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7. Urnenfeld, Brandgruben und Gerippe von der Feldmark Kassebohm.

I. Urnenfeld bei der Zuckerfabrik und der Schraep'schen Steinschleiferei.

Südwestlich von der Schraep'schen Steinschleiferei befindet sich in der dortigen Sandgrube, sowie namentlich auf dem benachbarten Kassebohmer Acker am Abhange nach den Oberwarnow=Wiesen hin ein altes, leider durch die Beackerung zerstörtes Urnenfeld, dessen Auffindung ich einer freundlichen Mittheilung des Herrn Rentier Burgwedel zu Rostock verdanke. Von letzterem erfuhr ich nämlich im September 1887, hinter der erwähnten Steinschleiferei liege in einer Entfernung von etwa 75 m von der Wiesenkante auf dem Felde ein Hügel aus weißem Sand, auf dem er verschiedene schwarze Stellen und auch Urnenscherben gefunden habe. Die schwarzen Stellen seien bei Näße nicht ordentlich zu sehen, weil dann das Ganze dunkler gefärbt sei, bei trockenem Wetter träten sie jedoch ganz deutlich hervor. Eine genauere Untersuchung der betreffenden Stelle mußte, theils wegen der Ackerbestellung, theils wegen persönlicher Behinderungsgründe, leider bis zum Sommer 1889 verschoben werden. Seit dem aber ist die dortige Gegend, die Sandgrube sowohl wie der Acker, mehrfach einer eingehenden Besichtigung und sorgfältigen Absuchung unterzogen, wobei sich dann die folgenden Resultate ergaben.

Zunächst ließen sich in der erwähnten Sandgrube während der Zeit vom 4. August 1889 bis 17. October 1891 an drei verschiedenen Tagen im Ganzen zwölf Brandstellen constatiren. Dieselben befanden sich sämmtlich in der Südostwand der Grube und lagen mit ihrer oberen Kante etwa 30 cm und mit der Sohle etwa 60 cm unter der Ackeroberfläche. Das Aussehen und die Zusammensetzung war bei allen gleich: ein Pflaster von im Feuer gewesenen Feldsteinen, umgeben und durchsetzt mit schwarzer, Holzkohlenreste enthaltender Branderde. Sonst wurde in diesen Stellen nichts gefunden, als einmal eine kleine, unverzierte Urnenscherbe und Bruchstücke eines Thierzahnes und ein anderes Mal zwei Thierzähne und Reste eines schon verwitterten dritten, wobei zu bemerken ist, daß sämmtliche Zähne bezw. Zahnreste nicht dem Feuer ausgesetzt gewesen sind. Die Urnenscherbe ist 7-9 mm dick, durch und durch dunkel graubraun, gut gebrannt, beiderseits geglättet, im Bruch aber stark mit Steingrus durchsetzt.

Wichtiger ist ein Fund, den ich am westlichen Ende der Sandgrube machte. Hier sah ich an dem dortigen niedrigen Abhange

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einige Urnenscherben auf der Oberfläche liegen. Hierdurch veranlaßt, grub ich nach und fand dabei unmittelbar unter der Oberfläche eine schwarze Brandstelle, ebenso wie die soeben beschriebenen, jedoch ohne Steinpflaster. Zwischen der Branderde aber kamen noch weitere, zum Theil sehr verwitterte und brüchige Urnenscherben zu Tage, ferner calcinirte Knochenstückchen, einige kleine Stückchen Holzkohle und zwei Stücke einer Broncenadel. Letztere lag schon zerbrochen im Grabe. Die beiden vorhandenen Stücke sind das Kopfende und das Mittelstück, während das untere Ende fehlt. Zusammen 73 mm lang, bilden die beiden gefundenen Theile etwa zwei Drittel der ursprünglichen Länge. Die Nadel ist rund und mißt an der unteren Bruchfläche 3 mm, an der mittleren 3 1/2 mm und oben unter dem Kopfe 4 mm im Durchmesser. Der Kopf besteht aus zwei (2 bezw. 3 1/2 mm dicken) runden Wulsten von 5 bezw. 6 mm Durchmesser und einer 1 mm dicken, ebenfalls runden und 6 mm im Durchmesser haltenden Platte. An Urnenscherben wurden im Ganzen zwischen 20 und 30, zum Theil mit den Bruchflächen an einander passende, 6-8 mm dicke Stücke gefunden. Dieselben bestehen aus ganz außerordentlich stark mit Steingrus vermengtem, gebranntem Thon, sind meist röthlich, einzeln jedoch auch graubraun von Färbung und stammen augenscheinlich sämmtlich von ein und derselben, nicht gerade sehr kleinen Urne. Die Außenseite ist völlig rauh bis auf den etwa 2 cm hohen aufrechten Hals und den untersten Theil des Gefäßes, etwa 2-4 cm über der abgerundeten Bodenkante. Diese beiden letzteren Stellen sind ebenso, wie die gesammte Innenseite, geglättet, allerdings theilweise nur recht mangelhaft. Unmittelbar unter dem Halse, dessen obere Kante zum Theil leicht abgeplattet, zum Theil abgerundet ist, befindet sich außen dicht an einer Bruchfläche ein 1 1/2 cm langes und bis zu 7 mm vorspringendes Stück eines Henkansatzes bezw. kleinen horinzontalen Wulstes.

