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VII.

Meklenburg unter Wallenstein

und

die Wiedereroberung des Landes durch die Herzöge.

Von
Dr. Otto Grotefend in Marburg.
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D ie vorliegende Arbeit zerfällt naturgemäß in drei Abschnitte: die Besitzergreifung Meklenburgs durch Wallenstein, der Usurpator als Landesherr, die Wiedereroberung des Landes durch die Herzöge.

Während zu den beiden ersten Theilen die große Menge der gedruckten Quellen mir genügend Stoff bot, habe ich für den dritten Abschnitt hauptsächlich die Akten des Großherzoglichen Geheimen und Hauptarchivs zu Schwerin benutzen dürfen. Vor allem kommen hier die Acta invasionum hostilium in Betracht, ferner die Acta homagii, der Briefwechsel der Herzöge, besonders der des Herzogs Johann Albrecht von Meklenburg=Güstrow mit dem Obersten von Lohausen und mit dem schwedischen Gesandten Dr. Jakob Steinberg in Hamburg, schließlich die umfangreichen Akten über die langwierigen Untersuchungen, die von den Herzögen nach ihrer Rückkehr gegen den gefangenen Kammerregenten Heinrich Kustoß und mehrere in Wallensteinsche Dienste getretene Meklenburger geführt wurden.

Das Schweriner (des Herzoge Adolf Friedrich) Archiv ist auch über die in Frage kommende Zeit im ganzen gut erhalten. Dagegen ist das Archiv der Güstrower Linie, soweit es nach dem Tode des letzten Herzogs († 1695) und der Auseinander=

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setzung in Folge des Hamburger Vergleichs (1701) ohne rechte Aufsicht in Güstrow belassen wurde, zum Theil im Laufe der Jahre als herrenloses und platzraubendes Gut vernichtet worden, bis in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts und in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts die Reste für das Schweriner Archiv gerettet wurden.

Wallenstein scheint sein meklenburgisches Regierungs=Archiv mit sich genommen zu haben, und mit diesen Akten werden auch zahlreiche Aktenstücke aus der Zeit der früheren Herzöge dem Lande entzogen sein. Schon vor der Besitznahme Meklenburgs hatte er sein Augenmerk darauf gerichtet gehabt, den Herzögen die Verfügung über ihre Archivalien zu entziehen; in einer bei den Schweriner Homagialakten beruhenden, allgemein gehaltenen Aufzeichnung dessen, was bei der bevorstehenden Einnahme Meklenburgs alles zu geschehen habe, findet sich auch schon der Punkt: "Das Archivum alsbald zu versiegeln." Doch der Verbleib der aus dem Lande geführten Archivalien ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt, da weder in Wallensteinschen noch in anderen böhmischen Privat=Archiven, soweit sie einzusehen waren, etwas davon gefunden worden ist. Bekannt ist nur, daß im Statthalterei=Archiv zu Prag unter dem Schlagwort Landtag sich meklenburgische Landtags= und niedersächsische Kreistagsakten (Handakten des Güstrowschen Kreistagsgesandten Dr. Alb. Hein) aus den Jahren 1620-1628 befinden, die zumeist aus dem Güstrower Archive, nur in wenigen Bündeln auch aus dem Schweriner Archive stammen müssen. Auch liegen dort noch, bisher leider unerreichbar, Berichte des Wallensteinschen Statthalters von Wingersky über Gustav Adolfs militärische Fortschritte in Meklenburg.

Was von Wallensteinschen Verwaltungsakten im Archiv zu Schwerin beruht, stammt meist aus dorthin abgegebenen Registraturen unterer Instanzen, ist also für eine allgemeine Darstellung von geringerem Werth. Die Kammerregistratur, die davon noch manches bessere, bei früheren Abgaben an das Archiv als wichtig zurückbehaltene Stück enthalten haben mochte, wurde 1865 beim Brande des Regierungsgebäudes ein Raub der Flammen, während das Archiv allein gerettet wurde.

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Von der benutzten Litteratur stelle ich in nachstehendem die Hauptwerke, die ich in den Anmerkungen in stark abgekürzter Weise angeführt habe, mit ihren vollständigen Titeln in alphabetischer Ordnung zusammen.

Apologia, fürstlich mecklenburgische. Das ist: Hochnothwendige Vorantwortung vnd wolgegründete Deduktion der Vrsachen, Warumb die . . Fürsten vnd Herren, Herr Adolph Friederich vnd Herr Hans Albrecht Gebrüdere, Hertzoge zu Mecklenburg etc. . den Hertzog=Fürstenthumben vnd Landen nicht haben priviret vnd entsetzet werden können noch sollen. 1630.

M. J. de Beehr: Rerum Meclenburgicarum libri VIII, ed. Kappius. Lipsiae 1741.

Ernst Boll: Geschichte Mecklenburgs mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte. Neubrandenburg 1855/56. II. Bd.

Robert Breyer: Wallensteins Erhebung zum Herzog von Mecklenburg. Diss. Göttingen 1881.

Friedrich Förster: Albrecht von Wallenstein, des Herzogs von Friedland und Mecklenburg ungedruckte Briefe und amtliche Schreiben aus den Jahren 1627-34. 3 Bde. Berlin 1828-29. (Angeführt als: Förster, Briefe.)

Friedrich Förster: Wallenstein, Herzog zu Mecklenburg etc. ., als Feldherr und Landesfürst in seinem öffentlichen und Privatleben. Potsdam 1834. (Förster, Wallenstein.)

Friedrich Förster: Wallensteins Prozeß vor den Schranken des Weltgerichts und des k. k. Fiskus zu Prag. Leipzig 1844. (Förster, Wallensteins Prozeß.)

David Franck: Altes und neues Mecklenburg. XIII. Buch. Güstrow und Leipzig 1756.

Anton Gindely: Waldstein während seines ersten Generalats im Lichte der gleichzeitigen Quellen 1625-30. 2 Bde. Prag und Leipzig 1886.

J. P. Hassel: Die Absetzung der Herzoge von Mecklenburg und die Einsetzung Wallensteins zum Fürsten des Landes. In: Raumers histor. Taschenbuch, 1867, IV. Folge, 8. Jahrgang.

Arthur Heinrich: Wallenstein als Herzog von Sagan. Breslau 1896

Adolf Hofmeister: Die Brüder Varmeier und die Ermordung des Obristen H. L. von Hatzfeld im Jahre 1631. Rostock 1888. (Separat=Abdruck.)

O. Hunziker: Wallenstein als Landesherr, insbesondere als Herzog von Mecklenburg. Programm der Cantonsschule in Zürich 1875. Auch separat erschienen, hier nach der Quartausgabe des Programms angeführt.

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Friedr. von Hurter: Wallensteins vier letzte Lebensjahre. Wien 1862.

Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde. Schwerin.

H. H. Klüver: Beschreibung des Herzogthums Mecklenburg III. Hamburg 1738-42.

O. Krabbe: Aus dem kirchlichen und wissenschaftlichen Leben Rostocks. Zur Geschichte Wallensteins und des dreißigjährigen Krieges. Berlin 1863.

K. Ch. Fr. von Lützow: Versuch einer pragmatischen Geschichte von Mecklenburg. III. Teil. Berlin 1835.

J. O. Opel: Der niedersächsisch=dänische Krieg. III. Band. Magdeburg 1894.

L. von Ranke: Geschichte Wallensteins. Leipzig 1869.

E. von Schaumburg: Wilhelm von Calckum genannt Lohausen. Elberfeld 1866.

Otto Schulenburg: Die Vertreibung der mecklenburgischen Herzöge Adolf Friedrich und Johann Albrecht durch Wallenstein und ihre Restitution. Diss. Rostock 1892.

J. H. Spalding: Mecklenburgische öffentliche Landesverhandlungen, aus öffentlichen Landtags= und Landesconventsprotokollen gezogen. II. Band. Rostock 1795.

E. H. Zober: Ungedruckte Briefe Albrechts von Wallenstein und Gustav Adolf des Großen. Stralsund 1830.

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1. Die Besitzergreifung Meklenburgs durch Wallenstein.

Der Katholizismus hatte im Jahre 1626 auf der ganzen Linie gesiegt, Graf Ernst von Mansfeld, Herzog Christian von Braunschweig und zuletzt der König Christian IV. von Dänemark waren unterlegen. Aber auch nach der Niederlage des Dänenkönigs, des erwählten Obersten des niedersächsischen Kreises, blieb der siegreiche Tilly in Norddeutschland stehen, um gestützt auf seine erdrückende Truppenmacht, die religiösen Reaktionspläne des Kaisers in den reichen Stiftern dieser Länder zu verwirklichen, und stand drohend südwestlich von Meklenburg denn an der untern Elbe sich festsetzenden Dänen gegenüber.

Von Südosten her aber nahte sich noch eine andere Armee, einer gewitterschweren Wolke vergleichbar, das Heer Wallensteins, der nach Besiegung des Grafen von Mansfeld in Eilmarschen aus Schlesien wieder gen Norden gegen die Dänen zog, deren völlige Niederwerfung er seinem ligistischen Nebenbuhler Tilly nicht gönnte. Schlesien, Sachsen, Brandenburg waren vom Feinde gesäubert, so blieb neben Pommern nur noch Meklenburg übrig, dessen westliche und südwestliche Theile von den Truppen König Christians besetzt waren.

Die mekenburgischen Herzöge Adolf Friedrich I. von Schwerin und Johann Albrecht II. von Güstrow selbst hatten sowohl dem Kaiser wie ihren Landständen gegenüber des öfteren erklärt, sie seien zu schwach, um die Dänen mit Waffengewalt aus dem Lande vertreiben zu können. Auf friedliche Verhandlungen aber ließ sich Christian IV. gar nicht ein, rücksichtslos ließ er durch seinen Oberst=Wachtmeister von Schlammersdorf am 3./13. Januar 1627 1 ) den Westen Meklenburgs sammt der kleinen aber wichtigen Elbfestung Dömitz mit 400 Mann, die allerdings sofort dem Befehl des meklenburgischen Hauptmanns Gerhard Oberberg unterstellt wurden, besetzen. Tilly blieb zunächst bis zum Sommer 1627 ruhig in den Braunschweig=Lüneburgischen Landen stehen und schrieb von dort aus an die Herzöge von Meklenburg seine erfolglosen Briefe und Er=


1) Apologie, S. 328.
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mahnungen. Erst im Juli 1627 begann er seinen Vormarsch gegen die Dänen und überschritt im August 1 ) die Elbe; zur elben Zeit aber näherte sich auch Wallenstein dem Lande, das fast vier Jahre hindurch seinem unbeschränkten Willen unterthan sein sollte.

Zunächst betrat er selbst jedoch die Herzogthümer noch nicht, sondern schickte zwei seiner hervorragendsten Offiziere, den Grafen Heinrich Schlick und den Obersten Johann Georg von Arnim, voraus. Graf Schlick zeigte sofort, wie Wallenstein sich Tilly gegenüber stellen wollte, indem er den Kommandanten von Dömitz, Gerhard Oberberg, beweg, die Festung durch Akkord ihm zu übergeben. Die Kapitulation, in der Oberberg sehr günstige Bedingungen erhielt, wurde am 21./31. August 1627 abgeschlossen, 2 ) obwohl Tilly schon seit einiger Zeit mit dem Herzoge Adolf Friedrich wegen Einräumung der Festung verhandelt hatte. Durch den Besitz dieser Stadt, der vertragsmäßig allerdings nur für die Zeit des dänischen Krieges vorgesehen war, schloß Wallenstein den gefährlichen Nebenbuhler von einem Eingreifen in die meklenburgischen Verhältnisse, von dem entscheidenden Kampfe gegen den Dänenkönig aus.

Hatte selbst Tilly noch im November 1627 die Ergebenheit der Herzöge dem Kaiser gegenüber gerühmt, hatte im August 1627 Wallenstein zu ihrem Abgesandten Friedrich von Damnitz gesagt, er habe keinen Befehl, einen Reichsfürsten, der das Schwert gegen den Kaiser nicht gezückt habe, anzugreifen, so ballte sich das drohende Unwetter dennoch am Ende dieses selben Jahres zusammen und sandte in seinen letzten Tagen den verheerenden Blitzstrahl aus. Trotz freiwilliger Uebergabe von Wismar und Poel an Wallensteins Offiziere, trotz vieler Verhandlungen des mecklenburgischen Agenten am Kaiserhofe, Jeremias Pistorius von Burgdorf, selbst durch eigens abgefertigte Gesandte vermochten die Herzöge nicht, den Sinn des Kaisers ihnen freundlicher zu stimmen; stets warf er ihnen Ungehorsam gegen seinen letzten, am 23. Juni/3. Juli 1627 erlassenen Befehl, die dänischen Truppen mit Gewalt aus dem Lande zu bringen, vor. Und doch hatten die Herzöge dieses Schreiben nicht nur erst am 1./11. August erhalten, sondern sie waren auch in der That militärisch viel zu schwach, um den Befehl mit Aussicht auf Erfolg ausführen zu können.


1) Opel, III, S. 187.
2) Opel, III, S. 296.
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Wallenstein bearbeitete inzwischen selbst und durch seine Freunde am Kaiserhofe die leitenden Beamten des Kaisers für seinen Plan, den er am 19./29. Oktober 1627 dem Oberstlieutenant von St. Julien ankündigte 1 ): Absetzung der Herzöge wegen Hochverraths und Belehnung Wallensteins mit Meklenburg zur Entschädigung für seine ausstehenden Kriegsforderungen. Zwei Parteien stritten lange am Hofe des Kaisers über diese Pläne und ihre Berechtigung, schließlich siegte Wallenstein mit Hülfe des jesuitischen Einflusses bei dem engherzig=katholischen Kaiser und schon am Ende des Jahres, wahrscheinlich am 9./19. Dezember 1627, 2 ) übergab dieser in geheimer Audienz zu Brandeis die Herzogthümer Meklenburg an Wallenstein, vorerst allerdings, wie die für die Oeffentlichkeit bestimmte Urkunde ausspricht, nur als Unterpfand für die von ihm vorgeschossenen Kriegsgelder, "bis Sr. Liebden angeregte Kriegsunkosten erstattet und bezahlet worden". 3 ) Johann von Altringer und


1) Jahrb. 40, S. 93, Nr. 2.
2) Diesen Tag macht Gindely (I, S. 365) als den richtigen geltend, indem er der Khevenhüllerschen Aufzeichnung den Bericht entgegenstellt, den der päpstliche Nuntius Caraffa bereits am 29. Dezember 1627 n. St. über den Vorgang nach Rom richtete. Auch Wallenstein berichtet schon am 20. Dezember 1627 n. St. aus Brandeis an Arnim über die "Mutacion" mit Meklenburg: "allbereit ist es accordirt". (Förster, Briefe I, S. 169, Nr. 100.)
3) So das Patent vom 1. Februar 1628 n. St. durch das Johann Altringer und Reinhard von Walmerode als kaiserliche Kommissarien und Exekutoren eingesetzt wurden. (Gedr. Förster, Briefe I, S. 291.) Das Schweriner Archiv bewahrt bei den Homagialakten eine nicht ganz vollständige Abschrift einer sog. Konzessionsurkunde über die Herzogthümer (leider ohne Datum), die sich inhaltlich enge an das Patent anschließt, und in der gleichfalls die Herzogthümer Wallenstein "zu einem währenden Unterpfande so lang unablöslich" übergeben werden, "bis Se. Liebden angeregter Kriegesunkosten zu derselben billigmäßigen Satisfaction und Genügen wieder erstattet und bezahlet worden sein". Diese Urkunde, die nach dem Fundorte namentlich auf Meklenburg berechnet zu sein scheint, tritt also noch zu den von Gindely, I, S. 367 f., besprochenen Urkunden, in denen der Handel in Kaufesform ausgedrückt wurde. (Der Kaufbrief vom 26. Januar 1628 n. St. ist gedruckt bei Förster, Proceß, S. 91.) Obschon diese Form auch in die Oeffentlichkeit gelangte, wie des päpstlichen Nuntius Caraffa's Bericht nach Rom vom 12. April 1628 (Gindely, I, S. 367) und ein Bericht an Oxenstierna vom Mai 1628 (Axel Oxenstierna's Skrifter och Brefvexling II. Reihe, Bd. 10, S. 112) beweisen, scheint in den Herzogthümern nur die Form des Unterpfandes bekannt geworden zu sein. Die pfandweise Ueberlassung des Bisthums Schwerin erfolgte auch am 26. Januar 1628 n. St. in urkundlicher Form (Gindely, I, S. 367).
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Reinhard von Walmerode wurden als kaiserliche Kommissare am 22. Januar/1. Februar abgesandt, um das kaiserliche Patent in Meklenburg zu verkünden, die Unterthanen ihres den Herzögen geleisteten Treueides zu entbinden und auf Wallenstein, den neuen Herrn, in der Pfandhuldigung zu verpflichten.

Man hatte vielleicht am Kaiserhofe gehofft, daß die Herzöge, aufs Höchste bestürzt, ihr Land sofort verlassen würden, um hülfesuchend nach Dänemark oder Schweden zu gehen. Auch Wallenstein hatte diese Hoffnung getheilt; denn er schrieb 1 ) am 6./16. 2 ) November 1627 an Arnim, wenn der ältere oder der jüngere Herzog nach Schweden wollten, so solle er ihnen dabei helfen, er würde ihm, Wallenstein, damit einen großen Dienst erweisen. Die Herzöge blieben jedoch zunächst im Lande, und versuchten durch verschiedene Gesandtschaften an den Kaiser, an Tilly, ja an Wallenstein selbst, sowie durch Bitten an mehrere Fürsten um Interzessionalschreiben, diesen Beschluß des Kaisers rückgängig zu machen.

Alles war vergebens. Die Kommissare waren bereits Ende Februar 1628 in Boizenburg an der Elbe eingetroffen und Arnim hatte Meklenburg schon zum Theil besetzt. Am 3./13. März rieth 3 ) Herzog Adolf Friedrich seinem Bruder Johann Albrecht, der stündlich auf das eintreffen Arnims in Güstrow wartete, wenn die kaiserlichen Kommissare ernstlich die Pfandsumme von 700 000 Thalern einforderten, so müßten sie ihre Schuldlosigkeit einwenden, und daß ihre Gesandten am kaiserlichen Hofe noch auf Bescheid warteten, sowie daß sie schon viele Tonnen Goldes verloren hätten und das Geld nicht zahlen könnten. Wenn die Kommissare Ritter= und Landschaft zusammenberiefen, so müßten sie, die Herzöge, Gesandte an sie abschicken und auf die von Kaiser und Reich den Herzögen ertheilten Regalien, wie das jus convocandi subditos hinweisen, sowie auf die Anfangs beim Einrücken der kaiserlichen Armee ihnen gegebenen Versprechungen, müßten ferner um Aufschub bitten und nochmals beim Kaiser vorstellig werden. Wäre auch dieses nutzlos, so müßten sie sich mit einer Protestation verwahren. Schließlich


1) Förster, Briefe I, S. 139.
2) Wallenstein wendete stets den neuen Kalenderstil an, während die protestantischen Herzöge von Meklenburg nach dem alten Stile rechneten. Es sind daher hier stets beide Datierungen angegeben.
3) Schweriner Archiv: Acta invas. host. Vol. IX. (Korrespondenz zwischen den Herzögen Adolf Friedrich und Johann Albrecht.)
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rieth er seinem Bruder zur sofortigen Einberufung der Stände, mit denen man auch wegen Erleichterung der Einquartierungslasten sich bereden könnte.

