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Präsident: Staatsminister Graf Bassewitz=Levetzow, Exz.
Vizepräsident: nicht vorhanden.
Erster Sekretär: Geh. Archivrat Dr. Grotefend.
Zweiter Sekretär: Archivar Dr. Stuhr.
Bibliothekar: Geh. Regierungsrat Dr. Schröder.
Bilderwart: Bibliothekar Dr. Voß.
Rechnungsführer: Hofrat Schwerdtfeger.
Repräsentanten: Geh. Ober=Finanzrat Balck.
Geh. Hofrat Dr. Piper.
Landrentmeister v. Oertzen.
Geh. Ministerialrat v. Prollius.
Als Ziel des nächsten Sommerausfluges wählte die Generalversammlung nach dem Vorschlage Dr. Grotefend's die Städte Mölln und Ratzeburg, trotzdem man erst vor einigen Jahren nach Ratzeburg gefahren war. Die damalige sehr schwache Beteiligung aber und die Überzeugung, daß die herrliche alte Bischofskirche und die Naturschönheiten der Umgegend stets neuen Reiz auf den Beschauer ausüben, waren bestimmend, Ratzeburg wieder in den Reiseplan aufzunehmen.
Der Vortrag des Abends, gehalten von Archivar Dr. Witte, handelte von den wendischen Bevölkerungsresten im westlichen Mecklenburg. Redner führte die verschiedenen Theorien an, die über die Umwandlung des slavischen Mecklenburgs in ein deutsches Land zwischen 1160 und der Mitte des 13. Jahrhunderts von neueren Forschern aufgestellt sind: Die längst widerlegte Urgermanentheorie, wonach die Slaven überhaupt nur als eine dünne Herrenschicht über einer deutsch gebliebenen Bevölkerungsmasse gesessen hatten, die Germanisierungstheorie, wonach die Bewohner Mecklenburgs (abgesehen von den Eingewanderten) Slaven mit deutscher Sprache seien, und die Ausrottungstheorie, die an eine völlige Vernichtung der slavischen Bevölkerung glaubt. Die Frage, welche von den beiden letzten Theorien die richtige sei, könne nur dadurch gelöst werden, daß man die slavischen Bevölkerungsreste in Mecklenburg im einzelnen verfolge. Das noch nicht abgeschlossene Ergebnis Witte's war, daß slavische Minderheiten sich noch lange nach der deutschen Einwanderung gehalten haben.
Das gemeinsame Abendessen, zu dem die fürstlichen Herrschaften nicht blieben, vereinigte eine große Zahl Mitglieder.
Weiteres ist über die eigentlichen Vereinsangelegenheiten nicht zu berichten. Ich möchte jedoch den Jahresbericht nicht abschließen, ohne zuvor wieder einen Blick auf die außerhalb der
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Vereinsschriften erschienene Literatur geworfen und mit wenigen Worten auf den Gewinn aufmerksam gemacht zu haben, den die Heimatsgeschichte daraus zu ziehen vermag. Es ist auf eine große Anzahl tüchtiger Arbeiten (Quellenschriften und Darstellungen) hinzuweisen. Zunächst die Quellen.
Von dem Urkundenbuch der Stadt Lübeck ist die 3. und 4. Lieferung des II. Teiles (Lübeck 1903) mit Urkunden aus den Jahren 1466-1468 erschienen. Infolge der Beziehungen, die allezeit zwischen Mecklenburg und Lübeck hin= und hergegangen sind, fällt auch für uns einiges aus dem Werk ab. Ich zähle 19 Urkunden, die für die Städte Wismar, Grabow und Boizenburg, die Landesfürsten und die Familien von Stralendorff, v. Buchwald und v. Lützow in Betracht kommen.
In dieselbe Zeit, 1463-1470, versetzt uns der 9. Band des Hansischen Urkundenbuchs (Leipzig 1903), den der Breslauer Privatdozent Walter Stein veröffentlicht hat. Für uns bietet dieser Band nicht soviel, wie die früheren. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verschob sich der Schwerpunkt der hansischen Politik von dem Osten nach dem Westen, woraus naturgemäß folgte, daß die mecklenburgischen Hansestädte mehr von der Öffentlichkeit zurücktraten. Immerhin enthält der Band einige wertvolle Beiträge zur mecklenburgischen Geschichte.