Unmittelbar östlich neben diesem eben erwähnten Brandgrabe fand sich noch eine kleine, beiderseits geglättete Scherbe von einem Gefäßrande, 2 1/2 cm hoch und 2 cm breit, aus fein geschlemmtem, hart gebranntem, mit wenig sehr feinem Steingrus vermengtem Thon. Der Kern ist schwarz, außen und innen aber mit einer dünnen rothen Thonschicht überzogen. Der sich nach oben stark verjüngende Rand biegt erst nach außen und dann wieder ein klein wenig nach oben um. Die oberste Kante ist abgesprungen; sie muß entweder abgerundet gewesen oder in einen Grat ausgelaufen sein.

Auch auf dem sandigen Acker südlich und südwestlich der Sandgrube, namentlich an bezw. auf dem oben erwähnten Hügel (einer flachen, länglichen Anhöhe) zeigten sich noch mehrere schwarze Brand=

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stellen, welche beim Nachgraben im Feuer gewesene Steine und mit zergangener Holzkohle vermischte Branderde ergaben. Bei zwei derselben fand sich oben auf der Ackeroberfläche auf einem kleinen Raume in unmittelbarer Nähe der schwarzen Kohlenerde eine größere Anzahl einander ähnlicher Scherben, sowie einige kleine calcinirte Knochenstückchen, so daß anzunehmen ist, daß dieselben diesen beiden durch den Pflug zerstörten Brandgräbern entstammen. Diese Scherben sind:

a. Bei der ersten Stelle gefunden: 17 scheinbar von zwei Urnen herrührende Scherben und zwar von einer beiderseits sehr gut geglätteten und einer außen - abgesehen von Rand und Bodenkante - rauhen und nur innen geglätteten. Zu ersterer gehören sechs Scherben, darunter zwei mit je einer Horizontalrille verzierte, zu letzterer elf unverzierte, darunter ein Rand und vier Bodenstücke, von welchen letzteren zwei an einander passen. Der Rand ist oben abgerundet und bei den Bodenstücken geht die Gefäßwand außen sowohl wie innen allmählich ohne scharfen Absatz in den Boden über. Das Material ist gut gebrannter mit Steingrus durchkneteter Thon.

α. Scherben beiderseits sehr gut geglättet, 4-8 mm dick, graubraun bis chokoladefarben und röthlichbraun. Die auf zwei Stücken vorkommenden Horizontalrillen sind ca. 1 mm tief und 2-2 1/2 mm breit.

