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Von Dr. Gustav Duncker, Marburg.
V on den ersten Abschnitten der neueren Geschichte Mecklenburgs hat die Zeit des dreißigjährigen Krieges bei weitem die reichste Bearbeitung gefunden. Die Usurpation des Landes durch Wallenstein und die Vertreibung der Fürsten Adolf Friedrich I. und Hans Albrecht II. 1 ) haben immer wieder Anlaß zu neuer Bearbeitung dieser Zeit von andern Gesichtspunkten aus gegeben. Dagegen wurde die kurz davor liegende Periode strenge gemieden. Von der Reformation in Mecklenburg und der Zeit ihres großen Begründers, des Herzogs Johann Albrecht I., ging man unter Beschränkung auf eine möglichst gedrängte Darstellung sofort zu der bewegten Zeit des dreißigjährigen Krieges über.
Und doch wurden in dem nur wenig beachteten Zeitraum die wichtigsten Bedingungen für die folgende Periode geschaffen.
Ganz anders hätte sich die Geschichte Mecklenburgs gestaltet, 2 ) wenn das Testament Johann Albrechts I. in die Wirklichkeit um=
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gesetzt undese damit aucie Primogenitur zur Geltung gebracht worden wäre. Viel entschiedener wäre die Haltung der einheitlichen Regierung in den Wirren der nächsten Zeit gewesen, und die Folgen würden dem entsprochen haben nach der guten oder üblen Seite hin.
Die gemeinsame Herrschaft aber blieb, und da war es wieder von der allergrößten Bedeutung für die Zukunft des Landes, sowohl daß die fürstlichen Brüder in ihrem Streben nach Unabhängigkeit überhaupt zur Teilung des Landes schritten, als auch wie sie dieselbe vollzogen. Wäre es zu einer Totaldivision gekommen, so hätte Mecklenburg wohl für alle Zeiten aufgehört, ein einheitliches Land zu sein, und zur politischen Trennung wäre wahrscheinlich noch die konfessionelle getreten. Auch für das Verhältnis der Regierung zu den Ständen war diese Zeit von besonderer Wichtigkeit. Denn das Bestreben der Fürsten, von ihrer drückenden Schuldenlast befreit zu werden und die Teilung des Landes durchzuführen, schaffte den Ständen die Gelegenheit, eine Menge von Privilegien zu erringen, die der Regierung später oft recht beschwerlich geworden sind.
Es wurde also in dieser Zeit ein gut Teil der Zukunft Mecklenburgs entschieden.
Der Abschnitt, der die Jahre 1608 bis 1621 umfaßt, verdient es daher wohl, der Gegenstand einer besonderen Betrachtung zu sein.
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Akten des Großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archivs zu Schwerin:
Acta Divisionis Terrarum Mecklenburgensium: Vol. LXVIII, fasc. 1 bis Vol. LXIII, fasc. 21, zitiert: Act. div. mit Faszikel= und Teilnummer.
Pacta Domus: fasc. 10b, 11 und 12 - Nr. 64-90.
Domestica Principum Mecklenb. Varia: Herzog Adolf Friedrichs I. Tagebücher, Abt. A, zitiert: Tagebuch Adolf Friedrichs.
Correspondenz zwischen den Herzögen Adolf Friedrich I. und Hans Albrecht II. zu Mecklenburg wegen verschiedener Angelegenheiten.
Herzog Adolf Friedrichs I. eigenhändiger "Discours de present I'estat de Mechelbourg: des desordres en c'este estat et des remediemens".
Boll, Ernst: Geschichte Mecklenburgs mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte. Neubrandenburg 1855/56.
Breyer, Robert: Wallensteins Erhebung zum Herzog von Mecklenburg. Diss. Göttingen 1881.
Dehr, W.: Die Mecklenburgische Geschichte. Schwerin 1851.
Franck, David: Alt= und Neues Mecklenburg. Güstrow und Leipzig 1755: lib. XII.
Gerdes, Georg Gustav: Nützliche Sammlung. Wismar 1736.
Greverus, Dr. jur. Ernst: Zur Geschichte des mecklenburgischen Jagdrechtes. Dissertation. Rostock 1906.
Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde in Schwerin, zitiert: "Meckl. Jahrbuch" und Jahrgangsnummer.
Klüver, Hans Heinrich: Beschreibung des Herzogtums Mecklenburg, dritten Teils zweites Stück. Hamburg 1739.
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Krabbe, Dr. btto: Aus dem kirchlichen und wissenschaftlichen Leben Rostocks. Berlin 1863.
Lützow, K. Ch. F. von: Versuch einer pragmatischen Geschichte von Mecklenburg: Dritter Teil. Berlin 1835.
Plagemann: Handbuch der mecklenburgischen Geschichte. 1809.
Raabe, Wilhelm: Mecklenburgische Vaterlandskunde, ed. Gustav Quade. Dritter Band. Wismar 1896.
Rosen, Gottlieb von: Hans Behr der Ältere und seine Söhne Daniel, Hugold und Samuel. Stralsund 1896.
Rudloff, Dr. Friedrich. August von: Neuere Geschichte von Mecklenburg, III. Teil, 2. Bd. Rostock u. Schwerin 1822.
Sachsse, H.: Mecklenburgische Urkunden und Daten, Rostock 1900.
Schirrmacher, Dr. Fr. W.: Johann Albrecht I., Herzog von Mecklenburg. Wismar 1885.
Schreiber, Heinrich: Herzog Adolf Friedrich I. und Johann Albrecht II. von Mecklenburg. Schwerin 1900.
Schulenburg, Otto: Die Vertreibung der mecklenburgischen Herzöge Adolf Friedrich und Johann Albrecht durch Wallenstein und ihre Restitution. Dissertation, Rostock 1892.
Schulze, Dr. Hermann Johann Friedrich: Das Recht der Erstgeburt in deutschen Fürstenhäusern und seine Bedeutung für die deutsche Staatsentwickelung. Leipzig 1851.
Spalding, Dr. J. H.: Mecklenburgische öffentliche Landesverhandlungen, aus öffentlichen Landtags= und Landes=Conventsprotokollen gezogen. 1. Band. Rostock 1792.
Wagner, Dr. Richard: Der Güstrowsche Erbfolgestreit. Meckl. Jahrbuch, Band 67 und 68.
Wöhler, Hellmuth: Münzwesen in Mecklenburg=Schwerin. Schwerin 1847.
Nach Fertigstellung dieser Arbeit ist als Heft X der Süsserott'sch en Sammlung "Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen" erschienen: Schnell, Mecklenburg zur Zeit des dreißigjährigen Krieges 1603-1658. Das 1. Kapitel, auf das ich hier hinweisen möchte, gibt eine übersichtliche Darstellung der Landesteilungsverhandlungen und sei zur Orientierung bestens empfohlen; allerdings mußte der Verfasser nach der Anlage und dem Zweck des Süsserott'schen Werkes auf eine erschöpfende Ausnutzung der handschriftlichen Quellen, wie ich sie zu erreichen versucht habe, verzichten.
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1.
Als im Jahre 1227 Fürst Heinrich Borwin I. von Mecklenburg starb, herrschte in seinem Lande hinsichtlich der Erbfolge das Prinzip der Gleichberechtigung der männlichen Deszendenten. Die dem Fürstentum im allgemeinen ursprünglich zugrunde liegende Amtsidee, die Berücksichtigung des Gesamtwohls war gänzlich verschwunden. Das Land galt als ein Patrimonium des Fürsten, das beliebig auseinandergeriffen werden konnte, die Untertanen als nutzbare Pertinenz des Landes. 3 ) Demgemäß teilten die vier Enkel Borwins, die ihrem Großvater in der Herrschaft folgten, nach erlangter Großjährigkeit 1229 und 1233 das Land in die Teile Mecklenburg, Parchim=Richenberg, Rostock und Güstrow=Werle. 4 ) Diese Zersplitterung dauerte bei wechselnder Teilung fort bis zum Jahre 1471, wo alle Landesteile wieder in die Hand Heinrichs des Dicken zusammenfielen. Aber schon im Jahre 1480 teilten dessen Söhne das Land abermals in die beiden Herrschaften Schwerin und Güstrow.
Die Folgen dieser andauernden Zerstückelung machten sich bald bemerkbar. Das Ansehen der Fürsten sank, die mehrfache Hofhaltung und die Streitigkeiten untereinander verschlangen große Summen 5 ) und brachten sie schließlich in eine drückende Abhängigkeit von ihren Rittern und Städten. Da erwachte endlich die Reaktion. 6 ) Der staatskluge Johann Albrecht I., der im Jahre 1547 die Regierung des güstrowschen Teils antrat, erkannte mit klarem Blick, daß die Herrschaft nur erstarken könne, wenn die Teilungen für immer aufhörten und die Regierung dauernd zur Staatseinheit zurückkehrte. Daher versuchte er, als sein Oheim Heinrich V. der Friedfertige im Jahre 1552 starb und das ganze Land wieder zusammenfiel, die Herrschaft ungeteilt in seiner
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Hand zu behalten. Allein sein Bruder Ulrich erhob dagegen bei Kaiser Karl V. Protest und erlangte, daß Johann Albrecht gezwungen wurde, am 11. März 1555 in den Vertrag zu Wismar zu willigen. Darin erhielt Ulrich das Land Wenden mit der Hauptstadt Güstrow, während Johann Albrecht sich. mit der Herrschaft Schwerin begnügen mußte. Aber, was Johann Albrecht im Leben nicht erreichen konnte, das. suchte er durch letztwillige Bestimmungen zu erzwingen. In seinem Testamente, das er wenige Jahre vor seinem Tode errichtete, 7 ) bestimmte er u. a., es sollte sein ältester Sohn Herzog Johann VII. allein in der Landesregierung succedieren, der jüngste Sohn, Herzog Sigismund August, sich aber mit einer jährlichen Pension von 6000 Gulden und den Nutzungen der Ämter und Stadt Strelitz, Mirow und Jvenack ohne Einrede oder Ausflucht zufrieden geben. 8 ) "Sollte 9 ) sich auch. nach gottes schickung der fall dermaßen zutragen, daß unser freundlicher lieber bruder herzog Ulrich und seiner lieb gemahl oder auch unsere beide andere freundliche liebe brüder, herzog Christopher und herzog Karl, vor oder nach. unserm tod versturben und also alle die lande und herrschaften zu Meckelnburg auf unsere linien und stamm allein fielen: so wollen wir doch nicht, daß dieselbigen zwischen unsern beiden lieben söhnen geteilet, sondern unser ältester sohn, herzog Johannes, um obgehörter und anderer mehr bewegenden urfachen willen, fürnehmlich aber, damit dies fürstliche haus Meckelnburg wiederum desto mehr in zunehmen und aufsteigen gebracht werde, darin allein fuccedieren, herrschen, regieren und erben, aber mehr genanntem, unserm jüngsten sohn noch einmal soviel an ämtern und einkünften, auch jahrgeld aus der kammer . . . mit obberührter maaß und vorbehalt abtreten und einräumen soll, als ihme, herzog Sigismunden Augusten allbereit hierin vermacht und ausgesetzet ist. . . . Sollte aber unser ältester sohn . . . ohn männliche, eheliche geborne leibserben, versterben, so sollen alsdann alle unsere land und leute samt allen lehen und eigen . . . auf unsern jüngsten sohn, herzog Sigismunden Augusten, nach erbgangsrecht kommen und verstammet werden. Gleicher gestalt es dann auch herwieder mit unsers
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ältisten sohns suecession in des jüngsten erbschaft, da der jüngste am ersten versturbe, soll gehalten werden.
Drei Jahre darauf starb Johann Albrecht I. am 12. Februar 1576 im kaum vollendeten 51. Lebensjahre. Nach dem Testament kam nun Sigismund August für die Erbfolge nur im Falle eines kinderlosen Ablebens seines ältesten Bruders in Betracht. Aber Ulrich, der Bruder Johann Albrechts I., der die Vormundschaft für die Prinzen übernahm, war 10 ) "an die gleiche brüderliche Successionsberechtigung des gemeinen Rechts gewöhnt". Er trug daher Bedenken, "die väterliche Bevorzugung der Erstgeburt zu vollziehen", und legte die Regentschaft erst nieder, als "auch der jüngere seiner Volljährigkeit ganz nahe war, um den Brüdern die Ausgleichung ihrer Ansprüche selbst zu überlassen."
Die Verständigung zwischen ihnen kam bald zustande. Am 20. Mai 1586 einigten sie sich in einem Vertrage zu Schwerin. 11 ) Das väterliche Testament wurde durchweg anerkannt, und Johann VII. übernahm die Landesregierung. Damit war das Testament in seinem ersten Teile glücklich durchgesetzt. Seine zweite Forderung aber, daß der güstrowsche Teil, falls die dort regierenden Herzoge ohne Erben sterben würden, an den Schweriner fallen und mit diesem vereint werden sollte, wurde beanstandet. Johann Albrecht I. hatte in seinem Testament nämlich nur seine Söhne erwähnt, in der festen Hoffnung, daß diese ihre Oheime überleben würden. Daß aber auch seine ferneren Nachkommen in den Sinn des Testaments mit einbegriffen waren, wird offenkundig durch die angehängte kaiserliche Bestätigung. Der Kaiser sagt darin, das Testament solle in allen seinen Punkten, Klauseln und Artikeln, "sonderlich 12 ) aber soviel die verordnete succession und erbsetzung . . . anlangt . . ., stet, fest und unverbrüchlich gehalten und vollzogen und weder von gedachts unsers lieben oheim und fürsten söhnen und erbnehmen, auch deren nachkommen noch sonst jemand andern . . . dawider etwas fürgenommen, gehandelt oder verstanden werden."
Aber im Testament selbst standen diese Worte nicht, und so war "für den betreffenden Passus die Auffassung möglich, daß dadurch nur die Ausführung des Testaments selbst sichergestellt, aber nicht dessen Geltung ausgedehnt werden sollte". 13 )
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Und so kam es wirklich. Die Hoffnung, die Johann Albrecht I. gehegt haben mochte, erfüllte sich. nicht. Er selbst überlebte keinen seiner Brüder, 14 ) und auch sein Sohn Johann VII. starb frühzeitig an Wunden, die er sich in einem Anfall von Geistesstörung mit eigener Hand 15 ) beigebracht hatte, am 22. März 1592, lange vor seinen Oheimen Ulrich und Karl. "Drückende Schulden und daraus entspringende Quälereien verbitterten dem überdies charakterschwachen Herzoge das Leben so sehr, daß er schon 1590 Lust hatte, der Regierung zu entsagen.
Der unglückliche Fürst hinterließ drei unmündige Kinder, Adolf Friedrich I. und Hans Albrecht II., im Alter von vier und zwei Jahren, und eine Tochter Anna Sophie. Für die jungen Prinzen übernahmen ihr Großoheim, Herzog Ulrich, und ihr Oheim, Herzog Sigismund August, der jedoch am 5. September 1600 starb, die Regierung. 1603 schied auch. Herzog Ulrich 16 ) aus dem Leben, ohne Erben zu hinterlassen, und an seine Stelle trat der jüngste Bruder Johann Albrechts I., der schon im 63. Lebensjahre stehende Herzog Karl. 17 ) Auch. er hinterließ bei seinem Tode keine legitimen Erben, "da er 18 ) dem Stande einer ebenbürtigen Ehe eine zärtliche Verbindung mit Anna Deelen - vermutlich 19 ) seiner Haushälterin zu Mirow - vorziehend, nur natürliche Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter, erzeugt hatte, die dem von Herzog Heinrich dem Friedfertigen mit seinem natürlichen Sohne Balthasar gegebenen Beispiel zufolge den Namen "von Mecklenburg" 20 ) führten." 21 )
Die jungen Herzöge, Adolf Friedrich I. und Hans Albrecht II., die 1607 von größeren Reisen heimkehrten, wurden in den Jahren 1606 und 1608 auf Karls Betreiben vom Kaiser für mündig
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erklärt und von ihrem Großoheiln ill die Regierungsgeschäfte eingeführt. 22 )
Nun, als Adolf Friedrich. großjährig geworden war, war für ihn die Zeit gekommen, das Testament seines Großvaters zu vollstrecken, denn die Vorbedingungen dazu waren alle erfüllt. Warum benutzte er die Gelegenheit nicht, verschaffte sich zunächst den schwerinschen Teil für sich allein, indem er Hans Albrecht mit einer Apanage abfand, und erhob schon jetzt für den Augenblick, da Karl starb, Ansprüche auf das ganze Land? Kannten die Herzöge das Testament etwa nicht, oder war es ihnen gar verheimlicht worden, und ließen Intrigen Adolf Friedrich. die klaren Tatsachen zugunsten seines Bruders nicht erkennen, oder fehlte es ihm an Mitteln und Macht, im Sinne des Testamentes Johann Albrechts I. zu handeln? Die Antwort auf diese Fragen ist natürlich nur in bezug auf Adolf Friedrich. wichtig. Mußte doch er allein das Testament vollstrecken: er sollte den alten Brauch, das Land beliebig zu teilen, umstoßen und dafür sorgen, daß das Land in einer Hand blieb. Dies war im Interesse des Landes und, weil er der Erstgeborene war, auch in seinem eigenen, aber nicht in dem Hans Albrechts. Dieser wäre, wenn er das Testament auch wirklich: eher. gekannt hat, doch nur auf dem einen Standpunkt geblieben, den er immer vertreten hat. Er hätte vermutlich trotzdem stets einen Teil des Landes beansprucht und von dem Testament wohl ain liebsten nichts verlauten lassen. Wann Herzog Adolf Friedrich. die erste Kenntnis von dem Testament seines Großvaters erhalten hat, ist durch Zufall aus einer Aufzeichnung 23 ) Samuel Behrs, 24 ) des geheimen Rates Adolf
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Friedrichs, fast bis auf den Tag festzustellen gelungen. Die Aufzeichnung beginnt folgendermaßen:
"D. O. M. A.
(sein Wahlspruch.: Deo optimo, maximo, aeterno.)
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Nach der brüderlichen vereinung zu Güstrow, daß das landt in 2 gleich theile solte getheilet werden, hatt mein herr erstlich seines großherrvater testament vom canceler uberkummen."
Aus dieser Aufzeichnung, die vom 24. Mai 1608 datiert ist, geht klar hervor, daß Adolf Friedrich in diesem Jahre "erstlich", d. i. zuerst, Kenntnis von dem Testament erhalten hat, und zwar muß es in der Zeit zwischen Abfassung des brüderlichen Vertrags 25 ) und dieser Aufzeichnung, also zwischen dem 28. April und dem 24. Mai 1608 gewesen sein. 26 )
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Die Frage, warum ihm nicht eher Mitteilung von dem Testament gemacht wurde, beantwortet die weitere Aufzeichnung Samuel Behrs, - weil man sich "ex praecipitantia", also aus Übereilung und Unbedachtsamkeit nicht darum gekümmert hat. Dabei liegt aber der Gedanke nicht allzu ferne, daß der Vormund Herzog Karl bei seinen Großneffen dieselbe Methode wie früher Herzog Ulrich bei Vater und Onkel angewandt hat, daß er absichtlich mit der Testamentsenthüllung so lange wartete, bis auch der jüngere Bruder, Hans Albrecht II., großjährig geworden, selbst sein Interesse wahren konnte. Die weitere Frage, warum Adolf Friedrich, nachdem er wenige Tage nach dem ersten brüderlichen Vertrage das Testament Johann Albrechts I. kennen gelernt hatte, nicht jenen Vertrag umstieß und den letzten Willen seines Großvaters noch jetzt zur Geltung brachte, beantwortet Samuel Behr dahin, daß dem jungen Fürsten nicht das Original, sondern nur eine Abschrift des Testaments ohne die kaiserliche Konfirmation vorgelegen habe. Seine Aufzeichnungen lauten nämlich nach der oben angeführten Stelle folgendermaßen:
"quod huic contractui videtur contrarium ideoque sequentia notavi:
I. ob testamentum avi principis mei a caesarea maiestate confirmatum firmum sit, ita ut obliget nepotes in eo persev[er]are, etiamsi in privilegio horum nulla sit facta mentio expressa:
NB. Si in testamento avi nepotum non est facta mentio non tenebuntur stare eo testamento neque dum privilegium caesarium ulterius poterit extendi.
II. Ob nachmals kraft dieses testaments der getroffner brüderlicher contract müge und könne annulliert und umgestoßen werden, fürnemlich weil man ex praecipitantia der tractation zum inhalt des testaments nicht kommen künnen.
III. Confirmatio caesaria muß ad manus gebracht werden, ex eaque videre, si principi prosit aut non ut nepoti.
IV. Num consultum ut instrumentum formetur, daß man mit diesen tractaten aus ursachen übereilet were?"
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Aus dieser Aufzeichnung Samuel Behrs geht hervor, daß Adolf Friedrich auf Grund des ihm vorliegenden Testaments der Meinung gewesen ist, dasselbe habe nur auf seinen Vater und seinen Onkel Bezug gehabt, nicht aber auch auf ihn und die ferneren Nachfolger. Wann Adolf Friedrich die kaiserliche Bestätigung zu Händen bekommen hat, steht nicht fest. Viel später wird es aber nicht gewesen sein, denn er spricht von ihr in einer Aufzeichnung vom 14. Juli 1611 27 ) unter Bezugnahme auf das Testament, daß man annehmen muß, er habe sie damals gekannt. Die Aufzeichnung lautet: Die Totaldivision "bekräftigt auch dieses Unsers großherrvaters testament, welches auch kaiser Maximilian confirmieret, denn hat mein herr vater macht gehabt, das ganze land einem zu geben, so hat er auch. ja macht gehabt zu teilen."
Die Verhältnisse hätten sich aber trotz alledem vielleicht anders gestaltet, wenn der jugendliche, damals noch nicht zwanzigjährige Fürst, der einer so schwierigen Aufgabe allein unmöglich schon gewachsen sein konnte, mit mehr und besseren Ratgebern umgeben gewesen wäre. Unter diesem Mangel hat er sehr zu leiden gehabt. Samuel Behr schreibt in einer Anmerkung zu dem oben angeführten IV. Punkte seiner Aufzeichnung:
"NB. Fuit dissuasum, adminicula principi in omnibus defuere neque cuiquam fidere aut haec communicare potuerunt,"
und Herzog Adolf Friedrich klagt später noch verschiedentlich, daß er "damalen eben mit beistand und räten so übel beraten gewesen". 28 ) Um so mehr war in dieser Zeit sein Ohr den Ratschlägen seines Großoheims und seiner Mutter geöffnet. Er selber bedauert in einem Schreiben vom 16. Oktober 1616, daß er sich seines ihm unzweifelhaft zustehenden Rechts "ungeachtet deren in wailand Hans Albrechten . . . testamentlicher disposition ausgeführten stattlichen motiven und ursachen, warum nur eine einzige regierung anzustellen, auf inständiges anhalten des wailand herzog Karl und seiner mutter, wie er mit beistand und räten nicht der notdurft nach versehen, begeben . . ." 29 )
Wie nun eigentlich die Herzogin - Mutter Sophie und Herzog Karl über das Testament gedacht haben, ob sie die Bestimmungen desselben, da die nächsten direkten Nachkommen Johann Albrechts I.
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gestorben waren, als erfüllt und das Testament schon für erledigt gehalten haben, und ob sie mehr das Interesse ihres Großneffen und Sohnes Hans Albrechts II., oder aber auch des Landes selbst im Auge gehabt haben, läßt sich nicht mit Sicherheit klarstellen. Daß aber Hans Albrechts Interessen auf jeden Fall gewahrt wurden - ob absichtlich oder unabsichtlich, ist zweifelhaft -, das liegt auf der Hand. Vielleicht wollte Karl deswegen nichts von dem Testamente wissen, weil er nicht vergessen hatte, "wie ihn und insonderheit seinen Bruder Christopher die vormalige Ausschließung geschmerzet". 30 ) Soviel ist jedenfalls sicher, daß er Hans Albrecht lieber hatte als Adolf Friedrich und ihm, "seinem Lieblinge", 31 ) z. B. auch nach seiner Vermählung mit Karls Nichte jährlich einen Zuschuß von tausend Gulden 32 ) gab.
Hatte außerdem Herzog Ulrich die Erbfolgebestimmung Johann Albrechts I. bei Feststellung der Verhältnisse zwischen seinen Neffen Johann VII. und Sigismund August schon beanstandet, wieviel mehr mußte nun nicht Karl sie bei den Enkeln für nicht maßgeblich ansehen.
Sicherlich haben aber Herzog Karl und die Herzogin=Mutter, abgesehen vielleicht von den kleinen Intrigen, die sie anzuwenden nicht verschmähten, um ihre persönlichen Neigungen auszuführen, nur das geraten, was sie für das Wohl des Landes und seiner Fürsten für gut und notwendig hielten. Und in ihrer genauen Kenntnis von der trüben Lage im Lande wird auch der Hauptgrund zu suchen sein, warum sie sich. der Totaldivision widersetzt haben. Denn wirklich konnte für die Herzöge der eigene Regierungsantritt in einem so tief verschuldeten Lande, 33 ) wie der schwerinsche Anteil war, wenig Reiz haben, da ihre sämtlichen Rentereieinkünfte bis auf die geringe Summe von 6000 Gulden, also ebenso hoch wie die einstigen Apanagegelder Sigismund Augusts, mit dem jährlichen Kapitals= und Zinsenabtrag der ererbten Schuldenlast aufgingen. 34 ) Überdies 35 ) waren viele ihrer Schlösser und reichsten Ämter verpfändet, so daß bei dem gänzlichen
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Mangel an passenden und genügenden Abfindungsgegenständen sowohl an Geld wie auch an Gütern die Entschädigung für Hans Albrecht mit den größten Schwierigkeiten verknüpft gewesen wäre. Dieser Mangel an genügenden Mitteln, der Johann Albrecht I. schon das Leben vergällt hatte, 36 ) der seinen Sohn Johann VII. schwermütig machte und in einen frühen Tod trieb, war vor allem die Ursache, welche auch Adolf Friedrich verbot, das Testament Johann Albrechts zu vollstrecken, denn die Unmöglichkeit einer entsprechenden Abfindung seines jüngeren Bruders war zu offensichtlich. So erklärt es sich, daß Adolf Friedrich bereitwillig seinem Bruder die Hälfte des Landes überließ und "auch ein mehreres zu erhaltung und fortpflanzung brüderlicher liebe und einigkeit, auch zu gedeih und aufnehmen seines uralten, fürstlichen hauses zu thun gemeinet gewesen". Die Einigung des Landes in einer Hand war somit nicht zustande gekommen. Aber die drückende Schuldenlast, die der Haupthinderungsgrund gewesen war, war damit auch nicht beseitigt. Vielmehr bildet der Streit um die Beschaffung der zu ihrer Tilgung erforderlichen Mittel den roten Faden, der die folgende Geschichte bis zum Jahre 1621 durchzieht.
Die Fürsten waren, um die Schuldenlast abzuwälzen, auf die Stände angewiesen, und diese benutzten nun die Notlage der Herzöge, um, soviel wie möglich, privilegien für sich zu erzwingen. 37 ) Die jungen Herzöge blieben, als auch der jüngere
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auf Betreiben Karls schon am 28. Januar 1608 vom Kaiser für mündig erklärt und ihnen von Herzog Karl, der die Vormundschaft niederlegte, der schwerinsche Teil überlassen war, zunächst zusammen. Am 14. April entbot 38 ) der Oheim sie zu sich nach Doberan und zeigte ihnen dort, in welchem Zustand das Land war, das sie nun selbst regieren sollten. Er legte ihnen ans Herz, möglichst sparsam zu wirtschaften, damit die Schulden nicht vermehrt würden, empfahl ihnen, Rechnung von ihren Rentmeistern zu fordern 39 ) und die vom Vater und Großvater übernommene Schuldenlast genau aufzeichnen zu lassen. Hiernach sollten sie einen Landtag berufen. 40 ) Auch er hatte sich nämlich schon bei den Ständen bemüht, eine Erleichterung der Schulden für die Herzöge zu schaffen, aber die Stände hatten "solche Willfahrung verschoben, bis die Herren, die es gebrauchten, selbst regieren würden". Er riet aber zu großer Vorsicht, wenn sie die Bitte gewährt sehen wollten, denn die Stände wären schon durch. die andauernden Türkensteuern ziemlich geschwächt.. Von einer Huldigung, die die Herzöge wünschten, riet er ab, weil sie nur große Kosten verursachte, auch überall nicht nötig wäre, da die Stände den Fürsten schon in ihrer Minderjährigkeit gehuldigt hätten. 41 ) Hiervon jedoch ließen die Herzöge sich nicht abbringen. Seinem Dringen auf Sparsamkeit aber suchten sie nach besten Kräften nachzukommen und beschlossen, da ihre Einkünfte so niedrig waren, daß 42 ) sie auch. mit bestem Willen keine getrennte Hofhaltung einrichten konnten, vor der Hand wenigstens
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in Gemeinschaft zu bleiben. Die Leitung der Regierung übernahm Adolf Friedrich als der Ältere.
Hans Albrecht, 43 ) somit durch Regierungsgeschäfte vorläufig noch nicht gebunden, benutzte diese Zeit, sich nach einer Gemahlin umzusehen. Er ließ sich wohl durch Herzog Karl und seine Mutter dazu bewegen, um die Hand seiner Tante, 44 ) der Herzogin Margarethe Elisabeth, der verwaisten, einzigen Tochter des Herzogs Christoph zu Mecklenburg und dessen zweiter Gemahlin Elisabeth, Tochter König Gustavs I. Wasa von Schweden, anzuhalten. Zwar war sie etwa 6 Jahre älter als er, aber die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen und vor allem finanzielle Gründe werden den Ausschlag für diesen Entschluß gegeben haben. Denn die reiche Mitgift der Prinzessin verschaffte Hans Albrecht nicht nur ein stattliches Vermögen, sondern befreite auch außerdem das Land von einer großen Last. Margarethe Elisabeth, die nach dem Tode ihres Vaters mit ihrer Mutter nach Schweden gegangen war, hatte nämlich eine große Forderung an Mecklenburg, und das Land wäre sehr in Verlegenheit gekommen, wenn sie sich mit einem auswärtigen Fürsten vermählt und der Bruder ihrer Mutter, ihr Vormund, der König Karl IX., ihr zu ihrer Forderung verholfen hätte.
