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1.

Die Wappen in der Kirche zu Sternberg.

Von Dr. Crull.

Bei Gelegenheit der Neuherstellung der Kirche zu Sternberg fand man beim Säubern derselben von Tünche die schrägen Seiten der achteckigen Pfeiler bis etwa zur halben Höhe hinauf mit einem geometrischen Ornamente in Weiß, Roth und Schwarz bemalt, eine Dekoration, welche mit einer rechteckigen geputzten Fläche abschloß, auf die je ein dreiseitiger Wappenschild gemalt war und zwar so, daß derselbe Schild immer mehrfach vorkam. Da acht freie Pfeiler und vier halbe, an die Ost= und die Westwand sich schließende vorhanden sind, so würden sich demnach 40 Schilde ergeben, doch sind beim Anbringen der neuen Kanzel zwei und durch den Einbau der Orgelempore deren vier zerstört worden, so daß jetzt nur noch 34 oder vielmehr, da ein Rechteck auf der südlichen Seite des ersten Pfeilers der südlichen Reihe nicht mit einem Schilde, sondern mit einer Darstellung aus der Heiligengeschichte bemalt ist, nur 33 erhalten sind.

Es finden sich folgende verschiedene Wappenbilder:

a. Zwei quergelegte Hirschstangen, schwarz in Weiß;

b. eine schrägegelegte gespannte Armbrust, roth, auf einem von Weiß und Schwarz getheilten Felde;

c. von Weiß und Roth getheilt;

d. ein Flügel mit aufwärts gerichteten Schwungfedern, weiß in Roth;

e. ein getreppter Giebel, schwarz in Weiß;

f. ein halber steigender Bock, roth in Weiß;

g. ein getreppter Sparren, weiß in Roth, begleitet von drei blauen Pfeileisen (?), deren obere einander zugeneigt sind;

h. in Roth ein weißes gemeines und Schräg=Kreuz ("Doppelkreuz"), belegt mit grüner Blattranke;

i. ein siebenstrahliger Stern, weiß in Schwarz;

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k. drei Zangen, eine Schmiedezange zwischen zwei anderen, schräge gelegt, roth in Weiß;

l. ein Schrägbalken, weiß in Schwarz, belegt mit einer schwarzen Ranke;

m. vier in der Mitte vereinigte Hahnenfederbüsche, schrägkreuzartig angeordnet, schwarz in Weiß;

n. durch eine (conturirte) weiße Weinranke von Weiß und Schwarz schräge getheilt;

o. ein aufgerichteter Greif, roth in Weiß.

Von diesen bislang völlig unbekannten Wappenschilden fanden sich i fünf Mal, d und g vier Mal, h und m ein Mal, alle übrigen zwei Mal, und zwar in nebenstehender Anordnung, in welcher die Zahlen die Schilde anzeigen, welche zerstört sind, das Kreuz die Stelle, wo statt eines Schildes ein Bild sich findet.

Anordnung der Wappen

Aus dieser Uebersicht ergiebt sich, daß die 14 Schilde nicht etwa aus bloß dekorativen Gründen beliebig durch einander, vielmehr alle paarig oder zweipaarig neben einander wiederholt sind, und daß ohne Zweifel f an Stelle 1, h an 2 sich wiederfand, sowie daß 3 = c, 4 = o, 5 = i und 6 = m gewesen ist, wonach kein Schild für uns verloren sein würde.

Welche Bedeutung haben nun diese Schilde? Die wahrscheinlichste und, wie mich dünkt, allein mögliche Erklärung für das Anbringen derselben wird sie sein, daß sie das Andenken an diejenigen Geschlechter oder Personen erhalten sollten, welche den betreffenden Bautheil, die Pfeiler, haben aufführen lassen, wie ja auch in gleicher Absicht der Schild der v. Bülow am Schweriner Dom und am Umgange der Kirche zu Bützow, derjenige des Bischofs Nicolaus Böddeker an der Burg zu Warin, des Präceptors Kran an Bauten zu Tempzin angebracht ist oder war, oder wie vermuthlich aus demselben Grunde Gewölbescheiben oder Schlußsteine in Lübeck, Stralsund, Rehna, Tarnow, auch Wismar mit Wappenschilden versehen sind.

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So wie diese Gewölbe auf Kosten der Betreffenden hergestellt worden, so sind es auch die Pfeiler zu Sternberg, und würden demnach i die Kosten für 1 1/2 Pfeiler, c und g für je 1, d und f für je 2/2, alle übrigen aber für je einen halben Pfeiler hergegeben haben. 1 )