β. Scherben nur innen geglättet, außen dagegen künstlich rauh gemacht. Fast sämmtliche Scherben sind außen graubraun, innen röthlich und haben einen grauen, stellenweise etwas bräunlichen Kern. Nur der Rand und zwei Bodenstücke sind durch und durch roth. Diese drei letzten Scherben könnten vielleicht noch zu einem dritten Gefäße gehören.

b. Bei der zweiten Stelle gefunden: 12 Scherben, darunter ein Rand= und zwei Bodenstücke. Der Form dieser beiden letzteren nach stammen die Scherben jedenfalls von zwei Urnen. Welche der zehn übrigen Stücke nun zu dem einen und welche zu dem anderen Boden gehören, läßt sich wegen der großen Uebereinstimmung in Material, Farbe und Arbeit jedoch nicht sagen. Sämmtliche Scherben sind beiderseits geglättet. Material wie bei der vorigen Stelle. Farbe: außen und innen hell= bezw. graubraun, Kern hell= oder dunkelgrau, stellenweise in das Bräunliche übergehend. Rand aufrecht, oben abgerundet. Beide Bodenstücke außen scharf absetzend, innen allmählig von der Wand zum Boden übergehend. Böden außen platt. Beide Bodenstücke sind aber trotzdem in der Form so verschieden, daß es klar ersichtlich ist, daß sie von zwei verschiedenen Gefäßen stammen, auch ist das eine etwas härter gebrannt und nicht so stark mit Steingrus durchsetzt, wie das andere.

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Außer an diesen beiden Stellen aber fanden sich hier auf dem Acker zerstreut auch sonst noch mehrfach Urnenscherben und sonstige Altsachen, und zwar:

1. Ein 84 mm langer an der einen Langseite mit zwanzig bis dreißig kleinen bis zu 2 mm langen scharfen Zähnen versehener grauer Feuersteinspahn von länglich ovaler Form, hinten: 1 cm, vorne 1/2 cm und an seiner breitesten Stelle, ziemlich in der Mitte, etwas über 3 cm breit. Trotzdem die fortlaufende Reihe sorgfältig eingehauener Zähne, von denen kurz vor der Spitze leider fünf ausgesprungen sind, viel Aehnlichkeit mit einer Säge hat, so kann das Stück doch nicht gut als solche benutzt sein, da es gegen den Rücken hin 1/2 bis 1 cm dick ist.

2. Fünf Spähne von grauem bezw. schwärzlichem Feuerstein, 3-4 cm lang.

3. Eine graue Feuersteinscheibe von der im Jahrb. XXX, S. 33, abgebildeten Form, 4 X 6 cm groß und 2 cm dick.

4. Acht oder neun Stücke von gebranntem Lehm (ohne Stroheindrücke).

5. Einige kleine calcinirte Knochenstückchen.

6. Die etwa 40-45 Urnen= oder sonstigen Gefäßscherben bestehen sämmtlich aus gut gebranntem mit mehr oder minder grobem Steingrus vermischtem Thon und sind alle nur klein, denn die größte mißt nur 3 X 5 cm. Die Dicke wechselt zwischen 4 und 11 mm. Randstücke wurden fünf gefunden sowie eine völlig platte Scherbe, welche entweder von einem Gefäßboden oder von einem Thonbrette herstammt. Betrachtet man die Gesammtheit dieser bisher dort gesammelten Scherben, so sieht man sofort, daß dieselben von mindestens zwei völlig verschiedenen Gefäßarten herrühren. Die einen, und zwar bei weitem die meisten, stammen offenbar von Urnen, welche nur auf der Innenseite und außen am Hals und an der Bodenkante geglättet, im übrigen außen aber rauh gelassen oder künstlich rauh gemacht waren, ebenso wie die oben erwähnten in der Grabstätte zusammen mit der Bronzenadel gefundenen Scherben. Die anderen sind beiderseits sehr sorgfältig geglättet und gehören augenscheinlich bedeutend sorgfältiger gearbeiteten Gefäßen an.

Die Scherben der ersten Art sind mit ziemlich grobem Steingrus durchsetzt und von gelblicher, bräunlicher, röthlicher, grauer oder schwarzgrauer Farbe, und zwar theils durch und durch gleichfarbig, theils innen und außen von verschiedener Färbung. Hierher gehören 31 Scherben, von denen 18 außen rauh und innen geglättet und 13, darunter 4 Randstücke, beiderseits geglättet sind. Die Glättung ist edoch, und zwar auch bei den letzteren, bei weitem nicht so sorgsam