Natürlich konnten die Herzöge nun nicht mehr wie bisher in einer engverbundenen Häuslichkeit leben. Daher rieten ihnen Herzog Karl und die Fürstin=Mutter, ihre bisherige Gemeinschaft 45 ) aufzugeben und alle Ämter des ganzen Landes in Anbetracht des hohen Alters Herzog Karls schon jetzt in zwei gleiche Teile zu zerlegen. Die Teilung selbst sollte erst nach Karls Tode durch das Los vollzogen werden. 46 )
Diesem Vorschlag zeigten sich die Fürsten geneigt und legten ihren Entschluß in dem brüderlichen Vertrag vom 28. April 1608 fest. Darin reservierte sich Adolf Friedrich jedoch das Recht der Erstgeburt und alle damit verknüpften im Lande üblichen Vorrechte, so wenig Vorteile sie ihm auch brachten. Das Testament Johann Albrechts I. wurde ihm, wie oben dargelegt, noch. immer vorenthalten. Karl gedachte wohl, durch Abmachungen Adolf Friedrich zuvor zu binden, vielleicht ihn auch erst einen kritischen Einblick in die unglücklichen Finanzverhältnisse des Landes tun
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zu lassen. Er sah eben nicht den Nutzen, sondern nur den Schaden, der unter den augenblicklichen Verhältnissen aus der Testamentsvollstreckung entspringen konnte. Somit wurde er der Anlaß, daß sich Mecklenburg, anstatt die hohe Idee Johann Albrechts I., die Staatseinheit, zu verwirklichen, weit von ihr entfernte. Sein und der Herzogin=Mutter Rat bewirkte die Ämterteilung, der dann später die Teilung der Ritterschaft und Städte folgte.-
2.
Bevor sich die Herzöge der Ausführung dieses Werkes widmen konnten, wurden sie zunächst von einer anderen, wichtigeren Sache in Anspruch genommen.
Es galt für sie jetzt vor allem, Mittel zu beschaffen, um sich von der ererbten großen Schuldenlast zu befreien.
Daher beriefen sie auf Herzog Karls Rat zum 31. Mai 1608 einen außerordentlichen "Convokationstag" 47 ) nach Schwerin. Aber alle ihre rührenden Klagen 48 ) über ihre unverschuldete, traurige Lage fruchteten nichts. Die verstockten Gemüter der Landesvertreter ließen sich nicht einmal zu einer bestimmten Antwort bewegen, sondern die Stände ersuchten die Herzöge nur, den Schuldenstand genau verzeichnet zur Prüfung vorzulegen und die treulosen Verwalter zur Rechenschaft zu ziehen, in der Hauptsache aber verwiesen sie auf einen allgemeinen Landtag.
Damit Hans Albrecht die Möglichkeit erhielte, einen eigenen Haushalt zu führen, schlossen die Herzöge am 9. Juli einen Interimsvertrag zu Güstrow, wonach Hans Albrecht bis zum Ableben ihres Großoheims Karl, - dann sollte der Vergleich vom 28. April 1608 in Kraft treten - zu seinem Unterhalte die vorhin von Herzog Christoph innegehabten Ämter Gadebusch und Tempzin nebst einem Jahrgeld von 1600 Gulden, halb zu Antoni, halb zu Johannis zahlbar, erhalten sollte. 49 ) Alles andre, aus
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genommen die Wittumsämter, sollte Adolf Friedrich behalten, dafür aber auch alle Lasten und Abgaben der Landesverwaltung begleichen, die väterlichen Schulden verzinsen und die Prinzessin=Schwester unterhalten. Am gleichen Tage wurde ein Verzeichnis aller Schulden aufgestellt, die die Höhe von 766 681 Gulden erreicht hatten. 50 )
Nach diesen mit seinem Bruder getroffenen Abmachungen reiste Hans Albrecht nach Stockholm und vermählte sich dort am 9. Oktober 1608. Von väterlicher Seite waren seiner Gemahlin 20 000 Taler 51 ) zugesichert, die ein Landtag vom November 1609 auch bewilligte. Außerdem hatte sie Anspruch auf die großen Rückstände des Brautschatzes ihrer Mutter. 52 ) Am 17. Januar 1609 wurden davon 20 000 Taler zu Hamburg deponiert und am 19. April desselben Jahres mit dem Vorbehalt der Rückzahlung an die Krone Schweden im Falle eines unbeerbten Ablebens der Herzogin an Adolf Friedrich gegen Verpfändung des Amtes Crivitz gegeben. Das übrige noch rückständige Geld konnte Hans Albeecht trotz wiederholter Bitten und Forderungen jetzt nicht erhalten. 53 )
Unterdessen war Adolf Friedrich aufs eifrigste darauf bedacht, aus eigener Kraft seine finanzielle Lage besser zu gestalten. Wegen des hohen Kurses der Reichstaler 54 ) beschloß er, die Hebungen von den Ämtern statt in Gulden in dieser Münze einfordern zu lassen. Herzog Karl, den er von seinem Vorhaben am 3. Februar 1610 in Kenntnis setzte, riet ihm aber von seinem Plane ab, weil die Zeiten ungeeignet wären und er dann keine Pächter finden würde. 55 ) Ferner trug Adolf Friedrich seinem Kanzler Hajo von Nessen auf, 56 ) ihm Vorschläge zu machen, wie der Aufwand der Hofhaltung
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einzuschränken und jährlich wenigstens doch etwas zum Schuldenabtrag zu erübrigen sei. Aus dem Verzeichnis aber, das dieser nach Überlegung mit dem Rentmeister Adolf Friedrichs im Jahre 1609 vorlegte, ergab sich das niederschmetternde Resultat, daß zur Bestreitung der ganzen Hofhaltung, der Besoldung aller Beamten usw. jährlich 25144 Gulden nötig waren, während sich die Einkünfte aus allen Ämtern, aus Zöllen und Orbören nach Abtrag der Zinsen nur auf 14144 Gulden beliefen, so daß also jährlich ca. 11000 Gulden Schulden gemacht werden mußten. 57 ) Der Kanzler riet Adolf Friedrich daher, zusammen mit seinem Bruder und Großonkel von den Ständen eine Beihilfe zu fordern. Hiernach vereinbarten die Fürsten mit Herzog Karl, nachdem sie die Erbhuldigung überall im Lande persönlich entgegengenommen, die Berufung eines Landtages, der dann von letzterem 58 ) zum 1. November 1609 nach Wismar ausgeschrieben wurde. Er sollte sich mit der Beihilfe der Stände zum Abtrag der fürstlichen Schulden, mit Bewilligung der Fräuleinsteuer für Hans Albrechts Gemahlin als einer geborenen Herzogin zu Mecklenburg und mit einer eventuellen Kontribution für die erschöpfte Kasse der Kreisstände befassen. Bei dem ersten Punkt verzichtete Herzog Karl für seinen Teil zugunsten seiner Großneffen. Am 5. November gaben darauf die Stände ihre Resolution ab, allerdings nicht eher, als bis der Rentmeister der Fürsten, Andreas Meier, 59 ) dessen ungetreue Verwaltung die Stände vor allem als die Ursache der großen Verschuldung des fürstlichen Hauses ansahen, in Haft genommen war. 60 ) Aber auch jetzt war die Antwort nicht befriedigend. Zwar
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bewilligten sie, obgleich sie es als gegen das Herkommen erachteten, für eines abgefundenen Prinzen (des verstorbenen Herzogs Christoph) Tochter auf Kosten des ganzen Landes eine Fräuleinsteuer aufzubringen, aus persönlichen Rücksichten, und weil das Geld im Lande blieb, diese in Höhe von 20000 Gulden, aber die beiden andern Forderungen wurden für noch unnötig gehalten. Sie empfahlen den Fürsten wiederum eine strengere Rechnungsaufnahme ihres Rentmeisters und machten alle weiteren Geldbewilligungen vor allem von einer genügenden Abhilfe ihrer Beschwerden abhängig.
In diesen, welche sie gemeine Gravamina 61 ) nannten, war zunächst der Wunsch geäußert, die Fürsten möchten in Gemeinschaft mit ihnen eine erneute Revision der Kirchenordnung vornehmen lassen. Dies Ansinnen lehnten jedoch die Fürsten ab, weil sie sich als die Rechtsnachfolger der Bischöfe ansahen und sich demnach nicht für verpflichtet hielten, in kirchlichen Dingen den Rat der Stände einzuholen. Sodann baten sie um Verbesserung der Gerichtsordnung und um mehr Ernst und Eifer bei Prozessen und andern Rechtshandlungen, und hieran reihten sich endlich noch Bitten um Aufhebung der neuen und erhöhten Zölle, um Abtretung des Landkastens 62 ) und um Einschränkung der Jagdbefugnis.
Darauf übergab die Ritterschaft für sich ihre noch unerledigten Beschwerden 63 ) und bat zunächst, daß ihnen das, was ihnen 1606 bewilligt wäre, in einen Revers gebracht, unterschrieben und besiegelt würde, "damit man doch in einigen Dingen Gewißheit habe." Vor allen Dingen baten sie um Revision der constitutiones feudales (des Lehnsrechtes), um Verhinderung von Durchzügen fremden Kriegsvolkes durch das Land und schließlich um Einführung von Aufwandsgesetzen (leges sumptuariae) und harten Strafen gegen die eingerissene Unsittlichkeit und Falschmünzerei.
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Auch die Städte wandten sich mit einer Bittschrift an die Herzöge, worin sie wie die Ritterschaft darum baten, daß ihre 1607 erledigten Gravamina ihnen in einem Revers bestätigt werden möchten.
Herzog Karl benachrichtigte hierauf die Stände am 14. Mai, daß er ihnen am kommenden Deputationstage zu Wismar, am 11. Juni 1610, antworten lassen werde, und beauftragte seinen Kanzler Daniel Töllner, den Ständen die fürstlichen Resolutionen unter der Bedingung zu geben, daß sie nun die fürstlichen Schulden übernähmen. Zugleich wurde ihm in seiner Instruktion aufgetragen, mit den Ständen darüber zu verhandeln, wie sie sich zu einem Bündnis mit den Führern der gegen die katholische Liga gebildeten protestantischen Union, von denen die Herzöge zum Beitritt aufgefordert waren, stellen würden.
Am 14. Juni 1610 gaben die Stände eine Erklärung ab, in der sie für die Resolutionen der Fürsten und die Abstellung einiger Beschwerden dankten, zugleich aber baten, die noch übrig gebliebenen Punkte ihrer Gravamina zu erledigen. Würden alle berücksichtigt, dann wollten auch sie auf dem nächsten Landtage ihre Erklärung über die Forderungen der Fürsten abgeben. Jetzt sei es überall unmöglich, da die Sachen von solcher Wichtigkeit wären, daß außerhalb eines gemeinen Landtages und einer Beschlußfassung sämtlicher Stände deswegen nichts Bestimmtes abgemacht werden könnte. 64 )
Dieser Resolution fügten sie die Bitte um Zusammenfassung aller ihnen gegebenen fürstlichen Resolutionen in einem Assekurationsreverse hinzu.
Da der Deputationstag somit in der Hauptsache ohne Erfolg verlaufen war, berief Herzog Karl zum 25. Juni 1610 einen Landtag nach Sternberg, 65 ) der tags darauf eröffnet wurde. Adolf Friedrichs Kanzler, Hajo von Nessen, übergab die fürstliche Proposition, die sich von der früheren außer einer Forderung von 5000 Reichstalern 66 ) alsZulage zu der Fräuleinsteuer nicht unterschied. Er erklärte, die Herzöge wären bereit, der Landschaft soviel Vor=
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rechte wie noch nie einzuräumen; daher möchten die Stände nun durch Verweigerung der gesuchten Hülfe nicht mehr zu erzwingen suchen, als die Fürsten ihnen überhaupt bewilligen könnten. Sodann gab er im Namen aller drei Fürsten eine Erklärung ab, in der den Beschwerden der Stände in der weitgehendsten Weise Rechnung getragen wurde.
Drei Tage berieten die Stände miteinander. Dann antworteten sie unter Betonung ihres eigenen Unvermögens hinsichtlich der Kontribution, daß sie 200000 Gulden aufbringen wollten, wenn die Herzöge sich verpflichteten, die verpfändeten Ämter einzulösen, die unerledigten Forderungen der Stände zu erfüllen und in einem Assekurationsrevers zu bestätigen und außerdem den Rentmeister zur Rechenschaft zu ziehen und zu bestrafen. 67 )
Die Fräuleinsteuer anlangend, erklärten sie sich bereit, außer den schon bewilligten 20000 Gulden den Fürsten die geforderten 5000 Taler zu geben, doch sollte diese Zugabe nicht als eine Erhöhung der Fräuleinsteuer, sondern als ein "liberrimum donum" angesehen werden. Hinsichtlich des dritten Punktes, der Union, widerrieten die Stände aus allen Kräften, besonders aus finanziellen Rücksichten; "die Conföderation wäre nur auf Zulage und Contribution (! ) gemeinet". Schon am folgenden Tage aber, dem 30. Juni, erklärten die Herzöge, daß die Regierung, wenn nicht mehr als 200 000 Gulden bewilligt würden, nicht bestehen könnte. Sie baten nochmals darum, daß wenigstens "5 Tonnen Goldes", also 500000 Gulden aufgebracht würden. Wenn sie diese bekämen, wollten sie bezüglich der Verfügung darüber und der übrigen daran geknüpften Bedingungen den Wünschen der Stände nachkommen. Die als Zulage zur Fräuleinsteuer bewilligten 5000 Reichstaler nahmen sie an. Hinsichtlich der Union versprachen sie, sich ohne Not und Vorwissen der Stände dem Bündnis nicht anzuschließen.
Jetzt fanden sich die Stände dazu bereit, der schon bewilligten Summe noch 100000 Gulden hinzuzulegen und also im ganzen nun 300000 Gulden aufzubringen.
Aber damit waren die Forderungen der Fürsten nicht erfüllt, und so ging auch dieser Landtag, ohne ein Einverständnis in den Hauptsachen erreicht zu haben, erfolglos auseinander. Es war zugleich der letzte, welchem Herzog Karl beiwohnte, denn schon am 22. Juli 1610 starb er, 70 Jahre alt, zu Güstrow. Damit fiel den jungen Herzögen auch die Herrschaft über den
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güstrowschen Teil zu. Aber auch dies Gebiet war verschuldet, so daß es zurzeit nur neue Bürden brachte und die Sorgenlast vermehrte. Doch die Fürsten gaben die Hoffnung auf Besserung der Lage noch nicht auf und versuchten noch einmal, ihre Forderungen durchzusetzen. Zum 24. September 1610 wurde ein neuer Landtag nach Sternberg ausgeschrieben. Die Fürsten erklärten, 300000 Gulden wären zu gering, als daß ihnen dadurch von Grund aus geholfen werden könnte. Die Landesvertreter aber ließen sich nicht zu größeren Opfern bewegen. Das Einkommen aus den durch Karls Tod sehr vermehrten Kammergütern, eine eifrige Aufsicht über die Rentereibeamten und eine sparsame Wirtschaft würden auch ohne weitere Kontribution die Not beseitigen, war ihr Bescheid.
Als die Herzöge also keine Aussicht auf Erfüllung ihrer Forderungen sahen, machten sie den Ständen noch einen Vorschlag. Sie erklärten sich bereit, ihnen gewisse Ämter mit den darauf liegenden Schulden auf gewisse Zeit zu überlassen. Ritter= und Landschaft sollten dieselben während dieser Zeit bewirtschaften und sie ihnen dann, wenn die Zeit verflossen wäre, schuldenfrei zurückgeben.
Um dies reiflich zu erwägen, erbaten die Stände eine Bedenkzeit. Sie wurde gewährt. Zugleich ließen die Herzöge ihnen, um sie sich und ihren Forderungen geneigter zu machen, einen Entwurf des Assekurationsreverses hinsichtlich der oben erwähnten Punkte vorlegen.
Vier Wochen nach diesem Landtag zu Sternberg wurde dann am 30. Oktober 1610 zu Güstrow ein neuer abgehalten. Die Stände bedankten sich hier zunächst für den erhaltenen Assekurationsrevers, berieten aber hauptsächlich nur, in welchen Punkten sie noch Ergänzungen in dem erhaltenen Revers erreichen könnten. Mit einer Bitte um die andere suchten sie ihre Rechte den bedrängten Fürsten gegenüber zu verstärken. Der Adel forderte als ein freier Stand, der aller , Kontributionen" überhoben wäre, daß ein dreißig Jahre im Besitz gewesenes Lehngut keiner Revokation unterworfen sein sollte. Die Städte begehrten, daß ihnen der "Abschuß" von den fortziehenden Einwohnern und das Recht, Zünfte zu errichten, bewilligt und eine "reine" Erklärung gegeben würde, daß die Ausfuhr des Getreides zur See, wie auch das Mälzen (Malzbereiten) und Brauen zum Verkauf ihnen allein gehörte, u. a. m. Vielleicht wären zu der angebotenen Summe von 300000 Gulden noch 50000 hinzugelegt worden, wozu sich einige von der Ritterschaft anfangs bereit
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erklärten, 68 ) dann aber hätten die Fürsten noch auf bedeutend mehr Forderungen der Stände eingehen müssen, wobei sie auf jeden Fall den kürzeren gezogen hätten. So hartnäckig sich die Stände in dem Streben nach Sicherstellung und Erweiterung ihrer Vorrechte zeigten, so zäh widerstanden sie allen Bitten und Forderungen der Fürsten um Gewährung der für die Schuldentilgung unbedingt erforderlichen Summe von 500000 Gulden und ließen es bei dem schon zu Sternberg gemachten Angebot von 300000 Gulden bewenden. Auf Übernahme ganzer Ämter und der darauf ruhenden Schuldenlast gingen sie nicht ein.
Um wenigstens der äußersten Not abzuhelfen, nahmen die Fürsten endlich das Anerbieten der Stände an und bestimmten zugleich, auf welche Ämter die einzelnen Summen bezahlt werden sollten. Auch wegen des modus contribuendi, besonders einer stärkeren Heranziehung der niederen Bevölkerungsklassen zur Besteuerung, ließen die Fürsten ihnen freie Hand. Alle diese Maßregeln aber waren noch zu früh getroffen, denn als man die Auszahlung des Geldes erwartete, ließen die Stände erkennen, 69 ) daß sie überhaupt nicht eher etwas zu geben gedächten, bis ihre Beschwerden völlig erledigt wären. Der ihnen vorgelegte Revers wäre nicht bestimmt genug abgefaßt und ihren Gravamina nicht so, wie sie erwartet hätten, abgeholfen worden. Schließlich reisten sie einfach, wie es bei ihnen üblich war, vor dem Schluß des Landtages ab, und die wenigen Zurückgebliebenen konnten und wollten dann natürlich nichts Bindendes beschließen. Dieser Gang der Verhandlungen und die andauernde Halsstarrigkeit der Stände mußte den Fürsten auf die Zeit natürlich im höchsten Grade unerträglich werden.
Da griffen sie zu dem letzten Mittel, die Stände gefügiger zu machen, zu der Teilung des ganzen Landes, der sogenannten Totaldivision. War es die Furcht, daß Herzog Hans Albrecht den Kalvinismus in seinem Landesteil eiuführen würde, oder die Angst, dann, wo sie geteilt und damit die in ihrer zusammenhaltenden Menge beruhende Macht stark verringert wäre, den Forderungen der Fürsten weniger leicht widerstehen zu können - jedenfalls wurden sie aufs äußerste erregt, als sie diesen Plan der Fürsten erfuhren.
Um hierzu Stellung zu nehmen, hielten sie am 16. Januar 1612 zu Güstrow, wohin sie als Zeugen zu der am 2. Februar
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stattfindenden Taufe von Hans Albrechts erstem Sohn Johann Christoph geladenwaren, eine Versammlung ab. Das Resultat dieser Beratung übergaben sie in einer Schrift dem Kanzler zu Güstrow. Sie behaupteten darin, eine gänzliche Teilung Mecklenburgs und seiner Bewohner wäre wider das Herkommen und der Wohlfahrt des Landes schädlich. Nur unter der Bedingung, von einer ihnen so gefährlich erscheinenden Neuerung verschont zu bleiben, und bei Ausstellung eines klaren Reverses machten sie Hoffnung, auf dem nächsten Landtage anstatt der nun schon zweimal bewilligten 300 000 Gulden für jeden Herzog 100000 Taler innerhalb dreier Jahre aufzubringen. Da ein Gulden zu 24 Schilling, 70 ) ein Taler damals aber zu 37 Schilling gerechnet wurde, so betrug letzteres Angebot 7 400 000 Schilling gegenüber 7 200 000 Schilling des ersteren, mithin 200 000 Schilling = 8333 Gulden = 5405 Taler mehr. Diese relativ ganz geringe Zulage erfüllte aber keineswegs die Forderung der Fürsten. Vielmehr wurde Adolf Friedrich durch die neue Widersetzlichkeit aufs äußerste empört. Er erklärte die Zusammenkunft, die ohne das Vorwissen der Landesherren abgehalten wäre, für gesetzwidrig und die Schrift für beleidigend; dem Adel ließ er gleichzeitig durch die Landmarschälle verbieten, sich in Dinge zu mischen, "die ihn nicht angingen". Sie sollten vielmehr den gebührenden Respekt wahren, "weil er widrigenfalls es an den nötigen Gegenmaßregeln nicht fehlen lassen werde". 71 )
Eine solche Sprache ihres Landesherrn hatten die Stände
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bisher noch nicht gehört. 72 ) Durch diese scharfe Zurückweisung wurde das Band gelöst, das sie mit den Fürsten vereinigte, und bewirkt, daß nun acht Jahre hindurch kein Landtag ab gehalten wurde.
Nach dem Sinne Hans Albrechts war dies schroffe Vorgehen keineswegs. 73 ) Er hätte viel lieber gesehen, die angebotene Summe wäre angenommen und den Forderungen der Stände nachgegeben worden. Da der Assekurationsrevers doch schon herausgegeben wäre, meinte er, den Ständen auch noch in einigen weiteren Punkten nachgeben zu können, um endlich die zur Schuldentilgung unbedingt erforderlichen Summen in die Hand zu bekommen. Adolf Friedrich aber hörte auf solche Vorstellungen nicht. Sein Ehrgefühl war zu tief verletzt, als daß er seines Bruders Wünschen hierin hätte folgen und sich den Ständen noch weiter hätte fügen können. Dazu wären auch zu viele Landtage mit großen Kosten zwecklos abgehalten und ihre Reden von den Ständen zu sehr "cujoniert". 74 ) Nach endlicher Bewilligung der Hilfe würden sie doch nur darauf bedacht sein, immer mehr Rechte der Krone an sich zu reißen. Lieber aber, als sich weiter zu demütigen, wollte er zusehen, mit seinen Schulden allein fertig zu werden. Auch Hans Albrecht müßte bei reiflicher Überlegung so handeln. Hinzuzufügen vergaß er hierbei wohlweislich nicht, daß die Verhältnisse sich allerdings anders gestalten würden, wenn sie die Totaldivision in die Wege leiteten. Dann wäre Hans Albrecht frei und könnte die Hälfte der bewilligten Summe ohne Rücksicht auf ihn gegen die Ausstellung des Assekurationsreverses von seinem Landesteil entgegennehmen.
Aber an diese Totaldivision war fürs erste noch nicht zu denken, hatte man doch jetzt noch nicht einmal die viel unbedeutendere Ämterteilung, die schon 1608 beschlossen und 1611 endlich begonnen war, gänzlich durchgeführt, viel weniger noch alle dabei entstandenen Schwierigkeiten beseitigt. - Um die fernere Entwicklung des Kampfes der Fürsten mit den Ständen weiter verfolgen und richtig erkennen zu können und lästige Wiederholungen zu vermeiden, ist es notwendig, unser Augenmerk zunächst dieser inzwischen vorgenommenen Ämterteilung zuzuwenden.
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3.
Wir erinnern uns, wie die Herzöge unter dem Einfluß Herzog Karls und ihrer Mutter in dem brüderlichen Vertrag vom 28. April 1608 beschlossen, alle Ämter des Landes in zwei gleiche Teile zu zerlegen. Obwohl dieser denkwürdige Beschluß schon 1608 gefaßt war, so ging doch bis zum Beginn der vorbereitenden Taxierungen noch über ein Jahr unbenutzt hin, denn Herzog Karl hielt es für nötig, daß zuvor die Erbhuldigungen beendet würden. Schließlich aber brachte Adolf Friedrich die Angelegenheit in Fluß. 75 ) Auf seine Bitte ließ Karl von seinem Rat, dem späteren Kanzler Hans Albrechts, Dr. Ernst Cothmann, die "Instruktion für die zu der Exaequation der Ämter deputierten Räte" anfertigen. Am 22. Februar 1610 wurde dieselbe nach längeren Verhandlungen glücklich fertiggestellt. Darin wurde den Räten, die mit der Taxierung der Ämter betraut wurden, 76 ) aufgetragen, die jährlichen Intraden und Einkünfte der Güter genau aufzuzeichnen, auch die Gebäude abzuschätzen und dabei auf deren Zustand zu achten und in Erwägung zu ziehen, ob größere Reparaturen notwendig wären, oder ob sie durch Errichtung von neuen Gebäuden und anderen Verbesserungen zu höherer Leistungsfähigkeit gebracht werden könnten. 77 ) Sie sollten auch beachten, wieviel Pacht die Bauern bezahlten, 78 ) ob sie dieselbe gut aufbringen könnten, und ferner, wieviel Jägereien und Wälder und damit verbundene Mastungen bei den Gütern wären.
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So sollten sie den ganzen Besitz auf den Ämtern und die Höhe der Einnahmen daraus veranschlagen und sodann von einem jeden Amt die Summe angeben, die es wert wäre. Hiernach verlangte die Instruktion, daß die verschiedenen Ämter "gegen einander gesetzt" und in zwei möglichst gleiche Teile gebracht würden. Soweit es möglich wäre, sollten hierbei Auswechselungen vorgenommen werden, indem Dörfer, die von ihren Ämtern weit entfernt lagen oder gar verschiedenen Ämtern Abgaben zahlen mußten, mit anderen, besser gelegenen vertauscht würden. Um ein einigermaßen sicheres Urteil über das Einkommen der Ämter zu gewinnen, wurden die Einkommenregister der Jahre 1581 bis 1583 mit denen von 1607 bis 1609 verglichen und aus diesen ein Durchschnitt zusammengestellt. Diese "Extrakte" aus den einzelnen Amtsregistern verfertigten die Amtleute, doch stellte sich später wiederholt heraus, daß sie manches überschlagen und im allgemeinen viel niedrigere Summen angegeben hatten, als die Deputierten bei "Beziehung" der einzelnen Ämter 79 ) und vorgenommener genauer Schätzung feststellen konnten. 80 ) Es war auf keinen Fall eine leichte Aufgabe für die Deputierten, alles genau zu beachten und in Anschlag zu bringen, und nur in geraumer Zeit ließ sich das schwierige Werk vollbringen. 81 ) Auch konnten sich die Deputierten selbst nicht andauernd mit der Sache beschäftigen. Denn da sie von dem Ertrage ihrer Güter lebten, - auf große Dotationen von den Fürsten konnten sie nicht rechnen - 82 ) waren sie natürlich darauf bedacht, während der Zeit der Saat, der Ernte und des Umschlags (d. i. des Termins) zu Hause und für sich tätig zu sein.
Hierdurch wurde das Werk wiederholt unangenehm unterbrochen, aber ganz abgesehen davon, traten auch sonst noch genug
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Schwierigkeiten ein, die dazu beitrugen, die Teilung zu verzögern. Oft waren z. B. die Register nicht zu finden, oder sie erwiesen sich als sehr unrichtig und unbrauchbar. Viel hemmender aber waren für die Sache noch die verschiedenen Maße, die im Lande gebraucht wurden. Zur Regelung dieser Schwierigkeit mußten die Amtleute einen "Amtsscheffel mit aufgebranntem Amtsvermerk" einschicken. 83 ) Viel Sorgfalt erforderte es natürlich, daß hierbei keine Versehen unterschlüpften, 84 ) und wenn auch bald zwei Notare, Mathias Eberdes und Stephan Schilling, bestellt wurden, jeden Extrakt aus den Registern zu beglaubigen, so hatte dies wiederum weitere Verzögerung zur Folge 85 ). Die Verantwortlichkeit und die Größe des Werkes und besonders mancherlei Fehler in den Schätzungen erforderten sorgfältige, zeitraubende Arbeit.
Ein Verlust für die Fürsten war es, als Herzog Karl, der mit regem Interesse 86 ) ihr Vorhaben gefördert und manche Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen glücklich beigelegt hatte, nach kurzer Krankheit starb. Jetzt hielten die Stände des Landes die Zeit für gekommen, ihren Einfluß geltend zu machen. Am 19. Juli 1610 wandten sich die Landräte mit einem Bedenken an die Herzöge, 87 ) in dem sie rieten, es bei der Teilung, wie sie unter Johann Albrecht I. und Ulrich gewesen, verbleiben zu lassen, denn die neue Teilung würde nur viel Geld und Zeit erfordern. Zur Vermeidung schweren Streites baten sie, wenigstens auf keinen Fall die Regierung eher zu ergreifen, als bis die Teilung gänzlich vollzogen wäre. Diese Ratschläge der Landräte hatten zur Folge, daß die Herzöge die Verhältnisse abermals eingehend erwogen und sich in einem neuen Vertrage einigten.
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Dieser Interimsvertrag vom 24. Juli 1610, 88 ) so genannt, weil seine Bestimmungen nur auf die Zeit bis zum völligen Ausgleiche der beiden Landesteile Schwerin und Güstrow gerichtet waren, forderte möglichste Beseitigung aller Ungleichheiten, 89 ) gerechte Verteilung der bis jetzt von Adolf Friedrich allein getragenen Schulden und Übernahme auch der Obligationen Karls zu gleichen und teilen. Die 1000 Gulden betragende jährliche Rente des verstorbenen Herzogs an Hans Albrecht sollte diesem zu Antoni zum letztenmal zur Hälfte ausgezahlt werden. Zugleich einigte man sich, die Beamten des güstrowschen Teils fürs erste in ihren Ämtern zu belassen und bis zur Vollendung der Erbteilung alle Ämter gemeinsam zu verwalten. Bis dahin behielt Adolf Friedrich für seinen Unterhalt Strelitz und Stavenhagen und Hans Albrecht Gadebusch, Tempzin und Neukloster, jedoch mit dem Vorbehalt eines näheren Ausgleichs ihres verschiedenen Ertrages. Alle übrigen schwerinschen Ämter wurden gegen Vergütung der Verbesserungskosten zur allgemeinen Teilung zurückgegeben.