Drei Tage später, am 6./16. März 1628, ertheilte der Kaiser 1 ) dem meklenburgischen Abgesandten von Plessen die kurze Antwort, es bleibe zunächst bei seinem früheren Bescheide und er müsse erst den Bericht der nach Meklenburg geschickten Kommissare erwarten, ehe er sich auf weitere Verhandlungen einlassen könnte.

Altringer und Walmerode waren indessen, wie gesagt, in Begleitung der Vertreter 2 ) Wallensteins, nämlich des Obersten Heinrich von St. Julien, des Dr. Justus Lüders sowie des Dr. Heinrich Niemann, in Boizenburg an der Elbe eingetroffen und hatten am 11./21. März die meklenburgischen Landstände zum 23. März/2. April nach Güstrow zusammenberufen. Gegen diese Einberufung legten die Herzöge sofort bei den Kommissaren sowie bei dem kaiserlichen Abgesandten in Lübeck, dem Grafen von Schwarzenberg, Protest ein. Sie befahlen aber dann doch den Ständen, die von ihnen zur Vertretung ihrer Rechte vor der Kommission den Hofgerichtsassessor Dr. Heinrich Schuckmann als Beistand erhalten hatten, aus Ergebenheit gegen den Kaiser, der Ladung Folge zu leisten.

Zahlreich fanden sich die Landstände an dem festgesetzten Tage in Güstrow ein, und unter dem Schutze kaiserlicher Truppen begannen im Schlosse die Verhandlungen 3 ) über die Einsetzung Wallensteins als Herzogs von Meklenburg, die Absetzung und Vertreibung der angestammten Fürsten. Am 24. März/3. April reiste auch der Herzog Adolf Friedrich nach Güstrow, wie er in seinem Tagebuche angiebt, 4 ) um die Absichten der Kommissare zu erfahren und, wenn möglich, zu hintertreiben.

Beide Herzöge baten um Aussetzung des Kommissoriums, da sie sich nochmals an den Kaiser zur Untersuchung der Sache wenden und die Zahlung der Wallenstein zuerkannten Kriegsgelder selbst übernehmen wollten. Auch die Stände erklärten sich zur Uebernahme dieser Schuld bereit und baten um eine Frist von drei Monaten. Trotz aller Bitten aber erlangten sie von den Kommissaren, die sich auf die ihnen gegebenen Befehle


1) Apologie, Beilage Nr. 11.
2) Apologie, Beilage Nr. 3.
3) Spalding II, S. 153 f.
4) Jahrbuch 12, S. 93.
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beriefen, nur einen Aufschub von wenigen Tagen. Am 29. März/8. April stellten die Stände die Bedingung auf, daß sie unter dem neuen Herrn bei der augsburgischen Konfession sowie allen Privilegien und Rechten erhalten blieben und es ihnen freistehe, sich der Herzöge anzunehmen und beim Kaiser für sie um Verzeihung zu bitten. Die Kommissare lehnten eine uneingeschränkte Bewilligung dieser Bedingung ab: von einer solchen Konfirmation stehe nichts in ihrem Kommissorium, Meklenburg werde an Wallenstein mit denselben Rechtszuständen übergehen, wie es die Herzöge inne gehabt hätten. Nachdem Dr. Schuckmann Namens der Stände erklärt hatte, sie hätten von dem Obersten von Arnim gehört, daß ihre Herzöge sie des Gehorsams entlassen hätten, erfolgte noch an demselben Tage (29. März/8. April 1628) unter Reservation der Religion, Privilegien und Gerechtigkeiten die Huldigung für den neuen Pfandbesitzer Meklenburgs, Albrecht von Wallenstein. Am folgenden Tage wurde der Kommissionsabschied unterschrieben, daß die Herzoge binnen vierzehn Tagen die Residenzen räumen sollten. Es war dies eine Forderung, auf deren Verwirklichung Wallenstein schon lange bei seinem Stellvertreter St. Julien gedrängt hatte. Wie oben bereits erwähnt, hätte er es gerne gesehen, wenn die Herzöge schon 1627 hätten "durchgehen" wollen zum Schweden oder sonst wo hin, da er sie nicht im Lande zu sehen begehrte, 1 ) wo sie zuvor geherrscht haben; am 30. Januar/9. Februar 1628 befahl er in seiner drastischen Art dem Obersten St. Julien, die Fürsten unbedingt zu entfernen, "denn zween Hanen auf einem Müst taugen nicht zusammen". 2 ) Immer wieder drängte er in seinem Schreiben darauf, daß die Herzöge "per amor o per forza ' aus dem Lande geschafft würden, "quia salus suadet". Am 10./20. April 3 ) bewilligte er ihnen noch einen fünfzehntägigen Aufenthalt auf den Leibgedingsgütern ihrer Gemahlinnen; aber auch die Herzoginnen müßten außer Landes gehen, könnten jedoch diese Güter behalten und durch eigene Beamte für ihre Rechnung verwalten lassen. Am 11./21. Mai 4 ) verlangte er wiederum sofortigen Abzug, der denn auch am 12./22. Mai erfolgte. 5 )


1) Förster, Briefe I, S. 139, S. 169 (10./20. Dezember 1627).
2) Jahrbuch 40, S. 95.
3) Jahrbuch 40, S. 100.
4) Jahrbuch 40, S. 102.
5) Tagebuch Adolf Friedrichs, Jahrbuch 12, S. 94.
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Vor einer Frau aber mußte sich auch der eiserne Wille Wallensteins beugen: trotz aller Befehle und Anfeindungen verließ die verwittwete Herzogin=Mutter Sophie ihren Wittwensitz Lübz nicht und setzte es schließlich auch bei Wallenstein durch, daß sie dort verbleiben konnte. Am 14./24. Mai 1628 1 ) schrieb er an St. Julien: "Was aber die alte Herzogin betrift, solches remitire ich alles in des Herrn discretion, viel lieber wolte ich schon das sie auch weck ziehen thete, vermeint aber der Herr, das nicht sein kan, so seys."

Hatten die Herzöge, noch während sie im Lande waren, sich eifrig nach Unterstützung umgesehen, so vergrößerte die Verbannung naturgemäß ihre Anstrengungen.

Die zum Theil nur kärglich erhaltenen Akten aus dieser für sie so traurigen und entbehrungsreichen Zeit geben uns kaum ein schwaches Bild von dem Briefwechsel, der von den Herzögen in der Zeit ihres Exils von ihren sächsischen Wohnorten sowohl wie später von Lübeck aus geführt worden ist. 2 ) Kein Fürst, Niemand von Rang oder Stand, von dem man annehmen konnte, daß er. irgend Einfluß beim Kaiser habe, wurde übergangen. Alle Kurfürsten, der König von Spanien, die Infantin zu Brüssel, der spätere römische König Ferdinand III., österreichische Erzherzöge, der Erzbischof von Bremen und andere Reichsfürsten, Mitglieder des Reichshofraths und des kaiserlichen geheimen Raths, ja sogar Tilly und Wallenstein selbst wurden um ihre Interzession gebeten. Dazu verband ein überaus reger Briefwechsel den Herzog Adolf Friedrich in Torgau, dann in Reinharz, mit seinem Bruder Johann Albrecht in Harzgerode über die abzuschickenden Schreiben, die vielfach quälenden Geldsorgen und die Pläne für die Zukunft.

Den Höhepunkt erreichten diese Bemühungen der Herzöge in der Abfassung der umfangreichen Apologie, auf deren Anfertigung schon im Juni 1629 ihr Agent zu Wien, Jeremias von Burgdorf, zugleich Agent Kursachsens, drängte. Der erste Theil dieser Schrift ist eine geschichtliche Darstellung der jüngsten Verwickelungen in Norddeutschland, der zweite eine Sammlung von Akten= und Urkundenmaterial, das den Beweis für die Unschuld der Herzöge liefern sollte. Die Zusammenstellung dieser Schriftstücke war ihnen dadurch bedeutend erschwert worden, daß Wallenstein, um authentische Beweise für ihre Schuld zu erlangen,


1) Jahrbuch 40, S. 103.
2) Archiv zu Schwerin.
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ihre Archive sofort eingezogen und jede Benutzung verhindert hatte. 1 ) Trotzdem ist in der Schrift ein sehr umfangreiches Aktenmaterial geschickt zusammengestellt, und es geht für jeden unbefangen Denkenden klar daraus hervor, daß die Herzöge nicht mehr Schuld trugen, wenn überhaupt von einer Verschuldung die Rede sein kann, als die übrigen Mitglieder des niedersächsischen Kreises auch, und daß diese überaus schwere Bestrafung der Fürsten durchaus unverdient und ungerecht war. Was das Zustandekommen dieser Apologie betrifft, so kann ich mich nur der von Schulenburg 2 ) geäußerten Ansicht anschließen. Christoph von Hagen hat den Grund gelegt, auf dem der Rath Cothmann weiter baute und schließlich dem Gebäude den Schlußstein aufsetzte. Daß Dr. von Hagen an der Arbeit betheiligt war, sie aber nicht zu Ende geführt hat, ergiebt sich meines Erachtens auch aus einer neuerdings gefundenen Rechnung in den Akten 3 ) des Schweriner Archivs; es heißt dort:

"Verzeichnus was D. Christoph von Hagen die Zeit über als er die Apologiam verfertiget alhie in Lübeck verzehret."

Dann sagt Dr. von Hagen selbst am Schlusse: "Ist bis auf den 4 Januarii des jetzigen 1630. Jahrs, da ich davon abgetreten, 9 wochen", nämlich, daß er bei Jacob Beckmann eingezogen ist.

Am 26. Mai/5. Juni 1630 untersiegelten die Herzöge die Schrift, die in 65 gedruckten gebundenen Exemplaren verschickt und zum größten Theil durch den Rath Simon Gabriel zur Nedden auf dem im Juni eröffneten Kurfürstentage zu Regensburg vertheilt wurde. Sie machte ungeheures Aufsehen und wurde viel verlangt, aber auch heftig angeseindet und verfolgt.

Doch gehen wir wieder zum Sommer 1627 zurück. Wallenstein verstand es, sich binnen kurzer Zeit Meklenburg militärisch vollkommen zu sichern und von den Dänen zu säubern. Mit eisernem Besen fegte er über das Land, das bis dahin fast ganz von der Kriegsfurie verschont worden war. Zunächst war es sein Bestreben, das flache Land und besonders die Städte vor seinem eigenen Mitkämpfer Tilly und dessen zügelloser und beutegieriger Soldateska zu schützen. Am 11./21. August 1627 befahl er Arnim, 4 ) soviel feste Orte wie möglich in Meklenburg


1) Schweriner Archiv: Acta invas. host. Vol. X. (Korrespondenz der Herzöge mit Kursachsen, d. d. 1629, Sept. 25 stil. vet.)
2) Schulenburg, S. 108.
3) Schweriner Archiv: Acta invas. host. (Apologia).
4) Förster, Briefe I, S. 103.
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mit kaiserlichen Truppen zu besetzen; am 19./29. September 1 ) wiederholte er den Befehl in verschärfter Form: es seien alle festen Orte Meklenburgs zu besetzen, und beim geringsten Widerstande der Herzöge: schonungslose Gewalt! Noch mehrfach ergingen Weisungen in diesem Sinne, ja, Arnim erhielt die Erlaubniß, sogar über die von Wallenstein selbst gegebenen Salvaguardiabriefe hinweg handeln zu dürfen. Am 29. September/9. Oktober 1627 beruhigte Wallenstein Arnim 2 ) wegen dieses rücksichtslosen Vorgehens gegen den General der Liga: er möge sich keine Sorge darüber machen, daß Tilly nicht nach Meklenburg hinein solle, denn kaiserliche und nicht bayerische Truppen hätten das Land besetzt. Im November befahl er ihm, dafür Sorge zu tragen, daß kein Tillyscher Soldat in Meklenburg Winterquartier beziehe; auch Güstrow und Schwerin seien, wie schon am 22. September/2. Oktober 3 ) befohlen, wenn auch nur schwach zu besetzen, damit wenigstens Wallensteinsche Soldaten, oder wie er selbst sie nennt, Kaiserliche, dort seien. So drängte er Tilly völlig von Meklenburg ab und sicherte sich zunächst den militärischen Alleinbesitz des Landes.

Daneben galt es, die Herzogthümer zu Lande und besonders zu Wasser gegen Dänemark wirksam zu schützen. Hauptsächlich ein etwaiger Angriff von der See her machte ihm große Sorge, da er den Dänen keine Seemacht entgegenstellen konnte und daher stets auf dem Sprunge sein mußte, dahin zu eilen, wohin diese ihre Schiffe lenkten. Seine eifrigen Bemühungen um Schaffung einer Kriegsflotte schlugen gänzlich fehl, und so ließ ihm, wie er selbst mehrfach sagt, 4 ) die Sorge um genügende Besetzung und Befestigung der beiden meklenburgischen Seestädte - Wismar mit der vorliegenden Insel Poel und Rostock mit dem Hafen Warnemünde - keinen ruhigen Augenblick. Ende 1627 und Anfang 1628 ergingen fast täglich Wallensteinsche Schreiben zuerst an den Obersten von Arnim, nachher an den Obersten von St. Julien, seinen Stellvertreter in Meklenburg, wegen der Besetzung und Befestigung dieser Städte, denen man durch Bedrohung mit Citadellen und Einlegung von Garnisonen "einen Zaum ins Maul legen" müsse. Zwar war Wallenstein am 29. September/9. Oktober 1627 5 )


1) Förster, Briefe I, S. 110.
2) Förster, Briefe I, S. 114
3) Förster, Briefe I, S. 111.
4) Förster, Briefe I, S. 134, 145 u. a.
5) Förster, Briefe I, S. 114.
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noch ganz damit einverstanden, daß Arnim mit Rostock glimpflich verfahre, aber nach der Besetzung Wismars (10./20. Oktober 1627) und besonders nach der Einnahme des Hauses Poel (21. November/1. Dezember 1627) trat er ganz anders Rostock gegenüber auf.

Am 6./16. Oktober 1627 1 ) verlangte der Oberst von Arnim von dem Herzoge Adolf Friedrich, der in der Veste Poel weilte, die Uebergabe von Wismar, worauf der Herzog eine entsprechende Aufforderung an die dortigen Bürger schickte, die aber zunächst schroff abgewiesen wurde. Schnell jedoch schlug die Meinung in der Stadt um, die Bürger baten um 3 Tage Bedenkzeit, die dem Herzog für sie von Arnim bewilligt wurden. Am 10./20. Oktober wurde die Kapitulation abgeschlossen. 2 ) Danach mußte Wismar eine kaiserliche Besatzung von 1000 Mann aufnehmen, die nach Beendigung des dänischen Krieges wieder herausgenommen werden sollte; in Religionssachen bleibe alles unverändert; die wismarschen Schiffe müßten zum kaiserlichen Dienste gegen Entschädigung zur Verfügung stehen. Wismar selbst war nun zwar in der Hand Wallensteins, aber nach der See hin war es noch immer durch die von den Dänen unter Oberst von Schlammersdorf besetzte Insel Poel in Fesseln gelegt, während die darauf befindliche kleine Festung, das Haus Poel, von ihrer schwachen meklenburgischen Besatzung tapfer und erfolgreich gegen die Dänen behauptet wurde. Am 23. Oktober/2. November befahl Wallenstein, Haus und Insel Poel zu besetzen. Da in Kurzem in Meklenburg eine "Mutation" vorgenommen werde, sollte das Land möglichst von Truppen befreit und nur Dömitz und die beiden Seehäfen mit Garnisonen belegt werden. Aber erst am 21. November/1. Dezember 1627 3 ) kam das Haus Poel durch freiwillige Uebergabe seitens des Herzogs Adolf Friedrich - Schlammersdorf war während der Zeit schon von der Insel abgezogen - in die Hand des Wallensteinschen Obersten Hebron. Nach den Bedingungen sollte Arnim 4 ) beim Kaiser besonders das Freiwillige der Uebergabe hervorheben. Auch diese Veste sollte, wie Dömitz, nach Beendigung des dänischen Krieges wieder an den Herzog ausgeliefert werden.

Nun wandte sich Wallenstein gegen Rostock, den einzigen Ort des Landes, den er noch nicht in seiner Gewalt hatte. Dort


1) Jahrbuch 12, S. 89.
2) Förster, Briefe I, S. 116.
3) Apologie, Beilage Nr. 242.
4) Apologie, Beilage Nr. 241.
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hatten die Bürger im November 1 ) 1627 begonnen, Befestigungen um ihre Stadt aufzuführen. Sofort befahl Wallenstein dem Obersten von Arnim, nicht nur die Ausführung dieser Bauten zu verhindern, sondern auch schleunigst die stärksten Gegenbauten und Citadellen vor Rostock aufzuführen. Es begannen nun langwierige Verhandlungen 2 ) zwischen der Stadt Rostock und dem Obersten von Arnim über die Kontribution der Stadt, in deren Verlaufe man sich auf die von ihr zu zahlende einmalige Summe von 140000 Thalern einigte, wogegen sie frei von Einquartierung bleiben sollte. Wallenstein erklärte sich am 22. November/2. Dezember 1627 3 ) damit einstweilen für einverstanden, fügte indessen sogleich Arnim gegenüber die Beschränkung hinzu, daß diese Abmachung nur ein Provisorium für einige Monate sei. Schon am 5./15. November 1627 4 ) hatte Wallenstein den Obersten von Arnim dringend aufgefordert, Rostock wie Wismar so stark zu befestigen, daß sie sich auch mit kleineren Garnisonen vertheidigen könnten, und fast in jedem Briefe kehrte der Befehl zum Citadellenbau wieder, "denn der Herr gar wol weis das die grosse stett ohne Citadell gar nichts werth sein". 5 ) Im Februar 1628 schickte Wallenstein mehrfach Befehle, 6 ) auch Warnemünde zu befestigen und zu besetzen und ließ durch den Obersten von St. Julien weiter mit der Stadt verhandeln. Dieser führte während dessen mit unbeugsamer Strenge durch Fronarbeiten der umwohnenden Bauern den Bau der Schanze an der Mündung der Warnow aus und meldete am 19./29. Februar 1628 7 ) an Wallenstein die Vollendung dieses Befestigungswerkes.