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und gleichmäßig ausgeführt, wie bei den Scherben der zweiten Art. Von den Randstücken sind drei oben abgerundet und eins abgeplattet. Letzteres ist eine der dicksten dort gefundenen Scherben, denn es hat, trotzdem die Oberfläche der Außenseite abgesprungen ist, noch immer eine Dicke von 1 cm. Dieser Stärke der dunkel bräunlichgrauen Scherbe entspricht auch die Grobkörnigkeit des in ihr enthaltenen Steingruses, unter welchem sich Stücke bis zu 5 mm Durchmesser befinden. Sämmtliche Scherben dieser Art sind unverziert, jedoch ist eine derselben mit einem ähnlichen 3 mm vorspringenden, jedoch vertikalen Wulst oder Höcker (und zwar scheinbar auch unmittelbar unter dem Halse) versehen, wie das eine bei der Bronzenadel gefundene Randstück. Der Wulst hat eine Grundfläche von 10 (vertikal) X 7 (horizontal) mm. Vielleicht gehört hierher auch, falls sie nämlich nicht von einem Thonbrett, sondern aus der Mitte eines platten Urnenbodens stammt, die oben erwähnte auf beiden Seiten völlig platte Scherbe. Dieselbe ist hart gebrannt, beiderseits geglättet und durch und durch graubraun.

Die zweite Scherbenart ist, wie bereits bemerkt, beiderseits sehr sorgfältig und fein geglättet, trotzdem sie in ihrem Kern ebenfalls eine ziemlich große Steingrusbeimengung zeigt. Hierher sind neun Scherben zu rechnen, darunter zwei Randstücke mit oben abgerundeter Kante. Die Färbung dieser beiderseits augenscheinlich mit einer dünnen sehr fein geschlemmten Thonschicht überzogenen Scherben ist theils chokoladefarben, theils grau oder graubraun.

Endlich sind hier noch drei kleine Stücke aufzuführen, die zwar auch beiderseits geglättet sind, aber trotzdem nicht zu der vorigen Art gehören. Das eine derselben ist eine außen röthliche, innen schwarzgraue, nach außen gebogene Scherbe, auf deren Innenseite sich, der äußeren Biegung entsprechend, eine flache 1 mm vorspringende und 8 mm breite horizontale Leiste hinzieht. Das andere Stück ist durch und durch graubraun und zeigt außen ein horizontales Band kleiner schräger eingestempelter Reihen von fünf viereckigen Punkten sowie eine flache Horizontalrille. Die dritte durch und durch hellgraue Scherbe ist nur mit einer einfachen Horizontalrille verziert.

Auch auf einer etwas weiter südlich belegenen flachen Erhebung desselben sandigen Ackers, östlich der in den Warnowwiesen befindlichen Kassebohmer Rinder= und Pferdekoppel, wurde noch eine Anzahl alter Urnenscherben gefunden, sowie ferner einige kleine Stücke calcinirter Menschenknochen, ein 4 cm langer grauer Feuersteinspahn und ein bereits stark in Verwitterung übergegangenes 11-12 cm langes abgespaltenes Stück eines Röhrenknochens, dessen Zugehörigkeit zu dem Urnenfelde sich bis jetzt jedoch nicht mit Sicherheit behaupten läßt.

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Von den fünfzehn hier gefundenen Scherben gehören sieben zu der vorhin beschriebenen ersten, außen rauhen, Urnenart, darunter drei Bodenstücke. Das eine der letzteren stammt aus dem Boden selbst, ist außen rauh, innen geglättet und beiderseits platt. Die beiden anderen aus der Bodenkante herrührenden Stücke sind in dem lockeren Sande schon ziemlich stark abgerieben, so daß sich ihre ursprüngliche äußere Form nicht mehr genau erkennen läßt. Innen gehen beide allmählig von der Wand zum Boden über, während das eine außen augenscheinlich ziemlich scharf absetzte und das andere unten an der Außenkante mit einem flach vorspringenden Ringe versehen zu sein scheint.

Von der oben erwähnten zweiten Art wurden nur zwei braune bezw. graubraune Stücke gefunden, beide unverziert.