Am 8. August erneuerten die Herzöge die Instruktion für die Deputierten. Die Berechnung der Ämter sollte allein auf die Kollationierung der Amtsregister der Jahre 1606 bis 1609 beschränkt werden. Auch sollte eine Verhinderung 90 ) des einen oder andern Deputierten das Werk in keiner Weise aufhalten. Dieser Instruktion gemäß wurden wiederum einige Ämter abgeschätzt, doch schon am 3. September 1610 fand abermals eine Änderung statt. Es sollten nunmehr auch die Leibgedinge und "Holzungen" 91 ) der Schätzung unterworfen und die Einkünfte der Flußschiffahrt, die bisher gemeinsam gewesen, den Einnahmen der betreffenden Ämter zugerechnet werden. Ferner wurden die Deputierten angewiesen, die beisammen gelegenen Ämter, Dörfer und kleinen Städte, wenn möglich, nicht voneinander zu trennen. 92 )
Anfang April 1611 war die Abschätzung der Ämter, der erste Teil des Werkes, glücklich vollendet. Am 13. statteten die Deputierten den Herzögen in einer Relation Bericht über ihre Tätigkeit ab. In dem Register, das sie nach langer mühseliger
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Arbeit aus den Extrakten aufstellen konnten, waren vor allem die Beträge von den "stehenden und schwankenden Geldhebungen" und der zu Geld berechneten Abgaben von Korn verzeichnet. Aber auch die Erträge der "Mühlenpächte" 93 ) und Heuernten und Aufzucht von Schweinen und Schafen, 94 ) sowie der Butter= und Käsebereitung waren abgeschätzt, nachdem in ihrer Berechnung Gleichheit geschaffen war. Ebenso fanden Wiesen, Gärten (Küchen=, auch Hasen= und Fuchsgärten), Fischereien und Holzungen gebührende Berücksichtigung. Auch die Deputatdienste, die den Ämtern geleistet werden mußten, wurden der einfacheren Rechnung halber und um möglichst Zeit zu gewinnen, in Geld umgerechnet und "also 95 ) die mannspersonen, jedoch cum quodam moderamine, auf fünfzig und die weibespersonen auf jedem amt und hofe auf dreißig gulden gesetzet". Als die Aufrechnung der Ämter und ihrer Intraden von den Deputierten bewerkstelligt war, ging man daran, die Teilung auszuführen. Am 26. April erhielten die Verordneten von den Herzögen den Befehl, ihre Meinung darüber kund zu tun, wie die Teilung am besten vor sich gehen 96 ) könnte. Anfangs getrauten sie sich nicht, diese wichtige Sache allein anzufassen, glaubten auch wohl, die Herzöge würden es zuvor mit ihren Räten reiflich überlegen und sie selbst dann nur bei der einen oder andern Schwierigkeit hinzuziehen. Letzteres geschah jedoch nicht, vielmehr forderten die Fürsten sie abermals auf, sich über den Teilungsmodus zu äußern. Daher machten sie sich dann schließlich ans Werk. Anfangs versuchten sie, abgesehen von einigen Auswechselungen, es bei der alten Teilung, in den güstrowschen und schwerinschen Teil zu belassen. Bei reiflicher Überlegung erschienen ihnen aber die Verhältnisse gegen früher so verändert, 97 ) daß sie es für gut hielten, einige Ämter des schwerinschen Teiles gegen entsprechende des güstrowschen zu vertauschen und umgekehrt und so Gleichheit zu schaffen. Zur
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Beratung dieser wichtigen Sachen schlug Adolf Friedrich seinem Bruder am 8. Mai 1611 98 ) vor, daß einer von ihnen in Doberan, der andere in Schwerin Wohnung nehmen sollte, damit sie in der Nähe der "Deputierten wären, die in Doberan verhandelten, und so die Verhandlungen nicht länger durch zeitraubend es Hin= und Herschicken der ,Akten verzögert würden. 99 ) Wegen der Wichtigkeit der Sachen hielt er es für gut, zu besserer Beratung noch einige Fürsten hinzuzuziehen, wie es früher geschehen war. Er selbst beabsichtigte, den Pfalzgrafen Philipp Ludwig bei Rhein und den Herzog Johann Adolf zu Schleswig=Holstein zu Vertretern seiner Interessen zu wählen. 100 ) Auf sein Ansinnen an Hans Albrecht, sich ebenfalls zwei Fürsten zu Beratern zu erbitten, ging dieser aber nicht ein. Er äußerte in seiner Antwort vom 9. Mai, man möchte nur, ohne noch lange zu beraten, bald zur Teilung schreiten, weil ja doch alles durchs Los entschieden würde, eine vollständig gleiche Teilung aber ein Unding wäre. Wenn Adolf Friedrich jedoch die Sache nochmals von den Deputierten, möchte beraten wissen, so wollte er sich schließlich auch dazu bereit finden lassen. Zur Teilung aber nun noch fremde Fürsten hinzuzuziehen, hielte er nicht für geraten. Mit Recht schrieb er, es wäre auch bei den bestehenden gefährlichen Zeiten nicht unbedenklich, den "Zustand" des Herzogtums vor Fremden aufzudecken und eine Angelegenheit, die sie unter sich abmachen könnten, an die breite Öffentlichkeit zu ziehen. Schließlich bat er nochmals dringend, die Sache möglichst zu beschleunigen.
In einer neuen Beratung vom 3. Juni 1611 einigte man sich endlich dahin, daß die Deputierten nicht mehr in Doberan, sondern in dem in der Mitte zwischen Doberan und Schwaan gelegenen Meierhofe 101 ) Fahrenholz beraten sollten. Wohl um die Kosten eines besonderen Unterhaltes für sie zu sparen, und vor allem auch, um über den Gang der Verhandlung und alle Abmachungen sofort genaue Kenntnis zu haben, auch schnell Rat
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geben und so direkten Einfluß ausüben zu können, nahmen die Herzöge je zwei derselben zu sichins Quartier. Nur zu den Verhandlungen ritten die Deputierten nach Fahrenholz. Auf ihren Wunsch war ihnen von jeder Seite noch ein Beirat gegeben worden. Auf den 10. Juni wurde der Beginn der Verhandlungen in Fahrenholz festgesetzt. Bis dahin sollte jeder Fürst über das, was er noch zu ändern nötig hielt, seine "Bebenken" aufsetzen und dem anderen zuschicken. 102 ) Dabei zeigten die Fürsten, wie überhaupt bei den ganzen Verhandlungen, eine gar ängstliche Vorsicht. Jeder war peinlichst darauf bedacht, stets das Äußerste für sich zu fordern, und suchte' um nichts zu vergessen, möglichst, ehe er seine Bedenken aus der Hand gab, zuvor die des Gegners kennen zu lernen, und auf diese Weise, wenn irgend angängig' noch Vorteil für sich herauszuschlagen. 103 )
Am 11. Juni begannen die Deputierten zu Fahrenholz ihre täglichen Verhandlungen. Ein besonders heißer und langer Kampf entspann sich über den Punkt, wie die Ämter zusammengelegt werden sollten. Hauptsächlich bildeten Dömitz und Boizenburg als die einzigen Festungen und Handelshäfen des Landes an der Elbe den Zankapfel. Auch die Verteilung der Grenzämter machte große Schwierigkeiten, denn keiner wünschte mehr als der andere durch die andauernden Grenzstreitigkeiten belästigt zu werden. Außerdem sollte die Trennung so geschehen, daß nachher kein Amt aus dem andern Hebungen hätte. Ebenso war auf günstige Zuteilung der "Ablager", 104 ) auf zusammenhängende Forsten und Wildbahnen 105 ) zu achten; kurz, jeder Fürst suchte sich, so gut es ging, einen möglichst abgerundeten, in sich geschlossenen Landesteil zu verschaffen. Auch die Voneinandersetzung der Leibgedinge, welche die beiden verwitweten Herzoginnen, Anna, die zweite Gemahlin Herzog Ulrichs' und die Herzoginmutter, innehatten, war mit großen Schwierigkeiten verknüpft, denn die Herzoginnen waren keineswegs gewillt, genauen Bericht über Einkommen und Stand ihrer Ämter abzulegen. Erst nach vielen
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vergeblichen Beteuerungen, daß es nicht Neugierde, sondern zum Teilungswerk unbedingt notwendig wäre, 106 ) erlangten die Herzöge, daß schließlich ihre Großtante, die Herzogin Anna, die Grabow, Grevesmühlen, Walsmühlen und Gorlosen innehatte, in die Abschätzung willigte. 107 ) Ihre Mutter aber schlug ihnen ihr Begehren rundweg ab und sandte nur die Register von drei Jahren, "woraus das notwendigste zu ersehen" sein würde. Die Verhandlungen, die auf Hans Albrechts Wunsch nur noch mündlich geführt wurden, erfuhren eine erneute Verzögerung, als man zu der Teilung der Ämter Gadebusch. und Tempzin kam, die, wie erwähnt, anfangs Hans Albrecht zum Wohnsitz und seiner Gemahlin als event. Witwensitz bestimmt waren. Adolf Friedrich forderte, daß, falls die Ämter ihm durch das Los zufielen, nicht nur Hans Albrecht und seine Gemahlin darauf verzichteten, sondern daß ihm auch "wegen der 108 ) von herzog Christophers . . . erster gemahlin herrührenden ehegelder, dafür gemeldte ämter zum unterpfand gleichsam verschrieben, genugsam assecuriert werden möge".
Es waren nämlich Herzog Christophs erster Gemahlin Dorothea, der Tochter König Friedrichs I. von Dänemark, 20000 Taler als Mitgift gegeben und dafür für den Fall ihres kinderlosen Ablebens die Ämter Gadebusch und Tempzin verpfändet worden. Die Herzogin war nun am 11. November 1575 ohne Leibeserben verstorben, und Dänemark hatte darauf auf die beiden verpfändeten Ämter Anspruch erhoben. Als nun Hans Albrecht II. Christophs Tochter Margarethe Elisabeth heiratete, bekam er als Heiratsgeld vom Lande, wie oben erwähnt, 20000 Taler, die in Rostock zinsbar belegt wurden. Weil hierdurch den Herzögen wieder flüssige Gelder zu Gebote standen, so bewirkte Dänemark einen kaiserlichen Arrest, sich für seine eingetragenen Gelder auf Gadebusch und Tempzin an den Brautschatz halten zu können. Dadurch wurden diese Ämter von Dänemark frei, gingen dafür aber in den unmittelbaren Besitz von Hans Albrecht oder vielmehr seiner Gemahlin über. 109 ) Damit die Ämter jedochwieder Gemeingut der Herzöge würden und auch für die Ämterteilung in Betracht kommen könnten, zahlte Adolf Friedrich an Hans Albrecht, als dieser zur Erbhuldigung Geld nötig hatte, 20000 Taler. Eine darüber ausgestellte Quittung unterzeichnete Hans Albrechts
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Gemahlin zwar, einen direkten Verzicht auf Gadebusch und Tempzin, den Adolf Friedrich verlangte, leistete sie aber nicht. Hierdurch fühlte sich Adolf Friedrich beunruhigt. Um nun, falls die betreffenden Ämter an ihn kommen würden, keine Scherereien zu haben, glaubte er auf seinen Forderungen bestehen zu müssen. Deshalb kames zu längeren Verhandlungen, und erst am 30. Juni sandte Hans Albrecht an Adolf Friedrich den ratifizierten Revers wegen der auf Gadebusch und Tempzin haftenden Hypotheken.
Solche und ähnliche Streitigkeiten und Reibereien waren an der Tagesordnung.
Man kann sich denken, wie sehr die Herzöge bestrebt waren, recht bald zu eigener Regierung zu kommen. Aber Adolf Friedrich fürchtete, daß Hans Albrecht, wenn die Ämter geteilt und verlost wären, einer weiteren Teilung des ganzen Landes große Schwierigkeiten in den Weg legen würde. Daher machte er den Vorschlag, das ganze Land zuvor in zwei völlig gesonderte Teile zu zerlegen und erst dann endgültig zu teilen. Hans Albrecht wollte hiervon, jedoch nichts wissen. Auch ihre Väter hätten wiederholt die Landteilung vorgenommen, aber niemals durchgeführt. Dies wäre der beste Beweis dafür, daß sie unmöglich wäre. Außerdem würde zu ihrer Vollführung auf jeden Fall viel Zeit erforderlich sein. Und gerade dieser Umstand schreckte ihn am meisten ab, denn er wollte auf keinen Fall noch länger "im Gedränge sitzen". Daher entschied er sich dafür, nur die Ämter teilen zu lassen. Adolf Friedrich aber war sich damals wohl selbst noch nicht ganz klar darüber, ob zur Zeit eine gänzliche Teilung überhaupt angebracht wäre. Vom 12. Juni 1611 haben wir eine eigenhändige Aufzeichnung von ihm, in der er in Erwägung zieht, "ob nicht ein Interimsvergleich auf zehn oder zwanzig Jahre zu machen" wäre. Die verschiedensten Gedanken gingen ihm damals durch den Kopf. Er überlegte sogar, ob es nicht überhaupt besser wäre, seinem Bruder die Regierung allein zu überlassen. Eine seiner von ihm selbst niedergeschriebenen Reflexionen lautet wörtlich folgendermaßen: 110 )
"Propos et pensees qui son venu en mon opinion et repose cela au quatre poinct:
I. Sy je laise le gouvernement de ce paix isi au mon frere seulement.
II. Ou que je luy laise jusques apres troys an.
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III. Ou que mon gouvernement depent seulement de moy mesme.
IV. Ou un gouvernement ensemble.
Bei dem ersten punct ist viel zu bedenken. Erstlich, ob ich kann unverheiratet bleiben, denn da nicht verheiratet, könnte dieser ohne einiges bedenken sehen, daß dabei wohl ein ruhsamer stand, da aber auf die ander meinung nach geschehenem dieses, wäre ich übel daran und konnte es bei der posteritet nicht verantworten. Zudem mucht der bruder erben bekommen, wo nicht mit dieser, jedoch mit einer anderen gemahl, so würde meine posteritet sich wenig zu erfreuen haben und würde ihnen noch ärger ergehen als mir anitzo, welches wohl zu bedenken. Den andern punct würde mir fast verklenerlich sein, daß ihn ein solches anmuten wäre, zudeme würde er auch große unordnung einführen, daß ich darnach zeit meines lebens genugsam zu corrigieren hätte. Die leute würden auch die desordre also gewohnt, daß nimmer daraus zu bringen. Betreffend den drittenpunct würde dieser in zwei unterschiedliche fragen geteilt 1. ob solches selbst, oder durch die räte selbst möchte wohl etwas gehen. Da komme aber nicht gerne an, wird mir auch nach meinem kopf nicht sein; 2. durch leute, - müßte ich einen statthalter haben. Wor der zu nehmen, mag gott wissen, der wird helfen, denn das manquement ist an leuten, die etwas verstehen und ein courage haben, die meinen adversaires dürfen den kopf bieten in meinem abwesen. Den vierten punct halte gar für nicht ratsam, sondern fast für hoch schädlich, denn wir uns doch darüber nicht vergleichen. Sehe also fast kein mittel oder hilfe. Gott, der mag helfen, der wird auch helfen um seines sohnes willen."
Um zu einem bestimmten Entschluß zu kommen, begehrte er wiederholt, die Meinung seiner Räte zu hören. Am 14. Juni erhielt er eine ausführliche Resolution von ihnen, der er dann im großen und ganzen folgte. Sie machten ihn darin auf die Schwierigkeit des Werkes aufmerksam. 111 ) Wenn er auch mit seinem Bruder einig wäre, so würde er die Untertanen doch nicht ohne ordentlichen Prozeß zum Einverständnis mit der Teilung bringen können, weil Akten vorhanden wären, wonach sie die Teilung verhindern könnten. Es würden sich auch die großen Städte nicht zwingen lassen. Wenn einer die Teilung
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hätte vollführen können, so wäre es sein Großvater Johann Albrecht I. gewesen, "der es als ein hochbegabter und weitbefreundeter fürst nicht würde, was geschehen können, stocken haben lassen". Sie rieten ihm daher vorerst von der Totaldivision ab, damit er sich nicht der Landschaft und seinem Bruder entfremdete. Erst sollte er die Ämter allein teilen. Wohl aber könnte er von Hans Albrecht einen Revers fordern, daß er ihm bei künftiger Totaldivision nicht hinderlich sein wollte. Später würde sich dann vielleicht immer noch Gelegenheit bieten, mit der Totaldivision zu Werke zu gehen.
Nach Kenntnisnahme dieser Resolution stand Adolf Friedrichs Entschluß fest. Besonders der Ietzte Punkt leuchtete ihm ein. Seine, eigenhändige Aufzeichnung lautet folgendermaßen: "Ich vermeine . . . mit meinem bruder nicht zu teilen als ganz erblich welches ich verstehe nicht allein auf unser ämter, sondern auch des ganzen landes, als auch des adels und der städte." Seine Gründe waren: die gänzliche Teilung wäre nicht nur der Billigkeit gemäß, sondern auch im Reiche gebräuchlich und wegen des "Gemenges", wegen Verhütung von Streit und Zank und endlich auch der Untertanen halber notwendig. Aber trotz dieser schwerwiegenden Gründe wollte er sich Hans Albrechts Wünschen anpassen und für jetzt nur die Teilung der Ämter vornehmen, "doch mit diesem beding , daß solche voneinandersetzung der ämter soll der künftigen erbteilung der ritterschaft und städte accommodiert werden, item, daß mein bruder dagegen zum künftigen sich reservieren undverpflichten soll". Für Hans Albrecht fügte er hinzu, er möchte sich doch überlegen, daß ihm die Totaldivision gar nicht nachteilig sein könnte, da er (Adolf Friedrich) selbst durch etwaige Ungelegenheiten doch ebensosehr wie Hans Albrecht getroffen würde. Er würde doch nicht seinen "eigenen schaden und verderb suchen!" Sollte aber Hans Albrecht hierin nicht willigen, so drohte er, auch die Teilung der Ämter nicht vollführen zu wollen.
Am 22. Juni 1611 ließ Adolf Friedrich zu Doberan einen diesbezüglichen Revers 112 ) aufstellen, worin sich beide Fürsten, um die Teilung der Ämter nicht noch länger aufzuschieben, die vollständige Teilung des Landes vorbehielten. Wenn sie jetzt wegen Kürze der Zeit und andrer Gründe zunächst nur die Ämter teilten, so sollte das die Teilung der Ritterschaft und Städte nicht hindern, sondern, wenn später einer von ihnen auch
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diese zu vollziehen wünschte, so sollte der andere sich nicht widersetzen, sondern ihm vielmehr dazu behilflich sein.
Hans Albrecht konnte sich nicht ohne weiteres entschließen, diesen Revers zu unterzeichnen, erklärte sich aber schließlich in einem Revers bereit, sich unter der Bedingung zur Totaldivision zu verpflichten, "wann es E. L. sowohl als uns, wie auch land und leuten zum besten gereichen mag und zu erheben sein wird".
Adolf Friedrich ging auf diesen Kompromiß nicht ein. Wie dringend Hans Albrecht ihn am 5. Juli auch ersuchte, da sie im Hauptwerk einig wären, doch nicht wegen einiger weniger Punkte das Teilungswerk noch länger aufzuhalten, so ließ er nicht von der Forderung ab, daß zuvor der Revers ohne jegliche Klausel unterzeichnet würde. Schließlich fügte sich Hans Albrecht, da er "befunden", wie er später, am 13. Oktober 1611, an Adolf Friedrich schreibt, 113 ) "daß E. L. von ihrer meinung nicht abstehen, sondern ehe das ganze, domal fürgewesenes, hochnötiges und uns beiderseits sowohl, als land und leuten ersprießliches und nützliches teilungswerk zergehen lassen wollte". Am 6. Juli setzte auch er seinen Namen unter den Revers.
Damit hatte Adolf Friedrich nach langem Kampfe gesiegt. In einer eigenhändigen, die ganzen Teilungsschwierigkeiten zusammenfassenden "Deduktion" erinnerte er 1613 an diese streitumwogte Zeit, wie er 114 ) anfangs die Ämterteilung allein gar nicht gewollt hätte, aber "ich mußt mich, wie man an mir gewohnet, bei öfteren, weit aussehenden dingen concernierende brüderliche liebe, land und leute was bequemen, ließ mich soweit in die enge [treiben], jedermänniglich den scheffel vollzumessen, daß, wann mein bruder sich reversierte, land und leute mit mir zu teilen, so mucht die ämterteilung ihren fortgang gewinnen. Aber das gäbe auch difficulteten, würd dahin geschlossen . . . Ich kam mit wenig comitat gegen seine große pompa nach Fahrenholz. Und ob man wohl auch da mir den revers nicht geben wollte, sondern es war eitel losen, - losen. Ich sollte mit mein bruder losen. Jedoch mußte er mir doch folgen, dar ich ihn haben wollte. Wie ich den revers bekam, wissen die, so dabei gewest. Also kam dieser schöne revers heraus, worauf dann die losung folgte und mir durch Gottes verhengnus mein von natur und recht mein gebührends väterliches erbteil fiel.
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Das andere hette mir ganz auch oder ja zum wenigsten der halbe teil gebühret".
Mit der Herausgabe des Reverses war das Teilungswerk nun endlich so weit diehen, daß man zur Losung schreiten konnte. Am9. Juli 1611 wurde zunächst in Anwesenheit beider Fürsten der Vertrag verlesen. Darauf "ist 115 ) . . . im namen Gottes daselbst auffem hofe im bauwhause in der großen stuben das los gelegt worden durch einen kleinen bauerjungen, Ties Kartlow geheißen, von Kleinen=Grentz 116 ) bürtig, und ist herzog Adolf Friedrichs f. g. das schwerinsche und M. g. f. und herrn das güstrowsche teil gefallen". 117 )
4.
In dem Teilungsvertrag von Fahrenholz 118 ) wurden die Ämter mit ihren Pertienzien und Gerechtigkeiten in zwei Teile zerlegt 119 ): Die schwerinsche Hälfte umfaßte die Ämter: Schwerin,
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Crivitz, Tempzin, Neubukow, Doberan mit Marienehe, Mecklenburg, Gadebusch, Goldberg, Wredenhagen, Zarrentin mit dem Schaalezoll, Neustadt, Strelitz mit dem dazu gehörenden Gute Goldebow (gegen die Verpflichtung zur einstweiligen Zinsenzahlung an die Herzogin Clara Maria, die Witwe Herzog Sigismund Augusts, der es verpfändet war, und nach ihrem Tode gegen Erstattung des halben Kaufgeldes an den güstrowschen Teil), Fürstenberg, Wanzka und Ivenack (letztere beiden jedoch nur bis zum Rückfall des güstrowschen Witwenamtes Grevesmühlen), Eldena mit den Eisenhütten und dem Alaunwerk und Dömitz, die Höfe Poel und Wiechmannsdorf, die Wittumsämter der Herzogin=Mutter Sophie: Lübz, Rehna und Wittenburg, in Wismar den halben mecklenburgischen und doberanschen Hof, sowie die dortige "Tönnies= 120 )
Hofs=Herberge" (gegen Erstattung), und den ganzen Klosterhof und die Jagd inParchim. Zu der andern, der güstrowschen Hälfte kamen mit der Bedingung einer Vergütung von 30250 Gulden (zahlbar in drei Raten) an Schwerin für den ungleich besseren Zustand der Gebäude die Ämter Güstrow mit dem Klosterhof, Sternberg mit dem Kloster, Schwaan, Ribnitz, Gnoien mit dem Sülzer Salzwerk, Dargun, Neukalen, Stavenhagen, Stargard, Broda, Feldberg, Wesenberg, Plau, Marnitz, Neukloster und Boizenburg mit dem Schaalezoll, der Herzogin Anna Wittumsamt Grabow mit Gorlosen und Walsmühlen, Grevesmühlen (jedoch nur bis zum Rückfall der schwerinschen Ämter Ivenack und Wanzka) und der halbe mecklenburgische Fürstenhof in Wismar.
Gemeinschaftlich blieben, abgesehen von der ganzen Ritterschaft und den Städten, dem Hof= und Landgericht, der Landesuniversität, dem Konsistorium, dem Kreuzkloster und dem Doberaner Hof zu Rostock, über deren Verwaltung mehrere ändernde, hier aber nicht weiter wichtige Bestimmungen getroffen wurden, und ferner außer der abwechselnden Bestellung der Superintendenten ebendort und in Neubrandenburg, wie auch der ebenfalls abwechselnden Kirchenpatronate in den Städten, außer Parchim und Güstrow, 121 )
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wo die Superintendenten und Prediger von Schwerin resp. Güstrow aus eingesetzt werden sollten, vor allem die Archive zu Schwerin und Güstrow, die abwechselnde Bestellung der Stadtvögte außer in Schwerin und Güstrow, wo dies Recht dem betreffenden Herrn allein zustand, die Flüsse mit der geplanten Schiffahrt von dem Schweriner See in die Ostsee, die Aufnahme und das Geleit fremder Fürsten, vorfallende Grenzstreitigkeiten mit den Nachbarstaaten, die schwebenden Prozesse mit dem Stift Schwerin wegen der Hofgerichtsassessur und anderer Hoheitsrechte, der Kapitalabtrag an die Königin Sophie von Dänemark, das Gesuch um Erhöhung der Elbzölle beim Kaiser, die Kammergerichtsunterhaltung zu Speier, sowie der Unterhalt und die künftige Aussteuer der Prinzessin Anna Sophie und endlich die Schulden des verstorbenen Herzogs Karl.
Besondere Bestimmungen wurden getroffen wegen der auf den Ämtern befindlichen Bibliotheken und Rüstkammern, die demjenigen Teile allein verbleiben sollten, dem ihr Aufbewahrungsort zufallen würde. Die Geschütze auf den fürstlichen Häusern mit alleiniger Ausnahme der zu Gadebusch stehenden, die Herzog Christoph größtenteils aus Schweden von seinem Schwiegervater erhalten hatte und die deshalb als ein Fideikommiß Hans Albrechts anzusehen waren, sollten gleichmäßig verteilt werden. Die gleiche Bestimmung wurde über die Güstrower Vorräte an Leinenzeug und Hausgerät, Pulver und Salpeter getroffen (soweit sie nicht zum Amt gehörten), auch der Ertrag der Orbören und die Benutzung der Ablager in den Städten, außer denen von Schwerin und Güstrow, sollten, letztere jedoch alle Jahre abwechselnd, beiden Fürsten in gleicher Weise zugute kommen. Die Papiermühle zu Gadebusch versprach Hans Albrecht an Adolf Friedrich gegen eine Vergütung abzutreten, falls diesem die schwerinschen Lande zufallen würden. Ebenso sollte es Hans Albrecht freistehen, seines Bruders Haus zu Güstrow "gegen erstattung des kaufgeldes und scheinbaren besserung" zu erwerben. Demjenigen endlich, der Schwerin erhalten würde, wurde anheimgestellt, wegen der jährlichen Weinlieferung von Lübeck nach Schwerin für sich allein ein Abkommen zu treffen, und ebenso wurde dem künftigen Besitzer von Ribnitz die Lizenz gegeben, das dort befindliche Kloster gegen Erstattung an die Landschaft erwerben zu dürfen.
Als allgemeingültige, besonders für die Folgezeit sehr schwer wiegende Bestimmungen wurden hinzugefügt, daß "ein jeder mit dem anteil, welches ihm der Allmächtige durchs loos geben und zueignen wird, ohn einiges gegenwärtiges oder künftiges
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widersprechen, . . . friedlich und begnügig sein und dagegen weder in noch außerhalb rechtens das geringste nicht tentieren, noch fürnehmen. . . . Da aber sich künftig befinden sollte, daß darin das eine oder ander übergangen und aus dem gemenge nicht gebracht und unter andern in den kirchenlehen etwas übersehen wäre, so soll daher kein streit erreget, sondern das ius patronatus bei den ämtern, darin die kirchen gelegen, hinfuro verbleiben und keiner in des andern ämtern etwas behalten, außerhalb, was in specie dem einen oder andern amt in diesem vertrage zugeeignet. . . . Sollten auch nach geschlossenem diesem vertrage neue irrungen über alle hoffnung und zuversicht einfallen, oder von wegen ungleichen verstandes dieses vertrages streit erreget werden, so sollen dazu Unsere räte und zwar von einem jeden teile zweene ernennet, ihrer eide und pflichten zu diesen sachen erlassen und ihnen die entscheidung solcher irrungen und mißverständnissen auf maße und weise, wie wir uns beiderseits dessen vereinigen wollen, committieret und anbefohlen werden oder, da durch denselbigen weg den sachen nicht abzuhelfen, Unsere beiderseits nahe verwandten und von einem jedem einer zu verhör und hinlegung solcher irrungen von Uns erbeten werden".
Zugleich mit der Aufstellung des Erbvertrages wurde auch die Berechnung der vererbten Schuldenlast vorgenommen. Eine völlig gleiche Teilung aber gelang wegen der verschieden hohen Posten nicht sogleich. 122 ) Zur Ausgleichung 123 ) mußte Hans Albrecht Adolf Friedrich 250 Taler und Adolf Friedrich seinem Bruder am kommenden Termin 22 Gulden 12 ßl. 7 ½ (? PF erstatten. Die bedeutendste Gläubigerin der Fürsten war die verwitwete
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Königin von Dänemark mit 250000 Gulden. Dazu kamen noch 50000 Gulden, die ihr im Jahre 1607 als Abfindungssumme bewilligt waren. Ferner hatten die Herzogin Anna 24000 Gulden, Graf Günter zu Oldenburg 40000 Reichstaler, die Herzogin Clara Maria 8500 Taler und die Städte Lüneburg und Lübeck namhafte Summen zu fordern. Die übrigen Gelder, teilweise hohe Summen, wurden reichen Edelleuten aus dem Lande, den
Rats= und Kirchenkassen 124 ) verschiedener Städte, auch der Universität, sowie vor allem Kaufleuten und Handwerkern geschuldet.
"Zur Erhaltung brüderlicher Einigkeit und Verhütung künftiger Mißhelligkeiten" wurden auch die Vorjagden 125 ) geteilt. Zum schwerinschen Teil kamen 126 ) aus dem Amt Neustadt drei Hirsch= und Schweinejagden und die Rehjagden in der Holzung der Stadt Parchim, ferner aus dem Amt Schwerin 9 127 ) Vorjagden, aus Wittenburg 14, Gadebusch 6, Rehna 2, Fürstenberg 4 und Strelitz 1; zum güstrowschen Teile fielen aus dem Amt Stargard an Vorjagden 16, Feldberg 4, Grabow 3 und Ribnitz 1.
