsten Erlaubniß als entscheidend ansehen. Mittlerweile werde ich am nächstkünftigen Dienstage die Schriften, die Ew. Herzogl. Durchl. zurückfordern zu lassen für nöhtig erachtet haben, mit der Landkutsche absenden."

Herzog Friedrich empfand eine lebhafte Genugtuung über dieses Schreiben und mochte es sich nicht versagen, je eine Abschrift desselben an den Landgrafen von Hessen=Homburg und an den Prinzen Karl von Mecklenburg = Strelitz zu senden. Unter dem 29. Juli 1772 wurde dann die Dimissionsurkunde für Usedom ausgefertigt: "Da Wir mit besonderer gnädigster Zufriedenheit aus eurem Schreiben vom 11. Febr. dieses Jahres ersehen, wasmaaßen ihr nunmehro Uns und euch Gerechtigkeit wiederfahren laßet; so wiederholen Wir Unsere hievorige gnädigste Versicherung, daß alles Uns in Ansehung eures lezten Betragens unangenehm gewesene in Vergeßenheit gestellet seyn solle. Um allen Anlaß zu einer widrigen Erinnerung aus dem Wege zu räumen, erwarten Wir annoch von euch die Zurücksendung der mit Unsers Herrn Bruders Prinzen Ludewig Zu Mecklenburg Liebden und gesamten hohen Angehörigen Unsers Hauses geführten Correspondenz; Und versehen Uns in gleicher gnädigster Absicht zu euch in Gnaden, daß ihr des Aufenthalts in der Nähe und noch mehr an den Orten selbst, wo Unser Hof, oder ein Theil deßelben sich befindet, euch von selbst enthalten werdet. In dieser zuversichtlichen gnädigsten Voraussetzung übermitteln wir euch sowohl euer Dimißions=Patent, als auch ein Liberatorium generale und die Abschrift Unserer zur Zahlung der Pension erlaßenen Verordnung in Gnaden, womit wir euch gewogen bleiben."

Dieses Patent wurde nach Genf gesandt in der Annahme, daß Usedom noch dort anwesend sei. Indessen erfuhr der Herzog, daß Usedom inzwischen abgereist sei, und befürchtete, er werde seinen Weg nach Mecklenburg genommen haben. Damit nun ein dem Herzog unerwünschtes Zusammentreffen mit Usedom vermieden werde, ergingen strenge Befehle an die Hofdienerschaft sowohl in Ludwigslust als auch in Schwerin, ihn,

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wenn er eintreffen sollte, in keinem Falle in das Schloß zu lassen. Indessen hat Usedom den Boden Mecklenburgs nicht wieder betreten, sondern er ließ sich in seiner pommerschen Heimat nieder. Seinem Verlöbnis mit Fräulein Diodati ist, wie erwähnt, die Eheschließung nicht gefolgt; er heiratete später die geschiedene Elenonore v. Platen, geb. v. Platen, eine Tochter des Gottlieb Ernst v. Platen auf Velgast; die Ehe blieb kinderlos. Gestorben ist Usedom in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar 1821 im 83. Lebensjahr, wie der Schwestersohn des Verstorbenen, der Regierungsrat M. v. Boltenstern, dem Großherzog Friedrich Franz meldete; in seinem Kondolenzschreiben versicherte der Großherzog: "Sein Andenken wird mir unvergeßlich seyn wie auch meine Dankbarkeit für alles Gute was er mir in meiner Jugend erwiesen ihm bis ins Grab folgen."

Die Stelle eines Hofmeisters des Prinzen wieder zu besetzen hielt Herzog Friedrich nicht für erforderlich; er wollte, was für die Erziehung und Ausbildung seines Neffen noch zu tun war, selbst überwachen und sich dabei nur der Unterstützung Glöcklers bedienen, auf den er große Stücke hielt und in dem wir vielleicht denjenigen sehen dürfen, der die Berichte über Usedoms Verfehlungen nach Ludwigslust gelangen ließ. Um so unerwünschter war es ihm daher, daß Glöckler im März 1773 seinen Abschied erbat, da er in seine Heimat zurückzukehren beabsichtige. Doch wollte er, wie er auch aussprach, Glöcklers Glück nicht im Wege stehen, gewährte ihm seine Bitte und befahl, daß die Entlassungsurkunde "etwas mehr extendiret und darin die Zufriedenheit über seine Geschicklichkeit, unermüdeten Fleiß und Treue bezeuget werde". Doch muß Glöckler, wenngleich seiner Stellung als Informator enthoben, doch mit irgendwelchen Funktionen am Hofe festgehalten worden sein; im Frühjahr 1775 erhielt er die Berufung zum Pastor in Boizenburg und bat im April um ein Abschiedsgeschenk von 300 Louisd’or. Der Herzog verlangte vom Geheimenrats=Kollegium ein schriftliches Gutachten darüber und die Geheimräte gaben die Erklärung ab, "daß ihnen nie eine so sonderbare und unbescheidene Forderung vorgekommen sei". Glöckler aber wiederholte seine Bitte beim Herzog im Mai und behauptete, inzwischen in Schwerin mit den Ministern darüber gesprochen zu haben, worauf ein Pro Memoria nach Schwerin erging, Serenissimus erwarte die Anzeige, "was Ew. Excellence mit demselben eigentlich verabredet hätten". Die Geheimen Räte antworteten am 7. Juni: "Was Unterzeichnete mit dem Magister Glöckler,

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wie solcher sich daraus in dem ihnen gnädigst communicirten und hiebey zurückkommenden Pro Memoria berufen hat, gesprochen, bestehet darin, daß sie ihm, da er bald von einem Abschieds=Geschenk und von dem ihm angeblich gnädigst zugedachten Praedicat eines Kirchen=Raths, bald aber hingegen von seiner vermeynten Forderung sprach, mit aller möglichsten Aufrichtigkeit geantwortet haben: "wasmaaßen ein Abschieds=Geschenk zwar eine bloße Gnaden=Sache wäre, die sie niemahls zu mißgönnen noch zu wiederrathen pflegeten, und daß wenn dieserhalb oder wegen des ihm, seiner Anzeige nach, gnädigst zugedachten Praedicats, der höchste Befehl zur Besorgung einer Expedition an sie gelangen solle, sie an dessen ungesäumter tiefschuldigster Befolgung nicht ermangeln würden. Aber daß seine wer weiß auf wie viele hundert Rthlr. formirete vermeynte Forderung die einzige in ihrer Art wäre, die ihnen je vorgekommen, und daß sie ihm wohlmeynend riethen, derselben weiter gar nicht zu gedenken." Damahls schien er dieses gar nicht annehmen, sondern seine vermeynte Forderung durchaus geltend machen zu wollen. Jetzo aber sehen Unterschriebene doch aus dem hieneben zurück erfolgenden Supplicato, daß er darin der Forderung eben nicht, sondern nur bloß eines Abschieds=Geschenkes erwähnet." Es werden dann zwischen dem Herzog und Glöckler noch weitere Verhandlungen stattgefunden haben und Glöckler hat vermutlich seine Ansprüche auf Tatsachen, die wir nicht kennen, hinreichend fest gestützt, - genug, am 1. September erging ad Regimen ein Pro Memoria: "Serenissimus verhalten Ew. Excellence auf das P. M. vom 7. Junij a. c. die von dem Magistro Glöckler gemachte Forderung für gehabte außerordentliche Arbeiten betreffend, gnädigst nicht: Daß derselbe zu verschiedenen mahlen recht dringend um die Auszahlung seiner vermeintlichen Forderung von 300 Stück Louisd’or angefraget und dabey versichert hat, daß ihm die Bezahlung der gehabten außerordentlichen Arbeiten von dem vormaligen Hof=Meister von Usedom wäre versprochen worden. HöchstDieselben glauben daher, daß von der Auszahlung dieser Forderung wohl schwerlich, und ohne viele Weitläuftigkeiten nicht abzukommen sey. Da nun beregter Magister Glöckler die vorgedachte Forderung bis zu 1_m Rthlr. heruntergelaßen und die Boitzenburgische Vocation nicht ehender annehmen, noch von hier abreisen will, bevor ihm sothane Summe, unter

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dem Namen eines AbschiedsGeschenkes, ausgezahlet worden, so wünschen S mus , daß derselbe, je eher, je lieber abgefunden werden mögte und erwarten deshalb Ew. Excellence Erachten, aus welchem Fond mehrgedachte Forderung zu zahlen sey." Die Geheimen Räte wußten keinen anderen Rat, als daß dem Magister Glöckler eine herzogliche zinsbare Obligation gegeben werde und er sich am Empfang der Zinsen genügen lasse. Glöckler scheint aber des Kapitals dringend bedürftig gewesen zu sein, und wirklich wurden ihm "bey seiner jetzigen Entlassung von Unserem Hofe" 200 Louisd’or gezahlt. Außerdem erhielt er den Titel Kirchenrat, wurde bald darauf Präpositus der Boizenburger Synode und wirkte als solcher bis 1778, wurde dann als Fidlers Nachfolger Superintendent in Doberan, starb aber dort schon 1779.

Glöcklers Nachfolger als Informator wurde 1773 Johann August Stöckhardt. Während seiner Dienstdauer wurde am 15. Mai 1774, dem Sonntage Exaudi, der Prinz durch den Hofprediger Konsistorialrat Martini konfirmiert und zwar in schlichter Weise, ohne Entfaltung höfischen Prunkes. Ein Kabinettsschreiben vom 11. Mai an den Geheimrats=Präsidenten Grafen v. Bassewitz setzte diesen davon in Kenntnis: "Am zunächst bevorstehenden Sontag werden der Printz Friedericn Frantz Durchl. confirmiret werden. Serenissimus haben mit den übrigen Durchl. Herschaften dieserhalb abgeredet, daß an solchem Tage kein Ceremoniel beobachtet, noch weniger dazu Fremde eingeladen werden solten. Da aber dem ohngeachtet einem jeden die Erlaubniß frey bleibet, obberegter Confirmation des Printzen Friedericn Frantz Durchl. nach eigenem Gefallen bey zu wohnen: So haben HöchstDieselben Ew. Excellence diesen Umstand hiedurch in Gnaden eröffenen wollen. Auch haben Serenissimus gnädigst gestattet, daß dem am Freytag morgen um 9 Uhr schon sich anfangenden Examen des Printzen Friederich Frantz Durchl. Einjeder willkührlich beywohnen könne."

Der Prinz stand nun im 18. Lebensjahre, aber er scheint sich bis dahin sehr wenig in der Öffentlichkeit bewegt zu haben, sein Name wird nirgends genannt. Erst im Herbst dieses Jahres sehen wir ihn in einer wichtigen Funktion bei der am 11. Oktober mit all dem Pomp, über den der mecklenburgische Hof verfügt, per procuraturam vonzogenen Vermählung seiner Schwester, der Prinzeß Sophie Friderike, mit dem Erbprinzen

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Friedrich von Dänemark, 9 ) und zwar als Procurator, als Stellvertreter des Bräutigams. Als solchem überreichte ihm am Trauungstage der dänische Gesandte, Staatsminister v. Schack=Rathlow, "in Serenissimi Regnantis Zimmer die hohe Vollmacht des Herrn Bräutigams Königl. Hoheit"; bei dem Zuge zum Dom saß er in einem "Staatswagen mit 8 Pferden und wurde geführt von des regierenden Herrn Herzogs Durchlaucht". Im Dom "begleiteten der Durchlauchtigste Herzog, durch eine doppelte Reihe der Noblesse, unter Vortretung der Marschälle mit den Stäben, den Durchlauchtigsten Herrn Procuratorem, Prinzen Friederich Franz, so wie die Durchlauchtigste Herzoginn der Prinzeßinn Braut Königliche Hoheit". Nachdem dann alles seine Plätze eingenommen hatte, "ward von dem Hofprediger, Consistorial=Rath Martini . . . eine kurze Trau=Rede gehalten, und nachdem dabey durch den zur Verlesung des hohen Procuratorii bestimmten Geheimen=Cammer=Rath und Cammer=Herrn von Kamptz die Vollmacht öffentlich verlesen war, die Einsegnung beschaffet". Bei dem dann folgenden Galadiner saß natürlich der Prinz neben seiner Schwester in der Mitte der Tafel.

Bald darauf, im November, trat der Prinz eine Reise Zunächst nach Darmstadt und Karlsruhe an - eine Reise, die den Abschluß längerer, seine Vermählung bezweckender Verhandlungen zu bilden bestimmt war. Schon am 10. Januar 1774 richteten die Geheimen Räte ein diesen Gegenstand betreffendes Promemoria an den Herzog:

"Ihro Herzogl. Durchl. ist vielleicht nicht unbemerkt geblieben, daß in einigen öffentlichen Zeitungs=Blättern der jüngsten Prinzeßinn von Hessen=Darmstadt Durchl. vor einiger Zeit für den Durchlauchtigsten Prinzen zu Sachsen=Meynungen, nun aber in den jüngsten Zeitungen für des Herzogs von Sachsen=Weimar Durchl. zur künftigen Gemahlinn habe bestimmet werden wollen. Ersteres schien bey den bekannten sehr mäßigen Umständen des Herzogl. Hauses Sachsen=Meynungen, eben nicht glaublich. Letzteres mögte sich zwar eher glauben, jedoch vielleicht auch aus der Ursache bezweiffeln laßen, weil des Herzogs zu Sachsen=Weimar Durchl. erst wenig über


9) S. die "Vollständige Beschreibung aller bei der hohen Vermählung des Durchlauchtigsten Erbprinzen Herrn Friederichs zu Dännemark K. H. mit der Durchlauchtigsten Prinzeßin und Frau Frau Sophia Friederica K. H. vorgefallenen Feyerlichkeiten" (Schwerin 1774).
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16 Jahre alt und jünger, als die Durchlauchtigste Prinzeßinn Louise zu Darmstadt sind.

Fast stehet aus dieser Variation der Zeitungsschreiber zu schließen, daß beide Nachrichten wenigstens noch keine völlige Gewißheit für sich haben: und dadurch ist bey den Unterzeichneten der ganz ohnzielsetzliche treu=devoteste Gedanke veranlaßet worden: Ob es nicht zu wünschen seyn mögte, daß Höchstgedachte Durchlauchtigste Prinzeßinn, nach Verlauf einiger Jahre, des Prinzen Friederich Franz zu Mecklenburg Durchl. zu Theil würden?

Diese Durchlauchtigste Prinzeßinn sind noch etwas weniges jünger als der Durchlauchtigste Prinz 10 ) und, nach der Unterzeichneten geringen Einsicht, könnte sich ein Prinz von Mecklenburg schwerlich beßer verbinden, als wenn des Rußischen Kaysers und des Königs in Preußen Mayst. Mayst. seine beiden Schwäger wären. 11 ) Alsdenn dürfte man, unter dem einigen Beding eines eigenen wirthschaftlichen und klüglichen Benehmens, sowohl wegen der vier detinirten Aemter als wegen anderer Vortheile, und, mit göttlicher Hülfe, vielleicht wegen dereinstiger Gelangung zur Chur=Würde, für das Herzogliche Haus, fast unbesorgt seyn.

Des Prinzen Friederich Franz Durchl. haben der Durchlauchtigsten Frau Landgräfin bey Ihrer Durchreise durch die hiesige Herzogl. Lande 12 ) sehr wohl gefallen. Woferne noch res integra ist, bekommen des Prinzen Durchl. gewiß vor allen Rivals den Vorzug: und ob noch res integra sey? Das stünde durch einen einzigen Privat=Brief gleich zu erfahren, wenn Ihro Herzogl. Durchl. dazu gnädigsten Befehl zu ertheilen geruheten."