Die übrigen sechs alten Scherben lassen sich unter keine der beiden vorigen Arten unterbringen. Vier derselben sind mit den gewöhnlichen Horizontalrillen verziert, 3-7 mm dick und grau, braun oder röthlich von Färbung. Sie sind sorgsam gearbeitet, beiderseits gut, wenn auch nicht so gut, wie die zweite Art, geglättet, hart gebrannt und zeigen weniger Steingruszusatz, als die bisher erwähnten beiden Arten. Zwei dieser Scherben sind offenbar dicht unter dem Rande abgebrochen, von denen der eine, wie man an dem Ansatz noch deutlich erkennen kann, leicht nach außen gebogen war. Von den beiden anderen Scherben stimmt die eine in Material, Brand und Arbeit mit den vorigen vier sonst völlig überein, doch ist sie außen nur mangelhaft geglättet. Sie ist 4 mm dick, außen und innen röthlich bezw. bräunlich mit grauem Kern, unverziert und scheint von der Bodenkante herzurühren. Die siebte ebenfalls unverzierte Scherbe endlich stammt, ihrer starken horizontalen Krümmung nach zu urtheilen, vielleicht vom Hals eines Kruges. Sie ist gleichfalls nur wenig mit Steingrus durchsetzt, hart gebrannt, durch und durch graubraun, innen gut geglättet und, trotzdem die Oberfläche der Außenseite abgesprungen ist, noch 8-9 mm dick. Größe 1 X 3 cm.

Vergleichen wir nun alle diese Funde mit einander, so scheint es mir zweifellos zu sein, daß beide bisher genannten Fundstellen ihrem Ursprunge nach ein einziges altes Begräbnißfeld bilden, wenn sich auch ein unmittelbarer örtlicher Zusammenhang der Gräber beider Fundorte bisher nicht hat nachweisen lassen, da zwischen beiden seiner Zeit noch Korn auf dem Halme stand und die nähere Untersuchung verhinderte. Auf der zuletzt erwähnten Fundstelle lagen die Scherben und sonstigen Altsachen zwanzig bis fünfzig Schritte von der Wiesenkante entfernt. Ob sich nicht auch noch näher nach der Wiese hin derartige Sachen finden, mußte ebenfalls des seiner Zeit dort noch

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stehenden Kornes wegen einstweilen ununtersucht bleiben; ebenso wie überhaupt die gesammte Ausdehnung bezw. Abgrenzung des Urnenfeldes noch einer eingehenden Erforschung bedarf. Schon beim Bau der Zuckerfabrik fiel es bei den zu diesem Zwecke vorgenommenen Erdarbeiten auf, daß die daselbst in der Erde lagernden Steine zum Theil derartig auf einander lagen, als ob sie aufgeschichtet seien. Auch fand sich ebendaselbst im Jahre 1884 zwischen ausgesiebten Steinen bereits ein Stück von einem Urnenboden. Ein bei der nahen Stralsunder Eisenbahnbrücke aus der Oberwarnow ausgebaggertes 15 cm langes Dolchmesser aus grauem Feuerstein wird im Rostocker Alterthums=Museum aufbewahrt. Es hat eine 79 mm lange platte, an der breitesten Stelle, kurz vor dem Griff, 3 cm und vorne an der Spitze 3 mm breite Klinge sowie einen 1 cm dicken vierkantigen Griff. Die Form ist ähnlich wie bei dem im Friederico=Francisceum, Tab. II, Fig. 4 abgebildeten Quastenberger Steinmesser, nur ist das Rostocker Stück, besonders in der Klinge, bedeutend kürzer als dies. Im Jahre 1884 wurde übrigens auch schon in der oben erwähnten Sandgrube hinter der Schraep'schen Steinschleiferei ein in zwei Theile zerbrochener, stark verwitterter Wirbelknochen sowie ein Sandsteinblock gefunden, dessen eine Seite mit einer halbkreisförmigen Ausschleifung von ca. 15 cm Durchmesser und 4 cm Tiefe versehen war (Mühlstein?). Dabei sei hier noch bemerkt, daß damals dort noch eine Dachpappenfabrik an der Stelle der jetzigen Steinschleiferei stand, so daß der Sandstein also nicht, wie man sonst aus der jetzigen Nachbarschaft vermuthen könnte, aus dieser letzteren herstammen kann.