Obwohl die Ämterteilung nun nach langer, harter Arbeit von den Deputierten vollbracht und auch alles, was dazu gehörte und sich darauf erstreckte, wie es schien, glücklich geteilt war, so waren damit die Bestimmungen der Verträge doch noch nicht verwirklicht. Vielmehr herrschte anfangs ein ziemliches Durcheinander, und nicht unzeitgemäß war daher Adolf Friedrichs Vorschlag, jetzt, wo man doch ändern müsse, auch sogleich gründliche Säuberung zu halten. Er riet also zur Vornahme einer "durchgehenden totalteilung, wodurch nicht allein das gemenge in
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unsern ämtern . . ., sondern auch sonst in unserm ganzen fürstentum, land und leuten aufgehoben, einem jeden ein gewisser ort landes allein assigniert und, was etwa ein teil dem andern an städten, mannschaft, einkünften und andern kommoditäten übertreffe, auf billige rechtmäßige erstattung gesetzt" würde. Er erbot sich, bis zu "deren beständiger effectuation noch etlich jahr 128 ) in communione aller land und leute" mit Hans Albrecht zu verbleiben. Da aber dieser hiervon nichts wissen wollte, so forderte Adolf Friedrich, daß doch wenigstens für die Zeit bis zur gänzlichen Vollstreckung des Vertrages die Regierung gemeinsam sein sollte. Aber auch auf eine solche, allerdings weitgehende Abmachung ließ sich Hans Albrecht nicht ein, erklärte sich schließlich aber bereit, bis zum Herbste 1611 auf eine selbständige Regierung zu verzichten.
5.
Nach dem Abschluß des Erbvertrages machte man sich zunächst daran, die Bestimmungen desselben auszuführen. Wie es von vornherein gar nicht anders möglich war, ergaben sich dabei die allerdenkbarsten Schwierigkeiten, und zwar umsomehr, als die die Absicht, solche zu konstruieren, wenn zuerst auch unbewußt, tatsächlich von Anfang an vorhanden war. Hans Albrecht gönnte nämlich Adolf Friedrich seinen Anteil nicht. Letzterer gibt uns darüber selbst folgende interessante Schilderung: 129 ) "Wie gerne mir mein teil gegönnt war, mögen die postreuter sagen, die zwischen Schwaan und Fahrenholz geritten zu denen, so zu Schwaan damals auf zeitung warten. Ich ließ mich aber, Gott lob, nichts anfechten, sondern dankte Gott für das und war lustig und content". Daneben findet sich eine von Adolf Friedrich
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gleichfalls eigenhändig geschriebene, das Verhältnis zu seinem Bruder aufs trefflichste charakterisierende Note: "Hierbei ist zu merken Gottes des allmächtigen wunderbare schickung, daß wie mein bruder und ich 3 mal zu Güstrow darum spielten, wo ein jeglicher während der teilung sein quartier nehmen sollte, da ist mir 3 mal Doberan und ihme Schwaan zugefallen. Da schlug untreue seinen eigenen herren! Weil durch dies spiel meim bruder zufiel, daß zu Schwaan sein quartier nehmen sollte, verzehrte er alles, was da zum besten wor, der hoffnung, es sollte sich das glück wenden, daß er mein teil bekäme und ich das ander. So sollte ich zu Schwaan ein kalte Küchen finden. Aber Gott hats anders geschickt, dafür ich ihm herzlich danke".
Vorgenommen wurden zuerst die Regelung der Grenzstreitigkeiten zwischen den einzelnen Ämtern, die Revision der Rent= und Küchenmeisterrechnungen und die Teilung des Nachlasses Herzog Karls (seiner "alchimistischen Scharteken" und seiner "Destillierstuben"). Sowohl hierzu als auch zur Voneinandersetzung des Jägerzeuges, der "Wild= und Jagdtücher", sowie überhaupt der gleichmäßigen Teilung des ganzen Vorrats auf den Ämtern wurden Deputierte ernannt. Dann eilte man zum Ausgleich von Schwerin und Güstrow, wo die Herzöge ihre Hofhaltungen haben sollten. Obgleich diese beiden Städte im Vertrag von Fahrenholz gemein gelassen waren, so waren doch ihre hauptsächlichsten Erträge und Rechte dem Fürsten zugeteilt, dem die betreffende Stadt zufallen würde. Sie wurden daher genau inventarisiert und gegen einander ausgeglichen. Damit kein Versehen vorkäme, forderte z. B. Adolf Friedrich, daß die Geschütze zu Schwerin von einem "rotgießer oder einem andern der metalle kundigen mann" abgeschätzt würden, was natürlich lange Zeit erforderte.
Solange etwaige Zweifel durch Abschätzung und Besichtigung klargelegt werden konnten, ging die Regelung der Sachen, wenn auch nur langsam, so doch stetig vorwärts. Die ersten Schwierigkeiten ergaben sich bei der Abschätzung von Adolf Friedrichs auf der Schloßfreiheit zu Güstrow gelegenem Hause, 130 ) das Hans Albrecht dem Erbvertrage gemäß gegen "Erstattung des Kaufgeldes und scheinbaren Besserung" übernehmen sollte. Größere Verzögerungen aber entstanden, als man sich über die Ausübung der Gerichtsbarkeit nicht einigen konnte. Hans Albrecht glaubte,
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mit den geteilten Ämtern auch die ganze Gerichtsbarkeit darin erhalten zu haben. 131 ) Er meinte nämlich, zur Zeit ihrer Vorfahren wäre darin leider "keine feste ordnung" gewesen, sondern sobald einer "eine böse sache" gehabt hätte, wäre er zu der andern Obrigkeit gelaufen. Dadurch wäre "die gerechtigkeit aufgehalten" und große "weitläufigkeit" unter den damals regierenden Fürsten entstanden. All dies könnte aber, wenn ein jeder Herzog in seinem Gebiet die Gerichtsbarkeit allein ausübte, vermieden werden; Adolf Friedrich möchte daher seinem Wunsche nachkommen. Dieser aber wollte sich hierauf nicht einlassen, obgleich er im Grunde selbst nichts mehr als möglichste Freiheit und Trennung wünschte. Dies auffallende Verhalten Adolf Friedrichs erklärt sich aus seinem Bestreben, eine Menge von strittigen Punkten zu sammeln, um durch sie desto wirksamer auf den Vollzug der Totaldivision dringen zu können. Er erklärte also, 132 ) die Jurisdiktion über die in den Ämtern eingesessene Ritterschaft wäre wie diese selbst keine Gerechtsame der Ämter, da sonst ja auch z. B. die Königin=Witwe von Dänemark, der die Ämter Bukow und Neukalen mit allen Gerechtigkeiten verschrieben waren, die Gerichtsbarkeit in denselben ausüben könnte. Sie gehörte vielmehr wie die Belehnung der Ritterschaft zu den Regalstücken des Fürstentums, die noch nicht geteilt wären. Daher müßte sie bis zur Tolaldivision gemeinsam bleiben. Bald stellten sich noch ernstere und erheblichere Störungen ein.
Ungefähr ein Jahr nach dem Abschluß des Vertrages trat Adolf Friedrich mit drei Forderungen an Hans Albrecht heran. Sie betrafen die Rückzahlung des von Hans Albrecht schon erhobenen kröpelinschen Pachtkornes, 133 ) die Ausübung der Fischereigerechtigkeit auf dem Techentiner=Hägersee 134 ) und vor allem die gemeinsame Verwaltung, der Städte Schwerin und Güstrow. Auf diese drei Punkte meinte Hans Albrecht nicht eingehen zu können, und so wurden sie der Anlaß zu langen Streitigkeiten, die 135 ) sich bis zum Jahre 1617 hinzogen und erst dann ihre Erledigung fanden. Auch die Regelung der Rent= und Küchenmeisterrechnungen während des Interimsjahres 1610 - 11 fand erst im Jahre 1615 ihren Abschluß. Von Adolf Friedrich wurden Heinrich v. Sperling und
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von Hans Albrecht Mathias von Linstow
136
)
und, als dieser krank wurde, Mathias von Bülow
und später Rüdiger von Mönnichow beauftragt,
"was die herzöge
137
) in dem
interimsjahr aus den ämtern genossen und dahero
einer dem andern zu erstatten schuldig,
gegeneinander gebührlich abzurechnen und also in
richtigkeit zu bringen". Die Arbeit dieser
Deputierten erstreckte sich darauf, zu
ermitteln, 1. was die Fürsten von ,den Ämtern
bei verschiedenen "ausrichtungen"
empfangen hatten, 2. "was an geld, korn und
victualien und anderm anno 1611 auf Trinitatis
bei den ämtern in vorrat geblieben", und 3.
was schließlich, damals die Fürsten den Beamten
auf den Ämtern schuldig geblieben waren, und
inwieweit die Ausgaben die Einnahmen übertroffen
hatten. Am 12. März 1614 konnten sie die
abschließende Rechnung aufstellen.
138
)
Darnach hatte Adolf Friedrich während des
Interimsjahres an Geld, Korn usw. für 1870
Gulden 11 ßl. empfangen und der Vorrat auf den
schwerinschen Ämtern sich auf 2673 Gulden 9 ßl.
8
belaufen. Der ganze Ertrag des
schwerinschen Teils war also 4543 Gulden 20 ßl.
8
gewesen. Bei Hans Albrecht
ergaben sich die Summen 2283 Gulden 5 ßl. und
8508 Gulden 10 ßl., zusammen mithin 10791 Gulden
15 ßl. Der güstrowsche Teil übertraf demnach den
schwerinschen um 6247 Gulden 19 ßl., sodaß Hans
Albrecht an Adolf Friedrich 3123 Gulden 21 ßl. 6
zu erstatten hatte. Adolf
Friedrich forderte zu dieser Summe die
"interessen" von 1610 an. Hans
Albrecht weigerte sich zwar anfangs, weil es
139
) "seines wissens bei einigem
stand (außer den kaufleuten) nicht bräuchlich,
noch rechtens wäre, in solchen fällen die zinsen
anzuschlagen oder abzufordern", erklärte
sich aber im Juli 1614
140
) doch zur
Zahlung bereit.
An diese Abrechnung knüpften sich noch andere Ausgleiche 141 ) für "ausrichtungen" von Fürstlichkeiten, Verbesserungen der Gebäude usw., wobei wiederholt Meinungsverschiedenheiten hervortraten. So wollte z. B. Adolf Friedrich an einer Ausrichtung Hans Albrechts für den Kurfürsten von Brandenburg, dessen Gemahlin und den Herzog von Braunschweig nicht teilhaben. Diese hätten nicht allein, ohne ihn 142 ) "drumb im geringsten
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ersuchet und belanget" zu haben, was ihm sehr "befrembd" vorgekommen, in seinem Amt Wredenhagen "Abfuhren" gefordert und noch dazu während der Ernte und dadurch das Amt "sehr beschwert", sondern wären auch garnicht von ihm, sondern nur von Hans Albrecht eingeladen gewesen und hätten auch diesen allein besucht. Dieser Ausgleich zog sich lange hin, besonders weil keiner recht wußte, wie hoch er die einzelnen Sachen veranschlagen sollte, und daher möglichst zuvor die Taxe des andern zu erfahren 143 ) suchte. Im Laufe des Jahres 1615 aber wurde auch diese Angelegenheit in der Hauptsache geregelt. 144 )
Unterdessen machte Adolf Friedrich neue Versuche, die Totaldivision in die Wege zu leiten. Hans Albrecht aber zeigte, wie gesagt, trotz seines Reverses nicht die geringste Lust, ihm darin zu willfahren, sondern suchte die Sache hinzuziehen. Schließlich in die Enge getrieben, bestätigte er, daß er das, was er vereinbart hätte, "dergestalt wie es formaliter beliebet", 145 ) auch halten würde. Hierin erblickte Adolf Friedrich natürlich wiederum einen Versuch, die gänzliche Teilung zu umgehen. Erst nach erregtem Schriftwechsel erhielt er das Versprechen, daß der Revers "nicht aus seinem rechten teutschen verstande" gezogen werden sollte. Zeigte Hans Albrecht so am Anfang schon, daß er der Totaldivision auf jede Weise Hindernisse in den Weg stellen wollte, so verfolgte er diese Verschleppungspolitik 146 ) umsomehr, je mehr die Teilung sich der Verwirklichung näherte. Ihn leitete darin vor allem sein Kanzler Dr. Ernst Cothmann, auf dessen Intentionen er ohne weiteres einging. Man kann es diesem sicherlich hochbefähigten Manne ,nicht verdenken, wenn er der Totaldivision entgegenarbeitete, denn in seinem Gutachten, 147 ) das er Hans Albrecht am 1. März 1612 übersandte, in dem er
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genau abwog, was für und wider die Totaldivision sprach, waren nur neun Gründe dafür, achtzehn aber dagegen. Sehr einleuchtend war besonders der zweite Grund, den er gegen die Teilung anführte, daß sie oft versucht, aber nie vollführt worden wäre. Daher durfte er seinen Einfluß gegen die Totaldivision mit Recht geltend machen, aber nicht edel war es, daß er dem jugendlichen Fürsten in seinem Bedenken vom 1. März 1612 hinsichtlich der Totaldivision den Rat gab, 148 ) er sollte zunächst "darauf zugehen, damit der anfang von Adolf Friedrichs f. g. gemacht werden möge und also E. f. g. anfänglich erwartet hätte, was derselbe zu behauptung der totaldivision für= und beibringen lassen wird, . . . [dann] hätte E. f. g. dawider nun zu fernerm und besserm nachdenken obermeldter sachen difficultäten und beschwerungen . . . anzuzeigen! . ." Diesen Ratschlägen folgte Hans Albrecht und befahl auch seinen Räten, in diesem Sinne zu handeln, als sie mit den Abgeordneten Adolf Friedrichs zu der ersten größeren Beratung über die Teilung der Ritterschaft und Städte zusammenkamen. Am 27. und 28. März fand diese zu Sternberg statt. Als Hajo von Nessen sich erbot, Adolf Friedrichs "Bedenken", wie es verabredet war" gegen die Hans Albrechts auszutauschen und sich daraufhin weiter mit ihnen zu (vergleichen, erklärte Cothmann, 149 ) daß sie solche nicht übergeben könnten. Vielmehr wären sie dem Reverse gemäß der Meinung, "daß herzog Adolf Friedrichs f. g. dies werk fürnehmlich treiben würden, und daß herzog Hans Albrechts f. g. nur rat und that hierzu geben sollten". Da die Verhandlungen somit ergebnislos verliefen, versuchte Adolf Friedrich mit Bitten zu erreichen, was er durch rechtmäßige
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Forderung nicht erlangen konnte. Am 20. April 1612 verstand er sich zu folgendem flehentlichen Bittschreiben an seinen Bruder: 150 )
"Freundlicher lieber bruder! Ich vermerke aus Deinem schreiben an mich, 151 ) auch aus dem sternbergischen gehaltenen protokollo, 152 ) daß dem assecurationsrevers 153 ) will eine andere glossa zugesetzt werden, als der teutsche verstand ist. Und mochte wohl der bruder solch protokoll, dies schreiben und den assecurationsrevers gegeneinanderhalten, ich bin der opinion, sollte dieser assecurationsrevers auch auf alle der welt universitäten verschickt werden, es würde ihn keiner so verstehen, wie ich ihn zu verstehende haben soll, man mir beibringen will. Ich muß es dahin deuten, daß leute [Cothmann!] begehren dergestalt die sachen ins weite feld zu treiben . . ., wie Unserm eltervater, auch großvater geschehen, bis Unser einer stirbet. Gott weiß, ich begehre nicht, als brüderlich mit Dir zu traktieren, sehe auch keinen furteil an, wüßte auch nicht, worin er stecken sollte, und wollte nur wünschen, Du mir anderwärts könntest abfinden, ich wollte des wesens lange absein. Einmal kann und will ich in dem gemenge nicht länger sein, auch so nicht mehr arbeiten, einem andern vor. Was hab ich davon, daß ich der älteste bin, nicht mehr, als daß alles auf mich soll geschoben werden. Ich soll es machen, ein ander will mich corrigieren. . . Ich wüste nicht, was brüderlicher sein kann, als wann ich meinem bruder mein bedenken gebe, er mir seines hinwieder, darum ich nochmals brüderlich bitte, er sich dieses nicht wegern und diese sache mit mir mit fleiß treibe, dann sie so schwer nicht ist, wie man vermeinet. Ich halts dafür, daß land und leute niemals sein mit der wage von einander gewogen, wird man auch kein fürstentum so geteilet finden, daß nicht dem einen oder andern teil was mangelt. Wann mein bruder der opinion wie ich, mir deucht in einem tage sollte es wohl unter Uns de modo können richtig werben. Also wird sich mein bruder ungezweifelt accommodieren". Solchen Bitten konnte und durfte Hans Albrecht nicht widerstehen, wollte er nicht den Verdacht auf sich lenken, daß er die Sache absichtlich aufhalte. Er erklärte sich also bereit, seine Räte mit seinem "Bedenken" zum 2. November wiederum nach Sternberg zu schicken.
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Adolf Friedrich, hierüber hoch erfreut, lud ihn darauf am 22. Oktober 1612 154 ) mit seiner Gemahlin auf Martini=Abend ein mit der Bitte, ihm die Martinsgans verzehren zu helfen. Und nicht umsonst war diese Nachgiebigkeit und Höflichkeit. Am 2. November 155 ) wurden die versprochenen "Bedenken" übergeben. Somit war der erste Schritt in dieser Sache getan.
Aber nur zu bald gelang es Cothmann, Hans Albrecht wieder in sein Fahrwasser zu lenken. Am 7. Januar 1613 zeigte er ihm, welchen Fehler er begangen hätte. Bisher wäre es seine (Hans Albrechts) Meinung gewesen, Rostock und Wismar, das Hofgericht, die Akademie, das Konsistorium und die Klöster auf keinen Fall zu teilen. Nun aber müßte er zu seiner Verwunderung bemerken, wie Hans Albrecht plötzlich "von dieser meinung ohne einige ex adversis angezeigte motiven abstehe und einen neuen, weiteren modus dividendi durch eine spezialinstruction an die hand gebe. Ich bin der meinung," schrieb er, "daß E. f. g. es bei Ihrem vorigen fürschlage zu lassen haben." Ja, er unterfing sich sogar, seinen früheren unwürdigen Ratschlägen entsprechend, den Vorschlag zu machen, mit der Teilung nochmals von vorne anzufangen und vor allem zu beraten, ob die Totaldivision denn überhaupt vorzunehmen sei. Seine Meinung wäre, "daß solch pactum und vereinigung pro personali pactione geachtet und bloß 156 ) allein auf Euer ff. gg. beide person gedeutet [werde], und daß dasselbige auf die subditos, qui inviti dismenbrari non possunt!, nicht gezogen, noch extendiert werden könne". Hans Albrecht hatte für diese Einflüsterungen ein nur allzu geneigtes Ohr, als daß er sie unbeachtet lassen konnte. So kam es, daß sich das Verhältnis der Fürsten bald wieder trübte.
Am 2. März 1613 fand eine neue Verhandlung zu Sternberg statt, nachdem Adolf Friedrich sich vorher 157 ) von seinen Räten Bolrath von der Lühe zur Schulenburg, Hans Christoph von Jasmund zu Cammin, Elias Judelius und Heinrich von Husan auf Tessin ihre Meinung über die Totaldivision hatte mitteilen lassen. Die Deputierten überreichten einander die von ihren Fürsten
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erhaltenen Instruktionen. Nach Verlesung derselben 158 ) aber erkannten Adolf Friedrichs Räte, daß Hans Albrecht ihnen nicht im" geringsten damit an die Seite ging, sondern daß in seinem "Bedenken" kaum andres als Fragen enthalten waren. Als sie sich hierüber beschwerten, machten Hans Albrechts Abgeordnete nach Cothmanns Rat die Einwendung, es wäre überhaupt noch. ganz unzeitgemäß, jetzt schon über den Modus der Teilung zu beraten, man sollte sich erst vergewissern, ob sie überall möglich wäre. Diesen Vorwurf wies Adolf Friedrich energisch zurück, indem er antwortete, daß man über die Art der Teilung überhaupt nie zu früh und zu viel beraten könnte. Was die Totaldivision selbst anbeträfe, so wäre sie möglich, wenn man nur den festen Willen zu teilen hätte. Im übrigen verwies er auf den Revers. Zugleich forderte er am 4. März von Hans Albrecht eine runde Erklärung, ob er die Totaldivision ernstlich treiben wollte oder nicht. Dieser erwiderte, daß er es für dringend notwendig hielte, bei der Teilung auch "auf das ende zu schauen," ob sie überhaupt möglich wäre oder nicht. Er versprach aber schließlich, 159 ) "zu der totaldivision rat und that zu geben . . ., wann zufoderst . . . communication gehalten wird, wie . . . denen dieserseits angedeuteten difficultäten . . ., auf den fall, da dieselben [von den Ständen] opponiert werden sollten, zu begegnen und gebührlichermaßen abzuschaffen sein mögen".
Die Hauptschwierigkeiten, die seiner Meinung nach dem Teilungswerk entgegenstanden, ergaben sich aus der Gemeinsamkeit des Hofgerichts, des Konsistoriums, der Universität und der obersten Appellationsinstanz, woran die Fürsten nach dem Assekurationsrevers nicht rütteln durften. - Über diesen Revers setzte sich Adolf Friedrich jedoch leicht hinweg, man brauche sich "darum weiter nicht zu bemühen!" Er wollte ein eigenes Hofgericht haben und seine Ritterschaft und Städte so "traktieren", daß sie mit der Administrierung der Justiz zufrieden wären. Ebenso beanspruchte er sein eigenes Konsistorium. Die Universität sollte dem allein gehören, dem die Stadt Rostock zufiele - die Abfindung des andern Teils ließ er unerwähnt -, und "der episcopus" und die Akademie sollten künftig ihre Appellationen statt an das Land= und Hofgericht 160 ) an den Fürsten richten, dem sie unterständen.
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Trotz dieser und andrer, immer neu auftauchender Streitpunkte gediehen die Verhandlungen dank dem zähen Festhalten Adolf Friedrichs an seinem Plane doch allmählich weiter. Endlich war man soweit, daß man an die Aufstellung der erforderlichen, Instruktion schreiten konnte. Vor allem war darin die wichtige Entscheidung zu treffen, wie der Adel geteilt werden sollte. Es handelte sich um die Teilung nach Roßdiensten, Hufen oder Aussaat. Von der Berechnung nach Roßdiensten wurde den Fürsten von ihren Räten allgemein abgeraten, weil sie zu ungenau wäre, 161 ) aber auch mit den Hufen war es nicht anders, gab es deren doch dreierlei: die Heger=, Land= und Hakenhufen, 162 ) von denen die ersteren 60, die andern 30, die letzten 15 Morgen groß waren. In der Instruktion einigte man sich schließlich dahin, daß der Adel 163 ) nach Hufenzahl und Aussaat geteilt und dabei die Güte der Äcker und die Ungleicheit der Hufen, soviel wie irgend möglich, in Acht genommen werden sollten. Am 24. März 1613 kam schließlich die "einhellige" Instruktion für die Teilung der Ritterschaft, der gemeinen Klöster und der geistlichen und Allodialgüter zustande. 164 ) Es wurde den Deputierten aufgetragen, 165 ) die alten und neuen "Reichs= und Landhülfenregister" nachzusehen und zu vergleichen und darnach einen Überschlag zu machen, wieviel ein jeder Lehngutsinhaber und seine Vorfahren an Reichs= und .Landsteuern nach Anzahl seiner eigenen und seiner Bauern Hufen gegeben hatte, und wieviele Bauernhufen bei jedem Gut gelegen waren. Nach dieser Aufstellung sollten sich die Deputierten in die Ämter selbst begeben und von den Beamten ein richtiges Verzeichnis fordern über den ganzen Adel und seinen und seiner Bauern Besitz. Dies Ergebnis sollte dann mit dem Auszug aus den Registern verglichen und eventuelle Unterschiede und die Gründe derselben hierin vermerkt werden.
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Ferner wurde bestimmt, daß die Deputierten auch die Allodialgutsbesitzer, die Pfandinhaber und diejenigen, "Erbjungfern gefreit" hätten, einzeln auf das Rathaus der im betreffenden Amte gelegenen Stadt laden und sie, wenn es noch nicht geschehen war, vereidigen und bei Androhung des Verlustes ihrer Güter bezw. ihres Pfandschillings zur wahren Aussage darüber ermahnen sollten, wieviel Hufen sie selbst und ihre Bauern hätten, wie groß die Aussaat und wie die Beschaffenheit des Bodens wäre. Diese Angaben wären dann ebenfalls mit dem aufgestellten Extrakt der Beamten zu vergleichen. Wenn aber die Besitzer außer Landes wären, wie z. B. die vieler geistlicher Allodialgüter, und somit schwerlich zu zwingen, persönlichen Bericht zu erstatten, so sollten die Deputierten bei den Bauern, die zu den betreffenden Gütern, gehörten, Erkundigungen einziehen. Wegen der Klöster wäre in gleicher Weise von den Provisoren und Pröpsten derselben Auskunft zu fordern.
Hätten sie alle diese vorbereitenden Arbeiten beendet und die neuen, "durch Abtreibung von Bauern" entstandenen Rittersitze und Lehngüter, die dem Adel neuerdings erst verkauft oder geschenkt worden wären, genügend berücksichtigt, so sollte aus allen Protokollen ein Überschlag über die Hufen und die Aussaat aller Güter eines jeden Amtes gemacht, diese darauf gegeneinander gehalten und dann ein sich dabei erweisendes Defizit des einen oder anderen Amtes ausgeglichen werden. Den beieinander liegenden Familienbesitz sollten die Deputierten nicht auseinanderreißen, auch solche, die die gesamte Hand hätten, mit ihren Gütern möglichst unter einem Herrn belassen und ebenso den Adel mit der Kirche, über die ihm das Patronat zustände.
Gleichzeitig mit Fertigstellung dieser Instruktion erging im Namen der Herzöge an alle Amtleute der Befehl, die erforderlichen genauen Erkundigungen über Hufenzahl und Beschaffenheit der Güter einzuziehen. Ebenso wurde jedem Ritter aufgetragen, die Hufenzahl seines Gutes anzugeben, und, falls sie ihm unbekannt wäre, sein Land neu aufmessen zu lassen. Auch sollte er sich in den nächsten sechs Wochen "zu Hause halten" und den Deputierten, die ihn in dieser Zeit vor sich fordern würden, der Wahrheit gemäß Auskunft geben.
Die Ritter aber mußten lange warten, bis die Deputierten, kamen, denn bevor diese noch ans Werk gehen konnten, loderte der langverhaltene Streit wegen jener obenerwähnten drei Unklarheiten des Fahrenholzer Vertrags auf. Die Verhandlungen hatten sich so zugespitzt, daß Adolf Friedrich sich nicht eher auf
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weitere Verhandlungen einlassen wollte, bis jene Punkte geregelt wären.
Ja, er drohte sogar den Vertrag von Fahrenholz wieder umzustoßen und, sich auf das Testament seines Großvaters Johann Albrechts I. berufend, diesem Geltung und sich allein die Regierung zu verschaffen. 166 ) Mit Recht 167 ) bestand er am 16. März 1613 168 ) vor allem darauf, daß Schwerin und Güstrow nicht als geteilt angesehen würden.
Von den zur Ämterteilung zugezogenen Räten Lühe, Moltke, Regendank und Meier forderte er Bericht, ob damals Güstrow, Schwerin, Laage und Krakow mit in die Teilung gebracht wären. Diese erklärten einhellig, daß sie die beiden Ämter Schwerin, und Güstrow , wohl verglichen und dabei genau bestimmt hätten, was davon dem künftig darin residierenden Herzog allein zufallen sollte, von einer Teilung aber wüßten sie nichts. Nur, um die Einkünfte der beiden Ämter auszugleichen, wären die Orbören aus Laage und Krakow zu Güstrow gelegt worden, nicht aber als eine der Stadt gehörige Pertinenz, wie nach Hans Albrechts Behauptung.
Auch aus dem Vertrag selbst, den Protokollen und den täglichen Berichten der Deputierten über die Verhandlungen suchte Adolf Friedrich seinem Bruder darzutun, daß von der Teilung dieser Städte keine Rede sein könnte. Die Deputierten wären, wie aus ihrer Instruktion ersichtlich, zu solchem Handeln auch nicht bevollmächtigt gewesen.
Erst nach einem Vierteljahre ließ Hans Albrecht hierauf Adolf Friedrich seine Antwort zugehen. 169 ) Seines Bruders
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Meinung gerade entgegen hielt er jene Städte für geteilt und Laage und Krakow für Pertinenzien von Güstrow. Deswegen dürfte "keine laesion 170 ) angezogen werden, weil das ganze werk auf das loos gesetzt, und daher E. L. auch dieser güstrowsche anteil, wann es Gottes wille gewesen, hatte zukommen können, auf welchen fall E. L. sich dabei auch ohne allen zweifel würden geschützt und, daß wir dagegen mit dem schwerinschen teil content sein sollten, erkläret haben". Aber auch, wenn er diese Tatsache ganz beiseite ließe, müßte ihm Güstrow mit seinen Pertinenzien allein zustehen, da er doch nach Abschluß des Vertrags von 1611 ohne einen Widerspruch Adolf Friedrichs Güstrow an sich genommen ,und somit alle "actus possessorios" ein Jahr hindurch ausgeübt hätte. Schon dadurch allein wären die Städte in seinen vollkommenen Besitz übergegangen. Sollte aber Adolf Friedrich trotzdem auf seiner Behauptung bestehen, so wäre die Sache ja "leichtsam" durch den Erbvertrag und seine darin angeordneten "weg und mittel beizulegen. - Während die Verhandlungen über diesen Punkt hin= und hergingen, war auch die zweite Streitsache, betreffend das Kröpeliner Heuerkorn, akut geworden. Es handelte sich hier um eine Abgabe von 57 Drömt Hafer, die Kröpelin alljährlich zu Lichtmessen an das Kloster zu Doberan als Pachtzins für vor langen Jahren überlassene Ländereien zu zahlen hatte. Diese Abgabe war bei der Abschätzung 1610/11 von den Deputierten nicht als eine Hebung "ratione servitutis alicuius", sondern als eine Hebung "ratione domini agrorum" angesehen und deshalb nicht in das Register der "Hebungen des Amtes Doberan aus dem Amte Schwaan", zu dem Kröpelin gehörte, eingetragen worden.