Eine Nachlese für das Hansische Urkundenbuch hat Dr. Dragendorff im Rostocker Ratsarchiv angestellt. Er hat 6 Schreiben in Rostocker Schiffahrts= und Handelsangelegenheiten aus den Jahren 1309-67 entdeckt und in den Hansischen Geschichtsblättern (Jahrg. 1902, Leipzig 1903) veröffentlicht, darunter ein wertvolles Schreiben des Königs Kasimir von Polen (etwa 1360), worin er den Rostocker Waren den Durchzug durch sein Land gestattete.
Ich komme zu den Darstellungen und möchte da vor allen Dingen Ihre Aufmerksamkeit auf drei niederländische Arbeiten zur Geschichte unseres Fürstenhauses lenken, die aus Anlaß der Verlobung und Vermählung des Herzogs Heinrich mit Königin Wilhelmine schon 1901-1902 erschienen, uns aber erst in diesem Vereinsjahr bekannt geworden sind. Es sind ein bald nach der Hochzeitsfeier ausgegebenes Gedenkbuch "Orange-Nassau, Mecklb.-Schwerin" (Amsterdam 1901) und zwei Abhandlungen von Adema "Hertog Hendrik en zijn land" (s'Gravenhage 1901) und von Juten, "Het Grothertogelijk huis Mecklenburg" (Bergen op Zoom 1901-1902). Alle drei Werke wollen den Niederländern Persönlichkeit, Familie und
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Volk des Fürsten, der das Glück ihrer geliebten Königin in Händen hält, vorführen. Sie stützen sich auf die besten mecklb. Darstellungen und sind mit Bildern reich geschmückt. Für uns sind besonders die Abschnitte des Gedenkbuches wertvoll, die von den Hochzeitsfestlichkeiten in Holland und der staatlichen Stellung des Prinzen handeln. Wir können diese auf der Regierungsbibliothek vorhandenen Bücher angelegentlichst empfehlen. An die niederländische Sprache gewöhnt man sich wegen ihres Anklangs an das Plattdeutsche schnell.
Mit der Königin Luise von Preußen, der Tochter des Prinzen späteren Großherzogs Karl von Strelitz, beschäftigen sich 2 neue Arbeiten von Archivar v. Petersdorff (Bielefeld und Leipzig 1903) und Alwin Lonke (Leipzig 1904). Die Petersdorff'sche Arbeit, die eine Sammlung von Aufsätzen über "Frauenleben" (herausgegeben von Hans v. Zobeltitz) in sehr passender Weise eröffnet, verwendet mit Erfolg die von Bailleu neuerdings herausgegebenen Briefsammlungen. Auch die Abhandlung von Lenke ist quellenmäßig; sie gewinnt dadurch an Wert, daß sie sehr viele Bilder der Königin und ihrer Angehörigen aus dem Besitz der Großherzöge von Strelitz und Hessen und des Herzogs von Cumberland zum ersten Mal der Öffentlichkeit übergibt.
Das Leben der Herzogin Marie von Sachsen=Altenburg, einer Schwester des Großherzogs Paul Friedrich, deren Andenken im Altenburger Lande in zahlreichen menschenfreundlichen Stiftungen fortlebt, hat Franz Volger zur 100. Wiederkehr ihres Geburtstages in einer volkstümlichen kleinen Schrift (Altenburg 1903) geschildert. Wir erfahren aus sächsischen Akten manches Neue.
Weiter sei hingewiesen auf die Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde (N. F. 27), worin Hermann Diemar die Stammreihe des Landgrafenhauses quellenmäßig festgestellt und dabei auch die Lebensdaten der Herzogin Anna von Mecklenburg († 1525) berichtigt hat, und auf die Mansfelder Blätter (17. Jahrg., 1903), die ein Stammbuch des Hofmeisters Christoph v. Knesebeck mit Eintragungen meckl. Fürsten von 1610-1612 zum Abdruck bringen.
