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1.

Wappen Wismarscher Geschlechter

(Mit Abbildung.)

Von Dr. F. Crull

Im Großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archive zu Schwerin hat sich ein Bogen Papier erhalten, dessen vier Seiten durch Linien in je sechs Felder zerlegt sind, also insgesammt 24. Diese sind numerirt, wobei aber die Zahl 11 überschlagen und daher das letzte Feld mit 25 bezeichnet ist. Jedes Feld enthält einen Schild, das als 13. bezeichnete und das 22. aber zeigen vollständige Wappen, Schild und Helm. Unter jedem Schilde steht der Name des Eigners.

Von den sechs Schilden der ersten Seite sind die neben einander gesetzten einander zugeneigt, die auf den drei anderen Seiten dargestellten aber sämmtlich nach einer und derselben Seite und zwar nicht wie üblich rechts, sondern links gelehnt; die Schilde der vollständigen Wappen, 13 und 22, sowie der unter Nummer 24 sind stehend. Bis auf diese letztgenannten, von denen jene sogenannte halbrunde sind und dieser beiderseits einfach und dabei häßlich geschweift ist, sind alle übrigen an der gelehnten Seite mehrfach unschön, an der anderen einfach geschweift, der obere Rand convex, der Fuß gespitzt. Die Tincturen sind mit Buchstaben, Silben, Wörtern eingeschrieben: w, with, wyth, vyt = weiß, geel, gel = gelb, rot, roth = roth, bla = blau, suart, swart = schwarz, gro, grone = grün, gra = grau, Nummern, Namen und Tincturen, alle von einer Hand, jedoch anscheinend nicht gleichzeitig oder mit derselben Feder.

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Wappen Wismarscher Geschlechter
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Seite A.

1) Feld=Unterschrift: Der Stadt Wismar Wapent. Oberhalb des Schildes: Helm vnd Schylt bauen. Gespaltener Schild. Vorne (!) viermal von w und r quergestreift, hinten (!) an der Theilung ein halber sch gekrönter Stierkopf mit kragenartigem Halsfelle, Nasenring, aus dem aufgerissenen Maule vorgestreckter Zunge. Die Krone ist g bezeichnet, die Zunge r, die Tinctur der Hörner und des Ringes nicht angegeben.

2) Gleiche Beischriften wie zu 1). Viermal von w und r quergestreift. Dies ist das Wismarsche "Raths= oder Flaggenwappen", jenes das "Stadtwappen".

3) Her Cord Niebur. Gespaltener Schild. Vorne unter einer bl Wolke und über einem gr Boden ein g Stern in r, hinten drei schrägerechts aufsteigende r Flammen in w. Ebenso findet sich der Schild der Niebur an einer Kirchenstuhldocke in St. Jürgen. 1 )

4) Her Jurgen Grelle. Ein Stern und sieben Lilien in drei Reihen, 3, 3, 2, geordnet, die durch zwei Querbalken getrennt sind. Darüber steht: wyt altemal. Vgl. dagegen Jahrb. XL, S. 131 f.

5) Her Jurgen Swartekop. Ein ausschauender bärtiger Kopf mit g und w Halskragen, sch in w. Jüngere Darstellungen geben nur Haar und Bart sch, den Kragen w und das Feld r.

6) Her Jochim Vingher. In einem von bl und r gespaltenen Schilde ein aus einer am oberen linken Schildwinkel befindlichen bl Wolke hervorgehender, mit einem w Puffärmel bekleideter Arm, welcher einen gr Zweig hält, auf den ein g Siegelring gestreift ist.

Seite B und C. 2 )

7) Her Otte Tancke. In einem gespaltenen Schilde vorne in w eine aufgerichtete, links gewandte sch Bärentatze, hinten in bl ein halber, an die Theilung geschlossener r Thurm. Nach Zeugniß des 17. Jahrhunderts war die Tatze auf r Felde und der Thurm w.

8) Her Hermen vom Haue. Getheilter Schild. Oben in bl ein an die Theilung geschlossenes halbes r Pflugrad, perspectivisch, unten in w auf einem gr Boden drei Paar Bäume. Der Bürgermeister Franz v. Have nach verschiedenen Denkmälern sicher, und wahrscheinlich auch dessen Vater Olrick, gestorben 1523, führten ein anderes Wappen, nämlich einen Hund. Ob und welche verwandtschaftliche Beziehungen zwischen diesen und jenem bestanden, vermag ich nicht anzugeben.


1) Vgl. wie überhaupt zu den folgenden Hansische Geschichtsquellen, B. II.
2) Die Nummern laufen über beide Seiten quer durch.
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9) Her Heine Brabanth. Gespaltener Schild. Vorne (in w?) an die Theilung geschlossen ein halber gr Busch mit zwei Zweigen (oder r Rosen) und hinten ebenso eine halbe w Lilie in bl.

10) Her Hinrick Durjar. In bl ein g Stern.

12) (!) Her Johan Goltbarch. Ueber einem (gr?) Boden ein ausschauender g Löwenkopf in bl. Jüngere Siegel geben ein differentes Bild. S. Hanf. Geschichtsquellen II, Nr. 379.