Als nun die Ämter geteilt wurden, nahm Hans Albrecht das Kröpeliner Heuerkorn für sich in Anspruch. Er berief sich auf das Register der Hebungen, nach dessen Angaben Kröpelin nicht verpflichtet, war, solches an Doberan zu geben. Es käme der Paragraph des Erbvertrages in Betracht, "daß nämlich die hebungen, weIche einer aus des andern ämtern gehabt, hinfüro bei einem jeden amte bleiben sollten. 171 ) Da aber sich befinden sollte, daß das eine oder andere . . . aus dem gemenge nicht gebracht . ., so sollte daher kein streit erreget" werden. Adolf Friedrich machte hiergegen aber Einwendung und zeigte,. daß es sich gar nicht um eine Hebung aus dem Amte Schwaan, sondern um einen Pachtzins handle, dessen Ausgleich von den Deputierten
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vergessen sei. Schon aus dem Namen Heuer= oder Hurkorn 172 ) ginge hervor, daß die Kröpeliner verpflichtet wären, Ackerzins zu zahlen. Denn der Acker wäre nicht ihr Eigentum, kein Mensch gäbe Zins oder Hure von einem Acker, der ihm selbst gehörte, sondern es wäre ein Stück Land, das ihnen aus dem Amt Doberan zur Pacht überlassen wäre. Daher wäre der Paragraph des Erbvertrages einschlägig, "daß das, was dem einen oder andern amt in specie zugeschlagen ist, dabei gelassen werden soll". 173 ) Hans Albrecht aber bestritt, daß diese Abgabe der Kröpeliner ein "Ackerzins" wäre, und bat, ihm doch zu zeigen, von welchem Acker denn solch Heuerkorn gegeben würde. Wie sehr Adolf Friedrich sich auch bemühte, dies nachzuweisen, so kam er in seinen Nachforschungen schließlich doch nicht weiter, als festzustellen, daß das Heuerkorn 174 ) "von etlichem acker, so nicht weit von der stadt, nahe bei den vogelstangen nach Brüssow [ = Brusow] zu belegen", nach Doberan gegeben würde.
Mit dieser ungenauen Erklärung war Hans Albrecht nicht zufrieden, er blieb daher bei seiner Behauptung, das Heuerkorn wäre eine Hebung, die nach nunmehr vollzogener Teilung gemäß dem von ihm angezogenen Paragraphen des Erbvertrags in Wegfall gekommen sei. Um endlich den Streitigkeiten ein Ende zu machen, einigten sich die Herzöge am 28. Januar 1614 - Adolf Friedrich hatte sich schon am 2. August dazu bereit erklärt -, die Entscheidung über die fraglichen Punkte des Fahrenholzer Vertrages "auf einem gewissen veranlassungsprozeß", d. h. in erster Instanz durch "vier Unparteiische vom Adel 175 ) aus ihren Lehnsleuten" 176 ) herbeiführen zu lassen. Bevor dieser Prozeß begonnen hatte, forderte Adolf Friedrich unzweifelhaft in der Absicht, um seine
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Anrechte auf die Mitherrschaft in Güstrow noch zu verstärken, von dem Rat der Stadt eine "Losierung" oder ein Gewölbe zu sicherer Aufbewahrung von Geldern auf dem Rathause. 177 ) Aber Hans Albrecht durchschaute die Absicht und verbot, "weil wir Uns eben 178 ) befahren müssen, daß daher ein actus possessorius in dem bevorstehenden veranlassungsprozeß gegen Uns angezogen werden möchte", dem Rat, dem Befehl seines Bruders nachzukommen. Infolgedessen wurde Adolf Friedrichs Forderung abgelehnt. Dieser war darüber aufs äußerste empört. 179 ) In seinem Schreiben an den Rat 180 ) warf er ihm nicht nur Ungefälligkeit, sondern auch gröbste Verletzung des Gehorsams vor, den sie ihm "mit ausgestreckten armen und fingern" durch "einen leiblichen Eid" beschworen hätten, und stellte ihnen anheim, sich mit ihm "in öffentliche contradiction" zu setzen. Auch seinem Bruder schrieb er in diesem Sinne und wollte damit dessen Verbot "feierlich und ausdrücklich" widersprochen haben.
So traten die Fürsten unter Aufhetzung ihrer Untertanen im eigenen Lande öffentlich gegeneinander auf. Traurigere Früchte konnte wahrlich die gemeinsame Regierung nicht zeitigen, auch in keiner Weise dem Testament Johann Albrechts I. mehr Hohn gesprochen werden! Unwillkürlich wird man dabei an das Schreiben dieses Fürsten erinnert, das er am 5. Januar 1566 an seinen Bruder Ulrich richtete. 181 ) Auch damals waren die Untertanen mutwillig und frech, von Pommern, Sachsen und Brandenburg wurden die mecklenburgischen Grenzen geschmälert. Am Kammergericht waren aus keinem Lande mehr Sachen anhängig als aus Mecklenburg, und gerade diese wurden am meisten verschleppt. Alles die Folgen der unseligen gemeinsamen Regierung! Ebenso traurig, in Anbetracht der gefährlichen Zeiten vielleicht noch schlimmer, waren die Verhältnisse jetzt. Mochte nun Hans Albrecht II. zu der Einsicht gekommen sein, daß er ein weiteres Festhalten an seiner Politik eventuell mit seinem und des Landes Ruin bezahlen müßte, mochte ihm das Verhältnis zu Adolf Friedrich auf die Dauer unmöglich erscheinen, oder glaubte er, seine später näher zu betrachtenden Religionsbestrebungen mehr fördern zu können, wenn er Cothmanns Bahnen verließ, jedenfalls
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konnte man von dieser Zeit an eine gewisse Schwankung in seiner Politik wahrnehmen.
Als die Räte der Fürsten am 16. April 1614 wiederum zu einer Beratung über die Beilegung der Streitigkeiten zusammenkamen, ließ Hans Albrecht vorbringen, 182 ) da ihm zu Ohren gekommen, Adolf Friedrich ,hätte sich der Teilung begeben, so bäte er, damit man doch endlich zum Ziel gelangte, ihm entweder das Gegenteil zu beweisen oder seinen Revers zurückzugeben. 183 )
Aber trotz dieses Einlenkens von seiten Hans Albrechts war man von einer tatkräftige Förderung versprechenden Einigung noch weit entfernt. Alle Verhandlungen der Räte fruchteten nichts, da keiner der Fürsten an ein Nachgeben dachte. Im Gegenteil befahl Adolf Friedrich am 28. Juni 1614 184 ) dem Stadtvogt von Güstrow, der sich mit dem Rat daselbst, wegen der Jurisdiktion in Verhandlungen einlassen wollte, "auch nicht in Adolf Friedrichs Namen das Gericht abhielt", bei Androhung harter Strafen, sich "solcher gütlichen Handlungen" zu enthalten. Auch Hans Albrecht trieb es jetzt ärger denn zuvor. 185 )
Noch stärker gerieten die Fürsten aneinander, als Adolf Friedrich dem Rate zu Güstrow unter Erinnerung an den ihm in der Huldigung geleisteten Eid befahl, einen Rüstwagen mit vier Pferden für eine Reise ins Ausland (nach Pommern) "auszustaffieren". Die Güstrower, denen die Erfüllung dieser Pflicht und für sich schon nicht angenehm war, die Forderung auch eine Verletzung ihrer Privilegien zu sein schien, erinnerten sich an Hans Albrechts Gebot, ohne sein Wissen keinen Befehl seines Bruders auszuführen, und trugen ihm die Angelegenheit vor. Was sie erwartet hatten, geschah. Der Herzog verbot ihnen nicht nur, Adolf Friedrichs Befehl nachzukommen, sondern versprach ihnen auch, falls dieser "via facti" gegen sie vorginge, ihnen Schutz zu gewähren. Als Adolf Friedrich sich wiederum getäuscht sah, sandte er einen schweren Drohbrief nach Güstrow: "Wollen 186 ) demnach dergleichen nichtiger excusationes und entschuldigungen
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garnicht, sondern vielmehr gebührender parition Unser rechtmäßigen befehlichen von Euch unnachlässig gewärtig sein, in dero verbleibung aber Euch für treu= und eidsvergessene achten und halten und solches durch öffentlichen anschlag hiezugehöriger mandaten zu männiglichs wissenschaft publicieren, und über das die von Uns Euch erteilte confirmation für privilegien, deren, ihr euch durch vergessentliche hintansetzung mehrberührter Pflicht verlustig gemacht, hinwieder cassieren und aufheben".
Jetzt wurden die Güstrower ängstlich. Sie beteuerten, 187 ) daß sie wohl gehorsam sein wollten, aber gegen Hans Albrechts Gebot nicht handeln könnten. Er hätte die Macht in Händen, da er mit ihnen in einer Ringmauer wohnte. Gegen die Drohung Adolf Friedrichs aber legten sie feierlichen Protest ein und schlugen ihm vor, ihnen gemäß der Reichskonstitution drei Fürsten zu präsentieren, von denen sie einen auswählen wollten, damit er die Sachen entschiede. Bis dahin baten sie ihn, sich von der via facti fernzuhalten. Am 26. Juni 1615 188 ) forderte Adolf Friedrich von der ganzen Bürgerschaft Güstrows "nochmals und endlich bei voriger commination" eine präzise Antwort, "ob sie seinen befehlen gehorchen wollten". In vierzehn Tagen erwartete er ihre Erklärung. "Wann dieselbige der gebühr erfolget . ., soll ihren untertänigen suchen stattgegeben und, was des heiligen römischen reiches constitutiones . . . besagen, unverlängt verfüget . . . werden". Die Güstrower versprachen, 189 ) daß sie seinen Befehlen gehorchen wollten, soweit es ihnen möglich wäre.
Da Adolf Friedrich sich jeglichen Schriftwechsel verbeten hatte, sandte Hans Albrecht am 7. Juli 1615 die beiden Landräte Abraham von Winterfeld und Gebhard von Moltke 190 ) zu ihm. Sie sollten "vernünftig und reiflich" über Güstrow und Schwerin verhandeln, damit er sich endlich, wenn es nicht erwiesen würde, daß bei Güstrow noch etwas ungeteilt wäre, in Ruhe seines Besitzes erfreuen, andernfalls ein Prozeß schleunigst Klarheit schaffen könnte. Da Adolf Friedrich nun seinerseits wieder Bedenken trug, Hans Albrecht in einem Schreiben zu antworten, so sandte er an Nessen seine "endliche erklärung in forma instructionis", damit er sie den in Rostock versammelten Räten Hans Albrechts mündlich vortragen sollte. Er blieb dabei,
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Güstrow, Schwerin, Krakow und Laage wären ungeteilt, außer in den Punkten, die durch den Erbvertrag spezifiziert wären. So scheiterte auch dieser Einigungsversuch. Hoffte Adolf Friedrich nun doch noch einen "actus possessorius" für sich gewinnen zu können, oder war es Zufall, jedenfalls rief Mathias von Linstow zu Bellin 191 ) in einer Geldforderung an den Güstrower Bürger Sebastian Leupold die Hilfe Adolf Friedrichs an und erwirkte in der Schweriner Kanzlei "promotoriales um rechtshilfe an den rat zu Güstrow". Dies erfuhr Hans Albrecht und ließ, weil er wohl annahm, daß es ihm zum Hohne geschehen wäre, vielleicht auch fürchtete, daß Adolf Friedrich hieraus möglicherweise einen "actus possessorius" ableiten könnte, von Linstow "die faust nehmen" und verurteilte ihn zu 1500 Taler Strafe, an deren Stelle er dessen Haus in Güstrow einzog. Dieser Vorfall setzte natürlich von neuem böses Blut unter den fürstlichen Brüdern. Erhöht wurde Adolf Friedrichs Zorn noch, als sein letzter Versuch, den Bürgermeister von Güstrow, Dr. Martinus Gerdes, an seinen Hof zu Schwerin zu laden und damit in seine Gewalt zu bringen, mißlang. Dieser war nämlich klug genug, Hans Albrecht den Befehl vorzulegen, der natürlich sofort die Reise untersagte. Gerdes entschuldigte sich, 192 ) nicht kommen zu können, wenn er sich nicht in die größten Ungelegenheiten stürzen wollte, und erschien nicht. So hatte also Adolf Friedrich alles mögliche versucht, ohne etwas zu erreichen. Selbst der Veranlassungsprozeß wollte, zumal allerhand Störungen 193 ) vorkamen, nicht rechten Fortgang nehmen. In der Angelegenheit standen sich die Meinungen der Parteien schroff gegenüber. "Der produzierte erbvertrag" 194 ) wurde "von einem teile so, vom andern teile anders in unterscheidlichen paragraphis interpretiert". Die Deputierten erklärten schließlich, es wäre für sie, die "die angezogenen iura nicht studieret, eine wahre unmöglichkeit gewesen, diese sache zu decidieren", und baten die Fürsten, die Angelegenheit einer "Juristenfakultät" zu übertragen. Aber Adolf Friedrich wollte davon nichts wissen, damit nicht ihre
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"brüderlichen erbverträge an andern auswärtigen örtern kund" würden. Er forderte, daß die Deputierten ihrem Eide gemäß entscheiden sollten, "was recht ist". 195 )
Am 2. Dezember 1614 gab er jedoch nach: die Akten wurden der "Juristenfakultät" zu Frankfurt a. O. übersandt. In dem Gutachten, das diese erteilte, wurde die Sachlage genau erörtert. 196 ) Für Hans Albrecht spräche zwar der Erbvertrag, doch dürfte man die Worte, nach denen alle Kommunion aufgehoben sein sollte, nicht zu stark betonen, sondern sollte vielmehr bedenken, daß man "in actione bonae fidei, als nämlich familiae herciscundae" wäre, "in welchen man nicht sogar genau auf den worten liegen, sondern dasjenige in acht nehmen muß, was der billigkeit auf sich selbst gemäß ist, wie denn auch dieser handel zwischen brüdern und zwar fürstlichen personen vergangen, in deren contracten und handlungen bona fides vor andern exuberieren . . . , und ist in allen dergleichen fällen dieses die beste und gewisseste rechtschnur". Ihr Rat war, die Sache in Güte beizulegen: dem güstrowschen Teil das Heuerkorn zu lassen, weil es dazu gehörte, dem schwerinschen Teil aber auf andere Weise genügende Erstattung zu geben. In Anlehnung an dies Gutachten entschieden die Deputierten, nachdem sie sich zuvor der Zustimmung Hans Albrechts versichert hatten, am 12. Juni 1615 dahin, daß das Kröpeliner Heuerkorn bei den Fürsten zu gleichen Teilen gegeben werden sollte. Ihr Urteilspruch lautete wörtlich: 197 ) "Dieweill [aus] . . . uns übergebenen extracten und unser einkommenen relation wir nicht befinden können, daß dies . . . korn von den domaligen beampten zu Dobberan gedacht, noch in ihren extraeten dessen erwehnett, . . . und also ein unoffenbahrtes stück geblieben, daß derowegen diß streitige Kröpelinsche korn unter beiderseits fürstlichen gnaden zu theilen . . . . Dannenhero auch der erfolgte fürstliche vortragk auf das, was uns nicht offenbahret, nicht kann noch mag verstanden werden, allermaßen wie das wortt des fürstlichen erbvortrags "übergangen" anders nicht verstanden . . ., denn von dem, was von uns Deputierten übergangen, und nicht, was von den beambten in ihren extracten nicht offenbaret worden". - Sie taten damit das Klügste, was sie unter den obwaltenden Umständen tun konnten. Adolf Friedrich aber glaubte, dies Urteil
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nicht annehmen zu können und verwarf es. 198 ) Damit waren alle Einigungsversuche gescheitert.
Diese unheimliche Spannung zwischen den Fürsten, der scheinbar unvermeidliche Bruch 199 ) und die Furcht vor dem Kommenden lagerte wie eine drückende Last auf dem ganzen Lande. War doch bei einer weiteren Steigerung der Differenzen die Befürchtung eines tätlichen Angriffs unter den Fürsten nicht unberechtigt. Wenigstens hat Hans Albrecht ernstlich mit einem solchen gerechnet, bezw. sich dagegen zu sichern gesucht. Dies erhellt unschwer aus dem Vorwurf, den ihm Adolf Friedrich wegen seiner Rüstungen machte. Es "ist unleugbar, daß eben fervente illa controversia [d. i. der Streit mit Güstrow], und da der Streit am heftigsten gewesen, die bürger zu Güstrow auch wider ihren willen [?] mit musqueten versehen, zum drillen und waffen abgericht, frömbde soldaten angenommen und auf die bürger, zu deren nicht geringer beschwerung geleget und verteilet worden, welches, daß es nicht zu behuf des kreises, weil die zeit keine einige werbung wegen
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des kreises für genommen, sondern einer viel andern intention beschehen, den soldaten vom hauptmann Adam von Köten erteilte paßzettel und der soldaten nach beschehener abdankung gethaner bericht genugsam ausweisen. 200 )
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Nun gerieten auch die Stände in Furcht und beschlossen, 201 ) um allen Möglichkeiten vorzubeugen, zwischen den Herzögen zu vermitteln. Sie stellten sieben Deputierte auf' die die Streitigkeiten nach besten Kräften schlichten sollten. Wegen des außerordentlichen Geschickes, mit der sie ihre Aufgabe anfaßten, und wegen des großen Erfolges verdienen ihre Namen besonders genannt zu werden. Es waren: 202 ) die Landräte Henneke von Reventlow zu Ziesendorf und Gebhard von Moltke zu Toitenwinkel, ferner David von Reventlow zum Gnemern, von Rostock der Syndikus Dr. Johann Domann und der Ratsverwandte Jochim Schütte 203 ) und von Wismar der Bürgermeister Dr. Daniel Eggebrecht und der Syndikus Dr. Mattheus Gerdes. 204 ) Diese Unterhändler wandten sich zunächst an Adolf Friedrich. Sie wüßten wohl, so brachten sie vor, "daß man zum ratschlage nicht kommen sollte, man sei dann dazu berufen und erfordert worden", aber trotzdem hätten sie es gewagt, überzeugt von der Uneigennützigkeit ihres Tuns. Sie wären, getrieben von der Sorge um das Wohl des Vaterlandes, gekommen, um die zwischen den Fürsten entstandenen bedrohlichen Differenzen zu beseitigen. Man möchte diese ihre guten Absichten anerkennen und sie nach Kräften unterstützen.
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Adolf Friedrich wollte trotzdem anfangs nichts von ihnen wissen. Zu groß war noch sein Zorn über die bewiesene Rücksichtslosigkeit und Starrköpfigkeit der Stände, als daß er ihr Anerbieten sogleich freundlich angenommen hätte. Schließlich aber mochte es ihm doch wohl nicht geraten scheinen, ihre Hilfe abzulehnen. Daher unterdrückte er seinen Zorn, änderte das am 7. April 1616 schon abgefaßte, 205 ) die Unterhändler abweisende (!) Schreiben und hieß sie höflichst willkommen. 206 ) Diese machten sich nun unverzüglich an ihr schweres Werk, und der Erfolg begleitete ihre Tätigkeit. Auf ihre Vermittelungsversuche gab Hans Albrecht in gewisser Weise nach und erklärte sich dazu bereit, seinem Bruder dasjenige von Güstrow abzutreten, d. h. Erstattung für das zu geben, was ihm von Güstrow als offenbar ungeteilt nachgewiesen werden möchte. Im übrigen aber beharrte er noch am 12. Dezember 1616 207 ) auf seiner Meinung, daß die Städte Schwerin und Güstrow geteilt wären. Auf eine so heikle Sache aber, die "indivisa" der Städte anzugeben, wollte Adolf Friedrich nicht eingehen, viel weniger noch etwas von einer Abtretung und Erstattung der ihm in Güstrow zustehenden Rechte wissen. Bis zur Totaldivision sollte es bei den im Erbvertrag festgesetzten Bestimmungen verbleiben.
Auch inbetreff des Heuerkorns war er, wie gezeigt, gänzlich anderer Ansicht als Hans Albrecht und forderte es für sich allein. Wegen des Gutachtens der Universität Frankfurt a. O., auf das sich Hans Albrecht berief, erklärte er, 208 ) daß ihn "weder gelahrte noch ungelahrte und in sonderheit die angedeutete etlicher fürnehmer rechtsgelahrter zensur, wann auch derselben ein ganzer kohlwagen voll wäre", nicht abhalten sollte, die Sache von neuem prüfen zu lassen, "weil man solche zensuren vor geld und nach eines jeden bericht leichtlich erlangen kann". Daher sollten die Unterhändler das Verfahren noch einmal aufnehmen. Ihrem Spruche wollte er sich fügen. Am 19. Dezember 1616 209 ) lenkte endlich Hans Albrecht ein. Die "specifikation der indivisorum" von Schwerin und Güstrow sollte nicht der Stein des Anstoßes sein. Hierin wollte er nachgeben und auch die Division und Erstattung
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bis zur Totaldivision dahingestellt sein lassen ; 210 ) "jedoch mit dieser maß: soferne es sich über zuversicht mit berührter tolaldivision über ein jahr verweilen würde, daß alsdann nach verlauf eines jahres der anfang der division an gemeldten städten Güstrow und Schwerin gänzlich verrichtet . . . werden möge". Auch hinsichtlich der Zugehörigkeit der Städte Laage und Krakow zu Güstrow wollte er sich bescheiden, obwohl er sich dabei sehr gut auf Verjährung berufen könnte, wenn ihm die Reduktionsakten - d. h. die alten Teilungsakten, auf die sich Adolf Friedrich berief und nach denen auch bei den früheren Teilungen, besonders zur Zeit Herzog Johann Albrechts I. und Ulrichs, diese Städte niemals als Pertinenzien von Güstrow angesehen worden wären - im Original vorgelegt würden und er daraus erkennen könnte, daß sie damals ungeteilt geblieben wären.
Sehr entgegenkommend zeigte er sich auch hinsichtlich des Kröpeliner Heuerkorns, wo er mit vollem Recht bei dem Urteil der "Kompromissare" und ihren Abmachungen (daß es eben bei diesem Urteil endgiltig verbleiben sollte) hätte verharren können. Er versprach, sich dem Spruch der Unterhändler zu fügen und Adolf Friedrich gegebenenfalls an anderen Orten für das Korn hinreichende Erstattung zu gewähren. Ebenso sollte schließlich die Fischerei auf dem Häger See dem Pastor und Schulzen zu Techentin gestattet werden, wenn ihm die Originalurkunden über diese Gerechtigkeit vorgelegt würden. Ganz richtig meinte Hans Albrechts vertrauter Rat Otto Preen, 211 ) diese letzte Sache wäre überhaupt von "so schlechter importanz", daß Hans Albrecht ohne Bedenken nachgeben sollte, er könnte aber "gewisse ordnung und maaße zu fischen" geben und vor allem sich ausbedingen, daß man es später an anderen Orten ebenso hielte. Über diese glückliche Wendung der Verhältnisse waren die Deputierten hoch erfreut. Sie faßten die Resultate der Verhandlungen in eine "vertragsnotul" zusammen, die sie in zwiefacher Form 212 )
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ausstellten und Adolf Friedrich zur Begutachtung bezw. zur Unterzeichnung zusandten. Aber dieser war mit keiner von beiden ganz zufrieden, sondern ließ daran von Hajo von Nessen verschiedene Änderungen vornehmen. 213 ) Und wirklich waren die Verhältnisse nicht so klar, wie es anfangs scheinen mochte. Hans Albrecht hatte ja zwar für Güstrow und Schwerin die Ungeteiltheit an sich schließlich zugegeben, aber damit war noch nicht sicher, daß er auch das, was noch ungeteilt geblieben war, gemein lassen würde, und daß sich die Fürsten über das, was gemeinsam oder geteilt wäre, auch einig wären. Und dies zeigte sich bald. Hans Albrecht folgerte nämlich aus der Einsetzung des Superintendenten und des Stadtvogtes zu Güstrow, die er mit Recht nach dem Erbvertrag beanspruchen konnte, zugleich auch, daß das ius episcopale und die Jurisdiktion 214 ) einem jeden Fürsten in seiner Stadt allein gehörte. Weiter glaubte er auch den Dom zu Güstrow als sein Eigentum ansehen zu können, 215 ) denn wenn auch die Stadt Güstrow gemein wäre, so gehörte doch der Dom, der nicht etwa eine Pertinenz der Stadt wäre, ihm allein. Schon 1556 wäre derselbe im Ruppinschen Machtspruch Herzog Ulrich zugeeignet worden, und dieser hätte 1556 darin für sich allein eine Synode abgehalten, ihn ferner auch aus eigener Tasche restauriert und allein mit Predigern besetzt. Mit dem Dom selbst betrachtete Hans Albrecht auch die Güter und Einkommen desselben als sein Eigentum, denn die zu Güstrow residierenden Fürsten hätten stets die Konfirmation und den Konsens über die Domgüter allein gegeben, immer auch allein die Vorsteher des Doms bestellt und Delikte auf der zum Dom gehörigen "Freiheit" nur von ihren Räten aburteilen lassen.
Adolf Friedrich aber wollte weder die Jurisdiktion noch das ius episcopale und den Dom Hans Albrecht zugestehen. Besonders wegen der letzteren, der "geistlichen" Sachen, entstand ein erbitterter Kampf. 216 )
Unschwer erkennt man den Grund, wenn man den sich immer mehr äußernden Religionsbestrebungen 217 ) Hans Albrechts ge
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bührende Rechnung trägt. Die Verhandlungen 218 ) hierüber zogen sich bis zum April 1617 erfolglos hin. Um das Werk möglichst zu beschleunigen, lehnten die Unterhändler jetzt jede schriftliche Verhandlung ab. 219 ) Auch Adolf Friedrich unterstützte dies Bestreben und begab sich, um ihnen weite Wege und Zeitverschwendung zu ersparen, nach dem näher bei Güstrow gelegenen Doberan. Die Unterhändler, die ihrer Anschauung nach durchweg auf Seiten Adolf Friedrichs standen, suchten Hans Albrecht zu bewegen, Adolf Friedrichs Forderungen stattzugeben. Dies Drängen wurde jenem jedoch sehr bald unangenehm. Daher schrieb er an Adolf Friedrich, 220 ) "und wär meins erachtens unnötig, die unterhändler in diesen sachen weiter zu gebrauchen. Es könnten auch so viel desto bequemlicher unsere abgeordenten diener, von unsern mehr und hoher angelegenen sachen betreffend, unterredung pflegen".
Auf diesen unsinnigen Vorschlag ging aber Adolf Friedrich glücklicherweise nicht ein, "in erwägung, daß ja niemals unsere räte in allen tractaten etwas fruchtbarliches ausgerichtet, oder, da ja noch etwas beschlossen, der eine teil es auf weiß, der andere auf schwarz gedeutet".
Unentwegt setzten die Unterhändler unterdessen ihre Arbeit fort. Von Adolf Friedrich aufs kräftigste unterstützt, gelang es ihrem Drängen und Werben schließlich, Hans Albrecht wenigstens in einigen Punkten zur Nachgiebigkeit zu bewegen. Am 14. Mai 1617 221 ) konnten sie Adolf Friedrich berichten, daß seine Wünsche "auf ihre wiederholte unterthänige bitte hin endlich" zum größten Teil erfüllt wären, nur das ius patronatus zu Güstrow und damit die Gerechtigkeit über den Dom daselbst wolle Hans Albrecht auf keinen Fall abtreten. 222 ) Und in diesem Punkte stellten sich auch die Unterhändler auf die Seite Hans Albrechts. Sie machten Adolf Friedrich auf die Bestimmung des Fahrenholzer Vertrages aufmerksam, daß, wenn etwas, und besonders in Kirchenlehen, übersehen wäre - und wegen des Domes war eben keine besondere Bestimmung getroffen worden -, daß deswegen doch kein Streit entstehen, sondern das ius patronatus bei den Ämtern, darin die Kirche gelegen, verbleiben sollte. Adolf Friedrich aber wollte auch hier wiederum die Sache nicht vom juristischen Standpunkt angesehen wissen, man sollte vielmehr an die Zukunft denken.
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Wenn Hans Albrecht der Dom und die Bestimmung darüber allein gegeben würde' so wäre ihm damit auch die Macht gegeben, seiner Glaubensrichtung darin Geltung zu verschaffen. Es wäre aber nicht angängig, daß die größte Kirche der Stadt einer, abgesehen von Hans Albrechts Hose, doch nur kleinen Zahl allein zum Gottesdienste reserviert würde. Diese Befürchtungen waren allerdings berechtigt, und man kann es Adolf Friedrich nicht verdenken, daß er, bevor er sich zu weiteren Zugeständnissen herbeiließ, von Hans Albrecht einen Revers forderte, inbetreff der Religion keine Änderung vornehmen zu wollen.
So wachte er ängstlich über die Erhaltung der reinen Lehre und machte hierin wieder gut, was er, durch die Verhältnisse gezwungen, an dem Testamente seines Großvaters gefehlt. Nicht leicht war sein Kampf mit Hans Albrecht, der die lutherische Lehre aus Überzeugung befeindete. Dieser hatte die kalvinische Lehre in Leipzig und in der Schweiz kennen gelernt. Bald mächtig durch ihre Einfachheit gefesselt, nahm er sie je länger, je mehr in sich auf, und obgleich Mecklenburg ein lutherisches Land war, so entwickelte sich doch auch dort seine religiöse Anschauung immer mehr in der angedeuteten Richtung. Besonders wird dies seinem Verkehr mit dem pommerschen Edelmann Tesmar oder Thersen von Passow 223 ) zuzuschreiben sein, den er in Genf als Kriegsoberst kennen gelernt hatte, und dem er später, als er nach Mecklenburg gekommen war, sein ganzes Vertrauen schenkte. (Er fiel am 25. August 1614 in einem Duell mit Georg Christoph von Rosen bei der Vogelstange vor Tessin.). Ein offener Widerwille gegen die lutherische Lehre zeigte sich bei Hans Albrecht zuerst bei der Taufe seiner ersten Kinder, 224 ) bei der er die Abrenuntiation und den Exorcismus bei Seite gelassen haben wollte. Da er aber nur das letztere bei dem güstrowschen Geistlichen erreichen konnte 225 ) und auch sonst auf Widerstand stieß, nahm er, um seine Wünsche leichter durchsetzen zu können, (am 22. Oktober 1615) den reformierten Theologen Georg Ursinus aus Schlesien
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zum Hofprediger an. 226 ) Dieser mußte bei mehreren Gelegenheiten auch im Dom zu Güstrow predigen und 1617 sogar bei dem Tode der Gemahlin Hans Albrechts, der Herzogin Margarethe Elisabeth, die Leichenpredigt halten. 227 )
Diese Übergriffe erregten die größte Besorgnis der Stände. Sie betrachteten sie als Eingriff in ihre privilegierten Rechte: es würden dadurch die landesherrlichen Reversalen vom 4. Juli 1572, nach denen das Land bei der augsburgischen Konfession gelassen werden sollte, gefährdet. Auch Adolf Friedrich stellte sich, wie oben gesagt, auf ihre Seite, denn auch für ihn war das Verhalten Hans Albrechts, abgesehen von allem andern, ein Eingriff in das ihnen beiden gemeinsam zustehende Landesepiskopat. Er forderte, um in Zukunft gesichert zu sein, einen Revers. Nach langem Sträuben kam Hans Albrecht dem Drängen Adolf Friedrichs am 23. Mai 1617 228 ) zu Schwaan nach und gelobte, "daß in den städten und auf dem lande unsers fürstentums keine andere als die bis dahero in den kirchen und schulen unserer lande bekannte und angenommene augsburgische confession und lutherische religion gepredigt und gelehret werden sollte". Er erklärte sich auch bereit, sich der Landschaft gegenüber reversieren zu wollen, sie bei ihrem Bekenntnis zu lassen und "auch inmittelst und bis dahin auf dem lande und in den städten kein anderes fürnehmen oder verhängen zu wollen". Da nun der güstrowsche Dom weder zur Stadt Güstrow gehörte, noch auf dem Lande lag, so war unschwer Hans Albrechts Absicht zu erkennen, 229 ) daß er diese Kirche unter dem allgemeinen Ausdruck nicht mitverstanden wissen wollte. Gegen die Möglichkeit einer solchen Deutung verwahrte sich Adolf Friedrich am 26. Mai zu Doberan durch eine feierliche Protestation, 230 ) daß unter den Worten "auf dem lande und in den städten" auch die Stadt
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und der Dom zu Güstrow miteinbegriffen wären. "Daferne aber obbemeldter revers jetzt oder künftig in einen andern verstand, als obstehet, gezogen und in der stadt Güstrow, dem dom daselbst oder sonsten auf dem lande über gute zuversicht änderung in doctrinalibus oder ceremonialibus tentieret werden sollte, daß er sich alsdann des zwischen ihm und seinem freundlichen, lieben bruder itzo gemachten vertrages und aller widrigen deutung berührten reverses ungehindert des juris episcopalis gebrauchen und kraft desselben die neuerungen zu behindern nicht unterlassen will".
