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2. Hügelgräber von Sietow.

Auf dem Gebiete des (Dobbertiner) Klostergutes Sietow an der Müritz zwischen Röbel und Waren hat der Pächter, Herr Hamann, seit langen Jahren ein aufmerksames Auge auf die vorkommenden vorgeschichtlichen Erscheinungen gehabt und nicht nur eine stattliche Anzahl hübscher Fundstücke zu einer kleinen Sammlung vereinigt, sondern auch Fundstätten aus fast allen vorgeschichtlichen Perioden (steinzeitliche Hünengräber, Feuersteinwerkstätten, Moorfunde, jungbronzezeitliche Grabhügel, ein Urnenfeld frührömischer Zeit, wendische Brandgruben) aufgefunden. Für uns sind an dieser Stelle die bronzezeitlichen Sachen von Interesse. Etwa ein Kilometer nordwestlich vom Hofe, links von dem Wege zur Chaussee sind schon 1867 eine Anzahl kleinerer Steinhügel entfernt, deren Inhalt von den Herren Struck in Waren und Hamann untersucht wurde. Von den gefundenen Sachen sind einige Urnen in die Vereinssammlung gekommen, die Bronzen u. s. w. befinden sich in Sietow (danach ist die Angabe Jahrb. 33 b, S. 9 zu berichtigen).

Die Urnen zeigen recht verschiedene Formen; neben den bekannteren Formen, wie Abb. 4, findet sich eine mit ganz flacher Standfläche und weit ausbiegender Wandung, die mit scharfem Bauchrande in eine weite Oeffnung mit Steilrändern übergeht. Diese Form ist wichtig als Uebergangsform der bronzezeitlichen Keramik zu der la Tène - Zeit und war bisher in Meklenburg wenig vertreten. Vergl. darüber Undset, Eisen u. s. w., S. 394, wo Fig. 79 eine gleichgeformte Urne aus Bornholmer Gräbern der ältesten Eisenzeit abgebildet ist. In den größeren Urnen lagen kleine Gefäße mit den bekannten Schrägkerben auf der Wandung. Eins hatte das Ornament der Wellenlinie, deren vereinzeltes Vorkommen in dieser Periode auch

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sonst festgestellt ist (vergl. Beispiele aus dem Depotfund von Schwennenz in Pommern bei Schumann, Ztschr. f. Ethnol. 1894, Vhdl. S. 437; aus einem "lausitzer" Urnenfeld von Finsterwalde bei Stephan, Niederlausitzer Mittheilungen III, 1894, S. 400; aus Gräbern von Seddin in der Priegnitz, die wir noch mehrmals als verwandt heranziehen werden, bei Goetze in den Nachr. über deutsche Alterthumsfunde, 1894, S. 88; aus der la Tène - Zeit z. B. bei Mölln bei Stavenhagen, Altenrath an der Wupper, s. Nachr. üb. d. A. 1893, S. 56).

In den Urnen lagen unter zerbrannten Knochen die Beigaben, oft mehrere Stücke in einer Urne. Erhalten sind:

A. Aus Bronze:

1. Messerklinge von der Jahrb. 51, Tafel II, 4, abgebildeten, S. 18 besprochenen Form, aber ohne Griff.

2. Messerklinge einfacherer Form, aus vierseitigem Bronzeblech.

3. Eine größere Pincette mit drei Buckeln von der a. a. O. Fig. 6 abgebildeten Grundform.

4. Eine kleinere Pincette mit breiten Zangen; eine bisher hier unvertretene Form, die in anderen Gegenden schon der la Tène - Zeit angehört; s. z. B. Schumann, Baltische Studien 38, Tafel 11, 10 und 13, 1 aus dem Urnenfelde von Butzke (Kr. Belgard.

5. Nadel von 13 cm Länge mit geriefeltem kolbenförmigem Ende im Charakter älterer Bronzezeit.

6. Nadel mit zurückgebogener Oese von der bekannten Form wie Jahrb. a. a. O. S. 22, 5 (vergl. unten Schwerin S. 197).

7. 8. Zwei kleine (zerbrochene) Pfriemen; vergl. a. a. O. S. 23.

