![]() ![]() |
Seite 96 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
![]() ![]() ![]() |
|
:
Am Wege von Radelübbe nach Gammelin links, etwa 600 m westlich vom Dorfe, lagen in ganz ebenem Gelände auf sandigem Boden neben einander drei sehr auffallende Hügel, "Dreibergen" genannt. Zwei sind allmählich abgetragen, da der Lehm, aus dem sie bestanden, zur Ackerverbesserung und auch sonst sehr erwünscht war; Brandstellen und Gefäßscherben sind dabei beobachtet, größere Steinsetzungen und Metallsachen aber nicht. Der dritte, zur Erbpachthufe Nr. 4 gehörig, wurde im Winter 1889/90 angegriffen, und man stieß dabei auf eine Steinsetzung, in der sich Bronzen fanden. Ich habe daraufhin am 27. und 28. Mai 1890 und 19. bis 21. Mai 1891 den Hügel durchgraben.
Derselbe war mit Gebüsch bewachsen und ganz aus schwerem Lehm, der über den Grabstellen noch besonders fest gestampft war, aufgeführt, was auffallend ist, da Lehm in der Nähe gar nicht zu finden, das Material also weiter hergeholt sein muß.
![]() ![]() |
Seite 97 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
Die Achsenhöhe betrug 3,50 m, der Durchmesser war nicht genau zu bestimmen, da die Ränder beschädigt waren und Umfassungssteine fehlten, wird aber etwa 20 m betragen haben. Der Hügel glich also in Anlage und Form genau dem von Alt=Meteln, was um so mehr zu beachten ist, als die ganze Gegend westlich und südlich von Schwerin an Kegelgräbern sehr arm ist. An das Radelübber Grab knüpfte sich in unbestimmter Form die übliche Sage von einem goldenen Sarge oder einer goldenen Wiege.
Die Ausgrabung ergab mehrere Grabstellen.
Grab I. Nach der Lage das Hauptgrab. Ziemlich in der Mitte des Hügels, die Südostecke unter dem jetzigen Mittelpunkte, eine Steinsetzung auf dem Urboden; zwei Schichten größerer Dammsteine (etwa 15 cm Durchmesser), an den Längsseiten mit aufgeschichteten Wänden aus größeren (bis 60 cm hohen) Steinen; Länge 4 m (ostwestlich), Breite 3,40 m. Auf den Steinen Spuren von Knochen, sehr wahrscheinlich von einem beerdigten Leichnam; von Beigaben keine Spur.
Grab II. 4 m östlich vom Mittelpunkte, nicht auf dem Urboden, sondern etwa 1 m höher, ein einfacher Damm aus kleineren Steinen, 5,60 m lang (ostwestlich), also bis an den (jetzigen) Rand des Hügels gehend, und 2,20 m breit. Darunter war eine muldenartige Vertiefung, die etwa 60 cm tief ging, nicht mit Steinen ausgesetzt. Die Mulde war gefüllt mit lockerer Erde, die mit Asche durchsetzt war. Auch hier fanden sich nur Spuren von Knochen, keine zerbrannten Gebeine, sodaß auch hier die Beerdigung wahrscheinlich ist. Nahe dem östlichen Ende fand sich ein viereckiges Ortband mit Resten der hölzernen Scheide. Es hat die Form eines Pyramidenstumpfes und ist mit längslaufenden Linien verziert. Breite (unten) 1,25, Höhe 1 cm. Es ist die S. Müller 93 abgebildete, der dritten Periode eigenthümliche Form des Abschlusses der Schwertscheiden. Es scheint also wirklich, daß dem Beerdigten nur die Schwertscheide mitgegeben ist, von einem Schwerte fand sich keine Spur. Beispiele für diese Seltsamkeit sind mir nicht bekannt.
