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Heinrich III. 1233-1237.

Zum ersten Male finden wir diesen erwähnt im Jahre 1233, wo Herzog Johann [Otto?] 180 ) von Braunschweig auf Bitten seiner Vasallen (fideles), des Grafen Heinrich von Hoya und des Grafen Heinrich von Dannenberg, dem Kloster Heiligenrode einen Hof zu Mackenstedt [b Hoya] schenkt. 181 ) Wenn hier Heinrich von Dannenberg neben seinem Oheim, dem Grafen von Hoya, genannt wird, so wird das, wie bereits Saß a. a. O. S. 120 auf Grund der Mackenstedter Verkaufsurkunde vom Jahre 1231

Hoyer U. -B. V, 14 - mit Recht vermutet, seinen Grund in Erbansprüchen haben, die von seiner Mutter Jutta herrührten. Wichtiger ist uns eine andere um 1237 ausgestellte Urkunde Heinrichs, in der er zusammen mit seinem Vetter Bernhard I dem Kloster St Johann in Uelzen "zum Ersatz für den Schaden, den ihm sein Vater Volrad II zugefügt hat", die Vogtei in Ripdorf [b. Uelzen] überläßt. 182 ) Welcher Art dieser Schaden war, wird uns nicht gesagt, und eine andere Nachricht über Zwistigkeiten zwischen Volrad von Dannenberg und dem Uelzener KIoster


180) Nach Saß; a. a. O. S. 120 wäre Otto d. K. statt Johann, des späteren Herzogs von Lüneburg, anzunehmen. Die Urkunde, Hoyer U.-B. V, Nr 15, hat Johann.
181) Nach M. U.-B. IV, Person-Reg, S 147 soll Heinrich III. bereits im Jahre 1224 genannt sein. Dieser Angabe, die sich offenbar auf M. U.-B. I, 305 gründet, lieqt eine Verwechslung mit Heinrich II. zugrunde, wie aus deim Siegel hervorgeht, siehe Erkurs I. Überhaupt ist das M. U.-B. in seinen Angaben über Heinrich III. konfus; denn während es ihn hier S. 147 richtig als Sohn Volrads II bezeichnet, macht es ihn ebenda S. 206 zum Sohn Bernhards I. Also eine abermalige Verwechslung, und zwar mit Heinrich V. - Auch das Hoyer U.-B. in Anm. 2 bezeichnet ihn irrtümlich als Heinrich II. Vergl auch M. Jbb. 43, 120.
182) M. Jbb. 43, 159 Nr. 1 nach dem Orig. in Hannover - Die Urkunde hat die auf beide Aussteller passende Bezeichuung "antecessor noster" für Volrad II.
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besitzen wir nicht. 183 ) Doch gehen wir wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, daß sie bereits ziemlich lange zurücklagen und in die Zeit der allgemeinen Unruhen nach den Bürgerkriegen um den Königsthron fielen, die in Niedersachsen besonders groß waren und hier im Jahre 1223 einen besonderen Landfrieden nötig machten. 184 ) Wie gewöhnlich in solchen Zeiten, hatten damals besonders die Stifter und Klöster unter dieser Unsicherheit zu leiden. 185 ) Zu dieser Zeitbestimmung paßt sehr gut der Umstand, daß wir Volrad II., wie bereits gesagt, nach 1226 niemals mehr genannt finden. Auch diese Urkunde ist übrigens ein Beweis für die große Ausdehnung des Gebietes der Dannenberger Grafen, die in und bei Uelzen mehrfach mit Besitzungen genannt werden.