Herzog Friedrich pflichtete der Meinung seiner Räte vollkommen bei und beauftragte am 12. Januar den Geheimen Rats=Präsidenten, "die Nachricht, ob noch res integra sey, so


10) Prinzeß Luise war am 20. Januar 1757 geboren.
11) Von den Schwestern der Prinzessin war die eine, Friederike Luise, seit 1769 mit dem Kronprinzen, späteren König Friedrich Wilhelm II. von Preußen vermählt, eine andere, Wilhelmine, seit 1773 Gemahlin des Großfürsten, späteren Kaisers Paul von Rußland.
12) Als die Landgräfin Karoline mit ihren Töchtern Amalie, Wilhelmine und Luise 1773 nach Petersburg ging, um sie der Kaiserin Katharina vorzustellen, nahm sie ihren Weg von Berlin über Ludwigslust nach Travemünde, wo sie sich am 8. Juni einschiffte.
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bald als möglich einzuziehen". Darauf hin richtete der Graf Bassewitz unterm 17. Januar ein Vertrauliches Schreiben an den mecklenburgischen Reichskammergerichtsprokurator, den Geh. Justizrat Joachim Heinrich v. Schröder in Wetzlar, in dem er ausführte: "Dieselben wißen, auf wie schwachen Füßen unser Herzogliches Haus stehet. Des Prinzen Friederich Franz Durchl. sind der einzige, von dem wir, nächst Gott, die Fortpflanzung deßelben zu hoffen haben. Sie gehen ins 18 te Jahr und müßen, nach meinem treu=devotesten Wunsch, in Zeiten auf Ihres Berufes Erfüllung denken. Unter allen Prinzeßinnen, auf welche HöchstDieselben Ihr Augenmerk richten könnten, verdienet, meines geringen Erachtens, die jüngste Durchlauchtigste Prinzeßinn zu Hessen=Darmstadt den Vorzug. Der Durchlauchtigste Prinz haben Gelegenheit gehabt, hochgedachte Durchlauchtigste Prinzeßinn . . . persönlich kennen zu lernen und waren schon damals von Höchstderselben äußerst eingenommen; So wie ich hingegen auch zu vernehmen Gelegenheit gehabt habe, daß die Durchlauchtigste Frau Landgräfin von der Person unseres Durchlauchtigsten Prinzen sehr gnädig und günstig geurtheilet haben sollen." Indessen gehe das Gerücht um, die Prinzessin sei bereits versagt; Schröder möge sich daher "auf das baldigste und genauere erkundigen: Ob meine Furcht oder Hofnung gegründeter sey?" Am 29. Januar erwiderte Schröder: "Wegen der Prinzessin Louise Durchl. soll binnen 8 Tagen die zuverlässigste Nachricht erfolgen, indem ich die besten Canäle zu Darmstadt habe" und meldete am 5. Februar: "Mit Zuverlaß kan ich nunmehro berichten, daß die Durchl. Printzessin Louise von Darmstadt noch nicht versaget ist. Es haben verschiedene Höfe Ihrenthalben bereits sondiren lassen; aber zur Antwort erhalten, daß die Printzessin noch bisher zu einer Vermählung sich nicht entschliessen wolle, sondern den ledigen Stand zu praeferiren scheine. Eine gleiche Antwort hat der Herr Geheime=Raths=Praesident von Moser erst vor 14 Tagen dem Minister eines Königlichen Hofes schriftlich ertheilet. Bey der Reise nach Petersburg ist von Ihr die Declaration geschehen, daß Sie nimmer daselbst bleiben, und sich verkaufen lassen würde. Man hält sich inzwischen versichert, daß die Abneigung zum Ehe=Stand bald überwunden seyn werde, wann nur jemand kommt, dessen Persohn und Umgang ihr gefällt . . . ."

Inzwischen hatte Herzog Friedrich mit der Prinzessin Charlotte "wegen etwaniger künftiger Vermählung des Printzen Friederich Frantz Durchl. mit der jüngsten Printzessin von

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Darmstadt gelegentlich gesprochen" und dabei vernommen, "daß die beregte Printzessin von äußerst capricieusen Humeur seyn sollen, welches sich bey dem Humeur des Printzen Friederich Frantz Durchl. nicht nur nicht paßen, sondern auch für Höchst=Dieselbe das größeste Unglück seyn mögte". Deshalb befahl der Herzog am 1. Februar, daß die unterm 12. Januar "bewilligte anzustellende Erkundigung nur bloß dahin gerichtet seyn mögte, wie weit die aus den öffentlichen Leitungen bekandt gewordene Verbindung gegründet sey, ohne daß sich das mindeste weiter daraus folgern laße.

Dann verging ein halbes Jahr ohne daß der Angelegenheit wieder Erwähnung geschähe. 13 ) Erst am 4. November gelangte ein Promemoria an die Geheimen Räte: "Serenissimus halten es für nothwendig auf die Vermählung des Printzen Friederich Frantz Durchl. nunmehro in etwas mehr, als bis anhero geschehen ist, bedacht zu seyn, und zu dem Ende HöchstIhnen mit einigen convenablen Gegen=Ständen wozu aber eine anzustellende kurtze Excursion erforderlich seyn würde, bekandt zu machen. Serenissimus erwarten dahero Ew. Exellence Erachten bald möglichst darüber in Gnaden 1) An welchen Höffen sich des Prinzen Ffriederich Frantz Durchl. wohl zu wenden hätten? 2) Wie bald die Reise anzustellen sey? damit Ihnen Niemand zuvor käme, und 3) Ob die jüngste Printzeßin von Hessen=Darmstadt Durchl. bereits engagiret sey, oder nicht?"

Citissime erfolgte die vom 5. datierte Antwort:

     "Ihro Herzogl. Durchl. gnädigsten Befehl vom gestrigen dato haben die Unterzeichneten heute Abends gegen 7 Uhr ehrerbietigst entgegen genommen: Und wie Unterschriebene devotest sich nicht entbrechen können, über die darinn geäußerte Höchste Herzogliche Entschließung, auf die Vermählung des Prinzen Friederich Frantz Durchl. nunmehro in etwas mehr, als bis anhero geschehen, bedacht zu seyn, ihre herzliche Freude hiedurch treu=devotest zu bezeugen, so erwiedern sie auf die ihnen zum unterthänigsten Erachten huldreichest vorgelegte Fragen ehrerbietigst: Wasmaaßen


13) Zu dem folgenden vgl. H. Heidenheimer, "Die Verlobung und Vermählung der Prinzessin Louise von Hessen=Darmstadt mit dem Herzoge Karl August von Sachsen=Weimar", im Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde. N. F. 1. Bd. (Darmstadt 1894) S.453 ff. Ferner: El. v. Bojanowski, "Louise Großherzogin von Sachsen=Weimar und ihre Beziehungen zu den Zeitgenossen" (Stuttgart u. Berlin 1903) S. 46 ff.
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     ad 1) außer Darmstadt, woselbst die jüngste Prinzessinn des regierenden Herrn LandGrafen und eine Prinzessinn des Prinzen Georg Durchl. zur Wahl stehen, sie nur die Prinzessinn des in Mecklenburg so bekannten Prinzen Eugene von Würtemberg, 14 ) eine bald 15jährige Prinzeßinn von Hildburghausen und allenfalls zwey Prinzeßinnen von Sachsen=Meinungen nahmhaft zu machen wissen, von welchen letzteren jedoch die eine schon zwey= und zwanzigjährig, mithin fast zu alt, und die andere erst zwölf=jährig, also noch zu jung ist.

     ad 2) können die Unterschriebenen, aus der von Ihro Herzogl. Durchl. selbst angeführten sehr gegründeten Ursache nicht anders in Unterthänigkeit anrathen, als daß die von des Prinzen Durchl. in solcher Absicht anzustellende Reise je eher je lieber geschehen möge.

     3) In Ansehung der gnädigst vorgelegten Frage: ob der jüngsten Prinzessin von Hessen=Darmstadt Durchl. bereits engagiret sind oder nicht? beziehen Unterzeichnete sich auf die hiebey liegenden der Prinzessin Cnarlotte Durchl. schon mitgetheileten Extracte einiger Briefe des Geheimen Justitz=Raths von Schröder."

Von diesen Briefen lautet der eine vom 23. September:

     "Geruhen Ew. Exlentz sich zu erinnern, daß ich mich einstens nach der Durchl. Prinzessin von Hessen-Darmstadt habe erkundigen müssen, und daß HöchstDieselbe derzeit durchaus nicht heyrathen wollten.

Gestern aber hat der Herr Geh. Rahts=Praesident von Moser mir per D num Subdelegatum Darmstadinum im Vertrauen zu verstehen geben lassen, daß besagte Durchl. Prinzessin jetzt, nach dem Ableben der in Gott ruhenden Frau Mutter, 15 ) anders gesonnen sey, und gerne von Darmstadt entfernet seyn wollte; jedoch in Hinsicht auf eine Mariage geeilet werden müste, falls etwa mein Durchlauchtigster Candidat nicht anders wohin sein Augenmerk gerichtet hätte.

Ew. Excellence dieses ohne Verzug zu melden, erachte ich mich nach meinen Pflichten, und nach meinem patriotismo, verbunden, und ich glaube, daß die jetzige Wirthschaft des regierenden Herrn LandGrafens nicht wenig dazu beyträgt, daß die Durchl. Prinzessin auf andere Gedanken gekommen ist."


14) Der Prinz (später Herzog) Friedrich Eugen von Württemberg, einer der Feldherren Friedrichs d. Gr., befehligte während des Siebenjährigen Krieges zeitweilig die preußischen Truppen in Mecklenburg.
15) Die Landgräfin Caroline war am 30. März 1774 gestorben.
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Unterm 4. Oktober meldet dann Schröder den Empfang eines Briefes von Moser, der "alle mögliche Beeilung wünsche, damit nicht ein tertius interveniens ihme und uns einen Qveer=Strich mache", und am 14. Oktober schreibt er: "Die Durchl. Prinzessin quaest. soll von überaus schönen Hertzen und Gemüht seyn . . . Hingegen soll des Printzens Georg Durchlauchtigste Tochter eine blendende Schönheit seyn, und von dem in Petersburg sich aufhaltenden Herrn Erb=Printzen von Darmstadt sehr verehret werden. Fällt die Wahl unsres Durchl. Candidaten auf jene: so ist es möglich, daß wir durch diese Mariage, und durch Vorsprache von Rusland, unsere Preussischen Aemter vielleicht wieder bekommen, welche uns sonsten wohl schwerlich wieder restituiret werden dürften."

Am 9. November wurde den Geheimen Räten mitgeteilt, daß der Prinz seine Reise "nach Darmstadt etc., wenn sonst keine Behinderungen eintreten, auf den nechsten Montag vestgesetzet" habe. Wie sich der Prinz aus dieser trotz der gebotenen Eilfertigkeit doch sehr sorgsam vorbereiteten Reise "nach der dabey obwaltenden Absicht zu benehmen haben mögten", darüber unterbreiteten die Geheimen Räte dem Herzoge ein vom 11. November datiertes "ohnmaaßgebliches Erachten". Diesem zufolge sollte die Reise, um Celle, Hannover und Braunschweig zu vermeiden, "am füglichsten mit Beobachtung des genauesten Incognito", über Magdeburg, Halberstadt, Duderstadt, Cassel, Marburg, Gießen und Butzbach nach Frankfurt gehen. Spätestens nach Frankfurt habe Schröder zuverlässige Nachricht über den Stand der Dinge in Darmstadt gelangen zu lassen. Sei wider Erwarten die Prinzeß LouiSe schon versagt, so möge der Prinz zurzeit gar nicht nach Darmstadt, sondern unmittelbar zum Besuch der herzoglich sächsischen Höfe gehen und allenfalls auf der Rückreise nach Mecklenburg, wenn die Verlobung der Prinzessin deklariert sei, die Homburgscheu Herrschaften und den Darmstädter Hof besuchen, um die Tochter des Prinzen George dort zu sehen. Sei hingegen in Darmstadt die Prinzeß Louise noch unversprochen, so möge die Reise dahin unverzüglich fortgesetzt werden, "und wenn dann der Durchl. Prinz, nach einigem Umgang, Neigung zu der Prinzeßinn Louise fänden, auch davon, daß Selbige Ihnen nicht abgeneigt wären, vermuthen könten: so deconvriren HöchstDieselben Sich deshalb gegen den Geheimen Raths=Präsidenten von Moser, oder, Wem sonst in Darmstadt, nach dem Erachten des Geheimen Justitz=Raths von Schröder, dieses mit Zuver=

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läßigkeit geschehen kann, gäben Ihre Intention vertraulich zu erkennen, und ersuchten um eine gleich vertrauliche Eröfnung, ob derselbe glaube, daß Sie die Hand der Prinzeßinn wohl zu hoffen hätten? Fügeten aber auch hinzu, daß Sie, vor weiteren förmlichen Anträgen, Ihrer Durchl. Eltern Consens, an welchem Sie jedoch nicht zweifelten, erbitten würden, und bäten nur, daß während der hiezu erforderlichen mäßigen Zeit, kein anderes Engagement genommen werden mögte. In diesem Falle ertheileten der Durchl. Prinz Ihro Hochfürstl. Eltern und Sr. regierenden Herzogl. Durchl. sogleich aus Darmstadt von Ihro Höchsten Neigung zu dem Ende Nachricht, damit von hieraus diese Vermählungssache, mit der dabey glaublich wohl nöthigen Beschleunigung weiter eingeleitet werden könnte und sodenn gingen HöchstDieselben, wenn Sie Sich nach höchstem Gefallen einige Tage in Darmstadt aufgehalten, von da zum Besuch des Homburgschen, auch der übrigen verwandten Höfe weiter. Gefielen HöchstDenenselben aber die Durchl. Prinzeßinn Louise nicht, oder Sie erführen, daß HochDiese keine Neigung zu Ihnen hätten: So hielten HöchstDieselben Sich an diesem Hofe gar nicht auf, sondern verminderten dadurch, daß Sie nur gleichsam durchpaßireten, den Schein einer fehlgeschlagenen Bewerbung nach äußerster Möglichkeit . . ."

Am folgenden Tage, dem 12. November, legten die Geheimen Räte dem Herzog ein eben eingegangenes, nicht zu den Akten liegendes Schreiben Schröders vor und bezeugten "zugleich submissest ihre Freude über die darin enthaltene Nachricht, daß allso bisher noch nichts versäumet und der Weg zu der Durchlauchtigsten Prinzeßinn Louise zu Darmstadt, auf welche halb Europa das Augenmerck mit vorzüglicher Aufmerksamkeit richtet, dem Durchlauchtigsten Prinzen noch eben so gut offen ist, als der zu den anderen protestantischen Prinzeßinnen .  .  . Sie müßen den vorhin von ihnen namhaft gemachten protestantischen Prinzeßinnen noch die von Sachsen=Gotha hinzufügen, aber auch dabey bemerken, daß derselben Frau Mutter eine Gräfinn von Reuss sey."

Am 14. November machte sich der Prinz auf den Weg. Die noch erhaltenen Reiserechnungen ermöglichen uns, ihn von Ort zu Ort zu verfolgen, dagegen versagen nun die "Acta die Reise des Prinzen Friederich Franz Durchl. an auswärtige

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Höfe betreffend" mehr und mehr. Wir erfahren, daß 1776 der Herzog deren Einsendung nach Ludwigslust befahl, und ein Registraturvermerk belehrt uns, daß nur ein Teil der Nummern ad acta bleiben solle: vielleicht sind die jetzt fehlenden vernichtet worden. Immerhin läßt uns das noch vorhandene Aktenmaterial wenigstens alles Wesentliche erkennen.

Im Gefolge des Prinzen, der als Graf von Schwerin reiste, befanden sich der Rittmeister und Kammerherr v. Krackewitz und der Sekretär Stöckhardt; die Dienerschaft bildeten ein Kammerdiener und zwei Lakaien. Zur Beförderung dienten ein Sechsspänniger und ein vierspänniger Wagen, doch mußte wegen der sehr schlechten Wege häufig Vorspann, bis zu zwölf Pferden, genommen werden. Mit den schlechten Wegen hängt es wohl auch zusammen, daß fast täglich sich kleinere oder größere Reparaturen der Wagen vernotwendigten.

Die Reise ging über Grabow, Osterburg, Stendal, Magdeburg, Halberstadt, Seesen, Northeim, Göttingen, Cassel, Marburg, Gießen und Friedberg nach Frankfurt, wo der Prinz am 25. November, erheblich später als angenommen war, eintraf und im Römischen Kaiser abstieg. Unterwegs, in Gießen, hatte Krackewitz eine Anzahl von Briefen Schröders mit Nachrichten und Direktiven erhalten. Schröder hatte ursprünglich selbst nach Gießen kommen und den Prinzen nach Frankfurt begleiten wollen, um dort bei der Besprechung zugegen zu sein, die verabredetermaßen Moser mit dem Prinzen haben sollte. Aber in eben diesen Tagen hatte er den mecklenburgischen Dienst mit dem hannoverschen vertauscht, gedachte demnächst nach Celle zu übersiedeln und fand, daß ihm "in seiner jetzigen interimistischen Station die Hände gebunden" seien. Bis dahin hatte er indessen eine überaus rege Tätigkeit im Interesse der Vermählungsangelegenheit entfaltet und in fast täglichem Briefwechsel mit dem Grafen Bassewitz wie mit Moser gestanden, auf den er sein ganzes Vertrauen setzte und mit dem einzig und allein in Darmstadt zu verhandeln er nicht müde wurde anzuraten: "Der Herr von Moser ist mir in dieser Sache der zuverlässigste Mann, und ich weiß es überzeugend, daß er die Prinzessin uns am liebsten gönnet" - so hatte er in dieser Zeit nach Schwerin geschrieben und bald darauf nochmals versichert, Moser "schützet uns gegen alle Intriguen derjenigen, welche gerne schon längst die Durchlauchtigste Louise verkaufet hätten". Inwieweit Moser dieses Vertrauen verdiente, sei

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dahingestellt: nur wenige Wochen später hatte er in Mainz eine Unterredung mit des Prinzen Nebenbuhler, dem Herzog Karl August von Weimar, "die diesen mit neuen Hoffnungen für das glückliche Gelingen seiner Werbung erfüllte", 16 ) und richtete an Schröder jenen merkwürdigen Brief, von dem noch weiter die Rede sein wird. Damals aber schien er die mecklenburgischen Interessen ernstlich vertreten zu wollen. Am 14. November hatte er an Schröder geschrieben: "Die Prinzeßin Louise Durchl. sind nicht hier anwesend, sondern mit Ihrer Prinzeßin Schwester, der jetzigen Frau Erbprinzeßin von Baden Durchl. schon im July nach Carlsruh abgegangen, woselbst Sie Sich noch aufhalten. Sie seynd noch unversprochen, ohngeachtet noch neuerlich von Seiten eines andern FürstI. Hauses solche Schritte geschehen, welche eine ganz nahe Erklärung zu erfordern schienen. Die Prinzeßin ist aber durch die liebreiche und gewogentliche Gesinnung Ihro Herzogl. DurchL, durch die ganze Freundschaftsvolle Art und ausgezeichnete Rechtschaffenheit, womit von Seiten Dero hohen Hofes in dieser ganzen Sache gedacht und gehandelt worden, nach Ihrem edlen vortrefflichen Herzen dergestalt lebhaft gerührt, daß ich Ew. Excellenz zu Dero Beruhigung im engsten Vertrauen die eigene Worte der Princessin in einem erst gestern von Ihr erhaltenen Schreiben melden kann: J’ai prié . . . de ne plus me parler de . . . y aiant renoncé tout à fait, la façon honnête, dont on agit à M[eclembourg] m’a véritablement touché. Je serois une ingrate et indigne créature, de les tromper. Ew. Excellence urtheilen aus dieser cordaten Eröfnung Von selbst, mit welch zubereiteten Herzen des Prinzen Durchl. Ihre Bekanntschaft zu dem vorhabenden wichtigen Zweck erneuern werden." Dieses Schreiben hatte Schröder natürlich alsbald nach Schwerin gesandt, und vielleicht hatte der Prinz inzwischen schon Kenntnis von seinem Inhalt erhalten.