In den Augen der Ausländer galt Rostock, dessen Hafen durch diesen Schanzenbau in die Gewalt Wallensteins gekommen war, nunmehr für gut kaiserlich, und sofort ließ Christian IV. von Dänemark den Handel Rostocks lahm legen, indem er die in dänischen Häfen liegenden Rostocker Schiffe festhielt und die auf hoher See befindlichen kaperte. Rostock schickte deshalb Gesandte an Wallenstein, die Mitte März in Gitschin vor ihm erschienen und besonders um Herausgabe der Warnemünder Schanze, sowie


1) Förster, Briefe I, S. 133, 139, 161.
2) Jahrbuch 51, S. 304 f.
3) Förster, Briefe I, S. 161.
4) Förster, Briefe I, S. 133.
5) Förster, Briefe I, S. 139.
6) Jahrbuch 40, S. 94 f., und Förster, Briefe I, S. 284, 309.
7) Jahrbuch 51, S. 313.
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auch unter anderem um Verschonung mit Einquartierung baten. Als die Verhandlungen im besten Gange waren, lief die für die Rostocker ungünstige Meldung St. Juliens ein, daß Pöbel und Seeleute, insgesammt etwa 2000 Mann, sich in Rostock zusammengerottet und den Kaiserlichen gedroht hätten, sich mit den Dänen zu vereinigen und die Warnemünder Schanze zu stürmen, auch halte er die Ritterschaft nicht für unschuldig an dem Aufruhr. Wallenstein, aufs Höchste gereizt, befahl sofortige Entwaffnung der Bürger und Beschleunigung des Citadellenbaues. 1 ) Indessen versprach er, nachdem am 9./19. April 2 ) die Nachricht von der geschehenen Pfandhuldigung eingetroffen war, den erschrockenen Gesandten Einquartierungsfreiheit für ihre Stadt, wenn nicht ratio belli es anders erfordere, sowie Freiheit von der Landeskontribution wegen der bis dahin geleisteten übergroßen Beiträge zu den Kriegsbedürfnissen.

Schon am 17./27. Februar 1628 3 ) sprach Wallenstein Arnim gegenüber die Befürchtung aus, daß, wenn Jener jetzt von Stralsund unverrichteter Dinge abzöge, die übrigen Städte (besonders Wismar und Rostock) sich ein Herz fassen und anfangen würden, Befestigungen anzulegen; sein Mißerfolg vor Stralsund im Sommer 1628 bestärkte ihn vielleicht in dieser Befürchtung und er beschloß, nunmehr sich Rostocks völlig zu bemächtigen. In der Nacht vom 15./25. zum 16./26. Oktober 1628 rückte er, nachdem er vorher den Bürgern durch eine List den Brotvorrath abgelockt hatte, vor die Stadt und verlangte sofortige Einnahme einer Garnison. Nach vielen Verhandlungen sowohl zwischen Wallenstein und dem Rathe, der das Nutzlose eines Widerstandes einsah, wie zwischen diesem und den Bürgern, die sich auf nichts einlassen wollten, und nachdem es beinahe zur Erstürmung gekommen war, wurde am 17./27. Oktober 1628 die Kapitulation von Wallenstein unterschrieben, wobei er nochmals versicherte, die Garnison solle nur zum Schutze der Stadt gegen König Gustav Adolf von Schweden dienen. Auch Rostock wurde, ebenso wie Wismar, zunächst mit 1000 Mann belegt. Wallenstein selbst hat die Stadt niemals betreten.

Neben diesen beiden wichtigsten und festesten Städten Meklenburgs wurden auch die Residenzstädte Schwerin und Güstrow nicht vergessen; sie erhielten trotz der ihnen gegebenen Salvaguardia=


1) Jahrbuch 40, S. 97.
2) Jahrbuch 51, S. 326 f.
3) Förster, Briefe I, S. 309.
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briefe ihre, wenn auch nur geringe, kaiserliche Besatzung. Bereits Ende Dezember 1627 waren sie mit überwinternden Wallensteinschen Truppen belegt worden, hatten indessen dann Freiheit von Einquartierung erhalten. Diese Vergünstigung wurde ihnen aber nicht allzulange zu Theil, denn schon am 16./26. März 1628 besetzte Morgens um 7 Uhr der kaiserliche Hauptmann Samuel Hoffmann auf Befehl des Obersten von St. Julien auch das Schloß zu Schwerin mit einigen Soldaten, ohne daß der dort anwesende Herzog Adolf Friedrich irgendwelchen Widerspruch dagegen erhob. 1 ) Die Stadt Güstrow aber beschwerte sich am 26. Mai/5. Juni 1628 darüber, daß sie trotz ihrer schweren Lasten für Winterquartiere auch zur Zeit der kaiserlichen Kommission, des Land= und Huldigungstages unter der Soldateska habe leiden müssen. 2 ) Daß Güstrow später, so lange es Residenz Wallensteins war, mit einer ständigen Sicherheitswache belegt wurde, ist als selbstverständlich anzunehmen.

Vignette

1) Jahrbuch 12, S. 93. Schweriner Archiv: Acta invas. host. Vol. IX. (Korrespondenz zwischen den beiden Herzögen.)
2) Schweriner Archiv, Stadt Güstrow, Onera.
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2. Der Usurpator als Landesherr.

So waren die festen Platze und größeren Orte des Landes in der Hand Wallensteins, und dieser führte nun durch, was er schon von vornherein im Auge gehabt hatte, eine militärische Entlastung Meklenburgs. Am 12./22. November 1627 1 ) theilte er Arnim mit, daß, sobald die "Mutation" mit Meklenburg vorgenommen sei, die Truppen sofort nach Pommern umquartiert werden müßten, da nur zehn bis zwölf Fähnlein und etwa drei Kompagnieen Reiter in Meklenburg, und zwar zur Besetzung der Häfen, der Festung Dömitz sowie der Insel und des Hauses Poel, verbleiben würden. Am 10./20. Mai 1628 2 ) befahl er Arnim, die Kavallerie, die damals noch allgemein vom flachen Lande durch Naturallieferungen erhalten wurde, aus dem Lande zu nehmen und auf Pommern, die Uckermark, die Priegnitz und die lübischen Dörfer zu vertheilen; er wolle das Land jetzt wieder aufbringen und nicht ruinieren. Noch in andrer Weise sorgte Wallenstein dafür, daß sein Herzogthum von den Kriegsbeschwerden möglichst verschont bleibe. Am 14./24. Mai 1628 3 ) wies er Arnim an, strengstens darauf zu halten, daß jeder durchmarschierende Truppentheil sich zuvor bei dem Obersten von St. Julien melde, den von diesem anbefohlenen Weg einschlage und keinen Rasttag im Lande halte. Einige Tage später befahl er dem Obersten von St. Julien, zu jedem durchmarschierenden Truppentheile auch Marschkommissare zu stellen.

Eine Hauptsorge Wallensteins mußte es sein, den für seine Truppen nöthigen Unterhalt durch Kontributionen aus Meklenburg bei möglichst großer Schonung des Landes zu entnehmen, und obwohl er sonst wenig geneigt war, sich mit Anderen in die Leitung seiner Angelegenheiten zu theilen, so hielt er es doch für angebracht, in dieser dringenden und höchst wichtigen Sache die Stände zur Berathung heranzuziehen. Schon auf dem vom 21. - 30. April/1. - 10. Mai 1628 in Güstrow 4 ) abgehaltenen Landtage verhandelten


1) Förster, Briefe I, S. 149.
2) Förster, Briefe I, S. 337.
3) Förster, Briefe I, S. 339.
4) Spalding II, S. 175 f.; Lützow III, S. 222 f.
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Wallensteins Statthalter, Oberst von St. Julien, und die kaiserlichen Kommissare mit den Landständen über die Höhe und den Modus der neu zu erhebenden Kontribution, wobei man sich schließlich auf eine einmal zu zahlende Summe von 100 000 Thalern, Lieferung von Brotkorn an die Truppen und Geldgeschenken an den Statthalter einigte. Die Summe sollte binnen Monatsfrist bezahlt, werden, aber nicht in den Landkasten zu Rostock, sondern nach Güstrow. Es waren dies jedoch nur vorläufige Abmachungen, und die Lage der Sache änderte sich vollkommen nach der Ankunft Wallensteins in seinem neu erworbenen Herzogthume. Die Stände wurden zum 19./29. August 1628 wieder nach Güstrow zusammenberufen, erschienen aber nicht sehr vollzählig, drängten auch ungeduldig auf baldigen Schluß der Tagung, da die Ernte Vielen das längere Verlassen ihrer grade jetzt der Aufsicht sehr bedürftigen Güter nicht rathsam erscheinen ließ.

Es wurde ihnen folgende Präposition gemacht: 1 ) Wallenstein habe beschlossen, zum Schutz des Landes nur 6000 Mann zu Fuß und 600 Reiter in Meklenburg und zwar an den Grenzen zu unterhalten, das übrige Land aber von Einquartierung zu befreien. Um nun die zugesagte strenge Disziplin aufrechterhalten zu können, sei es erforderlich, diesen Truppen den monatlichen Sold pünktlich auszuzahlen und dazu müßten an jedem Ersten des Monats 50 000 Thaler bezahlt werden. Außerdem müsse zumZwecke der Herstellung und Erhaltung von Befestiaungswerken die Accise, die hier zum ersten Male von der Kontribution getrennt wurde, verdoppelt werden. Den flehentlichsten Gegenvorstellungen der Stände gab Wallenstein nur insofern nach, als er die Summe auf 30 000 Thaler monatlich ermäßigte und bestimmte, daß die bis dahin eximierten fürstlichen Leibgedings= und Witthumsämter sowie die Domanialunterthanen und das Stift Schwerin zur Leistung der Kontribution herangezogen werden sollten. Wismar und Rostock blieben von der Zahlung der Kontribution befreit. Wallenstein schrieb dazu am 23. August/2. September von Wolgast aus an den Obersten (den späteren Statthalter) Wingersky, 2 ) Rostock solle ihm ohnedies noch die 8000 Thaler bezahlen, und die von Wismar seien ruiniert. Den bisherigen Modus der Erhebung der Kontribution änderte Wallenstein trotz aller Gegenvorstellungen der Stände und befahl, statt des alten Saaten= und Hufenmodus, eine sofortige Einschätzung sämmtlicher


1) Spalding II, S. 187 f.; Lützow III, S. 224 f.
2) Franck XIII, S. 68.
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Güter, um den hundertsten Pfennig davon zu erheben. Als Anfangstag für die Zahlung dieser neuen Kontribution wurde der 1./11. September 1628 festgesetzt, wobei die ständische Landkastenkontrole aufgehoben wurde, die nur bei den gewöhnlichen Landesanlagen, nicht aber bei Kriegssteuern zulässig 1 ) sei. Die Stände mußten sich dem eisernen Willen ihres neuen Herrn Beugen, der ihnen das für sie so vortheilhafte Steuerbewilligungsrecht aus den Händen nahm. Daß Wallenstein nicht gewillt war, in diesem Punkte irgendwie nachzugeben, zeigen seine Schreiben an Wingersky vom 23. August/2. September 1628 2 ) und vom folgenden Tage, in denen er drohende Warnungen ausspricht: "Aus seinem Schreiben verneme ich, was die Stände für Impertinentzen und Prolongacien begeret haben, Nun sage ich, sie sollen mich nicht vf solche weise tractiren, wie sie die vorige Herzogen tractiret haben, denn ich werde es gewisse nicht leiden, vnd zum ersten zu der Land=Räthe und Vornembsten Güetern, auch den Personen greifen"- "Werden sie die Disposition wegen des Geldes nicht machen, sie werden sehen, was ihnen daraus wird entstehen, darumb scherzen sie nur nicht mit mir" - "Er weise ihnen nur dies mein Schreiben mit Warnung, sie sollen die Impertinenzien einstellen, oder es wird ihnen nichts Guts daraus erfolgen." Und 3 ) "Aus seinem Schreiben verneme ich, daß die Stände in Mecklenburgk nicht gerne wollen kommen auf den newen modum contribuendi, wie auch daß die Contributionen nicht vf Monat sondern auf eine gewisse quota soll gerichtet werden. Nun habe ich das alles wohl zuvor bedacht vnd befehle ihm, das ich weder vom modo, noch von dem, das die Contributionen vf die Monat sol gerichtet werden, wil weichen, dahero dann er ihnen solches andeuten, vnd sie warnen, das sie mir kein Vrsach zu etwas anders geben sollen."

Die hervorragendste That Wallensteins, in Meklenburg auf dem Gebiete der Verwaltung war die Trennung der Justiz von der Verwaltung im engeren Sinne. Ueber diesen bedeutsamen Schritt haben die Forschungen von Lisch 4 ) erst Licht gebracht, und sein Verdienst ist auch die Zusammenstellung der Namen aller Beamten und der Kollegien der meklenburgischen Regierung Wallensteins. Interessant ist der Hinweis Hunzikers 5 ) auf den


1) Spalding II, S. 192.
2) Spalding II, S. 199; Franck XIII, S. 68.
3) Spalding II, S. 199.
4) Jahrbuch 36, S. 3 f.
5) Hunziker, S. 6.
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Umstand, daß schon der Herzog Adolf Friedrich I. diese Aenderungen plante, die Wallenstein ein Dezennium später thatsächlich durchführte, ja daß dieser vielleicht diese Gedanken benutzte. 1618 hatte der Herzog Adolf Friedrich eine 69 Folioseiten umfassende Schrift über die Zustände Meklenburgs verfaßt, mit dem Titel Discours de present l'éstat de Mechelbourg, des desordres en c'este estat et des remedimens, in der er diese umgestaltenden Gedanken aussprach. Er gab sie (wie er in seinem Tagebuch 1 ) unter dem 17. Oktober 1619 vermerkt) zur Durchsicht an Gebhard von Moltke, dem sie sehr gut gefiel. Gebhard von Moltke aber war zehn Jahre später unter Wallenstein erst Kammerdirektor, dann Direktor des geheimen Raths und hatte als solcher großen Einfluß auf Wallensteins Entschließungen auf diesem Gebiete.

Am schärfsten tadelt Herzog Adolf Friedrich in dieser Schrift den Zustand der Rechtspflege im Lande. Der Kanzler, je einer zu Schwerin und zu Güstrow, habe das Direktorium in der Kanzlei, in der Regierung und in den Gerichten. Dabei könne es aber nothwendig wegen der vielen andern Geschäfte des einen Mannes und dessen häufiger Abwesenheit nicht ordentlich zugehen. Diese Kanzleien kosteten viel und nutzten wenig, da sie nur Bagatellen erledigten, große Sachen aber stets an die Juristenfakultäten abschöben. Er verlangt deshalb ständige Beisitzer und einen besonderen Direktor. Am Hofgericht, das er lieber Landgericht genannt haben will, mißfällt dem Herzoge am stärksten der viermal jährlich stattfindende Ortswechsel und das dadurch bewirkte Herumschleppen der Akten. Er schlägt einen bestimmten Ort, z. B. eine der Residenzen, zur Tagung vor. Nur die Wirren und Unruhen des ausbrechenden Krieges hinderten den Herzog an der Verwirklichung dieser Pläne.

Wallenstein ließ die landständische Verfassung, die er in Meklenburg vorfand, gänzlich unangetastet; wenn er auch den öfters hinhaltenden und disputirenden Landständen gegenüber, wie wir schon sahen, scharf und unangenehm den Herrn zeigte, die Form selbst blieb unverletzt bestehen. Die Regierung und Verwaltung des Landes aber gestaltete er vollkommen um. Er richtete sein Augenmerk zunächst auf die Verbesserung der Rechtspflege, in der er selbst der oberste Richter sein wollte. Die Stände hatten bisher das Recht gehabt, an das Reichskammergericht gegen Entscheidungen ihrer Landesherren Berufung ein=


1) Jahrbuch 12, S. 70.
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zulegen. Dagegen hatten die meklenburgischen Herzöge schon früher (1569, 1621, 1623) vom Kaiser privilegia de non appellando für Sachen bis zu einer bestimmten Werthsumme in steigender Folge erlangt und waren zuletzt (1623) bis auf 1000 Gulden gekommen. Wallenstein erstrebte nun ein privilegium de plane non appellando auch für Meklenburg, wie er es 1627 1 ) bereits für das Herzogthum Friedland erhalten hatte. Indessen erhielt er dieses Privileg, das bis dahin als alleiniges Vorrecht der Kurfürsten gegolten hatte, vom Kaiser erst am 4./14. August 1629 2 ) unter der Bedingung, daß des Herzogs "tribunalia in ermeltem Hertzogthumb Meckelnburg vff drei ordentliche instantias gericht vnd bestelt vnd solche mit Assessoren, so zum Theil vom Adel, darzu die Land=Saßen, wan Sie hierzu qualificiret, vor andern zu gebrauchen, vnd zum theil gelehret sein sollen, besetzt, dieselben auch Ihrem stande nach, welches S. Lbd. ohne das zu thun geneigt sein vnd sich anerbotten, gebührlich besoldet werden".

Von diesem Privileg wurden ausgenommen causae denegatae et protractae justitiae, nullitatis, fractae pacis et contributionis imperii; auch blieb für Wallenstein die Verpflichtung bestehen, zu den Unterhaltungskosten des Reichskammergerichts beizutragen. Erst am 10./20. März 1630 3 ) befahl er von Gitschin aus seinem Statthalter von Wingersky, die drei verlangten Instanzen einzurichten. Zur ersten Instanz wurde das alte Hofgericht bestimmt, das als ständigen Sitz das zu diesem Zweck angekaufte Haus Otto von Preens in Güstrow angewiesen erhielt. Es wurden hierzu die dienstfähigen Beamten des alten Hofgerichts genommen, die 1628 zum Theil vor Wallenstein geflohen, von diesem aber zurückgerufen waren, da ihm daran lag, des meklenburgischen Rechts kundige Männer in diesem Amte zu haben. Das Gericht bestand aus: 4 ) Paschen von der Lühe, Landrichter und Präsidenten (später Präsidenten des Appellationsgerichts); Bugislaf von Behr, Vizelandrichter (später Präsidenten); Georg v. Linstow, Rath (später Appellationsgerichtsrath); Joachim v. Lützow, Rath; Augustin von der Lühe, Rath (seit Michaelis 1630); Dr. Peter Waßmuth, Rath; Dr. Christoph von Hagen, Beisitzer; Hermann Meyer, Beisitzer (später Appellationsgerichtsrath); Dr.


1) Förster, Wallenstein, S. 337.
2) Jahrbuch 36, S. 43.
3) Jahrbuch 36, S. 46.
4) Jahrbuch 36, S. 32 f.
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Heinrich Schuckmann und Dr. Justus Zinzerling, Beisitzer, von den Ständen besoldet; Dr. Nikolaus Wasmund, Fiskal; Friedrich Mundrich und Ludwig Wolter, Protonotaren; schließlich noch aus zwei Sekretären, drei Kanzlisten und dem Unterpersonal.

Zu den bestimmten und ständigen Hofgerichtsräthen traten auf den Quartalgerichtstagen noch vier Landräthe und vier unbesoldete Beisitzer (einer wegen der Universität, einer vom Rathe zu Rostock, ein Bürgermeister von Wismar und ein Bürgermeister von Güstrow).

Zweite Instanz wurde das von Wallenstein neu geschaffene Apellationsgericht, dessen Besetzung und völlige Einrichtung erst nach Michaelis 1630 abgeschlossen war. Es bestand aus folgenden Beamten: Paschen von der Lühe, Präsidenten; Balthasar v. Moltke, Georg v. Linstow, Dr. Thomas Lindemann, Hermann Meyer, Räthen; Johann Oberberg, Sekretär, und zwei Ingrossisten.

Zur dritten und obersten Instanz bestimmte Wallenstein das höchste Regierungskollegium, den geheimen Rath. Zwar äußerten dessen Präsident Albrecht von Wingersky und Dr. Lindemann ihre Bedenken, da der Rath ja eigentlich keine ordentliche Instanz, wie der Kaiser gefordert habe, sondern nur eine Aushülfe sei; aber es blieb bei Wallensteins Anordnung.