Als Hans Albrecht hierauf erklärte, daß er das, was er versprochen hätte, halten wollte, 231 ) unterzeichneten die Herzöge am 29. Mai 1617 einen aus 8 Punkten bestehenden Vertrag 232 ) folgenden Inhalts:
Güstrow und Schwerin sollten gemäß Hans Albrechts Vorschlag vom 19. Dezember 1616, abgesehen von den 1611 schon geteilten Stücken, die genau festgestellt wurden, beiden Fürsten gemeinsam sein, bis man sich wegen der Totaldivision verglichen hätte. Wäre diese jedoch innerhalb Jahresfrist nicht bewerkstelligt, so sollte der Anfang mit der vollständigen Teilung beider Städte gemacht werden. Bis dahin aber hätte Adolf Friedrich in Parchim und Hans Albrecht in Güstrow die Ernennung und Einsetzung der Geistlichen, ebenso auch ein jeder in seiner Residenz die Bestellung der Stadtvögte allein. Der Dom zu Güstrow und seine Freiheit, mit dem ius episcopale, der Jurisdiktion und Verwaltung der Ökonomie sollten Hans Albrecht, wie andrerseits die gleichen Rechte in Parchim Adolf Friedrich allein zustehen. Dagegen sollte, um jeder Ungleichheit vorzubeugen, das ius episcopale und die Jurisdiktion über die Pfarrkirche zu Güstrow beiden Fürsten gemein sein. Abgesehen von den obigen Bestimmungen über den Dom zu Güstrow und die Kirche zu Parchim, sollte überhaupt die ganze geistliche und weltliche Jurisdiktion beiden gleichmäßig zustehen, ein jeder auch dem Superintendenten zu Güstrow und Parchim in der Amtsführung außerhalb seines Wohnsitzes 233 ) und den Stadtvögten zu Güstrow und Schwerin und denen in den andern gemeinen Städten gebieten dürfen. Auch die Streitigkeiten wegen Laage und Krakow wurden jetzt geregelt. Diese
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Städte sollten außer den im Vertrage von 1611 Hans Albrecht gegebenen Rechten (der Orbör und den Brüchen in beiden Städten, des Chorgelds, Zolls und der Mühle zu Laage und der Fischerei zu Krakow) beiden Fürsten "pro indivisis" zustehen, bis man sich anders darüber einigen würde.
Betreffs des Kröpeliner Heuerkorns wurde es bei der Entscheidung der Deputierten, daß die Hälfte desselben Adolf Friedrich alljährlich entrichtet werden sollte, belassen, jedoch mit dem Zusatz, daß Hans Albrecht am kommenden Michaelis alles Korn erstatten sollte, was er Adolf Friedrich bisher vorenthalten hatte.
Die Fischereigerechtigkeit auf dem Techentiner=Häger See mußte Hans Albrecht nach Feststellung aus dem Visitationsbuch und Bericht der früheren Beamten zu Neukloster dem Pastor und Schulzen zu Techentin und dem Schulzen zu Hagen zugestehen.
Damit waren nun endlich die Streitigkeiten beigelegt, die, aus dem Vertrag von 1611 entsprungen, 6 Jahre hindurch die Gemüter erregt hatten. Aber in einem Punkte sollte auch der jetzt geschlossene Pakt das Schicksal seines Vorgängers teilen. Abgesehen von einigen die "ausantwortung" von Akten, die "session und direktion bei gemeinen zusammenkünften" und die Holzflößung auf der Elbe, der Müritz und dem Plauer See betreffenden, hier aber weniger oder gar nicht in Betracht kommenden Bestimmungen wurde nämlich hinzugefügt, daß ein jeder Herzog in vier Monaten alles aufzeichnen und dem andern übergeben sollte, was er seit 1611 für das Gesamtwohl "dergestalt ausgegeben und verleget" hätte, daß er dafür Erstattung beanspruchen könnte. Es sollte der eine dem andern dann die etwa vorhandenen Mehrausgaben bar ersetzen.
Dieser Paragraph gab wieder zu langwierigen
Reibereien Anlaß. Als Hans Albrecht nämlich
Adolf Friedrich Ende September 1617
234
)
seine Liquidation in Höhe von 12 016 Gulden 12
ßl. 1/2
überreicht hatte, antwortete
dieser, daß es ihm nach Revision der einzelnen
Punkte scheinen wollte, als verstände Hans
Albrecht den Paragraphen des letzt geschlossenen
Vertrages dahin, daß nun auch "die alten
rechnungen", die, wie oben erwähnt, 1615 in
der Regelung der Rent= und
Küchenmeisterrechnungen beglichen wären, wieder
"recoquiert"
235
)
werden sollten. Dies wollte er auf keinen Fall
haben und forderte daher ein neues Verzeichnis.
Hans Albrecht kam diesem Verlangen
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am 28. Mai 1618 236 ) nach. Am 7. Januar 1619 waren die Herzöge bis auf zwei Punkte einig. 237 ) Da sie über dieselben kein volles Einverständnis erlangen konnten, beschlossen sie, 238 ) ihre Räte zusammenzuschicken. Aber obwohl Adolf Friedrich dreimal mit Vorschlägen zur Regelung hervortrat und sich Hans Albrechts Wünschen nach Möglichkeit anzupassen suchte, so fand dieser stets neue Einwände. Deshalb gab Adolf Friedrich seine Bemühungen auf und ließ die Sache ruhen. Sie wurde später im Erbvertrage 1621 miterledigt.
Wenngleich der Vertrag von 1617 somit nicht vollständig zum Ziel führte, so wirkte er doch klärend und reinigend auf die Verhältnisse. Jetzt löste sich die beängstigende Spannung zwischen Adolf Friedrich und der Stadt Güstrow. Selbstverständlich mußte er den Güstrowern wie Hans Albrecht Linstow Verzeihung gewähren. Um aber doch eine gewisse Genugtuung zu haben und die Güstrower in etwas seine Macht spüren zu lassen, teilte Adolf Friedrich dem Magistrat mit, 239 ) welche Rechte Hans Albrecht allein an der Stadt hätte, daß alles andere aber mit aller landesfürstlichen Gerechtigkeit, "auch geistlich und weltlich jurisdiktion in der stadt daselbst" beiden Fürsten gemeinsam wäre. Die Güstrower hingegen konnten es sich nicht versagen, ihm in derselben Weise zu begegnen, wie Hans Albrecht es seinerzeit so oft getan hatte, und baten, 240 ) "weil leichtsam etwas vorfallen könnte", was sie nicht verständen, "um genaue spezifikation der punkte, die gemein bleiben sollten". Ärgerlich ließ ihnen Adolf Friedrich antworten, 241 ) daß es der "aus vorwitz oder ander leute getriebe (Cothmann?) gesuchten spezifikation" nicht bedürfe, sie würden aus den divisa wohl die indivisa erkennen können.
7.
Mit Fertigstellung des Vertrages war der erste große Schritt zur Totaldivision getan. Es schien, als sollte sie sich nun in ruhigem Laufe, einem Flusse gleich, der die Stromschnellen nach langem Toben überwunden hat, ihrem Ziele nähern. Doch nur zu bald tauchten neue Hindernisse auf. Drei Klippen waren
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es vor allem, an denen die Totaldivision zugrunde gehen sollte: Der kalvinistische Religionseifer Hans Albrechts und das energische Bestreben der Stände, dauernd davor gesichert zu sein, ferner die Schwierigkeit der Teilung von Rostock und endlich die immer drückender werdende unglückliche finanzielle Lage der Herzöge.
Unmöglich war es bei Hans Albrechts tiefwurzelnder Neigung für den Kalvinismus, den wegen der Religion ausgestellten Revers in Adolf Friedrichs Sinne zu halten. Vielmehr muß man annehmen, daß er sich trotz seiner Versprechungen von vornherein bewußt mit dem Gedanken getragen hat, wie es die in dem Revers wegen des Doms enthaltenen Unklarheiten und sodann seine kurze Abfertigung an Adolf Friedrich deutlich erkennen lassen, jenen, wo er nur konnte, zu umgehen.
Mit offener Gewalt war allerdings nicht viel zu erreichen. Daher beschränkte er sich zunächst darauf, im stillen der lutherischen Kirche entgegenzuwirken. Als im November 1617 das Reformationsjubiläum als allgemeines Landesfest gefeiert werden sollte, 242 ) wußte er die deswegen angestellten Verhandlungen - eine einseitige Anordnung der Feier von seiten Adolf Friedrichs ließ ja das gemeinsame Summepiskopat nicht zu 243 ) - geschickt solange hinzuziehen, daß die geeignete Zeit vorüber war, ehe die Beratungen und die daraus entstandenen Streitigkeiten zum Schluß geführt worden waren. 244 ) Und auch dann noch verweigerte er seine Zustimmung. 245 ) "Nun nach verflossener zeit dessenthalben etwas ferner fürzunehmen", wäre seiner Meinung nach unmöglich, weil es "ungleich verstanden" werden könnte. 246 )
Dieser Vereitelung des Reformationsfestes, die den Anlaß zu neuer Mißstimmung gab, 247 ) folgte bald darauf Hans Albrechts
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Verbot an die lutherischen Pastoren, der Kalvinisten in ihren Predigten nicht "auf eine verhaßte art" 248 ) zu gedenken und sich aller groben Anzüglichkeiten "des schmähens und verdammens" 249 ) zu enthalten.
Daß dies Vorgehen Hans Albrechts nicht als momentane Eingebung oberflächlichen Parteihasses anzusehen ist, zeigt die Energie, mit der er seit langer Zeit die Religionssache betrieb. Sie war ihm wirklich. Herzenssache. Vor allem aus Religionsinteresse fiel die Wahl für seine zweite Ehe 250 ) auf die auch zur reformierten Lehre gehörige älteste Tochter des reformierten Landgrafen Moritz von Hessen, Elisabeth. Am 25. März 1618 feierte er seine Hochzeit zu Cassel. Diesem Schritt folgte 251 ) alsbald der andere, daß er sich selbst zum Kalvinismus bekannte und am 28. Juni den reformierten Gottesdienst feierlich in die Schloßkirche 252 ) zu Güstrow einführte. Als dann am 14. November 1618 sein Sohn Karl Heinrich starb, ließ er von seinem reformierten Prediger, und zwar im Dom zu Güstrow, die Leichenpredigt halten. 253 ) Natürlich bewirkte die enge Verbindung mit dem hessischen Hofe und der mißliche Ausgang des böhmischen
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Krieges, der viele Reformierte 254 ) auch an den güstrowschen Hof flüchten ließ, daß Hans Albrecht immer entschiedener für seine Religionsfreunde Partei nahm und ohne Rücksicht auf den Vertrag von 1617 den ganzen Dom für sich beanspruchte. Argwöhnisch betrachteten die Stände 255 ) sein Vorgehen. 1618, auf dem Landtag zu Sternberg, erinnerten sie ihn an sein Versprechen, sie bei der augsburgischen Konfession zu belassen und ihnen auch "auf erstem landtag, wenn deswegen gebührliche ansuchung geschehen würde, dessen zu versichern", und baten nun, ihnen "die versprochenen reversales mitzuteilen". Diese Mahnung blieb aber ohne Wirkung. 256 ) Hans Albrecht dachte jetzt nicht mehr an sein Versprechen, sondern entfernte kurzerhand den Altar aus dem Güstrower Dom 257 ) und stellte daselbst einen kalvinistischen Geistlichen auf die Kanzel. 258 ) Jetzt betraute Adolf Friedrich die Unterhändler mit dieser Angelegenheit. Am 9. Januar 1619 259 ) mußten sie Hans Albrecht sein Unrecht vorhalten und ihn nochmals um die Reversalen ersuchen. Dieser ließ sich hierdurch nicht einschüchtern. Er behauptete, "nichts unrects oder gar zu viel", sondern vielmehr noch weniger getan zu haben, als er befugt wäre. 260 ) Wiederum sandte Adolf Friedrich, weil es doch "in die harre so nicht kann gut geheißen werden", 261 ) am 10. Februar 1619 die Unterhändler zu ihm. Der Dom und das ius episcopale darüber wären Hans Albrecht allerdings zugesprochen, doch nur ad interim. Eine Änderung in Religionssachen aber wäre, hiervon ganz abgesehen, ausdrücklich sowohl durch den Revers als auch durch die Protestation Adolf Friedrichs verboten. 262 ) "Die einstellung der ihnen so unfreundlich abgeschlagenen jubeljahres celebrierungen" hätte er "gerne verschmerzt", aber "die unterdrückung der wahren und in diesen landen allein hergebrachten religion mit verletzung seines gewissens zu verhängen", schiene ihm unverantwortlich. Würde Hans Albrecht auch "hinfüro mit solchem procedieren verfahren", so wollte er
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seines Teils an "manutenierung dieses itzigen regiments und standes das äußerste wagen und sich hinfüro so verächtlich nicht halten lassen".
Eng berührte sich hier der konfessionelle Streit mit den Bestrebungen für die Totaldivision. Hans Albrecht widersetzte sich Adolf Friedrichs Bemühungen, das ius episcopale, das 1617 doch nur ad interim geteilt war, mit in die Teilung zu bringen, aufs äußerste, vor allem wohl, weil er fürchtete, seinem Plan später noch mehr Hindernisse gegenüber zu sehen. 263 ) Er erklärte sich am 31. Mai 1620 zwar dazu bereit, die Einkünfte des Güstrower Doms mit denen der Parchimer Kirche vollkommen auszugleichen, wollte dann aber das ius episcopale dauernd allein für sich behalten, 264 ) auch "sich des doms nach seinem eigenen gefallen gebrauchen und sonsten außerhalb des domes und der schloßkirche in religionssachen keine veränderung vornehmen und sich dessenthalben gegen Adolf Friedrich und die ganze ehrbare ritter= und landschaft genugsam reversieren, wenn Adolf Friedrich sich zu gleichmäßigem revers verstehen werde". Als Adolf Friedrich hiermit nicht einverstanden war, drohte er die ganze Sache "zu der landschaft communication" 265 ) zu bringen und vor richtiger Erledigung der Angelegenheit und vor allem nicht im Falle einer gänzlichen Erfolglosigkeit des dazu berufenen Landtages weder in Sachen der Totaldivision noch der Partikularabtretung der Ämter tätig zu sein. Diesen Vorsatz wagte er jedoch auf Adolf Friedrichs dringliche Mahnung 266 ) nicht auszuführen. Aber dieser war in eine außerordentlich unangenehme Lage versetzt. Er wollte die Totaldivision, die Teilung des ganzen Landes mit allen Gerechtigkeiten, auf jeden Fall durchsetzen. Dies Ziel, das er Jahre lang erstrebt, lag jetzt ganz nahe vor ihm, und wohl ohne große Schwierigkeit hätte er es in Kürze erreichen können, wenn er nur in betreff des Güstrower Doms Hans Albrecht nachgegeben hätte. Aber seine religiöse Überzeugung war ihm nicht feil. Streng rechtlich stellte er sich auf den Standpunkt des Vertrags von 1617 und wollte das ganze ius episcopale mit in die Total
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division gebracht wissen. Er hoffte, wenn dann später Hans Albrecht Güstrow und das ius episcopale darüber zufallen würde, ihn durch Reverse usw. so fest verpflichten zu können, daß hinsichtlich der Religion keine Übergriffe möglich sein würden. Aber die Stände sahen die Lage der Dinge in schwärzerem Lichte. Sie meinten, daß Hans Albrecht nach Vollführung der Totaldivision Tür und Tor für die Betätigung seiner Glaubensrichtung geöffnet wären und er sich die günstige Lage sicherlich zu nutze machen würde. 267 ) Versprechungen und Eide aber, durch die er vielleicht gebunden werden könnte, möchte er erst recht verletzen und unbeachtet lassen, wenn er in seinem Lande allein und unabhängig regierte und nicht mehr gezwungen wäre, sich von seinem Bruder dreinreden zu lassen. Nur dann glaubten sie mit Zuversicht in die Zukunft schauen zu können, wenn das Episkopat des Landes ungeteilt blieb, nur dann wären Religionsänderungen durch Hans Albrecht unmöglich.
So standen sich jetzt die drei Faktoren mit ihren Forderungen gegenüber: Hans Albrecht forderte den Dom zu Güstrow und freie Ausübung seiner Religion, er versprach dafür die Totaldivision. Adolf Friedrich wünschte nichts mehr als diese und stellte seinem Bruder, wie im folgenden noch näher zu zeigen ist, für seine Unterstützung baldigste Erfüllung seines - neben der Religionsfrage - Hauptwunsches, einer Kontribution, in Aussicht. Die Stände schließlich wollten vor allem ihre Gravamina gehoben und ihre Wünsche in betreff der Religion und Totaldivision berücksichtigt wissen. Sie versprachen dafür, sich den Fürsten hinsichtlich der Schuldenübernahme willfährig zu erzeigen.
Es fragte sich nun, welche der Parteien die Kraft besitzen würde, ihre Rechte und Ansprüche geltend zu machen. Hans Albrecht hatte die Totaldivision, auch während er scheinbar sein ganzes Interesse darauf richtete, der lutherischen Lehre in jeder Weise Abbruch zu tun, unterdessen nicht im geringsten aus dem Auge gelassen. Da er nur in ihr eine genügende Garantie zu haben vermeinte, für den Kalvinismus ungestört tätig sein zu können, so war er nach Abschluß des Vertrages von 1617 der
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erste, der zu ernstlichem Beginn mit der Totaldivision drängte. Am 20. Oktober 1617 268 ) sandte er ein dringliches Schreiben an Adolf Friedrich: "daß mit der totaldivision etwas schleuniger verfahren und all und jede communio weggehoben und also auch die communicationsschreiben hinterwärts gesetzt würden". Gleichzeitig bat er darum, daß ihre Räte zur Beratung zusammenkämen.
Adolf Friedrich war mit diesem Vorschlag natürlich einverstanden, stellte jedoch zweierlei Bedingungen. Nicht nur sollte "alles gemenge 269 ) in den ämtern" - zu dem Ende wäre es notwendig, noch einige Ämter wieder gegeneinander auszutauschen 270 ) - "und ganzen lande aufgehoben und einem jedweden ein gewisser ort landes allein 271 ) assigniert werden", sondern Hans Albrecht sollte auch den Weg angeben, wie die Totaldivision am besten zu bewerkstelligen wäre. Er erinnerte dabei an seinen Vorschlag von 1611, eine Totaldivision und nicht die Ämterteilung allein vorzunehmen. Hans Albrecht hätte damals nicht auf diesen Rat gehört, sondern vielmehr seine Ausführung verhindert. Dafür möchte er nun den Modus angeben, wie das damals durch seine Schuld Versäumte am leichtesten nachzuholen wäre. Gemeinsame Verhandlungen ihrer Räte aber hielt er, wie die Erfahrung hinreichend gezeigt hätte, für gänzlich unzweckmäßig. 272 ) Im Gegensatz zu Adolf Friedrich meinte aber
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sein Kanzler Hajo von Nessen, daß eine gänzliche Teilung unmöglich wäre, auf jeden Fall müßte Rostock gemeinsam bleiben. Denn wenn die Stadt, wie Adolf Friedrich wünschte, an Güstrow fiele, so würden zu der Erstattung 273 ) der Städte Rostock und Güstrow die Städte Wismar, Parchim, Malchin, Neubrandenburg und Friedland gar nicht genügen. Dazu käme der Übelstand, daß die drei letztgenannten Städte fast gänzlich von Hans Albrechts Ämtern umgeben wären, wodurch nichts anderes entstände als eine "perpetua litium materia". Auf diese wohlbegründeten Vorstellungen hin setzte Adolf Friedrich seine Ansprüche herab. Am 5. Januar 1618 274 ) schrieb er Hans Albrecht, daß seinetwegen Rostock gemein 275 ) bleiben könnte. "Sollte aber E. L. Dieselbe allein begehren und mir erstattung dafür bequemen, wollten wir Ihr dieselbe auch wohl gönnen." Hans Albrecht wäre, mit dem ersten Vorschlag nun wohl einverstanden gewesen, wenn Adolf Friedrich auch Wismar hätte gemein lassen wollen, diese Stadt aber seinem Bruder allein zu lassen, schien ihm unmöglich. Denn was sollte er dafür nehmen? - etwa Rostock? - Das hielt er nicht für geraten schon wegen des schwierigen Ausgleichs an sich, als auch besonders wegen des Verlustes an andern Städten, die er nicht entbehren zu können glaubte. Adolf Friedrich aber wollte Wismar auf jeden Fall mit in die Teilung 276 ) gebracht, und zwar zu seinem Gebiet gelegt haben. Gegen Güstrow könnte Schwerin selbst unter Zuhülfenahme von Parchim auf keinen Fall gesetzt werden, nur Wismar allein wäre das geeignete Äquivalent.
Nicht ohne Wert sind die bei dieser Erwägung von Dr. Christoph von Hagen (einem Rat Adolf Friedrichs) gegebenen, allerdings tendenziös gefärbten Schilderungen über den Zustand der einzelnen Städte: 277 )
Wismar | Die noch übrigen gemeinen | Güstrow | |
Parchim | Städte als: | Malchin | |
Schwerin | Sternberg | Laage | Brandenburg |
Kröpelin | Krakow | Teterow | Friedland |
Waren | könnten zum Ausgleich | Woldeck | |
dieser gebraucht werden. | Röbel." |
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Von Schwerin sei bekannt, so schreibt er am 21. September 1619, daß dasselbe "von gemeinen und privatintraden eine arme, baufällige und fast ganz nahrlose stadt sei, dabei keine stadtmühlengüter, holzungen, wiesenwachs, hüte und weide oder andere große nützbarkeiten vorhanden, also auch, daß das rathaus nicht ein paar pferde auf dem stall zu halten vermag. 2. Daß sie weder kirche oder schule hat, sondern dieselbe ganz unter fremder jurisdiktion belegen, daran man den herzogen zu Mecklenburg nunmehr an geistlicher und weltlicher jurisdiktion, hoheiten und regalien das geringste nicht geständig sein will und, da etwan künftig eine mutatio religionis, welches doch Gott der allmächtige gnädig abwenden wollte, einfallen sollte, die armen bürger und einwohner in seelen seligkeit gefahr gestürzt werden könnten, also daß in diesem punkt bei keiner im ganzen lande geteilten oder ungeteilten stadt, kleine oder groß, ja fast bei keinem dorfe eine solche incommodität, alse eben bei dieser stadt Schwerin vorhanden und, wann man gleich eine absonderliche kirche und schule anrichten wollte, daß doch dazu weder ort oder einige geistliche hebungen vorhanden, auch überaus große unkosten dazu gehören und vielleicht der episcopus wegen des juris parochialis solches auch streiten würde. 3. Daß es nur eine halbe stadt, 278 ) weil der anderteil, die Schelfe genannt, dem herrn administratori cum omni jure zuständig. 4. Daß dabei diese große beschwerungen, wie zum öftern grobe und kleine mißhandlungen ungestraft bleiben, wann entweder die thäter dahin auf die Schelfe sich salvieren oder auch, wie noch jüngst mit Christoph Raben sich zugetragen, dieselben ex carcere sich losmachen und dahin leichtlich, weil es so nahe bei einander, ihr refugium haben können und also der justizien den rücken geben. 5. Daß der herr administrator seinen sitz und wohnung innerhalb der stadtmauer, auch die capitulares ihre häuser und höfe haben, darüber man nichts zu kommendieren, und also peregrinos, non subditos gleichsam vor augen sehen und leiden muß. 6. Daß vor J.f.g. räte und diener in der stadt fast keine wohnungen vorhanden, auch keine mit großen unkosten und discommoditäten können gebauet oder gemietet, daß sie nicht entweder der stadt oder des bischofs jurisdiction sollten unterwürfig sein."
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Aber auch Parchim sei "eine ausgebrannte, arme, unvermögene stadt und, obgleich ziemliche holzungen und etzliche dörfer dazu belegen, so ist doch die holzunge dahero, daß die stadt in wenig jahren zweimal ausgebrannt, 279 ) sehr verhowen und fast öde gemachet, bei den dörfern auch mehr sandhofen und soviel geistliche hebungen und andere onera vorhanden, daß die stadt derselben wenig zu genießen hat und dahero auch das rathaus mit schuldenlast behaftet. So ist auch die nahrung bei den bürgern fast ebenso gering wie zu Schwerin und mit Güstrow sonderlich. auch der gebew und häuser halber nicht zu vergleichen. Es sein zwar daselbst zwei kirchen und eine schule, welche cum omni jure J. J. f. f. g. g. beiderseits zustehen, aber alle drei sehr klein und baufällig und die intraden dermaßen gering, daß, wann nicht die armenhäuser jährlich in etwas die hülfliche hand lieheten, dieselben nebenst die kirchen= und schuldienern nicht erhalten werden könnten. Wie arm und unvermügen auch die eine oekonomie daselbst sei, ist daraus leichtsam abzunehmen, daß eine zeit hero die kirchen und schuldiener ihre besoldungen, welche ohne das sehr gering ist, zu gebührender zeit nicht erlangen mögen, und darüber viel klagens und querulierens gewesen. So ist auch daselbst gegen den thumb und thumbfreiheit und die dazu gehörigen stattlichen gebew, häuser, dörfer und ansehnliche, reiche intraden keine erstattung befindlich und, wanngleich in vorgesetztem allen einige gleichheit mit Güstrow zu er spüren sein sollte, so würde doch dieselbe hierdurch fast gänzlich. absorbiert, daß herzog Hans Albrechts f.g. derselben hofstatt zu Güstrow, Unser gnädiger fürst und herr aber zu Parchim keine, ja nicht einmal ein haus daselbst hat."
Hinsichtlich der Stadt Güstrow aber müsse man zugeben, "daß dieselbe von gemeinen und privat intraden eine reiche, wohlgebaute und mit guter nahrung wohlgesegnete, ziemlich große stadt sei, 280 ) derselben nicht allein alle daselbst vorhandenen, ansehnlichen, großen wassermühlen, sondern auch eine stattliche holzunge, der Priehmer genannt, und andere land= und stadtgüter, auch viel wiesenwachs, hüte und weide zustehen und dahero ohne die mühlenpferde vier pferde auf dem stall halten. Dabei auch diese kom=
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modität, daß die Nebel in die Warnow gehet und von da auf Rostock, darauf sie zu schiffe können ihre waren ab= und zuführen. 2. Daß daselbst zwen wohlgebaute kirchen, eine auf der thumbfreiheit, die andere in der stadt, auch eine kleine außerhalb der stadt, wie auch eine wohlgebaute, große schule und zwei an zinsen, pächten, dörfern, und landgütern, äckern und gütern reiche ökonomien, deren eine in der stadt, die ander beim thumb vorhanden, darüber die herzöge zu Mecklenburg allein das kommando und die geistliche und weltliche jurisdiktion haben, und die thumbkirche so nahe bei dem fürstlichen hause belegen, daß man durch einen gang darein kommen kann, dieselbe auch mit stattlichen begräbnussen und fürstlichen epitaphiis und genealogiis versehen und gezieret. 3. Daß die ganze stadt totaliter den herzogen zu Mecklenburg allein zuständig, dieselben auch allein darüber zu gebieten und mit keinen fremden hohen oder niedrigen standes personen einige communion haben und dahero das vierte und fünfte incommodum wie bei Schwerin dabei ganz nicht vorhanden. 4. Daß alle herzog Hans Albrechten fürstliche räte und diener ihre guten, bequemen und wohlgelegenen häuser und wohnungen, so von des rats und aller fremden jurisdiktion gänzlich exempt sein, auf der thumb= und burgfreiheit können h ben, und noch viel andere stattliche häuser daselbst übrig, darüber keimand anders dann die herzöge zu Mecklenburg zu kommendieren haben."
Wismar 281 ) dagegen sei die allein geeignete "exaequation" gegen Güstrow. Es hätte zwar einige Vorteile davor voraus,
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andererseits wäre aber doch auch wohl zu erwägen, "daß die häuser mehresteils verfallen, öde und wüste stehen und fast die halbe stadt unbewohnt sei, der see= und kaufhandel hinweg und die bürgere fast allein von dem ackerbau, mültzen und brawen gleich andern landstädten ihre nahrung haben und sehr unvermügen sein. Dahero auch die intraden gering und das rathaus arm und in schweren schulden vertiefet, bei der stadt auch gar keine holzunge vorhanden und die mehresteils dörfer den kirchen und armenhäusern daselbst zustehen, und, wanngleich einige hoffnunge sein möchte, wie man doch nicht siehet, wodurch daß der seehandel und kaufmannschaft wieder herzubringen, so würde doch dadurch J. f. g. nichts accresciren . . ."
Nicht unrecht hatte Adolf Friedrich, wenn er Wismar zu seinem Teile haben wollte. Ganz abgesehen nämlich von dem einen Teil des Mecklenburgischen Hofes und einigen andern Häusern in der Stadt, die er seit 1611 schon im Besitz hatte, war Wismar rings von seinen Ämtern umgeben, und es mußte ihm ein Pfahl im Fleische sein, wenn er es nicht bekam. Hans Albrecht aber, ganz entschieden gegensätzlicher Meinung, 282 ) sagte, eine solche Gruppierung der Städte wäre beiden früheren Teilungen niemals gemacht, weiter wäre es auch überhaupt unmöglich, einer Seestadt eine Landstadt gegenüberzustellen.