Unmittelbar nach seiner Ankunft in Frankfurt sandte Krackewitz eine Estafette nach Darmstadt und ließ Moser um eine Unterredung ersuchen. Schon in der Frühe des folgenden Tages erschien Moser beim Prinzen, bei dem er auch mittags und abends speiste. "Dieser Tag ward mit Beratschlagung zugebracht", meldete Krackewitz nach Schwerin, "die Bereitwilligkeit, aber auch die Aufrichtigkeit bey der vorhabenden


16) v. Bojanowski a. a. O. S. 56. Vgl. auch Mosers Briefe an Dalberg bei Heidenheimer a. a. O.
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Sache zu dihnen habe ich wahr genom[men], und da wier mit so vieler Aufrichtigkeit behandelt wurden, so werden wier es strickte auch alles befolgen." An Schröder schrieb der Prinz, daß er mit seinen Dispositionen ungemein zufrieden sei.

Den 27. November widmete der Prinz, mit Lohnlakai und Mietskutsche, der Besichtigung der Stadt. Am 28. fuhr er nach Darmstadt und nahm dort einen Wagen nach "einer Campagne bey Darmstadt" - Vielleicht handelte es sich um eine weitere Behandlung mit Moser. Tags darauf setzte der Prinz die Reise fort und traf am 30. November nachmittags um 3 Uhr in Karlsruhe ein. Ein Brief von Krackewitz an den Grafen Bassewitz berichtet uns darüber. Der Markgraf war vom Kommen des Prinzen vorher in Kenntnis gesetzt und hatte ihm seinen Oberstallmeister v. Edelsheim entgegengesandt, in dessen Hause der Prinz Wohnung nahm. Nach einer ,,herrlichen Bewirthung" bei Edelsheim ging der Prinz noch abends zu Hofe und wurde dort "sehr gratios" aufgenommen, wurde erst zur Erbprinzessin geführt, in deren Zimmer auch die Prinzeß Louise anwesend war, und dann in feierlicher Audienz als Graf Schwerin vom Markgrafen empfangen. Er blieb in Karlsruhe zwei Tage, sprach auf der Rückreise abermals auf der "Campagne bey Darmstadt" vor und war am 6. Dezember wieder im Römischen Kaiser in Frankfurt.

Nun galt es, über die Karlsruher Tage nach Hause zu berichten. Der Prinz schrieb an seine Eltern, an den Herzog, an die Herzogin Louise, an den Grafen Bassewitz und sandte diese Briefe, nebst einem Berichte von Krackewitz, an Schröder mit dem Ersuchen, sie durch Estafette weiter zu befördern. Schröder fügte der Sendung einige Zeilen an den Grafen Bassewitz bei: "Unser Durchlauchtigster Printz haben die Gnade gehabt, mir per Estafette zu schreiben, daß die bewußte höchste Prinzeß Ihnen so wohl gefallen habe, daß HöchstDieselben Sich keine andere wünschen, und dieses letztere ist gedoppelt unterstrichen . . . Der Printz pressiret sehr, und es ist auch, wie ich unerthänigst anrahte, nicht eine Stunde zu versäumen, damit keine Cabale gegen uns geschmiedet werde . . Auf Befehl Sr. Durchl. soll ich noch heute dem Herrn Geheimen Raths=Praesidenten von Moser den verbindlichsten Dank abstatten."

Der Brief des Prinzen an den Grafen Bassewitz vom 7. Dezember lautet:

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". . . Ich binn gestern von Carlsruh wieder hier eingetroffen und mit sehr vergnügtem Hertzen. Die Printzes hat mein ganzes Hertz, denn sie hat sich so ehrlich und unvergleich[lich] gegen mir bewiesen, daß ich undanckbahr handeln würde, gegen Ihre Begegnungen unempfindlich zu seyn. Ich will Ihnen davon kürzlich einen Trait erzehlen. Sie wissen vermuthlich wie ehr man auf Weimarscher seite darauf aus die Prinzes zu haben, allein Sie hat sich so lange bis ich gekommen binn nicht decidiren wollen und auch würcklich nicht decidirt, biß daß Sie mich gesehen hatte. Dieses ist den geschehen und zwar so glücklich, mein lieber Herr G. R. P. von Moser hatte alles so veranstaltet daß ich täglich von Glocke 4 bis 7 Uhr bey der Erbprinzes die Prinzes Louise sprechen konnte, woselbst sie denn mein Hertz immer mehr hinriß. Besonders kam wehrent daß ich da gewesen binn ein Brief aus Weimar worinnen man sehr starck anfoderte, allein sie hat zur Antwort gegeben, sie könnte und möchte sich nicht decidiren, weil so zu sagen ein Prinz vor der Thür wäre den Sie erst sehen wollte. Dieß hat mir so an ihr attachiret daß ich es nicht genug sagen kann. Dieß attachement ist auch so weit gegangen daß ich Ihr es selber geäußert habe und gesagt, ich wünschte nichts mehr als zu wissen was Sie von mir dachte, worauf Sie mir den sehr aufrichtig antwortete, sie hätte nichts gegen meine Persohn, und wäre sehr zufrieden, könnte sich aber nicht decidiren, weil Sie noch Anverwanten hätte. Ich sagte Ihr denn desgleichen, daß ich in demselben Fall wäre, und ich weiter nichts gewünscht hätte als die Äußerungen über meine Persohn. Alle diese Begegnungen haben den mein Hertz so hingerissen, daß ich auch besonders am Herzoge und meinen übrigen gnädigen Anverwanten geschrieben habe und um Ihren Consens angehalten und beym Herzoge besonders gebeten, man möchte so bald wie möglich sich decidiren, und sodenn die Unterhandlungen mit dem Darmstädter Hof sogleich anfangen. Dieses bitte ich mir auch von Ihnen, mein lieber Herr Graf, auch recht zur Freundschaft aus, die Sachen, im Fall daß diese Heirath aprobirt würde, so viel als nur immer [möglich] zu beschleunigen, weil man sonsten wegen Weimar zu befürchten hätte, um die Gedult und die attention, die die PrinzeS gegen uns bezeugt, [nicht] zu lange auf die Probe [zu] stellen. Ich weiß, mein liebster Herr Graf, Sie wollen mein Bestes, Sie wollen das Glück meiner Famille und des ganzen Landes, beweisen Sie es bey dieser Gelegenheit, ich kann Ihnen nicht mehr sagen, als Sie werden

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das Glück Deßjenigen gemacht haben, der sich stets eine Freude daraus macht zu seyn,

Meines lieben Herrn Grafen

                    getreuer Freund und Diener

                         Friedrich Franz.

P. S. Ich will auch keine andere Prinzes sehen, weil ich gewiß mich an keiner attachiren werde, als an dieser von Darmstadt (nehmlich die Prinzes Louise), also bitte ich auch, daß Sie beym Herzoge diese meine in der Politic gegründete Äußerung unterstützen werden."

Am 8. Dezember verließ der Prinz Frankfurt und ging über Aschaffenburg nach Würzburg, wo am 11. ein Ruhetag gemacht wurde, dann nach Schweinfurt und langte am 13. in Römhild an. Hier, in dem Schlosse Glücksburg, dem Witwensitze seiner Großmutter, der Herzogin Anna Sophie, sollte er den weiteren Gang der Dinge abwarten.

Schröders Briefsendung gelangte überraschend schnell nach Schwerin. Schon am 12. konnte Graf Bassewitz sie dem Herzog übermitteln, und dieser ließ am 13. erwidern, "daß nunmehro wohl keine Zeit zu verliehren seyn mögte, den dringenden Wünschen des Prinzen Friederich Frantz Durchl. gemäß zu verfahren, hinfolglich eine förmliche Anwerbung um der Printzeßin Louise zu Darmstadt Durchl. so bald als thunlich in Gottes Nahmen zu wagen, um so mehr als Serenissimus regnans Höchst=Selbst diese Verbindung, in aller Absicht, für die vortheilhafteste halten, und das Benehmen der Printzeßin Louise Durchl. der Beschreibung nach sehr artig finden. Ew. Excellence mögten demnach mit des Printzen Ludewig und der Printzeßin Charlotte Durchl. Durchl. wegen der erforderlichen von Höchst Ihnen zu ertheilenden Einwilligung Sich besprechen und demnach das Weitere bald möglichst verfügen."

Gleich nach Empfang dieses Schreibens, in der Mittagsstunde des 14. Dezember, begaben sich der Graf Bassewitz und der Geheimrat J. P. Schmidt aufs Schloß zum Prinzen Ludwig und der Prinzeß Charlotte und berichteten noch an demselben Tage: "Diese haben Ihre höchste Einwilligung . . . nicht nur den Unterschriebenen heute mündlich zu erklären geruhet, sondern auch, gleich der Durchlauchtigsten Herzoginn, ihnen die Antworts=Schreiben an des Prinzen Friederich Frantz Durchl.

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Zur Beförderung zugestellet: Unterzeichnete erwarten also nunmehro nur noch diejenige Antwort, welche Ihro Herzogl. Durchl. ohne Zweifel eigenhändig an den Durchlauchtigsten Prinzen Friederich Frantz zu Schreiben geneiget seyn werden. So viel die Anwerbung betrifft, mögte der Ordnung zwar nicht ungemäß gewesen seyn, daß mit Ihro Herzogl. Durchl. zugleich auch des Prinzen Friederich Frantz Durchl. geschrieben hatten: Bey der jetzigen Entfernung aber dürfte damit zu viele Zeit verloren gehen. Ihro Herzogl. Durchl. ist gnädigst erinnerlich, daß die Anwerbung um der Prinzeßin Sopnie Friederique Durchl. auch zuerst von des Königs von Dännemark Majst. alleine geschoben sey. Geruhen demnach HöchstDieselben den anliegenden Entwurf gnädigst zu genehmigen und baldmöglichst zu originalisiren; so wird solches, nach der Unterzeichneten geringem Erachten, zur Zeit genügen, und so wollen sie durch die bisher in der Sache gebrauchten Correspondenten die Einleitung schon solchergestalt machen, daß dieses Schreiben an des Herrn LandGrafen Durchl. eher nicht abgegeben werde, als bis man Ihro willfähriger Erklärung zuvor versichert ist. An des Prinzen Friederich Frantz Durchl. werden die Unterschriebenen sodenn eine Copey dieses abgelaßenen Herzogl. Schreibens befördern, und alles bis Wetzlar par Estafette gehen laßen, von da es mit der ordinairen Post, oder mittelst der Darmstaedtschen Husaren ohne Eclat in einem Tage nach Darmstadt, sowie auch nach Römhildt per Postam in ganz kurzer Zeit gelangen kann . . ."

Schröder gelangte in der Tat alsbald in den Besitz des Anwerbungsschreibens mit den erforderlichen Anweisungen, aber er hielt es für geraten, es nicht weiter zu befördern, denn inzwischen drohten die Dinge in Karlsruhe eine unerwünschte Wendung zu nehmen. Schröder hatte, wie er am 13. Dezember nach Schwerin schrieb, seit längerer Zeit keine Nachrichten von Moser erhalten; nun wurde er am 17. durch einen von Moser am 15. in Darmstadt aufgegebenen Brief überrascht, in dem es hieß:

"Des liebenswürdigen Prinzen Friederich Franz Durchl. laßen mir Gerechtigkeit widerfahren, daß das bekannte Intereße Ihres Herzens mein eigenes Anliegen gemacht und daß ich, eingenommen von dem offenen, keiner Verstellung fähigen, redlichen Character dieses jungen Fürsten, eine glückliche Harmonie beeder hohen Personen aufrichtig gewünscht habe. Da aber

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diese Wünsche der eigenen Prüfung, Einsicht und Überzeugung der Durchlauchtigsten Prinzeßin schlechterdings subordinirt und mir die Umstände unverborgen waren, welche der Prinzeßin selbst eine reife und bedächtliche Überlegung des entscheidenden Schrittes anempfohlen, so habe ich auch des Prinzen Durchl. in den ersten Minuten der Unterredung unverborgen, daß Sie an des Herrn Erbprinzen von Sachsen=Weimar Durchl. noch einen Competenten hätten, daß die Prinzeßin auf zwo große Höfe dabey Rücksichten nehmen müsten, daß Sie von dem freundschafts= und vertrauensvollen Betragen Seiner Durchlauchtigsten Familie lebhaft gerührt seyen, daß es aber nun auf Ihre eigene hohe Person allein ankomme: Ob Sie Sich gleich determiniren, oder auch des Prinzen v. W[eimar] Durchl. gleichfalls zu sehen Sich bewegen finden würden.

Der Prinz kamen, nach einem sehr kurzen Aufenthalt in Carlsruh zurück, vergnügt, zufrieden, und bey Sich Selbst determiniret, keine andere Prinzeßin zu sehen, über den Gesundheits=Punct der Prinzeßin beruhigt und mit dem Vorsatz sogleich eine Estaffete an des Herrn Herzogs Hochfürstl. Durchl. und Ihre Durchlauchtigste Eltern zur Erhaltung des Consenses abgehen zu laßen, und solchen in Röhmhild abzuwarten.

Ich würde ungerecht und gegen das, was mir mein Herz vor den Prinzen sagte gehandelt haben, wenn ich eine so reine und so gerechte Freude hätte stöhren und mir selbst Zweifel machen wollen, um das Vergnügen [zu] haben, solche bestreiten zu können. Ich konnte und muste daher glauben, daß die Prinzeßin Durchl. über den Umstand wegen W[eimar] ganz hinausgegangen, und daß es mit einem Wort zwischen den beeden hohen Haupt=Personen richtig seye.

Ich hatte, wie ich eidlich erhärten kann, in 5 ganzen Tagen kein Wort noch Sylbe von Carlsruh vernommen und als des Prinzen Durchl. hier zurück paßierten, wuste ich nichts, als was ich von dem Prinzen selbst vernommen.

Urtheilen Ew. Excellenz selbst, wie groß meine Befremdung und Verlegenheit gewesen seyn müße, da ich des zweyten Tags zufällig die Nachricht von der gleichmäßigen Heraus=Reise des Herrn Erb=Prinzen von S[achsen]=W[eimar] erhielte, ohne irgend eine Ursache errathen zu können, wie sich dieses alles untereinander creuze und wie dieses Gerücht mit der Rede und Vorsätzen des Prinzen zu vereinbaren seye.

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Ich schriebe unverzüglich an die dermalen in Carlsruh befindlich Frau Gen. Bar. v. Pretlack, welche das vollkommene Vertrauen der Höchstseeligen Frau Land=Gräfin beseßen, und das gleichmäßige der Fürstl. Familie besitzt. 17 )

Ich erhielte daraus anliegende Antwort, welche freylich die Sache in einem ganz anderen Lichte darstelte und zu erkennen gab, daß des Prinzen Durchl. Ihre eigene Affection zugleich auf die entscheidende Gesinnung der Prinzeßin ausgedeutet habe.

Die Prinzeßin, deren Seele viel zu rein, erhaben und Wahrheitsliebend ist, um einer Duplicitaet fähig zu seyn und das redliche, freundschaftliche Betragen des Durchlauchtigsten Mecklenburgischen Hofs mit Unerkänntlichkeit zu belohnen, haben mir nachhero selbst zu versichern und vor Gott zu betheuern geruhet, daß die Sache so und nicht anders vorgegangen, daß des Prinzen Durchl. Sich bey den beschehenen Äußerungen nicht nur beruhigt, sondern Selbst bezeugt hätten, wie Sie Ihres Orts die Sache ebenwohl auch erst auf die Benehmung mit Ihren hohen Verwandten aussetzen müsten.