Er schärfte als erste Pflicht allen seinen Beamten und besonders den Justizbehörden schnellste Erledigung aller Sachen ein. Lisch berichtet, 1 ) er habe aus keiner Zeit so dünne Gerichtsaktenfaszikel gefunden, wie gerade aus der Wallensteinschen Periode, und oft seien - unerhört für jene stürmischen und doch in ihren Verwaltungsmaßnahmen so schleppenden Zeiten - Eingabe und Bescheid von ein und demselben Tage.

Auch auf dem Gebiete der Verwaltung führte Wallenstein tief einschneidende Neuerungen ein, indem er, wie vorher schon in seinem Herzogthume Friedland, 2 ) die Verwaltung der Domänen und landesherrlichen Einkünfte, die bisher dem Kanzler unterstanden hatte, von der eigentlichen Landesregierung trennte und dem neu errichteten Kammerkollegium übertrug. Obwohl 3 ) Gebhard von Moltke, Hans Heinrich von der Lühe und Dr. Justus Lüders ihm das Gutachten abgaben, daß nach der mit großer Mühe hergestellten Ordnung der Wirtschaften nunmehr die Oeconomica durch einen Buchhalter, einen Rentmeister und einen Schreiber


1) Jahrbuch 36, S. 12.
2) Förster, Wallenstein, S. 335.
3) Jahrbuch 36, S. 28.
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gut genug verwaltet werden könnten, so gab Wallenstein doch dieser Behörde ein verhältnismäßig zahlreiches Beamtenpersonal. Bis Anfang 1629 war Gebhard von Moltke Kammerdirektor; als er zum Direktor des geheimen Raths berufen wurde, folgte ihm als Kammerpräsident Hans Heinrich von der Lühe, dem Dr. Justus Lüders als Vizepräsident und Bugislaf von Platen als Rath zur Seite standen. Seit 1630 war auch Ulrich von Pentz, Amtshauptmann zu Bützow und Rühn, als berathendes Mitglied im Kammerkollegium. Das Unterpersonal bestand aus einem Rentmeister und dessen Gehilfen, zwei Sekretären, zwei, später fünf Schreibern und zwei Kammerboten. Auch über die Form der Kammererlasse sind wir unterrichtet: am 13./23. Mai 1629 erging von Wallenstein der Befehl an die Kammer, kein Schreiben unter dem fürstlichen Siegel ausgehen zu lassen, das nicht von dem anwesenden Kammerpräsidenten und einem Kammersekretär unterschrieben sei. 1 )

Die alte Kanzlei, das eigentliche Regierungskollegium, ließ Wallenstein unter diesem Namen weiterbestehn. Ihr unterstand die Beaufsichtigung und Bethätigung der landesherrlichen Hoheitsrechte, wie Lehen= und Grenzsachen, Bestätigungen, Konsense und Begnadigungen. An der Spitze stand der Kanzler Johann Eberhard von Eltz, einer der wenigen landfremden wallensteinschen Beamten in Meklenburg, der 1630 von Wallenstein aus dem bedrohten Besitze heraus und in das Hauptquartier berufen wurde. Ferner gehörten dieser Behörde an: Dr. Joh. Oberberg als Direktor; H. von Halberstadt, J. D. von Stralendorf, Balthasar von Moltke, Dr. Heinrich Niemann und Dr. Nikolaus Eggebrecht als Räthe; zwei Lehnsekretäre und Archivare, fünf Kanzleisekretäre, Registratoren und Kanzlisten, Botenmeister und Boten.

Als höchstes Kollegium im Lande und, wie schon erwähnt, zugleich oberste Gerichtsinstanz schuf Wallenstein den geheimen Rath, dessen Vorsitz er selbst oder sein Statthalter führte. Gebhard von Moltke wurde Direktor, zwei meklenburgische Adlige, Gregorius von Bevernest und Volrath von der Lühe, standen ihm als Räthe zur Seite, ein Sekretär und ein Schreiber bildeten das übrige Beamtenpersonal.

Es war ein kluger Schachzug Wallensteins, daß er zu den höchsten Beamten der Kollegien nur Meklenburger nahm. Ihre Kenntniß von Land und Leuten, von Sprache, Einrichtungen, Gewohnheiten und Rechten in Meklenburg mußten ihm von


1) Jahrbuch 36, S. 42.
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unschätzbarem Werthe sein. Die Namen von Moltke und von der Lühe waren besonders oft in seinem Beamtenstaate vertreten; ihre Träger glaubten, damit dem Vaterlande besser zu dienen, als wenn sie durch ihre Weigerung den Usurpator zwangen, Fremde an die Spitze der Verwaltung zu stellen. Wie ihnen von ihren angestammten Herzögen dafür gedankt wurde, werden wir später sehen.

Es sind noch vier Beamte zu nennen, die Wallenstein zur Vertretung seiner persönlichen Interessen um sich hatte; sie waren seine Vertrauten und sämmtlich keine Meklenburger. Das waren der Statthalter, der Kanzler, der Regent und Wallensteins persönlicher Sekretär, die Lisch zusammen nicht unpassend "das Kabinett" nennt. 1 )

Vor Wallensteins Ankunft in Güstrow fungirte als sein Statthalter und Stellvertreter der Oberst Freiherr Henry de Guyard et de St. Julien, der später von Wallenstein nach Wien geschickt wurde, um am Kaiserhofe für die Interessen seines Herrn zu wirken. Sein Nachfolger wurde der Oberst Albrecht von Wingersky (wie er meistens geschrieben wird), der bis 1631 die

Person des Landesherrn in Meklenburg vertrat. Er wurde dann von Wallenstein nach Böhmen berufen und sein Nachfolger im Amte wurde Graf Berthold von Wallenstein, ein Vetter des Herzogs, der am 6./16. Oktober 1631 aus dem von den Herzögen wiedereroberten Rostock abzog, während die meisten fremden Wallensteinschen Beamten schon im Frühjahr 1631 beim Vorrücken der Schweden entflohen waren.

Ueber den Kanzler Johann Eberhard von Eltz aus Kur=Trier ist schon oben bei Besprechung der Kanzleieinrichtung kurz gehandelt.

Der Kammerregent war gewissermaßen der Finanzminister des Herzogs. Nach dem Tode des bisherigen Regenten Hieronymus Buckowsky in Gitschin ernannte Wallenstein im Juli 1629 den Heinrich Kustoß 2 ) von der Lipka, einen Böhmen, zum Regenten für Friedland, Sagan und Meklenburg zusammen. Sein Bruder Hans Kustoß wurde Wallensteinscher Amtshauptmann in Meklenburg und gerieth 1630 zusammen mit dem


1) Jahrbuch 36, S. 14.
2) Jahrbuch 36, S. 19. Es ist ein Irrthum, wenn Fr. Förster, Wallenstein, S. 339, meint, diese Klasse der Wallensteinschen Beamten habe den Amtstitel Kustos geführt. Die Namen der Brüder beweisen es klar, daß Kustoß Familienname ist.
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Regenten in schwedische Gefangenschaft, wurde jedoch noch vor diesem entlassen und begab sich zu seinem Bruder Georg Kustoß nach Hamburg.

Wallensteins Kabinetssekretär und ständiger Begleiter war der Rittmeister Neumann, der am 15./25. Februar 1634 zusammen mit seinem Herrn in Eger den Tod fand.

Zur Ausführung besonderer Aufträge bediente sich Wallenstein vielfach der Meklenburger Heinrich von Husan und Gerhard Oberberg, der früher als Hauptmann und Kommandant von Dömitz in meklenburgischen Diensten gestanden hatte, aber durch die von dem Herzog Adolf Friedrich unkluger Weise wegen der Uebergabe der Festung gegen ihn eingeleitete kriegsgerichtliche Untersuchung und die ungerechte Verurtheilung in die Arme der Gegner getrieben war.

Die Hofjagdbeamten nahm Wallenstein fast sämmtlich aus dem meklenburgischen Adel. Oberjägermeister war Joachim v. Winterfeld, Jägermeister waren Joachim von Lützow und Gebhard von Moltke, ein Vetter des Kammerdirektors. Daneben war nur der Jägermeister Gotthard Gohr als einziger Ausländer thätig.

Zeigt uns dieser sorgfältig durchdachte Beamtenstaat schon das ungewöhnliche Organisationstalent Wallensteins, so tritt es noch schärfer in seinen zum Nutzen des Landes und der Unterthanen getroffenen Maßnahmen hervor, durch die er oft bis aufs einzelne in die Verwaltung eingriff. Leider ist uns durch den Verlust so vieler Akten vermuthlich sehr vieles reiches Material über seine Pläne und Anordnungen verloren gegangen. Aber auch das wenige, was erhalten ist, zeigt uns, wie weit Wallenstein in der für seine Länder stets bewiesenen Fürsorge den meisten seiner deutschen Zeitgenossen auf dem Throne voraus geeilt war.

Da es in Wallensteins eigenstem Interesse lag, den Binnenhandel Meklenburgs zu fördern und dadurch die immer noch reichen Hülfsmittel des Landes zu heben und für sich nutzbar zu machen, so griff er mit großem Eifer den alten Plan wieder auf, durch einen Kanal von Wismar über Kleinen durch den Schweriner See, die Stör und die Elde die Elbe mit der Ostsee zu verbinden. Auch in militärischer Hinsicht war die Anlage dieses Kanals von großer Wichtigkeit, da er den Verkehr zwischen Ost= und Nordsee nicht nur von den dänischen Sundzöllen, sondern auch von der gefürchteten Kriegsflotte dieses Inselreiches unabhängig machte.

Der Plan hatte bereits frühere Herzöge Meklenburgs beschäftigt, war auch in einzelnen Theilen durchgeführt worden, aber vor

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seiner Vollendung immer an den ungeheuren Kosten gescheitert. Schon im Anfang des Jahres 1628 versprach Wallenstein 1 ) den Rostocker Gesandten die Wiederherstellung des Kanals Wismar-Schwerin. Im Dezember desselben Jahres 2 ) unterzog er die Terrainverhältnisse zwischen diesen beiden Städten einer genauen Besichtigung und kam zu dem Entschluß, den Plan auszuführen. Sein Baumeister Alexander Borrey, sein Kanzleisekretär Martin Böckel und drei erfahrene Wasserbaumeister aus Hamburg wurden zum Berichte aufgefordert. Ueber das Ergebniß der Untersuchungen war ihre Ansicht getheilt. Die Hamburger und mit ihnen Böckel, der selbst von Haus aus Ingenieur war, erachteten, daß der Kanal nur brauchbar sei, wenn er für größere Schiffe (von 50 bis 60 Last) eingerichtet würde, statt wie bisher für Schiffe von etwa einem Drittel dieser Tragfähigkeit. Dafür aber sei die Strecke Eldena-Dömitz und ebenso der Störkanal zu eng und seicht, die Krümmungen seien nicht genügend durchschnitten, Elde und Stör nicht aufgeräumt, auch nicht mit Treidelpfaden versehen; ferner seien alle Schleusen nur aus Holz, deshalb zu durchlässig und dabei auch schnellem Verfalle ausgesetzt. Sämmtliche Schleusen, zwischen Wismar und Schwerin zwölf, zwischen Schwerin und Dömitz vierzehn, müßten neu und zwar geräumiger und massiv in Stein aufgeführt werden. Die gesammten Kosten dieser von ihnen vorgeschlagenen Veränderungen berechneten sie auf rund 500 000 Rthlr. 3 ) Borrey's Gegenvorschlag 4 ) bewegte sich in etwa dreißigfach geringeren Summen, da er - schon im Interesse des rascheren Ausbaues - sich auf kleinere Schiffe und die bisherigen Maße in Weite und Tiefe beschränkte und daher weniger einen Neubau als eine Ausbesserung und Vollendung des Vorhandenem erstrebte. Trotzdem die Kammer des geringeren Aufwandes wegen den Borreyschen Vorschlag für den annehmbareren erklarte und es entschieden widerrieth, so viele Tonnen Goldes auf ein bloßes Abenteuer zu wagen, scheint Wallenstein, wenn man einem späteren Briefe Martin Böckels trauen darf, doch der gründlicheren Abhülfe des Hamburger Vorschlages geneigter gewesen zu sein, da er daraufhin gesagt haben soll: "Das Geld solte dar sein, und das Wergk solte gefertigt werden".


1) Jahrbuch 51, S. 326.
2) Lützow III, S. 229.
3) Bericht Böckels bei Pötker, Neue Sammlung Mecklb. Schriften IV. Stück (1746) S. 30 f.
4) Schweriner Archiv, Acta navigationis in fluminibus. Vergl. Jahrb. 64, 234 f.
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Es mag dieses auch so sein; trotzdem aber scheint der einzige vorhandene Befehl Wallensteins über den Kanal mehr den vermittelnden Vorschlägen Borreys zu entsprechen, nämlich der im April 1629 gegebene und beim Abzug im Juli 1629 wiederholte Auftrag an die Beamten zu Neustadt i. M" die drei ihnen zunächst liegenden Schleusen in der bisherigen Art, doch einen Fuß tiefer, herzustellen. 1 )

Wallensteins Fortzug aus Meklenburg und die Ereignisse der folgenden Jahre haben die Ausführung des ganzen Planes verhindert; 2 ) aber obwohl er nachweislich keine nennenswerthen Bauten an dem Kanal, namentlich an der Strecke Schwerin - Wismar, der sog. Viechelnschen Fahrt, ausgeführt hat - das Volk hat seinen Entschluß, den wichtigen Bau der Herzöge Johann Albrecht und Ulrich für das Land wieder nutzbar zu machen, im Gedächtniß behalten, so daß es bis auf den heutigen Tag den Abfluß aus dem Schweriner See nach Wismar hin mit dem Namen "Wallensteingraben" bezeichnet.

Daß Wallenstein auch die geringsten seiner Unterthanen nicht vergaß, zeigt seine Armenordnung. 3 ) Bisher waren die Armen des Landes auf die alten Armenhäuser zum heiligen Geist und die auch allmählich zu Armenhäusern umgewandelten Sondersiechenhäuser zum heiligen Georg oder auf den Bettel "um Gottes Willen" angewiesen. Wallenstein, der im Lande etwa dreihundert völlig Verarmte ermittelt hatte, ließ von seinen Beamten im Frühjahr 1629 eine Armenordnung ausarbeiten. Sie fand jedoch seinen Beifall nicht, und er stellte darauf selbst dem Kanzler von Eltz gegenüber einen andern Entwurf auf, den dieser sofort niederschrieb und am 3./13. Mai 1629 dem Lehns=Archivar Peter Graß zur weiteren Ausarbeitung überschickte. Die Grundzüge dieser Ordnung, die ein vollständiges Novum für die damaligen Zeiten war, sind sehr einfach: 1. Jedes Kirchspiel soll seine Armen und die, welche in ihm zu Schaden kommen, selbst unterhalten. 2. Die Armenhäuser sollen nur in den Pfarrorten und in den Städten errichtet werden. 3. Diese Bauten sollen bis Michaelis 1629 beendigt und bis Dionysiitag (9. Oktober) von


1) Jahrbuch 64, S. 236, und 35, S. 76.
2) Ich kann mit Hunziker nicht übereinstimmen, wenn er (Seite 28) annimmt, es habe das nach dem Friedensschluß zu Lübeck zwischen Wallenstein und Christian IV. hergestellte gute Einvernehmen den Ausbau des Kanals verhindert; so zartfühlend war Wallenstein nicht, wenn es sich darum handelte, wichtige eigene Interessen zu verfolgen.
3) Jahrbuch 35, S. 80 f.
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den Armen bezogen sein. 4. In jedem Kirchspiel soll die Zahl der Armen genau erforscht und dabei der wahrscheinliche Zuwachs sorgfaltig berücksichtigt werden. 5. Die Veranlagung der Beiträge soll nach Hufenbesitz und Aussaat erfolgen. 6. Eingepfarrte Dörfer leisten ihre Beiträge zu der Stadt oder dem Pfarrdorfe und dürfen dafür ihre Armen dorthin abgeben. 7. Die Beiträge sollen jährlich am 9. Oktober einkommen und am selben Tage vertheilt werden.

Zugleich befahl Wallenstein sowohl den zur Ausführung dieser Verordnung bestellten landständischen Deputierten wie den versammelten Landständen, nicht eher auseinander zu gehen, als bis diese Angelegenheit den Ständen vorgetragen und durch Beschluß erledigt sei.

Auch diese Armenordnung ist, wie vieles andere Gute, in den Stürmen der folgenden Kriegsjahre untergegangen.

Besondere Sorgfalt und Aufmerksamkeit widmete Wallenstein auch den Eisenwerken, 1 ) deren bedeutendstes in Neustadt i. M. betrieben wurde. Er bestellte am 1./11. August 1628 den schon unter Herzog Adolf Friedrich thätig gewesenen Martin Hoyer aus dem Braunschweigischen zum Schmelzmeister, nahm aber insofern mit dem Werke eine Aenderung vor, als er es, das bisher auf Schmelzen und allerhand Gießerarbeiten (Oefen, Mörser, Grapen u. s. w.) eingerichtet gewesen zu sein scheint, besonders zur Herstellung von Kriegsbedürfnissen heranzog; in der Bestallung des Schmelzmeisters sowie in den wenigen sonstigen Aktenstücken aus der Zeit über das Gießwerk ist daher hauptsächlich vom Kugelgießen die Rede. Noch am 21./31. Juli 1629 bei seinem Abzuge aus Meklenburg besuchte Wallenstein dieses Werk und sah lange dem Gießen der Kugeln zu, indem er sich bei dem Schmelzmeister nach allen Umständen der Hütte erkundigte. 2 ) An der Erhaltung des Werkes scheint ihm viel gelegen gewesen zu sein, da er noch 1630 als Zuschuß dafür die für damalige Verhältnisse große Summe von 1000 Thalern auf den Kammeretat setzte. Herzog Adolf Friedrich ließ nach seiner Rückkehr zwar den Gang des Eisenwerkes ganz ungestört, bestätigte auch Martin Honer wiederum als Schmelzmeister, jedoch ging in den furchtbaren Wirren der nächsten Jahre auch dieses Werk unter und die späteren Versuche zur Wiederherstellung waren niemals von Erfolg gekrönt.


1) Jahrbuch 7, S. 64 f.
2) Jahrbuch 35, S. 76.
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Noch auf einem andern Gebiete griff Wallenstein in Meklenburg scharf und energisch ein, nämlich auf dem der Posteinrichtung, 1 ) die bisher sehr im Argen gelegen hatte. Er trachtete besonders danach, Güstrow, den Sitz seiner Regierung, nach allen Richtungen hin mit den Grenzorten in Verbindung zu bringen, und so entstanden, den Landstraßen folgend, bald mehrere Postkurse oder Reitposten mit regelmäßigem Pferdewechsel. Die Verantwortung für ungehinderte Besorgung der Post lag den Städten und fürstlichen Aemtern ob, in denen gewisse Leute oder Häuser bestimmt waren, die stets Pferde zum sofortigen Wechsel zur Hand haben mußten. Auch diese vorzüglichen Einrichtungen überlebten das Ende ihres Begründers nicht. Nur die Einrichtung der relaismäßig angesessenen Amtsbriefträger hat sich erhalten, doch mußte auf den reitenden Dienst schon aus Pferdemangel verzichtet werden.