Noch zweimal finden wir Heinrich III. in demselben Jahre genannt, und zwar beide Male in Verbindung mit seinem Vetter Bernhard I., so daß man annehmen darf, daß auch jetzt noch keine Teilung zwischen den beiden Zweigen der Dannenberger Grafenfamilie vorgenommen war. Das eine Mal erfahren wir, daß die beiden Grafen dem Kloster Reinfeld - das ist das "Reme-velde" bei Pfeffinger - einen Hof (domus) im Dorfe Dachtmissen [bei Lüne] als Lehen übertragen. Diese Urkunde ist uns nur erhalten in der Bestätigung dieser Belohnung durch Herzog Albrecht I. von Sachsen. 186 ) Es muß dahingestellt bleiben, ob, wie v. Hammerstein, Bardengau S. 209, will, Dachtmissen Besitz der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und daher diese Bestätigung lediglich ein Akt der Höflicht der Dannenberger Grafen gegen den Herzog von Sachsen war. Bei den eigentümlichen Besitzverhältnissen dieser Zeit wäre es sehr wohl denkbar, daß Herzog Albrecht hier in nächster Nähe Lüneburgs tatsächlich Lehnsherr war, wie man aus dem Wortlaut der Urkunde schließen würde.


183) Vergebens sucht man bei Jaenicke, Geschichte der Stadt Uelzen, und Wilh. Reetz, Geschichte der Stadt Uelzen, näheres zu erfahren.
184) MG LL Sect. IV Bd. II, 394/96; auch bei Altmann-Bernh., Urkunden zur deutschen Verfassungs-Geschichte 3 Nr. 119.
185) Vergl. Winkelm. Friedr. II., S. 269 ff. - S. 371 Anm. 1 will er jenen Landfrieden auf 1221 ansetzen.
186) Pfeffing. a. a. O. II, 364/65; bei Hasse fehlt diese Urkunde. - Später tauscht dann Reinfeld Dachtmissen mit Kloster Lüne gegen Grove [b. Schwarzenbeck] um, Hasse II, 745. - Daß die Herzöge von Sachsen bisweilen noch immer den Anspruch erhoben, in vollem Umfang die Rechtsnachfolger Heinrichs des Löwen zu sein, beweist der Titel, den sich hier Albrecht als dux Saxoniae, Angariae et Westfaliae et dominus Nordalbingiae beilegt; ebenso Riedel A. XIV, 4 im Jahre 1248.
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Im übrigen bemerken wir um diese Zeit nicht mehr viel von der Lehnsabhängigkeit der Dannenberger Grafen vom sachsischen Herzogtum. Erst im Jahre 1291 erfahren wir von einer anderen Belehnung, nämlich in Warlow. 187 ) Und als Zeugen finden wir die Dannenberger Grafen bei den sächsischen Herzögen jetzt nur noch ein einziges Mal genannt 188 ), während sie in der Begleitung der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und der Markgrafen von Brandenburg verhältnismäßig häufig erscheinen. Ja, in dem Kampfe gegen das von den sächsischen Herzögen begünstigte Raubritterunwesen sehen wir sie sogar im offenen Gegensatz gegen die Herzöge Bündnisse abschließen (siehe unten).

Am 21. Juni 1237 treffen wir dann die beiden Dannenberger Grafen zu Lübeck, wo sie "ob favorem et affectum, quo circa cives ducimur Lubicenses", die Lübecker Bürger von allen Abgaben in ihrem ganzen Gebiet, insbesondere zu Dannenberg, Dömitz und Lenzen befreien, abgesehen von dem üblichen Zoll (iustum theloneum), der auch fernerhin von ihnen gezahlt werden muß. 189 ) Es wird sich dabei vermutlich hauptsächlich um Brücken- und Wegegeld gehandelt haben. Leider wird uns nicht gesagt, was die Dannenberger Grafen zu dieser entgegenkommenden Politik gegenüber Lübeck veranlaßte. Man wird jedoch kaum fehlgehen, wenn man den Grund in dem Wunsche sucht, ihren um diese Zeit aufblühenden Städten, eden jenen drei in der Urkunde genannten, gute Beziehungen zu dem damaligen Vorort des norddeutschen Handels und Verkehrs zu schaffen. Und andererseits unterhielt Lübeck seit der Zeit des gemeinsamen Kampfes gegen Waldemar II. gute Beziehungen zu den Fürsten und Herren Norddeutschlands. 190 )