In demselben Acker, welcher unten an den Warnowwiesen das erwähnte Urnenfeld enthält, wurden im März 1887 auch oben an der Rostock=Neubrandenburger Chaussee in einer damals dort angelegten Sandgrube zwei Brandstellen gefunden und zwar die eine in der Nord= und die andere in der Südwand derselben. Beide lagen ungefähr 50 cm unter der Erdoberfläche und enthielten nur schwarze Branderde und Holzkohlenstückchen. Die Sandgrube, welche sich unmittelbar an der Westseite der Chaussee etwa in der Mitte zwischen dem zur Schraep'schen Steinschleiferei führenden Wege und der Kassebohm=Kessiner Grenze befand, ist seit einigen Jahren wieder in Acker gelegt und läßt sich jetzt nur noch an der niedrigeren Lage dieser Stelle dem sie umgebenden Lande gegenüber erkennen.

II. Brandgruben im Acker zwischen der Rostock=Neubrandenburger Chaussee und dem Petschower Landwege.

Die mit der Einführung des Zuckerrübenbaues verbundene Tiefkultur, sowie das infolge dessen sich vernothwendigende Herausbrechen

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der Steine aus den Ackerflächen hat, wie an so manchen anderen Stellen, so auch auf dem zwischen der Neubrandenburger Chaussee und dem Petschower Landwege belegenen Theile des Kassebohmer Feldes in den letzten Jahren mehrfach alte Grabstätten zu Tage gefördert, wenn auch längst nicht alles, was an derartigen alten Resten bei dieser Gelegenheit zerstört wurde, bekannt geworden sein dürfte.

Schon im Januar 1884 fanden Knechte beim Steinbrechen dicht an der Chaussee bei der dort nicht weit von der Rostock=Kassebohmer Grenze entfernten Mergelgrube im Feuer gewesene Steine, "schwarzen Dreck" und Urnenscherben, die sie jedoch, ohne weiter darauf zu achten, liegen ließen. Ungefähr in derselben Gegend, jedoch etwas weiter südlich, wurden dann im September 1889 durch den Rübenpflug noch fünf dicht bei einander liegende, aber trotzdem deutlich von einander getrennte Brandgräber zerstört. Alle fünf Stellen waren in dem im Uebrigen lehmfarbenen Acker an der vom Pfluge herausgeworfenen schwarzen Kohlenerde und den berußten, zum Theil ziemlich großen Feldsteinen leicht erkennbar. Die aus ihnen herausgepflügten Urnenscherben wurden von Herrn Rentier Burgwedel gesammelt und dem Rostocker Alterthums=Museum überwiesen. Die fünf Brandstellen lagen unmittelbar nordöstlich neben der dort im Acker befindlichen kleinen sollartigen, aber trockenen Vertiefung südöstlich der an der Westseite der Chaussee erbauten Schraep'schen Arbeiterwohnungen.

Ganz ähnliche Entdeckungen wurden in den beiden eben erwähnten Jahren auch in der Nähe des Petschower Landweges gemacht. Auch hier stießen die Knechte zu Anfang 1884 beim Ausbrechen von Steinen auf eine alte Grabstätte, welche sie nach Entfernen der ersteren einfach wieder zuwarfen. Dieselbe lag ziemlich auf der Höhe des Hohlweges unmittelbar am Wege und bestand aus einer unter einem Steine befindlichen Höhlung mit Urnenscherben, "schwarzem Schmier" und im Feuer gewesenen Steinen. Ende 1889 wurde hier mit dem Herrichten des Ackers zum Zuckerrübenbau fortgefahren, wobei eine derartige Menge von Steinen zu Tage kam, daß das Feld, als ich es am 17. November 1889 besichtigte, förmlich übersät schien mit kleinen Steinhaufen und großen Blöcken, welche aus der Erde theils ausgegraben, theils durch den tief gehenden Rübenpflug ausgehoben waren. Oben auf der Höhe am Petschower Landwege wurden hierbei wiederum einige Urnenscherben gefunden und durch Herrn Burgwedel dem Rostocker Alterthums=Museum übermittelt.