Erwähnen könnte man noch, daß Wallenstein am 26. April/6. Mai 1629 2 ) eine Verordnung erließ, die "zur befürderung des gemeinen besten" in dem Herzogthum "eine eintzige durchgehende gleichheit an Scheffeln, Maaß, Ellen und Gewicht" einführte, wobei die Rostocker Maße und Gewichte zu Grunde gelegt werden sollten. Es war dies eine Anregung, die erst nach etwa 70 Jahren zur weiteren Verfolgung und erst nach ferneren 50 Jahren zur endlichen Durchführung durch die Herzöge von Meklenburg gelangen sollte.

Betrachten wir das Verhältniß Wallensteins, des Usurpators, zu den einzelnen Ständen im Lande und zu deren damals sehr mächtigen Vertretung, dem Landtage, so nehmen wir ein gewisses Schwanken wahr, das der gegebenen Lage sich anzupassen suchte. Ehe Wallenstein ins Land kam und die Verhältnisse überblicken konnte, dachte er daran, den Adel und die Stände in allen Stücken zu beugen oder zu brechen. Am 22. März/1. April 1628 schrieb er an Arnim, 3 ) er vernehme mit Freuden aus seinem Schreiben, daß bei der Huldigung in Meklenburg sich Schwierigkeiten ergäben; das sähe er von Herzen gern, da sie dadurch alle ihre Privilegien verlieren würden. Sobald Derartiges vorfiele, sollten die Güter der Opponierenden eingezogen, diese selbst ins Gefängniß geworfen werden. Bald jedoch änderte sich seine Ansicht und Ende April 1628 4 ) theilte er St. Julien mit, daß er den von den Ständen


1) Moeller, Gesch. des Landespostwesens in Jahrbuch 62, S. 18.
2) Jahrbuch 40, S. 87.
3) Förster, Briefe I, S. 322.
4) Jahrbuch 40, S. 99.
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geplanten Empfang an der Grenze gestatte, um sie nicht zu beleidigen, obwohl ihm selbst wenig an solchen Zeremonien gelegen sei. Daß er später, nachdem er die Verhältnisse des Landes genauer kennen gelernt hatte, den Adel geradezu bevorzugte und lieber mit ihm als gegen ihn regieren wollte, liegt in der überwiegenden Macht des Grundbesitzes im Lande begründet.

Wir haben gesehen, daß Wallenstein fast alle höheren Verwaltungsbeamten, auch die Hof= und Jagdbeamten dem meklenburgischen Adel entnahm. Traten auch einzelne wohl des pekuniären Vortheils wegen, Andere durch die angedrohte Verhaftung und Konfiskation der Güter dazu gezwungen, in des neuen Herren Dienste, so kann man doch annehmen, daß Viele deshalb sich von Wallenstein zu Beamten gewinnen ließen, um die Rechte und Gewohnheiten des Landes dem Fremden gegenüber wirksamer wahren zu können. Warum sollte nicht auch der Eine oder Andere erkannt haben, welcher Schutz für Meklenburg in jenen schweren Zeiten in dem straffen und festen Regimente Wallensteins lag, der nicht nur den Willen sondern auch die genügende Macht dazu hatte, dem Lande zu gedeihlichem Frieden zu verhelfen?

Auch Bürger und Bauern entgingen nicht Wallensteins Fürsorge. Zwar trugen sie Alle schwer an den Kontributionen und andern Kriegslasten 1 ). Das war aber der Völker Deutschlands unabänderliches Geschick in jener Zeit, und niemals haben schwerere und größere Lasten auf Meklenburg gelegen, als in den Jahren nach Wallensteins Tod, unter dem nach innen schwankenden, nach außen schwachen Regimente der Herzöge.

Wenn Wallenstein auch sonst dem Adel hold war, so wurden durch die Brau=Verordnung, die Wingersky mit Wissen und Willen seines Herrn am 10./20. September 1628 2 ) erließ, doch die Städte dem Adel gegenüber entschieden begünstigt, da allein Städte und Märkte dadurch das Recht erhielten, Bier brauen und ins Land verkaufen zu dürfen, weil dieses "der vornehmste Acquest" der Bürger sei.

Wallenstein regierte zwar äußerlich mit den Landständen zusammen, um nicht alle seine Anordnungen als Feind geben zu müssen, 3 ) seine meisten Verordnungen waren jedoch gewisser=


1) So hat das Herzogthum Meklenburg nach einem gleichzeitigen Berichte in den Jahren 1628-1630 ohne Bieraccise und Licente in den Kontributionskasten allein 1 306 770 Thaler bezahlt (Boll II, S. 103).
2) Lützow III, S. 229.
3) Lützow III, S. 221.
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maßen Kabinettsordres, ohne besondere Zustimmung der Stände erlassen; aber wehe dem, der nicht unbedingten Gehorsam leistete! Wir haben gehört, wie scharf und drohend er in den Briefen an Wingersky am 2. und 3. September n. St. 1628 den Ständen entgegentrat, als sie auf dem Landtage seinen Kontributions=Propositionen so vielerlei Querelen entgegenstellten. Er betrachtete sein Verhältniß zu ihnen von zwei Gesichtspunkten aus: in Regierungsangelegenheiten hatten sie ihm zu gehorchen, höchstens Vorschlage zu machen oder Bedenken zu äußern, nach denen er sich dann richten konnte, wenn es ihm beliebte und er sie als das Bessere erkannt hatte; ihre sonstigen Privilegien dagegen ließ er ganz ungestört. Eine Ausnahme machte er hierbei allerdings, indem er, wie wir sahen, ihnen das Appellationsrecht nahm und, wenn auch spät erst, vom Kaiser für sich das privilegium de plane non appellando erzwang. Am 7./17. Juni 1629, 1 ) am Tage nach seiner Erbbelehnung mit Meklenburg, schrieb er an St. Julien, nachdem er ihm für die Beendigung der meklenburgischen Sache gedankt hatte, daß er, was die Privilegien des Adels anbetreffe, dem Adel wohlgesinnt sei und daß er diese nicht zerstören wolle; wenn er nur das Privileg erhalte, daß sie nicht appelliren dürften, so wolle er sie gewiß wie Edelleute und nicht wie Bauern leben lassen.

Eine ganz merkwürdige Stellung nahm Wallenstein, der katholische kaiserliche Feldherr, dem lutherischen Meklenburg gegenüber ein. Man sollte annehmen, daß sein nach unbedingter Herrschaft strebender Geist dem Lande seine und seiner Gönner, der Jesuiten am Kaiserhofe, Religion aufgezwungen oder daß er wenigstens den Versuch dazu gemacht habe. Nichts davon geschah. Zwar versprach Wallenstein mehrfach, so z. B. in einem Schreiben an St. Julien vom 19./29. Oktober 1627 2 ), ehe er Meklenburg sicher erhalten hatte, dem Orden der Jesuiten im Lande durch Gründung von Kollegien und Stiftern Ausbreitung und Macht zu verschaffen, überhaupt die katholische Konfession in Meklenburg wieder einzuführen. Es geschah dies aber anscheinend nur, um die am Kaiserhofe allmächtigen Jesuiten für sich zu gewinnen und durch sie den Einfluß der seinen Plänen auf Meklenburg widerstrebenden kaiserlichen Räthe zu brechen. Bei ihm war die Religion nicht Herzenssache, sondern nur eine


1) Jahrbuch 40, S. 108.
2) Jahrbuch 40, S. 93.
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Figur im Schachspiele der berechnenden Politik. Traten ihm die Protestanten irgendwie feindselig entgegen, so spielte er sofort, um sein Vorgehen gegen sie zu begründen, ihnen gegenüber den Katholiken aus. Schon im April 1628 sagte er bei der Entlassung der Rostocker Gesandten, nachdem er die Nachricht von der vollzogenen Pfandhuldigung erhalten hatte, sie sollten den Ständen mittheilen, er werde die Privilegien und ihre Religion nicht antasten; er werde Niemanden zu einer Religion zwingen, in seiner Armee seien mehr Evangelische als Katholiken, und der Lutheraner Arnim sei ihm ebenso lieb wie der katholische St. Julien. 1 ) Auch wurde in den Kapitulationsbedingungen von Wismar und Rostock stets die Gewährleistung freier Ausübung des lutherischen Bekenntnisses verlangt, zugebilligt und auch innegehalten. Die Lehre Luthers war die allein herrschende in Meklenburg; nur der Herzog Johann Albrecht II. von Güstrow war mit seiner Familie zum größten Verdruß der Stände 1617 zum Kalvinismus übergetreten und hatte angefangen, von den Steinen niedergelegter katholischer Kapellen in Güstrow sich ein Gebetshaus zu erbauen, dessen Vollendung aber durch die Ereignisse von 1628 verhindert wurde. Vermuthlich, um die strenge lutherische Bevölkerung für sich zu gewinnen, befahl Wallenstein, sowie er nach Güstrow kam, den sofortigen Abbruch dieses Hauses. 2 ) Im Uebrigen haben sowohl Wallenstein wie seine Statthalter die Ausübung des protestantischen Bekenntnisses nirgends gewaltsam gehindert. Lisch hat 3 ) aus der Zeit der Wallensteinschen Herrschaft 19 Anstellungen bezw. Beförderungen lutherischer Prediger und Schullehrer zusammengestellt; einer der Lehrer, Georg Schedius, den Wallenstein zum Rektor der Domschule in Güstrow ernannte, war sogar von den Jesuiten seines Glaubens wegen aus Böhmen vertrieben worden.

Nur zwei Punkte deuten darauf hin, daß der neue Herr doch wohl beabsichtigte, im Laufe der Zeit und ganz allmählich Meklenburg dem katholischen Glauben zuzuführen. 4 ) Das ist einmal die Entsendung 5 ) junger meklenburgischer Adliger auf


1) Jahrbuch 51, S. 327.
2) Von den Steinen ließ Wallenstein einen Flügel des Schlosses zu Güstrow erbauen, der allerdings später von Herzog Gustav Adolf, dem Sohne und Nachfolger Johann Albrechts, wieder abgerissen wurde, um "jedes Andenken an den Tyrannen zu vernichten". (Jahrbuch 37, S. 4.)
3) Jahrbuch 37, S. 7 und 8.
4) Vergl. Gindely, Waldstein II, 184.
5) Jahrbuch 37, S. 11 f.
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seine jesuitische Ritterakademie zu Gitschin und zum andern die nach dem Muster der Gitschiner vollzogene Gründung einer ebensolchen Akademie in Güstrow. 1 )

Den Plan zur Stiftung faßte Wallenstein gegen Ende des Jahres 1628; schon am 22. Dezember 1628/1. Januar 1629 berief er den ersten Magister, erklärte am 21./31. Januar die Stiftung für begründet und ernannte den französischen Niederländer Johann de Lasure zum Gubernator. Die Akademie war für fünf junge Herren aus Wallensteins Verwandtschaft, sowie für zwölf meklenburgische Edelknaben bestimmt, die zusammen mit dem Gubernator, den Präzeptoren und den Dienern ein eigenes Haus auf der Domfreiheit bewohnen sollten. Sie wurde von Wallenstein sehr reich dotirt und war im Mai 1629 vollkommen fertig eingerichtet. Das (nach Lischs Ermittelungen) ungewöhnlich große Lehrerpersonal 2 ) bestand fast durchweg aus Katholiken, und der Zweckdieser Akademie war sicherlich der, den Katholizismus in Meklenburg, und zwar zunächst in die einflußreichen Adelsfamilien, wieder einzupflanzen. Sie hat bis in den Februar 1631 bestanden und verschwand, zum Glück für das protestantische Meklenburg, vor dem Ansturm der Schweden. Vielleicht hätten doch die in ihr ausgestreuten Keime der katholischen Lehre sonst später die von Wallenstein und den Jesuiten erhofften Früchte getragen.

Dies waren aber auch die einzigen Punkte, in denen Wallenstein einen Blick auf seine Stellungnahme zu den streitenden Konfessionen thun ließ. Er war im Uebrigen viel zu sehr Realpolitiker, als daß er sofort nach der Uebernahme Meklenburgs die Gegenreformation gewaltsam durchzuführen versucht hätte. In seinen Residenzen Güstrow und Schwerin richtete er zwar in den Schloßkirchen den katholischen Gottesdienst ein. Das that er schon, um nicht den Argwohn des Kaisers und der Jesuiten zu wecken. Indessen ließ er seine protestantischen Beamten, wie den Kanzler von Eltz, den Regenten Heinrich Kustoß, 3 ) sowie die dem meklenburgischen Adel entnommenen in ihrem Bekenntniß vollkommen unbehelligt.


1) Jahrbuch 37, S. 18 f.
2) Jahrbuch 37, S. 20 f.
3) Des Kanzlers Bekenntniß geht aus seinem Eid hervor (Jahrbuch 36, S. 41). Kustoß gehörte einer aus Böhmen wegen ihres Glaubens vertriebenen Familie an (Jahrbuch 36, S. 23).
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In besonderer Gunst stand bei Wallenstein die Universität zu Rostock. Obwohl ihr Lehrkörper den vertriebenen Herzögen treu anhing und mit ihnen ständig in Verbindung blieb, hatte sie dennoch nichts von dem neuen Herrn zu leiden. Er bemühte sich vielmehr, sie durch alle Mittel zu heben, bestätigte 1628 bei der Uebergabe Rostocks alle ihre Privilegien, suchte sie vor den Kriegslasten zu schützen und ließ mehrfach Salvaguardiabriefe für sie ausstellen. Noch am 23. Dezember 1630/2. Januar 1631 1 ) befahl er von Gitschin aus, die Professoren mit Einquartierung völlig zu verschonen. Leider zerschlugen sich die Verhandlungen mit dem Astronomen Johannes Kepler 2 ), den Wallenstein an die Rostocker Hochschule berief; Keplers Tod, im November 1630, zerstörte den Plan endgültig.

Wallenstein war zwar im Herzen ein Gegner des vom Kaiser am 24. Februar/6. März 1629 veröffentlichten Restitutionsedikts, das er politisch mit Recht für unklug hielt, nahm aber doch das Stift Schwerin, das ihm, wie schon erwähnt, am 16./26. Januar 1628 nebst andern geistlichen Stiftern des Landes verliehen war, 3 ) mit der Residenz Bützow und allen Besitzthümern im Juli desselben Jahres in Besitz und zwang den Dänenkönig Christian IV., dessen Sohn Ulrich III. 1624 seinem Oheim Ulrich II. als Administrator des Stiftes gefolgt war, im Frieden zu Lübeck, für sich und seine Söhne darauf zu verzichten. Auch die Johanniterkomthureien Mirow und Nemerow 4 ) wurden schon im Sommer 1628 von den Beamten Wallensteins trotz der im Jahre zuvor von Wallenstein selbst ertheilten Salvaguardiabriefe für diesen mit Beschlag belegt. Die Klagen des letzten Komthurs zu Nemerow, des Grafen Heinrich Volrad von Stolberg - Komthur von Mirow war nach dem Vertrage von 1593 der Herzog Adolf Friedrich von Meklenburg gewesen -, wurden von den Wallensteinschen Räthen überhaupt keiner Antwort gewürdigt.

Wallenstein stand kurz vor seinem Abzuge aus Meklenburg im Juli 1629 auf der Höhe seiner Macht im Norden Deutschlands. Am 12./22. August 5 ) 1628 hatte er bei Wolgast den


1) Krabbe, Rostock, S. 124.
2) Krabbe, Rostock, S. 121.
3) Jahrbuch, 51, S. 133.
4) Jahrbuch 9, S. 62 und 108.
5) Boll II, S. 631.
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König Christian IV. von Dänemark so energisch auf das Haupt geschlagen, daß dieser eine Landung in Pommern oder Meklenburg nicht mehr versuchte, sondern sich auf sein Inselreich zurückzog. Wallenstein drängte die übrigen dänischen Truppen noch im Herbst desselben Jahres weit nach Holstein hinein und eroberte die starke Festung Krempe an der untern Elbe. Aber auch er wünschte den Frieden mit Dänemark, da er einen drohenden Krieg mit Schweden schon lange voraussah. So kam denn nach längeren Verhandlungen am 12./22. Mai 1629 der Friede zu Lübeck zu stande. 1 )

Wallenstein, der einsah, daß sein Wunsch, eine den vereinigten Dänen und Schweden gegenüber genügend starke Seemacht sich zu erwerben, zur Erfüllung noch sehr viel Zeit und die umfassendsten Vorbereitungen erfordern würde, gewährte dem Könige sehr günstige Bedingungen: Christian blieb im Besitze seiner holsteinschen Länder, mußte dagegen auf die Stifter im Reich, also wie schon gesagt, auch auf das Stift Schwerin für sich und seine Nachkommen verzichten, sowie dadurch, daß er sich verpflichtete, in Reichssachen sich nicht einzumischen, implicite auch Wallenstein als Herzog von Meklenburg anerkennen. So war Wallenstein von einem gefährlichen und lästigen Gegner auf billige Weise frei geworden und erstrebte nun den völligen erblichen Besitz Meklenburgs.

Schon seit dem Beginne des Jahres hatten Wallenstein Abgesandte, an ihrer Spitze Oberst Heinrich von St. Julien, am kaiserlichen Hofe, den vielfachen ränkevollen Widerständen zum Trotz, für ihres Herrn definitive Belehnung mit Meklenburg schriftlich und mündlich gekämpft. Am 24. Mai/5. Juni erreichten sie schließlich einen kaiserlichen Bescheid, daß Seine Maj. "sich darauf endlich resolviret, daß Sie es nämlich bei der vor einem Jahre wider ernannte Herzöge wegen des von ihnen vielfältig begangenen Lasters beleidigter Majestät fürgenommenen Privation und Alienation ihrer innegehabten Herzogthümer und Länder allerdings bewenden und solches ehisten Tags mit Vorbehalt der Acht publiciren, hergegen wohlgedachtes Herzogen zu Friedland fürstliche Durchlaucht, . . . damit belehnen und wirklich investiren lassen wollen."


