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12. Wendische Alterthümer vom Fährberge zu Gehlsdorf.

In der kleinen Sandgrube am Süd=Abhange des Fährberges, d. h. der Höhe, auf welcher die Fährtannen stehen, wurden 1886 im Sande zerstreut einige wendische Gefäßscherben sowie gebrannte Lehmstückchen gefunden, welche auf das Vorhandensein eines alten Wohn= oder Begräbnißplatzes schließen ließen. Bei genauerem Nachsuchen zeigten sich denn auch in der Wand des Abhanges zwei aus schwarzer Kohlenerde, vermischt mit Gefäßscherben, Knochen, Holzkohlenresten und gebrannten Lehmstücken bestehende Brandstellen, denen jene Funde offenbar entstammten, falls sie nicht aus etwa früher schon abgegrabenen ebensolchen Stellen herrührten. Auch auf dem angrenzenden Acker wurden noch einige zerstreute Scherben gesammelt. Weiter war einstweilen nichts festzustellen. Im Mai 1889 wurde nun an der Südwestecke jener Grube in größerer Menge Sand von der Oberfläche abgefahren, wodurch eine gewaltige schwarze Brandschicht in einer Ausdehnung von 25 Schritten von Südwest nach Nordost und von 2-3 Schritten von Südost nach Nordwest zu Tage trat, die sich aber offenbar nach beiden Richtungen hin noch weiter in den Abhang hinein erstreckte. Ob dieselbe vielleicht gar mit den etwas weiter östlich belegenen Brandstellen von 1886 zusammenhängt, in welchem Falle sie sich als fortlaufende Brandschicht fast durch den ganzen Abhang hinziehen würde, bleibt jedoch noch genauer zu untersuchen. Die 1889 bloßgelegte Brandschicht liegt 80 cm unter der heutigen Oberfläche und ist im vertikalen Durchschnitt 15-35-70 cm mächtig. Ueber ihr lagert nur reiner, lockerer Flugsand, welcher scharf gegen die darunter befindliche schwarze Schicht absetzt und vielleicht eine auf den alten Urboden aufgewehte Düne darstellt. Die Sohle der Brandschicht bildet an den meisten Stellen eine Pflasterung von kleinen Feldsteinen, vermischt mit Kohlenerde, Holzkohlenresten und Stücken von gebranntem Lehm. Die Gefäßscherben, Knochen und sonstigen Gegenstände liegen dagegen meistens über oder neben der Pflasterung in der einfachen Kohlenerde.

Die bisher gemachten Funde bestehen hauptsächlich aus alten wendischen Gefäßscherben, von denen etwa hundert gesammelt wurden. Sie sind meist roh gearbeitet und schlecht geglättet und wechseln in der Dicke zwischen 4 und 11 mm. In der Färbung herrscht Roth vor, doch findet sich auch Grau und Braun in verschiedenen Schattirungen. Der dem Thon beigemischte Steingruszusatz besteht meist aus weißem Quarz und ist stellenweise außerordentlich grob. Einzelne der Scherben sind ziemlich gewölbt. Die (8) Bodenstücke haben die

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gewöhnliche Form, innen allmählich schräge in den Boden übergehend und außen mit deutlicher Kante absetzend. Die Böden selbst sind platt. Einer scheint unterwärts an der Außenkante auch mit einem etwas erhöhten Ringe versehen gewesen zu sein, und ein anderer zeigt in der Mitte der Unterseite den Rest einer eingedrückten glatten, kreisrunden Fläche von etwa 15-17 mm Durchmesser. Die sämmtlichen (15) Randstücke sind oben abgerundet oder abgeplattet und etwas nach außen umgebogen oder überstehend. Einen eigentlichen Hals scheinen die Gefäße nicht gehabt zu haben, wenigstens lassen die bisher gefundenen Scherben keine Spuren davon erkennen. An Verzierungen überwiegt die Wellenlinie. Ferner kommen vor die gewöhnlichen Horizontalrillen, dann Zickzacklinien, im stumpfen wie im spitzen Winkel zu einander stehende Bänder grader Linien (Gitterwerk), Kerben, eingedrückte Punkte in graden und Zickzacklinien sowie mit Kerben durch einander, ferner Verbindungen von Wellen= und Zickzacklinien, sowie von Horizontalrillen mit Wellenlinien, Kerben oder Punkten allein bezw. mit Wellenlinien und Punkten zusammen. Die Wellenlinien treten stets zu mehreren auf, und zwar meist in horizontalen Bändern von zwei bis sieben Stück, die mit einem gezahnten Instrumente eingedrückt sind. Auf gleiche Weise mit einem derartigen gezahnten Werkzeuge sind auch die Zickzacklinien, das Gitterwerk und ein Theil der Kerben hergestellt. Einzelne der Punkt= und Kerbenreihen befinden sich oben auf oder vorne an der Randkante, alle übrigen Zierrathe außen an der Gefäßwand. Ein großer Theil der Verzierungen, namentlich der Wellenlinien, ist übrigens ebenso, wie die Scherben selbst, nur schlecht gearbeitet, doch kommen auch Stücke von sehr exakter und guter Arbeit und sorgfältiger Verzierung vor. Eine roh gefertigte, außen röthliche, innen schwarzbraune, mit einer Horizontalrille und einer ganzen Anzahl wirr durcheinander laufender Wellenlinien verzierte Scherbe ist künstlich durchlöchert. In derselben befindet sich nämlich ein von außen her durch die Gefäßwand hindurch gebohrtes oder gestochenes rundes Loch von außen 6 und innen 3 mm Durchmesser, sowie 1 cm davon entfernt in der einen Bruchfläche noch die Hälfte eines zweiten etwa gleich großen, das aber, da seine engste Stelle in der Mitte liegt, während es sich nach der Außen= und Innenseite erweitert, von beiden Seiten her hindurch gearbeitet sein muß. Das Verhältniß der verzierten zu den unverzierten stellt sich bei den gewöhnlichen Scherben wie 20 zu 55 und bei den Randstücken wie 7 zu 8.