Im Ganzen werden von den beiden 1889er Fundorten sieben Urnenscherben und ein Holzkohlenstückchen in diesem Museum aufbewahrt, leider ohne genauere Bezeichnung, von welchem der beiden Plätze die einzelnen herrühren. Fünf dieser Stücke stimmen mit der

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oben beim Urnenfeld beschriebenen ersten Scherbenart vollkommen überein. Sie sind innen sämmtlich und eine auch außen zur Hälfte geglättet, im Uebrigen aber außen alle rauh. Eine gleiche Uebereinstimmung in Charakter, Arbeit und Material zeigt auch eine außen mit sehr schlechten Horizontalrillen verzierte Scherbe. Auch sie ist außen rauh und nur innen geglättet, doch ist es möglich, daß hier die äußere Rauhheit nur vom Verwittern herrührt. Die Horizontalrillen sind schmal und ziemlich tief. Das siebte Stück ist eine unmittelbar unter dem Rande weggebrochene größere Scherbe einer gut gearbeiteten graubraunen Urne, deren ziemlich starke Ausbauchung sich dicht unter dem Halse befand. Sie ist beiderseits geglättet, hart gebrannt und unverziert. Ihre Krümmung beträgt etwa 140°. Der Hals der sich nach dem Boden zu verjüngenden Urne war ziemlich viel enger als die Ausbauchung.

III. Funde vom Acker zwischen dem Petschower Landwege und dem Stadtpark.

a. Auch auf diesem Theile des Kassebohmer Ackers beobachtete ich im November 1889 fünf durch den Pflug zerstörte Brandgruben. Dieselben bestanden, wie gewöhnlich, aus schwarzer Kohlenerde und berußten, bezw. im Feuer gewesenen Feldsteinen. Von Urnenscherben und sonstigen Alterthümern war nichts zu finden, jedoch enthielt die eine Grube eine ganze Anzahl formloser gebrannter Lehmstücke. Sämmtliche fünf Brandgruben lagen nicht weit vom Wege entfernt zwischen dem Gipfel des Wurmberges und dem Westende des von Rostock ab ersten Hohlweges am Petschower Landwege. Uebrigens soll bereits im Juli 1887 beirn Bau der Rostock=Stralsunder Eisenbahn auf der benachbarten Stadtfeldmark eine Urne, und zwar in Verbindung mit Eisensachen, ausgegraben sein. Auch von einem damals gefundenen Menschenschädel wurde gesprochen. Als Fundort wurde angegeben: zwischen Stadtpark und Ober=Warnow. Stimmt diese Angabe, so müßte die Urne im Durchstich zwischen dem Stadtpark und dem Petschower Landwege gestanden haben, da das Bahnplanum von diesem Wege bis zur Warnow aufgeschüttet ist und hier zu der Zeit noch nicht einmal die Gräben an beiden Seiten des Bahndammes ausgehoben, augenscheinlich also überhaupt noch nicht gegraben war. In dem erwähnten Durchstiche zwischen dem Landwege und der Tessiner Chaussee wurde damals eine große Menge von Steinen, darunter Blöcke von gewaltiger Größe, zu Tage gefördert, jedoch habe ich keine Grabstätten dabei bemerkt, vielmehr lagen die Steine, soweit ich gesehen habe, alle im Urboden.