Noch viel weniger wollte er von einer Abtretung Boizenburgs wissen, 283 ) weil ihm dann der Zutritt zum Elbstrom abgeschnitten würde. Auch Cothmann 284 ) wie Bugislaf von Behr warnten hiervor aufs dringlichste, und sie hatten damit Erfolg. Denn trotz der mannigfaltigsten Bitten Adolf Friedrichs ließ Hans Albrecht sich in diesem Punkte nicht umstimmen. Auch als am 4. Februar
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1618 auf Hans Albrechts Vorschlag die zeitraubenden Wechselschreiben eingestellt wurden, befahl er seinen zur Verhandlung deputierten Räten in der mitgegebenen Instruktion, 285 ) sich wegen Boizenburgs nicht in Beratungen einzulassen. Den Tausch der Leibgedingsämter Neukloster und Grabow 286 ) sollten sie nur gegen günstige Erstattung annehmen. Damit, daß Rostock und die Universität gemeinsam blieben, erklärte er sich einverstanden. Ebenso sollte es auch mit Wismar gehalten werden. Auch die gänzliche Teilung der weltlichen und geistlichen Jurisdiktion, des Konsistoriums und des Hofgerichts schien ihm zu dieser Zeit schwer ausführbar, denn er glaubte, daß Rostöck, das seine eigene weltliche und geistliche Jurisdiktion hätte und von seinen Gerichten an das Landgericht bezw. an das fürstliche Konsistorium und weiter an das gemeinsame Hofgericht appellieren könnte, sich dieser Gerechtigkeit wohl nur schwer begeben würde. Beseitigen könnte man diesen Hinderungsgrund nur dann, wenn "zur erörterung der Rostocker processe" vielleicht jährlich zwei "consistorii= und hofgerichtstage" abwechselnd zu Schwerin und Güstrow abgehalten würden.
Am 13. Februar 1618 287 ) kamen die beiderseitigen Räte 288 ) in Schwerin zur Beratung zusammen. Am 23. Februar 289 ) hatten
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sie sich bis auf Wismar und Boizenburg geeinigt. Darauf machten sie eine Pause, damit unterdessen die alten Teilungsregister und =rezesse 290 ) aufgesucht und daraus alle für sie wichtigen Sachen excerpiert würden. Adolf Friedrich riet nun, wenn das Werk "ein gutes Ende nehmen" solle, "noch räte und doctoren" hinzuzuziehen, und fand damit bei Hans Albrecht ein geneigtes Ohr. 291 ) Am 15. April 1618 nahmen die Verhandlungen zu Parchim ihren Fortgang, jedoch auch jetzt erfolglos. Hans Albrecht wollte 292 ) Wismar zwar mit in die Teilung geben, aber nur wenn er ",bei der erstattung nicht verkürzt" würde. Er erklärte sich ferner auch bereit, Gorlosen, Grabow und Marnitz umzutauschen und nach glücklicher Vollführung der Totaldivision - aber dann erst - auch noch die Ämter Neukloster und Walsmühlen hinzuzulegen, alles jedoch nur, wenn er dafür von Adolf Friedrich hinreichende Entschädigung erhielte. Vollkommen gingen indes die Meinungen auseinander wegen der Schiffahrt von Schwerin nach Wismar, die Adolf Friedrich als untaxierbar ohne Erstattung für sich allein haben wollte, ferner vor allem wegen Boizenburgs und der Wildbahnen u. a. m. Da Hans Albrecht hierin absolut nicht nachgeben wollte und Adolf Friedrich also keine Möglichkeit sah, zu einem für ihn einigermaßen annehmbaren Resultat zu kommen, gaben Adolf Friedrichs Deputierte am 18. April 1618 alle weiteren Bemühungen mit der Resolution
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auf: das Teilungswerk "sollte verbleiben, bis Hans Albrecht weiter darum anhielte" . 293 )
Allzulange sollte indes die Unterbrechung diesmal nicht währen. Doch nicht die Totaldivision an sich, auch nicht konsessionelle Bestrebungen waren jetzt die Ursache, daß Hans Albrecht die Teilungsverhandlungen wieder aufnahm, sondern der dringende Wunsch, möglichst bald von der Schuldenlast 294 ) freizukommen, die sich im Laufe der Jahre bedeutend vermehrt hatte, so daß er, unter ihrem Druck seufzend, sich entschloß, 295 ) Adolf Friedrich um die Zustimmung zu der Erhebung einer Landeskontribution zu bitten. Dazu mußte jedoch ein Landtag ausgeschrieben werden und vor allem er selbst auch der Hülse seines Bruders gewiß sein. So kam es denn, daß er Sorge trug, sich Adolf Friedrich wieder zu nähern. Am 10. Oktober 1618 ließ er durch seinen Rat Otto Preen bei Samuel Behr, "als den S. f. g. dem Werk und dessen befürderer wohl assectioniert wissen", anfragen, "ob er vermeine, daß Adolf Friedrich" - selbst an diesen zu schreiben, getraute er sich wegen des voraufgegangenen Zwistes 296 ) nicht - "zu der totaldivision dergestalt noch geneigt sei, daß das amt Boizenburg, zu dessen permutation Hans Albrechts f. g. aus vielen hochwichtigen ursachen sich nicht verstehen können, ihm verbleibe". In diesem Fall "wäre er bereit, das werk zu continuieren und sich zu allen billigen mitteln nochmals zu accommodieren".
Aber Adolf Friedrich zürnte seinem Bruder, und der Religionsstreit brachte sie, wie oben gezeigt, noch weiter auseinander. Erst am 9. Mai 1619 297 ) fand als erster Schritt zur Versöhnung eine Beratung zwischen Otto Preen und Samuel Behr in Parchim statt. Die Fortsetzung derselben war am 8. September zu Stern
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berg. 298 ) Die Ausschreibung eines Landtags wies Samuel Behr hier in Adolf Friedrichs Namen schroff ab. Es wäre undenkbar, daß die Fürsten den Ständen, die durch ihr Verhalten den Bruch herbeigeführt hätten, zuerst die Hand zur Versöhnung reichten. Die Landschaft hätte zwar schon einmal darum angehalten, 299 ) jedoch in einer Weise, daß ihr noch geantwortet, es andrerseits. aber auch bei dieser Antwort allein belassen wäre, bis man "eine andere resolution von ihnen empfinge". Als Hans Albrecht bei Adolf Friedrich somit nichts erreichen konnte, bat er darum, wenigstens doch eine Kontribution, wenn auch ohne Landtag, einfordern zu dürfen. Hierzu versprach Adolf Friedrich, falls es angängig wäre, seine Zustimmung, aber nur unter der Bedingung, daß die Ämter "umgesetzt" würden. 300 ) Als Adolf Friedrich ferner gleichzeitig seine Forderung hinsichtlich des Amts Boizenburg fallen ließ, zeigte sich auch Hans Albrecht in bezug auf die Auswechselung der Leibgedingsämter nachgiebiger. Bestimmtes wurde jedoch nicht abgemacht, sondern vorerst nur beschlossen, dieselben abzuschätzen und das Ergebnis mit dem Register 301 ) von 1607/09 zu vergleichen. Die Abschätzung sollte tunlichst noch von den früheren Deputierten vorgenommen werden. Reventlow, Linstow und Quitzow 302 ) wurden also damit beauftragt, doch nicht zu ihrer Freude, 303 ) denn es heißt, daß sie 304 ) nur "übel aufzubringen" gewesen wären. Zugesellt wurden ihnen Andreas von Pritzbuer 305 ) zum Eickhof und Arend von Möllendorf. 306 ) Diese Teilung der Ämter erschien Adolf Friedrich mit Recht als die Grundlage für die fernere gedeihliche Entwicklung des ganzen Teilungswerkes, denn vorher war eine Voneinandersetzung der Ritterschaft und Städte unmöglich. Hans Albrecht aber meinte, daß die Teilung der Ämter mit der der Ritterschaft
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sehr gut "pari passu" 307 ) gehen könnte. In seinem Interesse lag es eben, so schnell wie möglich fertig zu werden, um sein Ziel zu erreichen. Wiederholt ließ er daher durch seine Räte darauf dringen, man möchte doch "superficialiter teilen und alles so genau 308 ) nicht nehmen . . ., da es 309 ) auf die goldwacht doch nicht könne von niemand gewogen werden".
Jetzt, nach sechsjähriger Unterbrechung, konnte man wieder ernstlich an die Teilung des Adels denken. Es wurde entgegen der 1613 gegebenen Instruktion, da eine so eingehende Abschätzung, wie sie damals beabsichtigt war, als zu zeitraubend erschien, nunmehr auf Hans Albrechts Vorschlag 310 ) beschlossen, den Adel allein nach Roßdiensten zu teilen. Es fragte sich nur, wie diese, deren Zahl in den einzelnen Ämtern sehr verschieden war, auszugleichen wären. Adolf Friedrichs Meinung war, 311 ) dies müßte nicht aus einem Amt, sondern nach Gelegenheit "aus vielen örtern" geschehen. Auch Hans Albrecht versprach am 29. Oktober 1619, 312 ) hierüber seine Erklärung abzugeben, verlangte jedoch - denn der heftige Streit wegen des hatte in ihm die Befürchtung erregt, daß Adolf Friedrich vielleicht einer Teilung des jus episcopale gar nicht mehr zustimmen werde vorher zu wissen, ob Adolf Friedrich denn überhaupt noch beabsichtige, "ganz und gar totaliter zu teilen, darunter Hans Albrecht . . . außerhalb Rostocks und der universität, darüber man sich absonderlich zu vergleichen, alles mitverstehe." Andernfalls wäre es, da der Zweck dann ja doch nicht erreicht würde, "fast ebenso gut, daß man es in antiquis terminis ließe". Auf Volrath von der Lühes Rat 313 ) antwortete Adolf Friedrich hierauf mit der Klausulierung, daß er die Totaldivision, soviel nur immer möglich, zu "effectuieren" gedächte. 314 ) So gingen
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die Verhandlungen hin und her, ohne von rechtem Erfolg begleitet zu sein. Im Dezember 1619 315 ) erklärte Samuel Behr deshalb, nun "keine schriften mehr wechseln" zu wollen. Von jetzt an sollte mündlich verhandelt werden, damit es "schleuniger" ginge. Hans Albrecht aber meinte, und nicht mit Unrecht, man müßte doch, bevor man zusammenkäme, in den Hauptpunkten einig sein. 316 ) Er wollte durch Preen zuvor noch einige Vorschläge machen lassen, über die Samuel Behr erst mit Adolf Friedrich Rücksprache nehmen möchte. Da Behr erkrankte, 317 ) traf an seiner Stelle sein Bruder Hugold im Dezember mit Preen zusammen. 318 ) Hans Albrecht ließ jetzt durch diesen darum bitten, "Adolf Friedrich möchte sich soweit bemühen und die teilung der städte, ritterschaft und ämter, wie er es für gut hielte, zu papier bringen". 319 ) Adolf Friedrich, weit entfernt, 320 ) hierauf einzugehen, forderte darauf am 4. Fe=
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bruar 1620 seinerseits ebenfalls, daß Hans Albrecht den Plan, wie alles am besten zu teilen wäre, aufstellen ließe. 321 ) Aber auch dieser hütete sich wohl. Die Teilungsschwierigkeiten erhöhten sich noch, als Adolf Friedrich seinen Plan änderte und jetzt auch Rostock wieder mit in die Teilung gebracht haben wollte, vielleicht, weil er Wismar auf jeden Fall für sich beanspruchte und so die Schwierigkeiten deswegen leichter aus dem Wege zu räumen hoffte, - vielleicht auch, 322 ) weil er nicht recht wußte, wie es mit der Universität usw. zu halten wäre, wenn Rostock gemein bliebe.
In dieser kritischen Zeit schien es fast, als sollte, weil keiner nachgeben, keiner die Initiative ergreifen wollte, die ganze Teilung in Frage gestellt werden. Man überlegte 323 ) schon, wie es werden
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sollte, wenn offener Streit entstände. Da führte Preen 324 ) wiederum eine mündliche Verhandlung mit Samuel Behr herbei. Er machte den Vorschlag, die beiden Fürsten sollten, wie 1611 in der Nähe von Fahrenholz, sich jetzt um Neustadt herum aufhalten, so daß die Räte, die dort verhandeln sollten, gegebenerfalls schnell mit ihnen Rücksprache nehmen könnten. Dieser Plan kam jedoch nicht zur Ausführung, denn häufige Reisen 325 ) Adolf Friedrichs und andere Hindernisse schoben eine Zusammenkunft immer weiter hinaus.
Schließlich einigte man sich am 5. Mai 1620 endlich dahin: 326 ) Nicht angebracht wäre es, daß ein Herzog alle Arbeit allein machte und der andere nur daran seine Kritik übte. Daher wollten sie sich in die Aufgabe teilen. Adolf Friedrich sollte die Ritterschaft voneinandersetzen und die dazu nötige Instruktion 327 ) abfassen. Die Städte sollte Hans Albrecht teilen und dafür seinerseits die diesbezügliche Verfügung treffen. Die spätere Ausführung dieser Pläne sollte von möglichst wenig Deputierten, 328 ) nämlich nur von je einem Landrat, einem fürstlichen Rat und einem Notar, vorgenommen werden. Nur "in dubiis" sollten mehrere Räte zur "decision" hinzugezogen werden. Die Teilung der Ämter aber sollten die beiderseitigen Räte verrichten. Mit dem Werk wollten sie so bald als möglich beginnen. Die Fürsten sollten nur noch am 29. Mai 1620 zu einer letztbeschließenden Beratung zusammenkommen. 329 ) Als der Tag erschien, stellte sich Hans Albrecht zwar ein, 330 ) Adolf Friedrich aber kam nicht. Er meinte, "daß 331 ) durch die landräte und noch zur zeit und, ehe man sich eines gewissen modo procedendi verglichen und die instructiones hinc inde übergeben, wenig auszurichten". Er
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beauftragte Samuel Behr, mit Preen zu beraten und diesem weiter auch die unterdessen fertiggestellte Instruktion wegen der Teilung des Adels zu übergeben. Hans Albrecht erklärte sich jetzt durch Preen dazu bereit, 332 ) "Rostock, obgleich ihm dasselbige große beschwerungen geben wird, zu seinem teil zu nehmen, damit die totaldivision ihren fortgang desto besser nehmen möge". Dann müßte ihm aber auch die Universität allein zufallen. "Kassiert oder transferiert" dürfe sie nicht werden, "weil sie in fundatione auf Rostock gewidmet" sei. Dies wäre nicht nur in einem Vertrag von 1563 bestimmt, sondern es würden auch sowohl der Bischof wie der Rat, der als compatronus auch Rechte an der Akademie hätte, nur schwerlich in die Kassation und Translation derselben willigen, weil der Vertrag ausdrücklich besage, daß sie in Rostock bleiben sollte, solange der Rat und die Gemeinde daselbst sie in ihren Privilegien nicht beeinträchtigten.
Über die Bereitwilligkeit Hans Albrechts, Rostock zu nehmen, war Adolf Friedrich sehr erfreut, hinsichtlich der Universität aber meinte er, daß sie sich sehr wohl an einen andern Ort verlegen ließe. 333 ) Seinem Drängen gelang es, daß sich Hans Albrecht endlich nach längeren Debatten über die Teilung der Universität 334 ) damit einverstanden erklärte, "daß die sämtlichen reditus der akademie zusammengerechnet und der halbe teil 335 ) davon S. f. g.
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(d. i. Hans Albrecht) verbleiben möge", die andere Hälfte aber Adolf Friedrich erstattet werden sollte. Zu gleicher Zeit ungefähr ließ Adolf Friedrich nun die Instruktion über die Teilung der Ritterschaft übergeben. 336 ) Danach sollte zunächst "an alle vom adel, denen die güter eigen sind, item mutatis mutandis an die pfandinhaber, pensionarios und witwen, so lehngüter zur leibzucht innehaben, item an die besitzer der allodialgüter" der Befehl ergehen, "taxt und anschlag 337 ) eines jeglichen lehengutes aufn erbkauf" zu machen und bis zu einer bestimmten Zeit ebenfalls mitzuteilen, wie hoch sie den Fürsten mit Roßdiensten verpflichtet wären. Hierauf sollten sich die Deputierten an die Arbeit machen, die eingesandten Berichte prüfen, einen Generalanschlag machen und schließlich die Hälfte der Güter zu Schwerin, die andere Hälfte zu Güstrow legen. 338 )
Am 6. Juni 1620 339 ) konnte auch Hans Albrecht seinerseits Adolf Friedrich die Instruktion wegen Teilung der Städte Rostock, Wismar, Parchim, Neubrandenburg, Güstrow, Schwerin, Malchin, Friedland, Waren, Röbel, Sternberg, Woldegk, Teterow, Krakow und Laage 340 ) übermitteln lassen.
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Rostock und Wismar waren natürlich die Hauptsache. Daher verlangte die Teilungsbestimmung auch, daß die Deputierten zunächst in Rostock zusammenkämen und dort über 1. Folge, 2. Kontribution, 3. Stellung von Rüstwagen und Trabanten, 4. Accisen, 5. Orbör, 6. Opfergeld an die fürstlichen Köche "und dergleichen offizierern" und 7. über alle andern Gerechtigkeiten der Fürsten sich genauen Bericht holten und, wo es ging, wie beim "Doberanschen Hof", selbst die Besichtigung vornähmen.
Ebenso sollte es darauf mit Wismar und dem fürstlichen Haus daselbst gemacht werden. Auch wegen des ius episcopale und der geistlichen Jurisdiktion daselbst sollte, weil die Stadt in diesen Punkten ähnlich wie Rostock gewisse Privilegien 341 ) für sich in Anspruch nahm, genaue Erkundigung eingezogen werden. Hiernach wies die Instruktion die Deputierten zu den andern Städten, daß sie sich auch dort über 1. das ius episcopale und die geistlichen Güter, 2. das ius patronatus, 3. die Ökonomieen und deren Einkünfte, 4. die Bestellung der Prediger, Schuldiener, Organisten und Küster und 5. überhaupt über alle Gerechtigkeiten erkundigten und ferner auch, da die Städte keine bestimmte Folge hatten, sondern je nach dem Aufgebot Leute zu stellen verpflichtet waren, über die Einwohner= und Häuserzahl sich genau unterrichteten. Im Anschlag von Parchim sollte außerdem auch "die wichtige schiffahrt und negotiation" daselbst genügende Berücksichtigung 342 ) finden. Natürlich wurde den Deputierten, um eine möglichste Beschleunigung der Sache zu erzielen, die Hülfe der Stadtvögte und der andern fürstlichen Beamten zur Verfügung gestellt.
Adolf Friedrich war mit dieser Instruktion im wesentlichen einverstanden. 343 ) Aber die Schiffahrt in Parchim wollte er nicht
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abschätzen lassen, "aus denen ursachen, daß davon die landesfürsten keinen vorteil hätten, besondern dem ganzen lande solches zum besten käme".
War man somit ausnahmsweise schnell in den wesentlichen Punkten einig geworden, so ergaben sich diesmal die Schwierigkeiten aus der Sache selbst.
Bald zeigte es sich deutlich, 344 ) daß die Totaldivision vornehmlich davon abhing, ob es möglich wäre, die Regalien 345 ) in Rostock und Wismar abzuschätzen und dafür genügenden Ausgleich zu finden, denn wegen der Teilung der übrigen Städte konnte man sich leichter vergleichen. Hans Albrecht hielt es daher für gut, daß bei diesen beiden Städten der Anfang gemacht würde und ihre Räte sobald als möglich zusammenkämen, um über die Beseitigung der Ungleichheiten in diesen Regalien zu beraten. 346 ) Die Schwierigkeiten 347 ) wuchsen jedoch bei näherer Betrachtung unendlich, und immer mehr trat die Unmöglichkeit zutage, Rostock mit in die Teilung zu bringen. Wie sehr Adolf Friedrich es auch wünschte, so rieten ihm doch fast alle seine eigenen Vertrauten mehr oder weniger davon ab. Ja, als er Christoph von Hagen auftrug, die regalia in Rostock abzuschätzen, bat dieser darum, ihn "mit solcher unmöglichen 348 ) arbeit in gnaden zu verschonen", da sie "inaestimabilia" wären. Wenn Rostock Hans Albrecht gegeben würde, genügten alle andern Städte nicht, zumal Güstrow ausgenommen wäre, diesen Vorteil auszugleichen, denn 349 ) außer den großen "jura und regalia" hätte Rostock die "academien, die stattlichen gebew an kirchen, klöstern, rathause, collegiis und auditoriis, hospitalien und häusern, das consistorium und die communität, die freiheit auf dem Doberanschen hofe, die wälle,
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zwenger, graben, geschütz und munition, die große mannschaft in häusern, buden und kellern, der mehresteils bürger reiche nahrung, auch großes vermögen an barschaft, silber und gold, derselben und der stadt und hospitalien, auch des klosters zum Heiligen Kreuz viele dörfer, wohlgebaute höfe, stattliche mühlen, holzungen, auch der kirchen drei unterschiedliche große ziegelhöfe und andere intraden, die reiche ökonomei, die Oberwarnow bis an Schwaan, Warnemünde, die rekompens wegen der postulaten und accisen" usw. Ob die Teilung Rostocks aber überhaupt möglich wäre und statthaben könnte, schien ihm mehr als zweifelhaft. Denn sie haben "privilegia und aufgerichtete verträge, auf das ganze haus Mecklenburg gerichtet", und es "ist zu besorgen, daß sie dawider . . . allerhand tentieren und zum wenigsten prozeß und mandata inhibitoria ausbringen und Herzog Hans Albrecht f. g. dann von E. f. g. [Adolf Friedrich] die eviction und defension fordern möchte". Ganz unangebracht wäre es, Rostock mit Wismar zu vergleichen. Der Rostocker Handel sei 350 ) "im aufwachs, der wismarische aber in augenscheinlich täglichem verderb und abfall inaequaliter handgreiflicher zu verspüren. Dannhero Wismar wegen einkünften und anderm mehr einer land= denn seestadt zu vergleichen, denn dieser stadt wenig landgüter, ohne was geistliche, zuständig, als den hospitalien in Heiligen Geist in der stadt und zu St. Jakob vor der stadt,sonsten die übrigen zwei klöster in der stadt, als das graube in gringem zustand, das andere aber, das schwarze kloster genannt, also arm und ausgesogen, daß alle jahr die ausgab die einnahme überreichet, auch an gebäuden so baufällig, das es nicht möglich, lange in dem stand zu verbleiben, wie dies alles aus dem protokoll der ad 1618 fürstlichen abgeordneten commission genugsam zu ersehen". Zu der "manglung der landgüter" tritt "auch noch die schuldenlast und armut . . . wegen der accisen"; zahlte Rostock 500 Gulden, so hatte Wismar deren jährlich nur 200 zu entrichten. Aber Adolf Friedrich gab einen einmal gefaßten Plan so schnell nicht wieder auf, zumal er sich in der Vorteilhaftigkeit seiner Ansicht durch ein Gutachten Cothmanns bestärkt glaubte, in dem dieser der Teilung von Rostock zuriet. So sehr er Cothmann auch wegen seiner Gesinnung haßte, so hatte er andrerseits doch dessen berechnende Schlauheit niemals verkannt. Er meinte, daß dieser, "welchem dieser lande gelegenheit zum guten teil bekannt sein werden, 351 ) sich des werk es sicherlich nicht unternommen, weniger
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unsers bruders Lbd. dazu geraten haben würde, 352 ) wenn es so gar unmöglich sein sollte". Erst, als die aufgezeichneten Regalien von Rostock und Wismar sich als vollkommen ungleich und unausgleichbar erwiesen, als auch Samuel Behr trotz seines Eifers, Adolf Friedrichs Pläne zu fördern, auf die Dauer sich der Unmöglichkeit einer Teilung Rostocks 353 ) nicht verschließen konnte und am 13. August 1620 seine Ansicht dahin aussprach, daß es notwendig wäre, Rostock gemein zu lassen, - da wußte auch er nicht mehr, wie er die Totaldivision retten sollte. Nur ein Weg war noch möglich: beide Städte, Rostock und Wismar, könnten einem 354 ) gegeben werden, und dem Schicksal müßte es es überlassen bleiben, jedem sein Teil zuzuweisen. Und in diesem Sinne machte er am 4. November 1620 Hans Albrecht den Vorschlag, 355 ) Rostock, Wismar, Parchim und Schwerin "uff eine seit und die andern landstädte uff die andere seit zu setzen . . . und dann zu losen, immaßen es dann J. f. g. nochmals uffs los ihresteils setzen wollen . . ., wäre solches auch eine unvorteilhafte teilung". Hans Albrecht aber wollte nicht 356 ) noch einmal "per sortem" teilen. Auch müßte Rostock gemein bleiben, weil es "vor sich, sowohl auch der hospitäl St. Jürgen und Heiligen Geistes, wie auch der bürger güter mit den ämtern Güstrow, Schwaan und Ribbenitz nicht allein grenzen, ja, auch einer aus des andern hebung habe, ja, daß noch mehr, daß J. f. g. (d. i. Adolf Friedrich) mit der stadt Rostock in der Ribbenitzer heide streitigkeiten und daselbst die jagden habe", so wäre "dahero
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leichtlich abzunehmen, wann die stadt Rostock geteilt und J. f. g. herzog Adolf Friedrichen zugefallen, was daraus für inconventien erfolgen wurden, daß nemblich J. f. g. nicht allein mit der stadt Rostock würden perpetuas lites haben, sondern könnten auch zwischen JJ. ff. gg. streit und mißverstände erreget werden". Als somit auch dieser letzte Vorschlag verworfen wurde, da war auch Adolf Friedrichs Rat zu Ende, - die eigentliche Totaldivision, die Teilung, wie er sie erstrebt, war mit dem Fallen dieses letzten Planes gescheitert.
Aber damit war eine eingeschränkte Teilung des Landes nicht ausgeschlossen. In richtiger Erkenntnis der Sachlage beschloß Adolf Friedrich daher zufrieden zu sein mit dem, was erreichbar war. Am 7. November 357 ) ließ er durch Samuel Behr erklären, daß er einverstanden wäre, Rostock gemein zu lassen. Dadurch wurde die Teilung der Städte bedeutend vereinfacht, immerhin aber konnten auch jetzt noch bei eingehender Behandlung durch Mängel 358 ) an Nachrichten usw. leicht ernstliche Hindernisse entstehen. Daher riet Hans Albrecht jetzt nochmals dringend, "superficialiter zu teilen", die Städte einfach voneinanderzusetzen 359 ) und sie einem jeglichen Teile zuzueignen, "hernachher erst zu aestimieren und die befindliche übermaß dann eins oder andernteils der gebühr zu erstatten". 360 ) Die Teilung der Städte wollte er folgendermaßen machen: Wismar, Parchim, Schwerin, Sternberg, Waren, Laage und Krakow sollten zu dem einen Teil, Güstrow, Teterow, Malchin, Brandenburg, Friedland, Woldegk, Röbel und Kröpelin dagegen zum andern Teil gelegt werden. Adolf Friedrich war mit dem Vorschlag im allgemeinen schon zufrieden, mit der Teilung an sich aber gar nicht. 361 )
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Er wollte Laage und Krakow gerne abgeben, dafür aber Kröpelin und Malchin auf seiner Seite haben. 362 ) Als aber Hans Albrecht hierauf am 26. November 1620 erklärte, daß er Kröpelin zwar für Laage und Krakow hingeben, Malchin aber auf jeden Fall für sich haben wollte, 363 ) gab Adolf Friedrich am 28. November nach 364 ) und verzichtete auf Malchin. Die Teilung der Städte wurde also folgendermaßen festgesetzt. Adolf Friedrich erhielt: Wismar, Parchim, Schwerin, Waren, Kröpelin; Hans Albrecht dagegen: Güstrow, Teterow, Malchin, Brandenburg, Friedland, Woldegk Laage und Krakow. Von Adolf Friedrichs Seite blieb Sternberg und von Hans Albrechts Röbel "ausgesetzt und im gemenge, damit die einer= oder andrerseits befindliche übermaß dadurch erstattet werden könnte".
Unterdessen war auch die Teilung der Leibgedingsämter zum Abschluß gekommen. Mit der Taxierung 365 ) derselben waren seitens Adolf Friedrichs Ulrich von Negendank, seitens Hans Albrechts Joachim von Lehsten betraut worden. Ihre Instruktion, die ihnen am 20. Juli übergeben wurde, enthielt im wesentlichen die gleichen Punkte wie die bei der Teilung der Ritterschaft. Nachdem die verwitweten Herzoginnen gebeten waren, die Deputierten durch ihre Amtleute möglichst unterstützen zu lassen, sollte am 2. August 366 ) mit der Taxierung der Ämter begonnen werden. Allein Adolf Friedrich konnte keinen seinem Deputierten beizuordnenden "qualificierten" Notar 367 ) bekommen, - "ein mangel", meinte er, "der doch in diesem lande nicht zu verhoffen!" Da ferner Hans Albrecht noch einige Änderungen 368 ) in der Instruktion vorzunehmen wünschte, so verzögerte 369 ) sich die Angelegenheit bis zum 11. September. Am 15. 370 ) wurden die Deputierten endlich vereidigt, und nun ging die Arbeit schnell von statten.
Schon am 13. November 1620 371 ) war die Abschätzung vollzogen und die Teilung vorgenommen worden.
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Jetzt, nachdem alles wohl auseinandergesetzt und die Teilung auf dem Papier vollzogen war, fragte es sich, ob sie denn auch so glatt in die Wirklichkeit umgesetzt werden konnte, ob die Stände ohne weiteres darein willigen oder die Fürsten andernfalls die Macht besitzen würden, auch gegen deren Willen die Totaldivision, abgesehen von Rostock, vollständig durchzuführen.
Die Stände 372 ) hatten sich, wie erinnerlich, 1611/12 aufs entschiedenste gegen die Totaldivision ausgesprochen, durch ihren Widerstand jedoch nichts andres erreicht, als daß sie 1612 aufgelöst und nach Hause geschickt wurden. Zur Untätigkeit gezwungen, blieb ihnen damals nichts andres übrig, als das Tun der Fürsten aufmerksam zu beobachten und über ihre Privilegien zu wachen.