13) Her Niclaus Heine. In einem r Schilde ein w Querbalken belegt mit drei r Trauben, auf dem Gitter=Helme eine w und eine r Straußenfeder. An der rechten Seite des Schildes ein Löwe als Schildhalter und dazu die Notiz: ij louuen schalen den schylt holden.

14) Her Jurgen Grotecordt. Drei Lachse über einander, von denen der mittlere einen kleinen Zweig im Maule hat, w in w (!).

15) Her Johan Kroger. In w ein sch Merk.

[Abbildung]

16) Her Johan Tancke. Wie 7, der Thurm auf grünem Boden.

17) Her Niclaus Lasten. In bl ein wellig gezogener Querbalken, der als vater bezeichnet ist, belegt mit einem Fische, lasse, ohne Angabe von Tinctur, und über und unter letzterem ein w Stein, sten.

18) Her Gotke Kron. In w ein Kranich, kron, ohne Angabe von Tinctur auf einem (gr) Boden.

19) Her Hinrick von Exen. In bl ein r mit drei gr Eicheln belegter Querbalken.

Seite D.

20) Her Jochim Smit. In bl eine von w und r gespaltene Rose mit w Fruchtboden.

21) Her Peter Sasße. In sch drei aufwärts steigende w Flammen.

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22) Her Bartold Zandow. Hier ist zuerst wie in den übrigen Feldern bloß ein gelehnter Schild gezeichnet, dann aber darüber ein halbrunder Schild mit Rosthelm und Helmdecken. Der w Schild zeigt drei eselkoppe und ein solcher bildet auch den Helmschmuck. 1 )

23) Her Marten Schepel. In bl ein g Scheffel, perspectivisch.

24) M. Dionysius Sagher. Eine Fortuna mit der von oben nach unten laufenden Beischrift: γυώδι καιρωυ. (!) In seinem Siegel führte derselbe wie in seinem Notariatszeichen eine aufgerichtete Zimmermannssäge beseitet von zwei Sternen.

25) Nicolaus Eggebrecht. In bl eine r Rose, gegen welche drei von den Seiten des Schildes herkommende graue Vogelköpfe picken.

Die Wappen repräsentiren also außer der Stadt Wismar selbst Mitglieder des dortigen Raths und zwei Sekretäre - 24, 25 - und zwar genau in der Reihenfolge, in welcher die vier Bürgermeister - 3, 4, 5, 6 - zu diesem Amte gewählt und in welcher die Rathmannen zu Rath gerufen wurden. Da nun die fünf letzten Rathmannen am 19. März 1549 eingetreten sind und von den sämmtlichen genannten Mitgliedern des Raths Herr Heine Brabant zuerst und zwar 1552 gestorben ist, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß die Zeichnungen zwischen 1549 und 1552 angefertigt sind. Sehr mißlich aber sind die Fragen nach dem Urheber derselben und dem Zwecke, dem sie dienen sollten, zu beantworten. In Bezug auf die erste Frage könnte man aus der Schrift der Namen und der griechischen Devise im Schilde des Stadtsekretärs M. Dionysius Sager schließen, daß auch die Zeichnungen von diesem herrührten, aber abgesehen davon, daß die Tinte, mit der die Namen geschrieben sind, doch von derjenigen durch tiefere Schwärze sich unterscheidet, welche der Zeichner verwendete, ist auch kaum anzunehmen, daß M. Sager so viel Zeichentalent sollte besessen haben, um die, wenn auch skizzenhaften, so doch von einer gewandten Hand entworfenen Zeichnungen zu machen, wie auch die Umstellung der Felder des Stadtwappens gegen seine Urheberschaft spricht. Den Zweck aber anlangend, so haben die Zeichnungen ohne Zweifel als Vorlagen gedient, und zwar wohl einem Maler, da etwa die Hälfte der Wappen gemerkt ist, theils mit Rothstift, theils mit einer dunkeln Farbe und zwar anscheinend mit Oelfarbe, da dieselbe durchgeschlagen ist. Möglich wäre es schon, daß mit den Wappen ein Raum im Rathhause geschmückt werden sollte, doch läßt sich darüber nichts fest=


1) Die zu Hans. Geschichtsquellen II, Nr. 396 in Frage gestellte Identität des Wismarschen Rathmanns mit dem gleichnamigen Sekretär Herzog Heinrichs ist sicher.
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stellen, da die Kämmerei= und Baurechnungen aus jener Zeit nicht mehr vorhanden sind. Unerklärt muß ich auch lassen, was eine Führungslinie auf Seite A bedeutet, welche an der rechten Seite des Stadtwappens hinunter unter den Schilden 3 und 4 herum und zwischen letzterem und dem Rathswappen an dessen rechter Seite wieder nach oben gezogen ist, weshalb ferner Nicolaus Heine und Berthold Sandow statt bloßer Schilde vollständige Wappen erhalten haben, Sagers Schild eine abweichende Form, und wie es kommen konnte, daß der Grelle'sche Schild als ganz weiß angegeben ist.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, wie durch diese Wappen, besonders die der homines novi, hinsichtlich der Wahl sowohl der Wappenbilder wie der Tincturen wiederum der seit dem Anfange des 16. Jahrhunderts eintretende Verfall des heraldischen Stils documentirt wird.