Grab III. Nördlich von I, etwa 4 m vom Mittelpunkte, an I fast anschließend. Es ist dieses das Grab, welches bei der Abtragung des Hügels angetroffen und zum größten Theil zerstört wurde. Ich fand noch unberührt den südlichen Theil, 4 m lang (ostwestlich), 2 m breit, doch war die ursprüngliche Anlage sicher so gewesen, daß die Längsrichtung nordsüdlich war. Es war aus mehreren Schichten größerer Dammsteine errichtet, an den Rändern aufrecht stehende Granitblöcke. Zwischen den Steinen fand ich noch
![]() ![]() |
Seite 98 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
Scherben starkwandiger Thongefäße, Asche, Kohle und zerbrannte Menschenknochen. In dem abgegebenen Theile waren eine Anzahl Bronzen gefunden, über die ich aber nur weniges in genauere Erfahrung bringen konnte; ein zerbrochener Ring (anscheinend der Rest eines gedrehten Halsringes) ist in Privatbesitz gekommen. Einen Tutulus (Zierkegel mit Steg auf der Unterseite) konnte ich noch erwerben.
Er ist verziert mit konzentrischen Kreisen auf dem Mantel und geht jetzt spitz zu; ob er ursprünglich in einer kleinen Scheibe endigte wie das unten zu besprechende Stück von Klein=Grenz und das S. Müller 116 abgebildete, ist nicht mehr zu entscheiden. Höhe 4, Durchmesser der unteren Seite 5,5 cm. Ein ganz gleicher stammt von Boldebuck (S. 144 dieser hier abgebildet), und wir werden ähnliche noch bei Retzow, Schlemmin, Liepen, Stülow und Klein=Grenz antreffen.
Außerdem fand sich noch im südwestlichen Theile, 1,60 m unter der Oberfläche, eine kleine zerdrückte Henkelurne, welche umgestülpt in einer Schicht schwärzlicher, mit Brandresten durchsetzter Erde stand, dabei eine Anzahl zarter zerbrannter Knochen. Ob das eine Nachbestattung ist oder Reste eines Todtenopfers, welches, als der Hügel halb fertig war, gebracht ist (ähnlich wie in Alt=Meteln), bleibe dahingestellt.
Wenn auch die Ausbeute des großen Hügels nur geringfügig ist, so genügt sie doch zur zeitlichen Bestimmung. Das Grab gehört sicher in eine Reihe mit unseren bekannten großen Gräbern der dritten Monteliusschen Periode, Alt=Sammit, Ruchow, Friedrichsruhe, Peckatel u. s. w., einer Gruppe, von der wir unten in den Gräbern von Boldebuck, Blengow, Stülow noch drei hervorragende Vertreter zu behandeln haben werden. Daß das Grab, in dem man nach der Lage das Hauptgrab zu erwarten habe, überhaupt keine Ausstattung zeigt, wird uns noch wiederholt (Brahlstorf, Retzow, Deperstorf) begegnen. Fast allgemein zeigen in dieser Periode das Hauptgrab oder die Hauptgräber Beerdigung, während am Ende der Periode der Leichenbrand den Sieg davon getragen hat (vergl. Alt=Meteln, Sarmstorf). Neben der Beerdigung des Hauptgrabes erscheint
![]() ![]() |
Seite 99 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
aber sekundärer Leichenbrand und zwar in mehreren Fällen, so besonders im Kannensberge von Friedrichsruhe so, daß der männliche Leichnam beerdigt, die Frau verbrannt beigesetzt ist. Dahin ist auch das Radelübber Grab zu rechnen, denn daß die Beigaben des nördlichen Grabes (III) eine weibliche Ausstattung enthalten haben, kann nach den erhaltenen Gegenständen nicht zweifelhaft sein; ein Beispiel vollständiger weiblicher Ausstattung wird uns unten bei Boldebuck beschäftigen.
Auffallend ist auch hier die ungleiche Vertheilung der Gräber im Hügel: alle drei lagen im Norden und Osten; ganz leer war der Westen. Das Gleiche werden wir bei Wittenburg und Blengow zu bemerken haben, während umgekehrt bei Stülow der östliche Theil leer war. Einen Zufall in solchen Erscheinungen zu sehen, ist in dieser Zeit, der älteren Bronzeperiode, die ein sehr ausgebildetes Grabrituell gehabt hat, nicht angängig. Deutungen zu wagen, werden wir aber erst berechtigt sein, wenn noch sehr viel mehr Beobachtungen gesammelt sind, als wie bisher vorliegen.