187) M. U.-B. III, 2123. Das Eigentümliche an dieser Belehnung ist, daß Warlow im Lande Jabel liegt, daß doch seinerzeit dem Grafen Heinrich I. als Ganzes zur Kolonisierung überlassen war. Es scheint demnach, daß die sächsischen Herzöge, nachdem die Dannenberger Grafen hier keinerlei Fortschritte gemacht hatten, Jabel ebenso wie den Darzing für sich in Anspruch nahmen.
188) Im Jahre 1248 ist Graf Adolf I. Zeuge, als Albrecht I. die Zollstätten u. -Abgaben zwischen Hamburg und Lübeck einer- und Salzwedel andererseits festsetzt, Riedel A. XIV, 4.
189) M. U -B. I, 466. Wenn hierbei gesprochen wird von "in iurisditione et dominio nostrorum", so ist das sicherlich ein έν διά δυοϊν von einer Scheidung zwischen richterlicher und territorialer Gewalt kann um diese Zeit keine Rede mehr sein. Auch würden sie ja als bloße Beamte eine solche Befreiung nicht erteilen können. Vergl. noch Weiland a. a. O. S. 101 ff.
190) Man vergleiche die ähnliche Urkunde Gunzels von Schwerin vom Jahre 1240 - M. U.-B I, 505 -, in der auch Bernhard von Dannenberg als Zeuge genannt wird, sowie M. U.-B. II, 717.
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Da wir im nächsten Abschnitt auf die Anfänge städtischen Lebens in Dannenberg näher einzugehen gedenken, muß hier kurz von den beiden anderen genannten Städten gesprochen werden. Dömitz, das später neben Dannenberg der wichtigste Ort der Grafschaft wurde und meistens der Sitz eines Mitgliedes der Grafenfamilie war - im Jahre 1291 wird Adolf II. von seinem Bruder Nikolaus geradezu als Graf von Dömitz bezeichnet 191 ) -, wird hier zum ersten Male genannt. Wenngleich die Namensform auf wendische Gründung schließen läßt, hat es offenbar seine Bedeutung erst durch die Dannenberger Grafen erlangt, und zwar vermutlich in erster Linie durch Anlegung einer Zollstätte. 192 ) Zwar wird es erst im Jahre 1259 ausdrücklich als "civitas" bezeichnet 193 ), doch ist, schon allein aus seiner Gleichstellung mit Dannenberg und Lenzen, als sicher anzunehmen, daß es schon jetzt das Stadtrecht erworben hatte. - Welche Rechte die Dannenberger Grafen in Lenzen besaßen, wird uns leider nirgends gesagt;

immerhin steht soviel fest, daß sie hier von den Markgrafen von Brandenburg gemeinsam mit den Schweriner Grafen belehnt waren. 194 ) Doch scheinen sie dies Lehen nur kurze Zeit jedenfalls nicht länger als etwa dreißig Jahre, besessen zu haben; denn im Jahre 1219 hatte Markgraf Albrecht II. allein den Grafen Heinrich den Schwarzen von Schwerin mit Schloß, Dorf und Zoll in Lenzen belehnt 195 ), und bereits 1252 hören wir, daß es an Brandenburg zurückgefallen sei. 196 ) Wahrscheinlich datierte jene Mitbelehnung aus der Zeit der engen Freundschaft zwischen den Schweriner und Dannenberger Grafen in ihrem Kampfe gegen Waldemar II. von Dänemark. 197 )


191) M. U.-B. III, 2128.
192) Daher treffen wir auch keineswegs zufällig unter den Zeugen in unserer Urkunde "Johannes, theolonearius in Domelitz".
193) M. U.-B. II, 845.
194) M. U.-B. II, 702.
195) M. U.-B. I, 251.
196) Eben aus jener Urkunde Ottos III., M. U.-B. 11, 702.
197) Waldemar wurde, wie erwähnt, eine Zeitlang in Lenzen gefangen gehalten. Leider erfahren wir auch bei dieser Gelegenheit nichts darüber, ob schon damals die Dannenberger Grafen Anteil an L. hatten.