Auffällig sind zwölf nahe bei einander gefundene und wohl zu ein und demselben Gefäße gehörige Scherben, welche theils durch und durch verschlackt und verschmolzen, theils völlig durchglüht und an

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einzelnen Kanten verschlackt sind. Infolge der großen Erhitzung von 7 bis zu 16 mm Dicke aufgequollen, zeigen sie auf der Oberfläche zahlreiche kleine Risse und Sprünge. Unter diesen Scherben befinden sich auch zwei Rand= und zwei Bodenstücke, von welchen letzteren das eine mit der oben erwähnten eingedrückten Kreisfläche versehen ist. Diesem Bodenstücke nach muß das Gefäß ziemlich groß gewesen sein. Von den beiden Randstücken ist das eine mit zwei horizontalen Bändern von je drei Wellenlinien verziert, während das andere so vollkommen verschlackt ist, daß sich nichts mehr auf ihm erkennen läßt. Die durch und durch verschlackten Scherben sind infolge des völligen Ausbrennens so leicht wie Bimsstein geworden. Auch unter den übrigen Scherben befinden sich einige infolge zu großer Hitzeeinwirkung rissig gewordene, sowie einige theilweise angeglühte Stücke.

An sonstigen Gegenständen wurden noch gefunden:

1. Ein stark verrosteter, 3 1/2 cm langer, eiserner Nagel mit Kopf (Kopf 1-2 cm breit), eine kleine, ebenfalls stark verrostete, viereckige Eisenplatte von 2 cm Durchmesser und 2-3 mm Dicke, sowie drei bis vier kleine Eisenroststücke.

2. Ein kleiner Schleifstein, bestehend aus einem sonst nicht weiter bearbeiteten Stück Thonschiefer mit einigen flachen und schmalen Schleifrinnen.

3. Die Hälfte einer in der Mitte mit einem runden Loche versehenen runden Scheibe aus gebranntem Lehm von 24 mm Dicke und 9 cm Durchmesser. Das Loch hält 1-1 1/2 cm im Durchmesser.

4. Ein beim Finden zerbrochenes, kleines, rundliches Stück rohen rothen Bernsteins mit verwitterter Außenfläche.

5. Drei kleine Stückchen Schlacke.

6. Eine Anzahl gebrannter Lehmstücke aus den in den Brandstellen befindlichen Pflasterungen, darunter zwei mit Eindrücken von Gras= oder Strohhalmen.

7. Sechs kleine calcinirte Knochenstückchen.

8. Einige wenige sehr stark verwitterte Thier=Knochen und =Zähne.

9. Eine ganze Anzahl, wenn auch nicht großer, so doch gut erhaltener Holzkohlenstücke.

Eine einzelne, kleine, hart gebrannte, mit Steingrus durchsetzte, außen geglättete, innen ziemlich rauhe, graubraune Gefäßscherbe mit Horizontalrillen=Verzierung wurde auch an der Nordseite des von der Gehlsdorfer Dorfstraße nach den Fährtannen führenden Weges, und zwar ziemlich in der Mitte zwischen den Tannen und der Straße gefunden, vielleicht nur ein vom eben erwähnten Fundorte verschlepptes Stück.