Erst der Streit der Fürsten untereinander bot ihnen Gelegenheit, sich diesen zu nähern. Die von ihnen aufgestellten Unterhändler wurden von den Herzögen willkommen geheißen. Allmählich schien sich so das Verhältnis mit den Fürsten zu bessern, zumal die Unterhändler in Hans Albrechts Bestreben nach einer Landeskontribution - diese stand ihm, wie sich später zeigen wird, höher als die ganze Totaldivision die kraftvollste Unterstützung fanden. Denn um die Kontribution zu erlangen, war ein Landtag nötig. Nichts aber wünschten die Stände sehnlicher. Denn nur auf diesem Wege konnte ihr Verhältnis zu den Herzögen gebessert werden, nur so war es möglich, diese durch Bewilligung der Kontribution zum Verzicht auf die Landesteilung und zur Abhülfe der ständischen Beschwerden zu bewegen. Adolf Friedrich hätte sich vielleicht trotz aller früheren Streitigkeiten mit den Ständen hinsichtlich des Ausschreibens eines Landtags zu Hans Albrecht entgegenkommend verhalten, wenn nicht gerade zu jener Zeit Ritter= und Landschaft den Fürsten eine zu Güstrow verfaßte Resolution übergeben hätten, in der sie, wie Adolf Friedrich fand, ihnen "fein verdeckt vorgeschrieben, wie die regierung zu führen sei" 373 )
Als die Stände ferner noch um einen Revers baten, in dem die Herzöge eine Permutation der Landschaft für immer ablobten, konnte sich Adolf Friedrich zu der Ausschreibung eines Landtages nicht verstehen. Hans Albrecht aber fand bald einen neuen Grund, mit dem er die Forderung eines Landtages begründen konnte. Wie oben angedeutet, hatte im Fahrenholzer Vertrag ein Herzog
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dem andern, dem das Amt Ribnitz zufallen würde, seine Hilfe zum Erwerb des dortigen, den Ständen gehörigen Klosters zugesichert. Schon 1613 hatte Hans Albrecht daher, um mit den Ständen zu verhandeln, den Ausschuß der Landschaft berufen. "Bei der beratschlagung waren jedoch soviele widrige punkte zu tage getreten, daß für das mal nichts fürgenommen werden konnte". 374 ) Jetzt kam er hiermit nun von neuem und bat Adolf Friedrich um Unterstützung und - er wollte das Kloster nach vorgenommener Taxierung für das Amt Broda eintauschen - zur Erledigung des Handels abermals um eine Zusammenkunft der Ritter= und Landschaft. Unter dieser Begründung konnte Adolf Friedrich eine solche nicht versagen. Mit Zustimmung seines Bruders berief also Hans Albrecht zum 15. November 1618 375 ) einen Ausschuß der Stände zu einem sogenannten Convokationstag nach Sternberg auf den Judenberg und versprach, selbst dahin zu kommen, um mit ihnen zu verhandeln. Als aber am 14. November sein damals nur allein noch lebender Sohn Karl Heinrich starb, blieb er, darüber sehr niedergeschlagen, zu Hause, ließ seine orderung durch Cothmann vortragen 376 ) und um möglichst schleunige Erledigung der Angelegenheit ersuchen. Gleichzeitig baten die fürstlichen Räte Adolf Friedrich hatte die seinen auch gesandt - den Ausschuß, die von dem niedersächsischen Kreistag beschlossene Steuer von einem 377 ) Römermonat 378 ) zu bewilligen. Der Ausschuß erklärte am 18. November, 379 ) daß er keine festen Beschlüsse fassen könnte, ehe nicht die Landräte, die nur noch zu zweien 380 ) vorhanden wären, nachgewählt würden. Erst dann wäre es möglich, über den Tausch des Klosters Ribnitz mit dem Amt Broda zu beraten. Hinsichtlich der Kreissteuer aber, von der in dem fürstlichen Ausschreiben nichts erwähnt und zu der daher die Abgeordneten der Städte nicht bevollmächtigt wären, könnte kein bestimmter Beschluß gefaßt werden ; zu ihrer Bewilligung wäre ein Landtag erforderlich. Schließlich baten sie wieder, ihren Beschwerden abzuhelfen, und versprachen dafür, die 1611 gestellten Forderungen der Fürsten "nach bestem vermögen" zu
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erfüllen. Hans Albrecht erklärte am 26. Januar 1619, daß er für die Ergänzung der Landräte Sorge tragen und mit seinem Bruder wegen des Landtages verhandeln wollte. Adolf Friedrich dagegen war weit entfernt, einen solchen zu bewilligen, und ließ dem Landmarschall 381 ) Henneke von Lützow, den die Stände, ihn in Sternberg zu begrüßen, abgeschickt hatten, eine "nicht gnädige antwort" 382 ) zu teil werden. Dem Ausschuß ließ er mitteilen, die Landräte wären zwar nicht viel nütze, doch wolle er neue ernennen, wenn die Stände solche vorschlügen. Einen Landtag würde er nicht ausschreiben, da die Erfahrung ihre Zwecklosigkeit hinreichend bewiesen hätte. Den Ständen wären Freiheiten wie nie zuvor eingeräumt worden, ohne sie dadurch auch nur zu einiger Nachgiebigkeit bewegen zu können. Landtage wären auch zur Bewilligung von Kreissteuern nicht nötig. Und, um den Ständen dies ad oculos zu demonstrieren, gab er seinem Bruder nach und ließ am 19. Juli 1619 einfach durch ein Edikt, ohne die Stände weiter zu fragen, die Kreissteuern verkündigen.
Die Stände machten zwar sowohl hiergegen als auch gegen die Totaldivision am 8. September die ernstlichsten Vorstellungen und erklärten solch Vorgehen der Fürsten wider alles Herkommen und das Huldigungsversprechen und baten nochmals darum, einen Landtag auszuschreiben und sie in ihren Rechten ferner nicht zu kränken. Adolf Friedrich aber wies sie am 26. Januar 1620 383 ) mit scharfen Worten ab und verbat sich eine so kühne Sprache. Er erklärte sich jedoch bereit, "ihre unbesonnenheit noch einmal zu übersehen" und einen Landtag ausschreiben zu lassen, nicht etwa, als ob er ihn für notwendig hielte, um ihre Einwilligung zu den Kreissteuern zu erlangen, sondern um endlich ihre Gründe gegen die Totaldivision zu hören und vor allem ihre Privilegien und Reverse zu sehen, damit so wenigstens für die Zukunft jede Gelegenheit zu Weiterungen und Erfindungen abgeschnitten würde. Sie möchten also zusammenkommen und ihre Wünsche durch einen Ausschuß vorbringen lassen. 384 )
Diesen Wink der Fürsten machten sich die Stände schnell zu nutze. Als neue Landräte ernannt waren und diese sich mit den drei Landmarschällen und den Abgeordneten der beiden Seestädte am 1. Mai 1620 zu Güstrow versammelt und darauf auch
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den ganzen Adel nach Sternberg gut Beratung gerufen hatten, setzten die also vereinigten Stände am 27. Juni einen dauernden, aus 35 Personen bestehenden Ausschuß mit der Bestimmung fest, daß diese aus allen drei Kreisen (dem mecklenburgischen, wendischen und stargardschen) gewählten "Personen nit allein für diesmal, sondern, do auch künftig diesem unserm gemeinen vaterlande hochangelegenen sachen zur hand stoßen werden, drüber fleißige consultation halten und . . zum besten befurdern, welche auch zu der behuf für und für bleiben , . ." usw. 385 )
"Und was also obberührte deputierte ihrer besten diskretion nach beratschlagen, handelen und schließen werden, solches wollen wir ebenso kräftig achten, als wann es alles von uns selbst gegenwärtig beliebet und beschlossen wäre".
Die Namen des Ausschusses wurden den Fürsten anfangs geheim gehalten und ihnen erst auf ihr ausdrückliches Verlangen am 3. November von dem Landmarschall Henneke von Lützow bekannt gegeben. 386 )
Die von den Herzögen gepflogenen Totaldivisionsverhandlungen machten unterdessen immer größere Fortschritte. Da wandte sich der jetzt konstituierte Ausschuß mit folgender Bitte an die Fürsten: Weil bei der Landesteilung vor allem ihr "seelheil und wohlfahrt" in Betracht käme, möchte es ihnen nicht verdacht werden, daß auch sie sich die "sache überlegten"; sie wollten sich auch jeder Censur enthalten. Trotzdem brachten sie im folgenden u. a. alle Gründe, die Hans Albrecht seinerzeit Adolf Friedrich entgegengehalten hatte. Sie beriefen sich darauf daß sie im Lauf der Zeit "mit einer gewissen forma und norma 387 ) einer unzerteilten regierung privilegieret und begnadet worden". Es wäre ihnen in dem von den Herzögen "anno 72, 388 ) den 2. Juli, . . . erteilten . . . assekurationsrevers 1. ein gemeines land= und hofgericht verordnet, 2. darauf auch status ecclesiastici et politici regiminis mit publicierung consistorial=, policei= und hofgerichtesordnunge durch heilsame constitutiones löblich konstituieret, 3. ferner auch die mit E. f. g. städten aufgerichtete pacta, privilegia auf gemeldte regierunge gerichtet, eines teils
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stände auch mit sonderbaren privilegiis de non dividendo befreiet, immaßen dann E. f. g. alle solche frei= und gerechtigkeit bei der angenommenen erbhuldigunge confirmieret". Da durch die Totaldivision alle ihre Rechte fast mit Füßen getreten würden, möchten die Fürsten davon abstehen und sie wenigstens "bei unzerteilter justitiae administratio aller habenden und wohlerlangten frei= und gerechtigkeiten . . . belassen". Billig wäre es auch, wenn nicht den ganzen Ausschuß, so doch wenigstens die Landräte beider Beratung über die Landesteilung hinzuzuziehen.
Die Herzöge sahen in dieser Bitte der Stände einen Ein= und Übergriff in ihre Rechte und waren so erzürnt darüber, daß sie eifrig nach dem Urheber und Verfasser solcher unbotmäßigen Gedanken fahnden ließen, um ihn fassen und strafen zu können. Ihr Verdacht fiel dabei vor allem auf den Professor der Rechtswissenschaft Dr. Lindemann zu Rostock, den sich die Stände zum Landfyndikus erbaten. Dieser wurde einem peinlichen Verhör unterworfen, 389 ) leugnete aber jegliche Beihilfe.
Aber wie sehr die Fürsten auch den Widerstand der Stände zu beugen suchten, so mußten sie diesem Verhalten doch sowohl wegen der Behinderung, die sie dadurch erfahren konnten, als auch wegen der Kontribution, die sie erlangen wollten, gebührend Rechnung tragen. Es wurde ihnen klar, 390 ) "daß man, ehe zum hauptwerk der totaldivision geschritten würde, dahin bedacht sein müsse, wie den behinderungen . . . mit bestande zu begegnen und die division in eil anitzo fortzusetzen, ehe von der landschaft mehr behinderungen eingestreut würden" Deswegen sandten sie ihre Räte am 2. November 1620 (Samuel v. Behr und Michel Bruns von Adolf Friedrichs, Barthold von Bülow und Otto v. Preen von Hans Albrechts Seite) zur Beratung zusammen. Sie verkannten die der Landesteilung aus dem Assekurationsrevers und dem gemeinsamen Hofgericht drohenden Gefahren nicht, meinten aber, "daß sich die landschaft hierin nicht ferner sperren werde. Sollte es aber über zuversicht geschehen, könnte man's ihnen in
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beiden canzleien mit sperrung der justiz so müde machen, daß sie sich endlich wohl würden accommodieren müssen." J. f. g. hielten es auch dafür, daß bei der römischen kaiserlichen Mtt. bei itzigem zustande mandate de dividendo an die landschaft leichtlich ausgebracht werden können, immaßen dann von J. f. g. löblichen vorfahren in simili casu auch beschehen", ferner "halten es J. f. g. dafür, wann ein jeglicher herr in seinem lande ein hofgericht bestellte, darinnen der landschaft unparteiliche, schleunige justiz administriert würde, daß sie sich dann im geringsten nicht zu beschweren." Von einer Zuziehung der Landräte zum Teilungswerk wollten die Herzöge nichts wissen.
Als die Stände somit nichts erreicht hatten, legten sie 391 ) am 14. November 1620 unter Berufung auf ihre Privilegien feierlichst gegen die Landesteilung Protest ein. Eine solche Wendung der Dinge konnte den Landesherren natürlich nicht recht sein. Daher ließen sie den Ausschuß am 16. November von neuem auffordern, ganz sachlich die einzelnen Gründe der Stände gegen die Totaldivision vorzubringen. 392 ) Diesem Wunsche entsprechend, forderten die Stände vor allem Sicherheit wegen der Religion und die Ungeteiltheit des ius episcopale, des Konsistoriums und des Hofgerichts. Die Fürsten erklärten sich hierauf bereit, ihnen die Erhaltung der lutherischen Kirche versichern und auch ihre Beschwerden erledigen zu wollen. Auf die andern Forderungen gingen sie nicht ein. 393 ) Der Ausschuß jedoch, nicht befugt, mit den Herzögen ohne vorherige Besprechung mit den Ständen irgend ein Abkommen zu treffen, bat zunächst um Entlassung, damit er der Ritter= und Landschaft Ergebnis und Stand der Verhandlung mitteilen könnte, sodann aber zur Erledigung weiterer Verhandlungen um Berufung eines Landtages. Jetzt endlich gaben die Herzöge diesen Bitten nach und schrieben zum 13. Dezember 1620 394 ) nach acht Jahren wieder den ersten Landtag aus. Hier erklärten sie von neuem, 395 ) daß sie das Land= und Hofgericht und das Konsistorium nicht gemeinsam lassen könnten, da sie entschlossen wären, alles außer Rostock und der Kontribution zu teilen. Gerne aber würden sie den Wünschen der Stände soweit wie möglich Rechnung tragen, das Münzwesen "fleißig beaufsichtigen", ihnen nach vollendeter Totaldivision auch das erbetene
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Landrecht 396 ) geben und ihre Beschwerden nach besten Kräften beseitigen.
Die Stände antworteten hierauf, 397 ) daß sie niemals in die Teilung des weltlichen und geistlichen Gerichtes willigen, 398 ) sich auch alle rechtlichen Mitteln dagegen vorbehalten würden, versprachen aber, falls die Herzöge die Totaldivisionsbestrebungen fallen ließen, die "Beschwerungen" der Ritter= und Landschaft abschafften und ferner Hans Albrecht sich auch des Doms zu Güstrow und des Klosters zu Ribnitz begeben würde, sich ihrerseits zu einer "ansehnlichen kontribution" bereitfinden zu lassen. Hierauf wurden die Verhandlungen wegen des herannahenden Weihnachtsfestes bis zum 9. Januar verschoben.
Mit einer neuen Hemmung, und zwar von einer Seite, von der man es nie gedacht hätte, leiteten sich die Verhandlungen des neuen Jahres 1621 ein. 399 )
Die Rostocker hatten in den Ferien eine gewichtige Resolution verfertigt, die sie nun vorbringen ließen. 400 ) Wenn das ganze Land geteilt würde, wollten auch sie ihre Stadt einem Teile zugeeignet haben. Sie hätten Privilegien, daß sie im Fall einer Totaldivision mit in die Teilung kommen, "nur einem landesfürsten subjekt sein und des insgemein beiden regierenden landesfürsten geleisteten homagialeides von einer seite entbunden" werden müßten.
Auch von der Ritterschaft kam unter Berufung auf den Assekurationsrevers, den Rostocker Erbvertrag und den Wismarschen Appellationsrezeß eine neue Resolution ein. Nochmals bat sie um Abstandnahme von der Totaldivision, indem sie jetzt dabei besonders auf die Zeitlage und den traurigen Zustand des Landes verwies, der die Teilung gar nicht zulassen würde. Die Herzöge möchten sich doch vergegenwärtigen, "wieviele inconvenienzen entstehen würden, wenn zwei landrechte und zweierlei prozeß in
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einem lande und fürstentum sein sollten". Weiter bat 401 ) sie, die "vollziehung des vor diesem (1611) abgefaßten assecurationsreverses nunmehro dergestalt zu erledigen und zu befördern, daß sie dermaleinst das erwünschte ziel so vielfältig gehaltener landtage erreichen möchte".
Hierauf gaben die Fürsten am 15. Januar eine lange Erklärung ab. Sie versprachen den gravamina der Städte "beschaffung thun zu wollen, daß die eine geraume zeit her eingerissenen mißbräuche des brauens, mälzens und verkäuferei 402 ) gänzlich abgeschafft und der längst publizierten polizeiordnnng in allen nachgelebt werden sollte". Gleicherweise gaben sie auch den Forderungen der Ritterschaft nach. Die Teilungsbestrebungen aber verteidigten sie energisch. Die Totaldivision wäre berechtigt, nicht allein wegen des "juris consuetudinarii", sondern auch nach den von Karl V. und andern Kaisern gegebenen Lehnbriefen. Der Assekurationsrevers, der Erbvertrag und der Appellationsrezeß "könnte der division in nichts hinderlich sein", 403 ) da in denselben "nicht eines gemeinen, sondern nur schlechterdings des hofgerichts gedacht würde". "Befremdend" aber wäre es, "zu vernehmen, daß die städte Rostock und Wismar resp. jetzt geteilt und dann ungeteilt sein wollten und ihre praetendierten privilegia in utramque partem deuten könnten, welches sie . . . dafür halten müßten, daß man dies werk singulari studio zu hemmen gemeinet sei". "Was" vollends "von der forma regiminis und flor dieser lande angezogen worden, so befünden Sermi, . . . daß dies land seiner gelegenheit nach ganz nicht floriere, sondern je länger, je mehr ruinieret würde, indem der adel an vermögen nicht allein sehr abnehme, sondern auch vor diesem unerhörte viele cessiones bonorum et concursus geschehen wären, und die städte außer wenigen nicht geringen abgang ihrer nahrung empfünden, zu welcher continuation die communio als mater discordiae, die divisio aber zu besserm aufnehmen und gedeihen ursache und anlaß genug geben könnte und würde". 404 ) Sie sollten sich daher den ihnen "von Gott vorgesetzten landesfürsten in ihren unzweilichen rechten des juris dividendi und dessen posses ferner nicht opponieren" und dadurch die Krisis, die sonst unzweifelhaft eintreten müßte, vermeiden. Die hierin offen ausgesprochene Anteilnahme der Fürsten an dem Wohl des Landes
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war in diesem Augenblick das rechte Wort am rechten Ort. Ein einseitiges Nachgeben der Stände war natürlich nicht zu erwarten, vielmehr mußten beide Parteien einander entgegenkommen, um die gewünschte Einigung herbeizuführen. Am 17. und 19. Januar erboten sich Ritter= und Landschaft, jedoch unter Wiederholung ihrer Bitte um Abstandnahme von der Totaldivision und nach abgelegtem Versprechen der Herzöge, "sie in einer region bei einer religion, einem rechte und gesammten gericht, in einem corpore einig und ungetrennt zu lassen", auch den Dom zu Güstrow nicht zu reformieren, ferner die Gerichte zu verbessern, sie nicht gegeneinander aufzubieten, ihre Privilegien zu bestätigen und die noch unerledigten Beschwerden abzuschaffen, diesen "beiderseits mit 600 000 fl. mecklenburgischer währung, und also jeglichem mit 300 000 fl. . . . beizutreten". 405 )
Jetzt, wo die Stände nicht nur ihren Forderungen, sondern auch ihren Gegenleistungen so bestimmte Form gegeben hatten, war es Sache der Fürsten, sich zu entscheiden. Und diese taten 406 ) das, wozu sie durch die Verhältnisse gezwungen wurden.
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Unter dem Druck ihrer Schulden und bewogen durch den lebhaften Wunsch nach Ruhe, gaben sie den Forderungen der Stände nach.
Hans Albrecht war der erste, der den Forderungen der Stände Gewährung versprach. 407 ) Wie sehr er auch anfangs hinsichtlich der Religionsfrage alle ihre "remonstrationen" zurückgewiesen hatte, so erkannte er doch, zumal sich auch Adolf Friedrich in diesem Punkte so gänzlich auf ihre Seite stellte und ihre Forderungen unterstützte, je länger, je mehr die Hoffnungslosigkeit seiner Wünsche. Die Landesteilung verlor allerdings damit für ihn an Bedeutung. So war es verständlich, daß er sich durch die Aussicht, von seiner bedeutenden Schuldenlast befreit zu werden, den Ständen geneigt zeigte. Adolf Friedrich wurde dies unendlich viel schwerer. Er hing ungleich fester an der Totaldivision als Hans Albrecht an seinen religiösen Bestrebungen. Sein ganzer Charakter zeigte überhaupt ebensoviel mehr Festigkeit wie sein Geist Schärfe. 408 ) Dennoch gab auch er am 18. Januar 1621 409 ) nach, nicht zum wenigsten durch
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Hans Albrechts Bitten dazu bewogen. Land= und Hofgericht und das Konsistorium sollten gemein bleiben und die sonstigen Wünsche der Landschaft erfüllt werden. Doch nun reute Hans Albrecht sein Zugeständnis, und er verlangte den Dom für sich. Große Mühe kostete es Adolf Friedrich, ihn von seiner Forderung abzubringen. Erst als ihm zugestanden wurde, "seine begräbnis= und leichenpredigt durch seinen calvinschen pfaffen darin verrichten zu lassen", erklärte er sich bereit, sich "des doms gänzlich zu begeben". Am 24. 410 ) jedoch wurde er von neuem schwankend und drohte alles "zu zerschlagen", wenn er den Dom nicht erhielte. Am 25. 411 ) bemühte sich Adolf Friedrich vergebens, den Räten Hans Albrechts "zu gemüte zu führen, wenn sie die kalvinsche religion so fortsetzen wollten, daß dadurch die teilung und kontribution verhindert" würde, und zornig drohte er, Hans Albrecht zu weiteren Anleihen nicht mehr seine Zustimmung zu geben. Dieser aber rächte sich hierfür mit der "commination", "nun eine ganz neue kalvinsche kirche zu Güstrow zu bauen, dafür aber die totaldivision ganz zu zerschlagen, sich der kontribution auch gänzlich zu begeben". Am 27. 412 ) erkannte er endlich das Nutzlose seines Widerstandes und erklärte, "es sei so nicht gemeint, wie es vielleicht aufgenommen; er begehre nur seine kapelle auf seinen häusern und allhier seine schloßkirche größer zu bauen und einen praeceptor für etliche wenige knaben". 413 )
Am gleichen Tage 414 ) erhielten auch die Stände offiziell die Nachricht, daß das Hofgericht und das Konsistorium gemein bleiben und später neugeordnet werden sollten, und daß Hans Albrecht sich der Reformation des Domes begeben hätte.
Trotz der glücklichen Einigung konnten die Verhandlungen auf diesem Landtag nicht weiter geführt werden, weil die meisten
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Ritter dem direkten Verbot der Herzöge entgegen des "Umschlags" halber heimgereist waren.
Am 5. Februar trat ein neuer Landtag zu Güstrow zusammen. Von den Ständen, die sich über das Entgegenkommen der Herzöge hocherfreut zeigten, wurden zunächst nochmals einige Beschwerden vorgebracht. Gleichzeitig baten sie, damit die Verhandlungen doch endlich "zur gedeihlichen endschaft" kommen möchten, um einen Revers, der alles zusammenfaßte, was ihnen bis jetzt von den Fürsten bewilligt war. Die Herzöge versprachen am 9. Februar, 415 ) ihrem Wunsche unter der Bedingung nachzukommen, daß auch sie nun endlich "der kontribution halber zu ihrem kontentement" sich erklärten. Am 13. 416 ) ging den Ständen der erste Entwurf des erbetenen Assekurationsreverses zu, und nach zweimaligen Änderungen am 14. 417 ) und 17. wurde er, aus 49 Punkten bestehend, am 23. Februar 1621 von den Ständen angenommen und von den Fürsten unterzeichnet. 1626 wurde er vom Kaiser bestätigt. 418 ) Gleichzeitig 419 ) mit den Fürsten erfüllten auch die Stände ihr Wort und erklärten sich bereit, "zur abhelfung der fürstlichen schulden" 1 000 000 Gulden zu erlegen, und zwar sofort 600 000 Gulden und sodann "über sechs jahr zweimalhunderttausend gülden gleichfalls mit den zinsen und folgends über zwei jahr, von abgewichenem antoni an zu rechnen über acht jahr, die übrigen 200 000 fl. sammt den zinsen". Damit die Stände diese Summe "desto füglicher und träglicher" zusammenbringen könnten, gaben 420 ) ihnen die Fürsten ferner die Erlaubnis "der freien disposition und dispensation", was diese in vollstem Maße ausnutzten. Gleichzeitig versicherten sie auch, "daß diese der landschaft jetzt abermals geleistete freiwillige hülf ihnen und allen ihren nachkommen . . . an ihren privilegien . . . ganz unnachteilig sein" sollte und die Stände, "auch solche . . . hülfe zu leisten, hinfüro nicht . . . verpflichtet . . . und weiter . . . [der] nachkommenden herzogen zue Mecklenburg schulde . . . zu bezahlen nicht schuldig sein" sollten.
8.
So stand denn endlich, nachdem alle Hindernisse überwunden und die drei Parteien zufriedengestellt waren, nichts mehr im
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Wege, zur Ausführung der nun schon so lange betriebenen Landesteilung zu schreiten. Am 3. März 1621 wurde der Erbteilungsvertrag vollzogen und darin die Fahrenholzer Teilung der Ämter dahin geändert, daß zur besseren Abrundung der beiden Landesteile die bisherigen güstrowschen Ämter: Grabow, Gorlosen, Marnitz, Neukloster, Sternberg mit dem Klosterhof und Walsmühlen gegen die bisherigen schwerinschen Ämter Strelitz, Goldberg, Wredenhagen und Fürstenberg ausgewechselt wurden. 421 ) Ein beider unter Hans Albrechts Ämtern eingesessenen Ritterschaft gefundener Überschuß 422 ) an Roßdiensten wurde dadurch ausgeglichen, daß genügend viele Dienste von den Grenzämtern des güstrowschen Teils zu den angrenzenden schwerinschen geschlagen wurden. Die Städte schließlich wurden so geteilt, daß an den schwerinschen Teil: Wismar mit allen fürstlichen Häusern, Schwerin, Parchim, Waren und Kröpelin, ferner die adeligen Städtchen Brüel, Malchow und Dassow und zur gleichmäßigen Teilung der Elb= und Schaalezölle auch noch Dömitz und Zarrentin fielen; zum güstrowschen Teil aber kamen: Güstrow, Laage, Krakow, Malchin, Röbel, Teterow, Neubrandenburg, Friedland und Woldegk, ferner die adeligen Städte Penzlin, Sülze und Marlow und schließlich der Elbe wegen (trotz seiner Abgelegenheit von Güstrow) Boizenburg.
Geteilt wurden sodann die Schiffahrt, die Strafen, Dispensationsgelder, das Begnadigungsrecht usw., das ein jeder Herzog
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in seinem Gebiet allein haben sollte. Einem jeden für sich sollte es ferner auch freistehen, seine Ritter= und Landschaft getrennt zu berufen,
Gemeinsam aber blieben:
Ein ebenfalls am 3. März geschlossener Nebenvertrag fügte als allgemeine Bestimmung hinzu, daß kein Herzog künftig mehr als 600 000 Gulden Hypotheken, abgesehen von Kriegszeiten, auf seine Ämter eintragen lassen durfte.
Weiter sollten weder Domänen noch ritterschaftliche Güter an fremde Fürsten verkauft werden, die fürstliche Wittumsverschreibung künftig nur 12 000 Gulden betragen und der unvermähiten Herzogin Anna Sophie von ihren Brüdern nach dem Tode der Mutter jährlich 6 000 Gulden, ausgezahlt werden. Schließlich wurde noch festgesetzt, daß etwaige Unklarheiten dieses Erbvertrages von zwei beiderseits beauftragten, ihrer Eide vorher entlasteten Räten beseitigt werden sollten; eine weitere Teilung des Landes wurde verboten und vollends der jeweilige ältere regierende Landesherr zum Senior des gesamten Fürstenhauses bestimmt.
Nach zehnjährigem Kampf und Streit war endlich die Teilung des Landes vollzogen. Die von den Herzögen erstrebte Totaldivision war gescheitert. Die Ursache lag zum Teil in der Schwierigkeit der Sache selbst, zum Teil an dem Mangel an Einmütigkeit unter den Fürsten, die niemals unerläßlicher war als in diesem erbitterten Kampfe. Ein besonders wichtiger Grund war auch die drückende Schuldenlast, durch die die Fürsten in die Hände der Stände gegeben wurden, und endlich der Widerspruch dieser selbst. Denn die Stände würden sich nie gutwillig der vollständigen Teilung gefügt, sondern, wenn es zum äußersten gekommen wäre, auf Grund ihrer verbrieften Rechte beim Reichskammergericht und auch beim Kaiser Beschwerde erhoben haben,
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Für das Land war die Teilung, so wie sie zu Stande kam, ein großer Segen. Das Unheil der bisherigen gemeinsamen Regierung war beseitigt und der konfessionellen Trennung vorgebeugt.
Im Jahre 1695, als Herzog Gustav Adolf von Mecklenburg=Güstrow ohne männliche Erben starb, war noch einmal die Möglichkeit gegeben, das ganze Land unter einer Hand zu vereinigen. 423 ) Der damalige Herzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg=Schwerin machte auch sofort seine Rechte geltend und fand beim Kaiser Unterstützung. Allein die niedersächsischen Kreisstände traten für seinen Bruder Adolf Friedrich II., der als Schwiegersohn Gustav Adolfs Ansprüche auf Güstrow erhob, ein, und so wurde in dem Hamburger Vergleich 1701 die dritte Hauptteilung des Landes in Mecklenburg=Schwerin und Mecklenburg=Strelitz vorgenommen. Noch zweimal ist später der Versuch einer völligen Trennung gemacht worden - 1748 424 ) und, hundert Jahre später, 1848 425 ) - aber ohne jeglichen Erfolg.
Wenn heute, wo dem Lande eine neue Verfassung gegeben werden soll, die Totaldivision wiederum in Frage kommt, so hat sie nicht mehr die Bedeutung wie 1621. Denn im Laufe der drei Jahrhunderte sind manche früher gemeinsame Einrichtungen verschwunden bezw. getrennt: das Hofgericht ist beseitigt und neben dem Konsistorium in Rostock ist ein eigenes in Strelitz eingerichtet, auch die Finanzverwaltung ist völlig gesondert u. a. m. Heute umschließt eben, und das fehlte damals oder war mitten im Untergehen begriffen, das starke Band des geeinten Deutschen Reiches alle Glieder. Wir haben wieder eine Zentralgewalt, die einen bedeutungsvollen Einfluß, wie man ihn von einer größeren oder geringeren Absonderung eines Bundesstaates von einem andern auf den Stand des Ganzen vielleicht befürchten könnte, von vornherein gänzlich unmöglich macht.