Nimmt man an, daß die Wappenschilde die vorstehend vermuthete Bedeutung haben, so wird man die Bauherren unter den Mitgliedern der kirchlichen Gemeinde und insbesondere, da das Kirchspiel außer der Stadt selbst nur Stiten, welches im 14. Jahrhunderte wesentlich noch ein herrschaftliches Dorf gewesen sein wird (M. U.=B. 3163, 3468, 3469), sowie Kobrow begreift, wo noch 1333 eine eigene Kirche war (ebd. 5411), unter den Bürgern von Sternberg suchen müssen. Wenn Sternberg mehr als wahrscheinlich von Pribislav von Parchim=Richenberg, und zwar nach Dr. Lischs annehmlicher Vermuthung (Jahrb. XII, S. 189), zwischen 1240 und 1250 gegründet worden ist, so erhielt es selbstverständlich zur selben Zeit auch seine Kirche, die der Heiligen Jungfrau und St. Nicolaus dedicirt wurde (ebd. S. 190, N.) und an welcher schon 1256 ein Vicar angestellt war (M. U.=B. 770), doch ist dieser Bau wahrscheinlich in dem Brande, welcher die Stadt im ersten Decennium des 14. Jahrhunderts heimsuchte (ebd. 3293), mit untergegangen (ebd. 4363, N.) und an seine Stelle die jetzige schöne Hallenkirche getreten, die man ihres Stils wegen in das zweite Jahrzehnt setzen darf und vor 1320 oder 1322 setzen muß, da laut Inschrift (ebd.) derzeit der Thurm der Kirche vorgebaut worden ist. Sind aber die Kirche und insbesondere die Pfeiler auf Kosten Sternberger Bürger aufgeführt, so können diese nur solche gewesen sein, die in besseren Vermögensverhältnissen waren, die sich den Luxus eines Wappens gestatten durften, die Altbürger, die Nachkommen derjenigen, welche Gründung und Einrichtung der Stadt in die Hand genommen hatten, die Patricier, wie Lisch sie nennt und wie man sie wohl der Kürze wegen und um so eher bezeichnen darf, als verschiedentlich Mitglieder dieser Familien in die Mannschaft übergetreten sind. Bei der geringen Zahl der Sternberger Urkunden, die auf uns gekommen ist, kennen wir aber nur zehn oder, falls der Reystuerus der erwähnten Inschrift wirklich ein v. Rüst sein sollte, elf Familien aus der Zeit von 1306 bis 1320, nämlich: Deding, v. Markow (3 Personen), v. Wamekow (7), Alberdes, v. Rosenow, v. Dömelow, v. Zaschendorf, v. Sternberg (9), Trendekopp (5), v. Woserin (4), v. Rüst.


1) Natürlich zeigt nicht jedes in einer Kirche gemaltes oder sonst angebrachtes Wappen die Betheiligung des Eigners am Bau an, sondern ebenso oft die Urheberschaft von frommen Stiftungen. Vgl. Schröder, P. M., S. 2041.
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Die ersten neun hatten Mitglieder im Rath, wie aus den Urkunden sich ergiebt; aus dreien dieser Familien sind Angehörige in die Mannschaft eingetreten, nämlich aus den Wamekow, Sternberg und Trendekopp, und bislang sind allein die Wappen der Wamekow und Trendekopp bekannt geworden (ebd. 4561, 6153). Diese beiden Wappen finden sich nun aber nicht unter den in der Kirche angebrachten, und das scheint in der That ein starkes Argument gegen die Annahme, daß letztere Sternberger Optimaten angehörten. Dennoch wird sie sich aufrecht halten lassen. Im Urkundenbuche der Stadt Lübeck (II, Nr. 949) ist nämlich eine im dortigen Ratsarchive aufbewahrte und in das Meklenburgische Urkundenbuch (Nr. 7032) hinübergenommene Urkunde vom 2. Januar 1350 abgedruckt, an welcher die an beiden Orten nicht beschriebenen Siegel der Aussteller hangen, nämlich das des Berthold Wamekow und das Ludolf Sternbergs. Beide sind nicht scharf ausgedrückt. Ersteres ist rund und enthält den Wamekowschen Schild unverkennbar, doch ist von der Umschrift nichts zu lesen, das zweite aber ist schildförmig und zeigt einen halben steigenden Bock, während die Umschrift, im Vornamen völlig deutlich, im Familiennamen minder klar, lautet: [S] LVDOLF . . . . NEBER. . Daß dies das Ludolf Sternberg zuständige Siegel sei, wird, wie ich denken sollte, nicht in Zweifel zu ziehen sein. Sein Wappenbild ist also dasselbe, welches oben unter f aufgeführt ist, und dieser Umstand dürfte, ist schon sonst ein Zeuge kein Zeuge, ausreichend sein, die oben ausgesprochene Vermuthung, daß die fraglichen Wappen die von Sternberger Patriciern seien, zu stärken und zu stützen. Daß die Schilde der v. Wamekow und der Trendekopp, dieser offenbar sehr hervorragenden Geschlechter, fehlen, ist allerdings auffallend, erklärt sich aber wohl so am Natürlichsten, daß diese Famlien zwar nicht zum Bau der Pfeiler beigetragen, aber durch fromme Stiftungen ihrer Stellung in der Stadt gerecht zu werden gesucht haben, was auch von den Wamekow bezeugt ist (ebd. 3468, 3469), oder in anderer Weise, etwa durch Ausführung von Gewölben, den Bau gefördert haben.

Daß es in der Folge noch gelingen sollte, die übrigen Schilde oder auch nur eines oder das andere zu bestimmen, ist leider aussichtslos, da außer den erwähnten kein anderes Siegel von Sternbergern bis 1375 zum Vorschein gekommen ist.

Schließlich sei noch auf den Umstand hingewiesen, daß Blau und Gelb so gut wie gar nicht auf den Wappen sich finden und nur Weiß, Schwarz und Roth, wie auf dem Teppichmuster, als Tincturen angewendet sind.