1) Gedr. u. a. Lünig, Teutsch. Reichsarchiv, Part. spec. cont. I, 1, S. 349 f. Vergl. Gindely, Waldstein II, S. 90 f.: Die Lübecker Friedensverhandlungen, besonders S. 104, 105.
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Am 30. Mai/9. Juni 1629 erließ dann der Kaiser die in Aussicht gestellte Deklarationsschrift gegen die Herzöge, in der er sie ihrer Lande auf immer für verlustig erklärte und mit der Acht im Widersetzungsfalle bedrohte. Die nochmalige Bitte St. Juliens um Anberaumung der Belehnung wurde noch am 4./14. Juni durch den Bescheid beantwortet, zuvor wegen der "Vorbehalte und Spezial=Conditionen", unter denen die Fürstenthümer verkauft seien, der Hofkammer gegenüber Richtigkeit zu machen. Diesem von der Kanzlei eilfertig expedirten Bescheide scheint sofort nachgelebt zu sein, denn bereits am 6./16. Juni meldet Jeremias Pistorius von Burgdorf den Herzögen die am selben Tage erfolgte Belehnung, und mit gleichem Datum sind auch der kaiserliche Lehnbrief, die Kommission für die Obristen Altringer, Walmerode und Oberkampf zur Empfangnahme der Erbhuldigung und ein "Gehorsambrief" für Wallenstein an die meklenburgischen Stände erlassen. 1 ) Durch den Lehnbrief erhielt Wallenstein ausnahmsweise das Recht, falls er keinen männlichen Leibeserben hinterließe, selbst einen Lehnserben aus seinen Agnaten bestimmen zu können. 2 ) Es war dieser Passus die kaiserliche Bestätigung der von Wallenstein am 2./12. Juni 3 ) 1629 erlassenen Verfügung, daß sein Neffe und Erbe Maximilian von Wallenstein (Waldstein) und dessen Nachkommen ihm auch im Besitze des Herzogthums Meklenburg folgen sollten. 4 ) Die auf Grund dieser Belohnung in dem Gehorsambrief verlangte Erbhuldigung durch die meklenburgischen Stände fand trotz des Protestes der Herzöge und der Bitte der Stände um persönliche Anwesenheit


1) Schweriner Archiv, Acta investiturae ducum, meist vom Reichshofrath 1819 abgegebene Originalschreiben und =Concepte. Diese Akten enthalten auch die Concepte der Schreiben, durch die sämmtlichen Fürsten Deutschlands und auch dem Könige von Dänemark die Belehnung Wallensteins mitgetheilt wurde mit der Mahnung, ihm nunmehr den gebührenden Titel zu geben. Die Ansprüche Kurbrandenburgs aber aus seiner Erbverbrüderung mit den Herzögen von Meklenburg sollten durch einen neuen Vertrag auf gleicher Grundlage sicher gestellt werden, für den die kaiserliche Genehmigung dem neuen Herzoge von Meklenburg durch ein kaiserliches Dekret vom 5./15. und ein überaus gnädiges Handschreiben des Kaisers vom 6./16. April 1630 im Voraus zugesagt wurde (Ebendaselbst).
2) Förster, Wallensteins Prozeß, Urk., S. 93, Nr. 16.
3) Ranke, Wallenstein, S. 142.
4) Gleichwie er dieses auch für Friedland und Sagan bereits am 16./26. Mai 1628 festgesetzt hatte (Förster, Wallensteins Prozeß, Urk. S. 69, Nr. 13).
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Wallensteins am 22. Januar/1. Februar 1630 zu Güstrow statt, nachdem der Statthalter von Wingersky und der Kanzler von Eltz den Ständen Schutz ihrer Privilegien und des evangelischen Bekenntnisses versprochen hatten. 1 )

So schien der Besitz Meklenburgs nach außen hin genügend gesichert, im Innern arbeitete der vortreffliche Wallensteinsche Regierungsapparat untadelhaft, und der neue Herzog konnte nun ohne irgend welche Unruhe daran denken, wenn auch ungern und wieder seinen Willen, den ihm vom Kaiser gegebenen Aufträgen zur Durchführung des von ihm offen gemißbilligten 2 ) Restitutionsedikts in Norddeutschland nachzukommen. Er beschloß, sich zunächst energisch gegen das feste, von ihm schon seit einiger Zeit blockirte Magdeburg zu wenden, da er Holstein laut Vertrag des Lübecker Friedens räumen mußte, Pommern und Brandenburg zu sehr ausgesogen waren, Meklenburg dagegen geschont werden sollte.

Dem Abzuge Wallensteins aus seinem neuen Herzogthume (1629) gingen die umfangreichsten Vorbereitungen 3 ) voraus. Auch hierbei kümmerte sich Wallenstein um alle Einzelheiten: so erhielten die Hauptleute der auf der Reise berührten Aemter fast täglich von ihm selbst die genauen Lieferungszettel für die herzogliche Küche. Für die Nachtlager und den Aufenthalt in Sternberg, Schwerin und Neustadt wurden von ihm bis in das Genaueste ausgearbeitete Befehle gegeben. Als Tag des Aufbruchs wurde der 13./23. Juli angesetzt, als erstes Nachtquartier Sternberg vorgesehen und für Schwerin ein Aufenthalt von vier Tagen bestimmt; zur Begleitung in Meklenburg wurden der Regent Heinrich Kustoß und der Kammerpräsident Hans Heinrich von der Lühe befohlen. 4 )

In Schwerin, das Wallenstein zuvor nur im Dezember 1628 gesehen hatte, hielt er sich länger auf, als eigentlich beabsichtigt war; er blieb dort bis zum 21./31. Juli. Deshalb mußten schleunigst, weil der Proviant auszugehen drohte, Eilboten mit Lieferungsaufträgen nach verschiedenen Aemtern geschickt werden. Am 20./30. Juli erließ Wallenstein wohl seinen letzten schriftlichen Befehl auf meklenburgischem Boden; er betraf den vorzunehmenden Bau von Eisgruben in Schwerin, Neustadt, Doberan, Stargard und Güstrow, und wurde im Spätherbst des folgenden


1) Spalding II, S. 211; Lützow III, S. 237.
2) Vergl. Gindely, Waldstein II, 184 f.
3) Jahrbuch 35, S. 51 f.
4) Jahrbuch 35, S. 55, 56 f.
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Jahres ausgeführt. 1 ) Am selben Tage gab er noch dem Regenten Kustoß 2 ) eine ausführliche "Instruction wegen Abführung etzlicher Geldposten und anderer Puncta, wornach die F. Mecklnburgische Cammer sich zu richten."

Am 21./31. Juli kam er nach Neustadt, wo, wie oben erwähnt, das Eisenschmelzwerk eingehend besichtigt wurde. Am folgenden Tage brach er Morgens um 5 Uhr von Neustadt auf und überschritt in der Richtung auf Perleberg zu die Landes= grenze. Er sollte das Herzogtimm Meklenburg niemals wiedersehn.

Wallenstein zog seinem Sturze entgegen. Im Reiche, besonders unter den Kurfürsten, war schon seit längerer Zeit gegen ihn eine erbitterte Stimmung hochgekommen, die ohnmächtige Wuth des von dem Stärkeren zu Boden gedrückten Schwachen. Besonders war es der Kurfürst Maximilian von Bayern, das Haupt der Liga, der unter den Fürsten sowie unter den Räthen des Kaisers den Haß gegen den übermächtigen Feldherrn schürte. Schon im Oktober 1629 3 ) beschwerte sich Wallenstein in Briefen an den Hofkriegsraths=Präsidenten, Grafen von Collalto, über die unverdiente feindselige Stimmung der Fürsten gegen ihn, die ihm nur wegen seiner dem Kaiser treu geleisteten Dienste so gram seien. Auf dem Kurfürstentage zu Regensburg, im Sommer des Jahres 1630, kam der lang genährte Unwille der Reichsfürsten gegen Wallenstein, den Vertreter der kaiserlichen absoluten Autorität, offen zum Ausbruche. Lange sträubte sich der Kaiser gegen die über des Herzogs selbstherrliche Kriegsführung empörten Kurfürsten, die zunächst eine anderweitige Besetzung des höchsten Heereskommandos, am 9./19. Juli auch die Eröffnung eines regelrechten Prozesses gegen die wider alle Reichsgesetze vergewaltigten Herzöge von Meklenburg (in Folge der Apologie!) und am 2./12. August 4 ) nochmals und dringender die Absetzung Wallensteins von der Heeresleitung und den ordentlichen Prozeß gegen die Herzöge von Meklenburg forderten. Da endlich gab der Kaiser nach, weil er, freilich vergeblich, hoffte, durch dieses Zugeständniß die Stimmen der Kurfürsten zur Wahl seines Sohnes zum römischen Könige zu erhalten. Das Oberkommando, auf das der Kurfürst Maximilian für sich gerechnet hatte, wurde an Tilly übertragen und zugleich der Krieg gegen den an der pommerschen


1) Jahrbuch 35, S. 56.
2) Jahrbuch 36, S. 49.
3) Jahrbuch 40, S. 110 und 111.
4) Ranke, Wallenstein, S. 198; Gindely, Waldstein II, S. 267 f.
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Küste gelandeten Schwedenkönig Gustav Adolf beschlossen. Von der meklenburgischen Angelegenheit wurde es, wie Jeremias Pistorius von Burgdorf den Herzögen berichtete, 1 ) wieder still. Die den Kurfürsten bei dem Zugeständniß der Absetzung Wallensteins vom Kaiser gemachte Bedingung, 2 ) daß dem entlassenen weder an seiner Ehre noch seinem Vermögen Schaden geschehen solle, wirkte entschieden erfolgreich den meklenburgischen Bestrebungen entgegen.

Ruhig und gefaßt empfing Wallenstein in Memmingen die Anzeige seiner Absetzung vom Kommando und erklärte 3 ) sogleich, er werde, wie jeder andere Reichsfürst, sein Herzogthum Meklenburg gegen die Schweden vertheidigen. Die Kurfürsten bestritten ihm jedoch das Besitzrecht an diesem Lande, da die Absetzung der Herzöge ungerecht sei; er müsse Meklenburg wieder herausgeben, wenn nicht die Herzöge durch regelrechten Prozeß des criminis laesae majestatis überführt würden. Der Kaiser ertheilte ihm auf seine Bitte um eingehenden Bescheid überhaupt keine Antwort und grollend zog sich der Herzog auf seine böhmischen Besitzungen zurück. Seine Ansprüche und Pläne auf Meklenburg aber ließ er darum doch nicht fallen. Er überwachte weiterhin von Gitschin und Prag aus scharfen Auges die Verwaltung und die Zustände seines norddeutschen Herzogthums, 4 ) dessen Schutz gegen die Schweden er seinem Statthalter dringend ans Herz legte. Daneben forderte er eingehende Berichte über Alles und schärfte dem Regenten Kustoß besonders pünktliches Einsenden der monatlich fälligen Summe im Betrage von 20 000 Thalern ein. 5 ) In den zwischen Wallenstein und dem König Gustav Adolf von Schweden, bezw. zwischen Heinrich Matthes von Thurn und dem schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna in den Jahren 1631-1633 gepflogenen, jedoch resultatlosen Friedens=Verhandlungen, an deren Authenticität man seit den Forschungen Rankes 6 ) und seit den Publikationen Hildebrands aus den Akten des schwedischen Reichs=Archivs 7 ) nicht mehr zweifeln kann, stand Meklenburg, sein Besitz


1) Schweriner Archiv, Acta invasionum host., Vol. IX (Korrespondenz des Herzogs Adolf Friedrich mit J. P. von Burgdorf).
2) Gindely, Waldstein II, S. 292, 296.
3) Ranke, Wallenstein, S. 200, Förster, Briefe II, S. 72 f.
4) Krabbe, Rostock, S. 151.
5) Förster, Wallenstein als regierender Herzog und Landesherr in Raumers Taschenbuch, Jahrgang 1834, S. 106.
6) Ranke, Wallenstein, 480.
7) E. Hildebrand, Wallenstein und seine Verbindung mit den Schweden. Aktenstücke aus dem schwedischen Reichsarchiv zu Stockholm. (  ...  )
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oder die betreffende Entschädigung bei dauerndem Verlust des Landes im Vordergrunde. Um so auffallender ist es allerdings, sagt Krabbe 1 ) mit Recht, daß er Tilly, der Meklenburg gegen Gustav Adolf vertheidigen sollte, fast gar nicht unterstützte, ja sogar an Wingersky die Weisung gab, alles überflüssige Getreide zu verkaufen und den Erlös nach Prag zu schicken. Tilly, dessen Heer durch diese Maßregeln großen Mangel litt, da er fest auf Zufuhr aus Meklenburg gerechnet hatte, beklagte sich bitter beim Kaiser darüber, und dies ist vermuthlich der Grund der im Jahre 1631 erfolgten Abberufung des Statthalters Wingersky und der bereits erwähnten Ernennung des Grafen Berthold von Wallenstein zu dessen Nachfolger gewesen.

Auch in den Verhandlungen Wallensteins mit dem Kaiser über die Wiederannahme des Generalates, die Ende 1631 begannen, spielte die Sicherstellung des meklenburgischen Besitzes eine große Rolle. In der Anstellungsurkunde vom 6./16. April 1632 2 ) bestätigte der Kaiser dem Herzoge sein Recht auf Meklenburg und gewährte ihm, da dieses von den Feinden besetzt sei, als Unterpfand das Fürstenthum Groß=Glogau. Für den Fall, daß Meklenburg endgültig verloren ginge, versprach ihm der Kaiser ein anderes Reichs=Fürstenthum gleichen Ranges und Ertrages.

Wallenstein führte auch stets noch im brieflichen Verkehr, in Urkunden und auf Münzen 3 ) den Titel eines Herzogs von Meklenburg fort. Sogar der Kaiser hielt bis zu Wallensteins Tode daran fest; obwohl er ihm durch Patent vom 14./24. Januar 1634 wiederum das Oberkommando genommen und interimistisch an Gallas übertragen, auch den Herzog von jeglichem Pardon wegen der Vorgänge bei dem Gastmahl zu Pilsen (am 2./12. Januar) ausgeschlossen hatte, adressierte er dennoch ein vertrauliches Schreiben.


(  ...  ) Frankfurt a. M. 1885. Ihm tritt nach Dresdener Archivaren bei Gädeke, Wallensteins Verhandlungen mit den Schweden und Sachsen 1631/34 (Frankfurt a. M. 1885); auch die neueren Veröffentlichungen, Irmers Verhandlungen Schwedens und seiner Verbündeten mit Wallenstein und dem Kaiser (Publ. aus dem Preuß. Staatsarch., Bd. 35, 39, 46) und Axel Oxenstiernas Skrifter och Brefvexling bestätigen das aus den zuerst genannten Schriften gewonnene Bild.
1) Krabbe, Rostock, S. 152.
2) Förster Wallensteins Prozeß, Urkunde Nr. 18; Ranke, Wallenstein, S. 238.
3) Jahrbuch 31, 3. Quartalbericht, S. 4. S. auch: Ad. Meyer, Albrecht von Wallenstein, Herzog von Friedland, und seine Münzen. Wien 1886.
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an ihn vom 3./13. Februar 1634: "An den Herzog zu Mecklen= bürg etc. .". 1 )

Hatte auch Wallenstein schließlich, durch die Macht der Ereignisse dazu gezwungen, wohl den Gedanken an den Besitz von Meklenburg aufgeben müssen, so hatte er doch niemals den Anspruch auf eine Entschädigung dafür fallen lassen. Somit befreite erst der am 15./25. Februar 1634 erfolgende gewaltsame Tod Wallensteins die meklenburgischen Herzöge endgültig von den drohenden Ansprüchen des mächtigen Mannes.

Im Separatfrieden des Kurfürsten von Sachsen mit dem Kaiser, abgeschlossen zu Prag, am 20./30. Mai 1635, gab auch) der Kaiser nach und erklärte, er wolle die beiden Herzöge, wofern sie diesen Frieden acceptirten und einem für sie besonders entworfenen Memorial nachkämen, um des allgemeinen Friedens willen und wegen der beharrlichen Interzessionen des Kurfürsten von Sachsen wiederum "zu Hulden und Gnaden aufnehmen und bei Land und Leuten ganz ruhig verbleiben lassen." Schon die dem Frieden voraufgehenden pirnaischen Punktationen hatten diesen Wortlaut enthalten, und die Herzöge, zu ihrer Annahme aufgefordert, waren in der ersten Freude über die bevorstehende Ruhe geneigt gewesen, Frieden und Memorial sofort zu acceptieren. Doch die inzwischen erlangte Kenntniß des letzteren, das eine erniedrigende Abbitte und die Zahlung von 100 000 Thalern innerhalb dreier Jahre von ihnen forderte, bewog die Herzöge, zunächst mit den protestantischen Fürsten des niedersächsischen Kreises und den Schweden, die durch die Besetzung von Wismar und Umgegend einen schweren Druck auf die freie Entschließung der Herzöge ausübten, in Unterhandlung zu treten. Das Resultat davon war ein Schreiben an den Kurfürsten von Sachsen, in dem sie den Frieden annahmen, des schwedischen Bedranges in Wismar wegen aber um Fortsetzung der Friedens=Unterhandlungen mit der Krone Schweden baten, und in einer Nachschrift zusagten, "was sönst der Friedensschluß erfordert" durch eine eigene Gesandtschaft überreichen zu lassen. Unter dem 1./11. September 1635 erfolgte darauf die zugesagte kaiserliche Huldversicherung, die ihnen verhieß, "es solle dasjenige alles, was fürüber gangen, gänzlichen vergessen sein". Mit den Schweden im Lande fertig zu werden, wurde den Herzögen selbst überlassen. 2 )

Vignette

1) Förster, Briefe III, S. 187.
2) Schweriner Archiv, Reichssachen, Prager Friede.
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3. Die Wiedereroberung des Landes durch die Herzöge.

Die vertriebenen Herzöge hatten während der Okkupation ihrer Länder nicht müßig gesessen. Es ist bereits erwähnt, 1 ) wie eifrig und weitreichend ihr Briefwechsel wegen Interzessionen von ihren sächsischen Aufenthaltsorten, nachher von Lübeck aus gewesen ist. Aber wie Wallenstein in dem Schwedenkönige mit vollem Recht den größten Gegner seiner norddeutschen Politik sah, so blickten andrerseits die Herzöge schon frühzeitig auf Gustav Adolf als ihren einzigen Retter hin.

Zwar wandten sie sich zunächst am 21./31. August 1629 hülfeflehend von ihrem Zufluchtsorte Hamsfelde bei Lübeck aus an König Christian IV. von Dänemark und baten 2 ) wenigstens um Anweisung einer ungefährdeten Wohnstätte, da sie Lübeck nicht mehr für sicher hielten. Christian, der von Wallenstein durch den Lübecker Friedenschluß gezwungen worden war, die Sache der Herzöge fallen zu lassen, erklärte 2 ) am 25. August/4. September den herzoglichen Abgesandten Moritz von der Marwitz und Simon Gabriel zur Nedden, er halte Lübeck für unbedenklich, könne ihnen auch augenblicklich keinen andern sicheren Aufenthaltsort überweisen, da seine Städte in Holstein verwüstet seien, er werde ihnen aber für die Dauer des Exils 2000 Thaler jährlich anweisen lassen.

Am 23. September/3. Oktober berichteter Simon Gabriel zur Nedden an den Herzog Adolf Friedrich ausführlich über den Erfolg seiner Sendung: er habe zuerst vom Könige keinen Schein über die zugesagten 2000 Thaler erhalten können, da das nächste einkommende Geld des Herzogthums Holstein schon den abgedankten Offizieren versprochen gewesen sei. Schließlich habe er doch noch einen Schein darüber erhalten, aber die ersten 2000 Thaler sollten erst am 13./23. Januar 1631 fällig sein; der holsteinsche Landmarschall Bussius habe ihm endlich zugesagt, der König werde etwa in vier Wochen 1000 Thaler zahlen. Für die Auszahlung dieser Summe bedankt sich Herzog Adolf Friedrich im Dezember 1629. 2 )


1) Vergl. den ersten Abschnitt.
2) Schweriner Archiv, Acta invasionum host. Vol X. (Korrespondenz der Herzöge mit Christian IV. und der Königin=Wittwe Sophie.)
2) Schweriner Archiv, Acta invasionum host. Vol X. (Korrespondenz der Herzöge mit Christian IV. und der Königin=Wittwe Sophie.)
2) Schweriner Archiv, Acta invasionum host. Vol X. (Korrespondenz der Herzöge mit Christian IV. und der Königin=Wittwe Sophie.)
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Auch an Johann Friedrich von Holstein=Gottorp, den Erzbischof von Bremen und Bischof von Lübeck, den Bruder ihrer Mutter, der sie schon früher mit Geld unterstützt hatte, wandten 1 ) sich die Herzöge mit der Bitte um Ueberlassung eines sicheren Zufluchtsortes. Erwies ihnen im September 1629 seinen Stiftshof in Lübeck zur Wohnung an und befahl seinen Amtsmännern zu Neustadt und Oldenburg (Holstein), den Hofhalt heimlich mit Lebensmitteln zu versorgen. Auch gestattete er den Herzögen die Ausübung der Jagd auf bischöflichem Gebiete bei Lübeck, warnte sie aber zugleich vor allzu ausgedehnten Ausflügen, da er, falls sie von Wallensteinschen Spionen gefangen würden, die größten Unannehmlichkeiten von Seiten der Kaiserlichen zu erwarten hätte.