Die neueste (487.) Lieferung des großen Siebmacherschen Wappenbuches (Nürnberg 1904) enthält Darstellungen des fürstlich mecklenburgischen Wappens in seiner geschichtlichen Entwicklung von Gustav Seyler. Die Arbeit benutzt das Teskesche Werk ausgiebig, ist aber doch nicht so reichhaltig als dieses.
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Was die Familienforschungen anbetrifft, so haben sich in die genealogischen Taschenbücher aufnehmen lassen die Adelsfamilien v. Blücher, v. Holstein, v. Langen, v. Lücken und Quitzow und die bürgerlichen Familien Eggers, Quistorp und Studemund. Als selbständiges Heft erschien die Stammtafel der Pastorenfamilie Birckenstaedt, die Ende des 17. Jahrhunderts aus Egeln bei Wanzleben ins Land kam. Eine zweite verbesserte Auflage erlebten die Stammtafeln der Familie Rosenow, die von Sternberg ausgegangen und heute über Mecklenburg, Vorpommern und die beiden Provinzen Preußen verbreitet ist.
Dann die Ortsgeschichte. Der Stadt Wismar hat zu ihrer vorjährigen Feier Gustav Willgeroth einen starken Band von Bildern aus ihrer Vergangenheit dargebrachte der neben der Festschrift her sehr wohl bestehen kann. Während uns die Festschrift die Stadtgeschichte im 19. Jahrhundert in großen Zügen vorführt und den Ursachen und Zusammenhängen der Ereignisse nachgeht, ist das Willgerothsche Buch eine Stoffsammlung im großen Stil, entstanden aus mehrjähriger mühsamer Arbeit. Wir können dem anerkennenden Urteil Dr. Techens im Meckl. Tageblatt (vom 1. Sept. 1903) nur zustimmen und sind wie er überzeugt, daß selbst gut Unterrichtete das Buch gern in die Hand nehmen werden.
Im August vorigen Jahres sind zu unserer freudigen Überraschung dann noch von Dr. Techen Betrachtungen über Wismars Vergangenheit in den Mecklenburger Nachrichten (Nr. 178-190 mit Unterbrechungen) erschienen, die sich auf die wichtigsten Ereignisse vor 1803 beschränken, diesen aber die Gründlichkeit und Vorsicht ernster Forschung zuwenden. Es wäre schade, wenn die Arbeit in der Flüchtigkeit der Tagesliteratur unterginge, und deshalb sehr zu wünschen, daß sich der Herbergersche Verlag zu einem Sonderabdruck aus der Zeitung entschlösse.
Für Rostock kommen in erster Linie wieder die Koppmannschen Beiträge zur Stadtgeschichte in Betracht, von denen das erste Heft des Bandes IV (Rostock 1904) vorliegt. Es beginnt mit einem von Dr. Dragendorff besorgten Abdruck des zweitältesten Stadbuchstückes von ca. 1262, das zusammen mit dem ältesten (abgedruckt Beiträge III, 1) 1899 aus einem vergessenen Wandschrank der Ratsstube ans Tageslicht kam und noch die älteste Aufzeichnungsart auf loser Karte zeigt. Der Inhalt ist in einem sorgfältigen Register zergliedert. Daran schließen sich
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Auszüge von Dr. Koppmann aus der Swarentafel von 1419 bis 1429, einem der Bücher, die über die Gerichtsverhandlungen von den Richteherren Auskunft geben. Dann folgen, um nur bei den Hauptsachen zu verweilen, eine Beschreibung von Vicke Schorlers Darstellung der Stadt Rostock aus dem 16. Jahrhundert durch Dragendorff und ein Beitrag Dr. Kohfeldts zur Geschichte des ältesten Rostocker Buchdrucks, worin er über die Birgittedrucke des 15. Jahrhunderts, niederdeutsche Übersetzungen der Revelationes der schwedischen Seherin St. Birgitta, spricht. Drei Aufsätze von Dr. Koppmann über die Ratswahl des Jahres 1733, das Seebad Warnemünde vor 60-80 Jahren und landesherrliche Besuche in Rostock während des 17. Jahrhunderts bieten für Kultur= und Ortsgeschichte viele wertvollen Einzelheiten und werden auch den Leser fesseln, der hauptsächlich Unterhaltung sucht.