Ich habe sogleich des Prinzen Durchl. Copiam Schreibens der Frau Gen. von Pretlack nach Römhild nachgeschickt, und nehme die Freiheit Ihnen unterthänigst vorzustellen: Ob nicht mit den weiteren Schritten und Anfragen bey der Durchlauchtigsten Familie so lange Anstand gegeben werden wolle, bis die Prinzeßin Durchl. Ihren entscheidenden Entschluß zu faßen sich im Stand befinden würden.


17) Die Generalin Freifrau v. Pretlack, jahrelang Oberhofmeisterin und Vertraute der Landgräfin Caroline und nach deren Tode mit der Sorge für das Wohl der Tochter ihrer Herrin betraut, war die Seele der Partei in der Umgebung der Prinzeß Louise, die, gleich viel aus welchen Gründen, die Vermählung der Prinzeß nach Weimar wünschte. Seit geraumer Zeit war sie in dieser Angelegenheit in Verbindung mit dem weimarschen Unterhändler, dem Reichsfreiherrn Karl Theodor v. Dalberg, kurmainzischem Statthalter in Erfurt, Gesandten seines Kurfürsten am weimarschen Hofe und Ratgeber der Herzogin Anna Amalia, der alles daran setzte, dem auch Von ihm geschätzten Sohne seiner Freundin die Hand der Prinzessin zu verschaffen. Es war wahrlich nicht ohne Grund, wenn Karl August am 19. Dezember an seine Mutter schrieb: "Frau Baron v. Pretlack und die Baronin v. Edelsheim sind diejenigen, denen ich mein größtes Glück verdanke, und es würde meinerseits wenig dankbar sein, wenn ich ihnen nicht die schönsten Geschenke machte." (Vgl. F. Bornhak, "Anna Amalia Herzogin von Sachsen=Weimar=Eisenach". Berlin 1892. S. 96.) Nach dem Prinzen Friedrich Franz war auch Karl August Gast des Edelsheimschen Hauses gewesen.
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So schmeichelhaft die Affectionsvolle Gesinnung des Prinzen ist, und mit so wahrer Empfindung solche bey einem so edel gesinnten Herzen, als das der Durchl. Prinzeßin ist, bemerkt werden wird, so ermeßen doch Ew. Excellenz erleuchtet von selbst, daß von Einholung des väterlichen Consens ehender, als bis beede hohe Personen Eins sind, nicht die Rede seyn kann und ich dahero vor die Beruhigung beeder hoher Personen und vor die Anständigkeit der ganzen Sache sehnlich gewünscht hätte, daß des Prinzen Durchl. mit dieser Anfrage noch so lange zugewartet hätte, bis Ihnen versprochenermaaßen die Entschließung der Prinzeßin nach Röhmhild überschrieben worden.

Da aber leider die Sache so ist, wie sie ist, so bleibt mir nichts übrig als Ew. Excellenz aus das allerangelegenste zu bitten, Dero Hof von dem wahren Zusammenhang der Lage getreulich zu unterrichten.

Des Herrn Erb=Prinzen von S[achsen]-W[eimar] Durchl. sind von Caßel aus über Mainz würcklich nach Carlsruh abgegangen, ohne Darmstadt zu berühren; so daß bey diesen Umständen die Entschließung der Prinzeßin sich nun so gar lange nicht verzögern wird. Die nahe Theilnehmung zwo großer Höfe an dem Schicksal der Prinzeßin und die ehrerbietige Rücksicht, welche Sie aus Selbige nehmen müßen, hat ganz und gar unmöglich gemacht, diesen von Weimar angetragenen Besuch abzulehnen.

Wir wollen nicht aufhören zu wünschen, daß der Ausgang so seyn möge, wie er vor das zeitliche und ewige Glück beeder hoher Personen von der Göttlichen Vorsehung am zuträglichsten ersehen und geordnet wird."

Der angelegte, schon am 9. Dezember geschriebene Brief der Frau v. Pretlack lautet:

"Den 30. kam der Prinz von M[ecklenburg]. Ich habe Ihm ehe Er die Princeß gesehen, gleich mit ganz deutlichen Worten gesagt, daß Seine Sache (: wie Er mir zu glauben schien :) noch gar nicht gewiß seye und anjetzo nicht entschieden werden könnte, weilen die Prinzeß fest entschloßen seye den P[rinzen] v. W[eimar] auch zu sehen, daß ich alles mögliche anwenden würde, Sie in der Meynung zu bestätigen. Ich müste Ihm also ganz offenherzig bekennen, daß ich in diesem Augenblick gar nicht vor Ihm sondern nach meinem Gewißen handeln würde und der Prinzeß alles, was ich gegen Ihm fände, suchen

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würde für die Augen zu legen. Ich bäte Ihm also sehr behutsam zu Werke zu gehen, und Sich nicht zu compromittiren. Dieses habe Ihm täglich 2mal wiederholet, auch den Herrn von Edelsheim gebeten, Ihn solches zu sagen, welcher gleichfalls mit dem Herrn v. Krrackvitz darüber gesprochen, indem außer dem ersten Abend solcher niemalen zu mir gekommen und ich also keine Gelegenheit gehabt es Ihm zu sagen. Was die Prinzeßinn Selbst dem Prinzen gesagt, kommt hiemit vollkommen überein. Der Prinz hat mich hierinn so wohl verstanden, daß er dem Herrn v. Edelsheim und mir ja andern, das ihm gesagte mit Benennung des Pr[inzen] v. W[eimar] wiederholete und mehrmalen gesagt, daß Er den Ausschlag der Prinzeßinn in Röhmhild erwarten wollte. Den Sonntag habe den Prinz noch sehr angelegen, die andern Prinzeßinnen, so man Ihm in Vorschlag gebracht auch zu sehen, indem Er sich auf die Prinzeß nicht verlaßen könnte. Dieses ist ein wahrer recit meiner Handlungen. Wie ich anders gegen den P[rinz] v. M[ecklenburg] hätte handeln sollen, weis ich nicht. Ihm anjetzo gänzlich alle Hofnung zu nehmen, kan ich nicht, weiln die Prinzeß sich gar nicht entschloßen und nicht entschließen will, bis Sie W[eimar] gesehen. Noch muß ich hinzusetzen, daß da der P[rinz] v. M[ecklenburg] einige Worte gesagt, als ob Er glaube, daß die Prinzeß Sich vielleicht wegen Ihrer Gesundheit nicht entscheiden wolle, ich Ihm solches wiederleget, 18 ) und Ihm sehr versichert, daß dieses nicht die Ursache seye, und ich Ihm inständig bäte, die Sache nicht auf diese Art, sondern nach dem so ich Ihm deutlich gesagt, Ihro Durchl. dem Herzog zu schreiben. Finden es Ew. Hochwohlgeboren nöthig, so thun Sie mir eine Freundschaft, wenn Sie einen Auszug von diesem Brief an den P[rinz] v. M[ecklenburg] schicken."

Mosers Brief nebst der Beilage sandte Schröder, "um unsern Durchlauchtigsten Printzen Fr. Fr. nicht zu exponiren", unverzüglich durch Estafette nach Schwerin, "damit alle weitere


18) Erheblich anders als diese Darstellung lautet die, die der Prinz selbst in einem Briefe an Moser vom 16. Dezember gibt: "Daß ich mir nach der Gesundheit erkundigt, ist mir nicht zu verdenken gewesen, in dem mich die Frau Generalin von Bretlach die ersten Tage sehr bange gemacht hatte . . . . . . Doch ich war schon auf meiner retour darüber beruhigt, weil meine eigne Augen mich davon am besten überzeugt hatten." In einem Bericht an den Herzog vom 22. Dezember bestätigt Krackewitz, die Frau v. Pretlack habe aus freien Stücken, um den Prinzen abzuschrecken, diesem erzählt, die Prinzessin sei von schwacher Gesundheit und leide an Blutspeien
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Vorkehrungen wenigstens so lange suspendiret bleiben, bis wir wissen, wie des Erb=Printzen von Sacnsen=Weimar Durchl. der Prinzeß Louise gefallen habe. Recht angelegentlichst aber bitte ich um gracieuse Remittirung der angeschlossenen Originalien." Am 21. Dezember traf die Sendung in Schwerin ein und wurde citissime dem Herzoge übersandt. Die Geheimen Räte bemerkten dabei: das Mosersche Schreiben harmoniere so schlecht zu dem früher "von diesem Ministre communicirten angeblichen Extract aus einem eigenhändigen Briefe der Durchlauchtigsten Prinzessinn, 19 ) daß Unterschriebene ihr Urtheil über solche erst gemachten fast zu großen Avances und die jetzige ganz andere Aufklärung zu äußern, nur Bedenken tragen". Glücklicherweise habe Graf Bassewitz bei Übersendung des herzoglichen Anwerbungsschreibens in Ur= und Abschrift an Moser sich ausdrücklich ausbedungen, derselbe solle es nur dann dem Landgrafen überreichen, "wenn er sich einer günftigen Antwort versichert hielte". Sollte also das Anwerbungsschreiben wirklich schon in Mosers Händen sein und nicht etwa Schröder "bey den so veränderten Nachrichten vermuthlich noch Anstand nehmen, dasselbe nach Darmstadt abzuschicken", so werde doch ohne Zweifel Moser "im Fall der nicht eintreffenden ausdrücklichen Bedingung das Herzogl. Schreiben originaliter und unerbrochen remittiren". Indessen möge der Herzog genehmigen, daß Schröder par Estaffette aufgegeben werde, Moser "an jene ausdrückliche Bedingung noch zum Überfluß zu erinnern, und im Fall einer von der Durchl. Prinzeßinn getroffenen andern Wahl das Herzogl. Schreiben zurück zu erbitten".

Umgehend erfolgte ein Pro Memoria: der Herzog sei mit allem einverstanden und werde der Estafette einen Brief an den Prinzen mitgeben, was aber erst folgenden Tages geschehen könne. "Die Sache selbst betreffend" - heißt es weiter - "so scheinet Serenissimus die jetzige ganz unerwartete und ungünstige, den ersten Nachrichten ganz entgegenstehende Wendung eine natürliche Folge aus den erhitzten Gesinnungen der hiesiger Seits zu wenig geschmeichelten und daher für Mecklenburg weniger als für Weimar eingenommenen Frau Generalin Frei=Frau von Pretlack zu seyn. Ew. Excellence Erachten erwarten demnach Serenissimus darüber, ob es nicht vielleicht gerathen seyn mögte, durch Hinhaltung eines angemeßenen, nach erfolgtem günstigem Ausgang aber erst zu hebenden Ge=


19) S. oben S. 47.
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schenckes der beregten Frau Generalin Frei=Frau von Pretlack auf beßeren Gesinnungen zu leiten."

Am 23. Dezember unterbreiteten demgemäß die Geheimen Räte dem Herzoge den Entwurf eines Schreibens an Schröder und bemerkten dabei: "Was derselbe, da er so nahe bey Carlsruhe und Darmstadt ist, in der Welt nur möglich findet, das wird er, wie die Unterzeichneten ihm sicherlich zutrauen, zuverläßig thun. Einen näheren Weg an die Frau von Pretlack wißen sie nicht und so muß man das weitere wohl der göttlichen Direction überlaßen. Bey der Ungewißheit und Unruhe aber, worin der Durchlauchtigste Prinz Sich jetzo natürlicher Weise befinden werden, mögten Unterzeichnete wohl unterthänigst wünschen, daß HöchstSelbige, während der ganz kurzen Zeit, binnen welcher sich die Sache wahrscheinlich aufklären muß, Sich mit Briefen nach Carlsruh und Darmstadt nicht zu exponiren sondern still in Römhildt zu bleiben, von dortaus allenfalls eine Beschreibung der Coburgschen Prinzeßinn anhero zu machen und nur in dem Fall wenn die Entschließung der Prinzeßinn Louise Durchl. widrig ausfiele und die Coburgsche Durchlauchtigste Prinzeßinn Ihro selber nicht convenirte, die Durchlauchtigste Prinzeßinnen aus den Häusern Sachsen=Meynungen und Sachsen=Gotha zu besuchen geruhen mögten. Unterschriebene geben submißest anheim: Ob Ihro Herzogl. Durchl. dieses allenfalls dem Durchlauchtigsten Prinzen HöchstSelbst unmittelbar an Hand zu legen geruhen wollen, wiederholen aber auch die Bemerkung, daß die Frau Mutter der Sachsen=Gothaischen Prinzeßinnen nur eine gebohrne Gräfin von Reuss sey." Unterm 27. fügten dann die Geheimen Räte "noch einige geringe Anmerkungen" hinzu: "Die Durchl. Prinzeßinn Von Sachsen=Coburg, auf welche der Prinzeßinn Charlotte Durchl. Selbft nicht eben zu reflectiren scheinen, gehet schon ins zwey= und zwanzigste Jahr, und mögte daher für des Prinzen Friederich Franz Durchl. beynahe zu alt seyn. Ein gleiches findet sich bey der [älteren der] beiden Durchl. Prinzeßinnen von Sachsen=Meynungen, die gar schon ins drey= und zwanzigste Jahr gehet: So wie hingegen die jüngere dortige Prinzeßinn erst im 13 ten Jahr und allso noch gar zu jung ist. Außer der siebenzehnjährigen Durchl. Prinzeßinn Louise von Darmstadt und außer der ins sechszehende Jahr gehenden Prinzeßinn zu Würtenberg Durchl. mögte also in Ansehung des Alters eine Durchl. Prinzeßinn von Sachsen= Hildburghausen zur Zeit Attention verdienen, die im künf=

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tigen Februar jedoch erst fünfzehn Jahr alt wird. Zu wünschen stehet es nur, daß der Durchl. Prinz noch in Römhildt befindlich, und nicht vielleicht in der Ihrem Alter gewöhnlichen Geschwindigkeit schon von dort vor Einlangung der jüngsten widrigen Nachrichten weggereiset, mithin auf dem Rückwege hieher befindlich seyn mögen. Sollte dieses, nach den zuletzt von Ihroselben eingegangenen Briefen, besorglich seyn, so wäre, nach der Unterschriebenen ganz unzielsetzlichen Ermeßen es vielleicht nothwendig, Ihnen nach Leipzig entgegen zu schreiben."

Der Entwurf des Schreibens an Schröder fand laut Pro Memoria vom 23. den ungeteilten Beifall des Herzogs, ebenso auch "der übrige Vorschlag, wovon Höchst=Sie in dem hieneben kommenden Schreiben an des Prinzen Friederich Frantz Durchl. Gebrauch gemacht haben". Das vom 24. Dezember datierte Schreiben lautet:

"Ew. Hochwohlgeboren ermeßen, ohne daß ich es erst weitläuftig versichern darf, vermuthlich von selbst, wie unerwartet und höchst unangenehm diejenige Nachricht hieselbst gewesen, welche ich aus Dero vorgestern par Estaffette hier eingegangenen geehrten Schreiben vom 17 ten dieses, oder vielmehr aus deßen Anschluß, zu ersehen und höchsten Orts unterthänigst vorzutragen gehabt.

Nach dem Inhalt von Dero jüngsten vom 8 ten hujus, verbis ’der Prinz pressiret sehr, und es ist auch, wie ich unterthänigst anrathe, nicht eine Stunde zu versäumen, damit keine Cabale gegen uns geschmiedet werde,’ hatten Serenissimus regnans das Anwerbungs=Schreiben an des regierenden Herrn Landgrafen von Darmstadt Durchl. schon sub dato 14 ten dieses erlaßen, welches ich ur= und abschriftlich dem Herrn Geheimen Raths=Praesidenten v. Moser zugefertiget, und an EW. Hoch= wohlgeboren jüngsthin par Estafette zu addressiren die Ehre gehabt habe.

Wünschen mögte ich nunmehro, daß Dieselben, wegen der inmittelst so sehr veränderten Umstände und Nachrichten, wie ich fast vermuthe, solches Schreiben noch zurückgehalten hätten. Sollten Ew. Hochwohlgeboren solches vielleicht schon abgeschicket haben: So nehme ich mir die Ehre hiedurch zu eröfnen, daß ich gedachten Herrn Geheimen Raths=Praesidenten um baldige Einreichung des Herzogl. Original=Schreibens ausdrücklich nur unter dem Beding gebeten habe: ’Wenn Er, nach seiner genauesten Kenntniß der dortigen Umstände und nach seinem großen Einfluß in die Gesinnungen des

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Herrn Landgrafen seines gnädigsten Herrn und der Prinzeßin Louise Durchl. Durchl. Sich einer günstigen Antwort versichert hielte’ und so bleibet mir nichts anders übrig, als Ew. Hochwohlgeboren hiedurch gehorsamst zu ersuchen, daß Dieselben Ihn, solcher von mir ausdrücklich hinzugefügten Bedingung zum Überfluß schleunigst zu erinnern und, auf den Fall einer wieder Verhoffen getroffenen anderen Wahl, das Herzogl. Original= Schreiben cum copia zurück zu erbitten, geneigen wollen.