So stellten diese beiden Fürsten wenigstens den einfachsten Lebensunterhalt der von ihren heimischen Einnahmequellen völlig abgeschnittenen Verbannten sicher; mehr konnten sie nicht thun. Aber für die Gestaltung der künftigen Lage kam bei der Schwäche der übrigen deutschen Fürsten und bei der erdrückenden Uebermacht Wallensteins nur Schweden in Betracht. Vorläufig war jedoch der König Gustav Adolf noch durch seinen Krieg mit Polen gefesselt und konnte den Herzögen nur durch Ertheilung von Ratschlägen helfen. Er war deshalb auch genöthigt, am 28. April/8. Mai 1628 2 ) den Herzog Adolf Friedrich zu bescheiden, er fürchte ausgelacht zu werden, wenn er jetzt für den Herzog intercedieren wolle, und würde ihm dadurch mehr schaden als nützen; er möge auf Gott vertrauen und sein Schicksal in Geduld tragen.

Im September 1629 aber schloß der König trotz aller Gegenbemühungen Wallensteins, der zuletzt sogar mit Wissen des Kaisers seinen General von Arnim mit Truppen zur Unterstützung der Polen zu König Sigismund geschickt hatte, 3 ) Frieden mit diesem und hatte nunmehr alle seine Kräfte für die bedrängten deutschen Protestanten frei. Jetzt klangen auch seine und seiner Beamten Schreiben an Herzog Adolf Friedrich ganz anders. So berichtete am 3./13. Oktober 1629 der schwedische Kammerjunker Adam von Behr 4 ) aus Stockholm an den Herzog:


1) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. IX. (Korrespondenz der Herzöge mit Johann Friedrich, Erzbischof von Bremen.)
2) Lützow III, S. 243.
3) Förster, Briefe II, S. 34, 38, 41, 42, 43, 44.
4) Schweriner Archiv, Acta invasionum host. Vol. IX. (Korresp. des schwed. Kammerjunkers Adam v. Behr und dem Herzog Adolf Friedrich.)
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Man sei dort sehr erregt über den Herzog, der sich zu nichts entschließen könne, auch sei er ja nicht, wie er versprochen habe, zum Könige gekommen; man glaube in Stockholm, der König von Dänemark habe ihn "umgetauft". Auch verachte man dort die Erniedrigung vor dem Kaiser und die fortwährenden Bittschriften an diesen, ferner daß sie jegliche Verbindung mit Dänemark leugneten, wo doch gerade das Gegenteil der Fall sei, und man hätte keine Ursache, das Unrecht zu nennen, was man recht gethan habe. Man halte das in Stockholm für Unbeständigkeit und es könnte dem Herzoge geschehen, daß er bei einem etwaigen Frieden zwischen dem Kaiser und den Schweden ebenso ausgeschlossen würde, wie bei dem Frieden zu Lübeck.

Vom 26. Oktober/5. November 1629 1 ) erhielt der Herzog Adolf Friedrich ein Schreiben Gustav Adolfs, des Inhalts, daß er Alles thun wolle, was Gott zulassen werde, zur Restituierung des fürstlichen Standes und Hauses seiner Vettern, - sowie ferner die Mittheilung aus der schwedischen Reichskanzlei, daß der König im nächsten Frühjahre seine Absicht, den Herzögen durch eine Expedition zu helfen, ausführen werde. Sie sollten ihm einstweilen den Weg bahnen, einige Orte in Meklenburg einnehmen und besetzen, die Stände und die Bevölkerung mit Güte oder Drohungen auf ihre Seite ziehen, die Gesinnung in Hamburg und Lübeck erforschen, genaue Kundschaft von der Wallensteinschen Armee einziehen und dem Könige übermitteln, sowie ihm ihren Rath für den günstigsten Platz zum Einfall in Meklenburg ertheilen. Auch dürften sie inskünftig in den Schreiben an den Kaiser sich nicht mehr Unrecht geben, als ihrer Reputation zuträglich sei, sondern sollten das schwarz nennen, was schwarz sei und die Sache nicht ärger machen, als sie bereits wäre. Im Geheimen erkundigte sich Gustav Adolf danach, ob sie etwa Geld und wie viel sie brauchten.

Der Herzog Adolf Friedrich berichtete dem Könige im Dezember 1629 durch seinen Rath Moritz von der Marwitz von der zwischen Hamburg und Lübeck getroffenen geheimen Einigung, 2 ) daß man, wenn er in Deutschland angekommen sei, dem Feinde die Zufuhr abschneiden werde, ferner, daß Pommern und Brandenburg nach Befreiung von den kaiserlichen Truppen seufzten. Sie selbst, die Herzöge, seien von ganzem Herzen zum kräftigen Handeln bereit, dürften aber, von allen Seiten von Aufpassern


1) Lützow III, S. 244 f.
2) Lützow III, S. 246.
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umgeben, jetzt noch keinen entscheidenden Schritt unternehmen, ehe der König nicht selbst im Lande sei; auch in Mecklenburg werde dann erst etwas anzufangen sein. Am 6./16. Januar 1630 1 ) meldete dann Adolf Friedrich dem Könige, daß er Wismar und Rostock für die geeignetsten Angriffspunkte halte, indessen verflog dieser Kampfesmuth der Herzöge bald. Trotz ihrer Versicherung, daß sie bereit seien, sich mit Waffengewalt ihr Recht zu verschaffen, theilten beide Herzöge in unbegreiflicher Verzagtheit und Schwäche am 15./25. März 2 ) dem Könige mit, daß sie zu dem vom Kaiser anberaumten Kurfürstentage nach Regensburg einen Abgesandten schicken würden, um nochmals den Versuch zu machen, auf friedlichem Wege ihre Restitution zu erlangen.

Seiner am 26. Oktober/5. November 1629 dem Herzoge Adolf Friedrich gegebenen Zusage gemäß eröffnete Gustav Adolf im Sommer 1630 den Kampf gegen den Kaiser. Das rechtswidrige Verfahren gegen seine Vettern, die Herzöge von Meklenburg, die vom Kaiser den Polen geleistete Kriegshülfe, die Ernennung Wallensteins zum General des baltischen Meeres, über welches Schweden die Oberherrschaft beanspruchte, sowie endlich die schmähliche Zurückweisung seiner Gesandten seitens Wallensteins von den Friedensverhandlungen zu Lübeck, alle diese Kränkungen und Angriffe gaben ihm sicherlich ein Recht dazu, mit Waffengewalt gegen den Kaiser vorzugehen und in die verworrenen deutschen Verhältnisse einzugreifen. Das Ultimatum, das er an den Kaiser stellte, lautete 3 ) auf Räumung Nieder= und Obersachsens, Pommerns und der Ostseehäfen, Wiedereinsetzung der Herzöge und Aufhebung des Restitutionsedikts. Diese Bedingungen waren für den Kaiser natürlicher Weise unannehmbar, und der König landete am 24. Juni/4. Juli 1630 mit 15 000 Mann bei der Insel Ruden an der pommerschen Küste vor der Mündung der Peene. Am 30. Juni/10. Juli 4 ) zeigte er dem Herzog Adolf Friedrich seine vollzogene Landung an und forderte die protestantischen Fürsten Deutschlands zur Vereinigung und zum Kampfe gegen den Katholizismus auf. Aber der Ruf verhallte zunächst wirkungslos, so sehnsüchtig auch der König von Vielen herbeigesehnt war. Besonders die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen hielten Norddeutschland durch


1) Lützow IIl, S. 247.
2) Lützow III, S. 249.
3) Lützow III, S. 255.
4) Lützow III, S. 257.
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ihre zaudernde und schwankende Politik von jeder entschlossenen That zurück. Am 5./15. Oktober 1630 1 ) baten die Herzöge den Kurfürsten von Sachsen um Rath: sie hätten bisher noch nicht Partei ergriffen, da sie den Entscheid des Regensburger Tages erst hätten abwarten wollen; man schiene sie aber mit leeren Hoffnungen gerne hinzuhalten, um sie zu zwingen, dem Schweden die Hand zu reichen, um dadurch das Vorgehen des Kaisers gegen sie gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Erregter schon klingt das Memoriale 1 ), das ihr Rath Hartwig von Passow am 10./20. Januar 1631 für seine Verhandlungen mit dem Kurfürsten von Sachsen erhielt: Ihre Angelegenheit sei zwar von allen Kurfürsten dem Kaiser ans Herz gelegt worden, aber ihre Apologie habe man gewaltsam zu unterdrücken versucht. Sie hätten sich deshalb jetzt an Schweden gewandt, um wenigstens wieder zu ihrem Eigenthum zu gelangen. Und zum Schlusse erhielt Passow die Instruktion, wenn der Kurfürst zu fernerer Geduld riethe, solle er ihm entgegnen, daß nunmehr gar kein Grund zu "weiterer patientz" vorhanden sei. - Der Kurfürst von Sachsen antwortete kühl, er halte es für übereilt, daß sie nicht den Ausgang des Kurfürstentages abgewartet, sondern sich schon vorher allzuviel mit den Schweden eingelassen hätten. Und wirklich ließen sich dadurch die Herzöge nochmals bestimmen, ihr Zaudern fortzusetzen. In Süddeutschland begriff man dieses Schwanken gar nicht. So berichtete am 4./14. September 1630 2 ) ihr Agent Jeremias Pistorius von Burgdorf aus Regensburg, man glaube dort allgemein, die Herzöge seien bei den Schweden, und dieser Irrthum sei kaum zu zerstören.

Indessen hatte Gustav Adolf nach verschiedenen schnellen Erfolgen in Pommern die meklenburgische Grenze im äußersten Nordosten überschritten und Ribnitz besetzt, von wo aus er am 28. September/8. Oktober 1630 3 ) ein geharnischtes Schreiben an alle Meklenburger und ein besonderes an die Stadt Rostock richtete, mit der Aufforderung, den schmählichen Abfall von ihrem angestammten Fürstenhause dadurch wieder gut zu machen, daß sie die Waffen ergriffen und die fremden Eroberer und ihre Mitschuldigen erschlügen oder aus dem Lande jagten. Allein die Wallensteinsche


1) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. X. (Korrespondenz der Herzöge mit dem Kurfürsten von Sachsen.)
1) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. X. (Korrespondenz der Herzöge mit dem Kurfürsten von Sachsen.)
2) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. X. (Manualakten des J. P. v. Burgdorf.)
3) Lützow III, S. 258.
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Herrschaft war noch, besonders in den größeren Städten, zu stark, da die Besatzungen von Wismar und Rostock seit der Uebergabe an Wallenstein von 1000 auf etwa 3000 Mann gebracht, die Bürger dagegen entwaffnet worden waren. Der erste Ansturm Gustav Adolfs gegen die kaiserlsche bezw. Wallensteinsche Macht in Meklenburg war also gescheitert. Dagegen war es im Südwesten des Landes dem Herzog Franz Carl von Sachsen=Lauenburg gelungen, 1 ) die Orte Lauenburg und Boizenburg zu besetzen. Doch war auch diese Unternehmung nicht von dauerndem Erfolge begleitet, da Franz Carl, von den meklenburgischen Herzögen nur ganz ungenügend unterstützt, die gewonnenen Plätze wieder aufgeben mußte. Er besetzte darauf Ratzeburg, das ihm aber von Pappenheim wieder entrissen wurde, wobei er selbst in dessen Gefangenschaft gerieth. Die meklenburgischen Herzöge erklärten zwar öfters ihren guten Willen, sich thatsächlich dem Könige von Schweden anzuschließen, mußten aber auch stets hinzufügen, es mangele ihnen vollkommen an Geld und Werbeplätzen. Sie schickten deshalb am 14./24. Dezember 1630 2 ) ihren Obersten Wilhelm von Calckum, genannt Lohausen, den eigentlichen Leiter und die Seele der späteren kriegerischen Unternehmungen in Meklenburg, an König Christian IV. mit der Bitte um Anweisung, eines Werbeplatzes. Der König gab mehrfach ausweichende Antworten. Am 29. Januar/8. Februar 1631 erteilte er endlich dem zäh unterhandelnden Lohausen den Bescheid: man müsse weitere Erfolge Gustav Adolfe sowie die Beschlüsse der zum Februar vom Kurfürsten von Sachsen nach Leipzig zusammenberufenen evangelischen Fürsten abwarten. Einen Werbeplatz aber könne er nicht geben, da seine Länder nicht im Stande waren, 12000 Mann zu ernähren. Auch der Herzog von Holstein 2 ) verwies die Herzöge am 22. Februar/4. März 1631 zur Geduld. Diese noch schwebenden Verhandlungen waren auch der Grund dafür, daß die Herzöge den mehrfachen Aufforderungen Gustav Adolfs (im Januar und Februar) zum Anschlüsse 3 ) nicht Folge leisteten, sondern ausweichend antworteten und wieder den Mangel an Sammelplätzen und Geld vorschützten. Da theilte am 23. März/2. April 4 )


1) Schulenburg, S. 119.
2) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. IX. (Sendung von Lohausens an König Christian IV.)
2) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. IX. (Sendung von Lohausens an König Christian IV.)
3) Lützow III, S. 262.
4) Schweriner Archiv, Akten des Herzogs Johann Albrecht, enthaltend dessen Korrespondenz mit Dr. Jakob Steinberg.
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1631 der schwedische Geheim=Gesandte in Hamburg, Dr. Jakob Steinberg, der mit den Herzögen schon seit längerer Zeit in Korrespondenz stand, dem Herzoge Johann Albrecht mit, Gustav Adolf wolle ihm nicht nur ohne Obligation die Werbegelder für zwei oder drei Fußregimenter vorschießen, sondern ihm auch von seinen Truppen Reiterei und Fürstvolk zur Verfügung stellen, wünsche aber, mit dem Herzoge persönlich zu verhandeln. Dieser beschloß, da der Konvent der protestantischen Fürsten zu Leipzig für ihre Sache völlig ergebnißlos verlaufen war, dem Rufe des Königs Folge zu leisten und reiste auf einem schwedischen Kriegsschiffe nach Stettin, wo er am 21. April/1. Mai 1 ) eintraf und von Steinberg die Weisung übermittelt erhielt, sich sogleich zum Könige zu verfügen, um mit diesem sich über die Allianzbedingungen zu einigen. Gustav Adolf hatte indessen im Januar zu Bärwalde mit Frankreich einen Subsidienvertrag auf 400 000 Thaler abgeschlossen, hatte die Mark Brandenburg von den Kaiserlichen gesäubert und im April Frankfurt a. O. sowie Landsberg a. W. genommen, während seine Offiziere in Brandenburg und Meklenburg die kleineren Landstädte besetzten. 2 ) Der Herzog Johann Albrecht traf den König am 4./14. Mai in Kölln an der Spree und schloß mit ihm am 6./16. Mai zu Spandau einen Bündnißvertrag ab. Danach wollte Gustav Adolf sofort anordnen, daß dem Herzoge in Hamburg die Werbegelder für drei Regimenter Infanterie ausbezahlt würden. Der Herzog solle in des Königs Namen werben und Führer dieses Heeres sein, stets aber unter dem Oberkommando des Königs stehen und den schwedischen General Achatius Tott, dessen Truppen für Meklenburg aber erst nach dem Falle Greifswalds verfügbar seien, als militärischen Beirath neben sich haben. Johann Albrecht überließ die Durchführung der Belagerung von Greifswald dem General Tott, meldete am 12./22. Mai 3 ) von Greifenhagen (Pommern) aus seinem Bruder Adolf Friedrich, er sei auf der schleunigen Heimreise nach Lübeck, und bat ihn, den schwedischen Gesandten Salvius in Hamburg zu veranlassen, nunmehr die von Gustav Adolf bewilligten Werbegelder unverzüglich auszuzahlen.

Sofort nach dem Falle Greifswalds, der am 15./25. Juni


1) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV. (Korrespondenz zwischen den beiden Herzögen.)
2) So der Rittmeister Johann von Moltke das Städtchen Malchin. (Lützow III, S. 264.)
3) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV. (Korrespondenz zwischen den beiden Herzögen.)
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erfolgte, erhielt Tott vom Könige den Befehl, mit seinen Truppen in Meklenburg einzurücken. Er schickte seinen Obersten Pauli 1 ) voraus, der, wie ein Anonymus dem Herzog Johann Albrecht mittheilte, 2 ) ohne Widerstand zu finden, Güstrow am 19./29. Juni besetzte. Aber der Aufbruch der Herzöge verzögerte sich, vermuthlich durch den langsamen Fortgang der Werbungen, noch fast einen Monat. Am 17. 27. Juli brachen beide endlich aus Lübeck auf und jeder eilte zunächst nach seiner Residenz. Adolf Friedrich mußte die seinige erst mit Waffengewalt nehmen. Am 17./27. 3 ) Juli kam der Herzog bis Gadebusch, an den beiden folgenden Tagen marschierte er über Langenbrütz gegen Schwerin, dem er sich vom Spielthun (Spielthor) her näherte. Am Schmiedethor kam es zum kurzen Straßenkampf, bei dem auf beiden Seiten einige Leute fielen. Der Feind wurde ins Schloß zurückgeworfen, wo er sich - etwa zweihundert Mann stark - verschanzte und unter dem Kommando der Hauptleute Kelli und Milatz zehn Tage lang hielt. Als jedoch die Schweden vom Ostorfer Berge aus das Schloß mit Kanonen beschossen, kapitulirte die Besatzung am 29. Juli/8. August und zog am folgenden Tage, zum größten Aerger der herzoglichen Truppen, die auf reiche Beute gerechnet hatten, mit allen Ehren ab. Die Mehrzahl der Kaiserlichen trat sofort in das herzogliche bezw. schwedische Heer ein, Kelli marschierte mit einem kleinen Rest nach Dömitz, Milatz wurde nach Wismar geleitet. Während dieser zehntägigen Belagerung des Schlosses bat Herzog Adolf Friedrich mehrfach den General Tott um Truppen, besonders um Reiterei und Geschütze. Jedoch gab Tott stets an, er könne nichts entbehren, da er vom Könige strengen Befehl erhalten habe, alle verfügbaren Truppen zum königlichen Hauptquartier zu schicken. Auch der Herzog Johann Albrecht, der am 21./31. Juli 4 ) still und ohne jedes jubelnde Gepränge in Güstrow eingezogen war, klagte bitter über Truppenmangel, der ihn daran hindere, sofort mit Aussicht auf Erfolg gegen Rostock vorzugehen. Es war aber nichts gegen den Willen des schwedischen Generals zu thun. Schrieb doch selbst Gustav Adolf, und zwar mit vollem Recht, aus dem Lager bei Werben am 31. Juli/10. August 5 ) an den Herzog Adolf Friedrich, er


1) Schulenburg, S. 127.
2) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV.
3) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV (betreffend Eroberung der Stadt Schwerin durch Herzog Adolf Friedrich, 1631).
4) Jahrbuch 35, S. 90.
5) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV. (Eroberung der Stadt Schwerin durch Herzog Adolf Friedrich, 1631.)
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werde einsehen, daß Meklenburgs Heil jetzt nicht auf der Konservirung etlicher meklenburgischer Quartiere beruhe, sondern auf der Stärke des königlichen Hauptheeres; dieses aber bedürfe sehr der Ergänzung. Tilly sei von ihm gehörig abgewiesen und wolle sich nun mit aller Macht gegen Meklenburg wenden, werde aber auch hier die ganze Kraft der schwedischen Armee spüren. Er rieth dem Herzoge, alles Vieh und Getreide in feste Orte, wie Plau, Malchin, Bützow u. A. zu bringen, dann werde dem im Rücken heftig bedrängten Feinde schon bald die Lust an Meklenburg vergehen; er (der König) müsse aber deshalb unbedingt die Reiterei haben.