Im Archiv für Post und Telegraphie (von 1903, Nr. 15) hat Postinspektor Moelle r seine im Jahrbuch 68 abgedruckten Forschungen über das ehemalige Fuhramt in Rostock seinen Berufsgenossen in anderer Gruppierung und kürzerer Zusammenfassung zugänglich gemacht.
Zu vergleichen sind für Rostock und Wismar noch die neuen Arbeiten von Schäfer und Daenell über die Hanse. Erstere bildet einen Teil der Heyck'schen Monographien zur Weltgeschichte (Velhagen & Klasing in Bielefeld und Leipzig) und verfolgt die Schicksale der Hanse bis zu ihrem Verfall. Die Bilder, zu denen auch unser Archiv beisteuern konnte, sind sehr sorgfältig ausgewählt. Der Aufsatz von Daenell in den Hansischen Geschichtsblättern (von 1902) schildert den Ostseeverkehr der Hansestädte von der Mitte des 14. bis Mitte des 15. Jahrhunderts und ihre krampfhaften Bemühungen, dort die alte Vormachtstellung unter den veränderten Zeitverhältnissen zu behaupten. Rostock und Wismar, die eine führende Rolle im Hansebunde nie eingenommen haben, kommen in beiden Werken gebührend zur Geltung.
Für Malchow und Umgegend ist 1903 zum ersten Mal ein Jahrbuch (bearbeitet von Redakteur Evers) erschienen, das einige geschichtliche Mitteilungen enthält. Anzumerken sind die über Erbauung eines Dammes zwischen Stadt und Kloster (1844-46) und über Kirchenbauten und Tuchfabrikation im 19. Jahrhundert.
Graf v. Oeynhausen hat uns mit einer Geschichte der Ritterschaftlichen Lehnbauernschaft Steder=Niendorf beschenkt, die ja eine eigenartige Rechtsstellung unter den mecklenburgischen
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Gemeinden einnimmt. Die Art der Bearbeitung des Stoffes ist dieselbe wie in den früheren Forschungen des Verfassers.
In der Besprechung der neuen Veröffentlichungen, die nun noch übrig sind, kann ich mich kurz fassen. Die Gebiete der Kirchen=, Schul= und Gelehrtengeschichte sind durch je eine Arbeit bereichert worden. Es hat Professor Hellwig im Archiv des Lauenburger Geschichtsvereins (VII, 2, Mölln 1903) Untersuchungen über das Benediktinerkloster und die ersten 125 Jahre des Bistums und Domkapitels zu Ratzeburg angestellt, die die Quellen unter neue Gesichtspunkte bringen. Die Domschule zu Güstrow hat ebenso wie das Schweriner Gymnasium im vorigen Jahr ihr 350jähriges Bestehen gefeiert. In der Festschrift setzt Direktor Dr. Rickmann die Raspe'schen Forschungen zur Geschichte der Anstalt von 1866 an fort. Briefe der mecklb. Gelehrten Johannes Freder und David Chytraeus aus den Jahren 1559-1579 sind in der Briefsammlung des Hamburger Superintendenten Westphal enthalten, wovon der 2. Band 1903 in Hamburg herausgekommen ist.
Zum Schluß sei noch bemerkt, daß unser Grenadier=Regiment eine kurz gefaßte Geschichte, bearbeitet von Leutnant v. Koppelow, erhalten hat, die ein schnelles Zurechtfinden ermöglicht und beim Unterricht der Mannschaften gut zu benutzen ist. Der frühere Leitfaden, verfaßt vom Oberleutnant v. Baerenfels=Warnow, war längst vergriffen, die ausführliche Regimentsgeschichte wegen ihres Preises nicht für eine größere Verbreitung geeignet.
Der zweite
Vereinssekretär:
Archivar Dr.
Stuhr
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