Allem wahrscheinlichen Ansehen nach hat der Geheime Raths=Praesident von Moser, so wie Er gegen Ew. Hochwohlgeboren die Frau v. Pretlack nie genannt, sondern nur seine von der Durchlauchtigsten Prinzeßin unmittelbar erhaltenen Nachrichten und Erklärungen gepriesen hat, auch unserm Durchlauchtigsten Prinzen und dem Herrn v. Krackwitz die Nothwendigkeit gar nicht eröfnet, jene Dame zu gewinnen, welche nun daher für den Weimarschen Hof, der sich in Ansehung ihrer ohnfehlbar beßer genommen hat, gänzlich eingenommen, und wider unsern Durchlauchtigsten Prinzen merklich aufgebracht ist. Der Feder stehet das Mittel, welches zur Redressirung dieses Fehlers vielleicht das einzige seyn mögte, nicht füglich anzuvertrauen: Sonst würden Serenissimus noster, in dem Fall, wenn die Sache in den Händen dieser Dame stünde, und sie selbige nach dießeitiger Absicht lenkte, Sich gewiß gerne erkenntlicher beweisen, als es der Weimarsche Hof vielleicht nimmer seyn wird.

Unbegreiflich ist und bleibet es mir indeßen, was man, bey dieser uns jetzo von dem Herrn Geheimen Raths=Praesidenten v. Moser selbft eröfneten mislichen Lage der Sache, von seiner vorhin gerühmten unmittelbaren Correspondence mit der Durchlauchtigsten Prinzeßin und von dem mitgetheilten Extract Ihres französischen, unserm Durchlauchtigsten Prinzen in Frankfurt so gar originaliter producirten Briefes gedenken soll? Halten Ew. Hochwohlgeboren mir das Geständniß zu gute, daß ich bey dem jetzigen höchst unerwarteten Auftritt recht froh gewesen bin, Dero voriges Verlangen durch Remittirung des ersten v. Moserschen Briefes, der einen Extract von gedachtem französischem Schreiben der Durch= lauchtigsten Prinzeßin enthält, bisher noch nicht erfüllet zu haben. Je incompatibler die beiden anhero übersandten Briefe dieses Ministers bey nahe scheinen, desto angenehmer war es mir, mit dem letzteren zugleich noch das erstere in origine vorlegen zu

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können. Aus gleicher Ursache behalte ich also, mit Ew. Hochwohlgeboren verhofffenden gütigen Wohlvernehmen, auch dieses Mahl beide noch zurück, und ersuche schließlich nur noch angelegentlichst, dahin bestens sorgen [zu wollen] daß unser Durchlauchtigster Prinz, durante crisi durch eigenhändige Briefe nach Darmstadt und Carlsruh nicht weiter exponiret, wohl aber allenfalls, wenn Ew. Hochwohlgeboren es thunlich finden, mündlich und mediate eifrigst für HöchstDieselben gearbeitet werde.

Die Sache falle sodenn nach dem Schluß der Vorsehung aus wie sie wolle: So ist Serenissimo nostro die Beschleunigung der finalen Gewißheit alle mal eine Estaffette werth; Und noch nothwendiger wird es dem Durchlauchtigsten Prinzen seyn, Ihr Schicksal zu dem Ende baldmöglichst zu erfahren, damit Sie Sich in Ihrer weiteren Reise darnach richten können."

Während dieser Zeit hatte der Prinz erwartungsvoll in Römhild gesessen. Dort erhielt er das erwähnte Mosersche Schreiben und sandte sofort eine Estafette an Schröder, worüber dieser am 20. Dezember nach Schwerin berichtete: "Am 18. hujus bekam ich aus Romhildt eine . . . Estafette, bey welcher unser Durchl. Printz mir zu erkennen geben, daß HöchstDieSelben nichts von dem wissen, was die Frau Generalin v. Bretlack gesaget haben will . . . . Ich halte mich völlig überzeugt, daß die gute Frau das, was sie jetzt vorgiebt, keines Weges zu unserm Durchl. Printzen gesagt hat, sondern daß sie von dem Weimarschen Hofe und der dazu gehörigen Connexion gewonnen worden, und kein Bedenken jetzt trägt, dem Prinzen die vermeintlich geführten Reden aufzubürden, und den Herrn Geh. Rahts=Praesidenten von Moser zu plantiren. Letzterer ist dieserhalb sehr misvergnügt, und wird mir mit dem ehesten, und so bald möglich, nähere decisive Nachricht geben . . . . Nach meinem Ermessen bleibt unserm Durchl. Printzen jetzt keine sonderliche Hofnung mehr übrig, falls der Herr von Moser die Intriguen einer Frau nicht zu hintertreiben weiß." Das Schreiben des Grafen Bassewitz vom 24. beantwortete er am 31. dahin: ". . . Unser Durchl. Printz haben von denen widrigen Vorgängen jederzeit tempestive Nachricht bekommen, und ich vermuhte, daß HöchstDieselben die Reise ehestens weiter fortsetzen werden. . . Von der Existenrz einer Generalin Bretlach ist mir nie etwas bekannt gewesen, ausser daß sie in dem am 17 ten huius von mir praesentirten Moserschen Schreiben zum ersten Mahl aufgeführet worden ist."

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Inzwischen hatte der Prinz natürlich auch an Herzog Friedrich berichtet. Dieser Brief, am 22. Dezember in Römhild geschrieben, lautet:

"Mein lieber und gnädiger Herr Oncle,

Die vorigen Briefe habe ich immer mit sehr vielem Vergnügen geschrieben, allein ich müste keiner Empfindung mehr zu fassen fähig seyn, wenn ich diesen Brief so vergnügt schriebe als die übrigen, indem ich am 15. dieses Monaths einen Brief von den Herrn Geheimenraths Presidenten von Moser erhielt, worinn er mich schreibt, daß die Prinzes würde sich nicht eher decidiren bis das (wie mir schon bekant wäre, daß Sie es mir in Darmstadt und Carlsruh gesagt hätten) die Prinzes den Prinzen von Weimar erst gesehen hätte. Ich muß gestehen, daß mir dieß Benehmen sehr bestürtzt hat, noch mehr aber, da der Herr G.R.P. mir bittet, den Antrag nicht an meine gnädige Anverwanten zu thun, und um Consens und weiters Beschleunigung zu bitten, da ich ihm doch selber meine Bereitwilligkeit so an den Tag legte es zu thun. Allein die ganze Sache scheint mir eine Cabale gegen uns zu seyn. Sie werden aus den Briefen, mein lieber und gnädiger Herr Oncle, schon mein und meines Reisegefährten Verhalten beurtheilen können, ich muß nur die Haupt Persohn, und die Ursachen warum ich mit der selben bekannt geworden binn, meinem gnädigen Herrn Oncle käntlich machen. Die Haupt Persohn die diese Cabale gegen uns schmiedet ist die Frau Generalin von Bretlag. Die Ursachen warum ich mit ihr bekannt geworden binn, sind diese. Nach der lnstruction war ich an den Herrn von Moser gewiesen, dem einzig und allein eine Eröfnung von der Sache zu thun, dieses habe ich befolgt. Dieser aber wieß mich um meiner Sachen gewiß zu seyn an diese liebe Frau Generalin, die nichts wehniger mir jetzt liebenswürdig ist, weil Sie das ganze Vertrauen der Prinzes besitzt. Diese Generalin aber schien sich freilich meiner anzunehmen, allein der Beweiß sind die Lügen die Sie debitirt mir gesagt zu haben, nehmlich auch, daß die Prinzes den Prinzen von Weimar erst sehen will ehe sie sich determinirt. Hätte ich dieses gewußt, wie hätte ich den können schon um Consens anhalten, den ich war ja alsdenn sehr stark im Zweifel, ob die Wahl auf mir fallen würde und alsdenn hätte ich so zu sagen mit meinen gnädigen Anverwanten gespielt, und meine gnädige Anverwanten unnöthige Sorgen und Mühe gemacht, und meiner anklebenden Gewohnheit, flüchtig zu handeln gemäß gehandelt.

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Diesen [Vorwurf] wünsche ich aber bey dieser Gelegenheit nicht zu verdienen, weil ich mich keines Fehlers bis dato bewust binn, weil ich mich sehr wohl erinnere, wie sehr Sie die Gnade gehabt haben mir die letzten Tage für meine Flüchtigkeit zu warnen, und ich mich dazumahl auheischig machte bey dieser Gelegenheit einen Beweiß zu geben, daß ich diesen Fehler bezwingen kann. Ich muß daher gestehen, daß das Benehmen dieser Frau mich sehr wundert, wie Sie es denn auch aus meinem Briefe an den Herrn v. Moser sehen werden, der mit allen übrigen Ihnen zugesand wird um daraus mein als auch des Herrn von Krackwitz Verhalten beurtheilen zu können.

Wenn ich nicht wüste daß Gott alles lenket und regieret, so müste ich jetzt sagen daß mein Glück mir so zu sagen unter den Händen weggenommen wird. Denn das Zutrauen und das wahre und ungeheuchelte attachement was ich gegen der Prinzes habe, wird mir bey dieser Begebenheit so schmerzhaft wie möglich wenn ich sehen muß, daß Sie nicht an allem diesen Schuld ist, sondern daß so ein Weib die Ursach ist, daß das wahrscheinliche Glücke eines Menschen, einer ganzen famille und eines ganzen Landes verscherzt wird. Dieses macht mich freilich traurig, allein ich stelle es Gott anheim der es schon so lenken wird daß es zu meinem wahren Besten gereichen wird.

Ich muß nun noch dieß bey dem würdigen Verhalten der Frau Generalin von Bretlag hinzufügen, daß Ihr ganzes Benehmen mir immer mehr beweiset, daß Sie von Weimar schon bestochen worden ist. Da ich nun mein Geld zur Reise und nicht zum bestechen bekommen habe, und ich überdem nicht gerne eine gekaufte Frau haben möchte, So glaube ich wohl schwehrlich, daß ich in dieser mir so interessanten Sache glücklichen Vortgang mir zu versprechen habe. In dieser Woche denke ich noch von dem Herrn G.R.P. von Moser decidive Nachricht zu kriegen und sollte diese, wie ich vermute nicht vortheilhaft seyn, so werde ich mir der gegebenen Erlaubniß zu Nutze machen, nach die übrigen Höfe zu gehen, und mein Glück fernerhin zu suchen, und als denn in mein Vaterland in Ruhe und Frieden zurückkehren.

Ich empfehle mich zu beständigen Gnaden und verharre in tiefster Unterthänigkeit,

Meines gnädigen Herrn Oncls

                         ganz unterthänigst gehorsamster und

                              getreuer Neveu und Diener

                                   Friedrich Franz."

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Gleichzeitig mit vorstehendem Schreiben des Prinzen übersandte Krackewitz dem Herzoge die gesamte zwischen Römhild, Darmstadt und Wetzlar in der Vermählungsangelegenheit geführte Korrespondenz, die fachlich nichts enthält, was uns nicht schon bekannt wäre. In eben diesen Tagen aber entschied sich das Schicksal des Prinzen: am 19. Dezember erbat Karl August von der Herzogin Anna Amalia den Konsens zu seiner Verlobung mit der Prinzessin Louise, die am 23. die Einwilligung ihres Vaters nachsuchte. 20 ) Die Kunde davon übersandte Schröder alsbald nach Schwerin, wo sie am 2. Januar 1775 eintraf und citissime dem Herzog übermittelt wurde. Das Untertänigste Promemoria der Geheimen Räte meldete zugleich, daß Schröder das herzogliche Schreiben an Moser nebst dem Anwerbungsschreiben unerbrochen zurückgesandt habe und fährt dann fort: "An sich stehet dawider mit Unpartheiligkeit wohl nichts zu sagen, sondern es ist vielmehr, auch ohne die der Frau Generalin von Pretlack von dem Herzoglich Weimarschen Hofe vielleicht wohl gemachte Convenience, sehr natürlich, daß ein regierender Herzog von Sachsen Weimar und Eisenach den Vorzug hat erhalten müßen, so bald er mit einem appanagirten Prinzen zugleich zur Wahl stand, der noch vier Augen vor sich hat, ehe er zur Regierung gelanget. Wäre es nicht sehr vergeblich, von Dingen, die einmal nicht mehr zu redressiren sind, nachhin noch auszugrübeln, wie und wann solche vielleicht anders hätten ausfallen können; so vermögen Unterschriebene sich des Gedankens nicht zu enthalten, daß des Prinzen Friederich Franz Durchl. nur früher müßten gekommen seyn, da, nach aller Wahrscheinlichkeit, der jetzo erst 17jährige Durchlauchtigste Herzog von Sachsen Weimar sich noch nicht gemeldet gehabt. So wie indessen Ihro Herzogliche Durchlaucht den Unterzeichneten dieserhalb nichts zur Last zu legen gewiß gerechtgnädigst geruhen werden, da sie ihre Besorgniß, daß ein anderer Hof zuvorkommen mögte, schon seit dem 10 ten Januar v. J. Schriftlich treu=devotest geäußert: So wißen dagegen auch Unterschriebene ihres geringen Theils gar wohl, wie es faft eine moralische Unmöglichkeit gewesen, daß die Reise und Anwerbung des Durchlauchtigsten Prinzen füglich hätte geschehen können, ehe HöchstDieselben noch confirmiret und ehe demnächst die Vermählungs=Feyerlichkeiten der jetzigen Erb=Prinzeßinn von Dännemark Königl. Hoheit zurückgeleget waren. Jetzt da nur


20) S. Heidenheimer a. a. O. S. 459.
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von einer anderen, Gott gebe, zum Wohl und Glück des Herzoglichen Hauses gereichenden Wahl die Rede mehr seyn kann, wiederhohlen Unterzeichnete die in ihrem jüngsten U. P. M. über alle jetzo im Reiche vorhandene Prinzeßinnen Lutherischer Religion gemachte submisseste Äußerung, und halten nach ihrer geringen Einsicht dafür, daß unter selbigen Ihro Herzogliche Durchlaucht dem Durchlauchtigsten Prinzen nun noch mit mehrer Gleichgültigkeit als vorhin, die freyeste [Wahl] füglich laßen können, höchstens aber Demselben dabey nur diese zweyerlei Väterlich zu empfehlen geruhen mögten: 1) Daß, womöglich, keine Gräfinn in die Herzogliche Ahnen=Tafel komme, 2) Daß in der Regul die Gemahlinn nicht älter als der Gemahl seyn sollte, und endlich 3) Daß des Prinzen Durchl. Sich an dem Hofe, wo Ihroselben eine Prinzeßinn gefallen mögte, nicht sogleich persönlich darüber äußern."

Die Meinung, "daß wir unser jetziges Schicksahl nicht würden erlebet haben, wenn man bey Hofe etwas geschwinder und zeitiger zur Sache gethan hätte", äußerte auch Schröder in einem Briefe an den Grafen Bassewitz vom 14. Januar. Er schreibt dann weiter: "Der Herr Geh. R. Praes. v. Moser ist vor Verdruß 14 Tage bettlägerig gewesen. Er hat mir durch den jetzigen Cassellanum ad statum legendi drey originale Briefe der Prinzeß Louise zeigen lassen, deren Inhalt so beschaffen ist, daß man die nachher ganz unerwartet gefasste widrige Resolution nimmer hätte vermuthen sollen. Besagter Herr Geh. R. Praes. und ich sind unter uns dahin einig geworden, daß wir alle zwischen uns verhandelte, hieher einschlagende Briefe gegen einander auswechseln wollen, um das Andenken davon zu tilgen." Dem wurde in Schwerin stattgegeben: im Mai wurden Mosers Briefe ihm zurückgegeben, doch hielt Graf Bassewitz es für rätlich, vorher vidimierte Abschriften derselben anfertigen zu lassen. -

Früher als nach Schwerin gelangte die "unvortheilhafte Nachricht" nach Römhild; sie traf, wie wir sahen, den Prinzen nicht unvorbereitet. Alsbald stattete er den benachbarten Höfen in Meiningen, in Hildburghausen und in Coburg die verabredeten Besuche ab, um die ihm genannten Prinzessinnen zu sehen, "aber an keinem Hofe" - so berichtete Krackewitz am 2. Januar 1775 an den Grafen Bassewitz - "scheinen der Prinz etwas gefunden zu haben, wodurch der gemachte Verlust zu ersetzen wäre. Übermorgen wollen wir den letzten Hof besuchen,

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und nicht nach Gotha sondern gerade nach Roda gehen, weil die 2 Prinzessin sich daselbst aufhalten." 21 )

Diese Fahrt war nicht unbeschwerlich: es galt den tiefverschneiten Thüringerwald und dessen Vorberge zu überschreiten. Als erstes Nachtquartier war Ilmenau in Aussicht genommen, aber diesen Ort zu erreichen war "wegen des tiefen Schnees und der großen Bouge" trotz eines Vorspannes von 4 Ochsen unmöglich, der Prinz mußte in dem Dörfchen Frauenwald nächtigen. Am folgenden Tage wurden mehrmals Bauern gedungen, die Wagen durchzuschaufeln, die aber schließlich verlassen und durch Schlitten ersetzt werden mußten, während Ochsen die leeren Wagen weiter schleppten; doch gelangte man glücklich bis Saalfeld. Der schlimmste Tag war der 6. Januar: zwischen Neustadt und Roda vernotwendigte es sich zuerst, durch Bauern "die hohlen Wege ausbauen zu lassen"; dann, eine halbe Stunde vor Roda, versank der eine Wagen und es mußten große Aufwendungen gemacht und Trinkgelder gespendet werden "für Wagen, Ketten, Fackeln, um den versunkenen Wagen aus dem Waßer wieder herauszubringen",   "an 2 Bauern den Triebsand von den Rädern des versunkenen Wagens abzumachen," "an 6 Bauern die beyden Wagen durch die Bouge hindurch zu bringen und die Fackeln zu tragen",   "an 1 Postillon, der fast eine Stunde in dem Waßer gestanden, um den versunkenen Wagen wieder herauszubringen", "an die beiden andern Postillons wegen der sehr schlechten Wege und gehabten Mühe wegen des versunkenen Wagens" usw. Für diese Unbequemlichkeiten entschädigte dann ein zweitägiger folgenreicher Aufenthalt in Roda: hier im Schlosse fand der Prinz die Lebensgefährtin, die in Karlsruhe zu erringen ihm nicht geglückt war.