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b. Oben auf der Spitze des Wurmberges fand mein jüngerer Bruder in der 1889 eingeebneten und in Acker gelegten Sandgrube im September 1885 etliche umherliegende Menschenknochen und bei aufmerksamerer Besichtigung in der südlichen Wand der Grube auch das Skelett, von dem sie herstammten. Eine am folgenden Tage vorgenommene genauere Untersuchung ergab, daß das Gerippe, von welchem der Schädel und ein Theil des linken Armes, sowie der linken Rumpfseite schon fehlten, nur etwa 40 cm tief in der sandigen Ackerkrume lag, und zwar auf dem Rücken in der Richtung von WNW (Kopf) nach OSO (Füße). Bis auf die beiden zuweit in den noch bestellten Acker hineinreichenden Unterschenkel wurden alle noch vorhandenen Knochen ausgegraben. Auffällig war die Lage der Knochen der rechten Hand. Dieselben lagen nämlich zwischen dem Becken und den Unterarmknochen in einer Art und Weise, als ob die losgetrennte Hand neben der Innenseite des Unterarmes in die Erde gebettet sei. Zwischen den Fingerknochen dieser Hand fand sich die Hälfte eines dünnen Fingerringes aus Kupfer oder Bronce, sowie irgend ein schwarzer feuchter Faserstoff (Kleidungsreste?). Die Fingerknochen zeigten, offenbar in Folge der Oxidirung des Ringes, zum Theil eine grüne Färbung. Durch das Gewicht der darauf liegenden Erde war der Brustkasten des Gerippes vollständig eingedrückt, so daß die Rippen durch einander gefallen waren. Die Rückenwirbel dagegen befanden sich noch alle dicht an einander gereiht in ihrer ursprünglichen Lage. Sämmtliche Knochen waren bereits sehr morsch, so daß eine ganze Anzahl derselben beim Ausgraben zerbrach. Das gefundene Ringstück stammt von einem mit einer Platte oder dergl. versehen gewesenen Fingerringe. Denn der sonst nur 2 mm breite, ganz einfache Reif verbreitert sich dicht vor der einen Bruchstelle plötzlich bis zu 7 mm. Die Dicke des Reifes beträgt 1/2-3/3 mm, die der Platte höchstens 1/2 mm. Das Ganze ist vollkommen grün oxidirt und nur an einer Stelle auf der Innenseite dicht vor der der Platte entgegengesetzten Bruchstelle dunkelblau angelaufen.

Auch früher kamen in dieser Sandgrube schon einzelne menschliche Skelette bezw. Reste von solchen zum Vorschein. So gruben wir dort schon als Schüler um die Mitte der siebziger Jahre fast an derselben Stelle der Südwand einen wohlerhaltenen Schädel, Wirbelknochen, Rippen, Becken und Oberschenkelknochen aus, die jedoch später verloren gingen. Dies Gerippe lag etwa in derselben Tiefe und, soweit ich mich entsinne, auch ungefähr in derselben Richtung, wie das oben erwähnte, wenigstens wurde auch bei ihm zuerst das Kopfende in der Wand sichtbar. Später wurden, und zwar wiederum in derselben Gegend, im Februar 1882 noch einmal drei menschliche

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Arm= bezw. Unterschenkelknochen gefunden, welche vielleicht noch zu dem zuletzt genannten Skelette gehörten, da in der Zwischenzeit nur sehr selten Sand von dort abgefahren war. Daß aber auch anderweitig schon Gerippe daselbst ausgegraben sein müssen, geht aus dem Umstande hervor, daß es der Rostocker Kämmerei damals, als wir das erste Skelett in der Sandgrube entdeckten, schon seit längerer Zeit bekannt war, daß dort Gerippe im Acker lägen.

Sonst wurde in der erwähnten Sandgrube nichts weiter gefunden, als im März 1887 eine kleine, nur 14 X 15 mm große, 5 mm dicke alte Gefäßscherbe; außen roth, innen braun, mit Steingrus durchsetzt, hart gebrannt und unverziert. Dieselbe lag am Abhange unmittelbar westlich von der Stelle, wo wir 1885 die Skelettreste ausgegraben hatten.

IV. Sonstige Funde von der Kassebohmer Feldmark.

Auf dem Acker an der Ostseite des von Kassebohm nach den Cramonstannen führenden Weges fand ich im Februar 1891 etwa 55 Schritte von der Tannenkante entfernt nahe am Wege die abgebrochene Spitze eines Messers oder dergl. aus grauem Feuerstein. Das vorhandene kurz zugespitzte Stück ist 24 mm lang, 15 mm breit und nach dem Rücken hin bis zu 7 mm dick. Es ist nur behauen, nicht polirt.

Einen auf Kassebohmer Feldmark gefundenen 78 mm langen schwarzen Feuersteinspahn besitzt das Rostocker Alterthums=Museum, und einen eben dort gefundenen Steinkeil bewahrte man früher auf dem dortigen Hofe.

Auch hart gebrannte mittelalterliche Gefäßscherben kommen bei Kassebohm mehrfach vor, und zwar sowohl auf dem Urnenfelde an der Oberwarnow als auch auf den Aeckern zwischen der Rostock=Neubrandenburger Chaussee und dem Stadtpark.