Zum Glück für Meklenburg erfüllten sich diese Befürchtungen Gustav Adolfs nicht!

Mit Tott hatten die Herzöge während dieser Zeit der Wiedereroberung des Landes noch öfters im stillen zu kämpfen; sein starrer Eigensinn, oft unterstützt durch die strengen Weisungen Gustav Adolfs, die er dann genau dem Wortlaute nach befolgte, ohne sich um die Veränderung der zeitlichen und sachlichen Umstände zu bekümmern, machte den Herzögen und ihrem General Lohausen oft böse Stunden. Auch folgender Vorfall wirft grade kein gutes Licht auf die Stellung der Parteien zu einander. Am 4./14. Januar 1632 1 ) theilte Adolf Friedrich, der im königlichen Hauptquartier weilte, entrüstet seinem Bruder mit, Tott habe sie gewaltig beim Könige angeschwärzt und man glaube hier seinen Lügen mehr, als den Beteuerungen des Herzogs. Tott habe nämlich den meklenburgischen Oberst Dietrich von Gortzsche beim Könige verklagt, er hätte die Schotten nicht durch das eroberte Rostock marschieren lassen und diese dadurch gezwungen, bei der Umgehung der Stadt bis an den Hals im Wasser zu waten. Dazu habe Tott die Abschrift eines Gortzscheschen Schreibens gefügt, woraus hervorgehe, daß er dieses auf gemessenen Befehl des Herzogs Johann Albrecht gethan habe. Der König sei sehr erbittert, habe ihm, dem Herzoge Adolf Friedrich, allerstrengste Bestrafung Gortzsches anbefohlen und sei kaum zu beruhigen; Johann Albrecht und Oberst Gortzsche möchten sofort wahrheitsgetreue Berichte über diese Angelegenheit einsenden. Der Ausgang dieser unangenehmen Sache ist aus den Akten nicht zu ersehen, scheint, aber, wenn man das spätere Verhalten Gustav Adolfs


1) Schweriner Archiv, Akten, betreffend die schwedischen Hülfstruppen, 1631-33.
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den Herzögen gegenüber in Erwägung zieht, für Tott nicht gerade günstig gewesen zu sein.

Ende August endlich war die Truppenmacht wieder stark genug, um zum Angriffe gegen Rostock, das nach Ermordung des Obersten von Hatzfeld (am 22. Januar/1. Februar 1631) vom General von Virmont und Wallensteins Statthalter und Neffen Berthold von Wallenstein vertheidigt wurde, vorgehen zu können. Herzog Johann Albrecht, der vor Rostock das Oberkommando führte, meldete am 27. August/6. September 1 ) seinem Bruder die durch Beschießung sowie durch Meuterei der Besatzung erfolgte Einnahme der Warnemünder Schanze. Resignirt fügte er hinzu: er habe sie nur mit schwedischen Truppen besetzt, da der König es doch verlange, überhaupt sich die Verfügung über Meklenburg vorbehalten werde.

Am 29. August/8. September schrieb Lohausen 2 ) an den Herzog Adolf Friedrich, er solle möglichst bald kommen, da Rostock binnen kurzem fallen werde und doch beiden Herzögen gemeinsam zuständig sei. Die Besatzung scheine nicht mehr sehr kampfesfreudig zu sein, man habe vor kurzem an Virmonts Hause folgenden Drohreim gelesen:

"Pumpernickel wil nit mehr dantzen,
Rostocker Soldat nit mehr schantzen,
Virmondt behelt allein das geldt,
Der ziehe auch allein zu feldt."

Am selben Tage bat auch Tott den Herzog Adolf Friedrich um seine Gegenwart vor Rostock sowie um Ueberlassung des nach Dömitz bestimmten Regiments Dumenys, da sie vor Rostock etwas schwach seien. Am 2./12. September 2 ) meldete ihm der Herzog seine demnächstige Ankunft im Feldlager an; die andere Bitte aber müsse er ihm abschlagen, da dieses Regiment Boizenburg und Lauenburg besetzen solle. Was er sonst noch an Truppen habe, sei zur Beobachtung und Straßensperrung gegen Wismar und Dömitz unbedingt nöthig.

Noch im Verlaufe des September begab sich Adolf Friedrich in das Feldlager vor Rostock und ließ den Major Elias Arcischoff von Arcischoffsky in Schwerin als Kommandanten zurück. Am


1) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV. (Eroberung der Warnemünder Schanze, 1631.)
2) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV (betreffend Belagerung und Eroberung Rostocks, 1631).
2) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV (betreffend Belagerung und Eroberung Rostocks, 1631).
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17./27. d. Mts. 1 ) forderte er den General von Virmont zur Ergebung auf, was dieser am folgenden Tage mit der Begründung ablehnte, er wolle warten, bis er weiteres von der kaiserlichen Armee wisse. Nachdem er jedoch sichere Nachricht von der schweren Niederlage Tillys bei Leipzig erhalten hatte, erklärte er sich zur Kapitulation bereit. Sie wurde am 4./14. Oktober auf folgende Bedingungen hin abgeschlossen: 1 ) Virmont und seine Truppen erhielten freien Abzug mit allen kriegerischen Ehren nach irgend einer kaiserlichen Garnison der Wesergegend, die Gefangenen sollten ausgetauscht werden, die Festungswerke unverletzt bleiben. Auch sollte dieser Vertrag der Besatzung von Wismar mitgetheilt werden, um sie zu einem gleichen zu veranlassen. Leben und Habe des Statthalters Berthold von Wallenstein, Gebhard von Moltkes und des Kanzlers von Eltz blieben unangetastet, auch erhielten die Wallensteinschen Beamten freien Abzug. Dagegen wurde, was von Wallensteins Privatbesitz noch da war, von den Herzögen mit Beschlag belegt, da er auch ihnen so vieles geraubt habe. Die Bürgerschaft mußte sämmtliche Feuerwaffen abgeben, blieb aber von Plünderung verschont.

Am 6./16. Oktober rückte Virmont ab, am selben Tage zogen die Herzöge in Rostock ein. Doch schon am 11./21. d. Mts. brachen die Truppen gegen Wismar auf, das dem Kommando des Obersten Gramm (Gramb), eines, wie es scheint, verwegenen Haudegens, unterstand. Er hatte die Stadt und die in der Wismarschen Bucht liegende Insel Walfisch stark befestigt und in aller Eile ausreichend verproviantirt, und blickte dem Angriffe der Herzöge und der Schweden in Ruhe entgegen. Geschickt und kraftvoll vertheidigte er sich, sah aber schließlich doch ein, daß er ohne Unterstützung sich nicht mehr lange würde halten können, zumal der schwedische Admiral Erich Ryning ihm zur See jegliche Zufuhr von Truppen und Lebensmitteln abschnitt. Er eröffnete daher die Kapitulationsverhandlungen und bat, ihn einen Offizier an den General von Tieffenbach abschicken zu lassen, um sich Sicherheit über die Wirkung der Schlacht bei Leipzig und Rath für seine Lage zu holen. Dieses Verlangen wurde ihm am 16./26. November bewilligt und zugleich ein Waffenstillstand auf vier Wochen abgeschlossen.

Während desselben zog ein größerer 2 ) Theil der schwedischen


1) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV (betreffend Belagerung und Eroberung Rostocks, 1631).
1) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV (betreffend Belagerung und Eroberung Rostocks, 1631).
2) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV (betreffend Belagerung und Eroberung von Wismar, 1631/32).
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Belagerungstruppen ab, um die Kaiserlichen aus dem Erzstifte Bremen zu verjagen. Auch Lohausen verließ mit 200 Mann das Lager vor Wismar, um die Festung Dömitz, 1 ) die bisher nur scharf beobachtet war, nun ernstlich zu belagern. Der dort kommandirende Oberstleutnant Straube erkannte bald, daß er sich mit seinen zweihundert Mann ohne jede Aussicht auf Entsatz nicht gut verteidigen könnte und ein weiterer Widerstand zwecklos wäre; er kapitulierte und zog am 19./29. Dezember nach der Wesergegend hin ab.

In denselben Tagen kam auch Gramms Bote vom General Tieffenbach zurück; der Erfolg seiner Nachricht war, daß die Kapitulation Wismars 2 ) am 7./17. Januar 1632 vollzogen wurde. Schwedischerseits unterzeichneten sie Achatius von Tott und Wilhelm von Lohausen. Danach erhielten die Besatzungen von Wismar und des Walfischs, zusammen etwa 3200 Mann, freien Abzug mit allen kriegerischen Ehren; dagegen wurden die unter Jacques de Febure im Hafen liegenden kaiserlich=spanischen Schiffe nicht freigegeben. Bei dem Abzuge verging sich Gramm schwer gegen die Kapitulationsbedingungen, indem er mehr Geschütze und Munition mitnahm, als ihm erlaubt war; auch ließ er einen schwedischen Offizier, der einige der Kaiserlichen zum Ueberlaufen verführen wollte, niederschießen. Auf die Kunde hiervon befahl Tott den Abziehenden nachzusetzen. Gramm wurde gefangen genommen und nach Greifswald in scharfe Haft geschickt, der größte Theil seiner Leute trat sofort in schwedische Dienste, der Rest marschierte nach Schlesien ab. Erich Ryning wurde trotz der Bemühungen der Herzöge, die Lohausen zum Kommandanten in Wismar haben wollten, Gouverneur dieser Stadt, die ebenso wie Zoll und Schanze vor Warnemünde von Gustav Adolf für sich mit Beschlag belegt wurde.

Meklenburg war nun völlig von den Feinden gesäubert und die Herzöge waren wieder, soweit die Schweden dies zuließen, die Herren des Landes. Aber sie hatten in der Zeit ihres Exils nichts vergessen und - nichts gelernt. Sie begingen, als sie sich in ihrem Lande wieder sicher fühlten, Fehler über Fehler. Sie reizten die Stände durch beleidigende Reden, warfen ihnen Allen Treulosigkeit und Verrath an ihren Landesherren vor.


1) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV (betreffend Belagerung und Eroberung von Dömitz, 1631).
2) Schweriner Archiv, Acta invas. host. Vol. XIV. (Belagerung und Eroberung von Wismar 1631/32.)
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Und als die Stände 1 ) diese ungerechten Beschuldigungen empört und unwillig zurückwiesen und Angabe der Namen verlangten, erklärten die Herzöge ausweichend, die Schuldigen würden ihrer Strafe nicht entgehen. Jeder, der Wallenstein irgendwie gedient hatte, galt den Herzögen als Hochverräther, gleichgültig, aus welchen Gründen er ein Amt von dem Eroberer angenommen hatte. Hans Heinrich von der Lühe, Ulrich von Pentz, Otto von Preen, Gebhard von Moltke, Balthasar von Moltke, Albrecht Dietrich von Plessen und viele andere bürgerliche Meklenburger, die theils freiwillig im Interesse ihres Heimathlandes, theils gezwungen Wallensteins Dienste genommen hatten, wurden gefänglich eingezogen, auf das peinlichste befragt, oft über die kleinlichsten und unbedeutendsten Dinge wochenlang verhört, zum Theil auch ihrer Güter beraubt und des Landes verwiesen. Noch schlimmer erging es einigen Wallensteinschen Beamten, die nicht Meklenburger waren. So wurde der Regent Heinrich Kustoß, 2 ) der von einer schwedischen Partei im Juli 1630 gefangen und von Gustav Adolf den Herzögen "geschenkt" worden war, vorläufig in Greifswald, dann in Rostock und später in Güstrow eingekerkert. Die Herzöge ließen ihn bis auf die Einzelheiten nach allen Vorgängen während Wallensteins Regierung und nach allen dabei betheiligten Personen verhören, wobei sie ihn besonders mit Hans Heinrich von der Lühe und Ulrich von Pentz konfrontierten, um auch diese ihrer Schuld zu überführen. Trotz zahlreicher für ihn eingelaufener Intercessionen und obwohl er sofort die Summe von 12400 Thaler als Ranzion auf ein Lübecker Kaufhaus anwies und zur Verfügung stellte, wurde er doch etwa drei Jahre lang gefangen gehalten, bis er schließlich, nachdem nichts Neues mehr von ihm zu erfahren war, gegen Erlegung der Ranzion des Landes verwiesen wurde. 3 )

Gingen die Herzöge hier, von persönlicher Rachsucht getrieben, zu scharf vor, so vernichteten sie andrerseits durch allzu große Schwäche, was der fremde Usurpator Ersprießliches in Meklenburg gestiftet hatte. Wir haben schon gesehen, daß


1) Spalding II, S. 221.
2) Schweriner Archiv, Untersuchungsakten gegen den Kammerregenten Heinrich Kustoß und Konsorten.
3) Er begab sich sofort wieder in Wallensteins Dienste und wurde von diesem 1633 als Generalkommissar in die Fürstenthümer Groß=Glogau und Sagan geschickt. (Arthur Heinrich, Wallenstein als Herzog von Sagan. S. 96.)
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Wallensteins Postordnung sowie seine Armenversorgung bald nach dem Untergange seiner Herrschaft spurlos verschwanden. Andererseits begannen die von Wallenstein niedergedrückten Stände den Herzögen gegenüber wieder ihr Haupt zu erheben und das in Zeiten der Noth und Verschuldung der Landesherren ertrotzte Recht der Steuerbewilligung zurück zu verlangen. Wallenstein war der Mann dazu, ein geregeltes Steuerwesen im Lande einzuführen, er brach die Stände, wenn sie sich nicht beugten, - unter der Herzöge Regiment fing sofort nach der Wiedereroberung des Landes von neuem der alte und widrige Streit um die Veranlagung und Höhe der Steuern an, in dessen Verlaufe natürlich dann an Landesteuern garnichts oder nur wenig und das noch sehr unregelmäßig einkam.

Auch die Rechtspflege machte einen schlimmen Schritt rückwärts. Sofort nach dem Einzuge der Herzöge hörte der geregelte Instanzenzug der Wallensteinschen Zeit auf 1 ) und bald war alles wieder im alten Schlendrian. Noch 1632 rieth der schwedische Gesandte Salvius den Herzögen, das Privilegium de plane non appellando sich zu erhalten und nicht den Ständen preiszugeben. Aber bei der am 6./16. Dezember 1633 zu Güstrow vollzogenen Huldigung wurde es gar nicht besonders erwähnt. Es hieß einfach: der ganze Prozeß gegen die Herzöge sei ungerecht gewesen, alles was damit zusammenhinge und daraus gefolgt sei, sei als unrechtmäßig zu vertilgen und wieder in den vorigen rechtmäßigen Zustand zu bringen. Das Gesuch der Ritterschaft um Wiederbestellung des alten Land= und Hofgerichts wurde bewilligt. Am 18./28. Dezember 1634 befahlen die Herzöge, die Prozesse, die noch bei dem ehemaligen Wallensteinschen Appellationsgericht anhängig gewesen und auf sie überkommen wären, an Juristenfakultäten zur Einholung eines unanfechtbaren Urtheils zu verschicken. Später allerdings bereute man diesen reaktionären Schritt: bereits am 28. Oktober/7. November 1651 erwarben die Herzöge Adolf Friedrich und Gustav Adolf ein neues Privilegium de non appellando für Angelegenheiten bis zur Werthhöhe von 2000 Gulden, und dabei blieb es bis zum Frieden zu Teschen (1779), in dem die meklenburgischen Herzöge gegen Verzicht auf ihre Erbansprüche an die Landgrafschaft Leuchtenberg vom Kaiser das volle Privilegium de non appellando zugesagt erhielten. Jedoch zog sich die endgültige Regelung


1) Jahrbuch 36, S. 12 f.
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dieser Sache in Folge des heftigen Widerstandes der Stände noch fast drei Dezennien hin und fand durch den Untergang des Reiches und seines Gerichts im Jahre 1806 von selbst ihre Erledigung. Erst im Jahre 1818 wurde das meklenburgische Ober=Appellationsgericht begründet und dadurch ein Rechtszustand geschaffen, den man vor nahezu 200 Jahren wissentlich sich hatte entziehen lassen.

Auch die segensreichste Schöpfung Wallensteins, die Kammer mit ihrer Sonderstellung als Kollegium, verschwand 1 ) vollkommen durch die von den Herzögen gegen die Wallensteinschen Einrichtungen systematisch durchgeführte Reaktion. Erst 1653 bestellte der Herzog Adolf Friedrich wieder einige Kammerräthe und ernannte Valentin von Lützow zum Kammerdirektor, um "das seit einiger Zeit in Konfusion gerathene Kammerwesen wieder in Richtigkeit zu bringen". Allein das vollständige und gesonderte Kammerkollegium erscheint erst wieder gegen Ende des 17. Jahrhunderts unter dem Herzoge Christian I. Ludwig.

So ging die kurze Fremdherrschaft dahin, ohne irgendwie äußerliche sichtbare Spuren zu hinterlassen. Die Regierungs= und Verwaltungsmaßnahmen Wallensteins hätten bei ihrer einheitlichen straffen Form sicherlich einen günstigen Einfluß auf die Entwicklung Meklenburgs ausgeübt, und es liegt eine grausame Schicksals=Ironie in der Thatsache, daß die so segensreichen Einrichtungen des verhaßten Feindes von den dem Lande angestammten Fürsten in blindem Uebereifer von Grund aus vernichtet wurden.

Ein Gutes jedoch hat die Herrschaft Wallensteins für Meklenburg im Gefolge gehabt, was auch die grimmigste Reaktion der Herzöge nicht beseitigen konnte: sie hat dem Lande fast zwei Jahre hindurch Ruhe vor den verheerenden Stürmen des Krieges gegeben. Doch es sollte nur ein kurzer Aufathmen gewesen sein. Denn bald schon nach der Wiedereroberung durch die Herzöge und nach dem Tode des Königs Gustav Adolf wurde Meklenburg viele Jahre hindurch der Schauplatz der gräßlichsten Verwüstungen, und am schlimmsten dabei trieben es die beim Prager Frieden im Stich gelassenen ehemaligen Verbündeten der Fürsten, die Schweden, - die Befreier von dem Joche Wallensteins.

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1) Jahrbuch 13, S. 202.