Über die Tage in Roda meldete Krackewitz dem Herzoge: "Am 6. gegen Abend kamen wir . . . in Roda an. Den 7. liesen wir uns bey der OberHofMeisterin v. Kospoth melden, und bahten zugleich um Erlaubniß Denen Durchlauchtigsten Prinzessin Cour zu machen, die wir auch erhielten. Mittags


21) Diese beiden Prinzessinnen, Auguste (geb. 30. November 1752) und Louise (geb. 6. März 1756), hatten ihren Vater, den Prinzen Johann August, schon 1767 ihre Mutter Louise, des Grafen Heinrich I. von Reuß=Schleiz Tochter, 1773 verloren, Die Prinzessin Auguste vermählte sich 1780 mit dem verwitweten Erbprinzen Friedrich Karl von Schwarzburg=Rudolfstadt.
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glock 12 wurden wir durch eine fürstliche Equipage abgeholet, und blieben diesen ganzen Tag so wohl als auch den folgenden auf dem Schlosse. . . . Beyde Prinzessin in Roda waren sehr gnädig. Die jüngste ist sehr hübsch, und wenn ich meine Bemerkungen äusern darf, schön in aller Betrachtung. . . . Diese Prinzeß scheinet mir Darmstadt wieder vergessend zu machen."

Am 9. Januar wurde Roda verlassen und bis Jena gefahren, am 10. nächtigte der Prinz in Naumburg, am 11. kam er in Leipzig an, wo er im Hôtel de Bavière abstieg und zwei Tage verweilte. Am Nachmittage des 15. wurde Dresden erreicht - dort logierte der Prinz im Hôtel de Pologne -, während eines dreitägigen Aufenthalts daselbst ein Ausflug nach dem Königstein gemacht. Die nächsten Nachtquartiere waren Großenhain, Wittenberg, Zerbst, Burg. Am 23. mußte "wegen des vielen Eifes ein Detour gemacht" und statt in Havelberg, wie geplant war, vielmehr bei dem Dorfschulzen in Schwitzdorf zur Nacht geblieben werden. Am 24. kam der Prinz bis Perleberg und am 25. traf er wieder in Ludwigslust ein. In der Reisekasse waren an dem Tage noch 15 Louisd’or; die erhielt Stöckhardt "zur Ergötzlichkeit", während Krackewitz ein Geschenk von 300 Talern bekam.

Schon in Leipzig hatte der Prinz über seines Besuch in Roda an den Herzog geschrieben. "Vorgestern als am 11 ten " - heißt es in diesem Briefe - "sind wir von Roda hier eingetroffen. Meine Absicht Warum ich ausgereifet binn scheint wiederum erfüllt zu seyn. Ich habe nun doch in kurzer Zeit drey zweckmäßige Prinzessinnen gesehen, allein ich kann und ich gestehe es auch würklich keine hat mein Hertz mit wahrem attachement gerürt, als die letzte, nehmlich die Prinzes Louise von Sachsen=Gotha . . . Die Art und Weise wie ich darzu gekommen binn Sie zu sehen, werde ich hofentlich in 16 oder 17 Tagen mündlich sagen können. Daher werde ich mich nur jetzt auf der Beschreibung der Prinzes einlassen. Sie ist ungefehr so groß wie meine Schwester, aber weit stärker, und die Gesundheit selbsten. Ihr Verstand, Ihr Caracter und Ihr ganzes Wesen nehmen gleich alle Hertzen vor ihr ein. Sie ist aufgeräumt, und gewiß so ein nobles und gütiges Wesen als eine Frau die Ihren Mann glücklich machen soll nur haben kann. Sollte ich mir nach den gehabten grossen Verlust eine zu haben wünschen so wäre es diese. Denn ich weiß ich habe mich in meiner Wahl nicht übereilt, sondern mein Reisegefährte wird mir das Zeuchniß

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geben können, daß Ihre Schönheit mich nicht verblendet hat, auf Ihrem Hertzen und Ihrer Gedenkungs=Art Acht zu geben. Ich verlasse mich daher auf meines gnädigen Herrn Oncls und meiner gnädigsten Anverwanten Gnade, daß Sie darinn meinen Wünschen willfaren mögen. Ich glaube es wird keinen gereuen, denn wer Sie ein mahl kennt der muß Sie lieb haben. Sie ist So gnädig und gefällig gegen mir gewesen, daß ich es nicht genug beschreiben kann. . . . Sie können daher, mein gnädiger Herr Oncle, wohl denken wie zufrieden ich jetzt wieder binn, ich freue mich daher schon recht sehr zum voraus meine Aufwartung wieder machen zu können, denn am Ende sehnt man sich doch wieder zur Ruhe, besonders wenn man seine Wünsche sehnlichst wünscht erfüllt zu sehen. Denn mein ganzes Hertz wünscht Sie zu haben, und wünscht nur das Glück einer Famille und des ganzen Landes, welches nach aller Wahrscheinlichkeit gewiß wird erreichet werden, wenn die mir so recht herzlich liebe Prinzes mir zuteil würde. . ."

Auf dieses Bekenntnis hin beauftragte der Herzog, im Einverständnis mit den Eltern des Prinzen, den Grafen Bassewitz, die nötigen Schritte zur Anwerbung in Gotha zu tun. Da aber der Prinz bei seiner Rückkehr mitteilte, seine Großmutter in Römhild, mit der er offenbar in Briefwechsel gestanden hatte, wolle Erkundigungen einziehen, "wie eine etwanige Anwerbung um die Printzeßin Louise von Sachsen Gotha werde aufgenommen werden", wurde GraS Bassewitz angewiesen, das Anwerbungsschreiben nicht eher abgehen zu lassen als bis ein Brief der verwitweten Herzogin von Coburg eingegangen sei.

Am 20. Februar fragte Stöckhardt beim Herzoge an, wie lange er noch dem Prinzen Wissenschaften vorzutragen haben werde. "Mein bisheriger mündlicher und schriftlicher Vortrag" - so führte er aus - "ist größtentheils nur eine Vorbereitung auf die Hauptwißenschaften gewesen, als wohin ich vorzüglich das Teutsche Staatsrecht, die Cammeral=Wißenschaften, die Statistik und eine christliche Politik rechne. Von diesen 4 Wißenschaften wünschte ich dem Durchlauchtigsten Prinzen wenigstens die ersten Grundzüge mündlich und schriftlich zu entwerfen; ingleichen die lateinischen und juristischen Ausdrücke in dem Landesvergleiche, wie auch die vornehmsten Grund=Regeln zu erklären, die bey Lesung der Acten und allerhand schriftlicher Aufsätze zu beobachten sind. Geruhen nun Ew. Herzogliche Durchlaucht gnädigst mir bekannt zu machen, wie lange ich un=

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gefär noch das Glück habe dem Durchlauchtigsten Prinzen Unterricht zu geben, so könnte ich den Vortrag so einrichten, daß alle nur gedachte Wißenschaften noch durchgegangen würden. . . . Unterdeßen werde ich fortfahren mit den lateinischen Briefen über die Logic, und sie nach und nach zur ferneren gnädigsten Beurtheilung zu Füßen legen . . . ."

Welche Antwort Stöckhardt auf seine Anfrage erhielt, wissen wir nicht; vermutlich hat man ihn dahin bedeutet, daß während der schwebenden Vermählungsverhandlungen von teutschem Staatsrecht, christlicher Politik und lateinischen Briefen über die Logik nicht wohl die Rede sein könne. Das könnte man daraus schließen, daß am 20. Februar ein Pro memoria ad regimen erging, Serenissimus seien der Entschließung geworden, den Informator Stöckhardt zum Sekretär des Prinzen zu ernennen, "jedoch unter dem Bedinge, daß er bey des vorgedachten Printzen Durchl. so lange verbleiben und HöchstIhro CaßenBerechnung führen müste bis sich zu seiner anderweiten Versorgung eine Gelegenheit finden würde". Die Geneigtheit, ihm diese anders weitige Versorgung zu verschaffen, hat Herzog Friedrich wiederholt bekundet. Am 5. Juni 1777 "gewärtigten Serenissimus eine gutachtliche Anzeige: Ob der Secretair Stockhardt wohl als Regierungs= und Canzley=Fiscal zu gebrauchen und anzustellen seyn mögte?" Aber Regimen erwiderte, "daß eines Theils keine Stelle eines Regierungs= oder Canzley=Fiscals vacant sey, und daß andern Theils dieser gute Mann, als ein Fremdling in der Mecklenburgischen Rechtsgelehrsamkeit und Praxi, wohl so wenig die letztere, als noch viel weniger die erstere mit Nutzen zu verwalten im Stande seyn dürfte." Am 21. Juli desselben Jahres übersandte der Herzog Regimini das Gesuch Stöckhardts um die durch den Tod des Akziserats Eschenbach erledigte Stelle zum Erachten: auch das verbaten die Geheimen Räte. Endlich befahl der Herzog im November 1778, daß Stöckhardt die erbetene Anwartschaft auf die Postdirektorstelle in Güstrow gegeben werde, und in der Tat erscheint er, der am 19. Februar 1779 auf seine Bitte den Charakter als Hofrat bekommen hatte, von 1780 bis 1806 in Güstrow als Postdirektor, um dann aus dem Staatskalender zu verschwinden. -

Das sehnlich erwartete Schreiben der verwitweten Herzogin von Coburg traf endlich am 26. Februar in Ludwigslust ein. Die Herzogin hatte ihre Erkundigungen an der zuverlässigsten Stelle am Gothaer Hofe eingezogen, bei der Oberhofmeisterin v. Buchwald, die seit Jahrzehnten dort eine Vertrauensstellung

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einnahm, bei der ganzen fürstlichen Familie und am Hofe unter dem Namen "la Maman" bekannt. 22 ) Diese stellte einen günstigen Erfolg in bestimmte Aussicht und so erging denn durch ihre Vermittlung - entgegen der Ansicht der Geheimen Räte, die die Überreichung durch einen Spezialgesandten für angemessener gehalten hatten - das vom 28. Februar datierte offizielle Anwerbungsschreiben gleichzeitig an den regierenden Herzog Ernst und an den Vormund der Prinzessin, den Prinzen Moritz, den jüngeren Bruder ihres Vaters. Am 6. März teilte Herzog Ernst der Prinzeß Louise den Inhalt des "nur eben eingelangten" Schreibens des Herzogs Friedrich mit, dabei bemerkend, daß er "Dero Herrn Vormunds des Prinzen Moriz Lbden. ebenfalsigen Beyfalls bereits vorläufig versichert" sei, und am 7. gab die Prinzessin ihr Jawort, wie Herzog Ernst am 8. nach Ludwigslust meldete.

Als Beweggrund für ein möglichst abgekürztes Verfahren hatte das Anwerbungsschreiben "die gar zu lebhafte Ungeduld des Prinzenn samt der gleichmäßigen großen Begierde des ganzen Herzoglichenn Hauses, die so glückliche Verbindung je eher je lieber geschloßen zu sehen" bezeichnet. So drang denn nun auch der Prinz auf tunlichst baldige Vermählung und er fand dafür lebhafte Unterstützung bei Herzog Friedrich, dem gleichfalls ein langes Hinausschieben der Hochzeit vom Übel zu sein schien und der dem Herzog von Gotha den Wunsch aussprach, "daß das Beylager, zu dessen Vollziehung der Prinz, jedoch nur auf zwey bis drey Tage, nach Gotha kommen würde, ohngefehr schon um Ostern 23 ) mögte seyn können". Dem wurde aber von gothaischer Seite widersprochen; Herzog Ernst äußerte die Besorgnis, "daß der von Ew. Liebden bemerkte Termin der Prinzeßin Liebden allzukurz angesetzt scheinen werde; jedoch hoffen Wir, daß der Vollzug zwischen Ostern und Pfingsten noch allemahl möglich zu machen seyn wird." Daraufhin überließ Herzog Friedrich die Bestimmung des Tages des Beilagers dem Herzog Ernst, der zunächst allgemeiner die Woche nach Cantate und weiterhin genauer den 19. Mai vorschlug, womit sich Herzog Friedrich einverstanden erklärte.

Auf diese Abmachung hin machte sich der Prinz, der unter dem Namen eines Grafen von Grabow reiste, am 8. Mai von Ludwigslust aus auf den Weg nach Gotha. Seine Suite bestand aus dem Kammerherrn v. Bülow, dem Kammerjunker von


22) Vgl. Beck in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd.3 S.494.
23) Ostern fiel 1775 auf den 16. April.
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Rantzau, dem Sekretär Stöckhardt, dem Kammerdiener Wendt, einem Läufer und zwei Lakaien. Herzog Friedrich hatte es nötig gefunden, daß der Prinz auf der Hinreise bei seiner Großmutter in Römhild vorspreche; die Prinzessin Charlotte wünschte, daß bei dieser Gelegenheit auch ihrer mit dem Markgrafen Alexander von Brandenburg=Ansbach=Baireuth vermählten jüngeren Schwester Karoline in Ansbach ein Besuch abgestattet werde - ein Gedanke, der dem Herzog sehr gefiel, den er aber aufgab, als man dagegen geltend machte, daß dieser Abstecher zu viel Zeit erfordern werde. Jedenfalls aber sollte Leipzig berührt und dort ein Teil der Geschenke gekauft werden, deren man für Gotha bedurfte. Am 18. Mai sollte der Prinz in Gotha eintreffen; am 17. oder in der Frühe des 18. Mai sollte - so sagt das "Pro Memoria was überhaupt auf der Reise des Prinzen nach Gotha und von da zurück wie auch bei Ihro dortiger Vermählung und Anwesenheit zu beobachten seyn mögte" - der Kammerjunker v. Rantzau vorweg nach Gotha fahren, sich dort melden und so stellen, als wolle er in der Stadt ein Quartier für den Prinzen suchen, sich aber allenfalls auf erhaltenen Befehl die Anweisung der Zimmer bei Hofe gefallen lassen.

Das Reiseprogramm aber erfuhr einige Änderungen. Zunächst wünschte Herzog Ernst, daß der Aufenthalt des Prinzen in Gotha nicht auf die ursprünglich bestimmten zwei bis drei Tage beschränkt werde, und Herzog Friedrich beeilte sich, das zuzugestehen. Sodann wurde die Komödie des Quartiersuchens hinfällig durch den feierlichen Empfang, den Herzog Ernst dem Prinzen schon an der Grenze seines Landes bereitete. Eine Störung der Reise bewirkte endlich der unliebsame Umstand, daß am 12. Mai zu LangensaIza die Tante des Herzogs Ernst, die Herzogin Friederike von Weißenfels, eine geborene Prinzessin von Gotha, Witwe Johann Adolfs II., des letzten Herzogs von Sachsen=Weißenfels, starb, und Herzog Ernst mit der schleunigsten Meldung dieses Todesfalles die dringende Bitte verband, die Hochzeit um 10 bis 12 Tage zu verschieben. Damit mußte sich Herzog Friedrich natürlich einverstanden erklären; er stellte dem Herzog Ernst anheim, den Vermählungstag "nach den eingetretenen Umständen" zu bestimmen, gab aber der Hoffnung Ausdruck, ,,es werde die Erfüllung seiner Wünsche, die Prinzessin Louise kennen zu lernen, nicht gar zu weit hinaus=gesetzet werden". Er erfuhr dann alsbald, daß Herzog Ernst die Vermählung auf den 1. Juni anberaumt habe.