9. Handring von schöner Arbeit von der a. a. O. S. 26, 4 besprochenen Grundform mit Endstollen. Das vorliegende Exemplar ist interessant dadurch, daß es einen alten Bruch hat, der durch Löthung mit Zinn repariert ist. Reparaturen mit Kupfer kommen häufiger vor (s. unter anderm unten S. 210), solche mit Zinn sind mir aus Meklenburg bisher nicht bekannt gewesen.

10. Handring mit glatt abschneidenden Enden, einfach und unverziert.

11. Handring aus gebogenem Bronzeblech, innen hohl und gewölbt; ähnlich der Ring von Neu=Stuer unten S. 192.

12. Kleiner tordierter Handring mit spitzen Enden, ganz gleich den Ringen von Grabow u. s. w., a. a. O. S. 26, 4.

13. Reste mehrerer gerundeter Fingerringe in der Art der a. a. O. S. 26, c besprochenen.

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14. Bronzefibel von seltener und bisher in Meklenburg nicht vertretener Form. Der Bügel ist rhombisch, daran schließen sich zwei massive flache Scheiben (keine Spiralplatten), die Nadel hängt vermöge eines flachen Ringes am Bügel und endet in einer kleiner dreieckigen Platte. Der Bügel ist mit vier kleinen concentrischen Doppelkreisen mit Mittelpunkt verziert, die Scheiben mit gestrichelten Säumen und kleinen Halbkreisen.

Diese Fibelform ist der nordischen Bronzezeit fremd. Wir haben in Schwerin ein, leider nur theilweise erhaltenes, Exemplar aus einem Grabe von Goldenbow bei Crivitz (Jahrb. 26, S. 136); sonst ist mir ein gleiches Stück nicht bekannt. Aus der Mark Brandenburg bildet Voß=Stimming, Altert. II, 1, I B ähnliche Exemplare ab, an denen die Platte noch durch Spiralen gebildet ist und der Uebergang der Raute aus dem ovalen Bügel deutlich erscheint. Die Fibelform wird eine Weiterbildung jener von Undset, études sur l-age de bronze de la Hongrie S. 65 flgd. besprochenen Grundform mit länglich ovalem Bügel sein, die sich unter Hallstädter Einfluß aus einem nordischen Typus entwickelt hat

B. Aus Eisen:

15. Fibel, 6 cm lang; jüngere la Tène - Form, mit oberer Sehne (5 Windungen), lang gestrecktem Bügel mit rechtwinkeliger Einknickung, geschlossenem Fuß; die Form, aus der die ältere provinzialrömische Fibel hervorgegangen ist. Vergl. darüber Schumann a. a. O. S. 126 mit Abb. Tafel 10, 5 aus dem schon oben angeführten Funde von Butzke, wo der Uebergang zu den provinzialrömischen Formen besonders deutlich ist.

Dieser Fibelfund ist von großer Bedeutung für die zeitliche Bestimmung unserer jüngeren Bronzezeit. Es geht aus ihm hervor, daß diese noch gleichzeitig ist mit der jüngeren la Tène - Zeit anderer Länder. So erklärt sich der Mangel an älteren la Tène-Sachen hier im Lande. Weitere Ausführungen kann erst eine zusammenhängende Bearbeitung unserer la Tène-Funde geben. Jedenfalls haben wir hier in Sietow eine Annäherung an la Tène - Formen (Urne, Pincette, Fibel), wie sie sonst im Lande ungewöhnlich ist. Wie Sietow die erste la Tène - Fibel in einem bronzezeitlichen Begräbnisse, so hat das Nachbargut Sembzin die einzige Hallstadtfibel geliefert (s. unten S. 213). Aus diesen beiden Vorkommnissen etwas über den Weg der Hallstadt= und la Tène - Kultur nach Meklenburg schließen zu wollen, ist verfrüht; doch sei das Augenmerk künftiger Forscher auf dieses merkwürdige Zusammentreffen gerichtet.