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Die Nachricht von dem Ableben der Herzogin Friederike erhielt der Prinz in Leipzig, wo er am Abend des 10. Mai angelangt und im Hôtel de Bavière abgestiegen war. Dorthin wurde alsbald der Oberbereiter Eggers mit der Trauerkleidung für den Prinzen und die Kavaliere gesandt. Der Kammerherr v. Bülow, der den Empfang der Trauerbotschaft nach LudwigsIust gemeldet und um weitere Verhaltungsmaßregeln gebeten hatte, wurde angewiesen, so lange in Leipzig zu bleiben, bis es Zeit sei, nach Gotha aufzubrechen. Dieser unerwartete Aufenthalt war übrigens ganz nützlich, denn die gesandte Trauerkleidung erwies sich als unzureichend und konnte in Leipzig, wo es auch sonst noch allerlei zu kaufen gab, 24 ) ergänzt werden. Am 22. abends erfolgte die Weiterreise und am Mittwoch, den 24. Mai, abends halb 7 Uhr, traf der Rrinz in Gotha ein. 25 ) Schon auf der Grenze bei Gamstedt war er von dem Forstmeister v. Leutsch mit seinen Oberförstern und allen Forstbedienten des Gothaer Forstamtes empfangen worden; diese ritten dem Wagen bis zum Schlosse Friedenstein vor. Dort, an der Collegientreppe, begrüßten ihn Herzog Ernst, die Prinzen August und Moritz, die Minister und sämtliche Kavaliere und geleiteten ihn erst in seine Gemächer, dann nach einigem Aufenthalt in die Zimmer der Herzogin Charlotte, wo auch die Prinzessinnen Auguste und Louise - letztere weilte auf Friedenstein seit dem 4. April - anwesend waren. Nach der Begrüßung begab man sich zum Spiel und schließlich zur Tafel im Spiegel=saal. Zur Aufwartung beim Prinzen wurden befohlen der Kammerjunker v. Thümmel und der Page v. Plessen.

Am 25. wurde die formelle Verlobung mit Galadiner und Cour gefeiert, am 29. war ein Hofball und am Donnerstag, den 1. Juni, 26 ) fand die Vermählung statt. Die "Nachricht von dem Ceremoniel und andern Solennitäten" bei dieser Gelegenheit im Fourierbuch besagt darüber:

"Am VermählungsTage war Mittags ordinaire Tafel und Kleidung. Die Durchlauchtigsten Herrschaften . . . speiseten


24) Der Prinz kaufte u. a. für 3 Rtlr. 8 Gr. Landkarten, einen Trauring für 2 Rtlr. 12 Gr., und für 4 Rtlr. 12 Gr. "1 weiß Portrait des Seel. Hrn. Professor Gellert en biscuit mit Gold" nebst Futteral.
25) Die nachfolgenden Angaben entnehme ich dem auf der Herzoglichen Bibliothek in Gotha aufbewahrten und mir gütigst zur Verfügung gestellten "Fourier=Buch vom Quartal Trinitatis 1775".
26) Dieses Daturn bezeugt das Fourierbuch. Es ist also ein Irrtum, wenn Wigger in Bd. 50 der Jahrbücher S. 306 angibt "am 31. Mai (nicht am 1. Juni)".
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en retraite im AudienzGemach des 1 sten Appartements an einem Täfelchen. . . . Die übrigen Dames und Cavaliers speiseten im Spiegel=Saal an einer HofMarschallsTafel von 23 Couverts.

Nachmittags um 5 Uhr erschien der gantze Hof, Ministres, Darnes und Cavaliers, auch sämtliche Dames und Fräuleins aus der Stadt und die adelichen Officiers in Galla bey Hof.

Die Durchl. Herrschaften versammleten Sich im 2 ten Appartement der Durchl. Herzogin, wohin Sich die Fürstl. Braut gleich inwendig aus Dero anstoßenden Zimmer begeben hatte, worauf der Herr OberMarschall von Studnitz und der Herr HofMarschall von Franckenberg mit Marschall=Stäben Serenissimo meldeten, daß zur Trauung alles bereit wäre, und HöchstDieselben verfügten Sich unter Begleitung der Durchl. Prinzen und unter Vortretung des ganzen Hofes und den Marschällen mit Stäben, in die Zimmer des Durchl. Bräutigams, und holten solchen auf gleiche Art in das zur Trauung praeparirte AudienzGemach. . . .

Das AudienzGemach war folgender Gestalt arrangiret:

In der Mitte gegen den Fenstern zu war ein carmoisin samtner, mit goldenen Tressen bordirter Teppich, auf welchem der AltarTisch, von gleichen Samt und auch mit Gold bordiret, vor diesen aber die TrauungsBank, von reichen Stoff mit goldenen Franzen stund.

Auf jeder Seite die Länge gegen die Thür zu, stunden 4 Stühle. Die zur Rechten vor die Durchl. Braut, die Durchlauchtigste Herzogin, desgl. vor die Durchl. Prinzeßin Louise, und die Durchl. Prinzeßin Auguste von Roda. Die zur Linken aber vor den Durchl. Bräutigam, den Durchlauchtigsten Herzog, den Durchl. Prinz August und den Durchl. Prinz Moritz.

Hinter den Stühlen der Durchl. Dames hatten sich die Frau OberhofMeisterin Exc., die fremden Dames, die Darnes der erstern 3 Classen und die HofDames, und hinter den Durchlauchtigsten Herren die fremden Cavaliers, die Ministres und die übrigen der erstern 3 Classen rangiret.

Die übrige Noblesse blieb im Vorgemach bey eröffneter Thür des TrauungsGemachs.

Dem Altar oder Geistlichen gegen über im TrauungsGemach, gegen die Thür zu, stunden die obbemeldeten Marschälle mit ihren MarschallsStäben.

Nachdem nun alles jezt gedachter masen rangiret war, stund die Durchl. Braut Von Ihrer und der Durchl. Bräutigam

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von Seiner Seite auf, und stelleten sich vor die zur Trauung destinirte Kniebank.

Hierauf verrichtete der Herr GeneralSuperintendent Stölzel die Trauung, ohne eine besondere Rede.

Gleich nach vollendeter Trauung wurde von einem Hof=Trompeter das Signal zur lntrade denen Trompeters und Paukern gegeben, welche sich alsbald in 2 Chören auf den hierzu im Schloßhof errichteten, und mit rothen Tuch behängten, Trompeter Balcons, die HofTrompeters auf dem einen und die GardeTrompeters auf dem andern, so lange hören liesen, bis die Salven aus den schweren Canonen, welche alsobald auf dem SchloßWall 3mal rings herum, zusammen in 63 Schüssen gelöset wurden, vorüber waren.

AIs vor der Trauung Serenissimus obbeschriebenermaßen um den Fürstl. Bräutigam abzuhohlen sich in deßen Zimmer erhuben; desgl. als Sie den Durchlauchtigsten Bräutigam her=über zur Trauung führeten, nicht weniger während der Trauung paradirte die LeibGarde zu Pferde, im äußern Vorgemach, unter Commando ihres Majors, Herrn Cammerherrn von Keßel und noch 2 Officiers.

Nach der Trauung und angenommenen Glückwünschen, wurde in diesem Appartement, bis Durchlauchtigste Herrschafften Sich zur Tafel erhoben, gespielet.

Um 8 Uhr wurde von denen Paukern auf den Trompeter= Balcons zum erstenmal zur Tafel geschlagen, um halb 9 Uhr das 2 te mal, und um 9 Uhr von beyden Trompeter Chören gewöhnlich ausgeschlagen und geblasen.

Hierauf trug die Garde den ersten Gang des Eßens unter Anführung eines Wachtmeisters. Wie sie auch den 2 ten Gang aus der Küche und das Confet, beydemal, unter Anführung eines Officiers an die Tafel trug.

Nach erfolgter völliger Servirung der Tafel, welche mit neuen SilberService . . . serviret, wurde solches vom Herrn OberMarschall der Durchl. Herrschafft gemeldet. Dieselben erhoben Sich . . . unter Vortretung des ganzen Hofes und der Marschälle mit Stäben, wobey die LeibGarde wieder auf die Art, wie oben gemeldet worden, paradirte zur Tafel. . . .

Als die Durchl. Herrschafften in den Saal waren, wurde den Cavaliers und Officiers, welche, bis an die Tafel, geleuchtet hatten, die Leuchter von hierzubestellten Pagen abgenommen, und hierauf rangirten sich diese Cavaliers und Officiers hinter die Stühle der Fürstl. Personen. . . . Nachdem solches geschehen,

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presentirten die zum WaßerServiren bestellten Cavaliers den Durchl. Herrschaften die Servietten zum Waschen auf Credenz=Tellern. . . . Wärend der WaßerServirung stunden die beyden Marschälle mit den Stäben der Durchlauchtigsten Herrschafft gegen über und zwischen denselben der Page zum Bethen, der, so bald die WaßerServirung geschehen war, solches verrichtete. Hierauf rückten die obbenanten HofCavaliers und die Ofticiers, welche geleuchtet, auch Handschuh und Hüthe abgenommen hatten, den Durchl. Herrschafften die Stühle, und nachdem sich Selbige gesetzt, auch alle übrigen, welche an diese Tafel gezogen wurden, Platz genommen hatten, stellten sich die Marschälle mit ihren Stäben, die Darnes, so die Schleppe getragen, die Servirenden Cavaliers und der ganze Hof hinter die Herrschafft und blieben stehen, bis Sich selbige das Trinken geben laßen. . . .

Sobald die Durchlauchtigsten Herrschafften Sich das Trinken hatten geben laßen, giengen die Marschälle mit dem ganzen Hof, ingleichen die Cavaliers so Servirt hatten, ab, und verfügten sich mit den übrigen Dames aus der Stadt an ihre Tafeln.

Da keine Gesundheiten aus grosen Gläsern ausgebracht, folglich keine Canonen weiter gelöset wurden, so hat die Capelle bey Tafel aufgewartet."

An der herzoglichen Tafel speisten 24, an der Obermarschallstafel 22, an der Hofmarschallstafel 24, an der Reisemarschallstafel 25 und an einer "Bey=Tafel" 17 Personen. "Bey 2 ten Gang des Eßens an der Herzogl. Tafel kamen die beyden Marschälle mit ihren Stäben und die Cavaliers welche das Trinken Servirt wieder hinter die Herrschafft, und sobald Serviret war, verfügten sich dieselben wieder an ihre Tafeln, und bey Servirung des Confet kamen solche mit den ganzen Hofe, und den 2 HofDames so die Schleppe zu tragen hatten, wieder und hielten sich hinter der Herrschafft, bis solche auf stunden. Sogleich nach dem Aufsteigen und sobald sich die Marschälle mit dem Pagen zum Bethen auf ihren Platz gestellet hatten, geschah die WaßerServirung zum Waschen, wie vor der Tafel, und nach diesen wurden denen Herrschafften die Handschuh und Hüthe von denen Cavaliers, so ihnen die Stühle abgerückt hatten, wieder gegeben und wie solches geschehen verrichtete der Page das Gebeth.

Hierauf verfügten sich die Herrschafften unter Vortretung des ganzen Hofes auf dieselbe Art, wie sie zur Tafel gegangen waren, in das BrautGemach, so auf der SteinCallerie, neben

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den Zimmern des Durchl. Bräutigams, war, und die Leibgarde zu Pferde paradirte nun im Vorgemach der Churfürstl. Zimmer bis auf die SteinGallerie beym Durchgehen wieder auf gleiche Weise wie vor der Tafel, und hiermit endigte sich die öffentliche Solennitat dieses feyerlichen Tages.

Der Durchl. Prinz hat bey Dero Ankunfft 2 Gardes du Corps zur Wache vor Dero Zimmer bekommen, am Trauungs= Tage aber ist ein Unterofficier mit 6 Mann zur EhrenWache gestellet worden, und hat beym Aus= und Eingehen vor die Durchl. Neuvermählten die Honneurs gemacht; und diese Wache isl bis zur Abreise des Durchlauchtigsten Prinzen stehen blieben.

Tages darauf, als Freytag den 2 ten Jun. war wiederum Calla, jedoch ohne Servirung und ohne Solennitaeten. . . . Abends war Bal paré im Tafelgemach. . . Der Fürstl. Bräutigam eröffnete mit der Fürstl. Braut den Bal, denen hierauf die übrigen Durchlauchtigsten Herrschafften nebst Dames und Cavaliers folgten. Um 10 Uhr erhoben sich die Durchlauchtigsten Herrschafften in den SpiegelSaal zu Tafel. . . . Nach der Tafel wurde nicht weiter getanzt, sondern die Durchlauchtigsten Neuvermählten und sämmtliche Herzogliche Herrschafft retirirten sich.

Nota: Serenissimus haben diese beyden Tage über dem Durchlauchtigsten Brautpaar den Vortritt gelaßen.

Sonnabends den 3 ten Junii war der Hof wieder in ordin. Kleidung und es wurde auch wieder wie ord. gespeißet; welches auch also geblieben bis der Durchl. Mecklenb. Prinz mit Dero Durchl. Frau Gemahlin abgereiset.

Sontags den 4 ten Jun. als den 1 sten PfingstFeyertag ist in der Herzogl. SchloßKirche, in der Stadtkirche, und nach höchster Verordnung auch in Altenburg in der Herzogl. Schloßkirche und in den Stadtkirchen, nicht weniger in Roda als dem WohnungsOrt der Durchl. Prinzeßin das Te Deum laud. mit Trompeten und Pauken dieser hohen Vermählung wegen gesungen und ein apartes Dankgebet nach der Predigt gehalten worden.

Sontags Abends nach dem Souper verfügten Sich sämmtliche Durchl. Herrschafften in die Zimmer der Durchl. Neuvermählten, woselbst Dieselben von einander Abschied genommen haben.

Worauf, gegen 12 Uhr, der Aufbruch zur Abreise geschah. Serenissimus begleiteten die Durchl. Prinzeßin mit Dero Herrn

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Gemahl, in Begleitung Prinz Augusts Durchl. und Sr. Durchl. Prinz Moritz unter Vortretung des ganzen Hofes bis an den Wagen unten an der CollegienTreppe; und hierauf reiseten Dieselben ab.

Der OberForstMeister Herr CammerJunker von Leitsch ritte denselben mit den OberFörstern und Forstbedienten des hiesigen Forstamts bis auf die Höhe bey Wiegleben wieder vor, woselbst selbige von dem Durchl. Prinzen beuhrlaubet worden sind." -

In Mecklenburg war der 1. Juni von der Universität Bützow festlich begangen worden. Man hatte eine musikalische Feier veranstaltet, Martini hatte eine Einladungsschrift verfaßt, Tychsen die schon oben erwähnte Rede gehalten. Die zu dem allen erforderlichen Kosten hatte der Herzog auf Bitten der Universität bewilligt. In Schwerin hatte der Buchhändler Joh. Nikolaus Karl Buchenröder "Mecklenburgs Vorzüge in einer parallelischen Vorstellung von Mecklenburg und Gotha in ihren Durchlauchtigsten Fürsten" gepriesen, die "beyden Geistlichen Hirten bey der Catholischen Schwerinischen Gemeinde" Hermann Joseph Frings und Aegid Dechêne hatten ein Hirtengedicht überreicht, und ein ungenannter "unterthänigster Knecht aus Güstrow" hatte eine Ode gespendet - eine überraschende litterarische Enthaltsamkeit im Vergleich mit der oratorischen und poetischen Hochflut, die bei der Vermählung der Schwester des Prinzen über Mecklenburg hereingebrochen war.

Den Tag der Vermählung durch etwas Außerordentliches zu feiern, hatten "die Alter=Leute und sämtliche Mitgenoßen der Älteren Schützenzunft" lebhaft gewünscht. Die Schützenzünfte hatten unter Herzog Friedrich keine guten Tage. Er gestattete ihnen zwar das Scheibenschießen, aber eine seiner ersten Regierungshandlungen war gewesen, daß er in den Städten des Fürstentums Schwerin die Abhaltung der Schützenfeste mit ihrem feierlichen Aus= und Einmarsch und den an sie sich anschließenden Volksbelustigungen verbot, weil sie zu mannigfachen Ausschweifungen Veranlassung gäben. 27 ) Gleichwohl hatte er - auf wessen Befürwortung hin erhellt nicht - am Vermählungstage der Prinzessin Sophie Friederike der Schweriner Schützenzunft einen Aufmarsch mit wehenden Fahnen gestattet und dadurch ihren alten Wunsch neu belebt, es möge


27) Vgl. Fromm, Chronik der Haupt= und Residenzstadt Schwerin S. 288 f.
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der ehrwürdige Königschuß wieder alljährlich gestattet werden. Diesem Wunsche lieh ein dem Prinzen Friedrich Franz damals "von der alten und jüngeren Schützenzunft in tiefster Ehrfurcht gewidmetes", für die damaligen Schweriner Verhältnisse opulent ausgestattetes Gedicht beredten Ausdruck:

Sieh, Prinz! Wie heut im wimmelnden Gedränge
Vom ew’gen Christian Ludewig
Die Fahne ftiegt;- fühl das Gefühl der Menge,
Dein Herz vermag es, Friederich!
An Deiner Schwester hohem Blumen=Feste
Floß Friedrichs Gnad auf uns herab;
Und jeder Bürger ruft: Er sey der beste
Fürst, den des Himmels Huld uns gab.
Sieh, wie sie fliegt! - ein Zeichen Seiner Gnade,
Womit Dein Oncle diesen Tag
So hold bemerkt; - den festlichsten der Tage
Den noch der Enkel feyern mag.
Prinz! laß uns jährlich diesen Tag zu feyern
Uns Deine Gnade angedeyn:
Sprich Du für uns, und laß, wenn wir ihn feyern
Uns dabey unsrer Fahnen freu’n.
Sehn wir Dich dann (das hoffen wir nicht wenig)
In unsrem Zirkel huldvoll stehn,
Und siehest Du der Zünfte frohen König
In seiner güldnen Kette gehn;
Dann jauchzet Dir der Bürger froh entgegen,
Dir, seinem theuren Friederich!
Wirst Blumen Dir auf Deinen heil’gen Wegen
Und jeden Segens=Wunsch auf Dich.
Und ruft: Heil Ihm, dem Prinzen! Ihm gehöret
Der Bürger Herz - die erste Pflicht.
Er sprach für uns - und, Bürger! Was gewähret
Fürst Friedrich seinem Liebling nicht.

Daß der Prinz sich wirklich bei seinem Oheim zum Dolmetscher der Wünsche der alten und jüngeren Schützenzunft gemacht habe, muß bezweifelt werden, denn als sie jetzt wissen ließ, sie wolle am Einzugstage des Prinzen ihr erstes diesjähriges Scheibenschießen abhalten und die Erlaubnis "zu einem feierlichen Ausmarsch nach dem Schützenhofe nicht nur für diesen festlichen Tag, sondern zum immerwährenden frohen Andenken desselben auch den jährlichen Tag ihres sog. Königsschusses mit freiem Ausmarsch" erbat, da erhielt sie einen glatten Abschlag.

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Doch nun nahmen sich die Geheimen Räte ihrer an. Sie wurden beim Herzog vorstellig: das Scheibenschießen der Schützenzunft, von der Prinz Friedrich Franz selber Mitglied sei, finde jedes Jahr statt, zum Teil in Gegenwart der Schweriner fürstlichen Herrschaften; der Unterschied von dem petitum bestehe also nur in der Berahmung dieses jährlichen Scheibenschießens auf den Vermählungstag und in dem feierlichen militärischen Ausmarsch, der ein wahres Volksfest und ein sehr unschuldiges Soldatenspiel sei. In der Tat gelang es ihnen, den Herzog wenigstens teilweise umzustimmen: es wurde der Schützenzunft zugestanden, ihr beabsichtigtes Scheibenschießen anzustellen "und sodann für dieses Mahl nach miltairischer Art feyerlich auszumarschiren. Euer Suchen wegen des sog. jährlichen Königs= Schusses aber hat nicht Statt." Auch solle bei Gelegenheit des Festes "so wenig das Würfel= als irgend ein anderes Spiel" gestattet sein.

Für den festlichen Empfang des jungen fürstlichen Paares hatte man sich in Schwerin schon lange - da als Tag der Ankunft ursprüglich der 27. Mai angenommen war - vorbereitet. Der feierliche Einzug sollte sich möglichst in denselben Formen vollziehen wie seinerzeit der des Prinzen Ludwig und seiner Gemahlin im Jahre 1755; deshalb wurde der schon ergangene Befehl an den Superintendenten und Konsistorialrat Menckel, daß während des Einzuges mit allen Glocken geläutet werden solle, zurückgenommen, da sich herausstellte, daß damals das Geläute unterblieben war. Im übrigen hatte der Generalmajor v. Both den Befehl erhalten, die Wache am Mühlentor zu verstärken und die durch Mannschaften aus Bützow und Boizenburg verstärkte Garnison auf der Reitbahn paradieren zu lassen. Der Oberstleutnant v. Schuckmann sollte am Tage der Ankunft und dem nächstfolgenden Tage jedesmal einen Ritt= meister und einen Leutnant mit zugehöriger Mannschaft zur Wache kommandieren. An Bürgermeister, Rat und Gericht der Alt= und Neustadt erging die Ordre, die Bürgerschaft solle sich im Gewehr befinden und den Weg vom Schmiedetor an über den Markt, die Königs= und Schloßstraße bis zur Brücke bei dem Hause des Postverwalters Prosch an beiden Seiten besetzen - ein Befehl, der Bürgermeister und Rat zwar hoch erfreute, gleichzeitig aber zu der Bitte nötigte, der Bürgerschaft die nötigen Kurz=Gewehre, Flinten, Degen usw., an denen es mangele, leihweise aus dem Zeughause zu überlassen. Der Rat seinerseits erbat und erhielt die Erlaubnis, eine Ehrenpforte

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auf dem Markt zu errichten; er plante auch eine allgemeine Illumination der Stadt, die aber abgelehnt wurde. 28 ) Der Kaufmannschaft wurde gestattet, "das neu=vermählte Fürstliche Ehe=Paar durch ein aus ihren Mitteln zu errichtendes Corps von 24 Mann zu Pferde, in rothen Röcken mit Paille=Unterkleidern und besetzten Hüten feyerlich einzuholen", nur sollte sie nicht, wie sie gedacht hatte, mit in den Schloßhof hinein, sondern, vor der Hufareneskorte, nur bis an die Schloßhauptwache mitreiten dürfen. -


28) Das darauf Bezug habende U. P. M. der Geheimen Räte vom 10. Mai, citissime nach Ludmigslust gesandt, ist interessant genug um mitgeteilt zu werden, "Gestern gegen Abend meldete sich bey den Unterzeichneten der Bürgermeister Brandt hieselbst und zeigete an, wie der hiesige Magistrat anfänglich darauf verfallen wäre, bey der bevorstehenden Ankunft des neuen Fürstlichen Ehepaars eine Illumination ansagen zu lassen; Nachdem er aber die große Anmuth in Betrachtung gezogen, in welcher der geringere Theil der hiesigen Einwohner bekanntlich lebete; So fände er eine allgemeine Ansage gewißermaaßen bedenklich und höchstens mehr nicht möglich, als daß man denen, die eine Illumination veranstalten wollten, solche freystellen und sodann von Stadt wegen ins besondere das Rath=Haus erleuchten mögte; Um jedoch höchster Genehmigung nicht zu verfehlen, wollte Magistratus dieserhalb zuvor unterthänigst angefraget haben und bäte wegen kürze der Zeit um schleunigste Resolution. Unterzeichnete haben ihm darauf geantwortet, daß sie von diesem Antrag heute unterthänigst zu berichten und dem Magistrat die Höchste Herzogliche Entschließung demnächst zu eröffnen nicht unterlaßen würden. Bisher hat man bey allen so wohl unter voriger als lediger Regierung vorgemesenen Feyerlichkeiten sich hieselbst auf eine Illumination niemals eingelaßen, eines Theils um der Besorgniß willen, daß nach Beschaffenheit der hiesigen Menge von schlechten allesamt in Holz gebaueten Häuser, wenn die Bewohner herausliefen um die übrige Stadt zu beseben, gar zu leicht ein recht großes Unglück daraus entstehen könnte und andern Theils, weil in Vergleichung mit den Städten Rostock, Wismar und Güstrow, welche sich wegen der großen massiven Giebel=Häuser beßer dazu schicken, aus einer Illumination in Schwerin, wo die wenigen guten Häuser mit so vielen schlechten, von einer Etage untermenget sind, etwas rechtes doch nicht heraus kommen könnte, und weil man daher jedesmal für beßer gehalten hat, damit gar nicht anzufangen, als etwas schlechtes zu machen, das sich für Sternberg oder eine andere kleine Land=Stadt beßer als für die Herzogliche Residenz=Stadt Schwerin schicken und die etwa anwesenden Freunden nur zu Critiques veranlaßen dürfte. Da zu diesen allgemeinen Ursachen, warum bey allen vorigen hiesigen Feyerlichkeiten von einer Illumination dieser Stadt wohlbedächtlich beständig ist abstrahiret worden (: außer daß man im Monat October v. J. während des damaligen hiesigen Jahrmarkts, einst die Häuser am Markte der hiesigen Alt=Stadt auf eine so erbärmliche Art vermeintlich erleuchtete, daß man sich für die anwesenden fremden Kaufleute schämen mußte :), jetzt noch folgende besondere Bedenklichkeiten hinzukommen: 1) daß der Magistrat selbst eine (  ...  )
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Die Reise der Neuvermählten von Gotha nach Schwerin ging über LangensaIza, Mühlhausen, Göttingen, Northeim, Seesen, Braunschweig, Gifhorn - dort zerbrach einer der Wagen, so daß eine Kammerjungfer, der Kammerdiener Wendt und der Sekretär Stöckhardt zurückbleiben mußten - und Ülzen nach Dömitz. An der Landesgrenze, in der Fähre bei Dömitz, wurde die Prinzessin durch einen Abgesandten des Herzogs, den Oberkammerjunker v. Klein, empfangen und bewillkommt, mit einer kleinen Husareneskorte unter dem Kommando des Rittmeisters Köpke nach Neustadt geleitet und dort bewirtet. In Neustadt wurde das Nachtquartier genommen. Am folgenden Tage, dem 10. Juni, einem Sonnabend, machte sich das junge fürstliche Paar auf den Weg nach Schwerin, "in etwas besseren als den Reiseequipagen von Neustadt abgeholt" und bis zum Ortkrug von derselben Mannschaft wie Tags zuvor, von da ab von einer ganzen Escadron Husaren escortiert. Gegen Abend wurde Schwerin erreicht, "da dann der Zug durch die Vorstadt, Schmiede=Thor über den Markt durch die an beiden Seiten der Gaßen paradirende Bürgerschafft nach dem Schloße gehet" - so heißt es im "Plan wie die Feyerlichkeiten des Einzugs bei der HeimFührung der Künftigen Gemalin des Durchl.


(  ...  ) allgemeine Ansage, wegen der vielen blutarmen Einwohner, die gleichwol nach hiesiger Art eigene kleine Häuser bewohnen und die Miethe guten Theils zusammen betteln, für bedenklich erkläret, 2) daß von denen Honoratioribus und Wohlhabenden, die allenfalls hin und wieder ein Haus illuminiren könnten, bis auf zwey oder drey nach, die schon etwas dazu vorräthig haben sollen, kein Mensch bisher davon ein Wort gewußt und also niemand die geringste Anstalt dazu gemacht hat, 3) daß jetzo die Zeit von etwa 14 Tagen allen Leuten, und selbst Ihro Herzogl. Durchl. in Ansehung der vielen und großen Herzoglichen Häuser und Gebäude, noch mehr aber den gesamten Herzoglichen Bedienten, die sich doch mit etwas unanständigem nicht gerne lächerlich machen mögten, zu einer anständigen Veranstaltung viel zu kurz fallen würde, nicht zu geschweigen 4) daß die jetzige Jahres=Zeit, wo die Tage so lang sind, eine Illumination nur sehr späte gestatten würde; So vermuthen Unterschriebene fast, Ihro Herzogl. Durchl. mögten Sich auf diesen verspäteten Antrag des hiesigen Magistrats vielleicht ohngefähr so zu erklären gnädigst geruhen, wie die öffentlichen Zeitungen im Monat October v. J. von dem Königl. Dänischen Hofe enthielten, welcher der Stadt Copenhagen bey Gelegenheit der damaligen Ankunft der Erb=Prinzeßinn königl. Hoheit, hatte anzeigen laßen: ’wie es Ihro Königl. Maystt. angenehmer seyn würde, das Geld was eine Illumination kostete, an die Armen vertheilet zu sehen.’ Indeßen verstellen Unterzeichnete hierunter alles zur Herzoglichen höchsterleuchtetsten Einsicht und bitten nur um baldmöglichste gnädigste Eröffnung der höchstgefälligen Herzoglichen Entschließung . . "
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Prinzen Friederich Frantz eingerichtet werden sollen" und höchstwahrscheinlich auch wirklich eingerichtet worden sind. Bei der Ankunft sollte die Prinzessin unten an der Schloßtreppe von den Marschällen mit den Stäben, auch einigen Kavalieren und den Damen - ob die Damen bei dieser Gelegenheit en robes rondes oder en rohes de cour erscheinen sollten, war Gegenstand langer und ernsthafter Erwägungen gewesen, die mit dem Siege der robes rondes geendet hatten - empfangen und dann durch ihren Gemahl bis oben auf die Treppe geführt, dort vom Herzog und den übrigen fürstlichen Personen begrüßt und in die Zimmer der Herzogin geführt werden. "Nach einer Unterredung von höchstens einer kleinen Stunde und nachdem der NeuVermählten Prinzeßin Durchl. die Cavaliers durch den Herrn CammerJuncker von Rantzow, die Dames aber durch die Frau von Bucnwaldt vorgestellet worden, wird zur Tafel gegangen, und diese wie sonsten gewöhnlich in der Durchl. Herzogin Vorzimmer gehalten. . . Das Durchl. Ehepaar nimmt die ersteren Stellen bey der Tafel ein. Und werden nachher nach Ihren Zimmern gebracht." Diese Zimmer für den Prinzen und seine Gemahlin ausfindig zu machen und einzurichten, war nicht ganz leicht gewesen. Verschiedene dort wohnende Personen hatten ausquartiert und anderweitig untergebracht werden müssen. Auch die Prinzessin Ulrike war gebeten worden, ihre Zimmer zu räumen und andere zu beziehen, hatte sich aber geweigert es zu tun.

"Am Sonntage versammelen sich sämtliche Cavaliers in dem Vorzimmer der Durchl. Herzogin gegen die Zeit des Gottes=Dienstes, wohin auch das junge Durchl. Ehepaar durch einen großen Theil des Hofes geholet wird, gehen von da unter Vortretung der Marschälle nach der Schloßkirche. Serenissimus führen die NeuVermählte Prinzeßin, der Durchl. Prinz Friederich Frantz die Durchl. Herzogin, der Durchl. Prinz Ludewig Ihre Frau Gemahlin und die beiden Prinzeßinnen [Ulrike und Amalie] werden von Ihren Cavaliers geführet. Nach gehaltener Danck=Predigt" des Hofpredigers und Konsistorialrats Martini "wird das Te Deum laudamus durch die Herzogl. Capelle angestimt und dabey die Canonen dreymal um das Schloß gelöset."

"Nach der Predigt warten die Durchl. Herrschafften in den Zimmern der Durchl. Herzogin bis die Galla=Tafel in dem weissen Saal Serviret worden, dahin begeben Sie sich dann unter Vortretung der Marschälle mit den Stäben, das Durchl.

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junge Ehepaar wird durch Cammer=Herrn so wie auch Serenissimus und Serenissima Serviret, der Durchl. Prinz Ludwig wird durch einen Herzogl. CammerJuncker, die andern Herrschafften durch Ihre eigene Cavaliers bedienet. . . . An der Tafel wird ein Cammer=Juncker stehend vorlegen und der HofJuncker von Lowzow die Speisen herum tragen. Übrigens aber es in allen so gehalten werden, wie bey dergleichen Galla=Tafeln gebräuchlich ist."

"Nach der Tafel wird in den so genanten Franzoischen Zimmern der Coffe getruncken und die Durchl. Herrschafften retiriren sich."

"Gegen halb 6 Uhr finden sämtliche Stadt=Dames sich in den Zimmern der DurchL Herzogin en Robes de Cour ein, und machen von da nach einigem Verweilen der Durchl. Prinzeßin in den Franzoischen Zimmern die Aufwartung."

"Nachher wird in dem weissen Saal ein Concert aufgeführt und Abends in dem Vorzimmer der Durchl. Herzogin an einer figurirten Tafel in bunter Reihe gespeiset."

"Nach aufgehobener Tafel werden die junge Herrschaft nach Ihren Zimmern begleitet und dann wird alles Ceremoniel geendiget sein."

Vielleicht hat einen Bestandteil des erwähnten Konzerts die Kantate gebildet, die, von einem Ungenannten gedichtet und von dem herzoglichen Kapellmeister Westenholz in Musik gesetzt, "bey der hohen Ankunft des zu Gotha vermählten Hohen Brautpaars zu Schwerin ausgeführt worden". Den Einzugstag feierten außerdem mit Gedichten 24 namentlich "benannte Kaufleute der Herzogl. Residenzstadt Schwerin", "die Schützenzunft der Neustadt Schwerin" und endlich "die älteste und grosse Schwerinsche Schützenzunft", deren poetische Gabe mit den erhabenen Versen schloß:

Und seht! sie öffnen sich - der fernen Zukunft Thore
Mit Aussicht, die kein Barde singen mag; -
So reizend strahlt der Glanz der glühenden Aurore
Verkündigend den schönsten Tag.
Wir sehen sie entzückt, - und überströmt von Gnade
Faß’t dieses Lied hier unser Herz nicht mehr -
Prinz! - dies Gefühl fing’ Dir im Ton der Iliade,
In höherem Ton einst ein Homer! -


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